Themenreise 2019: Auf zum Außergewöhnlichen!

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THEMENREISE – PEOPLE PROCESS PLACES

AUF ZUM AUSSERGEWÖHNLICHEN! WAS BEEINFLUSST ZUKÜNFTIG DEN UNTERNEHMENSERFOLG?

SEITE 14

INTERVIEW MIT DIRK AHLBORN Hyperloop Wir brauchen eine andere Einstellung zum Scheitern

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DER BLICK ÜBER DEN TELLERRAND Innovationsreise nach Tokio

SEITE 40

INTERVIEW MIT FRANK WIELAND FANUC Der Druck zur Automatisierung wird wachsen

2019

ASPEKTE DER ZUKUNFTSGESTALTUNG IM KONTEXT DER ANALOGEN UND N DIGITALEN TRANSFORMATIO



„DAS DURCHSCHNITTLICHE GIBT DER WELT IHREN BESTAND, DAS AUSSERGEWÖHNLICHE * IHREN WERT.“

LESEN SIE NACHFOLGEND, OB MAN IN DER LAGE SEIN WIRD, MIT AUSSERGEWÖHNLICHEN WERTSCHÖPFUNGEN DEN ZUKÜNFTIGEN UNTERNEHMENSERFOLG ZU SICHERN, ODER OB DAS DURCHSCHNITTLICHE OBSIEGT UND DEN FORTBESTAND ERMÖGLICHT.

*Oscar Wilde (1854 – 1900), irischer Schriftsteller


VORWORT Alles, außer gewöhnlich!

Diese Worte beschreiben treffend die gegenwärtige globale Wirtschaftslage, deren Dramaturgie an Fahrt gewinnt und führende Unternehmenslenker mehr und mehr herausfordert. Wie gelingt es in diesen turbulenten Zeiten, den Unternehmenserfolg zu sichern? Wie bleiben wir (wie gewohnt) außergewöhnlich erfolgreich? Die Antworten darauf dürfen weder daraus bestehen, alles beim Altbewährten zu belassen, noch alles erfolgreich Etablierte auf links zu krempeln. Vielmehr müssen wir einen Mittelweg finden und uns AUF ZUM AUSSERGEWÖHNLICHEN machen, indem wir bestehende Strukturen und Prozesse auf Zukunftsfähigkeit überprüfen und wieder verstärkt auf Innovationen ausrichten, auch und gerade im Rahmen der Gebäude-, Produktions- und Standortentwicklung, wo zahlreiche nicht ausgeschöpfte Potenziale schlummern. So entfachten sich an allen Haltepunkten unserer Themenreise außergewöhnlich lebendige, zum Teil kontroverse, aber immer hochkarätige Diskussionen über Lösungsansätze und Antworten auf die drängendste aller Fragen: Was bestimmt zukünftig den Unternehmenserfolg? An dieser Stelle bedanke ich mich nochmals ausdrücklich bei unseren Sponsoren Phoenix Contact, BEOS, Cisco und Fujitsu sowie bei allen Teilnehmern und Impulsgebern für die wertvollen Beiträge und Initiativen, mit denen Sie die Themenreise unterstützt und angereichert haben.

In zehn Jahren werden 90% des weltweiten Wirtschaftswachstums außerhalb der EU stattfinden. So lautet die Vermutung des DIHK Außenhandelschefs Volker Treier. Wenn dem so wäre, müsste sich die europäische Wirtschaft umso mehr auf zum Außergewöhnlichen machen und sich VERNETZT INS NEUE JAHRZEHNT begeben. Genau unter diesem Motto steht die Themenreise 2020 und geht innerhalb der DACH-Region sowie in China der Frage nach: Was kann der Standort Europa bieten? Vor dem Hintergrund des asiatischen Jahrhunderts und der von dort ausgehenden hochinnovativen Wirtschaftsimpulse muss sich die hiesige Wirtschaft auf ihre Stärken besinnen, um die Zukunft zu gestalten – global, vernetzt, innovativ. In diesem Sinne und in der Überzeugung, dass Zukunft im Dialog entsteht, freue ich mich mit meinen Kolleginnen und Kollegen von Drees & Sommer und dem neuen Sponsorenkreis auf die Fortsetzung des branchen- und grenzenüberschreitenden Gedankenaustauschs in 2020. Mit besten Grüßen

Götz Schönfeld Leiter Business Transformation & Network Management (BTM) bei Drees & Sommer 4 PEOPLE | PROCESS | PLACES


INHALT

HANNOVER

THEMENDIALOGE

BAD PYRMONT

08

AACHEN

THEMENDIALOG SCHWÄBISCH HALL Mehr Chancen als Schrecken

FRANKFURT – TOKIO

20

SCHWÄBISCH HALL

THEMENDIALOG HANNOVER Die Zeichen der Zeit

STUTTGART

48 THEMENDIALOG AACHEN Staunen und gestalten

68 THEMENDIALOG ROTTWEIL Alles, außer gewöhnlich

INTERVIEWS

14 INTERVIEW HYPERLOOP Dirk Ahlborn

26 INTERVIEW LINDE Dr. Werner Ponikwar

40 INTERVIEW FANUC Frank Wieland

60 INTERVIEW MOTIUS Daniel Weiss

ROTTWEIL

SPECIAL

12 INDUSTRIAL COMMUNICATION CONGRESS, BAD PYRMONT Flexibel, sicher, wettbewerbsfähig

36 INNOVATIONSREISE NACH TOKIO Der Blick über den Tellerrand

56 HACKATHON, STUTTGART Schnellboote und Tanker auf gemeinsamer Mission

FACTS & FIGURES

ZUM THEMA

74 NACHGEFRAGT Die Positionen der Drees & Sommer-Experten

78 FAZIT DER THEMENREISE 2019 Auf zum Außergewöhnlichen

34

80

PERSPEKTIVEN KI // IoT und Industrie 4.0

PREVIEW 2020 Vernetzt ins neue Jahrzehnt

54 HERAUSFORDERUNGEN Wasserstoff // CO2-Footprint PEOPLE | PROCESS | PLACES 5


DIE SPONSOREN DER THEMENREISE 2019

Wir verstehen uns als „Game Changer“ im Bereich der Digitalisierung für die Industrie und die Gebäudetechnik.“

Unsere Philosophie ist es, Beständiges zu bewahren, aber dennoch kontinuierlich in neue Geschäftsfelder und Technologien zu investieren, um Fortschritt zu gestalten. Für uns stehen der Kunde und das gegenseitige Vertrauen im Mittelpunkt unseres Handelns. Seit 96 Jahren setzen wir deshalb auf die Werte Unabhängigkeit, Innovation und Partnerschaft. Gerade in Zeiten des Wandels und der digitalen Transformation fördern beständige Wertvorstellungen ein sicheres und somit innovatives Klima der Weiterentwicklung.

Wir verstehen uns als „Game Changer“ im Bereich der Digitalisierung für die Industrie und die Gebäudetechnik.

Wir vernetzen Menschen, Daten, Prozesse und Dinge sicher miteinander.“

Cisco (NASDAQ: CSCO) macht das Internet möglich. Wir vernetzen Menschen, Daten, Prozesse und Dinge sicher miteinander – so treiben wir Innovationen, von denen Wirtschaft und Gesellschaft profitieren. Cisco hilft Unternehmen, Behörden und anderen Organisationen dabei, die Chancen der Digitalisierung – der sicheren, intelligenten Vernetzung von

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Wir entwickeln aus einer Hand interdisziplinäre Angebote aus unseren Geschäftsfeldern Mobilität, Energieübertragung/-verteilung, Gebäudeautomation, Infrastruktur und Factory Automation. Die Weiterentwicklung unseres Portfolios orientiert sich kontinuierlich an den Anforderungen der fokussierten Märkte und natürlich der Digitalisierung. Beispielsweise etablieren wir in der Gebäudeautomation eine offene, IoT-basierte Plattform für integrales Gebäudemanagement. Wir entwickeln, gemeinsam mit unseren Kunden, einen Zusatznutzen für die individuellen Geschäftsmodelle durch die durchgängige Nutzung und Nutzbarmachung vorhandener Daten.

allem mit allem – zu nutzen. Dazu entwickelt und vertreibt Cisco Produkte und Lösungen rund um das Netzwerk, also Netzwerkinfrastrukturen, Cybersicherheit, Rechenzentrumsausrüstung, Videokommunikations- und Kollaborationslösungen, Cloud/Software und Services. Im abgelaufenen Fiskaljahr hat Cisco 51,7 Milliarden US-Dollar umgesetzt.


Wir sind der führende japanische Anbieter von informations- und telekommunikationsbasierten Geschäftslösungen“

Wir stellen die Nutzer von Flächen in den Fokus ihres Handelns.“

Fujitsu ist der führende japanische Anbieter von informations- und telekommunikationsbasierten Geschäftslösungen mit über 80 Jahren Technologieerfahrung und einer der größten ITK-Lösungsanbieter in Deutschland. Fujitsu steht für Innovationen und leistungsstarke Technologien, die Mehrwerte für Mensch, Unternehmen und Gesellschaft schaffen sollen. Wir kombinieren passgenau klassische IT-Produkte und Dienstleistungen aus den Segmenten Client Computing Devices, Datacenter und Services mit zukunftsweisenden, innovativen Technologien wie etwa KI oder Security

Die BEOS AG stellt die Nutzer von Flächen in den Fokus ihres Handelns. Mit unserem Know-how als führender Asset Manager und Entwickler von Unternehmensimmobilien in Deutschland analysieren wir deren Entwicklung, leiten daraus spezifische Flächenbedürfnisse ab und setzen diese um. Neben Revitalisierungen und mieterspezifischen Umnutzungen von Bestandsgebäuden entwickeln wir auch

und schaffen dadurch individuelle, effiziente und sichere Lösungen für die Herausforderungen im Zeitalter der Digitalisierung. Dies ist nur möglich, da wir ständig im direkten Austausch mit jedem einzelnen unserer Kunden sind – egal ob Mittelstandskunde oder Konzern. Eine starke Vertriebsmannschaft, mehr als 10.000 Vertriebspartner und Systemhäuser in Central Europe und ein hoher Kompetenzlevel machen es möglich, schnell, kompetent und effizient die Anforderungen unserer Kunden zu lösen.

beim Neubau maßgeschneiderte und zukunftsfähige Flächenlösungen für Unternehmen. Alles, was wir tun, ist von dem Anspruch geleitet, das Kerngeschäft und die Produktivität unserer Mieter zu unterstützen. Gemeinsam mit Unternehmen erarbeiten wir zudem individuelle Lösungen, um das Potenzial eigengenutzter Unternehmensimmobilien zu heben.

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MEHR CHANCEN ALS SCHRECKEN Themendialog 2019 in Schwäbisch Hall

Zum Auftakt der Themenreise 2019 trafen sich rund 30 prägende Köpfe mittlerer und großer Unternehmen und Institutionen vor Beginn des Gipfeltreffens der Weltmarktführer in Schwäbisch Hall. Ihr Bestreben: Strategieansätze für zukünftigen Erfolg zu diskutieren – und mögliche Partner dafür zu finden.

Ein digitales Industrieunternehmen werden zu wollen ist sicher ambitioniert, jedoch ohne Alternative für uns.“ Frank Stührenberg, Vorsitzender der Geschäftsführung, Phoenix Contact

Wie man erfolgreich wird, das weiß die deutsche Industrie und Wirtschaft. Mit Fleiß und Köpfchen haben sich unzählige Unternehmen den Rang des Weltmarktführers erarbeitet. Dass man sich darauf nicht ausruhen sollte, will man erfolgreich bleiben, dass es vielmehr immer wieder aufs Neue eines Aufbruchs bedarf, ist noch nicht in allen Führungsetagen im Lande angekommen. Die Themenreise von Drees & Sommer setzt dort an und gab sich für 2019 das Motto „Auf zum Außergewöhnlichen“. Der Ort der Auftaktveranstaltung hätte angesichts der Adressaten nicht besser gewählt sein können: Die Teilnehmer trafen sich vor dem Gipfeltreffen der Weltmarktführer im Restaurant „Reber’s Pflug“ in Schwäbisch Hall. Empfangen wurden sie dort von Frank Stührenberg, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Phoenix Contact, dem Hauptsponsor der Themenreise 2019. Stührenberg lieferte sofort Argumente dafür, warum es eine gute Entscheidung war vorbeizuschauen: weil die Themenreise eine wunderbare Ge-

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legenheit ist, sich auszutauschen und Allianzen zu schmieden. Phoenix Contact, Hersteller von Elektro- und Automatisierungstechnik, hat sich auf die Fahnen geschrieben, auch mithilfe von Kollaborationen ein digitales Industrieunternehmen zu werden. „Das ist sicher ambitioniert, jedoch ohne Alternative für uns“, sagte Stührenberg. APPLE UND DAS SCHRAUBENPROBLEM Sein Beispiel: Apple. Der Tech-Gigant hatte 2013 seinen prestigeträchtigen Traum von einem Mac Pro „Made in USA“ begraben müssen. Warum? „Weil es nicht genügend Schrauben gab.“ In „Reber’s Pflug“ rief die Episode Gelächter hervor. Aber die Geschichte geht noch weiter. Apple ließ sein Mac Pro stattdessen in China herstellen. Dort gab es nicht nur genug Schrauben, sondern insgesamt optimale Bedingungen dank einer blendenden Kombination aus Umfang, Können, Infrastruktur und Kosten. Apple-Chef Tim Cook schwärmte lauthals von der Viel-


zahl an hochkompetenten Werkzeugingenieuren im Land der Mitte. China also wieder, das Schreckgespenst, das Deutschland den Rang als Weltmarktführer abtrünnig machen will – und doch nur eines von vielen Problemen wie dem Brexit, den unberechenbaren Beziehungen zu den USA, den neuen Handelskriegen, der Furcht vor einer globalen Rezension und dem weltweiten Erstarken des Populismus darstellt. „Ein bisschen Grund zur Euphorie“ entgegen allen Gute-Laune-Killern wünschte sich die Themenreise-Moderatorin Anke Stadelmeyer daher vom Keynote-Sprecher des Vormittags, Baden-Württembergs Wirtschaftsminister a. D. und Inhaber der Akademie Deutscher Weltmarktführer (ADWM), Dr. Walter Döring, der sich vor Beginn der 9. Auflage des von ihm ins Leben gerufenen Gipfeltreffens der Weltmarktführer Zeit nahm. „Zeitenwende – Europa im Wandel der Zeit“ lautete Dörings Vortrag und er schritt sofort zur Analyse, mit viel Selbstironie und messerscharf. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zitierend sprach er von einer Polykrise, in der sich das untereinander uneinige Europa befinde, und von einer „gravierenden Kräfteverschiebung“ von den G7 zu den E7, also zu China, Indien, Russland, Indonesien, Brasilien, Mexi-

ko und der Türkei, deren Wirtschaftskraft konstant zunimmt, während jene der einstigen Riesen im gleichen Maße sinkt. Dörings Konsequenz: Gerade China dürfe man nicht mit Feindseligkeit begegnen, sondern müsse es mit Offenheit tun. „Die werden die Weltmacht Nummer eins. Jetzt kannst du deswegen mit den Füßen stampfen oder du kannst schauen, dass du mit dabei bist“, sagte er und warb für einen fairen und konstruktiven Umgang miteinander. „Deutschland ist Weltmarktführer geworden, weil wir weltweit ein- und zugekauft haben.“ AMERIKA NICHT WEGEN TRUMP VERTEUFELN „Jetzt dürfen wir nicht losplärren und von einer feindlichen Übernahme sprechen, wenn die Chinesen 70 deutsche Unternehmen kaufen.“ Und auch vor einer Abkehr von den USA als Reaktion auf das Gebaren von Donald Trump warnte Döring. „Das wäre ziemlich töricht. Trump ist nicht Amerika.“ Anlässe zum Optimismus, wie von Anke Stadelmeyer gewünscht, fand der ADWM-Inhaber dennoch. Das JEFTAAbkommen (Japan European Free Trade Association), das größte Freihandelspaket, das die EU je geschlossen hat,

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nannte er „sensationell“ und erfreute sich an seiner enormen Breitenwirkung. Nicht nur die Mercosur-Länder Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay würden nun auf eine Zusammenarbeit mit der EU drängen. „Diese Beziehungen müssen wir schaffen – und die Wirtschaft muss sich anders als bei TTIP positiv dazu bekennen.“ Zumal: Japan bietet sehr gute Voraussetzungen für Investitionen und Kooperationen. Das berichtete Anne Pomsel, die stellvertretende Geschäftsführerin des Deutsch-Japanischen Wirtschaftskreises. „Im Vergleich mit China hat Japan den Vorteil, dass eine technologische Hochentwicklung dort längst an der Tagesordnung ist“, sagte Pomsel.

Weitere Informationen zum Themendialog in Schwäbisch Hall finden Sie hier:

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Den Austausch von Ideen und Erfahrungen beim Start der Themenreise 2019 befeuerten danach auch die Impulsvorträge von Frank Heekerens und Hendrik Staiger. Heekerens, Head of Global Real Estate bei ZF Friedrichshafen, sprach unter dem Titel „Immobilienstrategie 4.0 – wie CREM zukünftig zum Unternehmenserfolg beiträgt“ über die Veränderung des Mobilitätsverhaltens und neue Technologien, die dem ZF-Kerngeschäft zu schaffen machen und Reaktionen verlangen. „Vor der Digitalisierung kannst du dich nur durch Pensionierung drücken.“ „Ge-

schwindigkeit aufzunehmen“ hält Heekerens deshalb für essenziell für das Corporate Real Estate Management. Es gelte, die richtigen Experten rasch am richtigen Ort zusammenzuführen, damit sie neue Produkte schnell an den Markt bringen können. „Ein Topentwickler setzt sich nicht lange in eine Containerbüchse.“ Das CREM müsse also selbst zum Innovator werden. Es müsse sich permanent im Austausch mit dem Topmanagement und allen Stakeholdern befinden und aus der Strategie der Gruppe eine maßgeschneiderte REM-Strategie formen. Hendrik Staiger, der Vorstand für den Bereich Süd und Akquisition Corporate Solutions bei BEOS, startete seinen Vortrag „Einfach umdenkbar – Unternehmensimmobilien im Umbruch“ mit einem anschaulichen Beispiel. Vor 100 Jahren habe es in Berlin 250 Piano-Fabriken gegeben. Heute ist keine mehr davon übrig, die meisten Gebäude stehen aber noch. Wenn Flexibilität und Anpassungsfähigkeit das Gebot der Stunde sei, kämen Unternehmen nicht daran vorbei, entweder einfache und robuste Gebäude zu bauen, die reversibel und wandelbar sind, oder den Eigenanteil ihrer Immobilien zu senken und flexible Mietlösungen anzustreben. „Durch das Mehr an Flexibilität lassen


sich viele Vorteile generieren“, sagte er. Staigers Ansatz bot wie der von Heekerens reichlich Stoff für Diskussionen. DAS GRAS WACHSEN HÖREN Entsprechend lebhaft ging es nach den Vorträgen zu. Man müsse „das Gras wachsen hören“ und so lange Fragen stellen, bis individuell passende Lösungen offensichtlich werden, sagte Markus Abele-Reichle, Head of Corporate Real Estate Management bei Robert Bosch. Auch Mathias Stach, der Geschäftsführer von ASCon Systems, hob hervor, wie wichtig es bei der digitalen Transformation sei, dass sich die internen Fachbereiche eng verknüpfen und die Zielsetzung aufeinander abstimmen. Und was bleibt dem klassischen Mittelstand mit Mitarbeiterzahlen unter 250 Personen, jene Firmen, in denen

„der Chef das Real Estate Management so nebenher macht“, wie es Dr. Wolfgang Seliger, der Geschäftsführer von Leichtbau BW, sagte? „Die brauchen die Großen als Richtungsgeber, weil sie es sich selbst nicht leisten können, etwas aus Verdacht zu machen.“ „Die Zeitenwende erfordert zur Sicherung von Arbeit und Wohlstand Innovation, Innovation und nochmals Innovation“ – mit diesem so einleuchtenden Satz bendete Dr. Döring sein Referat. Am 5. Februar hatten die Teilnehmer der Themenreise bis zum CEOAbend beim Gipfeltreffen der Weltmarktführer noch viel Gelegenheit, sich darüber auszutauschen, was sie verändern müssen, damit ihr Erfolg bleibt – und sie als Unternehmen auch in Zukunft führend sind.

Die Zeitenwende erfordert zur Sicherung von Arbeit und Wohlstand Innovation, Innovation und nochmals Innovation.“ Dr. Walter Döring, Wirtschaftsminister a. D., Akademie Deutscher Weltmarktführer

TEILNEHMENDE UNTERNEHMEN > ADWM

> Leada

> ASCon Systems

> Leichtbau BW

> BEOS

> ManageMentor

> Cisco Systems

> Phoenix Contact

> CoRE Solutions

> Renz Solutions

> Deutsch-Japanischer Wirtschaftskreis

> Robert Bosch

>D rees & Sommer

> Technische Universität Darmstadt

> ebm-papst

> Telekom Deutschland

> EnOcean

> The Document Consulting Group

> Fujitsu

> Vecara

> innogy

> ZF Friedrichshafen

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FLEXIBEL, SICHER, WETTBEWERBSFÄHIG

Special der Themenreise – der ICC von Phoenix Contact

Zu einem Special der Themenreise 2019 luden Phoenix Contact und Drees & Sommer zum Industrial Communication Congress (ICC) ein. In Bad Pyrmont drehte sich an zwei Tagen im März alles um die Chancen der Automation für intelligente Gebäude und smarte Produktion.

Normalerweise steht das beschauliche Städtchen Bad Pyrmont vor allem bei Kurgästen auf der Liste lohnenswerter Reiseziele. Immer dann aber, wenn Phoenix Contact zum Industrial Communication Congress (ICC) ruft, wird Bad Pyrmont zum Zentrum der Diskussion über smarte Gebäudetechnik und wegweisende Industrielösungen. Die 24. Auflage des ICC lockte als Special der Themenreise 2019 zahlreiche Experten unterschiedlicher Unternehmen und Branchen nach Niedersachsen. Ihr Anliegen: sich über die neuesten Technologien für die Automation von Fabriken, Gebäuden und industrieller Kommunikation zu informieren.

