Herbstvorschau 2019 rüffer & rub Sachbuchverlag

© Peter Wüthrich

t s b r He 19 20

Sachbücher zu Fragen, die Antworten verdienen

Die Wirkung von Büchern Wussten Sie, dass Placebos sogar wirken, auch wenn die PatientInnen wissen, dass sie ein Scheinmedikament erhalten haben?

Wie einfach es doch wäre, wenn man auf das Buchcover jedes Mal »Bestseller« schreiben könnte, und es würde wirken!

Welche Wirkung Bücher haben, das erfahren Sie und wir in unseren Berufen und bei der Lektüre täglich. Ein Leseexemplar oder Manuskript eröffnet für ein paar Stunden neue Welten, ein Gedicht drückt Unfassbares in wenigen Worten aus, ein Ratgeber gibt tatsächlich guten Rat, beim Lesen eines Sachbuches geht ein Licht auf, eine Kundin legt schwungvoll vor Vorfreude den neuen Roman auf Ihren Tresen.

Die Wirkung von Büchern ist jedoch nicht immer allen genehm. Das erfuhr unter anderem der legendäre Buchhändler und Verleger Emil Oprecht (1895–1952): Er verteidigte sie gegen jede Zensur, bot ExilautorInnen gar Unterschlupf in Zürich und beschaffte Visa und Pässe.

So unterschiedlich die Wirkung von Büchern sind, so vielfältig sind unsere sieben Herbsttitel: Das Programm reicht von der Biografie über Emil Oprecht zu den Themen Placebo, Maltherapie, ein würdiges Alter bis zu Kolumnen über Beziehungen, ein Buch über Gedichte und eines von einem Buchkünstler.

Vielleicht dachten Sie beim Anblick unseres Vorschaucovers: Wie aufregend es wäre, wenn Bücher sich zu Flügeln verwandeln könnten! Aber tun sie das denn nicht? Lassen Sie sich durch die reichhaltige Welt der Bücher treiben – in neue Erfahrungshorizonte.

Auf eine erfolgreiche und beglückende Zusammenarbeit Anne Rüffer & Team

BIOGRAFIE | KULTUR

· Die erste Biografie · Gründer der legendären Zürcher Buchhandlung · Anlaufstelle für ExilautorInnen und SchauspielerInnen im 2. Weltkrieg Christoph Emanuel Dejung | Emil Oprecht.

Buchhändler und Verleger der Exilautoren ca. 320 S. | Hardcover | CHF 38.00 EUR 33.50 | Erscheint Mitte Oktober

Tod 1952 sorgte er als Präsident der Neuen Schauspiel AG und als kaufmännischer Direktor mit viel Engagement dafür, dass das Theater in diesen prekären Zeiten weiterexistieren konnte.

Franklin D. Roosevelt und Winston Churchill bedankten sich persönlich bei Oprecht für sein Engagement. Thomas Mann sagte in der Abdankungsrede: »Er war mein Freund, war mir gerecht und treu, und hier will ich sagen, dass ich die Freundschaft dieses schweizerischen Europäers als Zierde meines Lebens empfunden habe.« © Felix Ghezzi

Im Dienste der Menschenwürde fühlten sich der Verleger und Buchhändler Emil Oprecht (1895–1952) und seine Frau Emmie dazu berufen, gegen Gewaltherrschaft zu kämpfen. Das Verlagshaus und die Wohnung der Oprechts wurden insbesondere in der Zeit des Zweiten Weltkriegs zur Anlaufstelle für Emigranten und verfolgte Kunstschaffende und Intellektuelle. Das Ehepaar bot ihnen Unterschlupf und beschaffte Visa und Pässe.

