Die Beste Zeit Nr. 11 2011

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DIE BESTE ZEIT Das Magazin für Lebensart Wuppertal und Bergisches Land

Ausgabe 11, 2011 - 3,50 Euro

Warum Sisley? von Dr. Gerhard Finkh Der wahre Impressionist Von der Heydt-Museum

Friederike Zelesko Erzählungen

Mit Feder und Tusche Der Karrikaturist Hans-Joachim Uthke

Der Fliegende Holländer Oper von Richard Wagner

Neue Kunstbücher vorgestellt von Thomas Hirsch

Das Festival 3B Konzerte in der Immanuelskirche

Eugen Egner 60 von Frank Becker

Kulturnotizen Kulturveranstaltungen der Region

Handgewebte Kostbarkeit Fünf Jahre für einen Teppich

Die letzte Freiheit Ausstellung Land-Art in Koblenz

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WIR BAUEN VERÄNDERUNG. Stadt Düsseldorf, Kö-Bogen 2011. Konzeption und Realisation des Ausstellungs-Pavillion zur Begleitung der baulichen Umnutzung des Kö-Bogens.

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Impressum „Die beste Zeit“ erscheint in Wuppertal und im Bergischen Land Erscheinungsweise: 5 – 6 mal pro Jahr Verlag HP Nacke KG - Die beste Zeit Friedrich-Engels-Allee 122, 42285 Wuppertal Telefon 02 02 - 28 10 40 E-Mail: verlag@hpnackekg.de V. i. S. d. P.: HansPeter Nacke und Frank Becker Erfüllungsort und Gerichtsstand Wuppertal

Bildnachweise/Textquellen sind unter den Beiträgen vermerkt. Gastbeiträge durch Autoren spiegeln nicht immer die Meinung des Verlages und der Herausgeber wider. Für den Inhalt dieser Beiträge zeichnen die jeweiligen Autoren verantwortlich.

Kürzungen bzw Textänderungen, sofern nicht sinnentstellend, liegen im Ermessen der Redaktion. Für unverlangt eingesandte Beiträge kann keine Gewähr übernommen werden. Nachdruck – auch auszugsweise – von Beiträgen innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist nur mit der ausdrücklichen Genehmigung des Verlages. Trotz journalistischer Sorgfalt wird für Verzögerung, Irrtümer oder Unterlassungen keine Haftung übernommen.


Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, am Sonntag, den 11. September 2011 eröffnet die Ausstellung „Alfred Sisley – der wahre Impressionist“ des Von der Heydt-Museums. Nach Renoir, Monet und Bonnard holt Museumsdirektor Dr. Finckh die vierte große Impressionisten-Ausstellung nach Wuppertal und hat damit überzeugende kulturelle Marken gesetzt. Das Von der Heydt-Museum genießt in der deutschen Museumslandschaft hohe Anerkennung. Vor einigen Wochen stand ich in Paris im wunderschönen Musée Petit Palais vor Werken von Claude Monet und Alfred Sisley. Einige der Gemälde dort waren im vergangenen Jahr in Wuppertal zu sehen oder werden demnächst dort ausgestellt. Und ich muss gestehen, ich war in diesem Moment stolz auf das Von der Heydt-Museum, auf die Kultur unserer Stadt. In Wuppertal werden kulturelle Marken gesetzt. So holt Barbara Buntrock mit ihrem „Festival 3B Kammermusik in der Immanuelskirche“ junge Musikerinnen und Musiker der aufstrebenden internationalen Klassik-Elite mit Werken von Bach, Beethoven und Brahms nach Wuppertal. Dieses Festival mit seinem musikalischen Campus sollten Sie nicht verpassen, denn dort werden Sie die einen oder anderen Klassik-Stars von morgen erleben können. … und Whoopataal: Am 10. September steht das Luisenviertel unter dem Zeichen des Festivals Viertelklang. In Kirchen, Kneipen, in Kulturorten und im Finanzamt finden Konzerte mit unseren besten Wuppertaler Musikerinnen und Musikern statt – vom Royal Street Orchestra bis zum Ensemble Pérotin, von Amici del Canto bis zum elektronischen Schlafkonzert von Stürtzer und Stritzel, von KöppenBär bis Alexander Löwenherz. Das Kulturbüro möchte das Luisenviertel zum Klingen und Summen bringen und lädt zur musikalischen Reise ein. Bis Ende September noch findet in der Elba-Fabrik, die es in ihrer jetzigen Form nicht mehr lange geben wird, das Sommerloch 2011 statt. Was sich bereits im vorigen Jahr abzeichnete, fällt diesen Sommer noch mehr auf: Den Machern um Maik Ollhoff gelingt es, ihr Festival zu einem Kultur-Magneten für (nicht nur) junge Menschen zu machen. Das Jazz-Konzert mit dem Ravi Coltrane Quartett (USA), das Festival Absurdistal mit skurriler Unterhaltung, das restaurierte Film-Epos von Fritz Lang „Metropolis“ von 1927, Lesungen mit Patrick Salmen oder Hermann Schulz – das Programm füllt das Wuppertaler Kultur-Sommerloch auf höchst attraktive Weise. Ein Besuch der coolen Location am Arrenberg ist angesagt. Dass die Kultur-Szene Wuppertals immer wieder für skurrile Überraschungen gut ist, zeigt auch die „Sommerresidenz 2011“ der Galerie Kunstkomplex von Nicole Bardohl im leeren Bassin des Mirker Freibades. Hier zeigt sich, mit welch ungewöhnlichen Ideen Kulturschaffende auf die Auswirkungen der Haushaltskonsolidierung der Stadt Wuppertal reagieren: Vom geschlossenen Freibad zum Kult-Ort! Vom Kult-Ort zum Kult-Projekt: Am 7. Oktober steigt die Zweite Wuppertaler Performancenacht mit 7 Performances an 7 Orten. Die Begeisterung der Performancenacht 2010 trug Früchte, das Kulturbüro präsentiert gemeinsam mit Galerien und der Stadtsparkasse erneut aktuelle Performance-Kunst. Gehen Sie mit bei dieser ungewöhnlichen Kunstreise. Ihre Monika Heigermoser

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Barbara Neusel-Munkenbeck und die Urne “moi“

Keine Angst vor Berührung

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und Nacht 66 36 74


Inhalt Ausgabe 11, 3. Jahrgang, September 2011

Alfred Sisley

Menetekel mit Feder und Tusche

Der wahre Impressionist Von der Heydt-Museum Wuppertal von Beate Eickhoff

Portrait Hans-Joachim Uthke von Frank Becker und Johannes Vesper

Seite 6

Neue Kunstbücher

Warum Sisley ? von Dr. Gerhard Finkh

Seite 33

Seite 12

Schon entdeckt und wieder zu entdecken vorgestellt von Thomas Hirsch

Das Festival 3B

Die Generation 50 plus

Immanuelskirche Wuppertal mit Barbara Buntrock von Magdalene Zuther

Wir brauchen Euch! Buchvorstellung von Sittler/Krüger

Seite 14

Handgewebte Kostbarkeit

Kulturnotizen

Wolrad Specht Fünf Jahre für einen Teppich von Frank Becker

Kulturveranstaltungen in der Region

Seite 37

Seite 39

Seite 40

Seite 18

Friederike Zelesko

Buchvorstellungen

Erzählungen Im Reich der Mitte / Kolumba

Weimarer Republik Geschichtspolitik in der DDR

Seite 21

Die letzte Freiheit

Kulturnotizen

Eine Ausstellung zur Land Art im Museum Ludwig Koblenz von Rainer K. Wick

Kulturveranstaltungen in der Region

Seite 48

Seite 49

Seite 24

Der fliegende Holländer

Zwischen den Fronten

Romantische Oper von Richard Wagner von Peter Bilsing Seite 29

Die Kriegstagebücher Gerhard Nebels, wiederentdeckt von Michael Zeller von Johannes Vesper

Seite 50

Kulturnotizen

Seite 52

Eugen Egner 60 Neues Buch Schnölb! von Frank Becker

Seite 32

vom Frank Becker und Andreas Rehnolt

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Alfred Sisley – der wahre Impressionist Sisley-Ausstellung im Von der Heydt-Museum vom 13. 9. 2011 bis zum 29. 1. 2012

Alfred Sisley im Alter von 35 Jahren, Archives Durand-Ruel

Alfred Sisley kommt ! Mit der lebensgroßen schwarz-weiß Fotografie des Künstlers, der sein Gemälde des „Canal du Loing“ in den Händen hält, wirbt das Von der Heydt-Museum schon seit dem Frühjahr. Es zeigt den Maler als Mann mittleren Alters, in der Zeit, als die Impressionisten in der Pariser Gesellschaft als Revolutionäre für Furore sorgten. Im Jahr 1874 konnte man seine Werke zusammen mit Bildern der Freunde Renoir, Monet und Pissarro in Paris im ehemaligen Atelier des Fotografen Nadar sehen. Es war die Ausstellung, die als erste Impressionisten-Ausstellung in die Kunstgeschichte eingegangen ist; Sisley galt fortan als einer der Protagonisten der Bewegung. Über Sisleys Biografie ist wenig bekannt. 1839 als Sohn eines erfolgreichen britischen Kaufmanns in Paris geboren, erhielt er eine gute Schulbildung. Mit 18 Jahren schickte ihn der Vater nach London, wo er den Beruf des Kaufmanns kennen lernen sollte. Sisley interessierte sich allerdings mehr für die Malerei, was er sich dank der materiellen Unterstützung durch seine Eltern auch leisten konnte. Der deutsch-französische Krieg 1870/71 brachte eine entscheidende Wendung. Nicht nur, dass Sisley den Verlust seines bisherigen Œuvres durch die Zerstörung seines Ateliers in Bougival in der Nähe von Paris hinnehmen musste. Hinzu kam, dass auch der Vater erkrankt und das elterliche Geschäft ruiniert war. Zuvor wohlhabend, war er nun mittellos und musste den Lebensunterhalt der Familie mit seiner Malerei bestreiten. Sisley war Vater zweier Kinder, die er mit der Floristin Eugénie Lescouezec hatte. Erst wenige Jahre vor seinem Tod haben sie auf einer Englandreise geheiratet. Als Engländer übrigens: Denn die französische Staatsbürgerschaft zu erhalten ist ihm, obwohl er, abgesehen von wenigen Reisen, sein ganzes Leben in Frankreich verbracht hat, nicht gelungen. Die Familie lebte in zunehmend großer Armut, wechselte in der Provinz rund La Seine à Billancourt, 1879 Kunsthalle Hamburg Copyright/Foto: Hamburg, Germany/ The Bridgeman Art Library

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La rade de Cardiff, (Bateaux dans la Baie de Cardiff ), 1897, Reims, Musée des Beaux-Arts de Reims, Copyright Foto: C. Devleeschauwer /Musée des Beaux-Arts de la Ville de Reims um Paris häufig den Wohnort. Und trotz aller Not gab Alfred Sisley die Malerei nie auf! Er hoffte auf Anerkennung, hoffte auf eine Teilnahme an den offiziellen Pariser Ausstellungen, Salon genannt, was ihm letztendlich zu besseren Bildverkäufen verholfen hätte. Die revolutionären Ausstellungen mit seinen ImpressionistenFreunden hatten ihn zwar bekannt gemacht, aber sie hatten ihm, anders als für Monet und Renoir, kein Geld gebracht. Sisley galt als schweigsam, verschlossen und sensibel und so zog er sich im Laufe der Jahre von dem Kunstbetrieb um die Impressionisten zurück, wenn er auch den Kontakt zu Monet, Renoir und Pissarro nicht ganz verlor. Das Bild des „Canal du Loing“, das die Fotofigur hält, malte Sisley 1884, zehn Jahre nach der ersten ImpressionistenAusstellung. Die letzten zwanzig Jahre seines Lebens ( - seit 1879 -) verbrachte er in der Gegend des Flusses Loing, zuletzt in dem Städtchen Moret, das er so beschrieb: „Der Ort ist ganz schön, ein bisschen mutet er an wie die Landschaften auf einem Tabakdosendeckel. … Moret liegt zwei Stunden von Paris

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entfernt, und hat viele Häuser, die man mieten kann. … Einmal pro Woche fahre ich dorthin, die Kirche ist schön und es gibt sehr pittoreske Motive.“ Die Kirche hat er mehrfach gemalt, aus verschiedenen Blickwinkeln: ein mittelalterlich monumentaler und zugleich filigran anmutender Steinkoloss. Bekannt ist Sisley indes als der Landschaftsmaler unter den Impressionisten. Seine Kompositionen sind klar angelegt, fast klassisch, wirken still und sehr harmonisch. Straßen, Flüsse, Brücken gliedern den Bildraum; Figuren - oder wie auf diesem Bild der Kahn -, so genannte Repoussoirs, führen den Betrachter in das Bild. Der Maler scheint diese Version des Canal du Loing von einer Position in der Mitte des Kanals aus gemalt zu haben. Wasser und Himmel, getrennt durch einen schmalen Landstreifen, beherrschen die Ansicht. Häuser und kleinere Bauten sind gleichmäßig über das Ufer verteilt, lenken die Konzentration wieder auf den Kahn in der Mitte, dessen schmaler, als Vertikale auffallender Mast eine Gegenbewegung zur Horizontale der Bildanlage bildet.

Das Gemälde zeigt deutlich, was für Sisley das wichtigste war: der Himmel und das Wasser: „Ich fange ein Bild immer mit dem Himmel an […]“, beschrieb er einmal seine Vorgehensweise. Wolkenformationen, Wasserbewegungen und Lichtreflektionen sind sein eigentliches Thema. Die oft dick und pastos aufgetragen Farben Blau und Grün oder Grau


und Rosa sieht man in allen Tonabstufungen, getupft oder gestrichelt. Mit dem Farbmaterial fing Sisley das Flüchtige, Subtanzlose ein und ist deshalb im wahrsten Sinne des Wortes ein „Impressionist“. Er malte seine Motive bei Regen und bei Sonne, im Frühjahr, Herbst und Winter, am Morgen, am Mittag und im Abendlicht - unspektakulär zwar, aber

dafür umso eindringlicher. Ein Gemälde, so Sisleys Theorie, war vollendet, wenn es dem Maler gelungen war, „dem Werk Leben einzuhauchen“, und lebendig war es, wenn sich seine Ergriffenheit vor der Landschaft dem Betrachter mitteilt.

Après la débacle, la Seine au pont deSuresnes, 1880 Lille Musée des Beaux-Arts de Lille Copyright Foto: Musee des Beaux-Arts, Lille, France/ Giraudon/ The Bridgeman Art Library

Der Protagonist des Impressionismus starb in ärmlichsten Verhältnissen am 29.

