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Gefahren am Wallberg

Gefahren beim Fliegen am Wallberg

Landen und Kratzen am Hang

TEXT: PETER RUMMEL

Das letzte Jahr war in vieler Hinsicht sehr außergewöhnlich, wir merkten im Fluggelände sehr wohl, dass viele Piloten/ innen zum Fliegen nicht mehr nach Österreich fuhren oder irgendwo sonst ihren Urlaub verbrachten, sondern bei uns am Tegernsee. Dazu kamen die üblichen Gastpiloten/innen aus München.

Trotz des erhöhten Flugaufkommens hat am Ende alles gut geklappt, an den Startplätzen ging es trotz der Menschenmassen geordnet zu. Am Landeplatz war das allerdings schon schwieriger. Hier war nicht das Abbauen der Fluggeräte, sondern der Landeanflug an sich das Problem. Man muss wissen, der Landeplatz am Wallberg ist eher klein mit hohen Bäumen umgeben, Häuser stehen auch noch drauf und zu guter Letzt geht auch noch eine Straße, die zur Seilbahn führt, mitten durch. So jedenfalls ist der erste Eindruck.

Etliche Piloten/innen landeten auf der Straße, oder flogen mit geringster Höhe darüber, um gerade noch hinter dem Zaun in der Wiese zu landen. Wir sind uns bewusst, dass jeder versucht, so knapp wie möglich am Abbauplatz zu landen, um ja nicht weit gehen zu müssen. Doch die RVO Busse mit ihren eh schon genervten Fahrern brettern oft mit einem aberwitzigen Tempo am Landeplatz vorbei, ebenso fahren Autos auf dem Weg zur Talstation oft viel zu schnell, es ist nur eine Frage der Zeit, bis es knallt.

Für mich und viele meiner Clubkollegen ist eigentlich klar: Eine befahrene Straße ist per se gefährlich, also bleiben wir möglichst weit weg von offensichtlichen Gefahrenstellen. Ich stelle mir nur vor, der

Schirm fällt auf die Straße und bleibt an einem vorbeifahrenden Fahrzeug mit den Leinen hängen. Oder ein gerade auf der Straße landender Pilot trifft mit einem zu schnell fahrenden PKW zusammen…

Deshalb bitte die ausführliche Beschreibung des Landeanflugs auf der Homepage des Clubs beachten: https://fliegerclubtegernsee. de/?page_id=2219

Ein anderes Thema ist das Fliegen am Hang, immerhin hatten wir in 2020 ein sogenanntes „Mastjahr“ für unsere Baumberger, die so häufig wie nie zuvor ausgerückt sind, um Piloten/innen bzw. deren Fluggeräte aus den Bäumen zu holen. Mit mehr als 20 Einsätzen war das schon deutlich mehr als normalerweise üblich. Nur, wie kam es dazu?

Auffällig war, dass die meisten, die in den Bäumen hingen, noch nicht sehr lange mit dem Gleitschirm unterwegs waren. Zwischen ein und fünf Jahren, das Mittel dürfte so bei zwei Jahren liegen. Die Hauptaussage war: „Ich habe am Hang in der Thermik gedreht und dann verlor ich schnell an Höhe und schon hing ich im Baum.“ Manche hatten Glück und waren einfach zu bergen, bei anderen musste der Hubschrauber kommen.

Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als wir uns ehrgeizig mit den Sinktüten (ist immerhin schon 34 Jahre her) den Berg hinunterstürzten und unsere Flugzeit mit aller Gewalt verlängern wollten. Warum sollte das heute anders sein. Aber Hallo! Damals konnte man vom Wallberg Gipfel im Geradeausflug je nach Talwindstärke den Landeplatz gerade so erreichen ohne eine einzige Kurve – das sieht heute schon anders aus. Wir haben also deutlich mehr Möglichkeiten als damals, warum passiert dann so viel mehr?

Nun ja, die Gleitschirme sind besser geworden, die Informationen die ich als Gleitschirmflieger/in bekommen kann noch viel besser. Wir sind also bestens informiert, jetzt fehlt bei einigen nur mehr die Flugerfahrung und bei anderen die Zeit, viel fliegen zu gehen. Der Ehrgeiz ist trotzdem hoch, auch dahin zu kommen, wo die anderen schon sind, nämlich an die Wolkenbasis.