Weitere Informationen zum ICC finden Sie hier:

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Der Ort des Kongresses ist nicht ohne Grund Bad Pyrmont. Phoenix Contact eröffnete dort 2017 sein auf 71.000 Quadratmetern entstandenes Industry Solution Center und ging dabei mit gutem Beispiel voran. Es ist ein Musterbeispiel dessen, was im Bereich intelligenter Gebäudetechnologie möglich ist. „Ein intelligentes Gebäude passt sich den Bedürfnissen seiner Nutzer an und schafft so einen hohen Wohlfühl-

faktor bei gleichzeitiger Sicherstellung der Versorgungsprozesse“, sagt Bernhard Tillmans, Global Industry Manager bei Phoenix Contact. Die 1500 Mitarbeiter des Unternehmens im Industry Solution Center können sich auf modernste Technik hinter dem Gebäudemanagement verlassen. WERKSBESICHTIGUNG MIT AHAEFFEKT Wie das in der Praxis aussieht, erlebten die Teilnehmer des ICC bei einer Werksbesichtigung unter dem Titel „Building IoT und Industrie 4.0“. Entsprechend stolz und selbstbewusst präsentierte sich Frank Stührenberg, der CEO von Phoenix Contact, bei seiner Begrüßung. Smart Buildings markierten aber nur einen Teil des Austausches auf dem Kongress, ein zweiter widmete sich der Factory Automation. Die Teilnehmer spürten außerdem der Frage nach, welche Synergien sich aus beiden Themenkomplexen gewinnen lassen, sprich: was intelligente Produktion und smarte Gebäudetechnik voneinander lernen können. Die Fachvorträge des ICC bil-


L A I C SPE deten das ganze Spektrum der Debatte ab. Aktuelle Handlungsfelder aus der Industriebranche kamen genauso zur Sprache wie smarte Lösungen fürs Energiemanagement und Customized Smart Buildings mit ihrem maximalen Eingehen auf bekannte und noch nicht bekannte Wünsche der Kunden. AM ANFANG STEHEN DIE BEDARFE Die auf die Vorträge folgende Podiumsdiskussion machte erneut klar: Die Digitalisierung bietet weitere Potenziale zur nachhaltigen Optimierung von Produktion und Gebäude. Um diese Potenziale zu heben, ist es jedoch wichtig, Bedarfe frühzeitig zu analysieren und Immobilien flexibel zu planen und zu bauen. Nur so lässt es sich vermeiden, bei kurzfristigen Anpassun-

gen unnötige Kosten zu produzieren und viel Zeit zu verlieren. Dass der 24. Industrial Communication Congress seinem Charakter als Plattform für Information und Kommunikation gerecht wurde, war unter anderem Tobias Schrödel zu verdanken. Der IT-Comedian lockerte die Atmosphäre mit seinem Abendprogramm „Euphorie oder Apokalypse – was bringt das Internet der Dinge?“ Freilich bezog sich Frank Schnitzler nicht in erster Linie auf ihn, als der Experte für ICT bei Drees & Sommer ein positives Fazit des ICC und seiner lebhaften Diskussionen zog. „Wir haben in Bad Pyrmont einige gute Impulse zum Beispiel für das bei Smart Buildings enorm wichtige Thema Cyber-Security erhalten“, sagte Schnitzler.

AUSZUG TEILNEHMENDER UNTERNEHMEN > Audi > Isringhausen > Cisco Systems > Drees & Sommer > Elplan > EnOcean > Formations Group > Gritworld > Hörburger > Kuka Deutschland > Publish-Industry Verlag > RWTH Aachen > synavision > Trilux Vertrieb > Zukunftsallianz Maschinenbau

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WIR BRAUCHEN EINE ANDERE EINSTELLUNG ZUM SCHEITERN INTERVIEW MIT DIRK AHLBORN, DEM MITBEGRÜNDER UND CEO DER HYPERLOOP TRANSPORTATION TECHNOLOGIES INC. UND STREITER FÜR EINE NEUE FORM UNTERNEHMERISCHEN DENKENS

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„WIR HÄNGEN AN EINEM FALSCHEN KONZEPT DER PRIVACY.“

HYPERLOOP TRANSPORTATION TECHNOLOGIES INC.

> Tesla-Visionär Elon Musk stellte das Hyperloop-Konzept im Sommer 2013 in einem Whitepaper vor, sah sich zeitlich aber selbst nicht in der Lage, es umzusetzen. > Die Hyperloop Transportation Technologies Inc. (Hyperloop TT) mit Sitz im kalifornischen Culver City bat darum, in die Bresche springen zu dürfen, und bekam die Freigabe. > In Konkurrenz zu mehreren anderen Initiativen arbeitet Hyperloop TT daran, das Hochgeschwindigkeitskonzept zu realisieren. > Hyperloop TT setzt auf Schwarmintelligenz und lädt kluge Köpfe und Weltverbesserer auf der ganzen Welt ein mitzuwirken.

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DREES & SOMMER (DS): Herr Ahlborn, erklären Sie uns doch bitte zunächst, was der Hyperloop ist. DIRK AHLBORN (DA): Stellen Sie sich eine Kapsel mit Passagieren vor, die in einer Röhre schwebt und sich sehr, sehr schnell von einem Punkt zum anderen bewegt. In der Röhre herrscht eine Umgebung mit niedrigem Druck, Vakuumpumpen saugen die Luft heraus. Das ist so, als würde ein Flugzeug in etwa 30 Kilometern Höhe fliegen. Wir benötigen in der Röhre sehr wenig Energie und produzieren durch regeneratives Bremsen im Idealfall sogar mehr als wir verbrauchen. DS: Ein schnelles, alternatives Transportmittel also? DA: Ja. Bei mir zu Hause in Los Angeles entscheiden wir abhängig von unserem Wohnort, wo wir arbeiten oder mit wem wir uns verabreden. Wenn der Arbeitsplatz oder der potenzielle Lebenspartner am anderen Ende der Stadt beheimatet ist, wird es wahrscheinlich nicht funktionieren. Mit Hyperloop könnten Sie zum Beispiel in Hannover leben, weil es Ihnen dort gefällt, aber in Berlin und München arbeiten. Das ist der eine Punkt. Dann schauen Sie sich die Probleme mit der Luftverschmutzung an. Sie müssen dazu nicht nach China oder nach Indien blicken. Auch in Mitteleuropa ver-

lieren Sie im Schnitt 14 Monate an Lebenserwartung wegen verpesteter Luft. Natürlich trifft den Personen- und den Güterverkehr da nur eine Teilschuld, aber offensichtlich ist die groß genug, dass Regierungen weltweit Regulierungen erarbeiten, um den Transport umweltfreundlicher zu machen. „Auch in Mitteleuropa verlieren Sie im Schnitt 14 Monate an Lebenserwartung wegen verpesteter Luft.“

DS: Und das ist auch das Bestreben von Ihnen? DA: Ja, aber nicht nur, weil wir grün sein wollen, sondern weil wir rentabel sein müssen. Es gibt auf der ganzen Welt fast ausnahmslos keine Bahngesellschaft, die profitabel arbeitet, nahezu alle sind auf staatliche Subventionen durch Steuerzahler angewiesen. Selbst die New Yorker Metro, eine der meistgenutzten der Welt, macht jedes Jahr 2,2 Milliarden Euro Verlust. Hongkong ist das einzige Positivbeispiel, aber das liegt daran, dass der Betreiber der U-Bahn dort genau genommen eine Immobilienfirma ist, da ihm die Hochhäuser auf den U-Bahn-Stationen gehören. Aber das ist ein entscheidender Punkt: Du musst dir als Unternehmer überlegen, wie du dein Geschäftsmodell so ausrichtest, dass du Geld verdienst.


DS: Sie bezeichnen die von Ihnen mitgegründete Hyperloop Transportation Technologies, Inc. nicht als Unternehmen, sondern als Bewegung, bei der Sie sich Crowdsourcing bedienen, also mit vielen Experten aus aller Welt zusammenarbeiten, ohne dass die Ihre Angestellten sind. Welcher Gedanke stand dahinter? DA: Es gab schon einige Bemühungen, so etwas wie einen Hyperloop zu etablieren. Eine der ersten und ernsthaftesten schon 1870 in New York mit Holzkapseln, die durch einen Druckunterschied bewegt wurden. Oder in den 90er-Jahren mit Swissmetro in der Schweiz. All die Projekte sind gescheitert. Swissmetro, weil sie zu teuer war. Unserer Meinung nach aber vor allem, weil keine echte Bewegung dahinterstand. Als Elon Musk 2013 seine Hyperloop-Idee vorstellte, arbeitete ich gerade mit anderen zusammen an einem neuen Weg, Unternehmen in Gang zu bringen. Heutzutage machen wir ja fast alles online. Du kannst dich sogar online scheiden lassen. Aber Firmen gründen wir noch immer hauptsächlich offline. Ich war schon immer ein Fan von Open Source und der Idee, über das Internet die besten Leute zusammenzubringen, ohne dass es zum Problem wird, wenn der eine in Unterpfaffingen lebt und der andere in Tokio. Wir haben also weltweit nach Menschen gesucht, die sich gegen Aktienoptionen verpflichteten, zehn Stunden pro Woche für uns zu arbeiten. Inzwischen haben wir mehr als 800 Mitstreiter und 50 beteiligte Unternehmen. Wir haben physische Standorte an mehreren Orten und arbeiten über das Internet. Deswegen nennen wir uns glokal, global und lokal zugleich.

DS: Sie haben sich also bei der Umsetzung Ihrer Philosophie die Digitalisierung zunutze gemacht? DA: Absolut. Wir haben erstaunliche Leute dabei, von denen einige auf ihrem Feld führend sind und an die Sie normalerweise nicht rankommen. Ein richtig guter Ingenieur der NASA würde nie Vollzeit zu uns kommen. Aber zehn Stunden pro Woche in seiner Freizeit, da ist er dabei. Wir müssen also niemanden extra einstellen, der sich mit Vakuums auskennt, und wir mussten auch keinen neuen Weg finden, eine Kapsel zu bauen. Wir haben mit den Menschen und mit den Unternehmen zusammengearbeitet. Dazu brauchst du natürlich eine Struktur, du brauchst jemanden, der die einzelnen Teams managt, und du solltest dafür sorgen, jeden Meilenstein zu feiern und ihn der Öffentlichkeit mitzuteilen. So motivierst du deine Leute und bringst die Bewegung immer stärker ins Rollen. DS: Die Themenreise 2019 steht unter dem Motto „Auf zum Außergewöhnlichen“. Wenn wir an Mobilität bei uns denken, sind wir zwar vermeintlich innovativ. Trotzdem bräuchten wir viel mehr Schwung. Sie haben einmal kundgetan, wir seien ein Standort der Nein-Sager. Wie kommen wir vom Nein zum Ja? DA: Wir sind einfach so. Wenn man sich die Presse in Deutschland anschaut, liest man kaum Positives und wenn man es liest, glauben es die Menschen nicht. Wir müssten erst unsere Kultur ändern, um das zu schaffen. Dazu braucht es die jungen Leute. Und eine andere Einstellung zum Scheitern. Wenn Sie in Deutschland etwas versuchen und es gelingt nicht, bekommen Sie das vorgehalten, wahrscheinlich für immer.

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DS: Sie wünschen sich eine andere Fehlerkultur? DA: Ja, wir sind nicht so schlimm wie Japan, wo es praktisch keine Startup-Kultur gibt, weil zu scheitern das Schlimmste ist, was einem passieren kann. Aber der Transrapid ist meiner Ansicht nach ein gutes Beispiel. Jedes Mal, wenn ich in Deutschland über Hyperloop spreche, kommt die Rede auf den Transrapid, obwohl er gar nichts mit uns zu tun hat. Ich habe mich mit dem Thema beschäftigt und verstehe nicht, warum der Transrapid bei uns so negativ bewertet wird. Für mich persönlich war er ein Erfolg. Da hat man in den 70er-Jahren etwas gebaut, das, von ein paar Problemen abgesehen, super funktionierte, nur viel zu teuer war. Es gab einen schweren Unfall, aber der hatte nichts mit der Technologie zu tun. Da stand ein Besenwagen auf der Strecke. In Shanghai haben sie den Transrapid gebaut und dort fährt er. Man hätte auch hier weitermachen müssen und herausfinden, wie wir das Ganze günstiger hinkriegen, statt von einem einzigen großen Fehler zu sprechen. Ich vergleiche das mit einem Kleinkind, das laufen lernt. Das fällt anfangs auch mehrmals hin, ohne gleich aufzugeben.

FREE

In Dirk Ahlborns Vision ist Mobilität in Zukunft kostenlos.

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DS: Der frühere baden-württembergische Wirtschaftsminister Dr. Walter Döring hat bei unserer Themenreise nach Schwäbisch Hall vor dem Gipfeltreffen der Weltmarktführer eine Keynote gehalten und dabei Deutschland den USA und China gegenübergestellt. Was müssen wir ändern, um im Vergleich zu den beiden Innovationshäuptlingen, die ja eine ganz andere Dynamik haben als wir, nicht weiter an Boden zu verlieren? DA: Da gehören viele Dinge dazu, angefangen beim Thema Daten. Wir hängen an einem falschen Konzept

der Privacy. In Deutschland haben die Firmen fast gar keine Möglichkeit, mit Daten zu arbeiten. Selbst wenn ich sage: Hier, ich möchte, dass du meine Daten hast, zum Beispiel für die Krebsforschung, geht das teilweise nicht. Ich persönlich gebe gerne meine Daten ab, wenn Werbung dadurch gezielter wird und ich nicht 20 Werbeanzeigen für Tampons sehe. Aber es geht bei dem Thema ja in Wirklichkeit um viel, viel mehr. Künstliche Intelligenz oder maschinelles Lernen zum Beispiel und alles, was dazu gehört. Die künstliche Intelligenz wird besser, je mehr Daten sie bekommt. Deutschland hat im Digitalen den Zug leider nicht bekommen. Und wenn nicht bald etwas passiert, wird das noch schlimmer. Ich werde oft gefragt: Wie können wir in Deutschland Silicon Valley nachbauen? Aber das funktioniert gar nicht. „Wenn Sie in Deutschland etwas versuchen und es gelingt nicht, bekommen Sie das vorgehalten.“ DS: Weil unsere DNA eine andere ist. DA: Genau. Aber man könnte eine Krypto-Valley aufbauen oder eine CarValley. Für den Bereich Mobilität ist Deutschland ja prädestiniert. Das Problem ist, dass du hier diese Riesenfirmen hast, die Angst haben und meinen, sich schützen zu müssen. Da sitzen Vorstände, die nach Leistung bezahlt werden. Wenn die den großen Wandel einläuten, bringt ihnen das gar nichts. Da geht der Aktienkurs sogar runter. Was in zehn Jahren passiert, interessiert so einen Vorstand theoretisch gar nicht. Da ist er ja nicht mehr da. Solange die Zahlen stimmen und sie Geld verdienen und die Kurse gut aussehen, fragen sich die Vorstände: Warum sollte ich da jetzt reininvestieren und Probleme machen?


DS: Was würden Sie sich im Kontext von Hyperloop für Deutschland wünschen? DA: In meiner Vision ist Mobilität in Zukunft umsonst, finanziert durch Daten und Services. Ich habe mich da mit mehreren Autoherstellern unterhalten, aber die sehen das nicht. DS: Die alten Riesen vielleicht nicht, aber die Neuen doch schon, oder? DA: Nicht einmal die unbedingt. Das Letzte, was ich in zehn Jahren sein will, ist ein Autohersteller. Wenn Mobilität wirklich umsonst ist, geht es für die große Masse entweder darum, schnell zu sein oder etwas anderes zu haben. Genau daran arbeiten wir mit unserem Konzept. Daran, alle gemeinsam auf einer Plattform zusammenzubringen, mit den Daten von Passagieren zu kombinieren, über die jeder die Kontrolle behält, und dann Services und Innovationen anzubieten, im Prinzip wie bei einem App-Store. DS: Und wie sieht Ihre Vision der Mobilität in 30 Jahren aus? Haben wir dann

überall auf unserem Planeten ein Netz von Hyperloops? DA: Das sowieso. Aber der Hyperloop ist ja nur ein Teil der Technologie. Vieles, was wir für den Hyperloop entwickeln, wird dann ins Auto gehen, ins Flugzeug und in den Zug. Wir haben den großen Vorteil, dass es bisher keinen Hyperloop gibt. Das heißt, es gibt auch kein Regelwerk. Das bedeutet zwar, dass wir alles selbst schreiben müssen, aber wir müssen auch nicht dasitzen und sagen: Nee, das geht nicht. Wir haben ein blankes Blatt Papier und überlegen uns, wie es idealerweise aussehen sollte. DS: Wann werden wir den Hyperloop erleben? DA: Wir haben Partnerschaften in unterschiedlichen Ländern und mehrere Eisen im Feuer. Es dürfte noch grob drei Jahre dauern, bis der Hyperloop in Abu Dhabi implementiert ist. Wenn er dann fährt, wäre das die Antwort an alle, die gesagt haben: Das ist nicht möglich.

Interview-Teilnehmer: Dirk Ahlborn, Hyperloop Transportation Technologies Inc., Michael Heinemann, PHOENIX CONTACT E-Mobility GmbH, Götz Schönfeld, Drees & Sommer

DIRK AHLBORN

Der gebürtige Berliner Dirk Ahlborn, Jahrgang 1976, machte zunächst eine Ausbildung zum Bankkaufmann, suchte sich aber schon mit 19 eine neue Herausforderung. Zuerst arbeitete er in Italien, dann zog es ihn in die USA. Seit 2013 ist er CEO der in Kalifornien gegründeten Jumpstarter Inc., eines Unternehmens, das Start-ups berät und mithilfe von Crowdfunding und Crowdsourcing neue Technologie versucht zu entwickeln. 2013 war Ahlborn Mitbegründer der Hyperloop Transportation Technologies Inc., als deren CEO er seitdem fungiert.

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DIE ZEICHEN DER ZEIT Themendialog 2019 in Hannover

„Get new technology first“ lautet das Versprechen der Hannover Messe. Das Schlagwort passt für die Themenreise wie die Faust aufs Auge. Über „Energie im industriellen Kontext“ diskutierten ihre Teilnehmer auf der Messe, ganz konkret: über clevere Quartiersentwicklungen und Wasserstoff als Treibstoff für die Zukunft.

6500 Aussteller, mehr als 220.000 Besucher, 1400 Einzelveranstaltungen – die Hannover-Messe ist der Treffpunkt schlechthin für Wirtschafts- und Industrievertreter, die wissen wollen, welcher Weg in die Zukunft führt. Einer von ihnen, Götz Schönfeld, Head of Business Transformation und Network Management bei Drees & Sommer, schnappt sich am Nachmittag des 3. April das Mikrofon, um am Stand des Tech Transfer Forums in Halle 2 den interdisziplinären Messedialog der Themenreise 2019 zu starten. Schönfeld ist davon überzeugt: Den richtigen Weg in die Zukunft finden Unternehmen nur, wenn sie sich von alten Denkmustern verabschieden und neuen Spuren folgen. Und: wenn sie bereit zum Austausch sind. Dazu, Erfahrungen und Erkenntnisse zu teilen. Die Teilnehmer des Messedialogs sind das. Sie erhoffen sich neue Impulse zu ganzheitlich gedachten Stadt- und Industriequartieren, also einer Blue City, wie Drees & Sommer sein Konzept dazu nennt, und zu einer Green-Energy-Vision mit H2-Mobilitätskonzepten. Der Nachmittag soll zeigen: Vermeintliche

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Gegensätze im Spannungsfeld aus Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit lassen sich lösen – mit lohnenswerten Folgen. IN BAD VILBEL ENTSTEHT ZUKUNFT Ein Zukunftsprojekt, das dies belegt und von Mut und Zukunftsorientierung zeugt, ist das SpringPark Valley der Berliner Unternehmensgruppe CESA in Bad Vilbel nahe Frankfurt, das Gregor Grassl, der Teamleiter Blue City bei Drees & Sommer, vorstellt. Es verstehe die Stadt als Netzwerk, in dem alles miteinander zusammenhängt, und es sei geprägt durch einen Entwickler, der gleichzeitig Betreiber ist und einem konsequenten Konzept folgt. Nutzer schließen keine langwierigen Mietverträge für Gebäude ab, sondern buchen Arbeitsplätze oder Übernachtungsmöglichkeiten, bei Bedarf beides. Das Sharingprinzip erstreckt sich über den ganzen Campus, entsprechend flexibel muss das Quartier sein. Per App soll alles zu regeln sein, dank Smart Data und künstlicher Intelligenz. Sektorkopplung durch Blockchain ist


ein weiterer Baustein. Sie kommt dem Consumer zugute und bindet den Prosumer ein – Nachbarn etwa, die per Fotovoltaik Strom erzeugen und ihn ins Quartiersnetz einspeisen. „Für die Planung ist das natürlich eine Riesenherausforderung“, sagt der Technikexperte Grassl und jede Faser seines Körpers zeigt, wie sehr ihn diese Herausforderung reizt, für wie groß er die Chancen des Aufwands hält. Nicht nur, weil es der Nachhaltigkeit dient, sondern weil es einen echten Gewinn darstellen kann, für Projektentwickler und -betreiber genauso wie für Nutzer. Herausforderungen durch die generelle Transformation des Energiesystems widmet sich Jens Krummeich, der Head of Vertical Market Management Energy beim Themenreise-Partner Phoenix Contact. In seinem Impulsvortrag über den „Hunger nach Energie“ geht er zunächst 100 Jahre zurück und schildert, wie das erste Wasserkraftwerk in der Eifel, damals zunächst als Teufelszeug verschrien, innerhalb kurzer Zeit nicht mehr bedarfsgerecht war.

Und heute? Da werden Durst und Hunger immer gewaltiger, da würden die E-Mobilität und die fortschreitende Digitalisierung mehr und mehr Effizienzanstrengungen verlangen. Dabei im Fokus: nachhaltige Energiequellen. Anfang 2019 konnte die Politik verkünden, der Anteil regenerativer Energie in Deutschland liege bei 38 Prozent. „Das“, findet Krummeich, „klingt erst mal nicht so schlecht.“ Betonung auf „erst mal“. Anhand von Schaubildern zeigt der Energietechniker gewaltige Schwankungen in Tagesverläufen und macht deutlich, was passiert, wenn Stromerzeugung und Stromverbrauch nicht im Einklang sind. EIN KONZEPT FÜR DEN AUSSTIEG Den 336 Seiten starken Abschlussbericht der Kohlekommission hat er auf einer PowerPoint-Folie zusammengefasst. Titel: Die Roadmap des Ausstiegs. Den geplanten Wegfall von zwölf Gigawatt Nettoleistung durch Kohle am Markt im Jahr 2022 hebt er hervor, zumal in dem Bericht unerwähnt bleibt, dass zu diesem Zeitpunkt

Für die Planung ist das Sharingprinzip natürlich eine Riesenherausforderung.“

Gregor Grassl, Senior Projektpartner, Drees & Sommer

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Der vermeintliche Widerspruch zwischen Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit lässt sich auflösen.“ Dr. Michael Krumpholz, Geschäftsführer, E.ON Energy Solutions

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auch weitere zehn Gigawatt Kernenergie wegbrechen sollen. Zum Glück gibt es Reserven. „Sie müssen sich keine Sorgen machen, dann keinen Strom mehr daheim zu haben“, beruhigt Krummeich. Und dennoch: ein schlüssiges Gesamtkonzept für netzdienliches nächtliches Laden, Speicher und Smart-Home-Systeme ist für ihn unumgänglich. Weil keiner prophezeien könne, was passiere, wenn regenerative Energien Strom liefern sollen, es aber zu einer Dunkelflaute kommt, ohne Sonne und ohne Wind. Dass nur ganzheitliche Lösungen die Versorgungssicherheit in Deutschland dauerhaft bewahren, steht auch für Dr. Michael Krumpholz, den Geschäftsführer der E.ON Energy Solutions GmbH, außer Frage. In seinem Impulsvortrag „Forward to Zero – Moderne, integrierte Quartiersentwicklung“ blickt er über den Tellerrand hinaus, schaut ins schwedische Malmö, das bis 2030 komplett CO2-frei sein will und wo im Stadtviertel Hyllie ein nationales

Leuchtturmprojekt entsteht. Er schaut nach Kopenhagen, wo rund 1000 E-Carsharing-Fahrzeuge im Betrieb sind. Er schaut aber auch nach Berlin, wo E.ON gemeinsam mit den Berliner Stadtwerken ein neues Quartier auf dem Areal des Flughafens Tegel entwickeln wird – und von den Erfahrungen aus Skandinavien profitieren will. Den Wandel weg von getrennten, fossilen Strom-, Wärme- und Verkehrssystemen zu gekoppelten, nachhaltigen Systemen sieht Krumpholz mit zwei Herausforderungen verbunden: technologische Neuerungen nutzbar zu machen und sich von ständig veränderten politischen Rahmenbedingungen nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Seine Lösung: dezentrale Systeme der Energieerzeugung und kooperative Anstrengungen von Energieversorgern, Projektentwicklern und Gebäudenutzern. Auch er beharrt darauf: „Der vermeintliche Widerspruch zwischen Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit lässt sich auflösen“ – wenn man Geschäftsmodelle klug umstelle.


