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ZEITSCHRIFT FÜR ALLGEMEINEN KULTURPESSIMISMUS Hrsg. von Antonin U. Trébut
Diesmal:
ÉCRITURE AUTOMNEMATIQUE
Autoren: Elif Kösen; Robinskij Lambrechtowitsch; Mena Phila; Marschall von Pytz; Bernard Rieux; Sam Takttreppe; Antonin U. Trébut; Junfeng Zeng.
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INHALT VORWORT
S.
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WERKE DER BEWEGUNG Kopflos (MvP) Kriminalistik für Kranichzüchter (ST) Montmartre (JZ) Zwieback (RL) J’emballage Paris et je vous l’envoie (JZ) Vademecum (BR) Es war einmal (EK)
S. S. S. S. S. S. S.
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EIDGENÖSSISCHE LYRIK Lass mich dir ein großes Geheimnis verraten (Aragon)
S. 18
INVESTIGATIVE REPORTAGEN & REISEBERICHTE Calamares Fred und der Reichskürbis oder die Geschichte vom Herzrasen in Lavaland (MP) S. 19 LITS ET RATURES Untersuchung zur imaschinistischen Kunst No. 1 Ein Leserbrief
S. 20 S. 24
GEBURTEN & TODESFÄLLE Albufera (AUT) Kunst Spektakel Revolution (AUT)
S. 27 S. 27
UNWISSENSWERTES Aphorismen der Woche
S. 28
AUTOREN & KOLLABORATEURE
S. 28
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VORWORT Sehr geehrte Damen und Herren, . Antonin U. TrĂŠbut.
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Kopflos Ein Kopfloser ging des Weges und fragte mich, ob ich ihm helfen könne, zu finden, wonach er suche. Ich sagte ja und blätterte in einem Buch, doch fand nicht, wonach ich für ihn suchte. Also sagte ich zu ihm, ich könne ihm nicht weiterhelfen, da ich keine Antwort fände. Daraufhin sprach er zu mir und sagte: Kann es sein, dass du gar nichts weißt und dein Buch für dich behält, was du wissen könntest, würde es dich nur interessieren? Ich sagte zu ihm: Da muss ich nachschauen! und dachte erst dann! Der Fremde lächelte nur schelmisch und sagte: Ich weiß! Und ohne zu wissen warum, ging der Fremde weiter und versank in den Weiten der Welt. MvP
Kriminalistik für Kranichzüchter (Eine Drehbuchskizze) Hobby-Pornografiker Horst-Gertrud will Omma Schwulinski die Harnleiter entwenden. Aus diesem Grund spaziert er als Katapult getarnt in ihre Badewanne. Als das alte Partyfurunkel zum Wrestling geht, vergiftet er sie mit einem Hammer und lötet ihr die Haare ab. Schließlich vertragen sich die beiden aber und einigen sich auf den Preis von einer Schachtel pro Packung. Abschließend gibt es eine Liebesszene zwischen einem Waschbären und einem alten Autoreifen. Drei Schimpansen in Schaffneruniformen werfen dabei Schweineinnereien auf die Liebenden und spielen Panflöte mit den Füßen – vierhändig! ST
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Montmartre
1. Tags, in einem Museum An der Wand eines Museums hängt ein Bild. Die Kamera fokussiert die Basilika Sacré-Cœur auf selbigem, um schließlich durch die Mauer hindurch zu laufen. 2. Tags, vor Sacré-Cœur Beim Place Saint-Pierre beginnend steigt die Kamera bis vor die Treppe an der Basilika. Es ist 17h, ein herbstlicher Tag, die Sonne scheint warm auf die Menschen, die die Treppe hoch- und herunterlaufen. In der Menge sitzt P. und liest La rue sans nom von Marcel Aymé. Auf den Buchrücken ist ein gezeichnetes Porträt des Autors gedruckt. Eine Frau läuft auf P. zu, die Sonne im Rücken. Er unterbricht die Lektüre, als er sie wahrnimmt. Sie erscheint durch das Licht wie entrückt, da er ihr Gesicht nicht klar sehen kann. P. hält sich die rechte Hand an die Schläfe, um sie besser sehen zu können. Sie ist sehr dünn, hat lange, lockige Haare. Die Farbe ihres Kleides sowie der Schuhe ist mit dem Rouge ihrer Lippen abgestimmt. Beide schauen sich einen Moment lang an. P. (off): So wie sie allen Männern gefallen würde, gefällt sie auch mir. Umso mehr, da sie verzweifelt aussieht. Ich habe ihr nichts zu sagen. Sie wird mich wohl nach einer Straße fragen. S.: Du solltest mein Liebhaber werden. P.: Bitte? S.: Kannst du? P.: Warum? S.: Ja oder nein? P. (off): Kein Mann würde sie zurückweisen. Es hätte sein Gutes: Ein Kuss, eine Nacht, oder etwas Ernsthaftes... 3. Tags, Straße P. und S. küssen sich in der Rue du Cardinal Dubois. Hinter ihnen ein Paris-Panorama.
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4. Tags, Karussell P. und S. setzen sich auf zwei kleine KarussellPferde. Sie verhält sich wie ein kleines Mädchen und schreit wie eine Verrückte. Um sie zu beruhigen, versucht P. ein Gespräch zu beginnen. P.: S.: P.: S.:
Vorsicht, das ist doch gefährlich! Bist du zufrieden mit mir? Ja, aber warum? Wir kennen uns nicht. Ich brauche einen Liebhaber. Sonst sterbe ich.
