Førnishin

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FØRNISHIN IDENTITÄTSBILDUNG ODER -VERLUST


Immerwährend betrügt die Kulturindustrie ihre Konsumenten, um das was sie immerwährend verspricht […] Theodor w. Adorno3


ISSJÖ. BUNTSTIFT.KOHLE.ACRYL 25.–


der unteren Klasse (Bourgeoisie) und den vermeintlichen sozialen Aufstieg derselbigen darstellen. Werden nun diese Klassengrenzen – natürlich ist die Gleichschaltung der Wohnverhältnisse nur einer der Punkte durch den soziale Abgrenzung vermittelt wird – verwischt, so fällt – durch die gesellschaftliche Kollektivierung und die Schwierigkeiten der sozialen Zuordnung – auch die Möglichkeit einer Unterscheidung über die materiellen Existenzbedingungen.34 Eine weitere Kollektivierung äußert sich auch zusehends in vielen Bereichen gesellschaftlicher Kommunikationssituationen, die bereits vor-möbilisiert sind. Wir erfahren ein kollektives Sich-Wohlfühlen, da uns die Räume – durch eine Ikeanisierung – vertraut und familiär daherkommen. Man könnte es als Co-Kultur bezeichnen, die sich an spezifischen, medial geprägten Ausdrucksformen und Lebensstilen orientieren.35 Die von Fiske angesprochene Gruppendynamik – ein spezifisch auf jede gesellschaftliche Formation zugeschnittenes Potential der Bedeutungsproduktion – kann sich annähern, wenn die gruppenbildenden Aspekte die gleichen Voraussetzungen haben. Man spricht hier von einer sozialen Annäherung.36 „Durch Objekte sucht sich jedes Individuum und jede Gruppe seinen oder ihren Platz in einer Ordnung.“37 Die Funktion der kulturellen Waren besteht nicht nur in einer persönlichen Befriedigung – des lustvollen Konsumierens –, sondern auch in der gesellschaftlichen Positionierung, sprich der Beziehung zur gesellschaftlichen Ordnung. Kulturelle Produkte müssen demnach auch als Objekte eines semiotischen Systems gesehen werden, welches dem Individuum vorausgeht, mit dem es kommuniziert und mit dem es wiederum zur Kommunikation auffordert. Das Verfügen über den kulturelle Rahmen, über ein differenziertes Repertoire interaktiver Fähigkeiten im Sinne Goffmans38 und der Zugang zu Ressourcen39 ermöglichen ein kreatives Handeln.40 „Der Begriff menschlicher Handlungsmächtigkeit ( popular agency ) [...] beinhaltet, dass Menschen ihre gesellschaftlichen Interessen erfassen können, obwohl sie diese vielleicht nicht artikulieren können und sie ihnen nicht unbedingt völlig bewusst sind, und dass sie auch daran arbeiten können, die-


34 Fiske, John; Lutter, Christina: Lesarten des Populären. Turia und Kant, Wien 2000

se Interessen zu verfolgen.“41 Sie sind das Ergebnis ihrer eigenen Routinen, Gewohnheiten und Praktiken. Soziale Veränderungen

35 Microsoft Messestand. Cebit Berlin 2004 In: IKEA auf der Cebit: Wohnst Du noch oder microsoftest Du schon? Netzwelt, Spiegel-Online

können nicht nur durch Änderungen der sozialen Grundstrukturen

36 Fiske, John; Lutter, Christina: Lesarten des Populären. Turia und Kant, Wien 2000

die Relation zwischen Ideologie und Kultur. So produzieren soziale

37 Boudrillard, Jean: For a Critique of the Political Economy of the Sign. St. Louis 1981

hervorgerufen werden, sondern vielmehr bestimmen diese auch Institutionen wie Familie, Bildungssystem, Sprache, Medien, politisches System die Neigung sich in sozial annehmbarer Weise zu

38 Goffman, Erving: Rahmen-Analyse. Ein Versuch über die Organisation von Alltagserfahrungen. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1977

verhalten.