„Wir brauchen also mehr frische Ideen“, schließt die Moderatorin Anke Stadelmeyer von Drees & Sommer daraus und will von ihren Experten wissen, wer gefordert sei voranzuschreiten. „Es bräuchte deutliche Impulse von der Politik“, antwortet Michael Krumpholz und verweist erneut nach Skandinavien, wo der Druck von außen die Industrie zu ihrem Glück zwinge. Jens Krummeich sieht das ähnlich. Er fordert stärkere wirtschaftliche Anreize durch die Politik, die Transformation sei schließlich teuer. Als Weltmarktführer für elektronische Verbindungselemente aller Art ist Phoenix Contact in vielen Gremien und in der Verbandsarbeit aktiv, um Überzeugungsarbeit zu leisten. Das Problem: „Politiker verstehen uns technisch argumentierende Elektrotechniker einfach nicht immer.“ Krummeich sagt das mit einem selbstironischen Schmunzeln. Das Angebot zur Kooperation der technischen Experten an die Immobilienentwickler aber kommt an. WIE GUT IST DER STATUS QUO? „Ich teile Ihre Meinung total“, sagt Hendrik Staiger von Beos, was Michael Krumpholz kurz darauf zu einer Klarstellung motiviert. „Wir sollten nicht ins Jammern verfallen. Es geht schon verdammt viel im Hier und Jetzt, gerade in den Projekten, in denen die Bereitschaft der Entwickler da ist.“ Gregor Grassl ist das freilich nicht genug. „Es läuft in der Immobilienbranche so gut wie lange nicht mehr. Darauf ruhen wir uns aus“, sagte er und folgert: „Vom großen Vorzeigeland Deutschland sind wir weit entfernt. Dabei könnten wir viel mehr, nicht nur in einzelnen Leuchtturmprojekten, sondern in der großen Masse.“ Diese Überzeugung markiert den perfekten Übergang zum zweiten Panel des interdisziplinären Messedialogs. Denn Thomas Stiede, zuständig für

Prozessverbesserung und Qualitätsmanagement bei der BMW Group, und Dr. Markus Treiber von Drees & Sommer sind nach Hannover gekommen, um möglichst vielen von einem Leuchtturmprojekt zu berichten, das sich gut übertragen ließe. Zu Beginn ihres Vortrags „Green Energy Vision – Zukünftiger Bedarf an Wasserstoff in der Werkslogistik“ steht ein Zitat von Jules Verne aus dessen 1870 erschienenem Roman „Die geheimnisvolle Insel“. Darin heißt es: „Das Wasser ist die Kohle der Zukunft. Die Energie von morgen ist Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist. Die so zerlegten Elemente des Wassers, Wasserstoff und Sauerstoff, werden auf unabsehbare Zeit hinaus die Energieversorgung der Erde sichern.“

Wir brauchen mehr frische Ideen für vernetzte Geschäftsmodelle. Anke Stadelmeyer, Head of Business Development, Drees & Sommer

Stiede und Treiber geht es vorerst nicht um die gesamte Erde, sondern „nur“ um die Logistik eines BMW-Werks in Leipzig. Dort stellte sich der Automobilhersteller die Frage, wie er den Einsatz seiner Flurförderfahrzeuge effizienter und günstiger gestalten kann. Die waren bis dato batteriebetrieben, was nicht nur wegen der gestiegenen Energiekosten Kopfzerbrechen bereitete, sondern auch wegen der langen Ladezeiten in einer separaten Halle – und der damit verbundenen Prozesszeitverluste. Unterstützt von der Linde AG und von Drees & Sommer kam BMW zum Wasserstoff. DIE TESTLÄUFE ÜBERZEUGEN Zwei Testläufe mit Brennstoffzellen bei einem Teil der Flotte waren so erfolgreich, dass BMW in den kommenden Jahren seine komplette Flotte umrüsten möchte – und das Konzept auf andere Werke ausrollen wird. Warum erklären Stiede und Treiber sowie später Patrick Topar von der Linde Hydrogen FuelTech GmbH. BMW stellte einen Dispenser von Linde, also eine Wasserstofftankstelle, in ihre Halle. „Wir konn-

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Bei den Wasserstofftankstellen haben wir ein Henne-Ei-Problem.“ Thomas Stiede, Logistikplaner, BMW Group

ten dort tanken, wo die Fahrzeuge fahren“, sagt Stiede. Und dieses Tanken geht schneller als eine Zigarettenpause – 1,5 Minuten im Vergleich zu sechs bis zehn Stunden Batterieladen. Den von der Kapazität ohnehin begrenzten separaten Laderaum spart sich BMW. Inzwischen sind drei Dispenser im Einsatz, ein vierter soll bald folgen. Und um seinem Nachhaltigkeitsanspruch gerecht zu werden, nutzt der Automobilhersteller grünen Wasserstoff, den er zukünftig über eine Green-Gas-Produktion zu 100 Prozent auf dem Werksgelände herstellen will – mithilfe einer noch zu errichtenden PV-Anlage oder bereits vorhandener Windräder. „Diese On-Side-Produktion ist sinnvoll und technologisch völlig problemlos möglich“, erläutert Markus Treiber. Die Wasserstoffproduktion lässt sich so meistern, dass ein Ausfall praktisch ausgeschlossen ist. Im Notfall hilft ein externer Einspeisepunkt. Schlussfolgerung: Die Technik ist reif für den Werkseinsatz im industriellen Umfeld. Der Testballon von Leipzig ist der erste in Deutschland. DIE POSITIVEN EFFEKTE VON H2 Linde – und auch BMW – haben aber bereits in einem Werk im US-amerikanischen Spartanburg gute Erfahrungen mit Wasserstoff in der Intralogistik gemacht, ebenso wie Coca-Cola in Charlotte. Patrick Topar kann also guten Gewissens sagen, dass Wasserstoff die Produktivität steigern und gleichzeitig die Kosten und CO2-Emissionen senken kann – Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit in einem. In Asien und den USA sei Wasserstoff als Treibstoff längst ein aufstrebender Markt, „speziell in Kalifornien“, verrät

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Topar. Linde will die Technologie aber auch hierzulande voranbringen, produziert und distribuiert vertankbaren Wasserstoff und baut Dispenser, von der kleinen für die Intralogistik bis zur großen in Bremervörde in Niedersachsen, an der Züge vom kommenden Jahr an bis zu 1,8 Tonnen Wasserstoff pro Tag tanken können sollen. Für Privat-Pkw sieht es momentan noch mau aus. MIT TECHNOLOGIE GEGEN VORURTEILE Linde ist bestrebt, deutschlandweit bald 100 Wasserstofftankstellen aufgestellt zu haben, die Automobilbranche produziert aber noch nicht in Serie die entsprechenden Autos. „Ein Henne-Ei-Problem“, sagt BMW-Vertreter Thomas Stiede. Eines, das sich bald auflösen wird? „Was kann man gegen diese weit verbreitete gesellschaftliche Meinung tun, Wasserstoff sei gefährlich, Batterie sei gefährlich, deswegen fahren wir lieber Benziner und Diesel weiter“, will Philipp Fischer von Denso Automotive aus dem Publikum wissen. Die Antwort von Markus Treiber: „Je besser die Technologie im Kern ist, desto größer sind die Chancen.“ LED sei anfangs auch verschrien gewesen und habe sich dann durchgesetzt. „Der Wasserstoff bringt so viele Vorteile mit sich. Die Ängste werden verblassen.“ Nur wann? Das können die Beteiligten nicht beantworten, schon gar nicht an diesem Nachmittag. „Wir sind am Ende unserer Diskussion, aber am Anfang der Zukunftsgestaltung“, sagt Götz Schönfeld – und lädt zu einem Gläschen Wein zum Ausklang am Dispenser-Prototypen, den Linde mitgebracht hat. Der Messedialog geht zu Ende. Miteinander austauschen sollen sich die Teilnehmer weiterhin.


Weitere Informationen zum Themenforum auf der Hannover Messe finden Sie hier:

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INNOVATION BRAUCHT EINEN LANGEN ATEM INTERVIEW MIT DR. WERNER PONIKWAR, MANAGING DIRECTOR DER LINDE HYDROGEN FUELTECH GMBH, ÜBER WASSERSTOFF ALS TREIBSTOFF FÜR DIE ZUKUNFT

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LINDE HYDROGEN FUELTECH GMBH

> Ist eine Tochtergesellschaft der Linde AG mit Sitz in Wien und Pullach und nahm im März 2019 ihren Geschäftsbetrieb auf. > Ihr Ziel: im Verbund mit der Automobilindustrie die WasserstoffInfrastruktur vor allem in Westeuropa zu verbessern. > Orientiert sich aber auch nach Nordamerika, China und Japan. > Technologische Schlüsselelemente sind der ionische Kompressor IC 90, der die Energie- und Kosteneffizienz von Wasserstofftankstellen erheblich verbessert, und eine in Pullach entwickelte kryogene Wasserstoffhochdruckpumpe, kurz Kryopumpe. Sie basiert auf der direkten Verdichtung von tiefkaltem, bei minus 253 Grad Celsius flüssig gelagertem Wasserstoff.

„INNOVATION BRAUCHT EINEN LANGEN ATEM“ Drees & Sommer (DS): Herr Ponikwar, als wir uns zum Abschluss der Themenreise 2018 auf Zeche Zollverein in Essen trafen, hatten wir Tobias Grün von Schacht One zu Gast, dem ausgegliederten Digitalunternehmen der Franz Haniel & Cie. GmbH. Er erzählte uns, dass Schacht One nie funktioniert hätte, wenn es Teil des Mutterschiffs gewesen wäre, weil ihr Start-up dann untergegangen wäre. Sie haben sich bei der Linde Hydrogen FuelTech GmbH gesagt: Wir können uns parallel zum Kerngeschäft entwickeln. Gab es da gar keine Konflikte? Dr. Werner Ponikwar (WP): Erstaunlicherweise nicht, nein. Wir werden als wertvolles Partikelchen gesehen, das für viele andere interne Geschäfte interessante Vehikel liefern kann, um zum Beispiel Gas zu verkaufen. Wir gelten also nicht als Spinner, die etwas völlig Irrelevantes für das Kerngeschäft machen, sondern als wichtiger Teil einer gesamten Wertschöpfungskette. Da kommt es uns zugute, dass der Markt zurzeit sehr stark über Technologie funktioniert, man sich als großer Konzern also gut positionieren und den Markt ein Stück weit mitformen kann. DS: Sie leben den Start-up-Gedanken und wollen als Unternehmen beweglich und schnittig sein. Wie wichtig ist es dennoch für das Schnellboot, das Sie führen, den großen Tanker hinter sich zu wissen?

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WP: Eminent wichtig. Start-ups stoßen ja häufig an Ressourcenprobleme, entweder beim Personal, wenn sie sehr schnell wachsen, oder bei den Finanzen. Wir haben es in den Griff bekommen, kein Geld zu verbrennen, und verfügen über einen schönen Ressourcenpool beim Personal, könnten uns also bei Bedarf schnell ein paar Leute vom Tanker ausleihen. „Mitte der 80er-Jahre haben wir mit BMW die ersten Versuche mit Flüssigwasserstoff und Verbrennungsmotoren unternommen, die damals leider gescheitert sind.“

DS: Wir könnten uns vorstellen, dass das vor allem im tiefentechnologischen Bereich enorm hilft, da es ja doch eine gewisse Zeit braucht, das nötige Knowhow zu entwickeln. WP: Genau, wir haben ja schon eine relativ lange Reise hinter uns. Mitte der 80er-Jahre haben wir mit BMW die ersten Versuche unternommen mit Flüssigwasserstoff und Verbrennungsmotoren, die damals leider gescheitert sind. Wir haben diesen Weg trotzdem nie verlassen, weil wir ihn immer als richtig und hochattraktiv empfunden haben. Im Rahmen unseres normalen Innovationsprozesses haben wir die Verdichtertechnologien entwickelt, die es braucht, um Wasserstoff effizient vertanken zu können, vor allem wenn er gasförmig ist. Wir haben unsere


Verflüssigungstechnologien verbessert und darauf basierend Systeme entwickelt, die aus flüssigem Wasserstoff vertankbaren gasförmigen Hochdruckwasserstoff erzeugen. Diese Reise ist jetzt 15 Jahre alt, was zeigt, welch langen Atem man braucht. Da hilft der Tanker im Hintergrund natürlich, wenn der Konzern über das kleine Pflänzchen sagt: Das ist ja interessant, das gießen wir jetzt ein bisschen. DS: Das passt zum Thema unserer Themenreise „Auf zum Außergewöhnlichen“. So eine Unternehmenskultur, ein Vertrauen in die Zukunft und eine Risikobereitschaft braucht es, um dranzubleiben und Angestoßenes nicht bald wieder aufzugeben. WP: Absolut. Sie brauchen visionär denkende Vorstände so wie Wolfgang Reitzle bei uns, der stets daran geglaubt hat, dass Wasserstoff die Zukunft ist, und er wollte, dass wir da in der Lage sind mitzuspielen. DS: Sie sind Marktführer für den Bau von Wasserstofftankstellen und bei Wasserstoffbetankungslösungen. Was braucht es, um wettbewerbsfähig zu bleiben? WP: Was wir derzeit und nun schon seit einigen Jahren tun, ist, einen Markt mit zu entwickeln, der noch relativ überschaubar, aber sehr zukunftsfähig ist. Wir sind heute Weltmarktführer für Betankungslösungen für Wasserstoff, weil wir in 15 Jahren eine Lernkurve hinter uns gebracht haben und jetzt dabei sind, diese Lösungen in konkrete Betankungsanlagen umzusetzen, die dem Anspruch des Marktes gerecht werden. Dass die Technologie grundsätzlich funktioniert, haben wir belegt. Der Wasserstoff muss aber auch dauerhaft verfügbar sein. Keiner will an so einer Tankstelle stehen und dann kommt nichts raus. Die Rahmenbedingungen, damit so etwas nicht passiert, versuchen wir zu schaffen. Dafür braucht es ein gutes Servicekonzept mit entspre-

chender Wartung und Pflege und einen Betreiber, der weiß, was er tut. Betankungsanlagen mit Wasserstoff sind im Gegensatz zu denen mit Benzin deutlich komplexere Systeme. „Der Wasserstoff muss aber auch dauerhaft verfügbar sein. Keiner will an so einer Tankstelle stehen und dann kommt nichts raus.“ DS: Die Rahmenbedingungen zu schaffen ist aber ja nicht allein Aufgabe von Linde. Das kann doch nur im Zusammenspiel mit der Politik gelingen. WP: Wir sind längst dabei sicherzustellen, dass zumindest Klarheit darüber herrscht, was von unserer Technologie und unserem Konzept zu erwarten ist und was nicht. Wir haben oft die Diskussion: Warum überhaupt Wasserstoff? Das geht doch mit Batterie auch alles. Da ist es dann wichtig zu verstehen, für welchen Anwendungsfall das eine die bessere Lösung ist und für welchen Anwendungsfall das andere. Wenn Sie als privater Anwender täglich nicht mehr als 50 Kilometer fahren und jede Nacht Ihr Elektrofahrzeug in der Garage aufladen können, ist die Batterie höchsteffizient. Aber im Schwerlastbetrieb, bei Lastwägen oder Bussen, stellt die Batterie keine wirkliche Alternative dar. Da ist Wasserstoff die deutlich bessere Lösung. Wir wollen uns der Diskussion darüber auch gar nicht entziehen. Es geht schließlich nicht nur darum, Technologien zu entwickeln, die funktionieren, sondern auch einen generellen Willen zum Wandel. Und das betrifft nicht nur die Politik, sondern uns alle, die gesamte Gesellschaft. DS: Wenn wir nach Skandinavien oder in die Niederlande schauen, geht von den staatlichen Vorgaben eine deutlich höhere Schlagkraft und Zielstrebigkeit aus. Wird sich das ändern? WP: Wir sind in Deutschland etwas konservativer, das stimmt. Aber ich

Linde hat Systeme entwickelt, die aus flüssigem Wasserstoff vertankbaren gasförmigen Hochdruckwasserstoff erzeugen.

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glaube schon, dass sich etwas ändern muss und ändern wird. Die jüngsten Aussagen von Kanzlerin Merkel anlässlich der Hannover Messe zeigen, dass ein Gedankenwandel in Richtung Elektromobilität da ist, ob nun mit Batterie oder Brennstoffzelle, ist erstmal sekundär. Es tut sich gerade auch auf Kommunalebene deutlich mehr in Richtung Wasserstoff, weil viele verstanden haben, dass sie sich gegen das generelle Thema aus gesellschaftspolitischen Gründen nicht mehr verwehren können. Es ist etwas in Bewegung gekommen. Ich würde mir natürlich wünschen, dass es noch deutlich mehr Bewegung gebe. Wir könnten viel schneller sein, das ist technologisch gar kein Problem mehr. „Wenn man Arbeitsfelder und Aufgabenbereiche der eigenen Mitarbeiter verändern will, geht das nicht von heute auf morgen.“ DS: Warum sind wir beim Wandel so schwerfällig? Auch unsere Autoindustrie wirkt nicht gerade handlungsschnell. WP: Grundsätzlich muss man sagen: Wenn man Arbeitsfelder und Aufgabenbereiche der eigenen Mitarbeiter verändern will, geht das nicht von heute auf morgen, zumindest nicht hierzulande. In Asien tun sie sich da einfacher, da denkt man nicht lange drüber nach, da tut man es einfach. So sind auch die Entwicklungszyklen in Asien zum Teil deutlich schneller. Toyota und Hyundai gehen mit atemberaubender Geschwindigkeit voran. Das muss einem aber nicht groß Sorgen machen, wenn wir mit dem Wandel, der global nicht aufzuhalten ist, jetzt entschlossen anfangen. Wir müssen den Wandel hierzulande langsam und geführt begleiten und dürfen uns nicht von Entwicklungen anderswo überrollen lassen. Ich sehe durchaus auch eine gewisse Schwerfälligkeit in der Automobilindustrie, dieses aus eigenem Antrieb und ohne politischen und gesellschaftlichen Druck zu machen.

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DS: Warum verbreitet sich Wasserstoff als Antrieb nicht schneller? WP: E-Mobilität tut sich leichter, weil sie kein Infrastrukturproblem zu lösen hat. Strom bekommen Sie überall, zumindest in den benötigten Mengen. Für Wasserstoff brauchen Sie eine Tankstelle. Die Investitionen in den Infrastrukturaufbau sind also gleich am Anfang sehr hoch. Beim Strom wird es erst später teuer, wenn Sie über den Netzaufbau nachdenken oder darüber, wo Sie Ihre Energie herkriegen – ganz abgesehen davon, dass sich bei der Batterie auch die Recyclingfrage stellt oder ob man Metalle und Halbmetalle findet, die vielleicht etwas wohlfeiler sind als Kobalt und Lithium. DS: Sie sind also mit dem Wasserstoff in einer schlechteren Startsituation? WP: Ja, wir müssen mit finanziellem Aufwand eine Infrastruktur schaffen, ohne dafür große Retouren zu bekommen, weil Sie Tankstellen bauen für Autos, die es noch gar nicht gibt. Aber das viel diskutierte Henne-Ei-Problem existiert aus meiner Sicht nur bedingt – vor allem hier in Deutschland. Natürlich kauft niemand ein Auto, das er nicht betanken kann. Deswegen sind wir ja auch Teil der Initiative „H2 Mobility“ und werden bis Jahresende 100 Tankstellen in Deutschland haben. „Ich bin immer fasziniert, wenn ich jemanden mitnehme in so einem Wasserstoffauto.“ DS: Damit schaffen Sie die Voraussetzungen für eine Business-Transformation in dem Bereich. Dann muss die Automobilindustrie aber auch auf Wasserstoff setzen. WP: Wenn das nicht der Fall wäre, wäre das natürlich blöd. Aber wir sehen ja längst, dass Wasserstoff als Treibstoff Vorteile bietet, die ankommen. Ich bin immer fasziniert, wenn ich jemanden mitnehme in so einem Wasserstoffauto. Die sind dann erst einmal begeistert,


wie schön leise das ist. Dann fährt man zum Tanken, ist in drei Minuten fertig, alles ist supereinfach und man kann hinterher 400 bis 500 Kilometer weit fahren. Dann sagen alle: Mensch, das ist ja einfach, warum machen wir das nicht schon lange? An der Stelle wird der Unterschied spürbar zwischen der Brennstoffzelle und der Batterie mit ihren langen Ladezeiten. DS: Wenn man sich umhört, wird in der Branche viel über ein Entweder-oder gesprochen beim Thema E-Mobility und Wasserstoff. Wir beobachten gerade bei Flurförderfahrzeugen, dass eine Kombination aus beidem auch einen technologischen Mehrwert bringen könnte. In der Werkslogistik sind emissionsfreie batteriebetriebene Gabelstapler etabliert. BMW weitet sein Projekt mit den Wasserstoffdispensern jetzt nach und nach aufs komplette Werk aus. Wäre das auch ein Modell für die Straße: Für den Großteil der täglichen Anwendung auf kurzen Strecken reicht der Akku aus und wenn man einmal in den Urlaub oder auf einen längeren Ausflug fährt, nutzt man eine kleine Brennstoffzelle als Dauernachlader, die ansonsten vielleicht in der Reserveradmulde oder als Box im Kofferraum liegt? WP: Ich kann mir das durchaus vorstellen, gerade in einer Zeit, in der die Infrastruktur der Wasserstofftankstellen noch nicht so weit ist, dass Sie an jeder Ecke tanken können. Wenn das einmal der Fall ist, spielt die Kombination keine große Rolle mehr, weil Ihnen dann wahrscheinlich eher die lange Ladezeit auf den Geist geht. DS: Was würden Sie größeren Industrieunternehmen im Kontext der Werkslogistik raten? Kann das Projekt von BMW in Leipzig nicht ein Best Practice sein? Warum tun wir uns so schwer, etwas Neues auszuprobieren? WP: Faktisch sind die Vorteile dieser Technologie einfach noch nicht bekannt genug. Wirtschaftliche Aspekte

spielen bei allem, was Sie tun, natürlich eine große Rolle. Und warum funktioniert das in der Intralogistik in der Zwischenzeit? Weil man tatsächlich Geld sparen kann damit. Wenn solche Treiber vorhanden sind, bewegen sie natürlich deutlich schneller jemanden. Und wir sehen schon, dass der Einsatz der wasserstoffbetriebenen Flurförderfahrzeuge rapide zunimmt. BMW macht das in Leipzig und in Spartanburg in den USA ja sogar noch länger mit unseren Maschinen. Amazon und Walmart bauen ebenfalls ihre Logistik in ganzen Riesenlagern um, weil sie sich damit obendrein ein emissionsfreieres Image geben können. „Wir sehen schon, dass der Einsatz wasserstoffbetriebener Flurförderfahrzeuge rapide zunimmt.“ DS: Und wann zieht die Intralogistik in Deutschland und Europa nach? WP: Wenn ich das wüsste … (lacht) In vielen Unternehmen fehlt einfach das Basiswissen. Aber ich glaube, Industrieteilnehmer sprechen inzwischen stärker untereinander. Da erklärt BMW dann Daimler oder VW, was da läuft und wie super es funktioniert, und die anderen ziehen nach. Es gibt auch noch andere deutsche Automobilhersteller außer BMW, mit denen wir zusammenarbeiten. DS: In Deutschland wartet man augenscheinlich immer, bis ein anderer Vorteile einheimst, bevor man sich etwas traut. Japan hingegen gibt derzeit richtig Gas. Die wollen ihre Fahrzeugflotte für die Olympischen Spiele mit Wasserstoff betreiben. Bis 2020 sollen 40.000 Fahrzeuge mit Brennstoffzellen auf der Straße sein, bis 2030 sogar 800.000. Ist das realistisch, ist das überhaupt machbar in dieser Geschwindigkeit? WP: Japan hat in den vergangenen 15 Jahren gezeigt, dass sie es ernst meinen. Sie haben sehr früh und sehr lange an die Technologie geglaubt. Da sind

Linde ist Teil der Initiative „H2 Mobility“, die sich für mehr Wasserstofftankstellen in Deutschland einsetzt.