5. Tags, Zimmer In einem riesigen leeren Zimmer sitzt S. auf einem kleinen Stuhl in der Mitte. Sie trägt nur ein rotes Kleid. In ihrem Rücken steckt ein Messer. 6. Tags, Terrasse P. und S. sitzen vor dem Café au Fourmis. Sie zündet sich eine Zigarette an, ohne sie zu rauchen. Sie legt die Zigarette in den Aschenbecher auf dem unbesetzten Nebentisch und spricht in diese Richtung. S. (an niemand): Ich weiß, dass du es magst, wenn ich für dich rauche. P.: Mit wem redest du? S.: Mit meinem Liebhaber. P.: Das bin ich. S.: Er ist es auch. P.: Da ist niemand. S.: Doch, er war da. Er liebt es, hier zu rauchen. P. (off): Die verrückten Frauen sind immer die schönsten. S. zeigt auf ein Pärchen an einem anderen Tisch. Sie essen. S.: Er liebt auch diesen Tisch, weil es der einzige ist, der nicht an der Wand steht. Er mag es nicht, mit dem Rücken zur Wand zu sitzen. Los! Sie nimmt seine Hand und zieht ihn in das Café. Die Zigarette bleibt brennend im Aschenbecher.
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7. Tags, Café S. stoppt P. vor dem Tisch mit dem Pärchen. S. nimmt der Frau ohne Zögern ihren Teller weg. Sie schaut ungläubig, ohne dass S. davon Kenntnis nimmt. Sie ist erfreut, ihren auf dem Tisch eingeritzten Namen zu lesen. Die Frau: Was zum Teufel...? S.: Schau, da hat er meinen Namen eingeritzt, weil er mich liebt. P. (zum Pärchen): Sorry, sie ist... (er tippt sich an die Stirn) S. stellt den Teller wieder hin. Sie zieht P. zu einem anderen Tisch. Diesmal nimmt sie einem Mann seinen Kaffee weg. Sie setzt sich auf sein rechtes Bein, schiebt das andere weg, um die Sitzfläche des Stuhls zu begutachten. Dann beugt sie sich herunter, um die Tischbeine zu untersuchen. Sie zeigt auf den Fuß eines Tischbeins. S.: Schau, da ist sein Name! P. liest Garou. P. läuft rot an. Er küsst S., um sie dann aus dem Café zu ziehen. 8. Tags, Terrasse Sie setzen sich wieder an ihren Tisch. Die Zigarette ist abgebrannt. Der Kellner kommt. P.: Einen Black Russian, bitte. Kellner: Ok. S.: Warten Sie! Er möchte einen Black Russian ohne Vodka und ich einen White Russian ohne Vodka. Der Kellner schaut sie kurz verwundert an, um dann zu gehen. P. bemerkt, dass sie ihn zärtlich ansieht. S.: Kannst du mir helfen? P.: Wobei? S.: Ich möchte, dass du mir hilfst, meinen Liebhaber wiederzufinden. Er hat mich gestern Abend verlassen. P.: Und wenn wir ihn finden, wirst du mich verlassen. S.: Ja, ich werde dich verlassen. S. beugt sich so vor, als wolle sie, dass er ihre Brüste betrachtet. S.: Bevor ich dich verlasse erlaube ich dir, mit mir zu machen, was du willst. - 8 -
P. (off): Ernsthaftes...
Ein
Kuss,
eine
Nacht,
oder
etwas
Der Kellner bringt die Getränke: Eine Tasse Kaffee und ein Glas Milch. P. trinkt einen Schluck Kaffee, sie einen Schluck Milch. P.: Wie kann ich dir helfen? S.: Wir gehen gleich zu ihm! Er wird da sein. P.: Ich glaube, dafür werde ich nicht benötigt. S.: Nein, wir werden vor seinen Augen miteinander schlafen. Er wird so eifersüchtig sein wie ich an dem Tag, als ich ihn mit der Blonden schlafen sah. P.: Kurz und gut, ich bin also das Werkzeug deiner naiven Rache. S.: Ja, der Mann ist das Werkzeug der Frau, und die Frau der Schmuck des Mannes. 9. Tags, an einer Mauer im Hausflur Der Kopf einer Frau lehnt sich an eine weiße Wand. Sie lacht, sie schreit, sie weint... die Kamera entfernt sich langsam, bis man sieht, dass an der Mauer dutzende Frauenköpfe lehnen, mit den verschiedensten Gesichtsausdrücken von Trauer bis Verzückung. 10.
Tags, Straße
S. und P. laufen zwischen Montmartre. Sie hält seine Hand.
den
Touristen
auf
S. (off): Er wohnt 75, Rue d'Orsel, im vierten Stock. S. und P. stehen vor dem Haus. P.: S.: Ich kenne Welt. P.: S.:
Gehen wir rein? Ich habe Hunger. Komm, lass uns einen Döner essen. hier einen Laden, der macht den besten Döner der Ist das wichtiger als dein Liebhaber? Im Moment, ja!
Eine alte Dame verlässt das Gebäude.
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11.
