3 minute read
AhrSteig
Blaue Steine - rote Weine
Wenn das Leben kribbelt. Die fünfte von insgesamt sieben Etappen hat es in sich. Zwischen Kreuzberg und dem schnuckeligen Winzerdorf Rech serviert der AhrSteig alpine Passagen und geniale Ausblicke. Gleiches findet der Wanderer auf dem durchaus sportlichen Abschnitt zwischen Dernau und Walporzheim, dem Ziel dieser Etappe.
Advertisement
Ich bin auf dem AhrSteig mit den beiden Lebensfreundinnen Claudia und Ulla unterwegs. Nie haben sie ihren Himmel auf Erden, das Ahrtal, verlassen. Es sei ein Quell purer Lebensfreude. Rasch turnt der Pfad auf die Talberge, lässt einen schönen Blick auf die letzte noch heute bewohnte Burg Kreuzburg im Ahrtal zu. Hier kann man runterkommen, sich fordern und Distanz zu den Dingen des Alltags gewinnen. Seit 35 Jahren sind die beiden befreundet, haben Höhen und Tiefen durchlebt und einander begleitet. Das Wandern sei der Freiraum, um sich der Zwänge des Alltags zu entledigen, um starke Gefühle zu entwickeln und zu teilen. Ein Rezept, dass sie jedem Gast ans Herz legen. Das Ahrtal ist wie geschaffen für derlei fußläufiges „Krafttanken“.
Immer wieder windet sich der AhrSteig um Felssporne herum. Man sieht, woher man kam und erahnt, wohin es gehen wird. Eine Wanderung auf dem Ahr- Steig, mit all seinen Windungen, sinnieren die beiden, verkörpere irgendwie im Kleinen den Lebensweg des Menschen. Diese fünfte Etappe fordert im Aufstieg, zwingt auf felsigem Untergrund durch aberwitzig enge Kehren und Schleifen zur Achtsamkeit und belohnt mit unglaublichen Tief- und Weitblicken. „Schaut Euch um!“ Ulla breitet die Arme aus. Wir sitzen vor einer kleinen Schutzhütte und genießen den Blick auf Burg Are über Altenahr und das Picknick, dass die beiden aus ihren Rucksäcken gezaubert haben. „Das alles hat dieser Fluss geschaffen. Hat sich immer tiefer in die Felsen des Ahrgebirges gegraben. Unverzagt und unverdrossen.“
Derweil entkorkt Claudia gekonnt eine Flasche Spätburgunder aus der Mayschosser Winzergenossenschaft, füllt drei kleine Probier-Gläser und lacht „die Sonne verwöhnt uns Ahrtaler das ganze Jahr, lässt die Reben gedeihen und wärmt die Herzen!“. Ich erfahre, dass die Mayschosser Winzergenossenschaft die älteste der Welt ist und die blauen Glücks- oder Mariensteine der Ahrtaler ein Relikt der Eisenerzverhüttung am Oberlauf der Ahr sind. Dann turnt der AhrSteig zwischen Krüppeleichen am steilen Abhang hindurch,
überragt von gewaltigen, efeubewachsenen Steinkaskaden, zur Ruine Saffenburg. Rebenspaliere begleiten den Aufstieg zur einst größten Burganlage des Ahrtals. Umwerfend schön ist der Blick auf das Weindorf Mayschoß, die Weinberge, den Waldpelz darüber und das silberne Band der Ahr. „Da vorne liegt der Endpunkt unserer Tour in Rech“. Ulla deutet flussabwärts und strahlt: „Ist das nicht schön?“
Wussten Sie schon?
Den Namen verdankt die Ahr den Kelten. Den windungsreichen, 95 km langen Flusslauf bezeichneten sie als „aha“, schnell fließendes Wasser. Das blaue Band durch das Ahrgebirge, mal sanftmütig, mal akrobatisch, ist ein Quell der Lebensfreude. Zwischen Wein und Stein, Wald und Wiesen lebt ein besonders lebenslustiger Menschenschlag. Gewohnt hart zu arbeiten, haben sich die Ahrtaler das quirlige Gemüt der an Flussschlingen und -schleifen reichen Flussdame zu eigen gemacht. Ein Tal der Lebensfreude.
Besonders sehenswert: Ein knackiger Anstieg über versteckte Pfade führt zum spektakulärsten Abschnitt des gesamten AhrSteigs. Hoch über dem Ahrtal verläuft die Route über Felspassagen und entlang schroffer Sandsteinwände der Schulder Hardt ins idyllisch gelegene Örtchen Schuld. Über Forstwege hinauf geht es weiter zu dem beeindruckenden Felsmassiv der Spicher Ley. Von dort aus erschließen sich imposante Blicke auf das Ahrtal. Ein letztes Mal steigt die Route an und führt nach Querung des Holzseifenbachs, durch Wälder und Wiesen und vorbei am Felseinschnitt Prümer Tor hinab nach Insul.