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wir wieder beim langen Atem. Sie haben viele Ressourcen investiert, um das stetig und konsequent weiterzutreiben. Das zahlt sich jetzt ein Stück weit aus. Toyota ist nicht umsonst Technologieführer bei Brennstoffzellenantriebssystemen. Ob sie die 40.000 Fahrzeuge bis 2020 schaffen, wird noch eine interessante Nummer. Gerade sind 3500 bis 4000 unterwegs, das ist schon noch mal ein Sprung. Aber wir sind ja mit Linde über einen Kooperationspartner in Japan unterwegs und sehen, dass da sehr viel passiert. Interviewteilnehmer: Dr. Markus Treiber, Drees & Sommer Dr. Werner Ponikwar, Linde Hydrogen Fueltech GmbH, Götz Schönfeld, Drees & Sommer

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„Wir arbeiten daran, den Platzbedarf der Systeme zu verringern. Das ist sicherlich möglich.“ DS: Zurück nach Deutschland und speziell in die innenstädtischen Ballungsgebiete. Wenn wir dort Tankstellen nachrüsten wollen, könnte die Fläche eine Rolle spielen. Sehen Sie da Skaleneffekte bei den Verdichterstufen, den Hochdrucktanks und den Dispensern? Muss man das noch kompakter hinkriegen? WP: Den Platzbedarf der Systeme zu verringern, ist eine der Herausforderungen, an denen wir arbeiten müssen. Das ist sicherlich möglich, und bei Kryopumpen-Systemen mit Flüssigwasserstoff deutlich einfacher, weil in flüssigem Wasserstoff schon viel mehr Energie steckt und weil man flüssigen Wasserstoff auf kleinerer Fläche speichern kann. Trotzdem sage ich immer: Wir müssen jetzt anfangen, zu standardisierten Wasserstofftankstellen zu kommen und diese zu vermarkten. Weil Sie die Kosten natürlich nur senken können, wenn Sie gleiche Teile und Anlagen im größeren Maßstab verbauen. Da sind wir natürlich deutlich hinter der Automobilindustrie zurück, die hochautomatisiert baut. Wir haben 2014 unsere erste Kleinserienproduktion in Wien aufgebaut, die immer noch läuft, aber da ist noch extrem viel Handarbeit dabei, weil es sich einfach nicht lohnt, über Automatisierung

nachzudenken, wenn sie 30 bis 40 Anlagen pro Jahr bauen. Das ändert sich erst, wenn wir größere Serien planen. DS: Dann müssten Sie es nur noch hinkriegen, preislich mit der E-Mobility und Benzin konkurrieren zu können. WP: Also mit dem Liter Super können wir jetzt schon konkurrieren. Der Preis für ein Kilogramm Wasserstoff ist festgelegt auf 9,50 Euro. Damit kommen Sie gute 100 Kilometer weit. Da sind Sie ungefähr bei den gleichen Kosten wie beim Super-Benzin. Aber natürlich müssen wir noch deutlich günstiger werden, um attraktiv zu sein, etwa in der Größenordnung von fünf und sechs Euro pro Kilogramm Wasserstoff. Das ist auch realistisch. Aktuell beliefern wir Tankstellen nur mit homöopathischen Mengen. Sobald das zunimmt, kann der Preis sinken. Aber wir müssen uns auch die Produktionsseite anschauen, nicht nur die Distribution. Da liegt der Kernfokus fürs Kostensparen auf alternativen Produktionstechnologien wie der Elektrolyse. Die hat den Vorteil, dass sie emissionsfreien Wasserstoff produzieren kann, indem sie sich zum Beispiel an ein Windrad oder Laufwasserkraftwerk dranhängt. Aktuell wird Wasserstoff noch zu 99 Prozent in einem Dampfreformer produziert. Obwohl dieser Herstellungsprozess CO2 produziert, emittiert so ein Fahrzeug, das so gewonnenen „grauen“ Wasserstoff tankt, bei einer Well-to-WeelBetrachtung immer noch 30 Prozent weniger CO2 als ein Benziner mit E6-Motor. Wenn man das Thema der CO2-Reduktion ernst nimmt, muss man sich das anschauen. DS: Und es könnte ein Baustein für unsere Netzstabilität sein, wenn man Strom aus Fotovoltaik und Wind erzeugt und das Ganze viel sinnhafter in Wasserstoff statt in Wärme umwandelt. WP: Korrekt. Wenn Sie mit Anlagen wie PV oder Windkraft, die großen Schwankungen ausgesetzt sind, Strom produzieren, brauchen Sie eine Netz-


speicherfähigkeit. Damit sind die Netze praktisch heute schon überfordert. Wir verschenken Strom nach Österreich und kaufen ihn später teuer zurück. Das ist Wahnsinn. Genauso gut könnte man in speicherfähige Medien investieren. Und gleich groß denken, nicht an Tanks, sondern an Kavernen, in denen man Wasserstoff speichern kann. So etwas gibt es im Übrigen schon. Linde betreibt eine Kaverne in den USA, die große Mengen an Energie speichern kann und bei Bedarf rückverstromen oder anderweitig verwenden.

in einer Brennstoffzelle, die ja immer Abwärme hat, Wärme und Strom zu generieren, keine schlechte. Wenn Sie nach Japan schauen, werden Sie große Augen machen, da funktioniert das schon ganz gut. Und die Technologie bekommen Sie im Übrigen hier in Europa auch schon. Da wir hier allerdings noch keine ausreichende Wasserstoffinfrastruktur haben, müssten Sie die bestehende Erdgasinfrastruktur nutzen und brauchen einen kleinen Reformer, um Wasserstoff zu erzeugen. Da fängt es an, unsinnig zu werden.

DS: Lassen Sie uns zum Abschluss noch einen Blick auf die Unternehmensimmobilie werfen. Inwiefern glauben Sie, mit der Wasserstoffinfrastruktur auch im Gebäudebereich innovative Dinge vorantreiben zu können? WP: Wasserstoff als Energieträger für Gebäude steckt noch sehr stark in den Kinderschuhen. Aber grundsätzlich ist die Idee, eine Kraft-Wärme-Kopplungsanlage zu bauen und aus Wasserstoff

DS: Das heißt, die Chance ist da, das zu nutzen, sobald sich die Brennstoffzellen- bzw. die Reformertechnik oder die Wasserstoffinfrastruktur verbessern werden? WP: Ja, alles muss sich weiterentwickeln. Das sieht man in Japan, wo sie per Kraft-Wärme-Kopplung sehr effizient und gut Energie produzieren und damit das gesamte Haus versorgen können.

DR. WERNER PONIKWAR

Nach Chemiestudium und Promotion an der LMU München suchte sich Dr. Ponikwar zunächst einen Job als Controller. Motivation: die finanziellen Rahmenbedingungen verstehen, die nötig sind, um erfolgreich zu sein. „Eine lehrreiche Zeit“, wie er sagt. Über Degussa, heute Evonic, wo er im Projektmanagement und im Bereich Marketing und Geschäftsentwicklung tätig war, landete er als Berater bei Arthur D. Little. Im Mai 2008 wechselte er zur Linde AG, dessen Head of Hydrogen Mobility Solutions er seit Oktober 2017 ist – und seit Neuestem Geschäftsführer der Linde Hydrogen FuelTech GmbH.

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FACTS & FIGURES Themenbereich KI

WACHSTUMSPOTENZIAL

CHANCEN FÜR ZUSÄTZLICHE WERTSCHÖPFUNG

FÜR DAS DEUTSCHE BIP DURCH KI

IM PRODUZIERENDEN GEWERBE DURCH KI INNERHALB DER KOMMENDEN FÜNF JAHRE:

32 MRD.

Euro

➜ Quellen: PwC/Appanion Labs

AKTUELL

BIS 2030 430 MRD.

220,6 MRD. Euro

➜ Quelle: PwC

Euro

PROZENTSATZ ANZAHL DER UNTERNEHMEN,

DER DURCH KI BEEINFLUSSTEN DEUTSCHEN WIRTSCHAFTSLEISTUNG IM JAHR 2030:

die mit dem KI-Bundesverband ein Gütesiegel eingeführt haben und sich verpflichten, mit KI-Lösungen ethische Grundwerte nicht zu verletzen und auf einen sicheren Umgang mit Daten zu achten: ➜ Quelle: KI-Bundesverband

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AKTUELL:

28

➜ Quelle: Appanion Labs


Themenbereich IoT und Industrie 4.0

PROZENTSATZ DER FIRMEN, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Jahr 2019 IoT-Projekte umsetzen:

ZUM VERGLEICH:

44

➜ Quelle: IDG Research Services

2018 waren es noch :

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DOWNLOADGESCHWINDIGKEIT/

DATENRATE

20.000 bei 5G:

MB IT/ S

➜ Quelle: „Internet of Things“, Reflex Verlag 2019

ZUM VERGLEICH

DAS BISLANG SCHNELLSTE LTE-NETZ BIETET :

500

MB IT/ S

ANZAHL DER ENDGERÄTE die das 5G-Netz pro Quadratkilometer verkraften können soll:

1.0 00. 000 ZUM VERGLEICH

LTE-Funkzellen meistern

200

Endgeräte gleichzeitig.

➜ Quelle: „Internet of Things“, Reflex Verlag 2019

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DER BLICK ÜBER DEN TELLERRAND Special der Themenreise – das Fujitsu-Forum in Tokio

Wer am Puls der Zeit bleiben möchte, muss ab und zu sein gewohntes Arbeitsumfeld verlassen und sich auf neue Wissenszirkel einlassen. Fujitsu und Drees & Sommer folgten im Mai 2019 dieser Überzeugung und luden als Special der Themenreise 2019 zum Trip nach Tokio ein.

Aufbruch durch Ausbruch – so lässt sich die fünftägige Innovationsreise nach Japan zusammenfassen. Die Zeit im Land der aufgehenden Sonne lohnte sich für die Teilnehmer doppelt, bot sie doch die Chance für spannende Einblicke in der Fremde und für einen ausgiebigen Austausch untereinander. Das branchenübergreifende Denken und Handeln in Netzwerken nach dem Prinzip „Right Mix – Right Value“ zeichnete die Reise nach Tokio aus.

Dabei waren Führungskräfte und Experten der Bau- und Immobilienwirtschaft (BEOS, Commerz Real, Drees & Sommer, Patrizia, SFC, Shimizu), der Gebäudeautomation (Hörburger, Phoenix Contact), der Rechts- und Unternehmensberatung (Görg, Vecara), der Medien (Handelsblatt) und der ICT-Branche (Bechtle, BWO, Dubrau, Fujitsu, Netze 16, Rednet, Reichert & Starke, Systemhaus Cramer, Thinkabout IT). Alle einte die Neugierde. Was sie von Japan lernen können, wollten sie zum Beispiel wissen. Schließlich hat die hoch entwickelte Industrienation mit allerlei Herausforderungen wie einer schrumpfenden und überalterten Bevölkerung, dem Fachkräftemangel, der Rohstoffarmut und dem steigenden Wettbewerb mit benachbarten Volkswirtschaften zu kämpfen. Und dennoch hat sich Japan nach Ansicht vieler Kenner früh und gut auf die Zukunft eingestellt. Steigende Patentanmeldungen und Rekordausgaben für Forschung und Entwicklung untermauern das. In

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L A I C SPE der Automobil-, der Informations- und der Kommunikationstechnologie, in der Robotik und der Gesundheitsbranche kommen bahnbrechende Neuheiten aus Japan. Die Teilnehmer der Innovationsreise wollten sich an Ort und Stelle einen eigenen Eindruck von den Bedingungen im Land machen. Und sie wollten Erkenntnisse für eigene Herausforderungen im Kontext der Stadt- und Standortentwicklung, der Energiewende oder der digitalen Transformation von Industrie, Gesellschaft und Unternehmen gewinnen. Die erste Station führte die Gruppe zu Sato Facilities Consultants (SFC), eines von Japans führenden internationalen Projektmanagement-Büros in der Bauwirtschaft. SFC beschäftigt sich mit der Transformation Tokios und vor allem der städtischen Bucht-Region im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2020. Als Anschauungsbeispiel diente das im Bau befindliche ARIAKE Gymnastics Centre.

Wie kaum ein anderes Land der Welt hätte sich Japans Regierung und einige Autohersteller zum Ziel gesetzt, Wasserstoff zu einem der wichtigsten Energieträger zu machen. STARKE ALLIANZ FÜR WASSERSTOFF Rund 350 Millionen Dollar investiert Japan jährlich in die Förderung der Wasserstoffwirtschaft. Das ist weit mehr als die EU und die USA. Die Zahl der Wasserstofftankstellen soll sich landesweit bis zum Jahr 2025 mehr als verdreifachen. Dieses Ziel hat sich eine Allianz gesetzt, der unter anderem die Autokonzerne Toyota, Nissan und Honda und die Öl- und Gasriesen JXTG Nippon Oil & Energy Corporation, Idemitsu Kosan, Iwatani und Tokyo Gas angehören. Kompromisslos und unnachgiebig verfolgt die Allianz ihr Ziel. Dafür gibt es in Japan ein Schlagwort. „Kodawari“ drückt die kompromisslose Willens-

Beim Internationalen Forum 2019 des Themenreise-Sponsors Fujitsu ging es dann um den Aufbau von Vertrauen. In ihm sieht Fujitsu einen Schlüssel zu einem Aufbruch in eine bessere Welt. Fujitsus Fokus liegt neben dem persönlichen Vertrauen (Trust 1.0) und dem institutionellen Vertrauen (Trust 2.0) speziell auf dem dezentralen digitalen Vertrauen (Trust 3.0). Technologien wie AI, IoT oder Blockchain sollen die Vertrauenswürdigkeit von Daten stärken. Hoffnung: die Authentifizierung von Menschen und Gegenständen und die Cyber- und Datensicherheit zu revolutionieren. Als Pionier tritt Japan bereits heute beim Thema Wasserstoff-Mobilität auf, wie Martin Kölling, der Ostasienkorrespondent des Handelsblatts, berichtete.

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stärke gepaart mit einer Detail- und Qualitätsversessenheit aus. In Japans Wirtschaft und Industrie ist „Kodawari“ allgegenwärtig. Das erlebten die Reiseteilnehmer auch bei einer Führung durch die seit 50 Jahren bestehenden Fujitsu Laboratories in Kawasaki. Die vom Mutterkonzern unabhängige Forschungseinrichtung ist die Innovationsschmiede der Unternehmensgruppe.

Weitere Informationen zur Innovationsreise nach Japan finden Sie hier:

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Das war beeindruckend, ebenso wie der Besuch im größten Produktionsstandort von Fujitsu. In Izumo, eine Flugstunde von Tokio entfernt, erlebten die Gäste die Produktion von Leiterplatten und die Montage von Notebooks und Tablets aus nächster Nähe. Um die Kundenzufriedenheit zu erhöhen, baut Fujitsu auf die Produktionstechnologie „Smart Monozukuri“ und auf ICT und IoT. Damit, so die Überzeugung, werden

individuelle Massenanpassungen möglich. Bei der Herstellung der Leiterplatten setzt Fujitsu auf eine vollautomatisierte Montagelinie. Sie beginnt bei der Teilemontage und führt über die automatisierte optische Inspektion bis zu einem automatisierten Carrier. Notebooks und Tablets lässt das Unternehmen im Zusammenspiel von Mensch und Maschine anfertigen, testen und verpacken. WENN HÄNDE SCHLÜSSEL WERDEN Für ein Special der Reise nach Tokio sorgte schließlich Patrick Wyss, der CEO von BWO Systems. In seinem Vortrag zu „Digitaler Identität“ machte er seine Zuhörer mit der Handvenen-Biometrie von BWO Systems vertraut. Da die Venenmuster der menschlichen Handinnenflächen eindeutige Identi-


tätsmerkmale aufweisen, können sie zum Schlüssel werden. Eine InfrarotWeitwinkelkamera erfasst die Merkmale, eine Infrarotlichtquelle erkennt sie wieder. Mit ihrer sicherheitszertifizierten Technologie will BWO unter anderem das Bezahlen, die Zutrittskontrolle oder die Zeiterfassung erleichtern. Außergewöhnlich fand das so mancher –

wie den Einblick in das Land der aufgehenden Sonne im Gesamten. Befragt nach ihren Eindrücken und nach den Lektionen, die sie in Japan gelernt hatten, antworteten die Teilnehmer der Innovationsreise vielfältig. Patrick Wyss brachte eine Erkenntnis auf den Punkt: „Europa ist am Schlafen. Das muss sich ändern“, sagte er.

TEILNEHMENDE UNTERNEHMEN > BEOS > Bechtle > BWO Systems > Commerz Real > Drees & Sommer > Dubrau > Fujitsu > Görg > Handelsblatt > Hörburger > Netze16 > Patrizia > Phoenix Contact > Rednet > Starke und Reichert > Systemhaus Cramer > Thinkabout IT > Vecara

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DER DRUCK ZUR AUTOMATISIERUNG WIRD WACHSEN INTERVIEW MIT FRANK WIELAND, MANAGING DIRECTOR ADMINISTRATION, FANUC DEUTSCHLAND GMBH, ÃœBER UNTERSCHIEDE UND GEMEINSAMKEITEN ZWISCHEN JAPAN UND EUROPA

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„DIE SMART FACTORY IST IN ALLER MUNDE“

FANUC DEUTSCHLAND GMBH

> Am Fuße des Bergs Fuji unweit des Yamanaka-Sees hat FANUC seinen Hauptsitz. > Das aus einer Unterabteilung von Fujitsu entstandene japanische Elektronik- und Maschinenbauunternehmen forscht, entwickelt und produziert dort auf einer Fläche von 1,7 Millionen Quadratmetern. > Es stellt unter anderem Industrieroboter und Werkzeugmaschinen her. > Weltweit sind heute mehr als vier Millionen CNC-Steuerungen von FANUC in Fabriken verbaut. > 1978 machte das Unternehmen Dependancen in Europa und Korea auf. > Die FANUC Deutschland GmbH, die sich als verlässlicher Partner der Industrie für die Automatisierung intelligenter Produktionssysteme und maßgeschneiderter Systeme für Fertigungsprozesse sieht, hat ihren Sitz in Neuhausen auf den Fildern.

