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1. Nach dem Krieg ist vor dem Krieg 1.1 Der erste Weltkrieg und seine Folgen 1.1.1 Prolog zum Krieg Die Geschichte der Menschheit ist im Wesentlichen eine Geschichte der Kriege. Anders als die Klimakatastrophen oder die durch Kräfte des Erd inneren gesteuerten Desaster (Natural hazards), die nach naturwissenschaftlich erklärbaren Gesetzen und Regeln ablaufen, liegen die Gründe für
die symmetrischen oder asymmetrischen kriege rischen Auseinandersetzungen meist in der Natur des Menschen selbst. Hass, Neid, Missgunst, Arroganz und ein fehlendes Verantwortungsgefühl gegenüber einer höheren Macht, die man in der christlich-abendländischen Kultur mit der heiligen Trinität gleichsetzen kann, sind nur einige der Gründe, die sich in diesem Zusammenhang anführen lassen. Innerhalb einer Gesellschaft führen die genannten menschlichen Gefühle und Ausdrucksformen zuweilen zu Mord, Totschlag und Raubüberfällen. Unter Völkern arten sie nicht selten in militärische Konflikte
Abb. 1.1.1a So stellte sich ein Buchillustrator im 1. Weltkrieg die Zeppelinund Fliegerkämpfe um 1914 bis 1915 vor Abb. 1.1.1b Eine Erinnerung an den Überfall auf Pearl Harbour und ein Appell an Besatzungen der US Navy Air Force, die im 2. Weltkrieg auf dem pazifischen Kriegsschauplatz gegen Japan kämpften
62 Abb. 1.3.2.5j Nachtjäger Heinkel He 219 „Uhu“, der leistungsmäßig beste deutsche Nachtjäger mit z.T. ausgebauten Motoren. Die „Hirschgeweihe“, sprich Antennen, des SN-2 Funkmess geräts „Lichtenstein“ (FuG 220) sind deutlich zu erkennen. In den Flügelwurzeln und in der abnehmbaren Bodenwanne kann man die 4 Mündungen der MG 151/20 (Kaliber 20 mm) erkennen. Mitte rechts sieht man die Propelleraufhängung für den Schubmotor der Dornier Do 335. Im Hintergrund die offenen Kanzel einer Focke Wulf Fw 190. Quelle: M. Jansing
Abb. 1.3.2.5k Vorserienmodell der Dornier Do 335 „Pfeil“, die von dem deutschen Nachtjagd-Ass Mj Schnaufer geflogen wurde; bei der Landung kam die Maschine zu Schaden. Alle Merkmale deuten auf die einsitzige Version Do 335 A-1 hin. Für die Nachtjagd war eine zweisitzige Version Dornier Do 335 A-12 „Ameisenbär“ in der Erprobungsphase. Quelle: M. Jansing Es soll eine Maschine als Fernaufklärer zum Einsatz gekommen sein
63 dem Umland des Flugplatzes genannt (H. Rabenstein). In den meisten Fällen lassen sich weder die genaue Lage des Absturzortes oder des Notlandeplatzes noch die Einheit des Havaristen nennen. Auf dem Flugplatz selbst kam es immer wieder zu solchen Notlandungen. Pilotenfehler, Materialdefekte und menschliches Versagen im Bereich des Wartungspersonals forderten ihren Tribut (Tabelle 2). Selbst in den letzten Kriegsmonaten wurden an diesem Ort noch Techniker ausgebildet, u. a. die Flugzeugwarte für den Volksjäger Heinkel He 162 „Salamander“. Zu jener Zeit war das Dritte Reich oder das Großdeutsche Reich bereits in einen Nord- und einen Südteil aufgeteilt und das mit diesem Flugzeug ausgerüstete Geschwader JG 1 hatte sich bereits an die deutsch-dänische Grenze (Fliegerhorst Leck-Lütjenholm) zurückgezogen. Eine Attrappe des sogenannten Volksjägers war nach dem Krieg noch in der Nähe des Flugplatzes vorhanden gewesen sein (Nowarra 1993b) (Abb. 1.3.2.5l). Im April 1945 sollen sich noch ca. 1500 Luftwaffenhelferinnen für die BodenpersonalAusbildung der Luftwaffe in Bayreuth befunden haben (Meyer 1975). Am 14. April wurde die Stadt Bayreuth von den rasch vordringenden amerikanischen Heeresverbänden eingenommen. Der Flugplatz am Bindlacher Berg mit dem anliegenden Kasernement beherbergte im Verlauf des
Krieges nicht nur die oben aufgeführten Verbände, sondern es kamen im Laufe des Krieges noch verschiedene Frontverbände hinzu, die meist zu Umrüstungszwecken nur vorrübergehend auf dem Fliegerhorst untergebracht waren und nicht permanent dort beheimatet waren. Mitte 1944 waren die Nahaufklärergruppe 6 (NAGr) mit ihrem Gruppenstab und ihren beiden Staffeln auf dem Bindlacher Berg sowie die NAGr 14 mit ihren drei Staffeln. Dazu kam die 3./NAGr 2. Die Nahaufklärer flogen zu dieser Zeit die Me 109 G-6 mit und ohne Rüstsatz U3 und den speziellen Fotoaufklärer Me 109 G-8. Mitte 1944 lag der Stab/NAGr 9 in Bayreuth. Bis zum 25. Februar 1945 wurde auch der Stab der NAGr 1 auf dem Fliegerhost am Bindlacher Berg umgerüstet. Laut Internet sollen sich auch die 12./NAGr 12, 3./NAGr 21 und 7./NAGr 32 in Bayreuth befunden haben. Eine derartige Konzentration spiegelte sich jedoch nicht in den Einsatzberichten wider. Es waren nahezu ausschließlich technische Aufenthalte. Im Frühjahr 1945 waren u. a. auch Maschinen des Stabs (Ju 87 plus Fw 190) des SG 151 sowie die I. und III. Gruppe (Fw 190) vorrübergehend auf dem Platz untergezogen (Holm 2003). Kurz vor Kriegsende stieß die 3./NSGr 2 zu diesen Einsatzverbänden, bevor sie weiter nach Süden verlegt wurde – vgl. Kapitel 6.
