Charta für die demokratische Nutzung von Videoüberwachung

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Charta fĂźr die demokratische Nutzung von VideoĂźberwachung

European Forum for Urban Security


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Präambel Videoüberwachungssysteme verzeichnen in europäischen Städten unterschiedliche Entwicklungen, was nicht nur auf nationale und lokale Gegebenheiten zurück zu führen ist, sondern auch mit politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Überlegungen zu tun hat. Ziel dieses Projektes, an dem zehn Städte, Genoa, Rotterdam, Liège, Le Havre, Ibiza, Saint-Herblain, Regione di Veneto, Regione Emilia-Romagna, London Metropolitan Police, Sussex Police, und europäische Experten beteiligt sind, war es, trotz aller Unterschiede eindeutige Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Diese Gemeinsamkeiten bilden die Grundlage für unsere Arbeit und bestimmen Vorgehensweisen und Überwachungsstrategien. Die erste Gemeinsamkeit ist die Notwendigkeit, bei der Ausarbeitung und beim Betrieb von Videoüberwachungssystemen die notwendigen Garantien vorzusehen, um den Schutz des Privatlebens der Bürger und der Grundfreiheiten sicherzustellen. In Artikel 8 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten heißt es dazu:

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„Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.“ Ziel dieser Charta ist es, den Bürgern Zusicherungen im Hinblick auf die Nutzung dieser Systeme zu geben, weil Videoüberwachung: - durch die in bestimmten Räumen ausgeübte Überwachung einen Einfluss auf die Ausübung individueller Freiheiten in diesen Räumen haben kann; - auf Grund der sie prägenden technologischen Entwicklungen das Feld der Möglichkeiten exponentiell öffnen kann; - im Mittelpunkt leidenschaftlicher Debatten steht, in deren Rahmen Besorgnisse und Befürchtungen geäußert werden; Den Bürger in den Mittelpunkt der Besorgnisse der Städte im Rahmen ihres Videoüberwachungssystems zu stellen, war der Grundgedanke des Projektes „Bürger, Städte und Videoüberwachung“. Hinzu kommen der Schutz und die Anwendung des Rechts der Bürger auf Intimsphäre im öffentlichen Raum, die wir uns zum Ziel machen müssen. Die zweite Gemeinsamkeit ist die Notwendigkeit, diese Verpflichtung in die Praxis umzusetzen, indem Vorgehensweisen festgelegt werden, die sie konkretisieren und ihr einen Inhalt geben. Mit Hilfe der Charta für die demokratische Nutzung von Videoüberwachung sollen diese beiden Aspekte miteinander in Einklang gebracht werden. Dieser mit einem Regelwerk verknüpften Verpflichtung verschreiben sich die Unterzeichner. Sie enthält Grundsätze und nennt konkrete und pragmatische Maßnahmen für deren Umsetzung. So wird sie zu einem Instrument für die Unterstützung praktischer Initiativen.

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Es gibt aber auch übergreifende Empfehlungen, die sich auf mehrere Grundsätze beziehen. Die Projektpartner haben versucht, diese vier Empfehlungen als methodologische Instrumente aufzunehmen. Dabei handelt es sich um folgende: • Mit Hilfe einer Vorabdiagnose sollen die lokalen Bedürfnisse objektiv festgestellt werden. Im Rahmen dieser Diagnose soll auch die Machbarkeit eines Videoüberwachungsprojektes in einem bestimmten Gebiet bewertet werden. Sie sollte im Rahmen des Möglichen durch ein externes Gremium erstellt werden. • Die Durchführung regelmäßiger Bewertungen soll als Entscheidungshilfe dienen und es ermöglichen, ein Videoüberwachungssystems auszubauen oder zu ändern. • Die Schulung der Betreiber. Die Betreiber eines Videoüberwachungssystems bilden den Angelpunkt des Systems. Von ihnen hängt unter anderem das reibungslose Funktionieren des Systems ab. Die Betreiber müssen in den Grundsätzen dieser Charta geschult werden, aber auch in den umzusetzenden Empfehlungen. Sie müssen sich ferner die Zielsetzungen des Systems aneignen. Die Schulung ist eine Forderung nach Qualität. • Eine Kontrollbehörde muss die Einhaltung der Grundsätze der Charta überprüfen. Die Errichtung einer solchen Struktur auf lokaler Ebene kann entweder landesweit gesetzlich vorgeschrieben werden oder im Rahmen einer freiwilligen Initiative der Städte erfolgen. Die Unabhängigkeit dieser Behörde muss sichergestellt werden.