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Drees & Sommer (DS): Herr Wieland, vor unserem Besuch in Japan im Rahmen der Themenreise 2019 haben wir uns vorgenommen, einen Blick über den Tellerrand zu wagen und uns anzuschauen, was wir von Asien lernen können. Ist das auch Ihre Rolle als Vertriebsstandort eines japanischen Unternehmens in Deutschland: die Innovationsentwicklung dort übertragbar zu machen auf den Standort hierzulande? Frank Wieland (FW): Für uns als Vertriebsstandort ist die erste Herausforderung herauszufinden, was die Märkte in Europa erwarten und welche Konzepte unsere Kunden gern in ihrer Produktion umsetzen würden. In einem nächsten Schritt müssen wir dieser Stimme in Japan Gehör verschaffen. Dafür haben wir die FANUC Europe GmbH gegründet, mit einem integrierten European Development Center. Das ist eine Dependance unseres R&D-Departments, in der japanische Kollegen und europäische Mitarbeiter gemeinsam einen Transfer herstellen sollen. Es ist das erste Mal, dass FANUC außerhalb Japans eine solche Abteilung aufgebaut hat, um den Anforderungen besser gerecht zu werden, die besonders der sehr wettbewerbsintensive deutsche Markt mit sich bringt. Damit verbunden ist ein Austauschprogramm, durch das deutsche Mitarbeiter die ersten zwei, drei

Jahre ihrer Karriere in Japan verbringen können und umgekehrt japanische Kollegen zu uns kommen. „Die Vernetzung wird immer zentraler werden.“

DS: Das Öffnen gegenüber anderen Ideen und Mentalitäten und das gegenseitige Vernetzen sind auch aus unserer Sicht ganz zentrale Themen. Sie sind ja alles andere als konkurrenzlos am Markt. Wie lautet Ihr Erfolgsrezept? Was ist das Außergewöhnliche an Ihnen? FW: Unser Erfolgsrezept ist sicher, dass wir seit Jahrzehnten eine sehr klar fokussierte Strategie fahren. FANUC hat schon immer seinen Fokus darauf gelegt, organisch zu wachsen und die eigenen Stärken zu verfolgen. Deswegen haben wir den Bereich der Fabrikautomation, in dem wir seit den 50erJahren des vergangenen Jahrhunderts Weltmarktführer sind, immer weiter ausgebaut. An diese Richtschnur werden wir uns weiter eng halten und dabei schauen, wie wir unsere Kompetenzen mit aktuellen Themen aus der Industrie 4.0 und der Digitalisierung miteinander verheiraten können. Die Vernetzung wird immer zentraler werden. Schon jetzt haben wir eine hohe Durchdringung der Fabrikautomation mit unseren CNC-Steuerungen, den Robotern und den Werkzeugmaschi-


nen, die entweder wir direkt anbieten oder die von unseren Systempartnern zusammen mit anderen Komponenten in schlüsselfertige Produktionssysteme integriert werden. DS: Gilt das industrieübergreifend? FW: Ja. Die Automatisierung wurde in den vergangenen Jahrzehnten natürlich sehr stark durch die Automobilindustrie getrieben. Die ist da schon sehr weit. Aber wir sehen jetzt auch eine immer höhere Nachfrage in der General-Industrie, selbst in Bereichen, die abseits der eigentlichen Fertigung liegen. Unsere Produkte kommen auch in der Logistik oder im Bereich der Verpackung zum Einsatz. Die nächste Herausforderung wird sein, diese Systeme noch stärker miteinander zu vernetzen, einmal on premise in den einzelnen Werken oder, falls der Kunde das wünscht, auch übergreifend durch cloudbasierte Lösungen. DS: Der Begriff des Digital Twin ist in aller Munde. Ist das eine Entwicklung, die auch Sie vorantreiben wollen: Die digitale Fabrik abzubilden, um Predictive Production an den Tag zu legen? FW: Grundsätzlich sind alle unsere Produkte digital. Wir stellen seit Jahrzehnten CNC-Steuerungen her, die Teil der Fertigung an Werkzeugmaschinen sind. Jetzt geht es wie gesagt darum, dass wir die entsprechend vernetzen, entweder eben lokal oder über die Cloud. Wir stellen fest, dass der Markt noch nicht so weit ist, alle Daten in die Cloud legen zu wollen. Das gilt zumindest für viele Kunden. Von denen legen sehr viele großen Wert darauf, dass die Daten ihr Eigentum bleiben. Deswegen sollen sie auch in-

nerhalb ihrer eigenen Netzwerke bleiben. Unsere Reaktion darauf ist, dass wir zweigleisig Lösungen anbieten wollen. Auf der EMO 2019 haben wir FIELD system (FANUC Intelligent Edge Link & Drive System) präsentiert, das diese parallele Struktur hat: einmal Vernetzung innerhalb der Fabrik oder auf Wunsch in der Cloud. Im FIELD system lassen sich mit KI Daten sammeln und dadurch Optimierungsprozesse oder selbstoptimierende Algorithmen einführen und Produktionsprozesse optimieren. „Wir stellen fest, dass der Markt noch nicht so weit ist, alle Daten in die Cloud legen zu wollen.“ DS: Worum geht es bei dieser Optimierung konkret? FW: Beispielsweise darum, die Bewegung von Robotern durch Lernprozesse zu verbessern oder darum, Ausfallzeiten maximal zu reduzieren. Wenn wir über Daten feststellen können, wann und warum eine Maschine oder ein Roboter ausfallen könnte, können wir präventiv tätig werden. DS: Wir neigen in Deutschland ja offenbar ein wenig dazu, Optimierungsweltmeister zu sein, sind aber gleichzeitig unglaublich schlecht in Sachen Start-up-Kultur. Disruption und Öffnung scheinen nicht unsere Themen zu sein. Das erlebte man in Japan bis vor kurzem auch. Wie sehen Sie das? FW: FANUC arbeitet im Bereich KI mit japanischen Start-ups zusammen, da gibt es entsprechende Kooperationen. Unser FIELD system wird auch eine Plattform sein, auf der App-Entwickler ihre Produkte anbinden können. Bei

Systeme stärker miteinander zu vernetzen, entweder lokal oder in einer Cloud – darin sieht FANUC die nächste große Herausforderung.

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der EMO haben wir das mit zwölf Partnern vorgestellt, die Applikationen für Endkunden entwickelt haben. Das heißt, wir bauen eine Plattform auf und optimieren mit der Software von Fremdfirmen unsere Produkte.

Interviewteilnehmer: Frank Wieland, FANUC Stephan Thulmann, Drees & Sommer Götz Schönfeld, Drees & Sommer

DS: Wie nimmt der Markt das an? FW: Der kommerzielle Verkauf unserer industriellen IoT-Plattform beginnt in Europa erst 2020. Das Interesse aufseiten unserer Kunden an solchen Lösungen ist auf jeden Fall sehr groß. Die Smart Factory ist in aller Munde. Wir werden sehen, wie sich das entwickelt. Generell ist die Bereitschaft, Daten in eine Cloud zu geben, noch nicht sehr ausgeprägt. Deshalb bieten wir mit unserer IoT-Plattform ja auch die Möglichkeit, Produktionsdaten nur in der Fabrik zu sammeln und zu analysieren. Das Hochladen von Produktionsdaten in eine Cloud ist optional. „Wir wollen für uns verstehen, welche Produkte für den Kunden tatsächlich interessant sind.“ DS: Ist diese Skepsis ein deutsches Problem? FW: Das kann ich nicht beurteilen. Für Europa lässt sich konstatieren, dass es so ist. Wie es in den USA oder Asien läuft, kann ich nicht sagen. Aber wir wollen den Kunden zu nichts zwingen. Wir wollen ihm die Technologie aufzeigen und erklären, warum er aus unserer Sicht durchaus Vorteile erzielen kann. Und wir wollen für uns auch verstehen, welche Produkte für den Kunden tatsächlich interessant sind.

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DS: Sie sagten, dass Sie mit japanischen Start-ups zusammenarbeiten. Gibt es da auch eine Schnittstelle mit europäischen oder deutschen Start-ups oder auch Start-ups von Ihren Kunden? FW: Wir haben dahingehend bisher keine Initiative gestartet. Aber wir haben unser Netzwerk genutzt, um in unserem App-Store auch europäische Lösungen anzubieten. Die Anwendungsentwickler, die auf der EMO dabei waren, kommen zu einem Großteil aus Deutschland, waren aber untereinander bisher noch nicht so eng vernetzt, dass sie sich beispielweise mit japanischen Entwicklern abgestimmt hätten. DS: Wie nehmen Sie Ihre eigenen Mitarbeiter im Rahmen der Innovationsentwicklung mit? Sind die da voll eingebunden? FW: Unsere Mitarbeiter werden natürlich als Erstes über Schulungen an die Themen herangeführt. Wir haben in den vergangenen Jahren vermehrt Programmierer als Experten eingestellt. Unser Anforderungsprofil hat sich verändert. Vor zehn Jahren waren Spezialisten für Hardware und Service sehr stark gefragt, heute geht es mehr in die Richtung Softwareentwicklung. Da haben wir unseren Personalstamm entsprechend erweitert. Im European Development Center sind durchweg Mitarbeiter mit dem Schwerpunkt Softwareentwicklung angestellt. DS: Das Freihandelsabkommen JEFTA zwischen der EU und Japan bietet unglaublich tolle Chancen für ein Zusammenspiel. Jetzt müssen nur noch beide


Seiten mitspielen. Was bedeutet JEFTA für Sie? FW: Zunächst einmal entfallen Zollrestriktionen. Das werden wir finanziell spüren. Ich sehe viele Parallelen zwischen japanischer und deutscher Industrie, vor allem im Werkzeugmaschinenbau und in der Automatisierung. Die Japaner haben aktuell den Hut bei der Automatisierung im Bereich der Robotik auf, aber im Werkzeugmaschinenbau ist Deutschland aus meiner Sicht auf Augenhöhe mit Japan. Die Industrien in beiden Ländern sind traditionell aus dem Mittelstand gewachsen. Die Firmen haben also ähnliche Strukturen. Es gibt durchaus schon sehr vielversprechende Kooperationen. Der größte deutsche Werkzeughersteller, die DMG Mori AG, ist inzwischen unter japanischer Führung. Da wurden Produktlinien zusammengefahren und Entwicklungskapazitäten gebündelt, wovon wir als Komponentenhersteller natürlich auch profitieren. „Es gibt durchaus schon sehr vielversprechende Kooperationen.“ DS: Und trotz solcher Pläne spüren vermutlich auch Sie genauso wie wir eine gewisse Wandlungsunfähigkeit oder zumindest eine Langsamkeit. Wie bauen wir Resistenzen gegenüber Innovation ab? Indem wir immer wieder den Dialog mit den Skeptikern suchen? FW: Der Dialog ist natürlich wichtig. Und er muss auf Augenhöhe passieren. Ich bin aber davon überzeugt, dass der Druck zur Automatisierung deutlich wachsen wird. Durch die demo-

grafische Entwicklung wird es immer schwieriger, geeignetes Fachpersonal zu finden, und in manchen Bereichen ist manuelle Arbeit langfristig auch ergonomisch nicht sinnvoll. Die Opposition gegenüber der Automatisierung geht auch weniger von den Unternehmen aus, sondern von Arbeitnehmern und vonseiten der Gesellschaft. „Die japanische Gesellschaft hat eine andere Einstellung zur Automatisierung.“ DS: Und das ist in Japan ganz anders. FW: Richtig, da hat die japanische Gesellschaft eine andere Einstellung. Die Furcht, Roboter würden zu einer Reduktion von Arbeitsplätzen führen, gibt es in Japan nicht. DS: Die Botschaft haben wir ebenfalls mitgenommen. Der japanische Arbeiter hat weniger Berührungsängste und Hemmnisse gegenüber der Technik und der Digitalisierung. Das ist sicher auch eine Folge des dortigen demografischen Faktors und ein Stück weit aus der Not geboren, aber Not macht erfinderisch, oder? FW: Wir haben in Deutschland viel Luft nach oben. Aber wenn wir den Technologiestandort weiterentwickeln und wettbewerbsfähig bleiben wollen, dürfen wir uns Zukunftsthemen nicht verschließen. DS: Was raten Sie dem klassischen Mittelstand hier bei uns in Deutschland, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu steigern?

Bei der Automatisierung im Bereich Robotik hat Japan gegenüber Deutschland die Nase vorn.

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FW: Der von Ihnen angesprochene Hang zu Optimierung ist in Deutschland sicher vorhanden. Das ist auch per se nicht schlecht, das ist sogar in gewisser Weise eine unserer Stärken. Aber wir müssen uns Nischen suchen, weil wir ansonsten in den standardisierten Industrielösungen von Asien eingeholt werden. Die Kreativität in Deutschland ist da. Der Industriestandort hat sich immer wieder neu erfunden und hat auf neue Technologien gesetzt. Man muss sich eben zum richtigen Zeitpunkt von seinen bisherigen Erfolgsstorys lösen, als Unternehmen genauso wie als Gesamtindustrie. „Die Kreativität in Deutschland ist da.“

Deutschland ist nach wie vor Innovationstreiber Nr. 1 in der Werkzeugbaumaschinenindustrie und Steuerungstechnologie.

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DS: Welche Rolle spielen für Sie die Themen Nachhaltigkeit, Energie- und Ressourceneffizienz? FW: Was unsere Produkte anbelangt, so denke ich, dass unsere Lösungen mit ihren elektrischen Antrieben per se Vorteile gegenüber konventionellen Antrieben besitzen. Wir haben zum Beispiel eine vollelektrische Spritzgussmaschine, die signifikante Energieeinsparungen und somit eine nachhaltige Produktion ermöglicht. Der Wettbewerb ist da eher noch mit hydraulischen Lösungen unterwegs. Wir haben zwar keine plakativen CO2-Ziele, aber Effizienzgesichtspunkte spielen bei unserer Produktentwicklung eine Rolle. Das gilt auch für unseren Gebäudebestand für die Produktion in Japan, der relativ jung ist und bei dem wir schon allein deswegen auf einen schonenden Ressourcenumgang achten, weil wir unsere Fabriken immer wieder auf den neuesten Stand der Technik bringen müssen und deshalb nicht an alten Standards festhalten dürfen.

DS: Können Sie sich auch vorstellen, eines Tages in Europa zu produzieren? FW: Nein. DS: Warum nicht? FW: Wir wollen durch die Konzentration der Produktion in Japan Synergien nutzen. Dort können wir Produkte eng an der Forschung und Entwicklung produzieren, sodass Rückkopplungen zwischen der Produktion und unserer R&D-Abteilung unmittelbar in die Weiterentwicklung der Produkte einfließen. Wir legen außerdem großen Wert auf eine lange Haltedauer unserer Maschinen. Die sollen nicht nach fünf Jahren verschlissen sein, sondern es ermöglichen, 15 bis 20 Jahre mit ihnen zu arbeiten. Ein Investitionsprodukt darf nicht zum Konsumprodukt verkommen. Deswegen halten wir die Ersatzteile für den kompletten Lebenszyklus unserer Maschinen parat. Der Kunde kann sie reparieren lassen und dadurch langfristig nutzen. In Japan verfügen wir über riesige Lagerhallen, in denen Teile von bis vor 40 Jahren liegen. Ich glaube, eine sinnvolle Weiterentwicklung der Produktion funktioniert nur, wenn Sie das zentral an einem Standort machen. Sie können ein Fabrikkonzept nicht zwanzigfach kopieren und überall auf der Welt eins zu eins übertragen. DS: Was macht Europa Ihrer Ansicht nach besser als Japan? FW: Man muss sagen, dass FANUC Japan in den vergangenen zehn bis 15 Jahren einen starken Fokus auf China hatte, weil dort entsprechend viele Stückzahlen abgesetzt wurden. China ist aber kein Hochtechnologiemarkt. Wer nach China liefert, neigt dazu, standardisierte Lösungen zu liefern. Da geht es um Masse. Das kommt dem Produktionsprozess in Japan natürlich


ein Stück weit entgegen. Aber der eigentliche Innovationstreiber im Bereich der CNC-Technologie ist der deutsche oder der europäische Markt. DS: Das sind ja überraschende Informationen, weil sich die deutsche Industriebranche gerade so stark hinterfragt und weil alle fürchten, als Innovationskraft langsam von den USA oder von Asien überholt zu werden. FW: Ich sage nicht, dass Deutschland durchgängig in allen Industriezweigen noch Innovationstreiber Nummer eins ist, aber für die Werkzeugbaumaschinenindustrie gilt das definitiv und für die Steuerungstechnologie auch. Was die Japaner von uns etwas unterscheidet, ist, dass wir ein wenig zum Overengineering neigen. Die Frage ist: Benötigt der Markt diesen Perfektionismus überhaupt? Die Japaner sind

aus meiner Sicht die besseren Optimierer. DS: Uns ist in Japan der Begriff „Kodawari“ begegnet. Er steht für eine kompromisslose Willensstärke in Verbindung mit einer Detailversessenheit, die Japaner auszeichne. Ist diese Zuschreibung aus Ihrer Sicht zutreffend? Wie ist das bei FANUC? FW: Wir haben bei FANUC das Leitwort „Genmitsu“, das für absolute Präzision steht. Es gehört durchaus zur Philosophie Japans, Dinge zu perfektionieren, sowohl im technischen als auch im betriebswirtschaftlichen Bereich. Die Detailversessenheit ist aber kein Selbstzweck, sondern fußt auf einem Qualitätsgedanken. Darauf, Fehler vermeiden zu wollen. Da sind die Japaner akribischer und konsequenter als, wir das sind.

FRANK WIELAND

Nach seinem Studium der Betriebswirtschaft an der Berufsakademie Stuttgart war Frank Wieland von 1991 bis 1998 in unterschiedlichen Funktionen im Bereich Finance & Accounting bei der Feinkost Böhm GmbH und dem Verlag Das Beste in Stuttgart tätig. 1996 schloss er zudem eine Ausbildung zum Bilanzbuchhalter (IHK) ab. 1998 kam er schließlich zur FANUC-Gruppe. Finance, ICT, Operations und Human Resources lauteten dort seine Stationen. Seit 2017 ist der heute 52-Jährige Geschäftsführer Administration bei FANUC Deutschland GmbH, ein Jahr später wurde er CFO der FANUC Europe GmbH.

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STAUNEN UND GESTALTEN Themendialog 2019 in Aachen

Im Juni macht die Themenreise Station in Aachen – und lässt sich vom Cluster Smart Logistik der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) begeistern. Dort zeigt sich, wie Vernetzung funktioniert und was Plattformen so zugkräftig macht.

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Themenreise-Teilnehmer sind per se agil und innovationsorientiert. Am Donnerstag, dem 13. Juni, werden sie dafür belohnt. Da reisen sie in die westlichste Großstadt der Republik, um zu erfahren, was Standorte von morgen kennzeichnet, um Anregungen für intelligentere Produktionsprozesse zu finden und um Auskünfte über verheißungsvolle Mobilitätskonzepte zu bekommen. All das finden sie im Cluster Smart Logistik der RWTH Aachen – und noch viel mehr. Denn die imposante Location lädt zum Staunen ein und passt wie die Faust aufs Auge zum Motto „Auf zum Außergewöhnlichen“, wie nicht nur Jörg Nolte, der Leiter des Vertriebsmarketings beim Themenreise-Hauptsponsor Phoenix Contact, feststellt. Einen „außergewöhnlich inspirierenden Ort“ nennt Nolte das Cluster Smart Logistik, durch das sich die rund 70 Vertreter führender deutscher Unternehmen fast ehrfurchtsvoll bewegen, weil sie sehen: An diesem Ort wird Digitalisierung fassbar. Als ganz am Ende eines facettenreichen Tages Frank Schnitzler von Drees & Sommer einen Simulator für den Berliner Cube, das schlauste Gebäude Europas, vorführt, stehen seine Zuhörer andächtig um ihn herum. Es ist also nicht verwunderlich, dass die Besucher fünf Stunden vorher einem stolzen Hausherrn begegnen. Dr.Ing. Gerhard Gudergan, Geschäftsbereichsleiter am Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR) der RWTH, träumt von einer erfolgreichen Bewerbung der Region Rhein-Ruhr für die Olympischen Spiele 2032. „Wenn wir die glaubhaft hinkriegen, haben wir bewiesen, dass wir zur Innovation fähig sind“, sagt Gudergan. Im Umfeld der RWTH zermartern sich viele kluge Köpfe denselben, um Gebäude, Quartiere, Städte und die gesamte Region zukunftsfähig zu machen. Drees & Sommer ist dabei, hat

den Standort ganz bewusst gewählt, um seine Digitalisierungsexperten dort anzusiedeln. „Wir haben hier ein kleines, neues Silicon Valley gefunden“, sagte der Head of ICT, Klaus Dederichs. LEUCHTTURMPROJEKT CUBE Und auch Dederichs kommt auf den Cube zu sprechen, in seinem gemeinsam mit Sebastian Hild von Microsoft Germany gehaltenen Impulsvortrag „Vom denkenden Gebäude zum digitalen Quartier – Mit KI zum Customized Smart Building“. Er erwähnt den Cube explizit, weil er ein Leuchtturmprojekt für intelligente Gebäude ist, mit vernetzter Haustechnik und Infrastruktur. Das Schlüsselwort für Dederichs lautet Konnektivität. „Wir müssen neu denken, radikal. Wir müssen künstliche Intelligenz nutzen“, fordert er. Das Vorbild für diese miteinander verbundene Intelligenz findet sich ihm zufolge freilich keineswegs in digitalen Sphären, sondern in ganz analogen. Es ist der Mensch. „Wir bauen die Gebäude so, wie wir funktionieren, denn wir funktionieren gut“, dank zweier Gehirnhälften und der Sinnesorgane, die den Mensch zum Denken befähigen, führt Dederichs aus, bevor Sebastian Hild übernimmt – und erst einmal gar nicht über seinen Arbeitgeber Microsoft spricht, sondern über andere Player: Netflix, Spotify und Amazon. Die Internetgiganten seien deswegen zu Riesen geworden, weil sie den Plattformgedanken perfektioniert hätten. Sie erheben, analysieren und werten kontinuierlich Daten aus. Das ist nachweislich erfolgreich – und dennoch nicht weit verbreitet. „Wir sehen in der Industrie aktuell noch viele sehr singuläre Lösungen“, sagt Hild, Spezialist für AI und IoT. Hier ein neues Modul, da ein neues System, aber nichts Übergeordnetes, nichts Verbindendes. Mit Flickenteppichen aber bekommt man kein wirklich intelligentes Gebäude zu

Wir haben auf dem Campus der RWTH Aachen ein kleines, neues Silicon Valley gefunden.“ Klaus Dederichs, Partner, Drees & Sommer

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schaffen. Microsofts Gegenentwurf in Form einer Cloudlösung heißt „Azure Digital Twins“.

Forschung braucht Fläche, insbesondere dann, wenn Universitäten außergewöhnliche Wachstumsstrategien verfolgen. Für solche Strategien reichen die Mittel der öffentlichen Hand nicht aus, dazu braucht es in Ergänzung privatwirtschaftlich agierende Immobilienentwickler und Investoren.“ Dr. Klaus Feuerborn, Geschäftsführer, RWTH Aachen

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INDIVIDUELLE LÖSUNGEN SIND GEFRAGT Es verschmilzt die digitale mit der physischen Wirklichkeit. Anschauliches Beispiel: „The Circle“ am Flughafen Zürich, wo die stetige Analyse von Besucher- und Nutzerströmen aufzeigt, wann der Komplex mit seinen Büros, seiner Shoppingmall und seinem Krankenhaus welche Bedürfnisse zu erfüllen hat. Denn klar ist, das steckt im Begriff „Customized Smart Building“: Eine gute Lösung kann nur eine individuelle, nutzerorientierte Lösung sein, weil Digitalisierung nach dem Gießkannenprinzip nicht funktioniert. Klar ist aber auch: Die Verknüpfung mehrerer individueller Lösungen macht aus mehreren intelligenten Häusern ein intelligentes Quartier.

Es ist nur folgerichtig, dass Dr. Klaus Feuerborn, einer der Geschäftsführer der RWTH Aachen Campus GmbH, im Anschluss über „Forschung und Anwendung im Einklang“ spricht, wie er sich an Ort und Stelle der Tagung präsentiert. Es ist ein bewährtes Prinzip mit vielen Gewinnern, das Feuerborn aufzeigt. Forschung brauche Fläche, Flächenentwicklung brauche enge private Partner, weil die öffentliche Hand nicht im großen Maße Mittel zur Verfügung stellen könne. Mit jenen privaten Partnern, rund 400 sind es aktuell an der Zahl, schafft die RWTH die Basis für anwendungsorientierte Forschung, die der Öffentlichkeit zugutekommt – weil ein zusammenhängender Campus entsteht, auf dem nicht nur geforscht, sondern auch gelebt wird, ein Campus mit 10.000 Arbeitsplätzen. Größenwahn habe man ihnen anfangs vorgeworfen, berichtet Feuerborn. Aber der Plan geht auf, weil sich die For-


schungspartner wirtschaftlichen Themen mit gesellschaftlicher Relevanz widmen. „E-Mobilität hat bei uns ein klares Gesicht bekommen“, verkündet Feuerborn zu Recht. Seine Beispiele: die für die Deutsche Post entwickelten StreetScooter, das just zwei Tage vor seinem Vortrag vorgestellte Silent Air Taxi und die Elektrofahrzeuge von e.Go. Von ihnen können sich die Teilnehmer nach der Mittagspause ein eigenes Bild machen. Der Showroom ist keine fünf Gehminuten entfernt – vorbei an Wiesen und Schafen. Appetit auf diesen Ausflug macht zuvor Dr. Casimir Ortlieb, der CEO und Co-Founder von e.Go Digital, in seinem Impulsvortrag „Mobility-as-a-Service – Paradigmenwechsel für die Mobilität von morgen“. Auch für Ortlieb ist klar: Die Probleme und Bedürfnisse der Zeit verlangen neue Ideen und Geschäftsmodelle. Vernetzte Konzepte, die dem Nutzer immer genau das Verkehrsmittel zur Verfügung stellen, das er braucht. FLEXIBILITÄT FÜR DIE STRASSE Dem Öcher Long Wajong, einem knapp 25 Meter langen Doppelgelenkbus auf Aachens Straßen, spricht Ortlieb zu Stoßzeiten durchaus seine Berechtigung zu. „Aber 90 Prozent der Zeit transportiert er eigentlich nichts anderes als Luft.“ Flexible Kleinshuttle wie der e.Go Mover, ein 4,5 Meter langer Elektrobus mit Raum für 15 Menschen, könnten dann eine Alternative sein, die den Verkehrsfluss verbessern. Hintergrund seines Mobility-as-a-ServiceGedankens ist, via Smartphone Alternativen einfach zur Verfügung zu stellen und so einen komfortablen Reiseweg zu ermöglichen.

bringt noch die ökologische Komponente rein. Keineswegs als Spielverderber, sondern charmant und stichhaltig, indem er wirtschaftlichen Erfolg und Klimaschutz nicht als Widerspruch darlegt, sondern als wechselseitige Bedingung. Doch weil die Themenreise nicht in Einbahnstraßen verläuft, weil sie vom Austausch lebt, ist das Auditorium auch in Aachen dazu aufgerufen, sich zu beteiligen. Standort, Produktion und Mobilität – dieser Dreiklang hallt zunächst in einer Podiumsdiskussion wider, die sich erneut um Daten und den Plattformgedanken dreht. Standort, Produktion und Mobilität sind ebenso der Leitfaden für die sechs Workshops, in denen die Teilnehmer mitdenken und mitgestalten sollen – und dies auch tun. „Benötigt das Unternehmen der Zukunft überhaupt noch einen Standort?“, will Eike Wenning von Drees & Sommer von seinen Zuhörern wissen. Ja, antworten die, zumindest vorerst noch, weil der Mensch erst gewisse Gewohnheiten abstreifen müsse, bevor Unternehmen neue Arbeitswelten erschließen könnten. Im Nebenraum kommt Bernhard Tillmanns zu einem ganz ähnlichen Fazit: Smarte Gebäude seien technologisch möglich, der Mensch müsse nur mitziehen. Konstruktiv geht es in den Workshops zu, mitunter auch launig.