Tags, Restaurant
Beide sitzen in einem Restaurant neben dem Kebabhaus, an einem Tisch am Fenster. Ein Salat aux Lardons steht vor S., sie hat nichts gegessen. Sie spricht leise vor sich hin. P. schaut sie an. S.: Er ist nicht da. Ja, er ist nicht da, ich bin sicher, dass er nicht da ist. Er ist bei dieser blonden Schlampe. Scheiße, er fickt grade mit dieser blonden Schlampe. Ich bin mir sicher. P.: Du bist ein Feigling, du hast nur Angst, ihn wiederzufinden. S.: Er ist nicht da. Er ist bei ihr. Er fickt sie grade! Er kann durch Wände gehen. P.: Schluss, es reicht! Iss etwas. Hast keinen Hunger? S.: Doch, habe ich. Sie spricht nicht mehr. Sie beugt zu P. vor. S.: Küss mich, ich habe Hunger. Sie küssen sich. Draußen verkaufen Trödler Bilder an Touristen. P. wendet sich plötzlich ab. P.: Sag mal, was meinst damit, er kann durch Mauern gehen? Das ist Unsinn. S.: Nein, es ist möglich, anderswo. Er kann durch Körper gehen. P.: Das bringt doch nichts für die Liebe. Nur, um eine Bank auszurauben. S.: Gib mir deine Hand. Sie legt seine Hand auf ihre Brust. S.: Du berührst meine Brust, doch er mein Herz. P. zieht seine Hand zurück. P.: S.: P.: S.:
Was machen wir nun? Gehen wir zu der Blonden? Das heißt blonde Schlampe. Ok... Wir gehen ins Kino. Er ist vielleicht im Kino.
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12.
Tags, Kino
Es läuft „Die wunderbare Welt der Amélie“: Nino sucht Amélies Spuren. P. und S. sitzen in der ersten Reihe nebeneinander. Die Kamera entfernt sich: Der Saal ist leer. P.: Ich glaube, wir sind die einzigen hier. S.: Gehen wir! S. geht aus dem Kino, P. schläft Amélie mit ihrem Freund. 13.
folgt
ihr.
Hinter
ihnen
Tags, Haus
S. und P. steigen die Treppen hoch. S. redet ohne Unterlass. S.: Garou und ich waren seid zwei Jahren zusammen. Aber er hat mich für diese blonde Schlampe verlassen, die er auf der Straße kennengelernt hat. P. (off): Ich höre nicht, was sie sagt. Ich sehe ihre Beine. S. dreht sich um. S.: Er ist ein Arschloch, nicht? P.: Jaja... S. steigt weiter. S.: Ich habe gehört, sie wäre verheiratet. Was für eine Schlampe! Wie kann eine verheiratete Frau mit einem anderen Mann schlafen, den sie auf der Straße kennengelernt hat? Insbesondere, wo er doch hässlich ist, er ist absolut unerträglich. S. wird langsamer. Sie hält vor einer Tür. Sie gibt P. ein Zeichen, leise zu sein. P. stellt sich hinter sie. Er riecht ihr Parfum. S. schlägt hart an die Tür. S.: Komm raus, Garou! Komm her, du Feigling! Niemand antwortet. S.: Ich glaube, ich habe mich vertan. Gehen wir in den fünften Stock. Sie steigen weiter. Dort beginnt sie erneut, an eine Tür zu schlagen.
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S.: Ich weiß, dass du da bist! Reg dich nicht auf, ich will dich nur sehen. Die Tür öffnet sich, eine um die fünfzig Jahre alte, blonde Frau steht da. S. ist unruhig. Sie versucht, in die Wohnung hinein zu schauen. Frau: Entschuldigung, was suchen Sie? S. (ruft): Garou, du Feigling! Du versteckst dich! Hast etwas Angst? Frau: Hier wohnt kein Garou. S. zeigt mit dem Finger auf die Frau. S. (zu P.): Schau, sie hat hat ihn gekidnappt! Frau: Was sagen Sie da? Ich verstehe wohl nicht richtig! S. (cholerisch; zur Frau): Du Lügnerin! Nur weil du blond bist und große Titten hast, kannst du mir nicht meinen Garou stehlen! Die Frau wird wütend. Sie holt aus, um S. ohrfeigen. P. stellt sich zwischen beide und schiebt hinter sich.
zu S.
P.: Entschuldigen Sie! Sie ist verrückt. S. versucht erneut los zu schreien, aber P. zieht sie die Treppe herunter. S. (außer sich): Gib mir Garou! Ich weiß, dass er sich bei dir versteckt. S. reißt sich von P. los. Sie rennt in die Wohnung der Frau und durchsucht alle Zimmer. Sie schaut unter das Bett. Sie öffnet die Schränke. Sie sucht in der Abstellkammer; ohne etwas zu finden. Sie lässt sich auf das Sofa fallen und weint. P. (off): Sie hat ihn sicher nicht gefunden. Ich glaube ihr kein Wort. Es gibt keinen Garou, keine Blonde, noch jemanden, der durch Wände gehen kann. Nur ein armes Mädchen, dass von einem Mann verletzt worden ist. S. Gesicht ist verweint. Die Kamera schwenkt auf die Frau in „La prémonition de la guerre civile“ von Dali. P. (das Bild betrachtend; off): Die Liebe ist für Frauen nichts als Krieg.
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14.