So wird mit aller Gewalt versucht, das Ziel zu erreichen und jetzt tritt das Phänomen ein, dass sich alle an derselben Stelle treffen, um Höhe zu machen. Der eher unerfahrene Pilot/in scheut das Fliegen mit vielen Gleichgesinnten und sucht sich lieber eine eigene schöne Thermik, manchmal geht das gut, meistens arbeitet man sich jedoch kontinuierlich nach unten, was die Stimmung nicht gerade hebt und es wird noch verbissener gekämpft. An allen möglichen und unmöglichen Stellen wird verzweifelt nach Thermik gesucht, oft einfach zu nah am Gelände und dann passiert‘s.

Aus meiner Erfahrung nach ist es wichtig, sich am Startplatz Gedanken über die thermische Entwicklung zu machen, viele der Baumlandungen waren spät am Tag, also dann, wenn die Thermik nachlässt oder einfach – so banal es klingt – aufhört, weil die Sonne fehlt und nur mehr ein paar Blubberer aus dem Wald nach oben steigen.

Ein anderes Szenario auch in einem gut bekannten Fluggelände. Da verhalten sich die Talwinde wie auch die überregionalen Winde nicht immer gleich, so entstehen unterschiedliche Bedingungen und Leesituationen. Was beim ersten Flug gut funktioniert hat, muss nicht zwangsweise drei Stunden später wieder so sein. Da hilft nur beobachten, seine Schlüsse ziehen und – wo viele fliegen, kann es nicht so falsch sein.

Ich persönlich fliege nicht so gerne nah am Hang und grundsätzlich gilt, je höher ich bin, umso sicherer ist das Ganze.

Ein Beispiel: Bei einem Streckenflug ins Pinzgau drehte ich nahe an einer Felswand am Zahmen Kaiser. Es ging gut nach oben und am Ende war es mehr Soaren als Thermikkreisen. Später dann war ich am Steinernen Meer, ähnliches Gelände, aber eine etwas andere Windsituation, ich kämpfte mich voll konzentriert in dieser turbulenten Zone nach oben. Weit draußen, noch gut zu erreichen, aber eben weit draußen stieg ein großer Greifvogel nach oben durch und das ziemlich flott. Das sah wirklich gut aus.

Ich merkte mir die Stelle, wo ich den Vogel das erste Mal gesehen hatte, und flog darauf zu.

Jetzt kommt der Faktor Zeit ins Spiel, wie lange fliege ich geradeaus, um die nächste Thermikquelle zu erreichen. Wenn es am Hang liegt, ok, dann sehe ich, wann ich dort bin, aber was geschieht, wenn die Thermik mitten im Nirgendwo zu sein scheint. Ich möchte unbedingt dorthin fliegen, nur wie lange dauert das? Die weniger erfahrenen Piloten verlieren dann oft die Nerven und fliegen zurück. Da hilft es zu rechnen: Wie weit ist das Ziel in etwa von mir entfernt, fliege ich mit dem Wind, kein Wind, gegen den Wind. Wenn ich noch die Geschwindigkeit von meinen Fluginstrument sehe, fällt es noch leichter, die Zeit zu kalkulieren, die ich benötige, um an die ersehnte Thermikquelle zu kommen. Um es einfach zu machen: Bei einer Geschwindigkeit von 36 km/h lege ich 10 m/s zurück, also brauche ich schon mal 10 sec für 100 m, bei einer Strecke von 500 m sind es 50 sec. Das kommt einem dann schon mal lange vor, ist aber in der Regel lohnend, denn oft ist die Thermik weiter weg vom Berg stärker, ruhiger und größer im Durchmesser und damit viel entspannter als das Ganze nah am Hang.

Ich hoffe für dieses Jahr, dass wir alle tolle und unfallfreie Flüge erleben.

DER AUTOR

Sicherheitsvorstand beim DGCTT und Inhaber der Gleitschirmschule Tegernsee. Geht gerne zu Fuß zum Fliegen auf die Berge, vor allem leistungsbezogenes Streckenfliegen ist seine Passion. Sofern es die Zeit erlaubt, verbringt er jede freie Minute in der Natur, sei es mit dem Kajak oder dem Gleitschirm.

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