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Kein Glanz in der Hütte der Kulturhauptstadt 2024
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Im Mai ließ das Salzkammergut mit Bad Ischl an der Spitze unter dem Motto »Kultur ist das neue Salz« die Wettbewerbsausschreibung zur Gestaltung einer Wort-Bild-Marke für »Salzkammergut 2024 – Kulturhauptstadt Europas« vom Stapel. Im Rahmen eines offenen Wettbewerbs war eine komplexe Aufgabe zu bewältigen. Schon allein die Grundanforderung der Kompatibilität der neuen Marke mit den bestehenden Auftritten von Salzkammergut und Ausseerland (die Beispiele sprechen für sich) sowie der Integrationstauglichkeit mit den Identitäten von Tourismuspartnern waren höchst anspruchsvolle Herausforderungen. Auch sonst sollte die Marke vieles leisten: Sie hatte für unterschiedliche Kommunikationsformate sowie On- und Offline-Kampagnen zu taugen und dabei in ihrem Umfeld einen »möglichst hohen Grad an individueller Identität« aufzuweisen – und sich dabei in ihrem fragwürdigen visuellen Umfeld auf einer internationalen Bühne zu behaupten. Umfassende Vorleistungen waren gefragt: Die Einreichung musse unterschiedliche Logovarianten, Grundlagen für ein Corporate Design inklusive Farben und Schriften, zahlreiche Anwendungsbeispiele in Form diverser Drucksorten, Geschäftsausstattung und Online-Auftritt umfassen. Jede/r TeilnehmerIn »durfte« zwei Entwürfe vorlegen, der/die glückliche GewinnerIn sich über 15.000 Euro freuen (und für alle Gestaltungsleistungen uneingeschränkte Nutzungsrechte für eine etwaige künftige Weiterverwendung gleich drauflegen). Die nächstgereihten vier TeilnehmerInnen sollten ein Abschlagshonorar von satten 750 Euro erhalten. Eigentlich sollte auf der Hand liegen, dass die Gestaltung einer komplexen Markenidentität und eines Corporate Designs für ein Prestigeprojekt wie das der Kulturhauptstadt Europas eine Aufgabe ist, die umfassende kommunikationswissenschaftliche, mediale, technische und ästhetische Ansprüche zu erfüllen hat und die deshalb nur in kompetente und kundige Hände gehört. Um derartige Kompetenzen zu erlangen, braucht es eine langjährige Ausbildung und viele Jahre Berufserfahrung. Das Honorar für derartige Leistungen beträgt international üblicherweise ein Vielfaches von dem, was hier angeboten wird. Kein Wort, ob eine kundige Fachjury die eingereichten Entwürfe bewerten würde. Wenn schon die Ausschreibung zum Wettbewerb in keiner Weise europäischen bzw. internationalen Standards entspricht, wie soll es dann die daraus hervorgegangene WortBild-Marke mit allem, was dazugehört?
Lange Rede, kurzer Sinn: designaustria hat brieflich Protest eingelegt und dringend darauf hingewiesen, dass die Qualität der Ergebnisse stark von den Bedingungen abhängt, unter denen diese Ergebnisse zustandekommen. Um professionelle und erfahrene GestalterInnen zu gewinnen, die einer solchen Aufgabe auch gewachsen sind, wäre es dringend nötig gewesen, eine entsprechende Ausgangsbasis zu schaffen. Wir haben unsere Expertise und Hilfestellung angeboten, bis jetzt aber keine Antwort erhalten. Bleibt wohl gespannt abzuwarten, wie sich die Kulturhauptstadt Europas 2024 präsentieren wird.
www.salzkammergut-2024.at