39 Swidler, Ann: Culture and Action. In: Smith, Philip: The new American cultural sociology. Cambridge University Press, Cambridge 1998

.ETHNOGRAFISCH und deterritorial

40 Winter, Rainer: Die Fabrikation des Populären der John-Fiske-Reader. Transcript, Bielefeld 2001

einer ethnografischen Betrachtung. Die Analyse von Friedmann

41 Fiske, John: Power plays, power works. Verso, London 1993 42 Friedman, J.: Being in the World: Globalization and Localization. In: Featherstone, Mike: Global culture. nationalism, globalization and modernity; a theory, culture & society special issue. Sage, London 1991 43 Cassirer, E.: Wesen und Wirkung des Symbolbegriffes. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1994

Strukturelle Veränderungen spiele eine wichtige Rolle im Rahmen 1990 belegt, dass und vor allem wie die Globalisierung von Konsumgütermärkten Bedingungen von Identität im Alltag verändert hat. Demnach sind Identitäten – wie auch Konzepte von Kultur – Abstraktionen von konkreten Lebensbedingungen. Betrachtet man die Konsumstile in mehreren Kontinenten, so stellt man fest, dass der Konsum global zugänglicher Produkte als Bezugspunkt für unterschiedliche Konstruktionen der Identität lokaler Gruppen fungiert und dass er erheblichen Anteil an der globalen Transformation lokaler Gemeinschaften hat. 42 „Menschen leben in einer symbolischen Welt, die sie als sozial positionierte und von der Gemeinschaft abhängige Wesen, die gleichwohl individuell handeln, kollektiv bezogen sich über ihre kommunikativ fundierten Handlungspraktiken konstituieren.“43

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Deutschland stehen flächendeckend 33 IKEA-Einrichtungsmärkte den potentiellen Kunden zur häuslichen Ikeanisierung zur Verfügung. Auch die fotografierten Wohnlandschaften im aktuellen Katalog unterstreichen das Bild einer multiethnischen und multikulturellen Gesellschaft. Und so sinkt auch der Anteil der typischen Nordländer unter den abgelichteten – IKEA-Mitarbeiter – Models drastisch von 149 ( im Jahre 1998 ) auf gerade mal 19 in der letzten Ausgabe. „Die IKEA-Philosophen wollen der Menschheit, gültig bis August 2004, drei Werte vermitteln: Multikultur, Geselligkeit und Kinderliebe.“48 .HISTORIZITÄT UND KULTURELLE RESSOURCEN Identitäten unterscheiden sich zudem durch die unterschiedlichen, historisch und kulturell definierten Ressourcen, auf die sie sich beziehen und entwickeln. Das heißt, dass soziale Ungleichheiten, Status, Macht, kulturelle Hegemonie, aber auch kulturelle Gewohnheiten eine Rolle bei der Konstitution persönlicher Identität spielen. Beschäftigen wir uns in unserem privaten, gesellschaftlichen und kulturellen Leben seit nun mehr als fünfzig Jahren mit den Produkten von IKEA – ob gewollt oder usngewollt – so spielt diese Einflussnahme auf die historische Komponente unseres kulturellen aber auch gestalterischen Verhaltens eine eindeutige Rolle. Auch kann die in den Cultural Studies genannte Struktur des Verhältnisses von „I and Me“, die spezifische Art in der sich Handeln und Reflektieren abwechseln, in ihrer historischen Komponente durch Medien beeinflusst werden.49

48 von Kürthy, Ildikó: Er ist da! Stern 18. September 2003 49 Giddens, Anthony: Modernity and self-identity. self and society in the late modern age. Stanford Univ. Press, Stanford 1991


Aröd. PASTELLKreide.Buntstift.acryl 35.–


Me, Myself and I (that´s all i got in the end) BeyoncÉ Knowles


.PERSONELLE AUSWIRKUNGEN 50 Giddens, Anthony: Modernity and self-identity. self and society in the late modern age. Stanford Univ. Press, Stanford 1991 51 Benjamin, Walter: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Drei Studien zur Kunstsoziologie. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1996

Als die zwei wichtigsten personellen Strukturen sehe ich zum einen das von Giddens beschriebene Verhältnis zwischen „I“ und „Me“, wobei das „I“ das handelnde Ich ist und das „Me“ das Ich, das reflektiert, und damit das handelnde Ich selbst zum Objekt macht;50 zum anderen die Betrachtung und Analyse der äußerlichen, situationsübergreifenden Potentiale, die zur Konstitution und Erprobung einer Identität eingesetzt werden können und auf die Identität wiederum reflexiv festgelegt werden kann. Diese Inszenierungspotentiale beinhalten Milieuzugehörigkeiten, kulturelle Kapitale aber auch Lebensstile – dazu gehören z.B. Moden, Statusdimensionen, Selbststilisierungen. PRODUKTEBENE.VERLUST DER AUTORIZITÄT In den heutigen hochindustriellen, kapitalistischen Produktionsweisen gibt es keine Anforderungen der Produktionsmittel an das Design. Alles scheint in Bezug auf die Fertigungstechnik, den Anforderungen an Material und Form machbar zu sein. Der physische Teil der Produktion rückt immer mehr hinter das Design. „Was Menschen gemacht hatten, das konnte immer von Menschen nachgemacht werden.“51 Auch hier wurde schon die Frage nach der Autorenschaft laut. Durch die eingeschränkten Reproduktionsbedingungen – zur Verfügung standen lediglich manuelle Mittel – wurden diese Kopien eher zur Verbreitung der Werke, als Übungen in der Kunst oder von gewinnlüsternen Dritten eingesetzt. Heute allerdings sind Fragen nach dem Schöpfertum, der Genialität weitaus