Abb. 1.3.2.5l Für diesen Volksjäger He 162 „Salamander“ wurde auf dem Flugplatz Bindlacher Berg das technische Personal 1945 ausgebildet. Quelle: USAAF
108 Am 8. Februar 1956 übernehmen deutsche Dienststellen den Flugplatz. Seit dieser Zeit befinden sich u. a. verschiedene Heeresfliegerverbände am Standort Roth-Kiliansdorf, dessen Kasernement im November 1964 den Namen
„Otto-Lilienthal-Kaserne“ verliehen bekam. Gegenwärtig beherbergt der Fliegerhorst (noch) das Kampfhubschrauberregiments 26 „Franken“. Die Umgliederungen der Bundeswehrverbände, die hier nur auszugsweise geschildert werden, da nicht Thema dieses Buches, können es durchaus mit denen der früheren Luft waffe aufnehmen. Sie werden nicht in Gänze dargestellt, sondern zu Vergleichszwecken mit der Luftwaffe (Heeresflugplatzkom mandantur 202, Luftfahrzeug transportabteilung 261, Luft fahrz eugtransp ortabt eil ung 262, Heeresf lieg erreg im ent 26, Heeresfliegerausbildungsstaffel 8/2, Luftwaffenausbildungsregiment 3, Flugabwehrraketengruppe 23, Heeresflie gerregiment 26, leichtes Hee resf lieg ert ransp ortreg im ent 20, Kampfhubschrauberregi ment 26, Heeresfliegerstaffel 4 (früher -Bataillon)). Dazu kamen das II. und V.LwAusRgt (6.-11. Kmp + 20.-24. Kmp) und Flak (Kap.5.2.4).
Abb. 1.3.2.16g Die Reste eines doppelsitzigen Trainers Messerschmitt Me 109 G-12 unter Bäumen abgestellt (oben). Eine durch Selbstzerstörung fluguntauglich gemachte Messerschmitt Me 109 G-6 des JG 104 in der durch Bomben beschädigten Halle. Quelle: W. Fuchs
Die Auswertung der Bilder macht deutlich, dass am Ende des Krieges auch andere Verbände als das JG 104 am Platz zusammengezogen wurden. Es handelt sich um Kur iermaschinen (Me 108, Si 204, C 445) und um Trans portmaschinen wie die He 111, die zu jener Zeit als Bomber nicht mehr einsetzbar war. Die Junkers Ju 88-Zerstörerversionen gehörten einem Nachtjagdverband an. Nur ein Teil der Maschinen verfügte über die für einen ungebundenen Nachtjagdeinsatz notwendigen
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Abb. 1.3.2.16h Die Reste von im Wald getarnten Junkers Ju 88-Nachtjägern. Oben eine Junkers Ju 88 C-6 ohne Funkmessgerät mit gut sichtbarer Starrbewaffung und abgescherter Bodenwanne. Es handelt sich wahrscheinlich um eine ältere Schulmaschine. Unten eine Junkers Ju 88 G-1 mit den Antennen eines Bord-FuG 220 Lichtenstein SN 2. Fotoquellen: W. Fuchs
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Abb. 1.3.2.17k, Zwei Flugzeuge, die Geschichte schrieben in Fürth-Atzenhof. Oben: Die Focke Wulf Fw 190 D-9 mit Zusatztank im Januar 1945. Die eingeschneite Maschine war wahrscheinlich aus technischen Gründen in Fürth abgestellt worden. An den Propellerblättern sind noch technische Markierungen angebracht. Diese Maschine hatte, im Gegensatz zu ihren Vorgängern, einen Reihenmotor Jumo 213 A, der auch in großen Höhen, die Leistung brachte, um es mit den amerikanischen Begleitjägern aufnehmen zu können. Eine nur geringe Zahl an Maschinen, personelle und treibstoffbedingte Engpässe schmälerten den Einsatzwert dieser Jagdmaschine. Sie war die Vorstufe zur Tank (Focke Wulf) Ta 152, einem speziell für den Höheneinsatz entworfenen Jäger, der nur in sehr geringer Stückzahl noch gegen Ende des Krieges z. B. beim Stab des JG 301 und im JG 3 zum Einsatz kam. Unten: Eine Messerschmitt Me 262 landet 1944 in Fürth Atzenhof. Sie wird von Schaulustigen, Technikern und Soldaten bestaunt: „Ist das die Wunderwaffe, die den angekündigten Endsieg bringen soll?“ Die Me 262 war der erste Düsenjäger, der als Jagdbomber, Tag- und Nachtjäger und als Nahaufklärer 1944 und 1945 im Einsatz war. Es war ein neues, außergewöhnliches Flugzeug, was die Zelle und Turbinen angeht, aber nicht in den Bauteilen, die den Luft-Luft- und Luft-Boden-Kampf revolutioniert hätten. Diese Bauteile kamen entweder zu spät oder sie konnten nicht mehr entwickelt und eingebaut werden. Die Antwort auf die von den Zuschauern gestellte imaginäre Frage muss man heute auch rein technisch mit nein beantworten. Siehe dazu auch die Verlustzahlen in Tabelle 2. Quelle: GeoArchiv Nordbayern D. Freitag/Stadtarchiv Fürth