Tags, Straße
P. und S. laufen eine Straße entlang. S. ist am Ende. Sie kann schwerlich laufen. S.: Du glaubst mir nicht, ich weiß es. P.: Das ist doch unwichtig. S.: Was soll das sein, „wichtig“? P.: Daran arbeiten wir noch. (off) Was ich sagen wollte ist, dass wir immer noch zusammen sind. S.: Ich will Garou nicht wiedersehen. P.: Warum? S.: Ich habe dich belogen. Garou existiert nicht. P.: Und wenn schon. Aber du wirst mich jetzt verlassen. S.: Nein, ich bleibe bei dir. P.: Hast du diese melodramatische Geschichte also nur erfunden, um an mich heran zu kommen? S. (lacht): Ja, bin ich nicht klug? P.: Um ehrlich zu sein habe ich dir kein Wort geglaubt. S.: Du hast gelogen! P.: Du bist der Lügner hier. Sie kommen auf einem kleinen Platz an. Dort steht ein Mann, gekleidet wie in den 20er Jahren. S. fängt an, auf ihn zu zu rennen, während er Tabletten schluckt. S.: Garou! Halt! Der Mann schaut sie an und beginnt dann, vor ihr weg zu rennen. Er läuft gerade auf eine Mauer zu, und dann durch sie durch. P. läuft ihr hinterher. Er sieht sie eine Statue küssen, die nur mit dem Kopf und dem Korso sowie einem wie im Lauf gestreckten Bein aus der Mauer herausragt. Ihr Kopf ähnelt dem Marcel Aymés. 15.
Tags, Sacré-Cœur
Es ist 17h, ein herbstlicher Tag, die Sonne scheint warm auf die Menschen, die auf der Treppe sitzen. Unter ihnen sitzt P., in die Lektüre von La rue sans nom vertieft. Auf den Buchrücken ist ein gezeichnetes Porträt des Autors gedruckt. ENDE. JZ; übersetzt aus dem Frz. von AUT
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J’emballage Paris et je vous l’envoie Au sommet de la tour d'Eiffel Souffle le vent glaçant Au quai de la Seine Coule le sang puant La ville de Paris se déshabille Pour nous montrer son corps ridé Parmi les foules aux Champs-Élysées On massacre les insectes de Kafka A Montmartre vient un soldat Touche rudement une vieille prostituée La ville de Paris se masturbe Mais sa queue ne bande guère Au dehors de la Notre-Dame de Paris Un bossu se marie avec une touriste Les grands hommes sortent de leur tombe Vers la Concorde ils jettent du vomi La ville de Paris arrive au climax Ses semences inondent tous les pays JZ
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Vademecum Das Leben ist schön Man muss nur verstehen Es ist ein Lehen Begrenzter Zeit. Das Leben ist schön Man muss nur verstehen In tiefen Freuden Keimt schon das Leid. Das Leben ist schön Man muss nur verstehen Dass niemand besitzt Und alle dienen. Das Leben ist schön Man muss nur verstehen Es gibt weder Sieg Noch Wiederkehr. Das Leben ist schön Man muss nur verstehen Es ist nichts Böses Im Untergehen. Das Leben ist schön Man muss nur verstehen Dass alle gehen Und keiner bleibt. Das Leben ist schön Du musst nur verstehen: Du kannst es nicht greifen, Mit Augen nicht sehen. Es hat keinen Grund, Kein Ziel, keinen Sinn; Es flüstert nur Komm… Ich bin, wie ich bin BR
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Lass mich dir ein großes Geheimnis verraten Lass mich dir ein großes Geheimnis verraten Die Zeit bist du Die Zeit ist Frau Ihr will Der Hof gemacht werden man soll sich niederlegen Zu ihren Füßen die Zeit ein Kleid es herunterzureißen Die Zeit wie eine endlose Strähne Lockig Du bist's, wie ein Messer über meiner Kehle Oh was soll ich bloß sagen diese Folter der Zeit die nicht {vorbeigeht Diese Folter der geronnenen Zeit wie das Blut in den blauen {Schalen Und viel schlimmer das endlos unbefriedigte Verlangen Dieser Durst des Auges wenn du durch den Raum läufst Und ich weiß dass der Zauber nicht gebrochen werden darf Viel schlimmer als dich fremd zu fühlen Fliehend Den Kopf anderswo und das Herz schon in einem anderen {Jahrhundert Mein Gott wie schwer sind die Worte Darum geht es Meine Liebe über dem Vergnügen meine Liebe heute weit {entfernt zu warten Du der du gegen meine Lebensuhr schlägst Und wenn du nicht atmest ersticke ich Und über meinem Fleisch zaudert und legt sich dein Schritt Lass mich dir ein großes Geheimnis verraten Alle Worte Von meinen Lippen sind eine Armut die lügt Ein Unheil für deine Hände ein unter deinem Blick {Ersterbendes Und deshalb sage ich dir so oft dass ich dich liebe Mangels eines klaren Kristalls eines Satzes der dir am Arsch {vorbeigeht Errege dich nicht über meine vulgäres Gerede Es ist Das schlichte Wasser welches unangenehm im Feuer klingt Lass mich dir ein großes Geheimnis verraten Ich vermag nicht Von der Zeit zu sprechen die dir ähnelt Ich vermag nicht von dir zu sprechen ich tue als ob Wie jene die sehr lange nachdem die Züge abgefahren Auf dem Bahnsteig noch die Hände erheben Und ihre Wut unter dem erneuten Gewicht der Tränen erlischt