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Geltungsbereich >>> der Charta Die vorliegende Charta gilt für die Ausarbeitung, den Betrieb und die Entwicklung öffentlicher Videoüberwachungssysteme, die durch staatliche Stellen auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene verwaltet werden. Allerdings gelten die darin genannten Bestimmungen auch für private Videoüberwachungssysteme, insbesondere wenn die genannten staatlichen Stellen für deren Betrieb zuständig sind.

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Grundsätze Sieben Hauptgrundsätze wurden festgelegt. Diese Grundsätze ergänzen sich und schließen sich nicht gegenseitig aus. Sie stützen sich gegenseitig und sichern ihren Fortbestand.

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I. Der Grundsatz der Legalität

<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< Bei der Planung und Entwicklung von Videoüberwachungssystemen müssen die geltenden Gesetze und Bestimmungen eingehalten werden. Es geht um Einhaltung und Übereinstimmung mit europäischen, nationalen, regionalen oder lokalen Gesetzen. Bei der Entwicklung ist ferner den Datenschutznormen, den Gesetzen für das Abhören von Kommunikationen und Gesprächen, für die unerlaubte Einmischung in das Privatleben, den Schutz der Würde, der Darstellung, der Wohnung und der übrigen Orte, für die bereits ein vergleichbarer Schutz gilt, Rechnung zu tragen. Auch die Normen für den Schutz der Arbeitnehmer sind zu berücksichtigen.

empfehlungen / vorgehensweisen Bei der Entwicklung von Videoüberwachungssystemen sind folgende Vorgaben einzuhalten: 1) Europäisches und internationales Recht: - Die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten des Europarates von 1950; - Die Konvention 108 des Europarates zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten von 1981; - Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union; - Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr; 2) Nationale und lokale Bestimmungen für Videoüberwachungssysteme und den Schutz personenbezogener Daten: - Bewertung des Nutzens einer Videoüberwachungsanlage unter Berücksichtigung der Ziele, für welche die Verfassung eine Einschränkung der Grundrechte der Bürger zulässt.

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3) Die bestehende Rechtsprechung 4) Angesichts der technologischen Entwicklung ist im Falle eines juristischen Vakuums bei der Aufstellung eines Videoüberwachungssystems darauf zu achten, dass die anderen in der vorliegenden Charta festgelegten Grundsätze eingehalten werden.

II. Der Grundsatz der Notwendigkeit

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Die Aufstellung eines Videoüberwachungssystems kann kein Zweck an sich darstellen. Sie muss stets anhand einer Notwendigkeit bewertet werden. Dabei sind die Umstände und der Bedarf einerseits und die Antwort, welche das Videoüberwachungssystem darstellt, andererseits zu berücksichtigen. Bedarf und Umstände begründen die Entscheidung und machen die Initiative unausweichlich. Ausgehend vom Grundsatz der Notwendigkeit müssen die Argumentation und damit die Rechtfertigung einer Initiative klar zum Ausdruck gebracht werden. Der Grundsatz der Notwendigkeit muss denn auch der Entscheidung zur Aufstellung eines Videoüberwachungssystems zugrunde liegen. Dadurch erhält die Notwendigkeit eine zwingende Dimension. „Die Notwendigkeit als Gesetz“. Drei Aspekte liegen dem Grundsatz der Notwendigkeit zugrunde: Die Umstände

Der Bedarf

Die Antwort

Auf dem Zusammenwirken zwischen Umständen und Bedarf basiert die Notwendigkeit der Antwort. 42