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Januar 1899 an Kehlkopfkrebs. Schon bald nach seinem Tod stieg der Wert seiner Bilder sprunghaft. Hatte er selbst immer nur ein paar Hundert Francs für seine Landschaften erhalten, so erzielte eines der Bilder von der „Überschwemmung in Port-Marly“ im Jahr 1900 bereits 43.000 Francs. 884 Gemälde zählt Sisleys Werkverzeichnis, 80 Gemälde sind in der Wuppertaler Retrospektive zu sehen. In der Beurteilung seiner Zeitgenossen war Sisley der harmonische, vorsichtige, poetische Impressionist, zugleich galt er als „kompromissloses Talent“; als schüchtern und sanft beschrieb ihn Vincent Van Gogh. Die Ausstellung in Wuppertal wird seine Stellung im Kreis der Impressionisten klären. Beate Eickhoff

Banks of the Loing River, 1885 Philadelphia,The Philadelphia Museum of Art Copyright Foto: 2011.Photo The Philadelphia Museum of Art/Art Resource/Scala, Florence

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Warum Sisley ? Gerhard Finckh Die Vorbereitungen für unsere Ausstellung zum Werk von Alfred Sisley erstreckten sich über den Zeitraum von annähernd zwei Jahren. Museumskollegen, private Sammler, Kunstkritiker, die von dem Projekt erfuhren, fragten in dieser Zeit immer wieder erstaunt: „Warum Sisley?“ Ausgehend von dem impressionistischen Bilderschatz, den August und Eduard von der Heydt am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts in ihrer Wuppertal-Elberfelder Sammlung zusammentrugen, hat das Von der HeydtMuseum 2006 begonnen, die französische Malerei des 19. Jahrhunderts näher zu betrachten. Die erste Ausstellung einer auf längere Sicht angelegten Serie befasste sich 2006 mit der „Schule von Barbizon“, in welcher die malerischen und theoretischen Grundlagen für den nachfolgenden Impressionismus gelegt wurden. Darauf folgten 2008 „Auguste Renoir und die Landschaft des Impressionismus“ und 2009/10 „Claude Monet“. Nach Barbizon, Renoir, Monet und dem Nachimpressionisten Pierre Bonnard (2010/11) reiht sich Alfred Sisley mehr als logisch in die Serie der Ausstellungsvorhaben des Wuppertaler Museums. Und es ist – wieder – eine Premiere; denn das Von der Heydt-Museum präsentiert das Oeuvre Sisleys zum ersten Mal in Deutschland von seinen Anfängen im Wald von Barbizon 1865 bis zu seinen letzten Gemälden, die 1897 an den Küsten von Cornwall und Wales entstanden. Mit ca. 80 Gemälden aus allen Schaffensperioden will die Ausstellung das Oeuvre Sisleys nicht nur breit auffächern, sondern auch in seinen unterschiedlichen Qualitäten ausloten. Kleine Werke wie die Radierung „Bords du Loing“ von 1890, die nur 14,6 x 22,5 cm misst, sind ebenso in der Ausstellung zu sehen wie das für Sisley fast schon monumentale Format 73 x 92 cm des Bildes „Bords du Loing près de Moret“ von 1892. Verschiedene Essays der führenden internationalen Experten stellen im Katalog zur Ausstellung die Bilder Sisleys auf den Prüfstand einer historisch-kritischen Betrachtung. Warum Sisley? Sisley hat dem

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Impressionismus eine besondere Note gegeben, er hat in diesem Stil eine musikalisch-lyrische Beschwingtheit zum Ausdruck gebracht, die sonst kaum zu finden ist - und das trotz aller persönlichen Nöte und Beschwernisse. Alfred Sisley wurde 1839 in eine wohlhabende englische Familie geboren, die in Paris lebte und hier ihren Geschäften nachging. Das elterliche Geschäft interessierte Alfred Sisley jedoch nicht, ihn faszinierte die „moderne“ Malerei eines William Turner, John Constable und das, was heute unter der Marke „Schule von Barbizon“ bekannt ist. Bis 1870/71 der preußisch-französische Krieg das väterliche Geschäft ruinierte, konnte Sisley seine eigene Malerei als Steckenpferd betreiben, wobei er durchaus schon damals äußerst ambitioniert war und mit seiner dreimaligen Teilnahme am „Salon“ erste größere Erfolge verzeichnete. Der Bankrott des väterlichen Geschäfts ruinierte in finanzieller und wirtschaftlicher Hinsicht auch Alfred Sisleys Leben. Von einem Tag auf den anderen war Sisley, der bis dahin gelegentlich auch seine aus armen Verhältnissen stammenden Freunde Monet und Renoir alimentieren konnte, selbst der Armut preisgegeben. Aus der Geborgenheit des Wohlhabenden kommend, stellte Sisley, nach 1871 plötzlich ohne Einkommen -, seine ganze Arbeit – und damit sein Leben und das seiner Familie, das in trostloser Armut enden sollte, in den Dienst der Kunst. Er brachte das Opfer der gesellschaftlichen Missachtung, er demütigte sich soweit, alle ihm nur irgendwie Nahestehenden immer wieder verzweifelt um Darlehen zu bitten und trotzdem seine Frau und die Kinder in größter Not zu wissen. Was muss das für ein Feuer gewesen sein, das in diesem als so „zurückhaltend, schüchtern, ruhig und bescheiden“ beschriebenen Künstler loderte, das ihn für die Kunst der Malerei brennen ließ, trotz aller Rückschläge, -und sein Leben scheint von 1871 an fast nur noch aus Misserfolgen und Durchhaltewillen bestanden zu haben -, und ihn nie daran zweifeln ließ, dass zu malen die einzige für ihn in Frage kommende Profession sein könnte?

In Sisleys Werk ist etwas zu entdecken, das bislang nicht in ausreichender Weise gewürdigt wurde: Bewegung und Leben. Manche der Betrachter seiner Bilder, manche Künstlerkollegen und Kritiker entdeckten diese Bewegung in Sisleys Bildern, ohne ihr jedoch als einem ganz wesentlich neuen Bildelement gerecht zu werden. So äußerte der Kritiker Chesneau im Paris-Journal 1872: „Mir ist bisher kein Bild bekannt, das auf so vollkommene Art die physische Präsenz der Atmosphäre wiedergibt,“ und der symbolistische Dichter Stéphane Mallarmé schrieb 1876 über Sisley: „Er hält die flüchtigen Momente des Tages fest, er beobachtet eine Wolke und malt, wie sie vorüberfliegt. Auf seiner Leinwand spürt man den Lufthauch noch, und die Blätter bewegen sich leicht im Wind.“ Diese zarte Bewegung und die Poesie, mit der es ihm gelang, „einen Weg nach dem Regen, hohe Bäume, von denen das Regenwasser herabtropft, nasse Pflastersteine, Pfützen, in denen sich der Himmel spiegelt“, hinreißend darzustellen, das sind Bildelemente, die in Kritiken zu den Bildern Monets und Renoirs nicht vorkommen. Die Zeitgenossen haben diese besondere Qualität in Sisleys Werk gelegentlich wohl wahrgenommen, aber nicht als seinen maßgeblichen Anteil, als seine prägende Erfindung für die Malerei des Impressionismus gewürdigt. Während Monet mit seinem berühmten Diktum „La nature ne s’arrête pas‘‘ (“Die Natur steht nie still“) und später Bonnard mit dem Satz „L’art c’est le temps arrêté“ (Malerei, das ist angehaltene Zeit) ein griffiges Wort für das Problem der Bewegung im Bild fanden und in zahlreichen Interviews verbreiteten, galt Sisley eher als wortkarg, was die Theorie seiner Kunst betraf. Er äußerte sich erst spät, zu spät, um damit seinem Werk noch den Stempel des Besonderen aufdrücken zu können, zu „seinem‘“ Thema, der Bewegung im Bild. Er vertraute A. Alexandre an, er „singe ohne Unterlass, er trällere während der Arbeit diese so fröhliche, so leicht singbare, hinreißende Melodie, die Teil seiner selbst geworden“ sei, das Scherzo aus Beethovens Septett, d.h.


Sisley war darin den Künstlern des 20. Jahrhunderts nicht so fern, die bei der Arbeit im Atelier häufig Musik hören, um eine besondere Atmosphäre um sich zu erzeugen, in der ihre Kreativität wirksam werden soll. Musik, ein Scherzo, bedeutet aber auch Dynamik, Rhythmus, Bewegung, die sich auf den Arbeitsprozess übertragen lassen. René Huyghe schloss daraus sogar, Sisley habe zwar keine neuen Motive in die Malerei eingeführt, wohl aber die bekannten Formen in neue, musikalische Zusammenhänge eingebettet. In einem der seltenen Interviews, die Sisley gab, erklärte er: „Abgesehen vom Bildgegenstand, vom Motiv, ist das interessanteste an einer Landschaft die Bewegung, das Leben. Das ist auch besonders schwer zu erreichen. Die Illusion von Leben zu erzeugen, ist für mich das Wichtigste in einem Kunstwerk, und alles muss dazu beitragen: Die Form, die Farbe, der Pinselstrich.“ Während Monet und Renoir seit den 1880er Jahren mit ihren auffallenden, oft kühn komponierten Werken allmählich positive Aufmerksamkeit erzielten und mit größeren,

stattlichen Bildformaten für Aufsehen sorgten, blieb Sisley stets dem kleinen, oft beinahe intimen Format treu. Und während Renoir mit seinen rotwangigen und blauäugigen Frauenund Mädchenporträts und seinen, in ihrer bukolischen Nacktheit mit dem Betrachter flirtenden, „Badenden“ eine Art „Markenzeichen“ für sich entwickelte und Monet, darin alle überflügelnd, mit seiner Serie der Kathedrale von Rouen und dann mit den großen Seerosenbildern berühmt wurde, blieb Sisley bei der beschwingten Gestaltung von Landschaften im kleinen und mittleren Format. Monet und Renoir waren ein bzw. zwei Jahre jünger als Sisley, aber sie überlebten ihn bei weitem (Renoir starb 1919, Monet 1926), und diese Jahre nach Sisleys frühem Tod 1899 waren es, in welchen Monet und Renoir die Gefilde des „klassischen“ Impressionismus verließen, um in neue Dimensionen vorzustoßen und in welchen sich Renoirs und Monets Weltruhm entfaltete. Monet und Renoir hatten in den 1890er Jahren ihren Platz, ihren Stil,

ihre „Markenzeichen“, ihre Attitüde gefunden, Sisley war 1897 bei seinem letzten Besuch an der walisischen Küste, als er „Storr’s Rock“ malte, vielleicht drauf und dran, für sich eine neue, von der rauen Natur inspirierte, „wildere“, auch modernere Malerei zu entdecken, die ihn vielleicht aus der atmosphärischen, lyrischen Kleinund Feinmalerei herausgeführt haben würde, - aber hier beginnt die Spekulation. Sisley blieb zeitlebens der Lyriker unter den Impressionisten, derjenige, der die Idee der Naturbeobachtung und der getreuen Wiedergabe der Erscheinungen der Landschaft am wahrsten und reinsten in seinem Oeuvre zum Ausdruck brachte und bewahrte. Er tat dies auf seine eigene, stille, am Schluss wohl auch resignierte Weise. Dennoch, auch wenn ihm der öffentliche Erfolg weitgehend versagt blieb, gilt nach wie vor, was der etwas ältere Camille Pissarro 1899 an seinen Sohn Lucien über Sisley schrieb: „Er ist ein guter und großer Künstler. Ich bin der Meinung, dass er gleichberechtigt neben den allergrößten steht.

Renate Stobbe, Michael Kozinowski, Christoph Roes, Dirk Schüller und Dr. Gerhard Finckh

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Wie ein Gespräch unter vernünftigen Leuten Das Festival 3B in der Immanuelskirche in Wuppertal-Barmen

Bühne Blickrichtung Orgel, Fotograf: Deimel & Wittmar

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Mitte September wird sich für die Wuppertaler Bratschistin Barbara Buntrock ein lang ersehnter Wunsch erfüllen: zum ersten Mal wird in der Immanuelskirche in Wuppertal-Barmen das Festival 3B stattfinden. Junge Musiker der aufstrebenden, internationalen Klassikelite begegnen alten Meistern, repräsentiert durch die Namensgeber des Festivals, die „3 großen B“: Bach, Beethoven und Brahms. Über die Konzerte hinaus wird für das Publikum auch auf einem musikalischen Campus die Faszination Musik erlebbar werden. Initiatorin und künstlerische Leiterin des Festivals ist Barbara Buntrock. Buntrock, die schon mit fünf Jahren ihren ersten Geigenunterricht bekam – was nicht verwundert: ihre Mutter Agnes Buntrock ist Cellistin und unterrichtete viele Jahre an der Bergischen Musikschule, ihr Vater ist der Wuppertaler Geigenbauer Erhard Buntrock – entdeckte früh ihre Leidenschaft für die großen Klassiker: es wird erzählt, sie habe schon als sehr kleines Kind bei einem Strandurlaub im Sand gesessen und dabei selbstvergessen und vergnügt Brahms` Doppelkonzert

vor sich hin gesungen. Aus dieser kindlichen Freude an der Musik hat sie schon lange ihren Beruf gemacht und sich zu einer jungen, gefragten Künstlerpersönlichkeit entwickelt. Ihre ursprüngliche Hingabe an die Musik hat sie sich dabei nicht nur erhalten, sondern immer weiter entwickelt. Der erste Geigenunterricht an der Bergischen Musikschule führte sie als Jungstudentin zu Werner Dickel – kurz zuvor hatte sie den vollen warmen Klang der Bratsche für sich entdeckt – um danach das Bratschen-Studium bei Barbara Westphal in Lübeck aufzunehmen. Der Abschluss des Studiums sowie zahlreiche Wettbewerbe und ihre Stipendien bei der Studienstiftung des Deutschen Volkes und der Deutschen Stiftung Musikleben brachten sie dann zu einem Aufbaustudium an die Hochschule für Musik „Hans Eisler“ nach Berlin, zu Tabea Zimmermann-Sloane, zurzeit die renommierteste Bratschistin weltweit. Das Leben von Barbara Buntrock dreht sich ausschließlich um die Musik: „Mal