Die Probleme und Bedürfnisse der Zeit verlangen neue Ideen und Geschäftsmodelle. Vernetzte Konzepte, die dem Nutzer immer genau das Verkehrsmittel zur Verfügung stellen, das er braucht.“ Dr. Casimir Ortlieb, CEO & Co-Founder, e.GO Digital

Es ist ein gewaltiger Input, der auf das Auditorium in diesen drei Impulsvorträgen einprasselt. Und es bleibt nicht der letzte. Maximilian Rüger, Botschafter der Allianz für Klima und Entwicklung,

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CO2-Neutralität wird Realität. Man muss es nur wollen.“ Stephan Alberth, Group Vice President, ABB

Stephan Alberth und Stefan Ahlers von ABB nehmen ihre Mitstreiter mit auf die „Mission to zero“ und verkünden: „CO2-Neutralität wird Realität“ – wenn man es will. Dr. Max Winkler von KION bringt Industrie 4.0 und IoT in die Intralogistik und sieht ein Hindernis für die effizientere Technologie in fehlenden Kommunikationsstandards der unterschiedlichen Systeme und Hersteller – ein durchaus überwindbares Hindernis. Und im MobilityBlock zeigen in einem der beiden Räume Claus Bürkle und Fabian Gierl von Drees & Sommer, wie Unternehmen das veränderte Mobilitätsverhalten sich wirtschaftlich zunutze machen können, während im anderen Raum Dr. Julian Popp und Prof. Josef Stoll von MHP nahelegen, dass man das

Rad nicht immer neu erfinden muss, um die Logistiklandschaft zu verändern. Vorhandene Konzepte neu zu denken könne die Devise sein. Warum sollte man etwa S-Bahnen in der Nacht nicht zu Logistiktrams machen? DIE LÖSUNGEN SIND GREIFBAR Es ist ein perfekter Schlusspunkt für den Tag. Weil das Beispiel zeigt: Die Lösungen sind greifbar, man muss sie nur klug nutzen. Das nehmen die Themenreise-Akteure mit aus dem Cluster Smart Logistik, dem „außergewöhnlich inspirierenden Ort“, wie ihn Jörg Nolte genannt hat. Und sie sind gewillt, das Mitgenommene in ihren Unternehmen umzusetzen. Damit sie die Zukunft gestalten können.

Weitere Informationen zum Themendialog in Aachen finden Sie hier:

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TEILNEHMENDE UNTERNEHMEN > ABB > Allianz für Klima und Entwicklung > AXON Ivy > Cisco Systems > Cognigy AI > Covestro > Drees & Sommer > Dudoq Real Estate > E.GO Digital > E.ON > Executive Interim Partners > Herbert Waldmann > Johnson Controls > Kaironos Invest > KION Group > MHP Management- und IT-Beratung > Microsoft Germany > Omega Immobilien > Phoenix Contact > Plant for the Planet > RBS Projekt Management > RheinEnergie >R obert Bosch > RWTH Aachen > Santander > Schooldesigner > SIBE > Siemens > Signify > Signium Germany > Sonah > VDI Verlag > Vecara > Vortmann > ZF Friedrichshafen

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FACTS & FIGURES WEITERE PLANUNG

Themenbereich Wasserstoff

2020 SOLLEN ES:

ANZAHL DER WASSERSTOFFTANKSTELLEN IN DEUTSCHLAND IM JAHR 2019: → doppelt so viele wie vor zwei Jahren. ➜ Quelle: Deutsche Welle

70

100

SEIN, 2021 DANN:

140

ZUM VERGLEICH Anzahl der Tankstellen insgesamt in Deutschland im Jahr 2019: ➜ Quelle: Statista

14.459

ANZAHL DER BRENNSTOFFZELLEN, die der Konzern Hyundai laut seiner Strategie im Jahr 2030 jährlich produzieren will:

7 0 0. 0 0 0

Damit verbundene Prognose für den Anstieg der Brennstoffzellen als Heißwasser- und Stromlieferant für Eigenheime: (2019)

30 0. 00 0

auf mehr als

FÜNF MILLIONEN

➜ Quelle: Handelsblatt

(2030)

ANTEIL JAPANS an der weltweiten Förderung der Wasserstofftechnik im Jahr 2017:

41 ,1 8

/ 3 50 . M IO ZUM VERGLEICH USA 125 Mio. EU 150 Mio. Deutschland 85 Mio. weltweit 850 Mio.

➜ Quelle: McKinsey&Company

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Themenbereich CO2-Footprint

MENGE AN CO 2, die eine einzige Suchanfrage bei Google in etwa verursacht:

GESCHÄTZTER ANTEIL AN DEN WELTWEITEN

TREIBGASEMISSIONEN IN PROZENT:

→ Suchanfragen pro Sekunde:

6 5. 0 0 0

0,2

GR AM M

➜ Quelle: Frankfurter Allgemeine Woche

ICT-Branche/ digitaler Datentransfer:

Zivile Luftfahrt:

3,7

2-2,5

pro Personenkilometer bei durchschnittlicher Auslastung im Fernverkehr:

➜ Quelle: The Shift Project

GESCHÄTZTE MENGE DES CO 2EMISSIONSFAKTORS für den Strommix in Deutschland im Jahr 2018:

474

GR AM M  / K WH ZUM VERGLEICH 1990 waren es noch: ➜ Quelle: Statista

MENGE AN EMITTIERTEM CO 2, Reisebusse 30 g * Bahn 40 g Pkw 137 g ➜ Quelle: Umweltbundesamt

* gilt wegen der geringeren Auslastung nicht für Fernlinienbusse

DEUTSCHER ERDÜBERLASTUNGSTAG 2019:

764

GR AM M /  KW H

GLOBALER ERDÜBERLASTUNGSTAG 2019 Tag, an dem die gesamten nachhaltig nutzbaren Ressourcen für 2019 verbraucht waren, die der Weltbevölkerung rechnerisch zur Verfügung stünden, wenn sie nur so viel nutzen würde, wie sich im selben Zeitraum regenerieren. ➜ Quelle: Global Footprint Network

→ Anzahl der Erden, die wir bräuchten, wenn alle Menschen so leben würden wie die Deutschen:

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SCHNELLBOOTE UND TANKER AUF GEMEINSAMER MISSION Special der Themenreise – Hackathon im DS HUB in Stuttgart

Bei dem ersten Hackathon im Rahmen der Themenreise trafen vom 20. bis 22. September 2019 in Stuttgart junge Entwickler aus Start-ups auf Entscheider aus der Immobilien- und Elektronikbranche. Ziel: innerhalb eines Wochenendes die Grenzen des Möglichen auszuloten und zu zeigen, wie man Emotionen für Gebäude-Applikationen sinnvoll nutzen kann.

Ein Hackathon ist das perfekte Tool für die Beschleunigung von Innovationsprozessen.“ Nathanie Ursinus-Vasiliadis, Digital Business Managerin und Start-up-Expertin, Drees & Sommer

Der Ruf von Phoenix Contact, der Ed. Züblin AG und Drees & Sommer ging hinaus in die Start-up-Welt und die kreativsten Köpfe hörten ihn. Aus Berlin, Köln, Düsseldorf, Wien und dem Ruhrgebiet reisten sie herbei, um im Drees & Sommer Innovation Hub (DS HUB) ebenjene Köpfe für ein Wochenende zusammenzustecken. Das Thema, dem sie sich widmeten, lautete „Emotional Building“ und folgte dem Beispiel anderer Branchen wie der Automobilbranche, die längst erkannt haben, dass eine Nutzerzentrierung eine Emotionalisierung mit einschließt. Das auch im Zusammenhang mit Gebäuden zu verstehen, ist wichtig, spielen die doch eine sehr große Rolle in unserem Leben. Bis zu 90 Prozent unserer Zeit verbringen wir in ihnen. Junge Entwickler mit Sinn für Zeitgeist und Technik mit Entscheidern führender Firmen zusammenzubringen, die gemeinsam Prototypen und Konzepte mit Lösungspotenzial für eine Heraus-

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forderung der Gegenwart suchen – das ist der Gedanke hinter Hackathons (kurz für Hack und Marathon). „Es ist das perfekte Tool für die Beschleunigung von Innovationsprozessen“, sagte Nathanie Ursinus-Vasiliadis, Digital Business Managerin und Start-upExpertin bei Drees & Sommer – und behielt recht. Der ThemenreiseHackathon zeigte: Die Expertise der Corporates und der Spirit der Startups ergänzen sich sehr gut. Er förderte innerhalb kürzester Zeit innovative Prototypen zutage und schuf die Voraussetzungen für ein gemeinsames Innovationsnetzwerk. Wissen teilen und von den Fehlern und Erfolgen des anderen lernen – so lautete der Grundtenor. Das Triumvirat der Gastgeber trat mit klaren Fragestellungen für den Wettbewerb an die Start-ups heran. Phoenix Contact wünschte sich Ideen für eine smarte Gebäudesteuerung anhand eines Nutzerfeedbacks, die Ed. Züblin


L A I C SPE

AG interessierte sich für die emotionale Kommunikation bei der Planung mit den Projektbeteiligten und für Drees & Sommer stand das Nutzererlebnis in der Immobilie der Zukunft im Fokus. „Mit State-of-the-Art-Technologien und kreativen Ideen aus der Startup-Szene können wir den Betrieb von Gebäuden ein Stück weit revolutionieren“, sagte Bernhard Tillmanns, Head of Global Industry Management Building Technology bei Phoenix Contact. „Virtual und Augmented Reality sind Technologien, die für uns im Bauprozess, aber auch im Beratungsprozess sehr wegweisend sind“, fügte Dr. Ulrich Klotz aus dem Vorstand der Ed. Züblin AG hinzu. Die 70 Teilnehmer der Hackathon-Premiere einte eine Überzeugung: Firmen, die sich in der Vergangenheit den Status eines Marktführers erarbeitet haben und ihn halten möchten, profitieren von der Agilität und Flexibilität der Start-ups. Weil die einen aufgrund zuweilen starrer Strukturen wie ein Tanker

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teilweise schwerfällig agieren, während die anderen flugs und zielsicher durch den Wandel navigieren, da sie sich mit ihren Schnellbooten mühelos in für andere undurchsichtige Gewässer bewegen. Dringlichstes Beispiel: die Digitalisierung. „Gebäude generieren heutzutage viele Daten, die nicht genutzt werden. Da sehen wir ein erhebliches Potenzial“, sagte Patrick Theis, Partner und Geschäftsführer bei Drees & Sommer.

Weitere Informationen zum Hackathon finden Sie hier:

Weitere Informationen zu den CREATORS-Programmen:

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Ein Projekt, das zeigt, was mit kombinierter Kompetenz in smarten Quartieren möglich ist, ist das Spring Park Valley in Bad Vilbel, das der Investor Jörg-Peter Schultheis als „Talentschmiede“ bezeichnet. Beim Hackathon gab Schultheis den Teams in einem Vortrag spannende Impulse – und fahndete anschließend nach neuen Talenten für seine Schmiede. Schultheis war Teil der siebenköpfigen Jury aus Experten der Immobilien- und Innovationsbranche, die die Sieger des Wettbewerbs kürte. Ebenfalls zur Jury gehörten Dr. Teresa Mandl, CEO von T.V.T Swissconsult, Lothar Kuhn, stellvertretender Chefredakteur von Edison Media, Dr. Ulrich Klotz, Vorstand Ed. Züblin, Bernhard Tillmanns, Head of Global Industry Management Building Technology, Phoenix Contact,

Prof. Dr.-Ing. Viktor Grinewitschus, Techem Stiftungsprofessur für Energiefragen der Immobilienwirtschaft an der EBZ Business School, und Patrick Theis, Partner bei Drees & Sommer. DIE SIEGER DES WETTBEWERBS Auf Platz eins landeten Jean Baptiste Dupas und Michael Dittel von Leaftech aus Berlin mit ihrer App Hestia, einer Komfortassistentin für Klima-, Licht- und Klangbedingungen in Gebäuden. Dahinter folgte das Start-up Dabbel mit seinem Modell für anpassungsfähige Immobilien, die ihren Nutzern das maximale emotionale Wohlbefinden ermöglichen. Die Drittplatzierten von WeAre entwickelten den Prototypen einer Virtual-Reality-Kollaborationslösung mit dem Ziel, dass Nutzer unabhängig von Ort und Zeit die Gewerke von 3-D-Konstruktionsdaten begutachten und besprechen können. Die Sieger teilten sich ein Preisgeld von 10.000 Euro – und knüpften fruchtbare Kontakte zu neuen Partnern, die ihre Innovationen umsetzen möchten. Aber nicht nur sie: Einige der Start-ups sind nun Teil des Acceleratorprogramms von Drees & Sommer, in dem weitere Anknüpfpunkte mit der Bau- und Immobilienbranche gesucht werden.


TEILNEHMENDE UNTERNEHMEN > Aedifion > COZYO > DABBEL - Automation Intelligence > Drees & Sommer > E BZ Business School > Edison Media > Hatchery > Hochschule Ruhr West > Leaftech > noah systems > Phoenix Contact > PROPSTER - der Sonderwunsch Meister > Spring Park Valley > T.V.T. Swissconsult > Züblin

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MUT ZUR FREIHEIT

INTERVIEW MIT DANIEL WEISS, FINANCIAL DIRECTOR UND CO-FOUNDER DER MOTIUS GMBH, ÃœBER INNOVATIVE BROTZEITEN UND DIE AUTOMATISIERUNG VON PERSONALENTSCHEIDUNGEN

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MOTIUS GMBH

> Aus der Überzeugung heraus, dass Entwickler mehr Einfluss brauchen, gründete ein Quintett im Jahr 2013 die Motius GmbH als R&D-Unternehmen mit Techies an vorderster Front. > Den Beweis, in der Lage zu sein, innovative und bahnbrechende Industrieprojekte zu gestalten, erbrachte Motius derart überzeugend, dass das Team inzwischen mit führenden Unternehmen die Produkte von morgen entwickelt. > Hauptsitz von Motius ist München, Büros finden sich auch in Stuttgart und in Dubai. > In der DACH-Region, den USA und Asien will es sich als Nächstes etablieren. > Kennzeichnend für das Unternehmen ist seine fluide Struktur. Für jedes Projekt wählt Motius aus einem eigenen Talentpool mit 800 Experten für neue Technologien die jeweils passenden Entwickler aus.

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„MUT ZUR FREIHEIT“ Drees & Sommer (DS): Herr Weiss, was müssen Unternehmen im Jahr 2019 aus Ihrer Sicht tun, um führend zu bleiben oder führend zu werden? Daniel Weiss (DW): Was wir in der Zusammenarbeit mit vielen unseren Kunden erleben, ist, dass die große Herausforderung darin besteht, den Spirit eines Start-ups in die bestehenden Strukturen einer großen Firma reinzubringen. Du brauchst eine andere Denkweise, um die Themen anzugehen, die die Organisation wirklich verändert und sie nicht nur inkrementell verbessert. Die Tools, die du als Unternehmen brauchst, um das gewünschte Ergebnis deines Strategieprozesses auf die Straße zu bringen, sind vielfältig und individuell. Du musst das für dich passende Setup finden. DS: Wenn wir nach Asien oder in die USA blicken, sehen wir, dass dortige Start-ups mit unglaublichen Geschwindigkeiten voranschreiten. In Deutschland, der DACH-Region und Europa scheinen wir in diesem Wettbewerb nicht mitzukommen. Worin sehen Sie die größten Barrieren bei uns? DW: Ganz egal, ob es um ein Start-up geht oder um neue Innovationseinheiten und Projekte in einem großen Unternehmen: Um große Würfe zu landen, musst du zwei Welten in einer gesunden Balance zusammenbringen. Du brauchst technologische Kompetenz

und du brauchst Kreativität. Wir denken in Deutschland häufig zu technologiegetrieben. Eine Supertechnologie allein bringt dir nichts, wenn du keinen Use Case hast. Du musst auch den Nutzer im Blick haben und dich fragen: Gibt es bei deinem neuen Produkt überhaupt einen Bezug zu den Menschen und ihren Problemen? „Wir denken in Deutschland häufig zu technologiegetrieben.“

DS: Wie lautet die Erfolgsstrategie von Motius? DW: Wir haben ein Format entwickelt, das wir – typisch München – „Innovation Brotzeit“ nennen. Da treffen Vertreter des Kunden mit Leuten aus unserem Talentpool zu Weißwürsten und Brezen an einem Tisch zusammen, einzig mit dem Ziel, ein Problem zu lösen, das wir an die Wand werfen. Da sind von uns Data-Experten dabei, die sich wirklich tiefgehend mit neuen Technologien auskennen, die Leute mit Design Thinking, die als Advokaten der Nutzer auftreten, und die Visionäre, die um die Ecke denken. Und dann beleuchten wir das Problem aus allen Perspektiven, stellen Hypothesen auf und überlegen uns die nächsten Schritte, um die zu testen und Prototypen zu schaffen, die wir den potenziellen Nutzern an die Hand geben können und um, falls wir positives Feedback


bekommen – und auch nur dann –, in die Produktentwicklung zu gehen.

von uns Hilfe erwarten, Prototypen und Produkte zu entwickeln.

DS: Aber diese „Innovation Brotzeit“ kommt erst nach der Beauftragung? DW: Dieser erste Schritt ist für unsere Kunden kostenlos. Die müssen die richtigen Ansprechpartner und alle wichtigen Materialien mitbringen und sich Zeit nehmen, was schon eine Herausforderung ist. Wenn wir dann am Ende der Brotzeit etwas haben, das wir gemeinsam aufsetzen können, ist das für uns wertvoller, als den Workshop mit ein paar Tausend Euro abrechnen zu können.

DS: Kooperiert Motius mit diesen Strategieunternehmen direkt? DW: Es gibt keine formalen Kooperationen, aber ein Netzwerk mit unterschiedlichen Partnern.

DS: Wie finden Sie Ihre Kunden? DW: Viele finden uns. Wenn wir mit Abteilungen einer großen Firma erfolgreich zusammengearbeitet haben, spricht sich das natürlich herum. DS: Das heißt, Sie suchen und finden nicht, sondern Sie lassen sich finden? DW: Wir suchen natürlich trotzdem. Ich schätze, etwa 70 Prozent unserer Kunden kommen durch Weiterempfehlung zu uns. Den Rest sprechen wir aktiv an, zum Beispiel auf Messen. Da steckt ein Prozess dahinter, in dem wir zunächst identifizieren, welche Branche sich verbessern muss. Zum Beispiel haben wir im Smart-City-Infrastruktur-Bereich gesehen, wie relevant das Thema ist und wie groß die Nachfrage dort ist. Nachdem wir mit einzelnen Unternehmen zusammengearbeitet haben, sind wir auf andere Marktplayer zugegangen. Oder wir stoßen zu Firmen hinzu, die von Strategieberatern gesagt bekommen haben, dass sie etwas tun müssen, und bei denen schon klar ist, welche Technologietrends einfließen sollen und welche Kundengruppe angesprochen werden soll, aber die sich

„Ich schätze, etwa 70 Prozent unserer Kunden kommen durch Weiterempfehlung zu uns.“ DS: Wie schaffen Sie es, immer auf dem neuesten Stand des technologischen Wissens zu sein und die Umsetzungskompetenz hochzuhalten? DW: Da kommt uns unsere außergewöhnliche interne Struktur zugute. Wir haben eine aus 45 Festangestellten bestehende Kernmannschaft von Projektmanagern und zusätzlich einen Talentpool mit 800 Studenten, Doktoranden, Forschern, Freelancern und Industrieexperten, die nah an der Uni und damit an den technischen Trends sind. Wir haben diese ganzen Spezialisten auf einer Plattform registriert und sobald wir einen Produktentwicklungsprozess starten, matchen wir automatisiert die richtigen Leute für die richtigen Phasen und stellen sie per Werkvertrag ein. Für den Kunden heißt das: fester Preis für jeden Milestone und kein Bodyleasing. DS: Und wie überzeugen Sie die Experten davon, für Motius arbeiten zu wollen? DW: Nach sechs Jahren hat sich da ein sich selbst verstärkender Kreislauf entwickelt. Wenn wir mit unseren Kunden an Themen arbeiten, die auf der CES in Las Vegas präsentiert werden, oder wenn wir für Porsche die Hauptprojektverantwortung für die neuen Stra-

Zielführende Strategieprozesse brauchen das passende Setup mit individuellen Tools.

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ßenlaternen in Dubai übernehmen, lockt das automatisch gute Leute an, die Abwechslung suchen und an vorderster Front der neuen Trends arbeiten wollen. Diese Experten brauchen wir im Übrigen auch, um an die spannenden Projekte zu kommen. Und dann ist es natürlich wichtig, eine starke Präsenz an den Unis zu zeigen. Nicht nur in Deutschland, sondern zum Beispiel auch in Stanford oder an der ETH Zürich.