Oprecht gründete 1925 seine Buchhandlung an der Rämistrasse 5 in Zürich. Die Buchhandlung Dr. Oprecht AG war bis zur Schließung 2003 eine feste Institution der Stadt. Parallel zur Eröffnung der Buchhandlung entstand auch der erste Verlag und 1933 der Europa Verlag. Zu den über 100 Exilautoren gehörten so renommierte AutorInnen wie Else LaskerSchüler, Heinrich Mann und Golo Mann, Ernst Bloch, Ignazio Silone und Max Horkheimer. Ihre Werke musste Oprecht oft gegen Druck aus dem Ausland und gegen die heimische Zensur verteidigen. Gleiches galt bei seiner Tätigkeit für das Schauspielhaus Zürich: Von 1938 bis zu seinem

Christoph Emanuel Dejung, 1943, studierte Philosophie und Geschichte in Zürich. Seit 1967 war er als Lehrer für Geschichte und Philosophie, als Didaktiker der Philosophie und seit 1979 als Erwachsenenbildner tätig.

Christoph Dejung lebte nach seiner Pensionierung acht Jahre in Australien, nun wieder in Zürich. Bei rüffer&rub erschien von ihm »Helmuth Plessner, ein Philosoph zwischen Kaiserreich und Bonner Republik« (2003).

3

ISBN 978-3-906304-37-3

KUNST

· Eine poetische Begegnung mit Büchern · International renommierter Künstler Peter Wüthrich | Von der Kunst Sträuße zu binden | ca. 180 S. | Hardcover | Großformat CHF 44.00 | EUR 38.50 | Erscheint Mitte Oktober

4

der Cholera«. Wie wohl diese Geschichten riechen?

Das Buch »Von der Kunst Sträuße zu binden« taucht ein in die Buchwelt von Peter Wüthrich. Bilder seines gesamten bisherigen Wirkens vermischen sich mit seiner neusten Serie mit faksimilierten Doppelseiten aus Büchern, die einen wichtigen Einfluss auf seine Kunst haben, wie »Ulysses« oder »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit«.

Ein ausführliches Gespräch mit Peter Wüthrich gibt zusätzlich Einblicke in seine Arbeit und die vielfältigen Zusammenhänge in seinen Kunstwerken. © Felix Ghezzi

ISBN 978-3-906304-54-0

Peter Wüthrichs Kunst besteht aus einer einzigen Gruppe von Objekten – Büchern. Seit über 25 Jahren erforscht der Künstler das Objekt seiner Faszination aus den unterschiedlichsten Perspektiven. Indem er Bücher stapelt, werden sie zu Skulpturen, durch das Aufhängen von Büchern mit Leinenumschlag an der Wand werden sie zu Bildern, das Tragen von Büchern wird zur Performance.

Als passionierter Leser geht es Peter Wüthrich nicht nur um das Objekt Buch oder seine Ästhetik, sondern auch um deren Inhalte. Vor allem die Weltliteratur hat seine Kunstwerke inspiriert. In Hommagen an Vladimir Nabokov, den großen Schriftsteller und Schmetterlingsjäger, verarbeitete er Lesebänder zu Schmetterlingsnetzen und schnitt Umrisse von Schmetterlingen aus Buchumschlägen, die er in Vitrinen präsentiert. Im Kunstwerk »Literarische Apotheke« sind Flakons mit Flüssigkeiten angeordnet, versehen mit Titelseiten von Werken wie Charles Baudelaires »Die Blumen des Bösen«, Agatha Christies »Mord im OrientExpress« oder Gabriel García Márques’ »Die Liebe in den Zeiten

Peter Wüthrich, 1962, lebt und arbeitet in Bern. Er hat seine Werke in über 60 Einzelausstellungen und rund 100 Gruppenausstellungen gezeigt. Er hatte Einzelausstellungen im Kunstmuseum Solothurn oder SuermondtLudwig Museum (Aachen), wurde eingeladen zu einflussreichen Ausstellungen wie »Freie Sicht aufs Mittelmeer« (Kunsthaus Zürich) oder »Deep Storage« (Haus der Kunst, München). 2012 realisierte Wüthrich ein Kunstwerk für das neue Gebäude des Deutschen Bundestages in Berlin.