Julien Szulman - Violine

Manuel Rettich - Schlagzeug

Jakob Spahn - Cello

wieder zum Yoga zu gehen nehme ich mir schon seit Januar vor… Es bleibt einfach im Moment keine Zeit dafür. Umso wichtiger ist die richtige Einstellung zu meinem ,Job‘. Ohne diese absolute ,Vernarrtheit‘ und Liebe zu dem was ich tue, könnte ich dieses Pensum nicht durchhalten. Beim täglichen Üben ist es besonders schwierig, die Balance zwischen Selbstkritik und Zufriedenheit zu finden, mit der man letztlich glücklich wird. Die Arbeitsaufteilung ist sehr unterschiedlich, mal bin ich nur mit Kammermusikproben oder Konzerten und den damit verbundenen Reisen beschäftigt, dann gibt es wieder so genannte freie Tage, an denen man dann selber die nächsten Werke vorbereiten muss. Der Wunsch, ein eigenes KammermusikFestival auf die Beine zu stellen, bestand schon lange und wurde über die Jahre immer stärker, je mehr gleichgesonnene junge Musiker ich kennenlernte“, so Buntrock. Gleichgesonnene, denen sie in den letzten Jahren bei Meisterkursen und Festivals in Europa und Amerika begegnen konnte und die ihre Leidenschaft für die klassische Kammermusikliteratur sowie ihre unbändige Spielfreude teilen. Spätestens seit der Verleihung des Von-der-Heydt-Förderpreises der Stadt Wuppertal im Jahr 2008 wurde dieser Wunsch, ein eigenes Festival zu etablieren, drängender. So war dann auch ihr Weggang aus Leipzig im Dezember 2010, wo sie für zwei Jahre als 1. SoloBratschistin beim Gewandhausorchester spielte, eine konsequente Entscheidung, begründet damit, sich dem Festivalgedanken sowie ihrem kammermusikalischen und solistischen Spiel stärker widmen zu können. 1. Solo-Bratsche in einem der zehn renommiertesten Orchester der Welt, ist sicher eine von vielen Musikern angestrebte Position, die das Musizieren auf hohem künstlerischem Niveau mit einer stabilen finanziellen Absicherung garantiert. Diese Sicherheiten aufzugeben und den „Sprung“ in die Unabhängigkeit zu wagen, braucht schon Mut, oder einen unbedingten Willen, seinen Vorstellungen zu folgen: “Der Klang eines großen Orchesters kann schon unglaublich beeindruckend und mitreißend sein. So eine Klangfülle braucht einfach die Masse

der Mitwirkenden. Aber je kleiner die Besetzung, desto mehr Feinheiten lassen sich musikalisch herausholen. Sauber und rhythmisch können viele Musiker spielen. Mich interessieren die Klangfarben und wie man sie intelligent einsetzt“. Dass sie ihr Festival in der Stadt etablieren möchte, in der sie aufgewachsen und mit der sie seit ihrer Kindheit musikalisch verwurzelt ist, stand für Barbara Buntrock außer Frage. Als Veranstaltungsort wählte sie die Immanuelskirche in Wuppertal, einen Konzertraum im Osten der Stadt mit beeindruckender Akustik, wie geschaffen für Kammermusik und längst ein international anerkannter Ort für Musikaufnahmen und Konzerterlebnisse. Diese Entscheidung kommt nicht von ungefähr: Schon als Kind besuchte sie mit ihrer Familie die dortigen Konzerte. Besonders beeindruckte sie damals eine Konzertreihe, die abwechselnd in der Stadthalle und in der Immanuelskirche veranstaltet wurde: Das Brodsky-Quartett spielte alle Streichquartett-Werke von Franz Schubert und sie bewunderte die „Großen“, die es schon „geschafft“ hatten. „Kammermusik zu spielen war immer ein zentraler Teil meines musikalischen Lebens und ist es nach wie vor und das nicht aus einer Notwendigkeit, sondern aus Leidenschaft“ so beschreibt sie ihre Motivation und ergänzt: „Diese Form des Zusammenspiels ist eine große Herausforderung, da man durch den Einfluss einer kleinen Gruppe von Musikern auf der Bühne immer neue Dinge erleben kann“. Hierbei macht die Auswahl der Kammermusikpartner den großen Unterschied: „Es kann angenehm sein, mit Partnern zusammen zu spielen, die eine ähnliche Spielweise haben und mit denen man sich sozusagen blind versteht. Aber ebenso kann es unglaublich inspirierend sein mit Kammermusikpartnern zu spielen, die unterschiedliche Denkweisen und andere musikalische Ideen haben als man selber, hierbei kommt man auf völlig neue Ideen und lernt viel über das eigene instrumentale Spiel“. Goethe beschrieb das gute Musizieren in einem kammermusikalischen Quartett - so sagt sie augenzwinkernd - „als ein Gespräch unter vernünftigen Leuten“.

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Byol Kang - Violine

Bei der Zusammenstellung des Festivalprogramms hat Barbara Buntrock bewusst große Werke von Bach, Beethoven und Brahms mit weniger bekannten Werken gemischt, erzählt sie strahlend. Im Programmheft wird sie mit kurzen Geschichten beschreiben, welche Bedeutung diese Werke für sie haben. Begegnung und Austausch über die Musik ist ihr vor allem mit dem Publikum wichtig. Der musikalische Campus bietet Menschen verschiedener Altersgruppen und Herkunft die Möglichkeit mit Musik ganz direkt in Berührung zu kommen: Ein Rhythmus- und Gesangs-Workshop, ein MOVIE IN MOTION SPEZIAL, ein Schüler-Konzert sowie eine öffentliche Generalprobe laden hierzu ein. Für die Konzerte hat sie sieben junge, aufstrebende Musiker der internationalen Klassikelite gewinnen können: den französische Geiger Julien Szulman, mit dem sie auch schon bei ihrem letzten Wuppertal-Konzert im November 2010 das Publikum begeisterte; daneben die Geigerin Byol Kang, die Bratschistin Lena Eckels, den Cellisten Jakob Spahn, den Pianisten Daniel Heide sowie den Schlagzeuger Manuel Rettich. Der Cellist Sadao Harada ergänzt dabei als „senior guest“ das Ensemble. Allesamt zahlreich ausgezeichnete Musiker.

Daniel Heide - Klavier

Wir können sicher gespannt sein auf eine Festivalzeit voller Leidenschaft und Hingabe an die Musik. Ermöglicht wird das Festival 3B u.a. durch die Kulturförderung Landschaftsverband Rheinland, dem Kulturbüro der Stadt Wuppertal, zahlreichen Sponsoren und Kooperationspartnern, wie dem Trägerverein Immanuelskirche, Mark Tykwers „Movie in Motion“ sowie der Hochschule für Musik und Tanz, Wuppertal. Mehr zum Festival unter www.festival-3b.de

Sadao Harada - Cello

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Magdalene Zuther

Lena Eckels - Viola Die Konzerte Freitag, 16. 9. 2011, 20 Uhr Konzert I Johann Sebastian Bach Auswahl aus den Duetten für Violine und Viola nach den „Zweistimmigen Inventionen“ BWV 772-786 Pavel Haas Streichquartett Nr. 2 „Von den Affenbergen“ Peter Sculthorpe Sonate für Viola und Schlagzeug (1960) Robert Schumann Klavierquartett Es-Dur op. 47 Samstag, 17. 9. 2011, 20 Uhr Konzert II César Franck Sonate A-Dur für Viola und Klavier Johannes Brahms Trio a-Moll op.114 für Viola, Violoncello und Klavier Wolfgang Amadeus Mozart Streichquintett g-Moll KV 516 Sonntag, 18. 9. 2011, 18 Uhr Konzert III Ludwig van Beethoven Klaviertrio Es-Dur op.1/1 Manuel de Falla „Suite populaire espagnole“ Ludwig van Beethoven Duett mit zwei obligaten Augengläsern WoO 32 Pjotr Iljitsch Tschaikowski Streichsextett d-Moll op.70 „Souvenir de florence“


Barbara Buntrock Barbara Buntrock ist eine außergewöhnliche, junge Künstlerpersönlichkeit, die als Solistin und Kammermusikerin bereits im In- und Ausland erfolgreich konzertiert. Ihre

„hohe Musikalität und ihr ausdruckstarkes, klangsinnliches Spiel“ wurde besonders bei der Preisverleihung des Von der Heydt- Förderpreises 2008 ihrer Heimatstadt Wupper-

tal erwähnt und die „musikalische Reifung einer jungen Künstlerpersönlichkeit“ geehrt. Sie ist außerdem erste Preisträgerin des Internationalen Musikwettbewerbs Markneukirchen im Jahr 2007 sowie Preisträgerin mehrerer anderer Wettbewerbe, darunter der Internationale Musikwettbewerb der ARD München, der Concours de Genève und der Deutsche Musikwettbewerb. Barbara Buntrock studierte an der Musikhochschule Lübeck bei Professor Barbara Westphal und besucht derzeit die Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin, um in der Klasse von Lars Anders Tomter und Tabea Zimmermann ein Zusatzstudium mit dem Ziel Konzertexamen zu absolvieren. Darüber hinaus besuchte sie verschiedene Meisterkurse wie die Verbier Festival Academy oder auch die International Music Academy of Switzerland bei denen sie weitere Anregungen von Musikern wie Seiji Ozawa, Nobuko Imai, Gabor Takács-Nagy, Kim Kashkashian, Yuri Bashmet, Anner Bylsma oder auch Bruno Giuranna erhielt. Als Stipendiatin der Studienstiftung des Deutschen Volkes und der Deutschen Stiftung Musikleben absolvierte sie ein Auslandstudienjahr an der Juilliard School in New York bei Heidi Castleman. Als Solistin trat Barbara Buntrock unter anderem mit dem Stuttgarter Kammerorchester, dem Sinfonieorchester Wuppertal, dem Kurpfälzischen Kammerorchester, dem Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim und mit den Bochumer Symphonikern auf. Von Februar 2009 bis Dezember 2010 war sie zudem als 1. Solobratschistin im Gewandhausorchester Leipzig tätig bevor sie diese Anstellung zu Gunsten ihrer solistischen und kammermusikalischen Projekte wieder aufgab. Seit dem Sommersemester 2011 hat sie nun einen Lehrauftrag in den Fächern Viola und Orchesterstudien an der Musikhochschule Lübeck inne. Barbara Buntrock spielt eine Viola erbaut von Antonio Mariani, Pesaro, ca. 1650, die früher von dem legendären Bratschisten Lionel Tertis gespielt wurde. Zu ihren Kammermusikpartnern gehört das Leipziger Streichquartett, mit dem sie vor kurzem die Streichquintette von L. van Beethoven für das Label MDG aufnahm. Außerdem ist sie Mitglied des Mariani Klavierquartettes, das 2011 mit einem Stipendium des Deutschen Musikwettbewerbs ausgezeichnet wurde

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Handgewebte Kostbarkeit Der Wuppertaler Künstler Wolrad Specht hat fünf Jahre Arbeitszeit in einen Teppich nach einem Entwurf von Albert Oehlen investiert. Es ist eine stille, einsame, viel Geduld und Sorgfalt fordernde Arbeit, die Wolrad Specht (*1948) in selbst gewählter Klausur in seiner Werkstatt in der denkmalgeschützten alten Remise in der Elberfelder Wiesenstraße tut - und er tut sie nicht zum ersten Mal. Wolrad Specht webt, genauer: tuftet von Hand Teppiche nach künstlerischen Vorlagen und mitunter sehr ausgefallenen Kundenwünschen. Was auch immer in Form, Größe, Farbe oder Design verlangt wird, ob Jugendstil-Dekor oder eine riesige Scholle: Specht setzt es um. Diesmal ist es ein Teppich nach einem Entwurf des zeitgenössischen Künstlers Albert Oehlen (*1954), eine Arbeit, die eine besondere Geschichte hat. Nach dem Studium des Textildesigns bei Rudolf Schoofs an der WerkkunstSchule in Wuppertal gründete Specht 1973 zunächst mit Frauke Kafka die Firma Magma Textildesign, die individuelle Wand- und Bodenteppiche herstellte. Damals wie heute, seit er alleine arbeitet, zählten Hotels, Banken, Firmen, die Kirche und Privatpersonen zu den Abnehmern der künstlerisch hochwertigen Stücke. So gibt es Specht-Teppiche in der Botschaft Gabuns in Deutschland, in der Berliner Akademie der Künste, in der deutschen Botschaft in Washington, D.D., in der Villa von Benedikt Taschen in Hollywood und in der Pfarrkirche Hückeswagen. Specht ist längst ein gesuchter Teppichkünstler geworden. Oft schon hat er Entwürfe von namhaften bildenden Künstlern wie Martin Kippenberger, Thomas Bayerle, Andreas Schulze, Stefan Szczesny und Rosemarie Trockel umgesetzt – und eben Albert Oehlen. Einige Male wurden die Teppiche des liebenswürdig bescheidenen Künstlers auch in Galerien ausgestellt, so bei Ismail Coban und 2004 in der Galerie Epikur, wo Specht ebenfalls eine Oehlen-Arbeit zeigte, die er „Denk-

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malsstürze“ nannte. So langwierig die Herstellung eines echten Specht-Teppichs ist, so schnell sind die außergewöhnlichen Stücke auch verkauft. Die Zusammenarbeit Oehlen/Specht geht bis ins Jahr 1980 zurück. Aber zu der ungewöhnlichen Geschichte des jetzt nach fünf Jahren fertig gewordenen 10,4 Quadratmeter (2,50 x 4,10) großen Teppichs, der unbetitelt bleibt: bereits von 1987-92 hatte Specht eben diesen Entwurf nach einer Kollage Oehlens schon einmal ausgearbeitet und ihn 1992 über den Berliner Galeristen Max Hetzler an den US-amerikanischen Künstler Jeff Koons verkauft. Das Hochzeitsfoto von Koons mit Ilona Staller (Cicciolina) in der Zeitschrift „Cosmopolitan“ (1/92) zeigt die beiden auf Wolrad Spechts Teppich. 2007, also 15 Jahre danach, bestellte Koons bei Wolrad Specht den gleichen Teppich noch einmal über seinen Galeristen Hetzler. Es ist nicht bekannt, ob er den ersten so sehr abgenutzt hat, daß gleichwertiger Ersatz her muß oder ob Jeff Koons einen davon vielleicht dem Museum of Modern Art vermachen möchte. Fest stehen die Fakten: 5 Jahre tägliche Handarbeit, der Verbrauch von 39 kg Wolle in 50 erlesenen Farbschattierungen und der beachtliche Preis. Den behalten wir aber für uns. Der Teppich wird in diesen Tagen ausgeliefert. Text und Fotos: Frank Becker

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Im Reich der Mitte Herr O. ist jemand, der in seiner Sprache wohnt. Er schreibt seine Gedanken auf. Seine Sicht auf die Dinge. Oft versteht er das Geschriebene ebenso wenig wie die chinesischen Kalligrafien, für die er eine Schwäche hat. Es ist ein heißer Sommertag. Herr O. bestellt ein kaltes Bier, eine Frühlingsrolle, gebratenes Hühnerfleisch mit Chop Suey und zum Nachtisch Lychees. Die Farbe der Lycheefrüchte erinnert ihn immer an ein kühles, blasses Seidenkleid.

