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Ein spaziergang durch die

HOLZHAUSVIERTEL von EGERSUND

Egersund ist eine der am besten bewahrten Holzst채dte in Norwegen. Die Stadt ist Haupt-ort der Gemeinde Eigersund, die zusammen mit den Gemeinden Bjerkreim, Lund og Sokndal die Region Dalane bildet. Die Gemeinde Eigersund hat rund 13.500 Einwohner.


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Egersund Kirche. Im Mittelalter gab es wahrscheinlich zwei Gotteshäuser am Ufer des Egersundes. Die St. MariaKirche stand wahrscheinlich an der gleichen Stelle, an der die heutige Egersund Kirche steht, und schon in vorchristlicher Zeit war dieser Ort zentral. Den Platz vor der Kirche, heute ein Marktplatz, nannte man früher Lahedlå, was darauf hindeutet, dass sich hier zur Wikingerzeit ein Anleger befand. In der Stadtgeschichte heißt es, dass hier auch die von den Bauern als Steuerleistung gebaute und aufgebotene Kriegsflotte des Königs lag. Eine alte Legende nennt den Ort, an dem die Kirche liegt, Heidningeholmen, also den Holm der Heiden. Dies und die Nähe zu Hauen deutet darauf hin, dass sich hier bereits in vorchristlicher Zeit eine Kultstätte befand. Die alten Reisewege zum Hafen endeten allesamt in Lahedlå. Die Kirche von Egersund ist das älteste bewahrte Bauwerk der Stadt - Teile davon stammen aus den Jahren nach 1620. Zwischen 1785 und 1788 von einer Lang- in eine Kreuzkirche verwandelt und bekam ihre heutige Form. Das Kircheninnere wurde mehrmals verändert, unter anderem baute man im Zuge der steigenden Bevölkerungszahlen die Galerien ein. Im Jahre 1888 war sie mit 1160 Sitzplätzen die zweitgrößte Kirche des Bezirks Rogalands. Der Friedhof an der Kirche war bis 1844 der einzige des Pfarrbezirks.

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Strandgaten Diese Straße ist sehr dicht und variiert bebaut. Früher war sie die Hauptstraße der Stadt, sie entstand nach einem Flächennutzungsplan im September 1843. Ein enormes Feuer hatte damals die Bebauung vom Viertel um die Kirche und am Fjordufer entlang zerstört. 2/3 der Stadt brannten nieder, insgesamt 92 Wohnhäuser, dazu Speicher, Boots- und Netzehäuser. Der Wiederaufbau erfolgt nach den Grundsätzen der Renaissancestädte, so dass Egersund ein modernes Straßennetz mit geraden Straßen nach Schachbrettmuster erhielt. Die hier stehenden Häuser haben stilmäßig kontinentale Züge (Spätempire), doch auch die traditionellen kleineren Häuser mit


STOPP 3 Schornstein in der Mitte sind zu finden. Zur See hin lagen die Grundstücke der Kaufleute und Schiffsreeder, während die Seeleute, Handwerker usw. an den Hängen auf der gegenüberliegenden Straßenseite wohnten.

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Vor diesem Hintergrund ist das Haus Strandgaten 58 ein äußerst charakteristisches Spätempirestil Gebäude. Amtsrichter Christian Feyer ließ das Haus im Jahre 1846 erbauen, nachdem sein früheres Wohnhaus den Flammen zum Opfer gefallen war. Der Park auf der anderen Straßenseite war früher der Garten des Amtsrichterhofes. Am 2. Juli 1869, dem Tag der Anlandführung des Telegrafenkabels von Peterhead nach Hestnes, wurde dieses Ereignis im Amtsrichterhof mit Champagner und Reden gefeiert. Der Konsul Puntervoll hielt sogar eine Rede auf Englisch für die britischen Gäste. Im gleichen Jahr wurde das Haus von der Stadt erworben. Später befanden sich hier eine Mittelschule und schließlich bis 1990 ein Gymnasium. Heute wird es für Büros und als Ausstellungs- und Konzertlokal genutzt.

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Vom Anleger Skriverbrygga hat man einen guten Überblick über den inneren Hafen von Egersund. Die Fassade der Stadt zum Wasser hin verdeutlicht die Bedeutung, die Fischerei und Schifffahrt gehabt haben. Hier gibt es auch heute noch die typischen Speicher, die während der ergiebigen Heringsfischerei um 1850 gebaut wurden, sowie Handelsfirmen, die gegründet wurden, um sich auf die Schifffahrt zu konzentrieren. Die Stadt bemüht sich sehr, diese historische Identität zu bewahren, und man achtet darauf, Neubauten in dieser Umgebung die Form und Größe zu geben, die zum traditionellen Baustil passen. Am anderen Hafenufer liegen Fisch verarbeitende Betriebe und andere maritime Unternehmen, und noch weiter links erkennen wir die Batterie Lindøy, auf der noch Kanonen und Pulvertürme aus der Zeit der Napoleonischen Kriege stehen.