»Ich betrachte Bücher nicht in erster Linie als Objekte, sondern als Wesen, als eigenständige Persönlichkeiten.« – Peter Wüthrich

“Imago” Fotografie, 50 x 70 cm “Von der Kunst Sträusse zu binden” Bücher, 190 x 170 x 2 cm

BAK Dok Peter Wüthrich_K.indd 20-21

27.09.13 16:05

»In Brockenhäusern suche ich nach Büchereinbänden mit schönen Farben, ich suche Serien, ich schaue, ob sie schöne Prägungen haben, ob es gute Literatur ist. Ich kaufe aber auch einen Johannes Mario Simmel, wenn er wunderschön violett eingebunden ist.« – Peter Wüthrich “Les mots et les choses” Bücher, Buchseiten, Buchzeichen, Buchcovers Dimension variabel MARCA, Catanzaro

BAK Dok Peter Wüthrich_K.indd 23

27.09.13 16:05

»Wüthrichs Poetisierung alltäglicher Materialien ist ein zauberhafter Akt der Verwandlung. Sein Schaffen gleicht der Dichtung: Nicht Erzählungen, sondern Bilder, Emotionen prägen sich ein.« – Christoph Vögele, Kunstmuseum Solothurn “Buchfalter” Buchcoverausschnitte 100 x 70 x 10 cm “Der Mond” Print und Buchcoverschmetterlinge in Vitrine 100 x 100 x 10 cm

BAK Dok Peter Wüthrich_K.indd 42-43

27.09.13 16:05

5

ZEITFRAGEN | ALTER

· Für ein Alter mit Sinn · Haslers Texte »haben Hunderttausenden den Kopf gelüftet, den Verstand gefordert, das Herz bewegt.« [Schweizer Buchhandel]

Ludwig Hasler | Für ein Alter, das noch was vorhat – Mitwirken an der Zukunft | ca. 180 S. Hardcover | CHF 26.00 | EUR 22.80 Erscheint Mitte August

ISBN 978-3-906304-53-3

Kann es wirklich sein, dass man sich mit der Pensionierung für die nächsten 25 Jahre zur Ruhe setzt oder von einer Kreuzfahrt zur nächsten hetzt? In seinem leichtfüßigen und zugleich tiefgründigen Plädoyer ruft der Autor und Philosoph Ludwig Hasler dazu auf, im Alter an einer Zukunft mitzuwirken, auch wenn diese nicht mehr die eigene sein wird.

Die Dramaturgie des Alterns verändert sich derzeit. Noch kürzlich nahm die Kurve des Alters nur eine Richtung: abwärts. Altern bedeutete körperlicher Verfall und dauerte also nur kurz.

Dafür anerkannte man die »Altersweisheit«, die den Alten zu einem Sonderstatus verhalf.

Schließlich ertrugen alte Menschen ihren Zerfall, weil ihnen die Religion eine Perspektive über den Tod hinaus versprach.

Letzteres entfällt inzwischen für viele. Und heute sind 65-Jährige meist so fit und vital, dass 90 Jahre bald als normal gelten. Befreit vom Takt des Erwerbslebens haben sie Zeit und Geld, können tun und lassen, wie es ihnen gefällt – Reisen, Jassen, Sport, Kino, Schlauchbootabenteuer, Yoga, Grillparty. Aber ir-

6

gendwie will sich das Glück trotzdem nicht richtig einstellen.

Der Mensch lebt davon, dass er etwas vorhat. Für diese Einsicht bietet der Autor eigene Erfahrungen, philosophische Traditionen und aktuelle Studien auf: Menschen werden zufrieden, wenn sie etwas mehr bewegen als nur sich selbst. Er sieht deshalb nur eine Lösung: Wirke an einer Zukunft mit, die dich überdauern wird, wirke an der Zukunft der Familie, der Gemeinde, der Bienen, der Traditionen, der Biodiversität, der Poesie – an der Zukunft unserer Menschenwelt. © Tanja Gschwandl

Auch als E-Book erhältlich

Ludwig Hasler, 1944, studierte Philosophie und Physik und führt ein journalistisch-akademisches Doppelleben. Als Philosoph lehrte er an den Universitäten Bern, Zürich, St. Gallen. Als Journalist arbeitete er bis 2001 bei »Die Weltwoche«. Seither lebt er als Autor und Referent. Bücher: »Die Erotik der Tapete. Verführung zum Denken« (2005), »Des Pudels Fell« (2010). www.ludwighasler.ch

ZEITFRAGEN | BEZIEHUNGEN

· Best-of der erfolgreichen NZZ-Kolumne · Liebeserklärungen an die Beziehung · In jeder Hinsicht: ein ideales Geschenkbuch Birgit Schmid | In jeder Beziehung. Birgit Schmid. 84 Mal | 272 S. | Hardcover CHF 24.00 | EUR 19.80 | Erscheint Mitte August

wenn jemand eine Affäre beginnt. Sie hält eine ehrliche Rede auf Brautpaare, schreibt einen Brief an die Männer ihres Lebens oder gibt eine Anleitung zum Davonlaufen.