Friederike Zelesko, Foto: Hildegard Alwazan

Die Klimaanlage im China Restaurant trocknet langsam sein erhitztes Gesicht. Getönte Fensterscheiben dämpfen die grellen Sommerfarben des Straßenbilds. Chinesisches Personal mengt sich in den Spiegeln, die in den vier Himmelsrichtungen an den Wänden hängen, unter die Glasschliffbilder regloser Flamingos. Fla-

min-go. Ein fremd klingendes Wort, ein Wort das der Fantasie Flügel verleiht. Herr O. sitzt im Reich der Mitte des Herrschers Yen, der das Sommerland besichtigt. Das Restaurant ist gut besucht. Jemand sagt, er habe Geburtstag. Spontane Glückwünsche, dann Applaus. In den chinesischen Vasen verbeugen sich rosafarbene Nelkenköpfe. Die Flamingos stehen mit ihren langen Beinen im unbeweglichen Wasser der Spiegelseen. Es ist, als würden sie bei diesem unerwarteten Applaus erschrocken die glasgeschliffenen, starren Flügel lüften. Herr O. ist in einem Alter das längst alles verzeiht. Seine früher oft unüberlegten Entscheidungen, die ihm bis jetzt noch ihre überlegenen Auswirkungen zeigen, hat er als Schicksal angenommen. Manchmal hat er Angst vor dem Allein-

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sein, davor, dass ihm die Zeit wegläuft, oder noch schlimmer, dass er verstummt. Herr O. hat Angst vor einem stummen Blatt Papier. Indem er schreibt, bekennt er sich zu seinem Denken. Oft erschrickt er, wenn sich etwas in seinem Wesen unbewusst offenbart. Wenn etwas zu seiner Zufriedenheit gelingt, wird es Poesie.

Mittelfinger und Zeigefinger und drückt mit der Daumenkuppe dagegen, etwa so, wie man einen Bleistift hält. Dabei müssen die Spitzen beider Stäbchen übereinander liegen. Beim Essen liegt das untere Stäbchen fest in der Hand, das obere bewegt man in Richtung des unteren und fasst den Bissen.

Der Herrscher kocht. Sobald das Öl im Wok rauchheiß ist, gibt er sorgfältig geschnittenes Gemüse hinein, das er mit schnellem Wenden und Rühren in wenigen Minuten brät. Die Poren schließen sich sofort. Aroma, Vitamine und Mineralien bleiben erhalten. Für gleichmäßiges Garen ist es wichtig, alle Zutaten in akkurat gleich große Stücke zu schneiden, sagt der Herrscher. Er verwende ein speziell scharfes Messer und ein massives Holzbrett. Das Fleisch schneide er quer zur Faser, so werde es beim Garen schneller weich und schmelze im Mund. Der Herrscher liebt das Pfannenbraten und das Rotkochen. Obwohl er viele Verwandte hat, kocht er lieber selbst. Er vertraut in dieser Kunst niemandem. Er beherrscht die vier großen Küchen Chinas. Peking, die kaiserliche Tradition, Shanghai, die Küche des Luxus, Szechuan, das Reich der Würze, und Kanton, der siebente Himmel aller Genüsse.

Herr O. ist verblüfft. Noch nie hat ihn jemand so genau angeleitet, wie man mit Stäbchen isst. Als das Wort Bleistift fällt, ist alles klar. Herr O. benutzt immer Bleistifte, berührt sie zärtlich beim Schreiben. Er verbraucht sie bis zum Stummel, der schließlich in seiner Schreibhand verschwindet. Seine Zärtlichkeit richtet sich nun auf die Stäbchen und die ergänzenden Kräfte von Yin und Yang, die die Speisen des Herrschers in der Zusammenstellung begleiten, das Süß und Sauer, das Scharf und Mild, das Fest und Weich, führen jeden Bissen geschickt zum Mund. Je länger Herr O. isst, desto langsamer läuft die Klimaanlage. Manchmal hört das Surren ganz auf. Dann hört er wie die Flamingos ihre langen Beine heben und durch die Spiegelseen waten. Kleine Ringe bilden sich auf dem Wasser und werden immer größer. Sie haken sich ineinander bis sie sich, wie durch Zaubertrick, wieder voneinander lösen.

Der Herrscher empfiehlt Herrn O. seine Bestellung abzuändern. Er breitet vor ihm die Genüsse der vier chinesischen Küchen aus. Eine verschwenderische Vielfalt von frischen Zutaten, wie die verschiedensten Gemüsesorten, tropische Früchte und Pilze. Er serviert schließlich eine ScharfSauer-Suppe, Dim Sum, zweifach gekochtes Hühnerfleisch, knusprig gebratene Shrimps, Aal in Öl und Tausendjährige Eier und natürlich Chili, der heiß nach Sommer brennt. Das chinesische Gedeck besteht aus einer Reisschale, dem Unterteller, Essstäbchen, Porzellanlöffel und vielen Schälchen für Suppen und Saucen.

Herr O. ist mittlerweile beim Nachtisch angelangt. Mandelgelee mit Lycheefrüchten. Die Lychees lässt er sich nicht nehmen. Das Gelee ist stichfest und mehrmals eingeschnitten. Lychees liegen in den Schnittwunden, die nach Bittermandel riechen. Die Farbe der Früchte erinnert ihn immer noch an das kühle, blasse Seidenkleid.

Der Herrscher Yen zeigt Herrn O. wie man mit Stäbchen isst. Ein Stäbchen mit dem oberen Drittel, dem dicken Ende, legt man in die Höhlung zwischen Daumen und Zeigefinger. Der untere Teil ruht auf der Innenseite des Ringfingers. Das zweite Stäbchen legt man zwischen

Der Herrscher Yen zieht sich ganz plötzlich zurück. Er verbeugt sich höflich und spricht kein Wort. Das Personal, das seine Verwandtschaft beim gemeinsamen Essen an einem gesonderten Tisch unter Beweis stellt, glättet die Tischdecken und räumt das blauweiße Drachenporzellan ab. Herr O. verlangt die Rechnung. Sie wird ihm in einem Lackkästchen gebracht. Als er das Kästchen öffnet, findet er ein leeres Blatt Papier. Friederike Zelesko


Kolumba Wahrhafte Museen sind Orte, an denen sich die Zeit in Raum verwandelt, schreibt Orhan Pamuk, der türkische Schriftsteller. Wenn ich das Museum betrete, sehe ich zuerst nur den Raum. Ein Kontinuum, in dem sich Tageslicht und Kunstlicht abwechseln. Ich durchschreite diesen Raum, ja, durchschreite ihn, denn nur das ist möglich. Je nachdem erscheinen die Kunstwerke, im Licht oder im Dunkel, wirklich oder unwirklich. Die hohen Wände und Treppenhäuser verstärken dieses Raumgefühl. Kleine Schwellen mit beleuchteten Ritzen erinnern mich, den Fuß vorsichtig zu heben. Dabei bemerke ich den Materialwechsel vom Terrazzoboden zum Mörtelboden, den der Architekt sicherlich bewusst eingesetzt hat. Oder ich bemerke, wie sich die graue, federleichte, schmale Vorhangfahne vor dem riesigen Glasfenster bei meinem Vorübergehen bewegt. Verwundert stelle ich fest, dass der Blick auf die Stadt Köln und auf den Kölner Dom mich überhaupt nicht irritiert. Ich empfinde es eher so, als umarme mich die Stadt da draußen, als würde sie mein Durchschreiten der Räume ganz selbstver-

ständlich billigen. Das Drinnen und Draußen verschmelzen zu einem gemeinsamen Panorama. Von den Materialien Glas, Mörtel und Terrazzo geht eine Sinnlichkeit aus, die meine Erinnerung und Phantasie beflügeln. Ich wende mich wieder den Kunstwerken und ihren vielen verschiedenen Ebenen zu und bin auf der Suche nach Gemeinsamkeiten, nach Wechselwirkungen, um mir das Unsichtbare im Sichtbaren vorstellbar zu machen. Erst als ich den letzten Raum betrete, das Lesezimmer, dessen Wände mit einem aus einem Stamm geschnittenen Mahagonifurnier überzogen sind, das einmal heller, einmal dunkler, eine wunderbare Fächermaserung in Wiederholung zeigt, komme ich in einem Ledersessel zur Ruhe. Ich beginne über das Gesehene nachzudenken. Die Stille des Raumes lässt mich verstummen. Ich bin zu keiner Denksprache mehr fähig. Die vielen Räume, die ich durchschritten habe, haben sich in mir ausgedehnt. Ich greife nach der Museumspublikation zur Ausstellung, die im Lesezimmer ausliegt und in der man blättern kann. Ich betrachte die

schönen Bilder, die wunderbare Ausstattung mit Beiträgen von Kunsthistorikern, Zitaten von Schriftstellern und Künstlern, den ästhetischen Druck und bleibe an Worten, wie Zuwendung, Erfüllung, Anspruch, Begehren, Respekt, Triumph, Spiel, Fest, Weg, Verantwortung, Mythos, Hinterlassenschaft, Leidenschaft, Nähe und Abstand, Konflikt und Rätsel hängen, dann an dem Satz: Ein Mensch verlässt die Erde ... Ich verlasse das Museum. Friederike Zelesko geboren in Böheimkirchen, Niederösterreich. Sprachstudium in London, Übersetzerin. War Regierungsangestellte an der Bergischen Universität Wuppertal. Schreibt Lyrik und Prosa und ist Mitglied im Verband Deutscher Schriftsteller und der Künstlerinnengemeinschaft GEDOK. Beiträge in Literaturzeitschriften, Anthologien, im Funk und einer Kolumne der Frankfurter Rundschau. Zuletzt in der Anthologie: Fern vom Lärm der Welt, Tag +Nacht Verlag, Köln.

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Die letzte Freiheit Anläßlich der Bundesgartenschau zeigt das Koblenzer Museum Ludwig eine umfassende Ausstellung zur Land Art

Walter De Maria, Lightning Field, 1977 (Foto Katalog)

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Die Sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts waren ein Jahrzehnt radikalster künstlerischer Grenzüberschreitungen und -erweiterungen. Mit Pop Art und Nouveau Réalisme, Happening, Fluxus und Performance, Environmental Art, arte povera, Minimal und Concept Art fand eine ungeahnte Expansion der Künste statt. Am Ende jener Dekade tiefgreifender kultureller und sozialer Veränderungen entwickelte sich mit der Land Art eine weitere Form ästhetischer Praxis, die die tradierten Vorstellungen von Kunst sprengte und neue Maßstäbe setzte. Diese hochinteressante Kunstrichtung, um die es in den letzten Jahren eher etwas still geworden ist, ruft nun das Koblenzer Museum Ludwig anläßlich der diesjährigen Bundesgartenschau mit einer großen Retrospektive ins Gedächtnis zurück.

Ein Who is Who der Land Art Land Art-Projekte mit ihren nicht selten gigantisch dimensionierten Eingriffen in oft kaum berührte Naturräume gehören zweifellos mit zum Spektakulärsten, was in der Kunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stattgefunden hat. Es sind Inszenierungen von Künstlern, die ihre Ateliers hinter sich gelassen haben, um in und mit der Landschaft zu arbeiten und hier „letzte Freiheiten“ auszuloten. Obwohl diese Arbeiten prinzipiell die physische Präsenz der Rezipienten vor Ort verlangen und – da meist zu groß und zudem immobil – für museale Präsentationen eigentlich untauglich sind, ist der Direktorin des Museums im Deutschherrenhaus am Deutschen Eck, Beate Reifenscheid, ein umfassender Rückblick auf die verschiedensten künstlerischen Praktiken gelungen, die unter dem Stichwort „Kunst mit der Natur“ zusam-


mengefaßt werden können. Die in den letzten Jahrzehnten realisierten, teilweise großflächigen Explorationen und Transformationen von Naturräumen werden in den etwas beengten Räumlichkeiten des Koblenzer Museums vorwiegend anhand von Skizzen, Modellen, Fotografien und Filmen dokumentiert. So sperrig das dargebotene Material manchmal auch sein mag, so beeindruckend ist allein die Liste der beteiligten Künstlerinnen und Künstler, die sich wie ein Who is Who der Land Art liest: das Künstlerpaar Christo und Jeanne-Claude, Walter De Maria, Agnes Denes, Jan Dibbets, Hamish Fulton, Andy Goldsworthy, Michael Heizer, Nancy Holt, Peter Hutchinson, Richard Long, Robert Morris, Robert Smithson, James Turrell und andere. Während sich in Deutschland der Begriff „Land Art“ durchgesetzt hat, sind in den USA, dem Ursprungsland

dieser Kunstrichtung, eher die Begriffe „Earthworks“ oder „Earth Art“ gebräuchlich. Und tatsächlich handelte es sich bei den frühen Großprojekten der Land Art oft um dezidierte Eingriffe in das Erdreich, häufig mit Hilfe von Bulldozern und Baggern, manchmal auch mit Dynamit. Das waren künstlerische Interventionen, die nichts Ephemeres hatten, sondern durchaus auf Dauer angelegt waren. Smithson, Long, De Maria & Co. So zum Beispiel Robert Smithsons „Spiral Jetty“ von 1970, eine Arbeit, die längst zur Ikone der Land Art geworden ist. (Abb.) Der Künstler ließ im seichten Gewässer des Großen Salzsees von Utah in den USA ca. 6800 Tonnen Material zu einer etwa 450 Meter langen und 4,5 m breiten spiralförmigen Mole aufschütten. Authentisch erfahrbar ist dieses

„Earthwork“ nur, indem man die Spirale entweder abläuft, oder – das wäre eine Alternative von ganz anderer Qualität – indem man sie mit einem Ballon, Hubschrauber oder Flugzeug überfliegt. Der Kreis und als dessen Abwandlung die Spirale sind Urformen der Natur, die von den Land Artisten besonders favorisiert werden; man denke nur an den Spiralnebel, an die Nautilusschnecke, an das sich entfaltende Farnkraut, an Strudel im Gewässer. In seiner unendlichen Rotationsbewegung symbolisiert der Kreis Geschlossenheit und – so Paul Klee – kosmische Harmonie. Was die Spiralbewegung anbelangt, so kann sie nach Klee Entfaltung und Freiheit bedeuten, wenn sie vom Zentrum ausgehend mehr und mehr in den Raum ausgreift. In diesem Fall könne von einer Lebensspirale die Rede sein. Liest man dieselbe Form jedoch umgekehrt, also im Sinne einer Bewegung

Christo und Jeanne Claude, Surrounded Islands, 1980-83 (Foto Katalog)

Robert Smithson, Spiral Jetty, 1970, Great Salt Lake, Utah, USA (Foto Museum Ludwig Koblenz)

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auf das Zentrum hin, so komme diese Bewegung über ein zunehmendes Gebundensein schließlich zum Stillstand. Eine derartige bewegungsfeindliche Spirale lasse sich als Todesspirale betrachten. Das sind Deutungsmöglichkeiten von so prinzipieller Art, daß sie umstandslos auch auf diverse Land Art-Projekte angewendet werden können; gleichwohl sind natürlich auch ganz andere Interpretationsansätze denkbar. Im Unterschied zu Werken der Land Art, die in der Zeit überdauern (wollen), tendiert der britische Land Art-Künstler Richard Long eher dazu, in der Natur keine bleibenden Spuren zu hinterlassen. So war eine seiner frühesten Arbeiten im Naturraum eine gerade Linie, die durch längeres Hin- und Hergehen auf einer Wiese entstand und nach relativ kurzer Zeit wieder verschwand („A line made by walking“, 1967). Hier manifestiert sich eine in den Sechziger Jahren zeittypische kapitalismusfeindliche Haltung, die sich dezidiert dem im Kunstbetrieb vorherrschenden Verständnis des Kunstwerks