Interviewteilnehmer: Götz Schönfeld, Drees & Sommer Daniel Weiss, Motius Kim Weinmann, Drees & Sommer

„Wir haben die Vision einer Autonomous Company.“ DS: Wie läuft die Mitarbeiterauswahl: komplett über KI oder haben Sie auch HR-Experten an Bord? DW: Der gesamte Prozess ist so weit wie möglich automatisiert. Unser Mindset zu allen datengetriebenen Systemen ist aber, dass sie Supportsysteme sind. Das heißt: Die Systeme geben zwar eine Empfehlung ab, aber am Ende entscheidet immer der Mensch. Und mit seiner Entscheidung erfolgt ein Feedback-Loop zum System. Wir haben die Vision einer Autonomous Company. Sei es beim Personal oder beim Projektmanagement: Wir sammeln alle zur Verfügung stehenden Daten, tracken, welche Entscheidung ein Mensch mithilfe des Datensatzes treffen würde, lassen das System eine Empfehlung abgeben und spielen zurück, ob wir ihr folgen oder nicht. Dadurch verbessert sich das System ständig und kommt immer näher an den menschlichen Entscheidungsprozess ran. DS: Die richtigen Fachkräfte für die spezifischen Herausforderungen zu finden, dürfte für Sie ja auch allein deshalb unverzichtbar sein, weil Sie nicht einfach mal schauen können, wohin die Reise geht, sondern fokussierte Innovationsentwicklung betreiben wollen.

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DW: Richtig. Wir haben als Vertragspartner die Qualität zu liefern, die wir zu dem Preis versprochen haben. Wie wir dorthin kommen, ist unser Bier. Unsere Projekte starten zwar in frühen Innovationsphasen, gehen aber bis hin zur Entwicklung von IT-Produktivsystemen mit einem Projektvolumen im siebenstelligen Bereich, wo dann externe Firmen die IT-Sicherheitstests machen und wir uns für Konzerne um Versicherungsdaten in Deutschland oder Südamerika kümmern. DS: Wie ist Ihr Verhältnis zu den internen Innovationsabteilungen der Unternehmen, mit denen Sie zusammenarbeiten? Die haben ja eigentlich von ihren Corporates die Aufgaben bekommen, die Sie als externe Einheit dann ebenfalls übernehmen. Stehen Sie mit denen in Konkurrenz? DW: Vielleicht zu zehn Prozent. Zu 90 Prozent ist es Zusammenarbeit. Entweder wir setzen ein Thema gemeinsam auf und führen es vom Anfang bis zum Ende durch, oder, was auch häufig vorkommt, die frühe konzeptionelle Arbeit passiert in den internen Abteilungen und wir stoßen hinzu, wenn es um die Entwicklung der Prototypen oder der Produkte geht. DS: Ergänzen die in Ihrem Geschäftsmodell angewandten Entwicklungsund Produktionsprozesse die alten oder werden sie sie auf kurz oder lang komplett verdrängen? DW: Die Unternehmen müssen aus ihrer Strategieentwicklung heraus entscheiden, in welchen Geschäftsfeldern sie sich inkrementell verbessern möchten und in welchen die Umbrüche so groß sind, dass das Business radikal neu gedacht werden muss. Ersteres darf man nicht völlig vernachlässigen, wenn es um Letzteres geht, habe ich einen Appell an die Corpo-


rates: Habt den Mut und lasst dem Start-up seine Freiheit. Lasst es laufen. Nur dann ist das Team dahinter wirklich motiviert und kann etwas aufbauen. Die Corporates sind als Investor oder strategischer Partner immer noch in der Pole Position und können das Start-up, sobald es groß ist, zurückkaufen, an der Wertsteigerung partizipieren oder von einer Zusammenarbeit profitieren. DS: Einige Unternehmen scheinen sich da vor dem Kontrollverlust zu fürchten. Sie sehen im neuen Spiel und in der neuen Welt ihre alten Geschäftsmodelle in Gefahr. DW: Es kommt auf die Ziele an. Wenn es ihnen darum geht, neue Ideen zu entwickeln, die interne Projekte oder Produkte befruchten sollen, ist ein eng an die Firma gekoppelter Innovationshub der richtige Ansatz. Aber wenn komplementär zum bisherigen Geschäftsmodell eine eigenständige neue Unit entstehen soll, ist ein hoher Freiheitsgrad nötig. Es ist einfach ein ganz anderes Setting, wenn du dich nicht mit einem 40-Stunden-CorporateVertrag Start-up nennst, sondern als Gründer selbst im Feuer bist und die Firma dir gehört. „Mein Appell an die Corporates: Habt den Mut und lasst dem Startup seine Freiheit. Lasst es laufen.“ DS: Das Risiko ist höher. Der potenzielle Gewinn aber auch. DW: Wenn man etwas Großes, also ein wirklich erfolgreiches Start-up bauen will, ist das der einzige Weg. DS: Wie häufig fragen Sie sich, was Sie intern bei Motius optimieren können? DW: Nonstop. Unser Blick geht ständig nach innen, weil wir uns als erstes Spielfeld für Erfahrungen sehen, wenn

es darum geht, Prozesse zu automatisieren und das möglicherweise auf Kunden zu übertragen. DS: Was sind aktuell noch Ihre größten Schwächen? DW: Ich würde es nicht Schwäche nennen, aber wir prüfen in einem internen Scoring, wie weit der Automatisierungsgrad unserer einzelnen Abteilungen und Bereiche schon ist. Beim autonomen Fahren gibt es fünf Levels, auf die man Autos je nach Automatisierungsgrad einstuft. Dieses Bild habe ich im Kopf. Bei HR-Prozessen haben wir wie erwähnt schon einen hohen Grad erreicht, da liegen wir meiner Ansicht nach auf Level vier. Ein Thema für 2020 ist automatisiertes Projektmanagement. In diesem Bereich geschieht vieles noch sehr manuell. Der Projektmanager muss unterschiedliche Tools anschauen, um zu einer Handlungsentscheidung zu kommen. Daten können aber zeigen, wenn eine Person zehn Prozent weniger arbeitet als versprochen oder wenn die Code-Qualität automatisierten Tests zufolge unterdurchschnittlich ist. Eine Handlungsempfehlung auf Basis dieser Informationen wäre, ein Pair Programming vorzuschlagen, also ein gemeinsames Programmieren mit einer anderen Person, um die Qualität zu erhöhen. DS: Heißt es für Sie also nicht mehr „All Business is People Business“, sondern „All Business is KI-Business“? DW: Es ist immer ein Zusammenspiel von Mensch und künstlicher Intelligenz. Das System gibt eine Empfehlung ab, der Mensch entscheidet. Wenn das System oft genug das Richtige vorgeschlagen hat, kann es irgendwann eigenständig entscheiden. Aber es wird nie so sein, dass wir bei uns keine Projektmanager mehr sitzen haben.

KI kann den Projektmanager nicht ganz ersetzen.

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DS: Gibt es spezifische Produktbereiche, auf die sich Motius konzentrieren möchte, oder sind Sie offen für alles? DW: Der Status quo ist, dass wir zwei Schwerpunkte haben: die Automotive-Branche mit Themen wie autonomes Fahren, Sensorfusion oder innovative Bedienkonzepte, wo wir zuletzt einiges auf der CES in Las Vegas vorgestellt haben, und den Bereich IoT. Da machen wir viel in Sachen Smart City und Smart Production Plant. Das ist aber alles sehr marktgetrieben. Sollte in 15 Jahren die synthetische Biologie die größte Technologie sein, werden wir andere Produkte für andere Unternehmen entwickeln. Durch unsere fluide Talentpoolstruktur legen wir den Fokus immer auf New oder Emerging Technologies. Es gibt kaum Firmen, die einen besseren Prozess haben als wir, um die richtigen Experten an den Universitäten zu finden. DS: Aber sind wirklich die Unis die Quelle der Cutting-edge-Innovationen oder nicht doch eher die Unternehmen in Shenzhen und im Silicon Valley? DW: Das bedingt sich gegenseitig. Wenn wir den Bereich Maschine und Deep Learning anschauen, dann ist das Thema in der Forschung entstanden. Einige Unternehmen haben das aufgegriffen und weitergetrieben. Aber es ist durch Open-Source-Veröffentlichungen ein Kreislauf entstanden, der Loop zurück zu den Universitäten und zu den Talenten, die dann in unseren Pool fließen, ist da.

Motius sieht Nachholbedarf beim Vernetzungsgrad der Dinge.

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DS: Welche Themen werden uns Ihrer Ansicht nach denn tatsächlich in nächster Zeit beschäftigen? DW: Wir sehen zwei Haupttrends. Beim ersten geht es um die Vernetzung von Geräten. Wir haben da noch eine weite, weite Reise vor uns. Der Vernetzungsgrad lässt bislang eine ganze Reihe von Use Cases wegen zu hoher Hürden noch nicht entstehen. Die Things kön-

nen eben doch noch nicht so gut miteinander reden, wie das die Marketingbroschüren behaupten. DS: Nur bei uns nicht? In China ist das ja alles schon ausgeprägter als hier. DW: Zu einem gewissen Grad ja. Aber das Kernproblem, die mangelnde Kompatibilität unterschiedlicher Systeme, Sensoren oder IT-Plattformen, ist trotzdem da. Es kann noch nicht alles mit allem reden, da ist der Integrationsaufwand noch zu hoch, um das wirklich effizient auszurollen. DS: Und der zweite große Trend? DW: Das ist die datengetriebene Automatisierung, bei Produktionsprozessen, in Gebäuden und – das ist mein Lieblingsthema – bei Firmen selbst. Wir arbeiten uns bei Motius langsam von Level 2 auf Level 3 hoch. Die meisten Unternehmen stehen noch auf Level 0. DS: Kommen wir auf die Immobilienbranche zu sprechen. Gegenüber welchen neuen Lösungen sollten Unternehmen bei ihrer Standortentwicklung offen sein, auch im Hinblick auf das Thema CO2-Neutralität? DW: Die Grundherausforderung, die sich auch für uns stellt und die natürlich Schwierigkeiten mit sich bringt, ist, auf die Mitarbeiter zu hören und das im Setting Gebäude umzusetzen. Als wir angefangen haben, hatten wir zum Beispiel deutlich mehr Open-Office-Flächen, bis wir im Abstimmungsprozess den Wunsch nach störungsfreier Zeit in einem Silent Room mitbekommen haben. Das Thema CO2-Neutralität ist ebenfalls stark von Mitarbeitern getrieben. Wir sehen uns da keinesfalls als Thought Leader. Wir struggeln da genau wie alle anderen. DS: Ehrlich? Wir hätten jetzt erwartet, dass das Thema CO2-Neutralität für Sie ein Haupttreiber ist und Sie stark


in Richtung „Green Tag“ gehen. Autonomes Fahren hat schließlich auch schon eine grüne Komponente. DW: Stimmt, genau wie Elektrifizierung. Durch IoT gibt es auch ein großes Energieeinsparpotenzial. Aber wir haben das bisher immer nur unter dem Aspekt der Kosteneinsparung mitbekommen, nicht unter dem der Nachhaltigkeit. Wenn sich ein Projekt in dem Bereich nicht über Kosteneinsparungen selbst finanziert, wird es nicht gestartet. Das ist die traurige Wahrheit. DS: Müsste sich Ihre Generation angesichts der Probleme unserer Zeit nicht viel stärker für eine engere Verknüpfung von Ökonomie und Ökologie einsetzen? DW: Ich glaube, es wird einen Wakeup-Call in den Finanzabteilungen ge-

ben, sobald die Unternehmen merken, dass sie nur noch dann die besten Talente bekommen, wenn sie in dem Bereich Vorreiter sind. DS: Hätten bei Motius auch Quereinsteiger eine Chance, als Mitarbeiter dabei zu sein und von der künstlichen Intelligenz wahrgenommen zu werden? DW: Na klar. Das Schöne ist ja, dass es im Internet sehr viele Weiterbildungsmöglichkeiten zu den neuen Technologien gibt, etwa für Diplom-Maschinenbauer, die nach dem Studium ein, zwei Jahre in dem Bereich gearbeitet haben und jetzt in die Informatik gehen wollen. Diese Umschulungsmöglichkeiten sind auch wichtig, vor allem für uns in Deutschland. Wir produzieren zwar viele Maschinenbauer, was wir aber eigentlich brauchen, sind Informatiker.

DANIEL WEISS

Noch während seines „Technology and Management“-Studiums an der Technischen Universität München mit Forschungsaufenthalten in Stanford, USA, und dem University College in London, England, gründete Weiss gemeinsam mit vier Freunden die Motius GmbH, deren Financial Director er heute ist. Zuvor hatte er als Innovation Consultant bei BMW und als Junior Analyst beim Private-Equity-Dachfondsmanager Braun & Schreiber in München Erfahrung gesammelt. Faszinierende Produkte entwickeln zu wollen, die die Welt noch nicht gesehen hat, nannte Weiss 2016 im Interview mit der Süddeutschen Zeitung als Antrieb für seine Tätigkeit und bekundete: „Es macht Spaß, das ist das Allerwichtigste.“

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ALLES, AUSSER GEWÖHNLICH Themendialog 2019 in Rottweil

Zum Finale der Themenreise 2019 kommen 120 Entscheider und Experten auf 232 Metern Höhe im thyssenkrupp Testturm Rottweil zusammen. Sie lernen: Wenn der wirtschaftliche Erfolg nachlässt, ist das kein Grund zum Klagen, sondern zum Umdenken.

Alle technischen Zutaten sind vorhanden, jetzt müssen wir sie nur noch kreativ zusammensetzen.“ Prof. Michael Cesarz, CEO, thyssenkrupp Elevator -MULTI-

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Sie nennt sich die „Stadt der Türme“, aber ein Turm sticht in Rottweil hervor. Der thyssenkrupp Testturm verleiht der von Mittelalterflair geprägten ältesten Stadt Baden-Württembergs den Anstrich von Zukunftsorientierung. „Sie haben sich das passende Plätzchen für Ihre Veranstaltung ausgesucht“, sagt Rottweils Landrat Wolf-Rüdiger Michel am 17. Oktober bei seiner Begrüßung im großen Konferenzraum des Turms. Ihm ist nicht zu widersprechen. Kluge Wege aus der glorreichen Vergangenheit in eine außergewöhnliche Zukunft aufzuzeigen, ist das Ziel der Themenreise 2019 gewesen. Nun ist es Zeit für ein Resümee. „Lassen Sie uns darüber sprechen, wie man richtige Dinge richtig tut.“ Mit diesem Appell wendet sich der Moderator Frank Knafla von Phoenix Contact ans Auditorium. Im Land der Weltmarktführer braucht es offenbar einen gewissen Leidensdruck, bevor die Führungsetagen der Unternehmen akzeptieren, wie fragil Erfolg ist und dass sie den Wandel annehmen sollten, bevor ihr Kerngeschäft zerbröselt. Die anwesenden

Spitzenkräfte haben das verstanden, deswegen sind sie hier, deswegen wollen sie lernen. Und der Gastgeber des Tages will ihnen erzählen, wie es funktionieren könnte, sich aufzumachen in eine rosige Zukunft, wenn die Umsätze rückläufig sind. Wie? „Durch Perspektivwechsel. Indem wir Dinge hinterfragen, die wir tagtäglich tun, nur weil wir sie immer so getan haben“, sagt Prof. Michael Cesarz. DER ERSTE AUFZUG OHNE SEIL „Mobilität 4.0 – eine neue Dimension für städtische Infrastruktur“ heißt Prof. Cesarz‘ Vortrag. Schon bevor der CEO von thyssenkrupp Elevator -MULTI- spricht, dürfen die Teilnehmer faszinierte Blicke in die Schächte des 40 Tonnen schweren Turms werfen, in dem das Unternehmen unter anderem seinen potenziellen neuen Verkaufsschlager testet: den MULTI. Der erste Aufzug ohne Seil mit mehreren Kabinen in einem Schacht, die nicht nur vertikal unterwegs sind, sondern auch horizontal, ist eine konsequente Weiterentwicklung des Paternoster-Prinzips mithilfe der Linearmotortechnik.


„Sie können sich vorstellen, was passiert, wenn Sie in einem Aufzugunternehmen den Ingenieuren mit der Idee kommen, die Seile abzuschneiden“, sagt Cesarz und hat die Lacher auf seiner Seite. Aber genau um die Irritation des Unhinterfragten geht es ihm ja, um die Suche nach wirklichen Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit. „Alle technischen Zutaten sind vorhanden, jetzt müssen wir sie nur noch kreativ zusammensetzen.“ Der MULTI könnte etwa in Mega-Wolkenkratzern zum Einsatz kommen. Er könnte über Luftbrücken Gebäude miteinander verbinden oder einen Anschluss zu Air-Taxis und der Metro herstellen. Die Anzahl der Kabinen in Betrieb ist steuerbar, die Kapazität wächst, die Wartezeit und der Raumbedarf für die Schächte schrumpfen.

Und möglicherweise, so Cesarz, werde sich thyssenkrupp künftig nicht mehr für den Aufzug bezahlen lassen, sondern für einzelne Fahrten. Seine Zuhörer lauschen dem mitreißenden Vortrag des -MULTI-CEOs aufmerksam. Natürlich kann Cesarz nicht jede ihrer Fragen beantworten. Der MULTI ist ja noch nicht fertig, 2023 soll er erstmals in Betrieb gehen. Aber ein gutes Beispiel für den Aufbruch zum Außergewöhnlichen abzugeben, das ist ihm gelungen. Und es gelingt auch Rainer Hundsdörfer, dem CEO von Heidelberger Druckmaschinen, der den Leidensdruck für das Maschinenbau-Vorzeigeunternehmen sofort klarmacht. „Wir haben es in den vergangenen zehn Jahren nicht mehr geschafft, wirtschaftlich erfolg-

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Wir haben es in den vergangenen zehn Jahren nicht mehr geschafft, wirtschaftlich erfolgreich zu sein.“ Rainer Hundsdörfer, CEO, Heidelberger Druckmaschinen

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reich zu sein“, sagt er. Weil Druck und Papier tot sind? Nein, das stimme nicht. Zeitungen mögen zwar verschwinden, die Zahl der aktiven Kunden drastisch sinken – von 40.000 vor knapp 20 Jahren auf heute noch 6000. Aber die, die noch da sind, produzieren fleißig Druckprodukte. Nur: Sie benötigen dafür weniger Maschinen. Für die Hersteller ist das ein Problem. Eines, das nach einer neuen Strategie verlangte. STRATEGIE MIT DREI ELEMENTEN Die nennt sich „Heidelberg goes digital“ und hat laut Rainer Hundsdörfer drei Elemente. Erstens: der Zugang zum industriellen Tintenstrahldruck, einer neuen Technologie, die das Potenzial habe, den Offsetdruck abzulösen. 70 Millionen Euro investiert Heidelberger

Druck in seine Entwicklung in diesem Bereich. „Das bringt uns erst einmal nichts als Kosten“, sagt der CEO. Betonung auf erst einmal. Das zweite Element widmet sich Daten als Basis für neue Geschäftsfelder. Weil Heidelberger Drucks Kunden ihre Maschinen direkt an die Server des Unternehmens andocken, weiß man dort genau, was der Kunde macht und was er braucht. „Dadurch kann ich ein Leistungsversprechen zusammenbinden und unsere Kunden zahlen mir nicht mehr den Input, sondern den Output“ – ein ähnliches Prinzip wie bei Cesarz‘ Idee, nicht mehr den Aufzug zu berechnen, sondern einzelne Fahrten. Heidelberg arbeitet an einer Plattform und will auf ihr auch andere Anbieter einbinden – zum Wohle aller. Vision:


zum Ökosystem der Print-Media-Industrie zu werden. „Wir wollen von einem Maschinenbauer mit hervorragendem Service zu einem Serviceprovider werden, der unter anderem auch Maschinen baut.“ Dafür – und das ist das dritte Element der Digitalstrategie – brauche es Operational Excellence, also Zeit, Geduld und interne Überzeugungskraft. „Die größte Herausforderung ist, die eigenen Leute mitzunehmen“, berichtet Hundsdörfer. Im Publikum nicken seine Zuhörer. Der Wandel in den Köpfen von Mitarbeitern ist träge, die Furcht um den eigenen Arbeitsplatz bremst, Altbewährtes blind weiterzutreiben ist komfortabler, als zu etwas Neuem aufzubrechen. Prof. Heinz Voggenreiter, Direktor am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), hat diese Erfahrungen ebenfalls gemacht, als das DLR intern seinen Transformationsprozess anstieß. „Was uns geholfen hat, war, den Leuten den Freiraum zum Querdenken zu geben“, berichtet er. Einige hätten ihn zwar angeschaut, als spinne er plötzlich, nachdem er sie aufgefordert hatte, alles infrage zu stellen – auch auf die Gefahr hin, Fehler zu machen. Aber sein Ziel habe er erreicht. Auch weil Menschen mit hybriden Kompetenzen – einer Fachkompetenz auf ihrem Gebiet und einer Grundkompetenz auf einem anderen – in interdisziplinären Teams überlegten, wie Daten ihre Forschungswelt auf den Kopf stellen. „Gerade die Schnittstelle der Disziplinen ist die Quelle für Innovation. Es ist unglaublich, was da für eine Dynamik entsteht.“ Jenen, die mit ihrem Unternehmen am Beginn der Reise stehen, rät Voggenreiter: „Digitalisieren Sie nicht Ihre alte Firma. Das geht schief. Und wenn sich konspirative Zellen bilden rund um neue Ideen, versuchen Sie nicht, diese Zelle in Ihre alte Firmenkultur zu inte-

grieren. Sonst killen Sie jeden weiteren Fortschritt.“ Der prägnante Hinweis dürfte den Teilnehmen noch in den Ohren klingeln, als sie in die Workshops aufbrechen. Zwei einstündige Sessions mit jeweils vier spannenden Themen stehen an. Ganz unten etwa im Kino auf Ebene null spricht Dr. Ralf Garlichs, der COO von Siemens Logistics über „Airport 4.0 – der Flughafen der Zukunft“. Auf 216 Metern Höhe referieren Dirk Woellhaf von Cisco und Torsten Gast von Phoenix Contact über IT-Sicherheit. Klima und Entwicklung, Mobilitätsentwicklungen und Herausforderungen für die Unternehmensimmobilie von morgen sind weitere Workshopthemen. Die zwei Stunden sind wie eine Miniversion der ganzen Themenreise 2019 mit allen wichtigen Fragen. Die zentralste Frage ist: Was soll man davon mitnehmen? WAS LEHRT UNS JAPAN? Und muss man das Rad gar nicht neu erfinden, sondern sich nur an einem Land mit einer ganz ähnlichen Entwicklung wie wir orientieren, das schon weiter ist? „Innovationsentwicklung am Standort Deutschland – Lessons learned from Japan“ lautet der Titel der abschließenden Podiumsdiskussion ganz oben auf dem Turm. Auf der höchsten Aussichtsplattform der Bundesrepublik treffen Hendrik Staiger (BEOS), Beate Ando (Baden-Württemberg international, BW-i), Heinz Wagner (Fujitsu), Prof. Stefanie Kisgen (School of International Business und Entrepreneurship GmbH, SIBE) und Prof. Heinz Voggenreiter (DLR) zusammen. Das Panel vereint geballte Expertise auf unterschiedlichen Gebieten. Und das kommt rüber. Die technologische Kompetenz im Land der aufgehenden Sonne ist unbestritten. „Japan ist seiner super aging society mit einer super smart society begegnet“, sagt Beate

Gerade die Schnittstelle der Disziplinen ist die Quelle für Innovation. Es ist unglaublich, was da für eine Dynamik entsteht.“ Prof. Heinz Voggenreiter, Direktor am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

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Die Bildungsbranche ist konservativ. Wir brauchen dringend weitreichende Veränderungen.“ Prof. Dr. Stefanie Kisgen, CEO bei Steinbeis School of International Business and Entrepreneurship (SIBE)

Weitere Informationen zur Abschlussveranstaltung in Rottweil finden Sie hier:

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Ando, bei BW-i die Leiterin der Länderbereiche Japan, Korea und Taiwan. Da kann Deutschland noch nicht richtig mithalten. „Wir sind in vielen Bereichen hintendran und müssten Gas geben“, beklagt Heinz Wagner. „Die Bildungsbranche ist konservativ. Wir brauchen dringend weitreichende Veränderungen.“, fordert Prof. Stefanie Kisgen. Kooperationspartner in der Industrie ermutigt sie zu Innovationsprojekten mit disruptivem Charakter. Ihre Studierenden sollen planen, steuern und – vor allem – umsetzen. Kisgen will kein „Bulimielernen“ ohne bleibendes Wissen, „sondern die Umsetzung der Theorie in unternehmerische Praxis“. Die Diskussion, die entsteht, ist lebhaft. Auch um deutsche Arroganz geht es, ums Ausruhen auf alten Lorbeeren und das Vertrauen darauf, dass schon alles so

bleiben werde, wie es war. „Wir dürfen bei China nicht den gleichen Fehler machen wie früher bei Japan. Da haben wir so lange gedacht, dass die uns nur kopieren, bis sie im technologischen Bereich vorbeigezogen sind“, warnt Hendrik Staiger. DIE THEMENREISE GEHT WEITER Sein Hinweis ist richtig und wichtig. Weil er in die Zukunft weist. 2020 geht die Themenreise weiter, unter dem Motto „Vernetzt ins neue Jahrzehnt – was kann der Standort Europa bieten?“. Ein Special wird der Blick über den Tellerrand nach China sein – bei einer Reise zum ersten internationalen Gipfeltreffen der Weltmarktführer in Changchun im Mai 2020.