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Abb. 1.3.2.17s Zweimotorige Tupolev SB-2bis, die bei Minsk in Weißrussland 1941 abgeschossen wurde. Die in Nürnberg im Luftbild (Abb. 1.3.2.17k) gefundene Maschine Avia B. 71 B gehört zu dieser Typenreihe. Die Tschechoslowakei erwarb die Lizenz zum Bau dieser Maschine für die eigenen Luftstreitkräfte. Nach der Besetzung der Tschechoslowakei wurden diese Maschinen von der Luftwaffe, meist als Verbindungs- und Kuriermaschinen weiter benutzt. Quelle: S. Röder
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Abb. 1.3.2.24c Flugzeugwerke Eger GmbH in Eger-Oberschön in der Heinkel-Lizenz-Fertigung (Quelle: Fronta.cz, letišteˇcheb.cz) Oben: Mittlerer Bomber Heinkel He 111 bei der Motorenwartung. Mitte: Rumpfmontage und Maschine vor dem Einfliegen aus der Fertigungslinie der Heinkel He 177 „Greif“, eines schweren viermotorigen Bombers (zwei Motoren wirkten auf eine Luftschraube). Unten: Nachtjäger Heinkel He 219 „Uhu“
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Abb. 1.3.2.24d Flugzeugwerke Eger GmbH in Eger-Oberschön in der Messerschmitt- und Arado-Lizenz-Fertigung (Quelle: Fronta.cz, letišteˇcheb.cz) Oben: Jagdflugzeug Messerschmitt Me 262 A-1a „Schwal be“ kenntlich an den Ausschussöffnungen der 4 x 30 mm MK 108 Mitte: Nahaufklärungsflugzeug Messerschmitt Me 262 A-1a/U3 (Me 262 A-4a). Deutlich sind die durch die Reihenbildkameras Rb 50/30 hervorgerufenen „Beulen“ erkennbar, die einen zusätzlichen Waffeneinbau nicht zulassen, aber auch nicht nötig machen, da wegen der hohen Geschwindigkeit des Aufklärungsflugzeuges nicht mit Luftkämpfen zu rechnen ist. Unten: Transportflugzeug Arado Ar 232 “Tatzelwurm”
Ergänzungstransportgeschwa ders (II.ETG), die zu dem in Schönewald liegenden Ge schwader gehörte. Die Gruppe verfügte über eine bunte Mischung aus deutschen, italienischen und französischen Flugzeug-Typen (Abb. 1.3.2.24f). Im Jahre 1945 waren ca. 4000 Piloten, technisches Personal und Stabsangehörige auf dem Fliegerhorst zusammengezogen. Eger war auch der Aufstel lungsort des 1. Fliegerregiment kaya Osvo bo der ROA (Russ di tel‘naya Ar miya), besser bekannt unter dem Begriff „Wlassow-Armee“ (Andrey Vlasov). Der russische Generalleutnant, Kommandeur der 2. Russische Stoßarmee wurde im Juli 1942 am Wolchow gefangen genommen, nachdem die von Generaloberst Lindemann kommandierte 18. Armee den besagten russischen Großverband am Wolchow vernichtet hatte (mein Vater war zu jener Zeit als Artillerieoffizier am Wolchow südlich des Ladogasees). General Andrey Vlasov organisierte den Aufbau der russischen Befreiungsarmee. Gegen Kriegsende befanden sich die Nachtschlachtstaffel 8 und die Ergängzungsstaffel der ROA in Eger. Es kam nur zu wenigen Einsätzen von Maschinen des 1. Fliegerregiments der ROA gegen die vorrückenden Truppen der Roten Armee auf deutschem Boden. Viele Vorhaben dieser ROA-Verbände versiegten im Planungsstadium, was bei der damaligen militärischen Lage nicht überraschend ist. Eger war auch ein Zwischenlandeplatz während des Rückzuges des JG 7, das sich mit seinen Me 262 auf Plätze, die im Zentrum des Protektorats lagen und als noch wenig tieffluggefährdet galten, zurückzog (Boehme 1984).
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Abb. 1.3.2.25.4f Zwei Heinkel He 111 auf dem befestigten Hallenvorfeld. Man beachte die Tarnschemen an der Stirnseite der Flugzeughalle. Die He 111 hat noch einen klassischen Fliegersichtschutz aus den Anfangstagen des 2. Weltkriegs. Sie führt weder im Bug, noch in der Bodenwanne, die für ein Kampfflugzeug typische Defensivbewaffnung und ist demnach einer der temporär am Platz liegenden Fliegerschulen des Typs C zuzurechnen. Am Platzrand steht eine Transportmaschine Quelle: H. Fähnlein des Typs Junker Ju 52.