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als Ware, als vermarktbares, handelbares Objekt verweigert. Zuweilen schafft Long aber in Galerien und Museen auch reduzierte, minimalistische Bodenskulpturen aus Treibholz oder Steinen, so im Koblenzer Ludwig Museum die „Cornwall Carrara Line“ (1988), ein hinsichtlich Material, Farbe und Struktur kontrastierendes Ensemble aus grobem südenglischen Schiefer und feinem toskanischen Marmor. (Abb.) Schlüsselwerke Fotografisch dokumentiert wird in Koblenz eines der Schlüsselwerke der Land Art, nämlich Walter De Marias „Lightning Field“ von 1977. (Abb.) Auf einer Hochebene im US-Bundesstaat New Mexico hat der Künstler in einem rechteckigen Geviert von ca. 1,6 x 1,0 km in regelmäßigen Abständen 400 Edelstahlstäbe errichtet, deren Spitzen alle die gleiche Höhe über Null-Niveau erreichen und somit eine imaginäre horizontale Fläche bilden. Da das Gelände aber uneben ist, haben die Metallstäbe unterschied-

liche Höhen (zwischen 4,6 und 8,1 m). Diese gigantische, die Landschaft streng geometrisch artikulierende Skulptur vollendet sich erst durch Mitwirkung der Naturgewalten, nämlich dann, wenn bei heftigen Gewittern die Blitze zwischen den Metallstäben einschlagen. Daher auch der bezeichnende Titel „Lightning Field“, also „Blitzfeld“. Zu den spektakulärsten und bekanntesten Interventionsprojekten im Landschaftsraum gehören die Verpackungs- und Verhüllungsaktionen des Künstlerehepaars Christo und JeanneClaude. Anders als bei anderen, oft recht spröden Land Art-Projekten handelt es sich bei diesen – immer zeitlich befristeten – Aktionen um hochgradig ästhetisierte Naturverfremdungen, denen von Anfang an die besondere mediale Aufmerksamkeit und Akzeptanz des Publikums sicher war. Erinnert sei nur

Christo und Jeanne Claude, Running Fence, 1972-76 (Foto Katalog)


Richard Long, Cornwall Carrara Line, 1988; Installation im Museum Ludwig Koblenz (FotoŠ Helmut Beier)

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Toshikatsu Endo, Fountain, Okazaki City, 1991 (Foto Katalog)

an Großprojekte wie „Verhüllte Küste“ (1969), „Valley Curtain“ (1971/72), „Running Fence“ (1976) oder „Surrounded Islands“ (1983). Um es nicht nur bei einer historischen Bestandsaufnahme zu belassen, hat Beate Reiffenscheid auch neuere Arbeiten in die Ausstellung einbezogen, so etwas Filme von Ai Weiwei (Abb.), die die zerstörerischen Auswirkungen der Industrialisierung, Urbanisierung und Automobilisierung in China zeigen, oder eine Sound Installation von Florian Dombois, die die globalen, an einem einzigen Tag registrierten seismischen Aktivitäten an 21 Erdbebenstationen dokumentiert und mithin das Gefahrenpotential von Naturkatastrophen bewußt macht. Begleitet wird die Ausstellung von einem sehr informativen Katalogbuch, zu dem u.a. auch Gilles A. Tiberghien, Autor des bis heute maßgeblichen Standardwerkes „Land Art“ von 1995, einen Beitrag beigesteuert hat. Rainer K. Wick

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Die Letzte Freiheit Von den Pionieren der Land Art der 1960er Jahre bis zur Natur im Cyberspace Ludwig Museum im Deutschherrenhaus Danziger Freiheit 1, 56068 Koblenz http://www.ludwigmuseum.org/ info@ludwigmuseum.org. bis 16.10.2011

Katalogbuch, hrsg. von Beate Reifenscheid mit Texten von Robert C. Morgan, Serge Paul, Gilles A. Tiberghien, deutsch/ englisch, Verlag Silvana Editoriale, Mailand, 2011, 192 S., 25,00 Euro


Der Fliegende Holländer „Nur eine Hoffnung soll mir bleiben, nur eine unerschüttert stehn: so lang der Erde Keime treiben, so muß sie doch zugrunde gehen. Tag des Gerichtes! Jüngster Tag! Wann brichst du an in meiner Nacht? Wann dröhnt er, der Vernichtungsschlag, mit dem die Welt zusammenkracht? Wann alle Toten auferstehn, dann werde ich in Nichts vergehn, in Nichts vergehn… Ihr Welten, endet euren Lauf! Ew’ge Vernichtung, nimm mich auf!“ (Finale Holländer-Monolog - Höhepunkt im 1.Aufzug!)

Liebe Opernfreunde, um es gleich vorweg zu nehmen: Dieser Artikel handelt nicht (!) von Wagner als Nazi! Wir sprechen über den „Fliegenden Holländer“, ein wirkliches Meisterwerk - Uraufführung: 1843. Das Werk fällt in die Kategorie der Frühwerke des großen Richard, was bedeutet: die Oper liegt deutlich unter drei Stunden! (Netto rund 150 Minuten reine Musik). Nun kann es, je nach Inszenierung, aber auch länger werden. Aufwendige Produktionen wurden schon einmal mit zwei Pausen (nach jedem Aufzug eine) gegeben. In letzter Zeit hat sich eine Pause eingebürgert; die Puristen unter den Regisseuren spielen das Stück aber durch, wenn nicht die Pächter der Gastronomie im Vorfeld dazwischenfunken. Das „Rheingold“ (ähnliche Länge) wird ja auch ohne Pause gespielt. Eigentlich ist es das Frühwerk überhaupt, denn Wagners ganz frühe Blüten (Die Hochzeit 1832, Die Feen 1833, Das Liebesverbot 1838 + Rienzi 1840) hat der Meister für Bayreuth untersagt. Und nur was in Bayreuth auch

gespielt wird ist echter Wagner! So gilt es landauf, landab. Die Hitparade der 10 bedeutenden Werke führt also dieser „Fliegende Holländer“ chronologisch an. Nummer zehn wäre somit „Parsifal“ (1882). Wenn Sie den überleben, dürfen Sie sich mit Recht „Wagnerianer“ nennen. Im Gegensatz zu letzterem brauchen Sie hier wirklich keinen Kaffee und keine Aufputschmedikamente, was auch die Blase entlastet, denn das Stück ist spannend, kurzweilig und musikalisch höchst abwechslungsreich! Mittlerweile im Alter, wo das Sitzfleisch welkt, mein Lieblingswerk. Den Inhalt könnte man ganz kurz reimen: „Seit ewiglicher Rettung sucht ein Holländer der schwer verflucht erst Senta die Erlösung bringt als sie für ihn ins Wasser springt“ Aber es geht auch länge, oder Sie schauen sich den Film „Fluch der Karibik“ an, in dem hemmungslos aus Wagners Geschichte geklaut wird:

Holländer-Karikatur © Peter Klier

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1. Aufzug: Ort: Norwegen, Regen. Einsame Meeresbucht, steile Felsen, wildes SturmgetĂśse, Peitschende Wogen, Heulen des Sturms hĂśrbar. Dalands Schiff hat seine Anker in dieser Bucht geworfen. Der Kapitän muĂ&#x;te kurz vor seinem Zielort wassern und geht an Land. Die Bucht heiĂ&#x;t Sandwike, was aber keinerlei weitere Bedeutung hat, denn wie sein Heimatort heiĂ&#x;t, erfahren wir nicht, was eigentlich wichtiger wäre. Er klettert also auf einen Felsen (falls vorhanden) und hält Ausschau. „Kein Zweifel sieben Meilen fort, trieb uns der Sturm vom sichren Port“ So singen gleichzeitig seine Matrosen und fahren fort: „Wer baut auf Wind, baut auf Satans Erbarmen!“ Kapitän Daland schickt seine Seeleute in der trĂźgerischen Hoffnung, daĂ&#x; die Gefahr vorbei sei, schlafen „Zur Ruhe denn, mir ist nicht bang!“ Einzig der Steuermann soll Wacht halten „Mit Gewitter und Sturm aus fernem Meer“ träumt er von seiner Geliebten „Mein Mädel, bin Dir nah!“ Refrain: „Hohojo! Hallohoho! Jollohohoho! Heho!“ Wagner machte es keinem leicht, denn diese eigentliche Minirolle ist gemein hoch zu singen. Wirklich hundsgemein... Haben Sie bitte Mitleid mit dem Sänger

und spendieren Sie ihm (am Ende!) viel Beifall. Das ist so ungefähr die undankbarste Nebenrolle, die man singen kann. Bei dieser schĂśnen Melodei schläft der Steuermann ein und kriegt demzufolge nicht mit, wie mit rasselnden Ankerketten (Wagner schreibt diese ausdrĂźcklich im Orchester vor) ein Geisterschiff nebenan Anker wirft. Es ist das Schiff des legendären „Fliegenden Holländers“, der mit seiner Crew auf ewig verdammt ist, die Meere zu durchkreuzen und der nur alle sieben Jahre an Land gehen darf, ein Mädel zu suchen, welches ihn liebt, Treue schwĂśrt und heiratet. Dann erst, so will es der Fluch, wird er erlĂśst. Heute ist es mal wieder soweit. In seinem monstrĂśsen HolländerMonolog erklärt er aber noch einmal die Geschichte mit eigenen dramatischen Worten und einem furiosen unter die Haut gehenden Orchesterglissando. „Ihr Welten, endet Euren Lauf! Ew´ge Vernichtung. nimm mich auf!“ Dann folgt dieser wunderbare Quarten-Quinten-Intervall des Holländermotivs; wie ein Aufschrei letzter Worte tĂśnen die Blechbläser aus dem Orchester. Wow! Nicht nur meine Lieblingsstelle! Das GetĂśse hat Daland geweckt, der sich darauf recht freundlich mit dem Holländer nach Besichtigung von dessen golden-diamantener Mitgift darauf einigt,

ihn zum Schwiegersohn zu nehmen. Auf gut Deutsch: Er verschachert sein Tochter Senta. Ihr gilt es im zweiten Aufzug. 2. Aufzug Ort: groĂ&#x;es Zimmer in Dalands Haus, eine Spinnstube. VHS-Kurs: „Spinnen auf alten Handspinngeräten“. Die rund 16 Mädels, die fleiĂ&#x;ig ihre Spinnrädchen drehen, bieten ein buntes schĂśnes Bild. An den Wänden Seemannskrempel und das riesige Ă–lgemälde eines groĂ&#x;gewachsenen HĂźnen vor wilder See, welches ungemein dem Bild des Holländers aus dem ersten Akt ähnelt. Daher braucht der Sänger des Holländers schon eine gewisse athletische Figur, im Gegensatz zu Daland. „Summ und brumm, du gutes Rädchen, munter, munter dreh dich rum! Spinne, spinne tausend Fädchen gutes Rädchen, summ und brumm!“ Was war dieser Wagner doch fĂźr ein toller Librettist und Sprachbeherrscher! Doch weiter: Senta ist auch unter den Spinnerinnen. Doch sie legt ihre Hände in den SchoĂ&#x; und erzählt bzw. singt lieber den vielen Mädels die Ballade mit der Lebensgeschichte jenes Fliegenden Holländers vor, die wir ja schon aus dem ersten Akt kennen. Solche Wiederholungen sind wagnertypische Ingredienzien, die sich in jeder Oper finden, was später auch ein Grund fĂźr die enorme Länge seiner Opern

6" Ê ,Ê 9 /‡ 1- 1 71** ,/ 13.9.2011 - 29.1.2012

ALFRED

SISLEY

der wahre Impressionist À“Â&#x;}Â?ˆVÂ…ĂŒĂŠ`Ă•Ă€VÂ…ĂŠ`ˆi

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wurde. In der größten und längsten Oper aller Zeiten (nein, ich meine nicht Stockhausens „Woche aus Licht“!), sondern den „Der Ring des Nibelungen“ (16 Stunden) wird im jeweils folgenden Teil der Inhalt der bisherigen Teile mindestens dreimal wiederholt, was bei dem zunehmenden Handlungsstrang dazu führt, daß allein der erste Akt der dreiaktigen „Götterdämmerung“ schon zweieinhalb Stunden dauert. Aber zurück zum Holländer. Senta also träumt von dieser unheimlichen Geistergestalt, obwohl sie einen Freund hat, mit Namen Erik. Auch wieder so eine undankbar kleine, aber teilweise sauschwere Sangespartie. Forcieren wir ein wenig: Vater Daland kommt und stellt seiner Tochter ihren neuen Bräutigam vor. Und es funkt sofort. Senta verspricht Treue bis in den Tod. „Hier meine Hand! Und ohne Reu, bis in den Tod gelob ich treu!“ Geld regiert bekanntlich die Welt. So schnell wechseln die Schwiegersöhne. Die ganze Geschichte soll im >>> dritten Aufzug mit einem großen Schiffbesäufnis besiegelt und gefeiert werden. 3. Aufzug Ort: Seebucht mit felsigem Gestade und einer Hafenmauer. Die Schiffe Dalands und des Holländers liegen Seite an Seite vor Anker. Während das Norwegerschiff erleuchtet ist - man feiert ausgelassen - bietet das dunkle unbelebte Holländerschiff einen unheimlichen Kontrast.

Laut ertönt der Norwegerchor mit dem berühmten Lied (die absolute Nummer Eins aller Opern-Chor-Hitparaden) „Steuermann! Laß die Wacht! Steuermann her zu uns! Ho! He! Je! Ha! ....“ Liest sich furchtbar, klingt aber ganz toll. Bitte nicht mitklatschen, wenn Ihnen ihre Gesundheit lieb ist, auch wenn der einfache Rhythmus (Fußaufstampfen bei 1 und 3) vielleicht dazu einlädt. Da verstehen Wagnerianer keinen Spaß! Wir nähern uns dem musikalisch absoluten Höhepunkt dieser Wagner-Oper, denn langsam erwacht das Geisterschiff zum Leben und es entsteht ein choristisches Wett- und Niedersingen - quasi ein Sangesstreit zweier Chöre - das in der Operngeschichte einmalig ist. Auch das Orchester spielt immer wilder auf. Dagegen ist Webers Wolfsschlucht-Musik Kinderkram. Geradezu panikartig haben die Norweger ihr Schiff verlassen und es wird wieder ruhig. Zeit und Raum für Eriks Cavatine „Senta! Oh Senta!“ mit der er den einstigen Treueschwur seiner Verlobten zitiert. Leider hört dies der Holländer mit und fühlt sich verraten „In See, in See für ew´ge Zeiten!“, was zu dem dramatischen Schluß führt, daß er zurück auf sein Schiff eilt und Senta sich, ob dieser Fehldeutung, selbstmörderisch ins Meer stürzt. „Preis´ deinen Engel und sein Gebot! Hier steh ich - treu bis zum Tod!“ (Platsch!) - Ende des 3. Aufzugs.