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Lass mich dir ein großes Geheimnis verraten Ich habe Angst {vor dir Angst vor dem was dich Abends an den Fenstern umgibt Vor deinen Gesten und den Worten die wir nicht sagen Lass mich dir ein großes Geheimnis verraten Schließe die {Türen Es ist einfacher zu sterben denn zu lieben Allein deshalb erdulde ich das Leid zu leben Meine Liebe. Louis Aragon, Elsa. übersetzt aus dem Frz. von AUT
Calamares Fred und der Reichskürbis oder die Geschichte vom Herzrasen in Lavaland Es ist kalt in Lavaland. Bitter. So wie Grüntee mit einem Schuss Zimt. Aber deswegen stinkt es dort auch nicht. Berührt man den eisigen Boden in Lavaland, so schlafen die Füße sofort ein – oder die linke Hand. Man kann also eigentlich nur noch versuchen, Lavaland per digital-schwebendem Teppich zu über- oder zu durchqueren. Es gibt zum Glück auch keine Geschwindigkeitsbegrenzung in Lavaland. Daher rasen Herzen so schnell sie können. Herzrasen. Kunstrasen. Rollrasen. Paraphrasen. Paranoidität. Parallelwelt. Paradebeispiel. Paradies. Paradas. Paradox. Doch als Calamares Fred Operation „ALS OB“ ins Leben rief, wusste er nichts von Lavaland. Aber seine Kavallerie war ihm sowieso schon lange zuwider. Er ernährte sich vorwiegend von NDNH in der ersten Hälfte des miozänen Zeitalters, und um seiner verblendeten Umwelt zu entrinnen, entschloss er sich, seine rosarote Brille und die puritanische Maske seiner selbst niemals abzulegen. Auch wenn seinen kleinen Engeln davon qualvolle Flügel wuchsen und er immer wieder von Schmetterlingen umringt wurde, er gab sich nicht auf. Hut ab, kann ich da nur sagen! Aber da mir die Befehlsgewalt nicht inne wohnt und er sich es in – nein, halt – er sich ihn auf den Kopf gesetzt hat, steht er dazu und wir bewundern ihn dafür. Wie dem auch sei – Operation „ALS OB“ ist mittlerweile schon in vollem Gange und hat bereits die Unterschicht infiltriert, sodass die Getränke für fantasievolle Furore sorgen. Warum Calamares Fred so heißt, wie er heißt, und ohne seinen Reichskürbis nicht regieren kann, weiß nur der Club krepitulierender Einhörner. MP
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Untersuchung zur imaschinistischen Kunst No. 1 – Bernard Rieux
Ich will mich dem Schrecklichen stellen, aber ich werde die Existenz des Wahren, Guten und Schönen niemals verleugnen. Konfuzius sagt an anderer Stelle: Es ist besser ein ganz kleines Licht anzuzünden als die Dunkelheit zu verfluchen. Ich glaube noch immer, dass er Recht hat. BR
Sehr geehrter Rieux,
mit Ihren Worten einleitend präsentieren wir hier einige bewusst brutale Thesen, auf die Sie in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift für allgemeinen Kulturpessimismus werden eingehen können. An Reibungsfläche dürfte es nicht mangeln. Vorwort: Nicht Buchenwald trotz Weimar?!?, sondern: Buchenwald wegen Weimar. Die Kultur im Sinne einer Kunsttradition wird allgemein als positiver Anteil an einer Gesellschaft und ihrer Geschichte gesehen. Wir meinen im Gegenteil, dass sie nicht nur Teil des Ganzen ist, das wir ablehnen (die Gesellschaft in ihrer jetzigen Form) – vielmehr: Sie dient als Rechtfertigung des Zustandes der Welt. Diejenige Kunst, die wir anstreben, soll die Axt sein für das gefrorene Meer, und dies nicht nur im inneren emotionalen, sondern auch auf die Umwelt ausgreifenden Sinn. Kurz: Die Kunst soll zur Revolution aufrufen – vor allen anderen zur geistigen. Für die Masse der Menschen hat die Kunst keine direkte Relevanz. Sie ist immer Phänomen einer Oberschicht, welche auch maßgeblich für die Aufrechterhaltung des o.g. Zustands verantwortlich ist. Wäre nicht das Schöne, das Gute dieser Tradition vorhanden, um den Schmerz eines (halbwegs) intelligenten Menschen bei einem Blick auf die Welt zu lindern, würde er sich selbst sein Leben nicht erlauben. Die Schöpfer dieser Kultur muss dabei nicht einmal der geringste Vorwurf treffen (könnte aber – ein anderes Problem): Sie werden als Trostpflaster missbraucht. Daher unsere Parole: Die Kunst muss sich der Realität mit aller Gewalt entgegen werfen.