empfehlungen / vorgehensweisen A- DIE UMSTÄNDE • Genaue Erkennung der in einem Stadtgebiet erfassten Sicherheits- und Präventionsprobleme im Rahmen einer Prüfung oder Diagnose; • Bestandsaufnahme der lokal verfügbaren Mittel und der vorhandenen Systeme, welche dieser Situation Rechnung tragen. B- DER BEDARF • Erkennen des aus der Diagnose und der Bestandsaufnahme des lokalen Potenzials resultierenden Bedarfs. Der Bedarf muss so präzise wie möglich erfasst werden, denn daraus ergeben sich die künftigen Ziele des Projektes. • Kommen andere, weniger radikale Mitte in Frage, um den festgestellten Problemen Rechnung zu tragen? C- DIE ANTWORT • Die Ziele müssen festgelegt und die Vorteile und die vom System erwarteten Ergebnisse erkannt werden. Die Ziele müssen dann in Funktionsweisen umgesetzt werden. Beispielsweise muss ermittelt werden, welche praktischen Folgen ein Videoüberwachungssystem hat, das einen Beitrag zur Verbrechensbekämpfung leisten soll. • Wahl des Systems, das es der Stadt realistisch ermöglicht, die Ziele zu erreichen. Das Videoüberwachungssystem muss so bemessen sein, dass es dem erkannten Bedarf gezielt und effizient Rechnung trägt. • Videoüberwachungssysteme dürfen erst dann in Betrieb genommen werden, wenn sich alle anderen, weniger radikalen Maßnahmen (nach Bewertung) als unzureichend oder unanwendbar erwiesen haben oder die Art des zu lösenden Problems außerhalb der Reichweite dieser Mittel liegt. In jedem Fall darf die Videoüberwachung nur ein Teil einer koordinierten Antwort auf das erkannte Problem sein. • Gegebenenfalls muss ein Rückzugsrecht zur Anwendung kommen. Die Städte müssen anhand einer Bewertung feststellen können, dass die Videoüberwachung keine Notwendigkeit mehr ist oder eine anderweitige Aufstellung der Kameras notwendig ist. 43


III. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Die Ausarbeitung, Aufstellung und Entwicklung von Videoüberwachungssystemen muss angemessen sein. Die Aufstellung von Videoüberwachungssystemen muss im Verhältnis zur Problematik stehen, auf die sie antworten soll. Das Streben um Verhältnismäßigkeit ist in erster Linie eine Frage der Angemessenheit zwischen den angestrebten Zielen und den für ihre Erreichung eingesetzten Mitteln. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hängt daher eng mit dem Begriff Ausgewogenheit zusammen. Diese Ausgewogenheit setzt voraus, dass die Aufstellung von Videokameras nicht die einzige Antwort im Zusammenhang mit Sicherheit und Verbrechensbekämpfung in einer Stadt sein kann.

empfehlungen / vorgehensweisen Die Verhältnismäßigkeit muss in jeder Phase und jedem Vorgang der Datenverarbeitung bewertet werden, insbesondere bei der Festlegung folgender Aspekte: • Umfang der Anlage und technische Kapazitäten der Kameras; - Die technische und personelle Ausstattung muss dem strikten Bedarf entsprechen. Dies setzt die Verwendung einer Technologie voraus, die den vorgegebenen Zielen Rechnung trägt, ohne darüber hinaus zu schießen. Die Nutzung eines Videoüberwachungssystems muss zeitlich und räumlich begrenzt werden, das heißt: zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem bestimmten Gebiet als Reaktion auf einen bestimmten Bedarf. Soll das Videoüberwachungssystem um neue Funktionen erweitert werden, muss über die Notwendigkeit nachgedacht werden (Grundsatz I). - Die technische Anlage sollte insbesondere über ein System zum Ausblenden privater Bereiche mit Hilfe einer dynamischen Maske verfügen, denn ein Überwachungssystem für den öffentlichen Raum darf die Überwachung privater Bereiche nicht als „Nebenwirkung“ haben. Dies ist auch bei der Positionierung und Ausrichtung der Kameras sowie ihrer Art (fest oder mobil) zur berücksichtigen.

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• Datenschutz Die durch Videoüberwachung erfassten Bilder stellen personenbezogene Daten dar und müssen daher denselben Schutz genießen wie alle anderen personenbezogenen Daten. Dies setzt die Einhaltung strenger Regeln für die Aufzeichnung, Aufbewahrung, Weitergabe und eventuelle Löschung der Bilder voraus. Dies muss vor allem sichergestellt sein, wenn es um folgende Entscheidungen geht: - Aufbewahrung der Bilder: ja oder nein; - Dauer einer eventuellen Aufbewahrung der Daten, die in jedem Fall immer vorübergehend sein muss. Die Aufbewahrungsdauer muss auf die strikte Notwendigkeit begrenzt, kontrolliert und durch Parametrierung im System festgelegt sein; - physischer und technischer Schutz personenbezogener Daten. Es muss Protokolle für die Verwaltung der Zugangsgenehmigungen und die Übertragung der Bilder geben. In diese Protokolle muss der Grundsatz „Privacy by design“ aufgenommen werden, der voraussetzt, dass der Schutz personenbezogener Daten schon frühzeitig bei der Entwicklung von Videoüberwachungsausrüstungen berücksichtigt wird. • Videoüberwachungssysteme müssen ihre Ausgewogenheit und ihre Verhältnismäßigkeit durch eine integrierte Politik für Sicherheit und Verbrechensbekämpfung erhalten. Sie sind ein Instrument der globalen Sicherheitspolitik und müssen daher mit anderen lokal umgesetzten Antworten kohärent sein.