STOPP 7 Das Haus Storgata 49, auch Hammersgården (Hammerhof) genannt, veranschaulicht die Größe der Grundstücke und Häuser am Ufer nach dem Stadtbrand. Im Erdgeschoss befanden sich ein Kramladen und ein Lagerraum. Im Hauptgeschoss lagen die zahlreichen Stuben, während sich im Dachgeschoss 8-10 Schlafsäle und Kammern befanden. Bis 1987 war hier die Stadtverwaltung untergebracht.

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Etwas weiter stadtauswärts, an der Kreuzung Brattegaten, liegt das Haus Nr. 46, das Eigentum der Stiftung Feylingbua - eine Anlage, die ein gutes Bild von einem Uferhof aus den Jahren nach 1880 vermittelt. Dies ist eines der frühen Schweizerhäuser in der Straße. Die Gebäude werden heute als als Zentrum für maritime Kultur mit Speichern und Kaufmannshof genutzt. Führungen im Sommer und nach Vereinbarung. Im Haus Nr. 44 sind eine traditionsreiche Keramikerwerkstatt und ein Geschäft zuhause. Hier werden Töpfereien nach alten Traditionen und Formen der ehemaligen Egersund Fayancefabrik gedreht und gebrannt.

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Etwas weiter stadtauswärts Straßenseite liegt eines der unter Denkmalschutz stehenden Häuser in Egersund, das noch als Wohnhaus genutzt wird, Strandgaten 43. (Strandgaten 41 und 58 stehen ebenfalls unter Denkmalschutz). In diesem Haus gibt es noch den sog. Beobachtungsspiegel: Man kann im Wohnzimmer sitzen und das Geschehen auf der Straße in beide Richtungen beobachten. Beachten Sie auch den sehr schönen, gut erhaltenen klassizistischen Eingangsbereich.

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Wir gehen die Straße Brattegaten weiter hoch bis Nygaten. Hier machen wir Halt am Haus Nygaten 14 (11), das sog, Bilstad-Haus. Wie die meisten anderen in der Umgebung wurde dieses Haus gleich nach dem Stadtbrand erbaut. Das Besondere ist allerdings, dass es seitdem unverändert geblieben ist, Holzverklei-dung und Fenster sind


STOPP 9 original. Im Hausflügel zur Straße Øvre Bekkegate hin befand sich eine Segelmacherwerkstatt. Auch diese ist noch komplett, und Werkzeuge und Maschinen stehen noch an ihrem Platz. Auf dem Grund-stück steht auch eine kleine Scheune mit Stall – im letzten Jahrhundert war die Nutztierhaltung auch unter der Stadtbevölkerung sehr verbreitet. Das Bilstad-Haus ist heute im Besitz des Regionalmuseums Dalane Folkemuseum. Im Sommer Führungen nach Absprache.

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Wenn wir Richtung Stadtmitte gehen, kommen wir auf den Platz Skriverallmenningen, der seinen Namen erhielt, weil an diesem Platz der Amtsrichter (sorenskriver) wohnte. (vgl. 4. Strandgaten 58). Im Haus gegenüber befindet sich seit je her eine Schule: zunächst Volksschule, später dann Gymnasium und schließlich Kulturschule. Die Breite und die quadratische Form mit Lindenbäumen in der Mitte erhielt diese platzähnliche Straße, weil sie eine Art Feuerschneise sein sollte.

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Das Haus Skriverallmenningen Nr. 3 auf der rechten Seite ist ein traditionelles, 1846 erbautes Haus mit Schornstein mitten auf dem Dach. 1865 wohnten hier zwei Familien mit insgesamt sieben Personen.

Nachdem wir das Versammlungslokal der Heilsarmee passiert haben, gehen wir nach links in die Straße Ludvig Feylings gate hinein. Sie mündet in die Straße Årstadgaten, die auf einem der Uferwege des Hofes Årstad heranwuchs. Auf diesem Stück finden wir viele Beispiele der charakteristischen Architektur: niedrige Häuser, gemütliche Holzbebauung, oftmals mit kleinen abgeschiedenen Gärten.

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Der Spaziergang wird durch die Straße Årstadgaten bis zum Haus Peder Clausens gate fortgesetzt. Hier wurde Peder Clausen Friis im Jahre 1545 geboren. Er ist bekannt für seine historisch-geographischen Schriften und die Übersetzung der Saga Heimskringla von Snorre Sturlason.


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Wir gehen die Straße Årstadgaten weiter hinauf bis zu Johan Feyers gate. Ebenso wie Skriverallmenningen ist diese Straße als Feuerschneise angelegt. Der Name der Straße stammt vom Sohn des Amtsrichters Feyer, der im Jahre 1847 die Egersund Fayancefabrik gründete. Diese Porzellanfabrik produzierte 132 Jahre lang, und viele schöne Beispiele aus der Herstellung sind im Egersund Fayancemuseum ausgestellt. Blickt man die Johan Feyers gate hinunter, sieht man das Haus Storgaten 12, das restauriert wurde und seit 1995 als Hotel genutzt wird. Auf der rechten Seite der Kreuzung an der Kirkegaten sehen wir das Haus (Nr. 23), in dem der Großvater von Priscilla Presley seine Kindheit verbrachte. Ein sternförmiger Gedenkstein ist in der Straße vor dem Haus eingelassen. Die Peder Clausens gate mündet in Lerviksbakken, die dritte als Feuerschneise angelegte Straße der Stadt. Ganz unten am Hang sieht man Kjell Grette Christensens Skulptur ‘Piken med munnspillet’ (‘Das Mädchen mit der Mundharmonika’).