Bei der Lektüre der 84 Kolumnen geht es einem wie der Autorin in »Mein Sommer als Sozia«: Man sitzt auf dem Rücksitz des Motorrads, ist mittendrin in der Szene, hellwach, und sieht immer wieder Dinge, die man sonst nicht sehen würde. © Daniel Marti

In ihren Kolumnen ist der Titel Programm: Birgit Schmid befragt, beobachtet, durchleuchtet, analysiert Beziehungen – insbesondere zwischen Liebespaaren und überhaupt Frauen und Männern, aber auch zwischen Eltern und Kind, Freunden oder von Mensch zu Tier.

Wie viel Mal Küssen am Tag ist das Minimum? Soll Kater Fritz im Ehebett schlafen? Was entgegnet man befreundeten Eltern, die sich nicht mehr vorstellen können, was man als kinderloses Paar bei einem Glas Wein diskutiert? Ist es nicht unehrlich, bei der Hochzeit die Ehe als Rundumglück hochzustilisieren? Soll man als erwachsene Person das Weihnachtstheater bei den Eltern dem Hausfrieden zuliebe mitmachen und wieder zum Kind werden? Soll man das blaue Kleid behalten, das man das letzte Mal vor fünfzehn Jahren trug?

Birgit Schmid denkt über Kosenamen nach oder welchen Einfluss der Beruf bei der Liebeswahl hat. Sie geht in den Supermarkt, um das Ernährungs- und Einkaufsverhalten von Paaren zu studieren. Sie philosophiert über den Satz »Ich fühle mich wieder so lebendig«, den häufigsten,

Birgit Schmid, 1972, ist promovierte Germanistin, Journalistin und Autorin. Sie arbeitete als Filmredaktorin für die »Neue Luzerner Zeitung«, schrieb für diverse Schweizer Zeitungen und war stellvertretende Chefredakteurin bei »Das Magazin«. 2015 wechselte sie in die Redaktion der »Neuen Zürcher Zeitung«, wo sie das Ressort Gesellschaft mitverantwortet und wöchentlich die Kolumne »In jeder Beziehung« schreibt. Sie lebt in Zürich.

7

Auch als E-Book erhältlich

ISBN 978-3-906304-52-6

MEDIZIN

· Wie Placebos wirken und warum · Erzählendes Sachbuch von den weltweit führenden Placeboforschenden Ulrike Bingel, Manfred Schedlowski, mit Helga Kessler | Placebo 2.0 – Die Macht positiver Erwartung – Medizin, Sport, Werbung, Bildung, Kunst | ca. 320 Seiten Erscheint im Oktober

ISBN 978-3-906304-40-3

Wieso nützen Operationen, die gar nicht durchgeführt wurden?

Wieso helfen große, bunte Pillen mehr als andere? Was bedeutet das für ÄrztInnen und ApothekerInnen? Mit »Placebo 2.0« erscheint ein Standardwerk, das das Thema Placebo aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln beleuchtet. Das Buch eröffnet damit neue Horizonte, denn es umfasst nicht nur die klinische Placeboforschung, sondern untersucht auch Placeboeffekte im Alltag, zum Beispiel im Marketing, in der Kunst und im Sport.

In allen diesen Bereichen sind die zu beobachtenden Placeboeffekte äußerst vielfältig und unterscheiden sich stark von Person zu Person. Eine wichtige Rolle spielt dabei die individuelle Erwartungshaltung. So hilft eine Scheinoperation mehr, wenn der Patient der behandelnden Ärztin vertraut, und der Wein schmeckt besser, wenn der fachkundige Kellner ihn ausdrücklich empfohlen hat. Es gibt sogar Fälle, in denen Placebos selbst dann wirken, wenn die PatientInnen wissen, dass sie ein Scheinmedikament erhalten.