Abb. 1.3.2.25.4g Beobachtungsturm („Panzerturm“) auf dem Luft-Boden-Übungsplatz der Luftwaffe im Bereich Weigenheim-Hohenlandsberg (vgl. dazu auch Kap 5.5.11.7). Quelle: F. Saemann
Abb. 1.3.2.25.4h Zerstörerschulung vom ZG 101 zur Ergänzungsstaffel des ZG 26 (Quelle: H. Schmidt). Oben: Arado Ar 96 Schwarm des ZG 101. Da ein Mangel an zweimotorigen Schulmaschinen herrschte, mussten sich einige angehende Flugzeugführer mit der Arado 96 in der Ausbildung zufrieden geben. Darunter: Eine Schulstaffel mit Me 110 G, die in Biberach an der Riss gestartet ist. Darunter: Eine Messerschmitt Me 110 G –Schulmaschine. Die Maschine lässt keine Ausschussöffnungen, wie sie für die Standardversion typisch ist, erkennen. Unten: Me 410 „Hornisse“ der Ergänzungsstaffel im ZG 26
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Abb. 1.3.2.25.5a Eine der zahlreichen Standortskarten, die zu Beginn der Aufrüstung im Dritten Reich gedruckt wurden und das beschauliche Nebeneinander eines Friedensstandortes und der am Ort stationierten Einheiten und Waffen illustriert. Oben links ist die Bugsektion einer Junkers Ju 52/3m g4 zu sehen. Es handelt sich um das Behelfskampfflugzeug, das mit seiner 1500 kg-Bombenzuladung vor allem als Nachtbomber vorgesehen war. Die Maschine fällt besonders durch den Gondeltopf auf, der den ventralen MG-Stand II zur Verteidigung des Flugzeuges nach hinten unten enthielt. In der Mitte sieht man einen „Fliegenden Bleistift (Do 17 E oder F). Rechts oben ist eine Junkers Ju 86D, die mit ihren beiden Dieselmotoren, die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen konnte und in dieser Version an die Fliegerschulen abgesteuert wurde, zu sehen. Quelle: Stadtarchiv Crailsheim
Abb. 1.3.2.25.5b Ein Kette von drei Schulflugzeugen des Typs Arado Ar 66c auf dem Hallenvorfeld in Crailsheim. Quelle: Stadtarchiv Crailsheim
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Abb. 1.3.2.25.5c Im Dezember 1938 kollidieren zwei Arado Ar 68 nördlich von Crailsheim. Die beiden Piloten kamen bei dem Unfall ums Leben. Die beiden Särge sind in der großen Flugzeughalle aufgebahrt. Zu beiden Seiten steht eine Ehrenformation und hält Totenwache. Die Flugzeuge der FFS A/B 43 am Rand sind zwei Focke Wulf Fw 56 „Stößer“, die man als Übungseinsitzer für Luftzielschießen heranzog. Quelle: Stadtarchiv Crailsheim
Mitte: Abb. 1.3.2.25.5d Zwei Bomber des KG 2 vom Typ Dornier Do 17 Z mit dem charakteristischen Rumpfband in der Bugsektion machen sich zum Start fertig. Es handelt sich entweder um eine Maschine der I. oder der III. Gruppe des KG 2 die während des Westfeldzugs aufgenommen wurde. Die I.KG 2 lag in Giebelstadt, die III.KG 2 in Illesheim. Von einem der beiden Fliegerhorste dürften die beiden gezeigten Maschinen kommen. Links: Abb. 1.3.2.25.5e Eine Fock Wulf Fw 58 C, die auf dem unverglasten Glattblechbug deutlich das Schulwapppen der FFS A/B 43 in Crailsheim trägt. Quellen: Stadtarchiv Crailsheim
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Abb. 1.3.2.25.5f Ein Schulflugzeug Junkers W 34 hi, dem die“Flügel gestutzt“ wurden, nachdem es eine Bauchlandung hingelegt hatte. Die verbogene Luftschraube zeigt deutlich, dass der Oberboden sich gegenüber dem Metall durchgesetzt hat. Die Maschine wird in der Werft aufgebockt und wieder hergestellt. Quelle: Stadtarchiv Crailsheim
Abb. 1.3.2.25.5g Ein Rarität auf den deutschen Fliegerschulen, die erst nach Auflösung der italienischen Luftstreitkräfte 1943 verstärkt auf deutschen Flugplätzen zu sehen ist, stellt die Avia FL-3 Lombardi dar, eine einsitzige Schulmaschine. Quelle: Stadtarchiv Crailsheim Vor der einsitzigen italienischen Schulmaschine steht Hptm Kurt Dochow.