IV – Der Grundsatz der Transparenz

<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< Jede für ein Videoüberwachungssystem zuständige Behörde muss über eine klare, transparente Politik im Hinblick auf den Betrieb ihres Systems verfügen. Transparent ist, was von außen sichtbar ist. Da Videoüberwachung als Technologie gelten kann, welche die Freiheiten einschränkt, muss sie absolut transparent genutzt werden und mit einer umfassenden Information der Öffentlichkeit einhergehen.

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empfehlungen / vorgehensweisen • Die Behörde, welche die Initiative für die Aufstellung von Überwachungskameras ergreift, muss die Bürger klar über folgende Aspekte informieren: - über die geplante Aufstellung eines Videoüberwachungssystems; - über den Zweck dieser Kameras; - über die Mittel, die für die Einrichtung des Systems bereit gestellt werden; - über die überwachten Bereiche. Zu diesem Zweck ist eine sichtbare und erkennbare Beschilderung mit Piktogrammen vorzusehen; - über die Identität und die Aufgaben der Personen, bei denen Informationen eingeholt werden können. Diese Informationen müssen auf den Hinweisschildern für die überwachten Bereiche stehen; - über die spezifischen Maßnahmen zum Schutz der aufgezeichneten Bilder. Die mit einem Videoüberwachungssystem erfassten Daten müssen mit einem Passwort-geschützten Zugang gesichert werden. Sie dürfen ausschließlich zu den vorgesehenen Zwecken und von den befugten Personen verwendet und während des erforderlichen Zeitraums aufbewahrt werden. Jede Verwendung der aufgezeichneten Bilder muss in einem zu diesem Zweck geführten Register vermerkt werden; - über die staatlichen Stellen, welche Empfänger dieser aufgezeichneten Bilder sein können; - über ihre Rechte an den sie betreffenden Bildern. Dabei handelt es sich insbesondere um: - das Recht auf Zugriff auf sein Bild unter Wahrung der Rechte Dritter. Dieses Recht kann bei kriminalpolizeilichen Ermittlungen oder bei einer Gefährdung der Staatssicherheit und der Landesverteidigung abgelehnt werden; - das Recht auf Überprüfung der Löschung der Bilder, wenn die Aufbewahrungsdauer für die Bilder abgelaufen ist. Diese Informationen müssen verständlich und in einer klaren Sprache ausgedrückt werden. • Die für das System zuständige Behörde muss die Bürger regelmäßig über seine Ergebnisse und die Erreichung der Ziele informieren und dabei die üblichen Kommunikationskanäle nutzen. Dies setzt eine frühzeitige klare Formulierung der Ziele 46


voraus und erfordert Bewertungen des Systems auf Basis von im Voraus festgelegten Indikatoren. • Von der Verwendung von Kameraatrappen ist unbedingt abzuraten. Durch diese Fehlinformation gerät das System in Misskredit und die Betreiber können zur Verantwortung gezogen werden.

V – Der Grundsatz der Verantwortung

<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< Das Recht auf Überwachung des öffentlichen Raums ist bestimmten Behörden vorbehalten. Diese Behörden sind in ihrem Namen für die Systeme verantwortlich. Die für das Videoüberwachungssystem zuständigen Behörden sind die Garanten einer legalen Verwendung, welche das Privatleben und die Grundfreiheiten der Bürger schützt. Sie haften daher für festgestellte Verfehlungen und Verstöße. Die zuständigen Verwaltungsbehörden müssen klar festgelegt sein. Für Privatunternehmen, welche Videoüberwachungssysteme besitzen und verwalten, die den öffentlichen Raum beobachten, gelten dieselben Auflagen wie für staatliche Stellen.

empfehlungen / vorgehensweisen • Bekanntgabe von Namen und Telefonnummern der zuständigen, verantwortlichen Behörde. Diese Informationen können unter anderem auf allen Hinweisschildern für überwachte Bereiche vermerkt werden. • Bestätigung der Geheimhaltungsverpflichtung, welcher die Verwalter des Systems im Rahmen einer Geschäftsordnung oder eines Ethik-Kodex unterliegen. Sie haften bei Verstößen gegen diese Verpflichtung. • Inanspruchnahme von Sicherheitsmaßnahmen, welche den Schutz des Zugangs zur Verwaltung des Systems, aber auch den Schutz des Zugangs zu den aufbewahrten Bildern ermöglichen. Für die Kontrolle dieser Zugänge sind die erforderlichen technischen Maßnahmen zu ergreifen. 47


• Bekanntgabe der Modalitäten für die Anrufung der für die Ahndung aller festgestellten Missbräuche zuständigen Verwaltungsbehörden. • Angemessene Verbreitung der für das öffentliche Verständnis der Nutzung von Videoüberwachung erforderlichen Informationen.

