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This War of Mine
PL 2014 Computerspiel / Computer game, PC, Mac, Linux, Android, iOS, PlayStation 4, Xbox One
DE
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»Das traurigste Spiel des Jahres«1 titelte die digitale Zeitung Zeit Online beim Erscheinen von This War of Mine, einem Strategiespiel, in dem man eine kleine Gruppe von Zivilist*innen in einem Kriegsgebiet steuert. Das zufallsgenerierte Spiel orientiert sich an Berichten von Kriegsüberlebenden in Bosnien, im Irak sowie in Syrien. Ziel des Spiels ist es, möglichst lange in den Ruinen einer zerstörten Stadt zu überleben und den Krieg zu überstehen. In This War of Mine übernehmen die Spielenden die Kontrolle über eine Gruppe von drei oder vier Zivilist*innen, die in einer Häuserruine Zuflucht gesucht hat. Das Wichtigste ist, sich zunächst um grundsätzliche Bedürfnisse zu kümmern, indem den Figuren verschiedene Handlungen zugewiesen werden. Die Überlebenden benötigen Betten zum Schlafen und einen Herd, um warmes Essen zubereiten zu können. In der Nacht suchen sie in benachbarten Gebäuden und anderen Gebieten nach Essbarem, Medikamenten und brauchbaren Werkzeugen. Die dem Spielenden anvertraute Gruppe lebt in ständiger Angst vor drohenden Raubüberfällen und Angriffen durch brutale Plünderer. Das Spiel konstruiert moralische Dilemmata, da es die Spieler*innen mit Ressourcenknappheit, Hunger, Krankheit
EN
“Das traurigste Spiel des Jahres”1 (the saddest game of the year) was the headline in the digital magazine Zeit Online at the release of This War of Mine, a strategy game in which the player takes a small group of civilians into a war zone. This aleatory game is inspired by the survivors’ reports from Bosnia, Iraq, and Syria. The object of the game is to survive as long as possible in the ruins of a destroyed city and to outlast the war. In This War of Mine, players take control of a group of three or four civilians who have found refuge in the ruins of a building. The most important task is to look after basic requirements by allotting tasks to different members of the group. The survivors need beds to sleep in and a stove to prepare hot meals. During the night, they search neighboring buildings and other areas of the city for food, medicine, and useable tools. The group assigned to the player lives in constant fear of being brutally attacked by criminals and looters. The game presents moral dilemmas by exposing players to scarcity of resources, hunger, disease, and death. In view of these existential threats, the questions that confronts the players time and time again are: should I use force; should I steal from others in order to ensure the survival of my group; should I help other survi-
und Tod konfrontiert. Angesichts dieser existenziellen Bedrohungen stellt sich für den Spielenden immer wieder die Frage: Soll ich Gewalt anwenden? Soll ich andere bestehlen, um das Überleben meiner Gruppe zu sichern? Soll ich anderen Überlebenden helfen oder sie sich selbst überlassen? Die Auswirkungen der einzelnen Aktionen sind dabei nur schwer abzusehen, da das Spiel überraschende Wendungen nehmen kann. Es gilt also nicht nur, strategische Entscheidungen zu treffen, um das Überleben der Gruppe zu sichern, sondern sich gleichzeitig immer wieder mit moralischen Fragen auseinanderzusetzen. An diesen Stellen ›hakt‹ das Spiel, es zwingt zu einem Pausieren und Reflektieren. This War of Mine ist ein anderes Beispiel für ein Antikriegsspiel als Killbox oder Unmanned, da es Kritik an militärischen Interventionen übt, ohne das Militär wirklich ins Spiel zu bringen. Konventionelle Kriegsspiele versetzen die Spieler*innen in der Regel direkt ins Kampfgeschehen. This War of Mine aber wagt einen Perspektivwechsel und rückt zivile Kriegsopfer in den Mittelpunkt. Im Gegensatz zum konventionellen Design von Games geht es hier nicht um die Ausübung von Macht (durch Gewalt), sondern vielmehr um das Einnehmen einer Position, die durch existenzielle Ohnmacht gekennzeichnet ist. Obwohl oder gerade weil das Spiel mit Konventionen bricht, brachte es neben der medialen Anerkennung für das Entwicklerteam aus Warschau auch einen beachtlichen finanziellen Erfolg. Die Entwicklungskosten wurden bereits nach zwei Verkaufstagen eingespielt.
1 Plass-Fleßenkämper, Benedikt: »Das traurigste Spiel des Jahres«, unter: http://www.zeit. de/digital/games/2014-11/this-war-of-mine-antikriegsspiel-rezension (11.08.2016). vors or leave them to fend for themselves? The consequences of individual actions are difficult to gauge because the game can take unexpected turns. The task, therefore, is to make strategic decisions for the survival of the group while at the same time being confronted with moral questions time and time again. At this point, the game will ‘hang’ and force the player to pause and reflect. This War of Mine is an anti-war game of a different type than Killbox or Unmanned since it offers a critique of military intervention without really involving the military. Conventional war games generally place the player directly in the fighting action, while This War of Mine takes a chance in changing perspective and focusing on civilian victims of war. In contrast to conventional game design, the objective is not to exercise power (by violent means) but to take on a position characterized by existential powerlessness. Despite, or rather because the game breaks with convention, it has brought its Warsaw-based team of developers both media accolades and considerable financial success. The cost of developing the game were recouped after only two days of sales.
1 Plass-Fleßenkämper, Benedikt. „Das traurigste Spiel des Jahres.“ Retrieved from http://www. zeit.de/digital/games/2014-11/this-war-of-mine-antikriegsspiel-rezension on 11.08.2016.