Abb. 1.3.2.25.5h. Fahnenappell auf dem Fliegerhorst Crailsheim bei der FFS A/B 43. Hinter der Fahnenab ordnung sind zwei Schulmaschinen des Typs Focke Wulf Fw 44 „Stieglitz“ aufgestellt. Quelle: Stadtarchiv Crailsheim
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Abb. 1.3.2.25.10b Amerikanische Nachtjagdpiloten inspizieren einen deutschen Nachtjäger des Typs Junkers Ju 88 G-6 mit FuG 220 (Hirschgeweih 4x4 schräg) nach der Einnahme des Flugfeldes. Quelle: USAAF
Abb. 1.3.2.25.10c Würzburg-Riese-Funkmessgeräte einer Eisenbahn-Nachtjagd-Leitkompanie wie sie an der Ostfront eingesetzt wurden und auf dem Flugplatz Lichtenau im Donaumoos fronteinsatzreif gemacht wurden. Die oberen beiden Fotos zeigen das Funkmessgerät in Einsatzstellung, das untere in Transportstellung in Einzelteile zerlegt. Quelle: Luftwaffe Radar Stations (Flugmeldemess-Stellungen)
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Oben: Abb. 1.3.2.25.10g Bestattung von vier Kameraden mit allen militärischen Ehren, ein allzu häufiges Bild in jener Zeit. Links und rechts stehen zwei Messerschmitt Me 110 C des NJG 101. Quelle: M. Schmidtner
Mitte: Abb. 1.3.2.25.10h Zeitweise lag in Manching auch die 2. Gruppe des ZG 76 „Haifischgeschwader“. Hier wird eine Me 110 C gerade betankt.
Rechts: Abb. 1.3.2.25.10i Der bekannte Jagdflieger Max Immelmann. Nach ihm ist die Kaserne in Manching benannt (Max-Immelmann-Kaserne in ManchingOberstimm). Quellen: M. Schmidtner
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Abb. 1.3.2.25.10j Das Kampfgeschwader KG 54 lag vorübergehend mit allen vier Gruppen auf dem Flugplatz Manching. Hier sieht man deutlich die Embleme des „Totenkopf-Geschwaders“ an der Bugsektion der Junkers Ju 88 A. Quelle: Archiv KG 27 Boelcke W. Waiss
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Links: Abb. 2.1.2b Die angehenden Piloten scharen sich um den Startwagen in Kralupy (auch als „Eismann“ im Fliegerjargon genannt). Er enthält Werkzeugkisten, stellt ein mobile Schreibstube dar und ist durch die Startfahne weithin sichtbar. Die Flugschüler warten auf ihren Flug. Recht: Abb. 2.1.2c „line-up“ von Schuldoppeldeckern des Typs Focke Wulf Fw 44 „Stieglitz“ für die Anfängerschulung in Kralupy. Quellen: W. Kleebauer
Mitte: Abb. 2.1.2d Die typische Mischung von Flugzeugen der FFS A/B. Vorne verdeckt durch die Flugschüler eine Bücker Bü 131 „Jungmann“ und im Hintergrund die Focke Wulf Fw 44 „Stieglitz“. Quelle: B. Leutheuser Links: Abb. 2.1.2e Bücker Bü 131 Schuldoppeldecker im Flug aufgenommen. Es handelt sich in diesem Fall um eine Flugzeugbesatzung während der Anfängerschulung. Quelle: W. Kleebauer
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Abb. 2.1.2f Eine Albatros L 101, auch „Regenschirm“ genannt bei einer Außenlandung auf dem Hesselberg in Franken. Die Maschine wurde in der Aufbauphase häufig bei den Flugschulen A/B eingesetzt. Quelle: W. Kleebauer Abb. 2.1.2g Bruch eines Gotha Go 145 Schuldoppeldeckers. Quelle: B. Leutheuser Abb. 2.1.2h Eine Junker W 34 hi bei der Instandsetzung. Dahinter wird der Motor einer Bücker Bü 131 „Jungmann“ gewartet. Am linken Bildrand ist eine Schulmaschine des Typs Klemm Kl 35 sichtbar.
226 sich in diesem Zusammenhang auch Lokationen in Nordbayern, wie Amberg und Nürnberg nennen (Abb. 2.1.2a). Das Flugbuch von W. Kleebauer während seiner Ausbildung zum Flugzeugführer auf der FFS A/B 4, mit Haupt-Flugplatz WienSchwechat enthält die fortlaufenden Eintragungen : (1) laufende Nummer des Fluges, (2) den Führer des Flugzeuges mit Dienstgrad (z. B. Fluglehrer Unteroffizier Hold), (3) den Begleiter (z. B. Flugschüler Kleebauer), (4) das Muster (z. B. Focke Wulf Fw „Stieglitz“), (5) deren Zulassungsnummer (z. B. PFJZ am Rumpf aufgetragen), (6) den Zweck des Fluges (z. B. Einweisung), (7) den Abflugort mit Datum und Tageszeit (z. B. Kralup 8.12.40 1050 Uhr), (8) die Landung mit Datum und Tageszeit (z. B. Kralup 8.12.40 1110 Uhr), (9) die gesamte Flugdauer (z. B. 20 Minuten) (10) die Kilometerleistung (hier nur im Umkreis des Flugplatzes), und (11) Bemerkungen zum Flug selbst (z. B. Instrumentenflug).
Ausbildung (A2-B1) auch die Flugplätze in Karlsruhe, Kaufbeuren, Straubing, Oettingen, Straßburg, Bad Aibling, Crailsheim, Schweinfurt, Memmingen, Mannheim, Stuttgart, Pocking, Neubiberg, Wels, Prag-Gbell, Roth, Kassel, Tulln und Pardubitz angeflogen.
Während seiner Ausbildung war er vor allem in Nürnberg, Kralupy, Amberg und Schwechat als Schüler unterwiesen worden. Darüber hinaus wurden im fortgeschrittenem Stadium der A/B-
Abb. 2.1.2i Oben die zwei Focke Wulf Fw 58 B („Leukoplast-Bomber“) mit verglastem Bug auf dem verschneiten Vorfeld einer A/B-Schule (Quelle: W. Kleebauer). Das untere Bild zeigt eine Fw 58 C mit dem charakteristischen Glattblechbug. Die Maschine bereitete sich auf den Start von einer verschneiten Wiese bei Ludwigsstadt im Frankenwald vor (Quelle: M. Weber).
