Das Richterbestellungsverfahren im Fürstentum Liechtenstein

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Das Richterbestellungsverfahren im Fürstentum Liechtenstein nach dem Art. 96 der Landesverfassung

1.

Allgemein

Mit der Bekanntgabe, dass der liechtensteinische Landtag einen vom Richtergremium vorgeschlagenen Richterkandidaten ablehnte, eröffnet sich zum ersten Mal der Weg zur Anwendung der Richterwahlbestimmungen der Landesverfassung (Art. 96 LV) und des Richterbestellungsgesetzes (RBG), die seit dem Jahr 2003 in kraft sind. 2.

Das Bestellungsverfahren und die Nomination

Für die Auswahl von Richtern ist ein ständiges Gremium vorgesehen, wobei der Fürst den Stichentscheid und den Vorsitz hat. Er kann so viele Mitglieder entsenden wie der Landtag. Zusätzlich entsendet die Regierung das für die Justiz zuständige Regierungsmitglied (Art. 96 Abs. 1 LV). 

Ist ein Kandidat durch das Gremium ausgewählt worden, so wird dieser nur mit der Zustimmung des Fürsten dem Landtag empfohlen. Für einige Autoren ist das ganze Bestellungsverfahren aufgrund der Zustimmung des Fürsten sinnlos, denn es werden somit nur Richter gewählt, die die Interessen des Fürsten vertreten. Man sollte diese Zustimmung jedoch als ein Vetorecht des Fürsten interpretieren für den Fall es entstehe, zB, die Gefahr, die Richter werden der Mehrheitspartei angehören. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass der Fürst eine Richterernennung aus anderen Gründen zurückweisen könnte. Zusätzlich darf der Landtag, trotz Fürsten Zustimmung, die Empfehlung ablehnen, wenn er der Meinung ist, der Richter werde nur die Interessen des Fürsten vertreten.

Zuletzt liegt es in der Hand des Landtages, den vom Gremium empfohlenen Richterkandidaten anzunehmen. Wird er angenommen, so erfolgt die Ernennung durch den Fürsten. Wenn dagegen der Landtag die Empfehlung ablehnt und sich eine Einigung innerhalb von vier Wochen nicht erreichen lässt, eröffnet sich der Weg zur Volksabstimmung.

Wie es nach Art. 96 LV verdeutlich wird, kommt das Volk ins Spiel, sobald zwischen dem Gremium und dem Landtag ein Dissens entsteht. Der Landtag behält das Recht, einen Gegenkandidaten vorzuschlagen; zusätzlich dürfen 1000 wahlberechtigte Lan-

Edgardo Arévalo, Notizen zum liechtensteinischen Recht Nr. I 09/2015

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