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Klippan. acryl 176.–


IDENTITÄT TITEL.Beschreibung 179.-

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Foto. Buntstift.Kohle.Fineliner.Pastellkreide.Acryl.Tusche 8.95


[...] weil jedes Handeln von einzelnen Individuen ausgeht und sich selbst [...] in vollkommen normierten Situationen individuelle Besonderheiten ausdr端cken m端ssen ERVING GOFFMAN


resumĂŠ 06/07-2004.709.E201.079


Ivar. Stuhl 15.–


NOT. Deckenfluter 9.95


PS-hocker. hocker 10.-


130 Fiske, John; Lutter, Christina: Lesarten des Populären. Turia und Kant, Wien 2000 131 Williamson, J: Consuming Passions – The Dynamics of Popular Culture. London 1986

Betrachten wir die globalen Auswirkungen der IKEA-Produkte auf eine Identitätsbildung unter dem kollektiven Aspekt. Können die Ausmaße und die vermutlich weiter ansteigenden verkauften und im häuslichen Kontext gebrauchten Güter Einfluss auf eine gruppenbezogene, nationale, ja sogar eine globale Identitätsbildung haben? Wie bei Le Corbusier bereits ablesbar, steht das heutige Produkt-Design / das industriell gefertigte Objekt in keinem definitiven Bezug zum Räumlichen, es bedarf nicht einmal mehr einer eindeutigen Anordnung im Raum. Die Serienproduktion beseitigt jede räumliche Hierarchie. Vielmehr wird hier das menschliche Umfeld, der soziale Kontext, als natürlicher Raum für Operationen angesehen, in dem eine strikte Trennung der Interventionsebenen stattfindet: Produktion und Konsumation. Möbel sind „Gegenstände mit denen man denkt und spricht“.130 „Die bewusst gewählte Bedeutung im Leben der meisten Menschen stammt also weit mehr von dem her, was sie konsumieren, als von dem was sie produzieren.“131 IDENTITÄT UND KONTEXTUALISIERUNG Die für Identität wichtige Bedeutungsbildung findet immer auf mehreren Ebenen statt, ist kontextabhängig und, wie auch die Rezipienten der kulturellen Ware, in einen aktiven Prozess der Bedeutungsproduktion involviert. Den Subjekten der Gesellschaft darf kein Nicht-Bewusstsein der Auswirkungen der ideologischen Praxis: dem Konsum und Genuss der kulturellen Waren, unterstellt werden. Oder, um es mit den Worten von Fiske zu sagen: „Ich glaube jedoch nicht, dass „die Leute“ Kulturtrottel sind; sie sind keine

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Aröd. Arbeitslampe

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BIBliografie


B

Beck, U.; Beck-Gernsheim, E. (Hrsg.): Riskante Freiheiten. Frankfurt am Main 1994 Benjamin, Walter: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Drei Studien zur Kunstsoziologie. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1996 Bergmann, Jens: Die Sprache der Dinge. In: Brand Eins, Manager Magazin 2003 Bonfadelli; Imhof; Jarren (Hrsg.): Fragmentierung und Integration durch Medien. 2002 Boudrillard, Jean: For a Critique of the Political Economy of the Sign. St. Louis 1981 Bourdieu, Pierre: Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft; 658. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1998 Bourdieu, Pierre: Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1976 Bourdieu, Pierre: Sozialer Sinn. Suhrkamp, Frankfurt/Main 1987 Bromley, Richard: Multiglobism – Synkretismus und Vielfalt in der Populärkultur. In: Robertson-Wensauer, Caroline Y.: Kulturwandel und Globalisierung. Nomos Verlagsgesellsch., Baden-Baden 2000 Bromley, Roger: Cultural Studies. Grundlagentexte zur Einführung. zu Klampen, Lüneburg 1999

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