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Sie muss uns die Absurdität und Ungeheuerlichkeit unseres alltäglichen Lebens (will heißen seiner Konsequenzen) offenlegen, in dem sie den Schleier der Gewohnheit von unseren Augen reißt: So dürft ihr nicht leben! Sie darf uns nicht sedieren, uns nicht zu ihren Götzendienern werden lassen. Weimar war nicht Realität, sondern Welt im Geist. Studenten verbrannten Hölderlins Gedichte. Baudelaire durfte wegen Amoralität nicht publizieren. Eine Generation Künstler ist in den 14-18er Gräben verblutet. Heydrich spielte wunderbar Geige. Der kulturelle und technische Fortschritt dient der westlichen Welt als Ausrede zur Versklavung der s.g. Dritten. D a s ist die Realität (der Realisten). D a s muss geändert werden. Denn: C'est le vertueux Robespierre qui tue: bourreau imaginaire de mille jeunes femmes, ce n'est pas Sade à la belle voix (Gilbert Lely im Vorwort zu Les 120 journées de Sodome). Enquête. I. In Bezug auf das Vorwort stellt sich die Frage, ob es irgendein Konzept von Moral überhaupt noch wert ist, untersucht zu werden, und, wenn ja, in wieweit Kunst einen moralischen (oder gar politischen) Charakter haben kann, ohne in die Abhängigkeit der Mittel-Zweck-Relationen à la Agitprop zu fallen. Oder anders: Darf Kunst aufbauend sein, darf sie ein kleines Licht anzünden, angesichts d i e s e r Realität?1 II. Es wäre lächerlich, für die Art von Kunst, die wir anstreben, irgendwelche Richtlinien für Zeichen (Ästhetik) sowie Inhalt (Botschaft) zu geben, nicht jedoch methodische. Rimbaud spricht von einem long, immense et raisonné dérèglement de tous les sens; auch Baudelaire bezeichnet seinen Schaffensprozess als Arbeit. Inwiefern können kreative Prozesse als Arbeit beschrieben werden? Oder kann der Begriff für die unbewusst ablaufende Dynamik angewandt werden, welche schließlich zu einem (scheinbar) spontanen kreativen Ausdruck führt?
1 Zu dieser Frage sei angefügt, dass wir uns niemals in die Nähe Adornos stellen wollen, der sinngemäß sagte, nach Auschwitz dürfe man kein Gedicht mehr schreiben. Nichts ist größerer Unfug, unser voller Respekt gebührt gerade jemandem wie Desnos, der noch im KZ Liebesgedichte schrieb, und nicht einem bourgeoisen Klugscheißer wie Adorno. Außerdem hat jeder, der einmal Celan gelesen hat, die Widerlegung dieser These in Händen gehalten. Derselbe Celan, der von der primitiven Ex-SS-Gruppe 47 heraus komplementiert wurde, da er wie Goebbels spreche... während er die Todesfuge las!
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III. Als, zumindest im Wortsinne, offensichtlichstes Feindbild unserer Idee von Kunst ist der Bürgerliche Realismus zu nennen. Moralistische (predigende) Kunst sowie rein deskriptive (egal, wie raffiniert sie hinsichtlich ihres Aufbaus oder des psychologischen Zeichnung der Protagonisten ist) lehnen wir ab, denn genauso könnte man einen Schreiner für eine komplizierte Holzarbeit loben2. Diese Art von Pseudokunst ist nichts als Handwerk, und erfreut sich eben darum so großer Beliebtheit. Darf sich der Künstler überhaupt bewusst Objekte wählen? Kann die Inspiration erarbeitet, und wenn nicht, gebündelt oder gelenkt werden? IV. Wie Lichtenberg treffend sagte, ist das Gegenteil auch nur eine Form von Nachahmung. Da wir das dualistische Denken ablehnen, können wir auch die Idee nicht unterstützen, Kunst müsse sich immer wieder erneuern oder gar avantgardistisch sein. Tut sie dies nur dadurch, sich von dem, was ist, abzugrenzen, trifft auf sie das lichtenberg'sche Wort zu und entlarvt ihre Lüge. Dennoch ist ohne die Kenntnis des Gewesen nichts vorstellbar. Darf sich kreative Arbeit überhaupt direkt auf Gewesenes beziehen oder es als Verweis heranziehen? Die postmoderne (und folgende) Kunst scheint uns eine solche des reinen Kontextes zu sein: Sie verweist nur noch, hat keine Eigenheit mehr, ist also nur Pastiche. Wie ist dem entgegen zu treten?
2 Man werfe uns nicht vor, wir würden auf die arbeitenden Menschen herabsehen. Ganz im Gegenteil. Ein Professor hat keinen höheren gesellschaftlichen Wert als ein Supermarktangestellter – vermutlich eher einen geringeren. Die akademische Schicht als Bildungsgewinner zu begreifen, und andere dementsprechend als -verlierer, widert uns an. So wird das zumeist geheuchelte Ideal von Bildung für alle! zum Instrument der sozialen Hierarchisierung. Das, was wir als Kunst begreifen, hat für uns insofern einen besonderen Stellenwert, als dass es sich dem gesellschaftlichen Kreislauf von Mehrwertschaffung (egal ob bei der Herstellung von Autos oder der Akkumulation von Forschungsstipendien) entzieht, und im besten Fall dagegen angeht.