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Von Lerviksbakken gelangen wir nach Lervika hinunter. In den Jahren 1859 und 1862 brachen hier große Brände aus, die mehrere Dutzend Häuser zerstörten. Die Bucht Lervika ist mittlerweile aufgefüllt, doch die Speicherhäuser zeigen deutlich, wo früher das Ufer verlief. Heute heißt der Platz vor den Speicher offiziell Nytorget (Neuer Markt).

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Von hier gehen wir an einem der Speicher entlang hinauf in die Straße Storgaten. Dies war die Hauptstraße in Egersund, bevor die Kraftfahrzeuge die Stadt eroberten und eine ganz andere Straßenqualität vonnöten war. Die Häuser zur linken Hand wurden verlegt, um die Straße auf das Zeitalter des Autos umzurüsten. Bis heute ist diese Straße eine beliebte und für Fußgänger ausgelegte Einkaufsstraße, an deren Seiten viele verschiedene kleine Fachgeschäfte und Restaurants liegen. An der Kreuzung zur Straße Kirkegaten liegt Grisatorget (‘Schweinemarkt’), wo in früheren Zeiten mit Ferkeln gehandelt wurde. Die Skulptur von Skule Vaksvik erinnert an diese Zeit.


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Die Straße Kirkegaten wurde im Volksmund ‘kraksasmaue’ genannt, weil sich hier früher viele Läden für Steingut befanden (Kraks: vom englischen Cracks, was Steingut 2. Wahl bedeutet, während das Wort smau eine Gasse bezeichnet). Ein solcher Laden wurde im Fayancemuseum rekonstruiert.

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Hauen der Egersunder ‘Mittelalterstadt’. Obwohl die Häuser in diesem Viertel im Laufe der Zeit sicherlich viele Veränderungen durchgemacht haben, sind die Fundamente die gleichen wie zu der Zeit, als dieses Viertel heranwuchs - wahrscheinlich zwischen 1750 und1800. Hauen ist aus den Bedürfnissen und Nutzungen der Bewohner heraus und ohne jeden Flächennutzungsplan entstanden. Im Stadtteil Hauen bildeten Wohnhäuser, Schuppen, Werkstätten, Scheunen und Ställen ein harmonisches Ganzes, und Ende der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts entging dieser Stadtteil nur knapp dem Abriss. Heute ist dieses Gebiet mit seinen rehabilitierten Wohnhäusern, mit Kleinbetrieben und Restaurants eine wahre Perle im Stadtzentrum von Egersund.

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Mit dem Hauen als Hintergrund erblicken wir den Markt, das Zentrum für große und kleine Begebenheiten. Sommer wie Winter bieten hier die Markthändler frischen Fisch und andere Meeresdelikatessen, Blumen, Obst und Gemüse feil. Das vielseitige Unterhaltungsangebot umfasst Veranstaltungen und Konzerte wie z. B. das Dalane Bluesfestival, das ‘Fyrfestival’, ein Kulturfestival für geistig Behinderte, die Egersundwoche, das Liederfestival, das Okka Festival, Marken, eine Herbstmesse, und nicht zuletzt die Weihnachtsstadt. In der Vorweihnachtszeit wird der Markt nämlich in einen traditionellen Weihnachtsmarkt verwandelt mit glitzerndem Weihnachtsbaum und Unterhaltung für Groß und Klein. Um den letzten Tag des Jahres zu feiern und das neue Jahr zu begrüßen, versammeln sich die Einwohner der Stadt auf dem Markt und genießen die Unterhaltung und das musikalische Feuerwerk.


5. Feylingsbua 6. Strandgaten 43 7. Nygaten 11 - Bilstadhuset 8. Skriveallmenningen

9. Skriveallmenningen 3 10. Ludvig Feylingsgate 11. Peder Clausensgate 12. Johan Feyers gate

13. Lervika 14. Storgaten 15. Kirkegaten 16. Hauen

17 Torget

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Empfehlenswerter Abstecher Kari Agner • NBK • BKFR Skulptur • Malerei Öffnungszeiten Atelier: Samstags 11-14 Uhr oder nach Vereinbarung unter Tel. (+47) 928 28 910 Elvegaten 13, 4370 Egersund studio@kariagner.no www.kariagner.no

www.sogndalstrand-media.no. Photo seite 1, 2, 3, 4, 5: Hugo Lütcherath

1. Egersund Kirche 2. Strandgaten 3. Skrivergården 4. Skriversbrygga


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