Prof. Dr. Ulrike Bingel und Prof. Dr. Manfred Schedlowski

8

gehören zu den führenden Placeboforschenden in der Medizin und legen die Wirkungsweisen und die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Placeboeffekts in diesem Buch umfassend und kompetent dar. Die Wissenschaftsjournalistin Helga Kessler hat zudem international tätige ExpertInnen für die Wirkung von Placebos begleitet und porträtiert. © xxx; © M. Schedlowski; © ZHAW

Hardcover | CHF 38.00 | EUR 33.50

Prof. Dr. Ulrike Bingel ist Professorin an der Klinik für Neurologie der Universitätsklinik Essen. Ein zentraler Fokus ihrer Arbeit sind die Untersuchung der neurobiologischen Grundlagen von Placeboreaktionen, die Interaktion dieser Mechanismen sowie daraus resultierende Implikationen für den klinischen Alltag. | Prof. Dr. Manfred Schedlowski ist Professor für Medizinische Psychologie und Verhaltensimmunbiologie am Universitätsklinikum Essen. Er untersucht die klassische Konditionierung von Immunfunktionen und analysiert die Mechanismen sowie die klinische Bedeutung der Placeboeffekte. | Helga Kessler studierte Biologie und Chemie. Sie ist freie Wissenschaftsjournalistin und Dozentin für Journalismus am Institut für Angewandte Wissenschaft in Winterthur.

G8

quasi online zuschauen, wie die jeweilige Erwartung die Wirkung des Medikaments veränderte. Während den Probanden im ersten Text eine Kochsalzlösung verabreicht wurde, sie damit also wussten, dass sie Schmerzen verspüren würden, wurde im Gehirn das

Wussten Sie, dass …

zentrale Schmerzzentrum aktiviert. Die Aktivität nahm ab, wenn das Opioid gegeben wurde, weil dieses den Schmerz dämpfte.

Die Schmerzaktivität reduzierte sich weiter, wenn eine positive Erwartung ausgelöst wurde, indem den Probanden signalisiert wurde, dass jetzt das Schmerzmedikament verabreicht würde.

Wenn die Probanden aber glaubten, dass sie nun kein Schmerz-

Schmerzintenstät [VAS, 0–100]

mittel mehr erhielten, und damit auch keine Wirkung erwarteten, steigerte sich die Aktivität im Hippocampus, dem Hirnareal, das

Wussten Sie, dass sich der Placeboeffekt verstärkt, wenn die PatientInnen die Behandlung spüren, die Tablette ohne Wirkstoff wie Medizin schmeckt oder sie dabei zuschauen, wenn die Kochsalzinfusion gelegt wird?

mit Gedächtnis und Angst assoziiert ist. Die Probanden spürten aufgrund der negativen Erwartung genauso starke Schmerzen wie ohne Opiod – obwohl sie das Schmerzmittel erhalten hatten.

*

*

*

70 60 50 40

Die Studie zeigt eindrücklich, dass eine positive Erwartung die Wirkung von potenten Schmerzmitteln signifikant steigern kann. Sie belegt auch, dass eine negative Erwartung die Wirkung eines starken Schmerzmittels komplett aufheben kann.

Damit gibt sie wichtige Hinweise für die Behandlung chroni-

30 20

Placebo

Nocebo

Positive Erwartung

Negative Erwartung

10 0 Baseline

scher Schmerzpatienten. Zudem liefert sie einen weiteren Be-

Keine Erwartung

weis dafür, dass Placeboeffekte nicht auf Einbildung beruhen, sondern auf veränderten neurobiologischen Prozessen, die im Gehirn gesteuert werden. Diese Erkenntnisse können die

Remifentanil Infusion (0,8 ng/ml)

Grundlage für völlig neue Ansätze zur Behandlung von Schmerzpatienten bilden.