227 Nach der Einweisung auf einem Schulflugzeug, war die erste Phase hauptsächlich mit Schulflügen ausgefüllt, damit sich der Flugschüler mit dem Flugverhalten der einzelnen Maschinen vertraut machen konnte (Abb. 2.1.2b). Der erste Alleinflug fand nach 75 Schulflügen in der Region Kralupy statt. Auch danach wurde auf dem Anfängertyp Fw 44 weitergeschult (Abb. 2.1.2c, 2.1.2d). Nach 115 Flügen und einem Fortbildungsflug fand eine Umschulung auf Bü 131 statt, die jedoch immer wieder durch Flüge auf der Fw 44 ergänzt wurden (Abb. 2.1.2e). In den A/B-Schulen wurde auch die Albatros L 101 noch vereinzelt eingesetzt, wie
die Außenlandung zweier Flieger auf dem Hesselberg zeigt (Abb. 2.1.2f). Nun folgten Notlandeübungen, Ziellandungen und Außenlandungen mit Überlandeinweisungsflügen. Nach dem 187. Flug stieg der Flugschüler auf die Gotha Go 145 um, die sich besonders für Geschicklichkeitsflugübungen eignete (Abb. 2.1.2g). Es kamen Höhenflüge für den Grad A2 hinzu. Nach dem Flug 234 wurde auf Fw 56 weitergeschult (Grad B1). Das Flugprogramm wurde variabler mit Verbandsflügen, Überlandflügen und Kunstflugeinweisungen. Mit Flug 291 wurde die Arado Ar 65 in das Typenspektrum der Ausbildung aufgenommen.
Abb. 2.1.2j Eine Letov S 328 mit abgedecktem Cockpit. Daneben eine Messerschmitt Me 108 „Taifun“. Verdeckt im Hintergrund steht eine ältere Version der Junkers Ju 87 (Stuka) auf dem Hallenvorfeld der A/B 4. Eine Benez-Mraz Be 51 im Winter. Sie wurde auch bei der Technischen Schule der Luftwaffe 6 in Bayreuth benützt. Quelle: W. Kleebauer
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Abb. 2.1.2k Der ehemalige bayerische Staatsminister für Landwirtschaft und Forsten Dr. Eisenmann macht sich startklar in einer Schulmaschine vom Typ Klemm 35. Die Maschine gehört zur FFS Straubing, die als Arbeitsplatz auch den Flugplatz Cham-Michelsdorf anflog. Das untere Bild zeigt den Flugschüler Eisenmann am „Eismann“. Quelle: Familie Eisenmann
229 Die Arado Ar 65 war ein Jagdeinsitzer, der nicht mehr in den Einsatzverbänden verwendet werden konnte. Er zählte aber zu den Kriegsflugzeugen und wurde im Abschnitt, der als K-Zeit bezeichnet wurde, geflogen. Mit Flugnummer 315 erfolge eine Einweisung auf der Junkers W 34 (Abb. 2.1.2h). Den ersten Nachtflug mit der Go 145 machte er nach dem Flug 377, wobei ein Fluglehrer mit im Flugzeug saß. Mit Flug 385 stieg der Schüler auf die Fw 58 um. Diese, im Fliegerjargon als „Leukoplast-Bomber“ bezeichnete, Maschine wurde besonders zur Instrumentenflugausbildung auf A/B-Schulen und in Teilbereichen der Luftkriegsschulen (LKS) herangezogen. In diesem Ausbildungsabschnitt wurde stärker der Instrumentenflug und Kunstflug geübt. Eine erneute Umschulung auf die Junkers W 34 hi fand nach dem Flug 467 statt. Für den Kunstflug eigneten sich besonders gut die tschechische Avia Ba 122, ein Doppeldecker (Flug 475) und die Letov S 328 (Flug 492), Maschinen die bereits international auf diesem Teil der Aviatik hervorgetreten waren (Abb. 2.1.2j). In dieser Phase der Flugausbildung kamen auch verschiedentlich andere tschechische Muster wie die Benes-Mraz Be 51 zum Einsatz (Abb. 2.1.2j). Dieses Flugzeug befand sich nicht nur auf den A/B-Schulen, sondern auch bei der Flieger-
technischen Schule 6 in Bayreuth-Bindlach, wo es aber mehr zu Kurier- und Verbindungsflügen herangezogen wurde. Mit Flug 503 wurde auf die Arado 96b umgestellt. Es kamen für den Kunstflug hinzu die Klemm 35 (Flug 516) und die Avia B 534, ein tschechischer Jagd-Doppeldecker (Abb. 2.1.2h, 2.1.2l).