TEILNEHMENDE UNTERNEHMEN > ABB

>d sa engineering

> Lichtlos

> Advantest

> FARO

> Lupp + Partner

> Allianz für Klima und Entwicklung

> Favendo

> Merck Finck Privatbankiers

> AMK Holding

> Fujitsu

> Motius

> Ariande Center

> Greple

> Movelo

> AXON Ivy

>H eidelberger Druckmaschinen

> PGMM Generalplanung

> Bamero

> Heinze

> Phoenix Contact

> BEOS

> Herbert Waldmann

> Robert Bosch

> Berliner Wasserbetriebe

>H ochschule Karlsruhe

> Santini

> Braincourt

>H offmann-La Roche

> Schafstall Immobilien

> BridgingIT

> Huawai

> SIBE

> bw-i

> I MOBA Immobilien

> Siemens

> BWO Systems

> I ngenieurbüro Rosenberger

> Signify

> Cisco Systems

>K . R. Pfiffner

> Sonah

> Commerz Real

>K aironons Invest

> T.V.T Swissconsult

> Design-to-Production

> Kontext

> Thyssenkrupp Elevator

> Deutsche Leasing

> L andratsamt Rottweil

> Tinz.DCC

> Deutsche Post

> LBBW

> TS.advisory

> Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt

> Leada

> Vecara

> Drees & Sommer

> Leaftech

> Voigt & Schweitzer

> Drücker Steuerungssysteme

> L eichtbau BW

> Züblin

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Nachgefragt

WAS SAGEN SIE EIGENTLICH ZUM THEMA …

?

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Auch unsere Experten von Drees & Sommer beschäftigen sich mit den Auswirkungen des Wandels auf zeitgemäße Strategien für den Unternehmenserfolg. Auf den folgenden Seiten erfahren Sie, worin wir die größten Chancen und Herausforderungen sehen.


… UMBRUCH ALS CHANCE NICOLE WALLNER PROJEKTPARTNERIN DSA ENGINEERING PART OF DREES & SOMMER

… STRATEGIEANPASSUNG GEORG STADLHOFER GESCHÄFTSFÜHRER DREES & SOMMER WIEN Auf zum Außergewöhnlichen – welche neue Immobilienstrategie macht den Unterschied? Eine intensivere Bedarfsorientierung. Die Unternehmensimmobilie ist eine wesentliche Produktionsressource. Leider aber passen die Lebenszyklen von Produkt, Technologie und Immobilie nie zusammen. Anbieter von Digitalisierungslösungen und die Sharing Economy, beispielsweise WeWork, haben dafür interessante Lösungsansätze entwickelt. Wesentlich bleibt aber: Verstehe die Art und die Natur des Raumbedarfes, dann passt auch deine Strategie: Anmieten oder kaufen, bauen oder sharen.

Auf zum Außergewöhnlichen – eine CO2-neutrale Produktion könnte ein positiver Beitrag zur Klimadebatte sein. Sie verlangt aber ein teilweise grundsätzliches Umdenken. Wie sollten sich Unternehmen dazu positionieren? Viele produzierende Unternehmen stehen vor der Herausforderung einer Transformation. Die zunehmende Elektromobilität braucht neue Produkte. Gleichzeitig sollen vor allem die Zulieferer eine CO2-neutrale Produktion garantieren. Was ist, wenn jahrzehntelang aufgebautes Know-how überflüssig wird? Diese Frage stellt sich vielen Unternehmen, die direkt oder indirekt Zulieferer der Automobilindustrie sind. Neue Antriebskonzepte und konsequenter Leichtbau fordern sie dazu auf, weit über ihren Tellerrand hinauszublicken. Doch sind es nicht gerade diese unbequemen Phasen, die uns zu Innovationen durch Quer- und Umdenken bewegen? Genau hier ist doch die Chance, ausgetretene Pfade zu verlassen und neue Wege zu beschreiten. Neue Produkte erfordern oftmals komplett neue Produktionslinien. Wer sich dieser Herausforderung stellt, kann gleichzeitig neue energieeffizientere Prozesse integrieren, die Anlagensteuerungen modernisieren sowie die Intralogistik und die Produktionsplanung optimieren. Dies sind nur einige Ansatzpunkte, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Schon kleine Veränderungen können große Wirkung zeigen. CO2-neutrale Produktionen sind auf Energieeinsparungen, die Reduzierung des CO2-Ausstoßes und die Fertigungszeit optimiert. Ohne eine CO2-neutrale Produktion haben Unternehmen keine Chance mehr, im stark umkämpften Wettbewerb zu bestehen. Erfolgreich werden nur die Unternehmen sein, die nachhaltig produzieren und damit schneller und effizienter sind. Mit unserer branchenübergreifenden Produktionsplanungsexpertise helfen wir unseren Kunden bei der Umsetzung und Realisierung.

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… PARTNER CHINA DI MIAO-WEICHTMANN PROJEKTPARTNERIN DREES & SOMMER

Auf zum Außergewöhnlichen – welche Haltung sollten deutsche und europäische Unternehmen gegenüber der neuen Wirtschaftsmacht China zeigen? Die wirtschaftliche Kooperation zwischen China und Europa hat eine spannende und lange Historie. Vor allem seit Ende der 1970er-Jahre, als China durch die Öffnung seines Marktes einen wirtschaftspolitischen Wandel erlebte, gewann das Land immer mehr an wirtschaftlicher Bedeutung – sowohl lokal als auch international als Zielort für Investitionen aus dem Ausland, unter anderem aus Europa. In den vergangenen Jahren ist eine entgegengesetzte Entwicklung im Markt festzustellen. China hat seine Investitionen in Europa spürbar intensiviert. Chinesische Unternehmen, die auf dem heimischen Markt führend waren, entschieden sich im Zuge ihres Wachstums für eine geschäftliche Expansion nach Europa. Diese Entwicklung betrifft sowohl traditionell starke Sektoren der deutschen Industrie wie den Maschinenbau und die Automobilindustrie, aber auch andere Branchen wie die Informations- und Kommunikationstechnologie. Europa kann von dieser Entwicklung profitieren, wenn es auf eine Kooperation der globalen Handelspartner setzt, um auf diese Weise die Herausforderung der Zukunft zu meistern: einen immer schnelleren technischen Wandel bei immer kürzeren Innovationszyklen. Für uns als Unternehmen bietet diese Entwicklung die Chance, neue Märkte und neue Kunden zu erschließen und somit aktiv einen Teil zu den zeitgenössischen Themen auf dem Weltmarkt beizutragen. So wie die chinesischen Investoren vor neuen Herausforderungen stehen und sich an die neuen Spielregeln im europäischen Markt anpassen müssen, so stehen wir vor großen Herausforderungen bei der Zusammenarbeit mit dieser chinesischen Kundengruppe. Unsere Vorgehensweise ist es, aktiv auf sie zuzugehen, ihre Bedürfnisse zu verstehen und somit die bestmögliche Beteiligung an diesem wachsenden Markt für uns zu gewinnen.

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… M EGATREND NE0ÖK0LOGIE DR. MARKUS TREIBER ASSOCIATE PARTNER DREES & SOMMER Auf zum Außergewöhnlichen – was müssen Investoren, Planer und Betreiber in puncto energieeffiziente Gebäude beachten, sowohl bei Bestands- als auch bei Neubauobjekten? Wer führend bleiben möchte, muss Innovationen mit ganzer Kraft leben. Die Baubranche als eine der traditionellen Branchen, die sich in den vergangenen Jahren nur am Rande um Nachhaltigkeitsthemen gekümmert haben, muss sich neu ausrichten und schneller auf den Wertewandel reagieren. Der Megatrend Nummer eins im Jahr 2019 ist die Neoökologie. Dazu ein Zitat des Zukunftsinstituts: „Bio-Märkte, EU-Plastikverordnung, Energiewende – der Megatrend Neoökologie reicht in jeden Bereich unseres Alltags hinein. Ob persönliche Kaufentscheidungen, gesellschaftliche Werte oder Unternehmensstrategie – selbst wenn nicht immer auf den ersten Blick erkennbar, entwickelt er sich nicht zuletzt aufgrund technologischer Innovationen mehr und mehr zu einem der wirkmächtigsten Treiber unserer Zeit. Der Megatrend sorgt nicht nur für eine Neuausrichtung der Werte der globalen Gesellschaft, der Kultur und der Politik. Er verändert unternehmerisches Denken und Handeln in seinen elementaren Grundfesten.“ Welche Antworten und welche Produkte haben wir darauf parat? - Wir müssen Stoffkreisläufe noch stärker in die Bauwirtschaft bringen. - Wir müssen uns sektorübergreifenden Energiekonzepten und der Wasserstoffinfrastruktur an der Schnittstelle zur Mobilität widmen. - Wir müssen energisch in Richtung Klimaneutralität beraten. - Wir müssen Innovationen im Engineering nach vorne bringen. - Wir müssen die Chancen durch die Digitalisierung nutzen. Dies sind nur einige der Leistungen, denen wir in naher Zukunft ein hohes Potenzial zutrauen. Die Leuchtturmprojekte und zahlreichen Innovationen, die wir bereits auf den Weg gebracht haben, bezeugen das. Unternehmen sollten sich diesen Themen widmen, weil ihre Innovationsperformance aktuell von höherer Bedeutung für die Messung ihres Erfolgs ist als beispielsweise die Qualitätskontrolle. Unsere strategische Empfehlung lautet daher: Neben der passenden Struktur liegt es an der Haltung und dem Bewusstsein der Führungskräfte, dass es notwendig ist, die vielen kleinen Innovationen zu fördern, die schon immer die Basis für die großen Themen der Zukunft waren und es weiterhin sein werden. Im Bereich Neoökologie haben wir noch viel Nachholbedarf. Lasst es uns angehen!


… DEUTSCHES MARKENBILD SANDRA BRAND ASSOCIATE PARTNER UND LEITUNG UNTERNEHMENSKOMMUNIKATION UND MARKETING, DREES & SOMMER Auf zum Außergewöhnlichen – mit welcher Strategie kann das durch Dieselgate, Deutsche Bank und BER angeschlagene Markenbild „Made in Germany“ wieder aufgefrischt werden? Wäre eine Neuausrichtung von „Made in Germany“ in Richtung „Made in Europe“ eine sinnvolle Weiterentwicklung der Markenstrategie? Leider liegt es in der Natur der meisten Menschen, lieber über das Negative als über das Positive zu sprechen. Das Gütesiegel „Made in Germany“ genießt international nach wie vor eine extrem hohe Anerkennung. In einer aufwendigen Umfrage aus dem Globalisierungsprojekt von YouGov und der britischen Cambridge University landete das Verkaufsargument „Made in Germany“ noch vor wenigen Wochen mit klarem Abstand auf Platz 1 in der weltweiten Käufergunst. Das Siegel vermittelt Qualität, Verlässlichkeit und soliden Erfolg. Und das trotz des Diesel-Skandals oder eines Flughafens, der nicht eröffnen möchte. Man verbindet mit ihm den Wohlstand eines Landes samt seinen „Hidden Champions“ in allen Ecken und den großen Marken mit Strahlkraft. Deutschland bietet mit einem starken Mittelstand und einer verlässlichen Ingenieurskunst vieles, was sich andere nur wünschen können. Das Potenzial ist ungebrochen vorhanden. Sicher könnte man dem Siegel „Made in Germany“ wieder mehr Kraft verleihen. Deutschland müsste sich dann einfach getrauen, die vorhandenen Innovationen und Errungenschaften in den Fokus zu stellen statt in der Kommunikation auf die Probleme zu fokussieren. Eine Positionierung gelingt grundsätzlich nur dann, wenn sie klar und einfach ist. „Made in Germany“ steht für Qualität. Würde man dieses Siegel durch „Made in Europe“ ersetzen, würde eine Positionierung wohl schon deswegen scheitern, weil es nicht gelingen würde, das Wort Qualität so zu definieren, dass es alle Kulturkreise in Europa gleichermaßen tragen. Um die Kraft Europas zu stärken, bräuchte es eine neue Idee – etwas Eigenes und Übergeordnetes, das die Kraft der Vielfalt und der gemeinsamen Werte in den Mittelpunkt rückt. Und welche Erkenntnis ergibt sich für Deutschland? Dass es manchmal hilft, das Gewöhnliche zu stärken, um wieder an außergewöhnliche Erfolge anzuknüpfen.

TEILEN SIE EINEN STANDPUNKT? ODER HABEN SIE EINE FACHLICHE ANMERKUNG? SCHREIBEN SIE UNS EINFACH EINE E-MAIL! themenreise@dreso.com

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PEOPLE PROCESS PLACES Fazit der Themenreise 2019

Im Rahmen unserer Themenreise unter dem Motto „Auf zum Außergewöhnlichen“ haben wir uns einigen Fragen gewidmet. Die wichtigsten Erkenntnisse, um zukünftig den Unternehmenserfolg zu bestimmen, finden Sie nachfolgend zusammengefasst:

PEOPLE – NEUE ARBEITSWELTEN Wie wird man außergewöhnlich? Mit welcher Differenzierungsstrategie lassen sich neue Märkte erschließen und neue Mitarbeiter überzeugen? Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine oder zwischen Produzent und Konsument? Die Art und Weise, wie wir zukünftig arbeiten und leben, wird sich maßgeblich verändern. Interaktionen zwischen Mensch und Maschine werden in naher Zukunft von zentraler Bedeutung sein. Bei unserem Special in Japan erhielten wir Eindrücke in eine Welt von morgen. AI und Robotik bieten unendlich viele Chancen und Entlastungen für den Menschen. Dirk Ahlborn von

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Hyperloop machte im Gespräch mit uns deutlich, dass die Unternehmen ihre Arbeitskräfte anders managen und neue Rahmenbedingungen für sie schaffen müssen. Gerade hoch qualifizierte Mitarbeiter möchten ihre Fähigkeiten sinnstiftend einsetzen.

Überall dort, wo Nachhaltigkeit auf Wirtschaftlichkeit stößt oder die Kunden involviert werden können, schlummern jede Menge unternehmerische Potenziale.

PROCESS – DATEN NUTZEN

Bedarf es neuer Unternehmens- und Standortentwicklungen, um schneller, offener und CO2-neutraler zu werden? Welchen Einfluss übt die Mobilität der Zukunft aus? Welche neue Immobilienstrategie macht den Unterschied? Zu den Standorten der Zukunft gewannen wir zweierlei Einsichten. Betrachten wir den Standort Deutschland in einem internationalen Kontext, stellen wir fest, dass wir uns politisch und kulturell öffnen und die Zusammenarbeit mit anderen Ländern suchen müssen. In einem nationalen Kontext wird es zum einen darum gehen, konkrete smarte, ganzheitliche Energiekonzepte für die Unternehmensimmobilie, aber auch für die Quartiersentwicklung zu schaffen. Zum anderen müssen wir Gebäude mit vernetzter, intelligenter Haustechnik ausstatten, um Wohlbefinden und Nachhaltigkeit zu fördern. Hierzu entwickelten Start-ups während des Hackathons mit Phoenix Contact, Züblin und Drees & Sommer hervorragende Produkte rund um „Emotional Buildings“.

Wie können Unternehmen ihren Produktionsprozess fortlaufend und cybersicher anpassen? Welche Möglichkeiten bieten neue Technologien? Beim Thema Daten sind wir als Standort Europa gegenüber den großen Tech-Unternehmen in den USA und China nicht mehr konkurrenzfähig. Um Geschwindigkeit aufzunehmen und den Vorsprung wieder aufzuholen, müssen wir kontinuierlich unsere Daten erheben, analysieren, aus- und verwerten sowie bestenfalls mit anderen teilen. Bei aller treibenden Kraft darf jedoch die Cyber-Sicherheit nicht zu kurz kommen. Es muss uns gelingen, beide Themen miteinander in Einklang zu bringen. Plattformen bieten die Chance, Prozesse zu vereinfachen. Im Vordergrund steht der kollaborative Ansatz rund um Forschung, Entwicklung und Vermarktung. Es lohnt sich, bestehende Geschäftsmodelle prozessual und thematisch zu überdenken.

PLACES – GEBÄUDE VERNETZEN


DIE THEMENREISE IST KLIMANEUTRAL

In Kooperation mit Plant-for-the-Planet kompensieren wir alle Emissionen, die im Zusammenhang mit der Themenreise anfallen und nicht vermieden werden können, durch gespendete Bäume.

Plant-for-the-Planet forstet jeden gespendeten Baum auf der Yucatán-Halbinsel auf stiftungseigenem Grund auf. Damit schafft das Projekt vollständige Transparenz und stellt durch den engen Kontakt mit lokalen Akteuren und einer eigenen Niederlassung vor Ort sicher, dass die Bäume fachgerecht gepflanzt und gepflegt werden. 1.000 Milliarden – so viele Bäume will die 2007 vom damals neunjährigen Felix Finkbeiner gegründete Schülerinitiative Plant-for-the-Planet pflanzen.

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Weitere Informationen zu Plant-for-the-Planet finden Sie hier:

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PREVIEW 2020

VERNETZT INS NEUE JAHRZEHNT – WAS KANN DER STANDORT EUROPA BIETEN?

DIE THEMENREISE DURCH DEUTSCHLAND, SCHWEIZ UND ÖSTERREICH, MIT EINEM BLICK ÜBER DEN TELLERRAND NACH CHINA

Die interdisziplinäre Themenreise 2020 erörtert die unternehmerischen Chancen und Risiken in einem vernetzten Europa: PEOPLE: Welche Köpfe und Ideen steigern die Wettbewerbsfähigkeit am Standort Europa dauerhaft? Was erzeugt Agilität und Schnelligkeit in den Unternehmen, aber auch über Unternehmens- und Ländergrenzen hinweg? Wie können Unternehmen und Politik gemeinsam den Fachkräftebedarf trotz demografischen Wandels zukünftig decken? PROCESS: Welche Rahmenbedingungen werden benötigt, damit Innovationen und Datenaustausch zwischen Unternehmen einen Mehrwert erzeugen? Wie steht es derzeit um Kollaborationen, Supply Chains und Plattformökonomie in Europa und in Asien? Wie kann Europa im Themenfeld Nachhaltigkeit durch viele verschiedene Geschäftsmodelle den Weltmarkt anführen? PLACES: Womit positioniert sich Europa als Standort im Wettkampf um knappe Ressourcen, Marktzugänge, digitale Infrastruktur und Datennutzung? Wie wirken sich Smart Grids, Kohleausstieg, CO2-Bepreisung und der Ausbau erneuerbarer Energien auf die Wettbewerbsfähigkeit Europas aus? Welchen Einfluss übt die Transformation in der Mobilität auf die Entwicklung der Unternehmen und deren Standorte aus?

Die Themenreise 2020 wird unterstützt von:

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Weitere Informationen zur Themenreise 2020:


22.04.2020 HANNOVER

SAVE THE DATE 18. – 19.03.2020 BAD PYRMONT

05.11.2020 BERLIN*

24.09.2020 DUISBURG*

23. – 26.05.2020 FRANKFURT – CHANGCHUN 28.01.2020 SCHWÄBISCH HALL 09.03.2020 MÜNCHEN

15.10.2020 WIEN*

07.05.2020 ZÜRICH

*tbc

28.01.2020 SCHWÄBISCH HALL THEMENDIALOG „Europa im Transformationsprozess“ & GIPFELTREFFEN DER WELTMARKTFÜHRER 09.03.2020 MÜNCHEN THEMENDIALOG „Human Centric Innovation“, FUJITSU Digital Transformation Center, Zzgl. Münchner Management Kolloquium 18. – 19.03.2020 BAD PYRMONT SPECIAL: Industrial Communication Congress „Innovativ bleiben – Smart vernetzen”, PHOENIX CONTACT 22.04.2020 HANNOVER INNOVATIONSRUNDGANG AUF DER HANNOVER MESSE, „Industrial Transformation“ 07.05.2020 ZÜRICH THEMENDIALOG “Mission to Zero”, ABB

23. – 26. 05.2020 CHANGCHUN SPECIAL: INTERNATIONALES GIPFELTREFFEN DER WELTMARKTFÜHRER, „Seidenstrasse als die Chance des 21. Jahrhunderts“ 24.09.2020 DUISBURG* THEMENDIALOG „Die Verschiebung der Weltwirtschaft – Chancen und Herausforderungen im Kontext der neuen Seidenstraßen“, DUISPORT 15.10.2020 WIEN* THEMENDIALOG „Sind Geschäftsmodellinnovationen planbar?“, BRAINCOURT

05.11.2020 BERLIN* ABSCHLUSS-THEMENFORUM, „Vernetzt ins neue Jahrzehnt – Was kann der Standort Europa bieten?“, BEOS

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Herausgeber Drees & Sommer Obere Waldplätze 22 70569 Stuttgart Deutschland themenreise@dreso.com

Bildnachweise: Seite 8-11, 20-25, 48-53, 80-81: © Christian Back Seite 12-13, 80-81: © Phoenix Contact Seite 36-39, 80-81: © Götz Schönfeld Seite 56-57, 80-81: © Magnus Müller Seite 66-71, 80-81: © Daniel Wagner Seite 68: © thyssenkrupp Elevator

natureOffice.com | DE-344-ZS6Z92H


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