Schlußbild „Happy End“: Als Senta sich ins Meer stürzt, versinkt mit einem fürchterlichen Krachen das Schiff des Holländer, das Meer türmt sich hoch auf und sinkt dann in einem Wirbel zurück. - Der Holländer und Senta, beide in verklärter Gestalt, entsteigen engumschlungen dem Meer (Erlösungsmotiv). Doch holla, Achtung! Nicht alle Regisseure gönnen uns diesen wunderbaren, verklärenden Schluß - Hand aufs Herz: Ist ja auch nicht leicht darzustellen. Da ist es viel einfacher, wenn sich Senta einen Gummireifen um den Hals hängt, mit Benzin übergießt und anzündet (Wiener Staatsoper). Auch gab es Aufführung, wo Senta in Blutrausch verfällt und erst Erik, dann ihren Vater und am Ende sich selbst erschießt. Freuen Sie sich nicht auf Schiffe, die hab ich in den letzten fünf Jahren bei keiner Produktion mehr gesehen. Gleiches gilt für das Meer. Einst in Bonn ertränkte sich Senta, wie Weiland Barschel, sogar in der Badewanne. Egal wie es wird in Wuppertal - Viel Spaß! Das ist eine phantastische Oper. Peter Bilsing P.S.: Es gibt für mich nur eine ultimative Referenzaufnahme: DECCA - Covent Garden: Antal Dorati (Dirigent), George London (Holländer), Leonie Rysanek (Senta)... mit echten klirrenden Ketten. Zur Zeit für 12 Euro bei Amazon. 18.09.2011 //// Premiere //// Opernhaus Der fliegende Holländer Romantische Oper von Richard Wagner Inszenierung Jakob Peters-Messer Dramaturgie Johannes Blum Kostüme Sven Bindseil Bühne Guido Petzold Musikalische Leitung Hilary Griffiths Chor und Extrachor der Wuppertaler Bühnen Sinfonieorchester Wuppertal Besetzung Holländer Steuermann Mary Erik Senta Daland

Kay Stiefermann Christian Sturm Miriam Ritter Johan Weigel Allison Oakes Michael Tews

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Eugen Egner – 60 Jahre Die Straße des Exzesses führt zu den Tempeln der Weisheit. William Blake

Eugen Egner Schnölb! Das kleine, aber feine Eugen-Egner-Lesebuch © 2011 Eichborn Verlag, 184 Seiten, geb., mit Nach- und Hinweisen 19,95 Euro ISBN 978-3-8218-3687-4 Vieles von und über Eugen Egner im Internet unter www.musenblaetter.de

Text und Foto Frank Becker

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Nicht nur das deutsche Micky Maus-Heft wird heuer 60 Jahre alt. Dem 1951 in Ingelfingen geborenen und nahezu seit Menschengedenken in Wuppertal lebenden und wirkenden vielseitigen phantastischen Autor, einzigartigen Zeichner, begabt dilettierenden Musiker und erklärten Misanthropen Eugen Egner widerfährt in diesen Tagen – genau genommen wird es am 10. Oktober sein – dieses von ihm als höchst widrig empfundene Schicksal. Zum allgemeinen Glück, muß man ihm entgegen haltend konstatieren, denn hätte er nicht jenes nahezu biblische Alter erreicht, wäre sein jüngstes und überaus unterhaltsames Buch mit dem Titel „Schnölb“ nicht erschienen. Das wäre wirklich schade gewesen, ermöglicht es doch einer breiten Öffentlichkeit zu erschwinglichem Preis den dringend notwendigen Zugang zu erbaulicher Lektüre. Richard Richard geht arglos durch eine liebliche Gegend. Ganz unerwartet schlägt eine Schreibmaschine nahe bei ihm in den Boden ein. Gleich darauf noch eine und noch eine. Die Farbbänder sind noch gut, und Richard steckt sie in die Gesäßtasche. Was bekommen wir also: 184 Seiten kurzer und kürzester Prosa sowie Romanauszüge, reichhaltig von Egners Hand illustriert, vieles davon verstreut erschienen und anders längst nicht mehr erreichbar, etliches niegelnagelneu und das Ganze gele-

gentlich durch prominente Elogen von u.a. von Gerhard Henschel (gleich zweimal!), Harry Rowohlt und F.W. Bernstein auf den bejahrten Künstler unterbrochen. Letzterer trägt historisch-kritisch interessant Korrespondenz-Zitate Bernstein/Egner bei. Sogar die ehrwürdige „Times“ hat einmal über Egners segensreiches Wirken berichtet – wir finden den kurzen Text ebenfalls in dieser hübschen Anthologie. Max Goldt, auf dem Rückendeckel propagiert, fehlt. Beklagenswert ist die dem Verlag zur Last zu legende mangelhafte WiedergabeQualität der Illustrationen, kennt man doch Egner als zeichnerischen Perfektionisten. Hingegen sind der farbige Deckel und die Egnerschen Vorsatzblätter gelungen. Lesen Sie mit freundlicher Erlaubnis des Verlages hier eine weitere der bisher unveröffentlichten Miniaturen: Eine bessere Welt Walburgas Streben nach Harmonie war grenzenlos. Bei geöffneten Fenstern hatte sie quer durch ihre Wohnung Gummibänder gespannt, die nun von der Zugluft sanft berührt und zum Klingen gebracht wurden. Diesen unterschiedlichen, aber durchweg milden Klängen lauschte Walburga andachtsvoll, lag dabei nicht selten stundenlang auf ihrem teuren Schurwollteppichboden. Es kam die Zeit, da hätte sie gern Gummibänder von ihrem Balkon zu dem des gegenüberliegenden Hauses gespannt, aber das sollte für immer ein Wunschtraum bleiben.


Menetekel mit Feder und Tusche Hans-Joachim Uthke – Portrait eines bemerkenswerten Künstlers

Der Haaner Graphiker und Zeichner Hans-Joachim Uthke beleuchtet mit Karikatur, Satire und ein wenig Hinterlist die Welt Seit zehn Jahren hat er in Haan sein Atelier. Hans-Joachim Uthke (70) ist ein Macher, ein Denker, ein Lächler, aber auch ein Kritiker mit Biß. Wenn auch im Vorderhaus ein Bettengeschäft seine Geschäftsräume hat, ist das Wirken im Atelier Alleestraße 21 nicht im Geringsten verschnarcht. Im Gegenteil: so hellwach, wie sich Hans-Joachim Uthke zeigt, findet man nur wenige Zeitgenossen. Das zeigt sein Œuvre, das von Impressionen, Gedankensplittern, literarischen Einflüssen und unentwegt sprudelnden Ideen nur so überquillt. Wer Uthke besucht, läuft Gefahr, sich nicht wieder lösen zu können. Die Fülle von Arbeiten, die an den Wänden, in Mappen und Kästen zu sehen sind, die zeichnerischen Aperçus, die aus allen Winkeln zwinkern und die

großen Themen-Serien, die er dort zeigt, wollen ausgiebig und genußvoll betrachtet werden. Nach Anfängen in der Ölmalerei, die er zugunsten des Aquarells verließ, wandte er sich dem Airbrush und schließlich der Königsdisziplin, der Radierung zu. In ihr und in der ausdrucksverwandten Bleistiftund Federzeichnung hat er Meisterschaft entwickelt. Was Uthke liest und was er hört, läßt er mit elegantem Strich und treffsicherer Feder zu einem Bild gerinnen. Seine Plattensammlung hat zu einer Serie „Jazz“ geführt, die bereits in Ausstellungen zu sehen war. Ein Arbeitszyklus zum Robert-Schumann-Gedenkjahr feierte den Komponisten und die Lektüre von Werken Senecas, Shakespeares, Lichtenbergs, Kierkegaards, Saint-Exupérys und der Bibel führt immer wieder zu geistreichen Umsetzungen in Bild und Karikatur.

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Der Waagen-Sammler Uthke wägt und wiegt – auch schon mal einen Schmetterling. Aus seinen Entdeckungen in anderen Ländern und Kulturen entstanden humorvolle Feuilletons in der gelungenen Kombination mit Karikatur und Federzeichnung. Die Eigenarten von Dänen, Schweden und Slowenen (mit Maribor verbindet ihn eine enge künstlerische Partnerschaft) hat er so liebenswert aufgespießt, daß man diese ohnehin sympathischen Völker noch mehr ins Herz schließt. In der Ansicht „Die Kunst hört nicht an der Ortsgrenze auf!“, ist sich Hans-Joachim Uthke einig mit den Bürgermeistern von Hilden und Haan, der beiden Städte, denen sein Leben und Wirken gehört: Hilden, weil er dort mit seiner Familie lebt und Haan, weil hier das Zentrum seines künstlerischen Schaffens ist. Folgerichtig kamen auch beide Bürgermeister zu seinem 60. Geburtstag vor neun Jahren. Und wie seine Arbeit hier wie dort geschätzt wird, zeigt, daß Arbeiten Uthkes beide Rathäuser schmücken. Freunde der spitzfindigen Karikatur finden Hans-Joachim Uthkes Arbeiten regelmäßig in Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen im Bergischen und im Rheinland und immer wieder mal in Sonderausstellungen (Sezierte Medizin, Röntgenbilder, Eugen Roths „Wunderdoktor“) des Hildener Wilhelm Fabry-Museums, das ihn sehr schätzt. Verständlich ist das, sieht man das bisher Erreichte und das umfangreiche Werk, das ihm so viel Freundschaft und Anerkennung eingebracht hat. Das hat Hans-Joachim Uthke auch bisher daran gehindert, sich wirklich vom Zeichentisch ins Privatleben zurückzuziehen. Als politischer und zeitkritischer Karikaturist und Aphoristiker hat er in den vergangenen Jahren auch im OnlineKulturmagazin „Musenblätter“ mitgewirkt und jüngst einen beachtlichen 10. Platz beim Deutschen AphoristikerWettbewerb belegen können. Künftig werden seine Zeichnungen gelegentlich auch im Magazin für Lebensart „Die Beste Zeit“ zu sehen sein, worauf sich die Herausgeber HansPeter Nacke und Frank Becker schon freuen.

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„Gelebt, geliebt, geraucht, gesoffen und alles dann vom Doktor hoffen!“ Uthkes Karikaturen zu Texten von Eugen Roth, in denen es um Ärzte, Apotheker, Arzneimittel und das Leiden im Speziellen und im Allgemeinen geht und bei dem sein Technik- und Materialmix formal die Inhalte betont, bringen es ebenfalls auf den Punkt. Gestochen, gemalt, gezeichnet und geklebt erscheinen die bekannten und volkstümlich gewordenen humoristischen Verse des populären Dichters Eugen Roth („Ein Mensch“, „Mensch und Ummensch“, „Die Frau in der Weltgeschichte“, „Gute Reise“, „Der letzte Mensch, „Lebenslauf

in Anekdoten“ u.a.m.) auf den Bildern H.-J. Uthkes in einem neuen bissigamüsanten Licht. Ein Bild zeigt eine von Roth beschriebene Situation, ein mit Nadel und Faden gesticktes Trauerkreuz mit dem Titel „Klare Entscheidung.“ Es bezieht sich auf die chirurgische Arbeit, bei welcher der Patient hinterher so oder so seine Ruhe hat. Die Gedichte Eugen Roths befassen sich mit dem Umgang des Menschen mit seinem Körper und der Medizin und mit denen, die im weißen Kittel den Blick „von der anderen Seite“ auf den Patienten haben. Titel wie „Undank“, „Wartezimmer“, „Gemütsleiden“


oder „Erkenntnis“, „Heilmittel“, „Empfindlichkeit“, „Punktion“ und „Letzte Ehre“ finden von Hans-Joachim Uthkes Hand die bildliche Entsprechung. Empfindlichkeit Leicht überwinden wir den Schmerz, Trifft er das leidgewohnte Herz. Viel schwerer ist schon zu ertragen, Wenn etwas schwer uns liegt im Magen. Am schlimmsten scheint es, Geld verlieren… Das geht empfindlich an die Nieren. (Eugen Roth)

Röntgenbilder oder der schwarze Scharfblick Ein Beitrag von Johannes Vesper

welche durch Aufkleben verschiedener Elemente entstehen. Für diese Collagen benutzte H.J. Uthke Röntgenfilme, durch deren Auflage das für unseren Künstler an sich charakteristische zeichnerische Element flächig ergänzt wird. Der Barcode – diese große Erfindungweist einen weiteren regionalen Bezug zum Bergischen Land auf. Er wurde bei der Wuppertaler Gewürzmühle Wichartz am 01. Juli 1977 erstmalig auf Gewürztüten geklebt und verbreitete sich anschließend rasant über die ganze Welt. Er ist für Scanner lesbar und die Ware kann damit eindeutig gekennzeichnet werden. Mit Hilfe des Barcodes oder Strichcodes

optimiert man heute Transportlogistik, Lagerhaltung und Produktionsprozesse. Das Röntgenbild zeigt sinnigerweise einen Fuß. Tatsächlich steht und fällt mit dem Barcode die industrielle Effizienz und beim Blick auf Uthkes Röntgenbild kann der gedankliche Bezug zur Medizin und ihrer aktuellen Industrialisierung schnell hergestellt werden. „Wir reisen all in einem Zug“, das tiefsinnige Gedicht von Erich Kästner wird beim Röntgen-Blick auf das Hüftgelenks mit erheblich fortgeschrittenen Verschleiß satirisch reduziert auf unser voraussehbares Schicksal, bei zunehmendem Alter ein neues Hüftgelenk zu benötigen. Kurzum! TEP!