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V. Nach diesen allgemeinen, noch eine persönlichere: Was müssen deine Gedichte (oder Texte) leisten, damit du sie anerkennst? Nietzsche sagte, einen wahren Künstler mache nicht das Genie, sondern die Fähigkeit zur Auswahl des Hervorragenden aus der Masse des Geschaffenen aus. Was denkt Bernard Rieux darüber? Zusatz: Beim Schreiben der Anmerkung 1 fällt mir das beste Beispiel für die Art von bourgeoiser KunstSelbstbefriedigung ein, das ich kenne: Der Nobelpreis. Nobel war ein Verbrecher, er machte Millionen mit dem Tod von Menschen, verdiente am Krieg. Um sein zu Recht schlechtes Gewissen zu beruhigen, gründete er die Stiftung. Jedes Jahr lassen sich Künstler und andere Idioten, teilweise sogar solche, die meinen, im Namen des Friedens zu handeln, Geld von einer Stiftung eines kapitalen Kriegsverbrechers zuschieben! Wie moralisch verkommen muss man dafür sein? Man komme mir bitte nicht mit dem alten Argument, sie würden das Geld sinnvoll einsetzen... das behaupten auch Greenpeace und WWF, diese Ablassbriefhändler. Und der einzige, der es nicht mit sich machen ließ, ist ausgerechnet der Egomane Sartre... immerhin! Spucken wir auf diese Kruppstahlstiftung. In gespannter Erwartung, der Ihnen stets ergebene
Antonin U. Trébut
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Ein Leserbrief Sehr geehrte ZAK-Redaktion! Seit der zweiten Ausgabe bin ich Leser eurer Zeitschrift. Ich war schnell von der Lektüre begeistert und dachte, es sollte dort auch etwas von mir schwarz auf weiß zu finden sein. Ich selbst schreibe jedoch fürchterlich und würde mir nicht im Traum herausnehmen, euch mit meinen dilettantischen Schreibversuchen zu belästigen. Aber da ich mir nun einmal in den Kopf gesetzt hatte, meinen Beitrag zu leisten, suchte ich auf andere Weise der Revolution nützlich zu werden und kam auf die Idee, Texte zu beschaffen, die meinem und hoffentlich auch eurem Geschmack entsprechen. Nun, nach über Monate andauernder Recherchearbeit, bin ich im Besitz von diversen aus vielversprechenden Schreibtischschubladen vielversprechender Schreiberlinge entwendeten literarischen Ergüssen, die ich euch, falls diese auf Zustimmung treffen sollten, gerne nach und nach über diesen Weg zukommen lassen möchte. Es wäre mir eine Ehre, wenn ihr alle moralischen Bedenken, was die Beschaffung meiner Zusendungen angeht, außer Acht lassend, den Text von Philipp Duch drucken würdet. Ich versichere euch, dass alle Texte, die ihr von mir erhaltet, nie nicht veröffentlicht wurden, da ihre Urheber vorher unter bisher nicht aufgedeckten Umständen umkamen. Ihr merkt, ich bin ganz ehrlich mit euch: Es gibt keine ernstzunehmenden Gründe, die gegen einen Druck sprechen würden, höchstens der natürlich, dass die Texte dem Anspruch der ZAK nicht gerecht werden, was ich mir aber dank meiner professionellen, kaum nachweisbaren Recherche nicht vorstellen kann. Gebt mir bitte Bescheid, wenn ihr einen Beschluss treffen konntet! Der Kettenraucher
PS: Das Gedicht Pyromanische Wunschvorstellungen von Philipp Duch, die er unter dem angegebenen Titel zusammenfasste, stammt nicht von ihm. Wie ich heute durch Zufall herausfand, heißt der Autor, der es geschrieben hat, Maurice Temlume, ein portugiesischer Journalist, der ein Bekannter Fernando Pessoas war. Anzunehmen ist, dass Duch das Gedicht aus Abschiedsrot – Die Großen Lyriker Portugals (Leipzig 1994) abschrieb, ohne dies zu vermerken. Das müsstet ihr gegebenenfalls für ihn nachholen. (Ich fand ein Exemplar dieser Ausgabe in seinem Bücherregal).
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Pyromanische Wunschvorstellungen Mit dem Tod der letzten Sprache werden die Bibliotheken der Welt AUCH NUR Hallen voller BRENNMATERIAL sein. Wenn Dummheit noch stärkere Wurzeln geschlagen hat UND ENDLICH volle Früchte trägt, werden die Bibliotheken ALLEIN deswegen brennen müssen, weil es keine Bäume mehr gibt, die man alternativ anzünden könnte. (…)
Sehr geehrter Kettenraucher, zunächst sei Ihnen für Ihren Brief und die umfangreiche Auseinandersetzung mit unserer Arbeit gedankt. Wir mussten jedoch Teile der von Ihnen zugesandten Texte zensieren, da sie, wie der Volksmund sagt, kapitalismuskritisch sind. Wir halten die Rechenfehler von Angebot & Nachfrage sowie die Lügengeschichte mit dem Tellerwäscher usw. n a c h w i e v o r für die beste aller Welten. Ihrer Idee, die Bibliotheken anzuzünden, können wir vollen Herzens zustimmen, haben wir doch ähnliches bereits gefordert (ZAK I). Außerdem würden wir uns in eine lobenswerte Kulturtradition stellen, welche den Brand der Alexandrinischen Bibliothek beinhaltet (Gott sei Dank ist uns nicht noch mehr von dem vorchristlichen Unfug überliefert worden), sowie die vor nicht allzu vielen Jahren erfolgte Bombardierung des Bagdader Museums durch die für solche Fälle hervorragend ausgebildete US Air Force, um nur zwei Beispiele zu nennen. Ihrem generellen kulturpessimistischen Ansatz (mit dem Tod der letzten Sprache... ) können wir jedoch keinesfalls zustimmen, da wir hierzu keinerlei Anlass sehen. Denn, wie dieser komische Brite sagte, der in dieser Schwiegersöhnchen-Kombo gespielt hat: It's getting better all the time. Es grüßt der Ihnen sehr verbundene Antonin U. Trébut. - 25 -