Placeboeffekte für die Schmerztherapie nutzen: Aus Patienten werden Experten Wenn man weiß, dass allein das Wissen, dass man behandelt wird und eine damit verbundene positive Erwartung die Wirkung von Schmerzmitteln teilweise verdoppeln können, erkennt man, welch ungenutztes Potenzial in einem gezielten Einsatz von Placeboeffekten schlummert. Man könnte damit beispielsweise den Einsatz von Opiaten reduzieren, die teilweise ohne echte Notwen-

Welche Rolle spielt die Erwartung auf die Wirkung des Opiates Remifentanil?

digkeit verordnet werden, aber ein Suchtpotenzial haben. Die Ar-

68

69

G15

identisch waren, bewerteten sie die bei grünem Licht gesetzten Reize als deutlich weniger schmerzhaft. Diese durch soziales Beobachtungslernen ausgelösten Placeboeffekte funktionieren anscheinend auch, wenn den Probanden lediglich ein Video gezeigt wird.7

Körpereigene Opioide lösen die Schmerzbremse Selbstverständlich spielt die Psyche immer mit – doch hinter einem Placeboeffekt steckt mehr als »nur« Psychologie. Das weiss

DLPFC

man insbesondere aus Untersuchungen zur Placeboanalgesie.

Schon in den 1970er-Jahren wiesen erste Untersuchungen darauf

ACC

hin, dass bei der Schmerztherapie mit Placebos körpereigene,

Wussten Sie, dass sich Nebenwirkungen häufiger entwickeln, je mehr sich PatientInnen Sorgen über diese machen und je mehr sie diese erwarten?

»endogene« Opioide ausgeschüttet werden.8 Das war ein bahnbreAm

chender Befund, weil man die Botenstoffe messen und so erstmals zeigen konnte, dass Placeboeffekte nicht nur »eingebildet« sind.

PAG

Moderne bildgebende Verfahren können im Gehirn sichtbar machen, wie Nerven aktiviert und Botenstoffe ausgeschüttet werden.9 In den letzten Jahren konnte man quasi dabei zuschauen, welche Prozesse bei einem Placeboeffekt im Gehirn ablaufen. Dadurch versteht man heute in immer mehr Details, was passiert, wenn ein Placebo Schmerzen lindert.

Tatsächlich verändert der Placeboeffekt die Schmerzverarbeitung im Gehirn: Die Einnahme eines Placebos aktiviert über Erwartungs- und Lernvorgänge das sogenannte absteigende schmerzhemmende System, wodurch Schmerz auslösende Areale im Gehirn unterdrückt werden. Kurzgesagt: Placebos aktivieren die körpereigene Schmerzbremse, die uns erlaubt, Schmerz in bestimmten Situationen zu unterdrücken. Da Schmerz eine komplexe Sinnes- und Gefühlserfahrung ist, ist kaum erstaunlich, dass viele Areale im Gehirn beteiligt sind. Neueste Untersuchungen

Placebos lindern Schmerzen, indem sie das absteigende, schmerzhemmende System aktivieren. Dazu gehören: – der dorsolaterale präfrontale Cortex (DLPFC), der bei Lernvorgängen beteiligt ist – das rostrale anteriore Cingulum (rACC), das Gedächtnis und Emotionen mitsteuert und oberhalb des Balkens liegt, der beide Hirnteile verbindet, – tieferliegende Areale im Hirnstamm wie das periaquäduktale Grau (PAG), das für die Schmerzwahrnehmung und -modulierung wichtig ist und – die Amygdala, in der Gefühle entstehen und verarbeitet werden.

dokumentieren eindrucksvoll, dass die Schmerzbremse bis hinein ins Rückenmark wirkt, und damit bereits in einer sehr frühen Verarbeitungsstufe von Schmerzen greift.10 Insgesamt scheint der präfrontale Cortex als Teil der Großhirnrinde eine zentrale Rolle bei der Placeboanalgesie zu spielen.

In diesem Teil des Gehirns werden Lernprozesse, Gedächtnisinhalte und emotionale Bewertungen verarbeitet. Sind die Funkti-

Die Schmerzbremse im Gehirn

145

auch sagen, dass bei Placebo-kontrollierten Studien die Hälfte von

»Die Placebogruppe bekommt später auch den Wirkstoff«

Wussten Sie, dass bei Kindern stärkere Placeboeffekte auftreten als bei Erwachsenen? Der Erfolg einer Behandlung hängt auch davon ab, ob die Mutter dabei ist: Trägt die Mutter eine schmerzstillende Creme auf, ist der Effekt größer, als wenn dies der Arzt übernimmt.

ihnen das Medikament gar nicht bekommt. Wie löst man dieses Dilemma?