In Vorbereitung der Eröffnung einer Ausstellung „Röntgenbilder“ besuchte ich H.J. Uthke in seinem Atelier in Haan. Er kam gerade aus Hilden, wo er mit Kindern gearbeitet und ihnen gezeigt hat, wie gezeichnet und gedruckt wird. Über herumliegenden Druckvorlagen und Drucken erklärte der Künstler, daß bei der Drucktechnik die Kinder ja seitenverkehrt schreiben und zeichnen müssen, damit Schrift und Bild auf dem Druck richtig erscheinen. Das fällt zunächst nicht leicht. Seitenverkehrtes Denken ist also bei der Druckgraphik, bei Steindruck oder Kupferstich und den entsprechenden Zeichnungen nötig. H.J. Uthke ist ein Meister dieser Techniken. Das ist kein Zufall. Seitenverkehrtes Denken, sozusagen reines Querdenken ist charakteristisch und typisch für den Zeichner, Aphoristiker und Satiriker H.J. Uthke Beim Thema „Röntgen“ und „Kunst“ denkt man heute vorschnell an die Untersuchung von Kunstwerken mittels Röntgenstrahlen. Röntgenstrahlen führen bekanntlich zu Bildern, die dem normalen Auge verborgen bleiben. Die zerstörungsfreie Untersuchung von Gemälden und Bildern ist mittels Röntgenstrahlen gut möglich. Aber darum geht es Uthke nicht. Bei seinen Bildern zur Röntgenologie handelt es sich nicht um Zeichnungen, Steindrucke oder Kupferstiche, sondern um Collagen, also um Kunstwerke,

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Die Röntgenbilder von H.J. Uthke erhellen mit schwarzem Scharfblick gesellschaftliche Bedingungen und Zusammenhänge. Sie sind sozusagen zeichnerische Aphorismen. Der aphoristische Urvater Georg Christoph Lichtenberg aus Göttingen (1742-1799) meinte, es gebe Leute, die glauben, alles sei vernünftig, was man mit einem ernsthaften Gesicht tue. Das glauben wir nicht. Und H.J. Uthke tut nichts mit ernstem Gesicht. www.musenblaetter.de . www.aphoristiker.de/zeichner_1_apho.html Ethik abgefallen

Benyoëtz Zeit Dr. med. Johannes Vesper ist niedergelassener Internist in Wuppertal. Frank Becker

Haushalt

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Neue Kunstbücher Schon entdeckt und wieder zu entdecken Vorgestellt von Thomas Hirsch Schon vergessen? Vieles lohnt nicht der Erinnerung, anderes aber sollte wieder vergegenwärtigt werden, unbedingt. Es ist bemerkenswert, dass gerade die zeitgenössische Kunst ein so schlechtes Gedächtnis hat, so manches aus ihrer Mitte ist „second hand“, wobei die Erfinder selbst übersehen werden. Freilich, vielleicht wird auch ihr dereinst dieses Schicksal zuteil? Natürlich ist sie selbst mit ihrer eigenen Vergesslichkeit noch Seismograph: Die Welt dreht sich immer schneller. Völlig vergessen ist Christian Wenzinger (1710-1797). Die Gründe dafür sind äußerer Natur. Als Bildhauer vorwiegend im Innenraum und auf privilegiertem Feld tätig – und mit seinen Skulpturen in Ton und Stein „ortsgebunden“ und thematisch verpflichtet – und zudem auf eine bestimmte Region konzentriert, den deutschen Südwesten, wird er lediglich im kunsthistorischen Radius zur Barockplastik wahrgenommen. Ausgebildet an den Akademien von Rom und Paris, wurde Wenzinger anschließend, selbst vis-a-vis vom Freiburger Münster wohnend, mit Aufträgen von der Kirche und vom Adel betraut. Seine Leistung ist vor allem die repräsentative Monumentalplastik des Rokoko, die er um einen eigenen Stil bereichert hat. Dies ist das Ergebnis einer Monographie im Hirmer Verlag, erarbeitet von Saskia Durian-Ress im Auftrag der Stadt Freiburg. Wenzingers Hauptwerke sind vielleicht die Ausgestaltung der Stiftskirche in St. Gallen mit ihrem Figurenprogramm und die Gartenfiguren und die Fassadengestaltung von Schloss Ebnet bei Freiburg. Bedeutend ist daneben besonders die Ölbergszene, aus acht einzelnen farbig gefassten Figuren und einem Figurenpaar aus gebranntem Ton bestehend, die Wenzinger für die Pfarrkirche St. Martin in Staufen realisiert hat. Seit 1908 befindet sie sich im Liebighaus in Frankfurt. Zwischen Darstellungen des Schlafens und der pathetisch gestikulierenden Mitteilung entwickelt Wenzinger hier ein Programm, das folkloristisch wirksam und lehrreich ist. Er hat jede Falte und Vertiefung modelliert und erreicht damit eine fließende Bewegtheit und pathetische Vitalität. Christian Wenzin-

ger ist ein Bildhauer, der seinen Figuren Leben einhaucht – im Buch kommt dies anschaulich „rüber“. Hoffentlich verhilft es diesem außerordentlichen Werk zu neuem Ruhm.

sinnlichen, oft pastellfarbenen Kolorismus bewirkt, ja, Giacometti kitzelt die Farben aus den Gegenständen heraus und setzt sie komplementär nebeneinander. In etlichen Werken schwingt noch der Jugendstil mit, so in seinen Darstellungen einer (idealisierten) Mutter mit ihrem Kind und in seinen Vereinfachungen von Gebirgsansichten. Giacometti war kein Erfinder, aber er dachte die Stile für seine Umgebung und seine Zeit weiter. Sehr gut gedruckt und mit gelungenen verdeutlichenden Gegenüberstellungen, sollte die Monographie helfen, Giovanni Giacometti fortan als wichtigen Künstler der Klassischen Moderne über seine Landesgrenzen hinaus zu rezipieren.

Saskia Durian-Ress, Christian Wenzinger – Die Bildwerke, 208 S. mit 160 Farbabb., Leinen mit Schutzumschlag, 29 x 24,5 cm, Hirmer, 68,- Euro Anders aber ähnlich stellt sich die Situation heute für Giovanni Giacometti (1868-1933) dar. Der Vater von Alberto und Diego Giacometti ist über seinen damaligen Wirkungskreis hinaus wenig bekannt, dort aber um so mehr angesehen. In seiner Heimat, der Schweiz gilt er als ein Hauptvertreter der fortschrittlichen Malerei an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, mit Beiträgen zwischen Pointillismus und Impressionismus, Expressionismus und Fauves. Seine Malerei ist demnach reich an Veränderungen, ausgehend von den üblichen Motivkreisen, von Landschafts- und Genredarstellung, wozu Interieurs und Porträts treten. Zwar sind die Gemälde von Giovanni Giacometti in vielen Schweizer Museen vertreten, trotzdem fanden relativ wenige Ausstellungen statt, so dass der Kooperation der Kunstmuseen in Bern und Chur 2009/2010 besondere Verantwortung zukam. Sie wurde von einem tadellosen Buch im Verlag Scheidegger & Spiess begleitet, welches das gesamte Werk vorstellt. Giacomettis Mentor und Vorbild ist Segantini, sein Freund ist Cuno Amiet. Seine Sache ist die Inszenierung des Lichtes, das sich in feinen Tupfen über die Landschaft ergießt und einen enorm

Giovanni Giacometti, Farbe im Licht, 216 S. mit 131 Farbabb., geb. mit Schutzumschlag, 29 x 24 cm, Scheidegger & Spiess, 55,- Euro Trotz aller Internationalisierung, allem Grenzüberschreitenden der letzten Jahrzehnte: Auch ein Gérard Gasiorowski (1930-1986) wird bislang lediglich an seinem Lebensmittelpunkt Frankreich umfassend gewürdigt. Dabei ist sein Status zwischen Klassiker und freigeistiger Künstler für Künstler noch immer nicht recht geklärt. Gasiorowski firmiert als Maler, der Malerei aus ihren Brüchen und der Zweischneidigkeit des Abbildungscharakters heraus begreift. Seinem Gesamtwerk ist nun eine Monographie im Verlag Hatje Cantz (aus Anlass einer Werkschau im vergangenen Jahr in Nîmes) gewidmet, die mit den angesprochenen Problemen zu „kämpfen“ hat und alles noch sehr gut löst. Die Monographie setzt

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Gérard Gasiorowski, „Starting the painting again“, 190 S. mit 235 üwg. farb. Abb., Hardcover, 28 x 23,5 cm, Hatje Cantz, 35,- Euro 1964 ein, als sich Gasiorowski entschieden der Malerei zuwendet. Ausgehend vom Fotorealismus führt dies über die Abstraktion zum Faible für das malerisch gestische Infinito im leeren Bildfeld. Gasiorowski arbeitet bevorzugt in Serien, darin durchaus konzeptuell, er bezieht Texte ein und entwickelt mit Readymades plastische Ensembles. Das Buch ist wie der Künstler, vielschichtig, mitunter schwer zu fassen und dabei ausgesprochen mitteilsam. Zwar gibt es neben einer französischen nur eine englische Ausgabe. Aber deutlich wird, zudem in der Veröffentlichung in einem deutschen Verlag: Das Engagement für diesen Künstler im Hinblick auf die internationale Rehabilitierung ist groß. Wie schnell die Wahrnehmung im zeitgenössischen Kunstbetrieb abläuft und dass die Zeit des Bekanntwerdens wie auch die der Bekanntheit immer flotter abläuft, das verdeutlichen zwei Bücher, die prägnant jeweils Mengen an Künstlern vorstellen: Die eine ist retrospektiv, die andere prospektiv. 34 Jahre nach seiner Fertigstellung hat das „Schubladenmuseum“ des Schweizer Künstlers Herbert Distel einen besonderen Wert über die 500 künstlerischen Beiträge, die es umfasst, hinaus: Im nun erschienenen Buch des Verlags Scheidegger & Spiess erweist es sich als Antholo-

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gie der internationalen Künstlerszene der 1960er/1970er Jahre. Es ist ja etwas kurios. Der Bildhauer und Konzeptkünstler Herbert Distel hatte zwischen 1970 und 1977 alles, was im Kunstgeschehen Rang und Namen hatte, angeschrieben mit der Bitte, ein vorgegebenes Kästchen mit einem Kunstwerk zu „füllen“, mit sehr guter Resonanz. Das Kästchen war als Ausstellungsraum im Miniformat zu verstehen, so dass sich aus der Gesamtheit eine Art ideales Museum ergab. Dass in den vitalen siebziger Jahren das „Schubladenmuseum“ zugleich eine Ordnung und Orientierung bot, kommt dem heutigen „Gebrauch“ entgegen. Schließlich ist das „Schubladenmuseum“ zunehmend eine Ansammlung von Vergessenen: Hier hört man von Künstlern, von denen man lange nichts mehr oder noch nie etwas gesehen hat. Ausgestellt war das „Schubladenmuseum“ übrigens erstmals – da noch als work in process – auf der documenta 1972; heute ist es im Kunsthaus Zürich untergebracht.

könnten. Das Buch soll der Orientierung dienen, aus westlicher Perspektive. Die Künstler sind überwiegend in den 1970er Jahren geboren, der asiatische Raum ist kaum berücksichtigt, es überwiegen Video- und Installationskünstler, Malerei kann man hier vergessen, ein Gradmesser sind die Biennalen (Venedig, Liverpool, Berlin, Sao Paulo). Wird hier nicht dem Kunstbetrieb Vorschub geleistet? Natürlich geht der Kunstbetrieb, der immer wieder neue Kunst verschlingt und, kaum verdaut, wieder ausspeit, auf die Nerven. Aber das Buch funktioniert als Seismograph, es rekapituliert, was bereits im Schwange ist. Es wirkt schon anders als ähnlich wirkende Veröffentlichungen, die noch Künstler

So wie das „Schubladenmuseum“ zurück schaut, schielt das Buch „The Art of Tomorrow“ nach vorne: Vorgestellt werden 77 aufstrebende junge Künstler, weltweit, die schon bald hell leuchten

Laura Hoptman u.a. (Hg.), The Art of Tomorrow, 336 S. mit ca. 300 Farbabb., Softcover, 27 x 21 cm, Distanz, 39,90 Euro

Thomas Kramer (Hg.), Herbert Distel – Das Schubladenmuseum, 184 S. mit 553 Farbabb., Hardcover, 30 x 20 cm, Scheidegger & Spiess, 48,- Euro

in den Kunstmarkt einflechten. „The Art of Tomorrow“, erschienen im neuen, vorzüglichen Distanz-Verlag, macht dagegen alles richtig: in der Auswahl der Künstler, die sorgfältig und mit genauem Blick auf das Kunstgeschehen ausgewählt wurden, bei den Informationen über diese, die auf Gleichberechtigung und Systematik setzen, und mit der Gestaltung, die entschleunigt. Jetzt sollten wir beobachten, wer von diesen Künstlern noch in zehn und dann zwanzig Jahren gefragt ist. Dann hat dieses Buch die Bedeutung einer Momentaufnahme.


Die Generation 50 plus tigen Generation 50plus auf: »Niemand muss befürchten, dass künftig Heerscharen von hinfälligen, kranken und bedürftigen Menschen das Bild der Gesellschaft prägen werden. Die Älteren von heute sind überwiegend gut ausgebildet, materiell abgesichert und körperlich sowie geistig fit.« Vielmehr geht die gestiegene Lebenserwartung mit dem Gewinn an aktiver Lebenszeit einher, die es sinnvoll und produktiv zu gestalten gilt. Der Übergang vom Erwerbsleben zum Ruhestand ist eine Phase des Aufbruchs sowie der Neuorientierung, aber birgt zugleich viele Unsicherheiten. Wie lässt sich der pflichtbefreite Alltag sinnvoll strukturieren? Was tritt an die Stelle der sozialen Kontakte innerhalb des Kollegenkreises? Wo findet man die Selbstbestäti-

Roland Krüger, Loring Sittler Wir brauchen Euch! Wie sich die Generation 50plus engagieren und verwirklichen kann Die deutsche Bevölkerung schrumpft und die Menschen werden immer älter – die gute Nachricht: Sie bleiben länger gesund und aktiv. Es ist an der Zeit, sich von der »Ruhestandsmentalität der industriellen Gesellschaft« zu verabschieden, sind Roland Krüger und Loring Sittler, die Leiter des Generali Zukunftsfonds, überzeugt. In »Wir brauchen Euch!« decken die Autoren das bislang unausgeschöpfte Potenzial der heu-

Loring Sittler

ten ehrenamtlichen Engagements auf. Sie stellen spannende Handlungsfelder in den Bereichen Bildung und Arbeitsmarkt, Pflege: und Gesundheitssystem sowie politische Partizipation vor: vom Jobpaten über Pflegebegleiter bis hin zum sozialen Netzwerker im eigenen Stadtteil. Darüber hinaus enthält »Wir brauchen Euch!« zahlreiche Projektbeschreibungen und Kontaktadressen. Die Autoren Roland Krüger und Loring Sittler sind Leiter des Generali Zukunftsfonds in Köln. Dessen Ziel ist es, ziviles Engagement zu stärken und mehr Menschen dazu zu bewegen, die Initiative zu ergreifen und sich für eine neue Bürgergesellschaft einzusetzen. Roland Krüger, Loring Sittler Wir brauchen Euch! Wie sich die Generation 50plus engagieren und verwirklichen kann 232 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag Murmann Verlag, 19,90 Euro ISBN 978-3-86774-132-3.