Es war einmal... EK
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Geburt: Albufera Spanier spielen häufig Gitarre, vorwiegend Konzertgitarren (mit Nylon-Saiten, wie Experten wissen). Weiterhin wären viele dieser Gitarristen gerne Paco de Lucia (womit wir unser Soll an Klischees erfüllt hätten...). Nicht so Albufera. Dieser kleine Röhrenjeans und Schnauzer tragende Hipster, wohnhaft in Barcelona, hat – vermutlich aus Geltungssucht und Größenwahn, wie alle bescheidenen Menschen – beschlossen, auf einer derartigen Gitarre eine Art von Musik zu zelebrieren, die man auf diesen Geräten im Grunde nicht spielen kann. Zusätzlich singt er zumeist durch einen antiken Telefonhörer, welcher über ein Overdrive-Pedal angeschlossen ist. So weit, so gut. Der Autor muss zugeben, des Spanischen nicht mächtig zu sein. Das ist insofern von Relevanz, da die Texte, die er von o.g. kleinem Künstler in den Hörer gejault hörte, ihn instatan glauben machten, es handle sich um große Poesie (was selten vorkommt). Wir haben schon in der letzten Ausgabe einem unverkabelt vortragenden Gitarristen gehuldigt, deshalb könnte man uns Einseitigkeit vorwerfen, aber ich frage: was können wir dafür, dass jemand wie Albufera, der nur eine OneMan-Vorband darstellte, um Längen besser war als die lächerliche Band nach ihm? (Und außerdem, was dafür, dass die meisten komplett verkabelt vortragenden Künstler keine guten Songs schreiben können?) Also, dieser Junge hat nicht einmal eine Handvoll Songs online (in Bälde, wie er uns mitteilte... sie werden in der nächsten ZAK nachgereicht), aber man tut gut daran, sich den Namen einzuprägen, denn sollte er bald auftauchen (wir arbeiten dran), gibt es keine Entschuldigung mehr dafür, sich ihn nicht angehört zu haben. AUT
Geburt: Kunst Spektakel Revolution3 Eine wahre Fundgrube intellektueller Auseinandersetzung mit den Fragen von Kunst & Revolution; wer primitive pseudo-linke Parolen erwartet, ist hier falsch beraten. Insbesondere der Artikel C. Zwis & R.G. Dupuis über Lautréamonts Détournements (Broschur 2) sowie jener A. Emanuelys über Surrealismus und Revolution (Broschur 1) sind empfehlenswert. No. 3 soll in Bälde erscheinen. Die Hefte werden gegen eine Spende versandt, die man diesen Leuten definitiv gewähren sollte – vom Vorzug, Texte in der Hand zu halten, ganz abgesehen. AUT 3 http://spektakel.blogsport.de/broschur/
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Aphorismen der Woche Die Jugend ist eine dauernde Trunkenheit: Sie ist das Fieber des Verstandes. (La Rochefoucauld, Maxime 271.) ...deine Mutter! Um eine Frau, der man auf der Straße begegnet, zu beeindrucken: …................................... …................................... …................................... (André Breton, Premier Manifeste du Surréalisme) Verdammt noch mal, Breton, nachdem wir uns durch all deinen verquasten intellektualistischen Quatsch gekämpft haben, verschweigst du uns das einzig wirklich Wichtige!
Autoren & Kollaborateure Elif Kösen; stammt aus Indien und ist selbst ihr größtes Kunstwerk. Robinskij Lambrechtowitsch; geboren in Bangkok, Künstler vor und nach dem Herrn, Erfinder der Schnöselei, Photograph, Dichter und auf vielen CDs zu hören. Mena Phila; geboren in Mulhouse, rheinüberschreitende Schriftstellerin. Marschall von Pytz; geboren im Harz, Geschichtenerzähler erster Güte, Generalfeldmarschall a.d. der Roten Armee und Träger des großen muttersprachlichen Ordens. Bernard Rieux; geboren in Maribor, erster echter Poet nach dem Untergang des Abendlandes, lehnt den Neodadaismus rundherum ab und wird daher gegen seinen Willen hier publiziert. Sam Takttreppe; geboren in Mühlheim, neodadaistischer Dichter erster Stunde. Seine hoch elaborierte Prosa gilt als wegweisend für die Bewegung. Antonin U. Trébut; geboren in Budapest, Dichter & Verfasser des Ersten und Einzigen Manifests des Neodadaismus. Junfeng Zeng; geboren an einem unbestimmten Ort im Reich der Mitte, feiner Beobachter jener Zwischenmenschlichkeiten, die niemand sonst beschreiben könnte.
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KEINHORN
Eines Tages machte Janina einen kleinen Spaziergang und träumte dabei so vor sich hin. Plötzlich merkte sie, daß sie in eine Gegend gekommen war, die ihr ganz fremd war. Vor sich sah sie so etwas wie ein Pferd. Es hatte ein Horn auf der Stirn und war ganz durchsichtig. “Bist du ein Einhorn?” fragte sie. “Ja”, sagte das Einhorn. Janina überlegte einen Augenblick. Dann fragte sie: “Willst du mit mir spielen?” “Du darfst auf meinem Rücken reiten, wenn du willst”, lautete die Antwort. “Und wohin reiten wir?” "Quer durch’s Land der Phantasie”, sagte das Einhorn.
Die ZAK ist das propagandistische Organ des Kollektivs der Imachinerie und sowohl parteiisch als auch überpolitisch. Ihre Vertretung ist das
Tautologische Seminar Eschholzstraße 90 79115 Freiburg.
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