Da gibt es einen guten Weg. Wenn wir schon gute Daten aus ei-

Prof. Hans-Christoph Diener, Seniorprofes-

ner Phase-II-Studie haben, besprechen wir mit den Pharmafirmen,

sor für Klinische Neurowissenschaften, an

dass die Patienten nach Abschluss der eigentlichen randomisier-

der Medizinischen Fakultät der Universität

ten Studie den Wirkstoff bekommen. So profitieren auch die Pati-

Duisburg-Essen führt seit 1979 klinische

enten aus der Placebogruppe und die Firma gewinnt gleichzeitig

Studien durch. Als Studienleiter hat er rund

noch Daten zur Sicherheit und Verträglichkeit ihres Medikaments

80 Studien mit vielen Tausend Patienten

über den langen Zeitraum bis zur Zulassung.

betreut. Er weiß, wie man Patienten für eine Studie gewinnt.

Damit überzeugt man mehr Patienten, an der Studie mitzumachen?

Ja, das motiviert die Patienten, weil sie genau wissen, dass sie nur für eine begrenzte Zeit Placebo bekommen. Und die Firma sowie die behandelnden Ärzte gewinnen Daten auch über die lang-

Wie findet man Teilnehmer für Studien?

Freiwillige Probanden kann man mit einer Bezahlung für

fristige Wirkung von Medikamenten. Bei Schmerzmedikamenten

eine Teilnahme an einer Studie gewinnen. Das geht aber bei Stu-

ist das zwei bis drei Monate nach Therapiebeginn interessant, bei

dien mit Patienten nicht, außer in den USA. Patienten bekommen

Schlaganfalltherapien möchte man wissen, wie es nach zwei bis

lediglich die Fahrtkosten erstattet. Genügend Teilnehmer für eine

drei Jahren aussieht.

Studie zu finden, ist die Aufgabe des Studienleiters. Er muss den Patienten vermitteln, dass die Studie sinnvoll und wichtig ist und

Das heißt, dass nach Abschluss der Studie alle Patienten das Verum

dann muss er viel Zeit mit ihnen verbringen, weil er ihnen die Fra-

bekommen?

gestellung erklären muss, was verglichen wird, was ist der poten-

Nein, interessanterweise möchten nur 80 Prozent der Pati-

zielle Nutzen für Patienten mit diesem Krankheitsbild, und was ist

enten mit dem Verum weitermachen, weil es auch in der Place-

das potenzielle Risiko.

bogruppe Patienten gibt, bei denen die Symptome verschwinden oder besser werden – die möchten dann nicht mehr behandelt

Und dann brauchen die potenziellen Teilnehmer Zeit zum Nachdenken.

werden.

Das ist wichtig. Denn die Patienteninformation für die Teilnahme an einer klinischen Studie ist oft 30 bis 40 Seiten lang.

Und dann gibt es Studien, die man vorzeitig abbrechen muss, weil

Haben die Patienten alles gelesen, müssen sie die Möglichkeit be-

das Verum dem Placebo deutlich überlegen ist und es unethisch wäre

kommen, nochmal Fragen zu stellen. Dann müssen sie mündlich

weiterzumachen?

und schriftlich ihr Einverständnis zur Teilnahme erklären. Die

Dazu gibt es ein unabhängiges Monitoring-Komitee, an dem

Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden, ohne Angabe von

Kliniker, Statistiker und Experten für Arzneimittelsicherheit be-

Gründen und ohne dass es Konsequenzen hat.

teiligt sind. Sie achten darauf, ob es einen Zeitpunkt gibt, an dem es unethisch wäre weiterzumachen, weil das Verum sehr gut wirkt,

Die meisten Patienten nehmen ja teil, weil sie auf einen Nutzen für

oder weil es sehr viele Nebenwirkungen oder Komplikationen ver-

sich selbst hoffen. Allerdings müssen Sie den Studienteilnehmern ja

ursacht. Dafür gibt es rigorose Regeln, die vor Beginn der Studie in

174

175

9

MEDIZIN | PALLIATIVE CARE

· Wie Bilder kranken Menschen Hoffnung schenken · Aus dem Alltag einer Kunsttherapeutin auf der Palliativstation Esther Widmer | Mitten im Leben bis zum Schluss – Kunsttherapie in der Palliative Care ca. 144 Seiten | Broschur | CHF 19.80 EUR 18.00 | Erscheint Mitte Oktober

10

tionen wie Freude, Dankbarkeit und Glück aufgenommen und bildlich umgesetzt werden.