VI – Der Grundsatz der unabhängigen Kontrolle

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Einschränkungen und Gegengewichte zum Betrieb von Videoüberwachungssystemen sind durch ein unabhängiges Kontrollverfahren zu gewährleisten. Jede Kontrolle setzt die Festlegung von Normen voraus. Der Grundsatz der unabhängigen Überwachung ermöglicht es durch diese Normen, die Vorgehensweisen im Sinne der Charta zu vereinheitlichen. Ein unabhängiges Kontrollverfahren kann mehrere Formen annehmen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten in die Entwicklung der Systeme eingreifen. Bei dem „unabhängigen Controller“ kann es sich um eine entsprechend befähigte Person oder ein Gremium handeln, dem auch Bürger angehören können.

empfehlungen / vorgehensweisen • Es wird empfohlen, dieses unabhängige Gremium damit zu beauftragen, nach Analyse der Unterlagen die Genehmigungen für die Aufstellung der Videoüberwachungssysteme zu erteilen. • Das unabhängige Gremium hat ferner darauf zu achten, dass die festgelegten Regeln und Normen bei Umsetzung und Nutzung des Systems eingehalten werden.

VII – Der Grundsatz der Einbeziehung der Bürger

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Es muss alles dafür getan werden, dass eine Einbeziehung der Bürger in alle Etappen eines Videoüberwachungssystems gefördert wird.

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Es geht darum, dass die Bürger durch unterschiedliche Formen der Anhörung, der Beteiligung, der Überlegung und der Mitentscheidung eine Stimme erhalten. Bei jeder neuen Aufstellung oder Erweiterung eines Videoüberwachungssystems ist stets die aktive Beteiligung der in dem betreffenden Gebiet ansässigen Bürger zu planen, beispielsweise durch Diskussionsgruppen. Der Erfolg eines Videoüberwachungssystems hängt von der Beteiligung der Bürger ab.

empfehlungen / vorgehensweisen • Anhörung der Bürger bei der Bedarfserkennung im Rahmen einer Vorabdiagnose, beispielsweise durch eine Opferbefragung. • Frühzeitige Einbeziehung der Bürger in die Aufstellung der Kameras, wenn sie einem Bedarf Rechnung trägt. Dies kann in Form von Erkundungsgängen erfolgen. • Annahme globaler Sicherheitsprojekte durch die Bürger, beispielsweise durch Bürgerversammlungen, um ihre Zustimmung zu den Projekten der Stadtverwaltung einzuholen. • Teilnahme der Bürger an der Kontrolle und Beurteilung des Systems durch Zufriedenheitsumfragen. • Im Rahmen eines genormten, formalisierten Verfahrens sollen Bürger die Möglichkeit erhalten, die Kontroll- und Verwaltungszentrale eines Videoüberwachungssystems auch ohne Vorankündigung zu besuchen. Jede Ablehnung muss begründet werden (zum Beispiel auf Grund einer laufenden kriminalpolizeilichen Ermittlung). Diese Möglichkeit muss so organisiert sein, dass die Rechte Dritter nicht gefährdet werden. • Verstärktes Engagement der lokalen Behörden, um die regelmäßige Teilnahme der Bürger zu ermöglichen. Die Schaffung einer lokalen Struktur für die Überwachung der angemessenen Nutzung des Systems muss eine aktive Bürgerbeteiligung an der Nutzung und Entwicklung des Systems umfassen.

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Weitere Aussichten Die Unterzeichnerstädte dieser Charta verpflichten sich, diese Grundsätze im Rahmen des Möglichen anzuwenden und im lokalen und nationalen Kontext umzusetzen. Sie verpflichten sich zur Fortsetzung des Austausches über die Weiterentwicklung dieser Charta unter Berücksichtigung der technologischen Entwicklung. Sie haben den Wunsch, ein europäisches Label und eine europäische Zertifizierung einzurichten. Sie wünschen sich gemeinsame Formulierungen gegenüber den europäischen Bürgern und die Schaffung einer europaweit einheitlichen Beschilderung für videoüberwachte Bereiche.

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