Roland Krüger

gung, die bisher der Beruf gebracht hat? Auf diese Fragen geben die Autoren eine Antwort – Krüger und Sittler zeigen die unterschiedlichsten Möglichkei-

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Kulturnotizen Kunstmuseum Bochum zeigt „Buddhas Spur“ Bochum - Unter dem Titel „Buddhas Spur“ zeigt das Kunstmuseum Bochum bis 13. November eine Ausstellung zur zeitgenössischen Kunst aus Asien. Es handelt sich bei der Schau um ein Kooperationsprojekt mit dem Kulturfestival Ruhrtriennale. Die Ausstellung stellt historische Exponate in assoziativen Bezug zur zeitgenössischen Kunst. Sie setzt den Betrachter auf die Spur, buddhistische Philosophien und Traditionen in der Kunst zu entdecken.

Heinrich-Heine-Institut sowie das Bildund Dokumentenarchiv des Künstlervereins Malkasten. Zu sehen sein werden Porträt- und Atelierzeichnungen, Briefe, Urkunden, Rede- und Gedichtmanuskripte, Skizzen und Tagebücher. Die Ausstellung bis zum 13. November ist dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr sowie samstags von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Internet: www.duesseldorf.de/heineinstitut

dem Füllhorn im Arm, als Spenderin von Segen, als Göttin des Glücks. Herausragendes Beispiel ist der Kameo mit Agrippina und Nero am Dreikönigsschrein im Kölner Dom. Im Mittelpunkt der Schau steht eine römische Bronzestatuette der Fortuna mit den Gesichtszügen Agrippinas. Zu sehen sind weiter Münzen der Kaiser Claudius und Nero sowie Kaiserporträts im Miniaturformat.

Foto Stadt Köln

Foto Frank Becker Die Ausstellung ist dienstags, donnerstags, freitags sowie am Wochenende von 10 bis 17 Uhr und mittwochs von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Ausstellung über Innenansichten der Düsseldorfer Malerschule Düsseldorf - Unter dem Titel „Pinsel, Pult und Piano“ zeigt das HeinrichHeine-Institut in Düsseldorf seit dem 4. September eine Ausstellung mit Innenansichten der Düsseldorfer Malerschule. Nach Angaben des Instituts war die Düsseldorfer Malerschule „ein Höhepunkt in der Kulturgeschichte“ der Stadt. Ihre ersten Direktoren Peter Cornelius und Wilhelm von Schadow sowie diverse Maler begründeten ihren Ruf. Die Ausstellung will die inspirierende Atmosphäre des Zusammenlebens und -arbeitens der Künstler und Kunstfreunde wieder aufleben lassen. Dazu präsentiert sie eine Auswahl aus den beiden wichtigsten Kunst-Archivbeständen der NRW-Landeshauptstadt wie die Autographensammlung zur Malerschule im

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Marietta Piekenbrock wird neue leitende Dramaturgin der kommenden Ruhrtriennale Bochum/Düsseldorf - Die Führungsmannschaft der kommenden Ruhrtriennale 2012 - 2014 ist komplett. NRWKulturministerin Ute Schäfer (SPD) teilte am 26. August in Bochum mit, daß Marietta Piekenbrock als neue leitende Dramaturgin in das Führungsteam des künftigen Intendanten Heiner Goebbels gewählt worden sei. Die frühere Journalistin und Kuratorin hatte schon in den Jahren 2004 bis 2007 für die Ruhrtriennale gearbeitet. Neuer kaufmännischer Geschäftsführer der Ruhrtriennale wird Lukas Crepaz. Er tritt zum 1. November dieses Jahres sein Amt an und wird gemeinsam mit Goebbels die Ruhrtriennale 2012 bis 2014 leiten. Der gebürtige Österreicher hat Internationale Wirtschaftswissenschaften in Innsbruck und Barcelona studiert. Seit 2007 arbeitet er bei der RUHR.2010 GmbH, zuletzt als Leiter Finanzen, Controlling und allgemeine Administration. Ausstellung zeigt Agrippina als Göttin des Glücks Köln - Eine kleine Kabinett-Ausstellung im Römisch-Germanischen Museum in Köln zeigt seit bis zum 31. Dezember die Stadtmutter der Domstadt, Agrippina die Jüngere. Antike Denkmäler zeigen sie gelegentlich mit

Die Ausstellung ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr sowie jeden ersten Donnerstag im Monat von 10 bis 22 Uhr geöffnet. Literaturfest auf Schloß Corvey mit Neuübersetzung der Isländersagas

Höxter/Detmold - Das Literaturbüro Ostwestfalen-Lippe präsentiert vom 15. bis 18. September auf Schloß Corvey bei Höxter mit einem großen Literaturfest erstmals die Neuübersetzung der Isländersagas mit Lesungen und einer internationalen Literaturkonferenz. Die Sagas aus dem 13. und 14. Jahrhundert erzählen vom Leben der ersten Siedler in Island. Ihr Stellenwert in der Weltliteratur sei einmalig, da sie Beispiele realistischen Erzählens im Mittelalter darstellten - 500 Jahre vor Erfindung des realistischen Romans, so das Literaturbüro in seiner Ankündigung. Die neu übersetzten Isländersagas


werden in inszenierten Lesungen von bekannten Schauspielern vorgestellt wie etwa Michael Altmann, Fritzi Haberland, Matthias Habich, Corinna Harfouch und Angela Winkler. Zudem findet eine internationale Literaturkonferenz mit führenden Skandinavisten und Sagaforschern aus Island, Dänemark, Schweden, Norwegen und Deutschland statt. Internet: www.literaturbuero-owl.de Kunsthalle Bielefeld zeigt „Picasso 1905 in Paris“ Bielefeld - Die Kunsthalle Bielefeld zeigt bis zum 15. Januar in einer Ausstellung, wie Pablo Picasso um das Jahr 1905 zu einem neuen, modernen Stil

Foto Tate Gallery

fand. Picassos Arbeit steht im Kontrast zur farbverliebten fauvistischen Kunst, die ebenfalls um 1905 entstand. Zu sehen sind rund 100 Leihgaben aus internationalen privaten und öffentlichen Sammlungen, darunter viele erstmals in Deutschland präsentierte Gemälde und Zeichnungen. Im Vergleich zu Gemälden von Henri Matisse, André Derain und Mauraice Vlaminck, die ebenfalls zu sehen sein werden, wirkt Picassos Werk aus dieser Zeit vor allem klassisch. Seine Bilder sind nicht bunt, „sondern zart, still und suchend“, hieß es in der Vorankündigung. Picasso zeige sich in diesen Arbeiten als fleißiger und experimentierfreudiger Zeichner und Maler. Anhand historischer Fotografien, Dokumente und Filme wird in der Schau zudem ein authentisches Bild vom Stil und Leben Picassos auf dem Montmartre in Paris vermittelt. Der Wuppertaler Musiker Peter Brötzmann erhält den Deutschen Jazzpreis Wuppertal - Der Wuppertaler Musiker und Von-der-Heydt-Preisträger Peter Brötzmann erhält den diesjährigen Albert Mangelsdorff-Preis. Die auch als Deutscher Jazzpreis bezeichnete Auszeichnung ist mit 15.000 Euro dotiert. Die höchste Auszeichnung für Jazzmusiker in Deutschland wird seit 1994 durch

Foto Frank Becker die Union Deutscher Jazzmusiker alle zwei Jahre vergeben. Der 70 Jahre alte Brötzmann war 1971 als Förderpreis- und 2005 als Hauptpreisträger mit dem Vonder-Heydt Kulturpreis der Stadt Wuppertal geehrt worden. Der Preis wird am 18. September an Brötzmann übergeben. Der 1941 in Remscheid geborene Brötzmann konzertiert seit über 40 Jahren auf allen internationalen Festivals. In dieser Zeit wurde er eine der entscheidenden Persönlichkeiten der freien Improvisation. Nach ihm wurde eine bestimmte freie Spielart des Saxophons benannt, das so genannte „brötzen“. Retrospektive zum Filmwerk von Akira Kurosawa Köln - Aus Anlaß des 150-jährigen Jubiläums der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Japan und Deutschland präsentiert die Japan Foundation gemein-

The art of tool making

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Konzerte im Landhotel Jammertal

sam mit sechs Filmmuseen und Kinematheken im gesamten Bundesgebiet vom 1. September bis zum Januar nächsten Jahres das umfassende Schaffen des japanischen Filmregisseurs Akira Kurosawa (1910-1998). Die Retrospektive enthält 30 Titel, die in den Jahren 1943 bis 1993 entstanden. Darunter sind nach Angaben des Japanischen Kulturinstituts Köln filmhistorische Meilensteine wie die Filme „Rashômon“, „Einmal wirklich leben“, „Die sieben Samurai“ oder „Rotbart“. Neben den Vorführungen in Köln wird die Retrospektive unter anderem auch im Institut für Film und Videokunst in Berlin sowie in den Filmmuseen Düsseldorf, Frankfurt/Main und München gezeigt. Internet: www.jki.de Von Andreas Rehnolt Redaktion: Frank Becker

14. 9. 2011. Vom groovigen Jazz über Swing, Blues bis zum fetzigen Boogie Woogie Abend mit Daniel Paterok am Klavier.

Der Münsteraner „Tastenakrobat“ Daniel Paterok wird an diesem Abend einen weiten musikalischen Bogen vom groovigen Jazz über Swing, Blues bis zum fetzigen Boogie Woogie spannen. Es wir ein Event mit einem hohen akustischen Spaßfaktor. Daniel Paterok, Jahrgang 1985, erhielt bereits mit 5 Jahren den ersten Klavierunterricht. Seit 1994 wurde er von dem renommierten Pianisten und Klavierpädagogen Prof. Gregor Weichert unterrichtet. Während der 11-jährigen klassischen Musikausbildung wurde er mehrfach als erster Preisträger des Wettbewerbs „Jugend musiziert“ ausgezeichnet. Mit 17 Jahren, während eines USA-Aufenthalts wurde er vom Boogie-Virus infiziert. Es folgte ein intensives Studium dieser Musik bei dem Westfälischen Boogie König Christian Bleiming Seit dieser Zeit spielte der weitgereiste Musiker in unzähligen Konzerten, Sessions und musikalischen Events solistisch oder mit bekannten Größen des Genres wie z.B. Christian Bleiming, Gerd Gorke, Gregor Hilden, Oscar Otto, Gereon Homann, Jessy Martens und Jan Fischer. 25.09.2011 DEBUT Konzertreihe zur Förderung junger Musiker seit 1992. Beginn: 17:00 Uhr Die Konzertreihe unter künstlerischer Leitung von Rainer Maria Klaas, Konzertpianist und Dozent der Musikhochschulen Düsseldorf und Rotterdam präsentiert an diesen Nachmittag jungen Interpreten,

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genaue Informationen zum Musikern und Programm folgt im kürze. Der Verein. DEBUT UM 11 entwickelte sich aus einem Werbeprojekt im Jahr 1992, bei dem der abgelegene Standort einer Firma durch Konzertveranstaltungen bekannt gemacht werden sollte. Daraus entwickelte sich die Idee, jungen Musikern in diesen Räumen Auftritte zu ermöglichen und sie dadurch zu fördern. Aufgrund der großen Resonanz der ersten Veranstaltungen wurde 1996 ein gemeinnütziger Förderverein unter Vorsitz der Initiatorin Claudia Vortmann gegründet. Er finanziert sich überwiegend aus Spenden der Konzertbesucher und teilweise aus externen Veranstaltungen wie z. B. hier im Landhotel Jammertal. Hauptanliegen von DEBUT UM 11 ist es, Jugendliche zu motivieren, sich weiterhin mit ihrem Instrument zu beschäftigen, bei öffentlichen Auftritten ihr Können unter Beweis zu stellen, sich mit anderen zu messen und dabei vielfältigste Erfahrungen zu sammeln. Wir wollen alle Jugendlichen, die Freude am Musizieren haben, und nicht nur angehende Berufsmusiker, fördern, weil wir davon überzeugt sind, dass diese Erfahrungen die jungen Menschen besser auf ihr zukünftiges Leben vorbereiten. Der Eintritt zu unseren Konzerten ist frei und der Verein freut sich über jede Spende, denn sie ist als Ansporn und Unterstützung von Studium und Arbeit der musizierenden Jugendlichen gedacht. Gäste haben nach dem Konzert die Möglichkeit, zu spenden. Alles Weitere unter www.debut-um-11.de 28. 9. 2011. Barpiano-Musik mit Michael Götzer. Beginn: 20:30 Uhr.

Auf dem Programm steht ein bunter Stilmix, Songs wie: z. B. „Killing me softly" (Roberta Flack), „Take the A-Train" (Billy Strayhorn), „Fly me to the moon" (Frank Sinatra), „Angels" (Robbie Williams), „A


heart in New York" (Simon and Garfunkel), „I can't fight this feeling" (REO Speedwagon) u. v. m. Michael Götzer, geboren 1956, ist Gitarrist, Keyboarder und Sänger. Seit seinem 8. Lebensjahr spielt er Klavier; zwei Jahre später begann er mit Gitarre und Gesang. Sein Musikstudium in Jazz und Popularmusik absolvierte er an der Musikhochschule in Enschede/NL. Er ist seit 1990 hauptamtlicher Lehrer an der Musikschule der Stadt Datteln und unterrichtet dort die Fächer Klavier, Keyboard, Gesang, Gitarre und E-Bass. Außerdem leitet er drei Chöre und zwei Ensembles. Zahlreiche Konzerte in verschiedenen Stilrichtungen, Einsätze als Studiomusiker für namhafte Künstler und das Spielen in Jazz-, Rock- und Showbands (z. B. als „Toto“- oder Ray-Wilson (Ex-Genesis)-Support mit der Gruppe „Spontan“) runden seine künstlerischen Tätigkeiten ab.

12. 10. 2011. Barpiano-Musik mit Christoph Vatheuer am Klavier. Beginn: 20:30 Uhr

Dieser Abend steht unter dem Motto: Film -und Musicalmelodien u. a. aus Titanic, Schindlers Liste, Casablanca sowie aus Cats, Phantom der Oper, Les Miserables Christoph Vatheuer, geboren 1956 in Hamm, nahm mit 8 Jahren seinen ersten Klavierunterricht. Mit 10 Jahren begann seine Fachausbildung an der Musikschule Hamm. Erfolge im Wettbewerb „Jugend musiziert“ begleiten seine junge Karriere.

Nach seinem Studium an den Staatlichen Musikhochschulen Münster und Detmold arbeitete Christoph Vatheuer als hauptberuflicher Klavierpädagoge an der Musikschule der Stadt Datteln mit den weiteren Fächern Kirchenorgel, Klarinette, Gesang, Chor und Streichorchester. 1988 wurde er zum „Musikdirektor FDB“ durch den Fachverband Deutscher Berufschorleiter ernannt. Seit 1996 leitet Christoph Vatheuer die Musikschule Datteln.

Weitere Informationen: Jammertal Golf & Spa-Resort Redder Straße 421 45711 Datteln Telefon 02363 / 377-0 www.jammertal.de info@jammertal.de

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