Abb. 2.1.2l Der Filmschauspieler Heinz Rühmann auf der A/B 4 in Vorbereitung für den Film „Quax der Bruchpilot“. Quelle: W. Kleebauer
Abb. 2.1.2m Rekrutenvereidigung beim Fliegerausbildungsregiment 13 in München-Neubiberg. Die Soldaten sind auf dem Kasernenhof angetreten. Auf dem Flugfeld im Hintergrund und am rechten Bildrand stehen Schuldoppeldecker des Typs Gotha Go 145. Teile dieser Ausbildungseinrichtung der Luftwaffe waren auch in Cham-Michelsdorf in der Oberpfalz stationiert. Quelle: S. Röder
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Abb. 2.1.3a Zweimotorige Schulmaschinen des Typs Siebel 204 im Verband der A/B- und C-Schulen. Links: Flugschüler und -lehrer vor einer zwei motorigen Siebel Si 204D, kenntlich durch die Vollsichtkanzel, während des Winters in Kirchenlaibach-Speichersdorf. Da die Maschine einen Motorschaden hat, fällt für den Bayreuther Flugschüler ein Tag „Sonderurlaub“ ab (Quelle: H. Nicklas). Rechts oben: Ein Siebel Si 204 A der Fliegerschule (C) 11 aus Zeltweg ist auf dem Flugplatz Kirchenlaibach-Speichersdorf zwischengelandet. Maschinen des gleichen Typs wurden u. a. auf der Hauptbasis der Blindflugschule 10 in Altenburg/Thüringen verwendet (Ries 1988). Rechts unten: Eine Bildaufnahme, wahrscheinlich aus dem Spätherbst oder Winter 1946/1947. Schüler des 1. Jahrgangs der sogenannten Landwirtschaftsschule in Weiden (Asylstraße) besuchen den abgerüsteten Flugplatz Weiden. Es waren auch junge Landwirte aus dem damaligen Landkreis Naabburg dabei. Die jungen Männer, die z.T. noch alte Uniformteile der ehemaligen Wehrmacht tragen, stehen auf dem, was von einer zweimotorigen Schulmaschine des Typs Siebel 204D übrig geblieben ist. Das Flugzeug wurde später vollständig an Ort und Stelle zerlegt und teils als Altmaterial (Aluminium) veräußert. Die Motoren wurden auf dem Scharbauer Hof in Nähe des Gartenhäuschens vergraben. Später jedoch wieder gehoben und als Schrott verkauft (Quelle: M. Heiss).
Abb. 2.1.3b Stuka Junkers Ju 87 B (am Fahrwerk sieht man noch die Sirenen oder „Jericho-Trompeten“) neben einer Junkers Ju 52 auf einer C-Schule. Quelle: W. Kleebauer
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Abb. 2.1.3f Der verglaste Bug ohne Bewaffnung einer Junkers Ju 86 E im Winter 1942/1943 auf dem Liegeplatz der FFS C 13 in Roth. Quelle: W. Kleebauer
Abb. 2.1.3g Die Heinkel He 111J-1 mit dem typischen abgestuften Führerraum im Winter auf dem Liegeplatz Roth-Kiliansdorf. Diese Maschine war nur sehr kurz bei den Küstenflieger verbänden geflogen worden. Quelle: W. Kleebauer
Abb. 2.1.3h Bugsektion des mittelschweren Kampfflugzeugs Dornier Do 11 mit einem aufgemalten Eichhörnchen als Staffelsymbol bei der C 13 in Roth-Kiliansdorf im Winter 1942/1943 beim Warmlaufen des Backbordmotors. Quelle: W. Kleebauer
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4. Die Fertigung und Erprobung von Flugzeugen in Nordbayern und den angrenzenden Gebieten 4.1 Flugzeugfabriken und -fertigung Es gibt verschiedene Gründe, weshalb es zu einer derartigen Konzentration von flugtechnischen Betrieben besonders in Nordostbayern und den angrenzenden Gebieten, im Vogtland und Westböhmen kam. Vor allem der Name Messerschmitt spielte hier eine entscheidende Rolle für die Ansiedlung dieser Luftrüstungsbetriebe. Der regionale Bezug reicht von den Anfängen in Bamberg bis nach Regensburg. Die Geschichte der Luftrüstung im Umfeld von Regensburg, die durch die Messerschmittwerke bzw. Bayerischen Flugzeugwerke AG geprägt wurde, hat Schmoll (1995, 2000, 2002) detailliert bearbeitet. Er listet Werksnummern, Verbleib von Maschinen und die Auslagerung auf, Dinge, auf die in diesem Buch nicht eingegangen werden muss. In den folgen-
den Kapiteln wird die Luftrüstung in Nordbayern typenbezogen abgehandelt, um dem Leser den Bezug zu anderen Kapiteln und dem technischen Appendix am Ende des Buches zu erleichtern (Datenblätter). Unabhängig von diesem technischen Bezug war besonders der nördlichste Teil, der ländlich geprägte Raum in Oberfranken und in der nördlichen Oberpfalz sehr geeignet für Rüstungsbetriebe aller Art wegen seiner besonderen Lage, abseits der großen Bomberstraßen. Ein Sonderheft der IHK Oberfranken (1993) macht dies sehr deutlich. Bis zum 1.4.1944 waren im Gau „Bayerische Ostmark“ lediglich 34 Wohnungen durch alliierte Flugzeuge zerstört worden. Im gleichen Zeitraum lag die Quote in Berlin bei 308400, in Hamburg bei 242778 und in München bei 11280 zerstörten
Abb. 4.1.1a Kuriermaschine Me 108 Taifun mit Pilot und zwei Begleitern nach einer unfreiwilligen Notlandung auf einem Acker. Quelle: B. Leutheusser
279 Wohnungen. Es wurden meist Zulieferer, Teilefertigung und Depots aller Art in dieser Region angesiedelt, die nicht nur für die Luftrüstung, sondern vor allem für die Motoren- und Kugellagerindustrie in Nürnberg und Schweinfurt fertigten. Einen Überblick über die Herstellung der Messerschmittflugzeuge und die Dislozierung der Komponentenfertigung liefert die Tabelle 3 im Anhang. Sie gibt auch einen guten Einblick in die Aufklärungstechnik und die Nachrichtenbeschaffung der USA im Bereich der deutschen Rüstungsindustrie. Die Alliierten wussten genau, in welcher Stadt und bei welcher Firma in Deutschland und in den besetzten Gebieten, welche Komponenten für welches Flugzeug oder allgemein ausgedrückt Waffensystem, gefertigt wurden. Diese sehr guten Detailkenntnisse waren im Wesentlichen der „Abschöpfung“ oder dem gezielten Einsatz von „Fremdarbeitern“ in den Betrieben geschuldet. Bereits vor dem Krieg waren in getarnter Form anglo-amerikanische „Geschäftsreisende und Touristen“ in Deutschland unterwegs. Aufbauend auf dieser Datenbasis versuchten die alliierten Bomberstäbe durch Schwerpunktsangriffe auf die Schlüsselindustrie die deutsche Luftrüstung auszuschalten. Die hohen Produktionsziffern im Jahr 1944 beweisen jedoch, dass trotz all
dieser Detailkenntnisse bis hinab zur „Schuhgröße“ des Betriebsleiters die alliierten Luftstreitkräfte nicht in der Lage waren, die Luftrüstung nachhaltig zu schwächen. Dies gilt auch für die Kugellagerindustrie, die über den Luftwaffensektor hinaus für alle See- und Landfahrzeuge von Bedeutung war. Die Tabelle 3 macht auch deutlich, welche logistische und organisatorische Leistung zu vollbringen war, dieses vernetzte Produktionssystem aufzubauen und bis Kriegsende zu unterhalten. 4.1.1 Die Produktion der Me 108 und Me 109 Die Messerschmitt Me 109 war eine logische Weiterentwicklung auf dem Jagdflugzeugsektor in der deutschen Luftrüstung, da die Einsatzmodelle Heinkel He 51, die bereits im spanischen Bürgerkrieg in Erscheinung trat, und die Arado 68, beides einsitzige Jagddoppeldecker, veraltet waren. Der Übergang zu einem leichten Jagdflugzeug, weg vom Doppeldecker, wurde auch bei den Westmächten in jener Zeit vollzogen. Die Royal Air Force konnte das Debüt der Supermarine Spitfire 1936 feiern. Die Armée de l‘Air zog nach und der Erstflug der Dewoitine D.520 fand 1938 statt. Innerhalb der Luftwaffe musste jedoch die Messerschmitt Me 109 sich gegen drei Konkurrenten, die Arado 80, die Heinkel He 112 und den Hochdecker Focke Wulf Fw 159 durchsetzen (Nowarra 1986). Die Me 109 hatte einen Vorläufer, die Me 108 Taifun,
Abb. 4.1.1b Eine Messerschmitt Me 109 G-6, aufgenommen nach Einnahme des Werks-Flugplatzes der Messerschmittwerke in Augsburg durch US-Heeresverbände. Quelle: USAAF
280 Me 109 nicht zu gefährden, wurde die Produktidie ihr von der äußeren Formgebung her zwar sehr on dieses Typs an die Société Nationale de Conähnlich war, jedoch nicht als Jagdflugzeug, sonstructions Aéronautiques du Nord (SNCAN) in dern als Reise- und Verbindungsflugzeug bei der Les Mureaux vergeben, die dieses Muster nach Luftwaffe verwendet wurde (Abb. 4.1.1a). Beide dem Krieg zur Nord 1001 und 1002 weiterentMaschinen, die Me 108 und die Me 109 wurden wickelte. in den 1936/1937 in Regensburg Prüfening erstellten Flugzeugwerken der Messerschmitt AG Augsburg, gefertigt (Abb. 1.3.2.14b). 1938 bis 1940 duk firmierte diese Pro tionsstätte noch unter der Bezeichnung Baye rische Flugzeugwerke Regensburg GmbH. Die Gründung dieses Flug zeugwerkes mit all seinen angeschlossenen Sozialeinrichtungen und Aus bildungsstätten brachte für die Stadt Regensburg nicht nur hinsichtlich der Einwohnerzahlen (Anstieg um über 15000 Abb. 4.1.1c Personen) eine positive Messerschmitt Me 109 E-4 vor dem Start. Quelle: Stadtarchiv Kirchenlamitz Veränderung, sondern sie veränderte auch das ge- samte Tätigkeits- und Arbeitsspektrum dieser Stadt, das bis dato sehr handw erklich geprägt war. Das erste viersitzige Leichtflugzeug Me 108 hatte in Regensburg, im Januar 1938, seinen ersten „roll-out“. Von den bis 1945 gefertigten 885 Maschinen gingen nahe zu alle an die Luftwaffe, die diese Maschine vor allem für Kurier- und Verbindungsflüge einsetz te. Um den Ausstoß an Jagdmaschinen des Typs
Abb. 4.1.1d Eine Rotte Messerschmitt Me 109 E-7.
Quelle: Stadtarchiv Kirchenlamitz