In ihrem Buch vereint Esther Widmer medizinisches und psychologisches Fachwissen mit empathisch geschilderten, persönlichen Erlebnissen mit PatientInnen und reichert diese mit Bildern an, die auf diese Weise entstanden sind. Die gemalten Motive sind sehr unterschiedlich und entsprechen den persönlichen Wünschen der PatientInnen: Frau M. wollte das Meer sehen, Herr T. wünschte sich ein Bild von sich als jugendlicher Torwart im gelben Trikot und eine 70-jährige Patientin freute sich darüber, ihren geliebten Pudel Frido zumindest gemalt bei sich im Spitalzimmer zu haben. © Benjamin Widmer

ISBN 978-3-906304-56-4

Auch wenn ein Patient oder eine Patientin nicht mehr geheilt werden kann, so stehen der Palliative Care Möglichkeiten zur Verfügung, um Beschwerden zu lindern und eine möglichst hohe Lebensqualität zu erreichen. Dieser letzte Lebensabschnitt ist für die Betroffenen sowie für die Betreuenden eine große Herausforderung – nicht nur aus medizinischer und pflegerischer Sicht, sondern auch aus emotionaler und spiritueller.

Eine Möglichkeit, um dieser Herausforderung bei PalliativpatientInnen auf ganzheitlicher Ebene zu begegnen, ist die Kunsttherapie. Esther Widmer hat die Methoden der Lösungsorientierten Maltherapie (LOM) weiterentwickelt und sie den Möglichkeiten der PalliativpatientInnen angepasst. Dabei wird nicht nur eine Abwechslung im Spitalalltag geboten, sondern eine bewusste Wandlung der Gedanken und Gefühle angestrebt. Belastende Emotionen wie Angst, Wut oder Trauer sollen wahrgenommen werden, aber für die Dauer des Malprozesses nicht allein im Fokus stehen. Stattdessen können positiv aufgeladene Erinnerungen oder hoffnungsvolle Emo-

Esther Widmer, 1959, lebt und arbeitet in Olten. Seit 2001 ist sie diplomierte Kunsttherapeutin in der Fachrichtung Malen und Gestalten. Als das Kantonsspital Olten 2012 eine Palliativstation einrichtete, baute sie dort von Anfang an ein Angebot für Kunsttherapie auf und entwickelt dieses seither kontinuierlich weiter.

SPIRITUALITÄT | LYRIK

· Spirituelle Antworten zu den großen Fragen des Lebens · Denkanstöße in dreißig Gedichten aus fünf Jahrhunderten Franzisca Pilgram-Frühauf | Dichter dran – Poetische Annäherungen an Spiritualität ca. 144 Seiten | Hardcover | CHF 24.00 EUR 18.50 | Erscheint Mitte Oktober

Wer zu definieren versucht, worin der Sinn des Lebens besteht oder was Spiritualität ist, stößt unweigerlich an die Grenzen der Sprache. Um das Paradox, über etwas sprechen zu wollen, was eigentlich unaussprechlich ist, und um die Suche nach dem, was Eichendorff das »Zauberwort« nennt, kreist die Lyrik aller Zeiten – und auch dieses Buch.

Gedichte vermögen es, spirituelle Themen in Worte zu fassen und dabei stets offen zu bleiben für Begegnungen und Überraschungen. Auf diese Weise wird das Gedicht zum Anstoß, der eigenen Wirklichkeit immer wieder neu zu begegnen.

Dazu lädt Franzisca PilgramFrühauf mit ihrem Buch ein. Anhand von 30 Gedichten aus unterschiedlichen Epochen und von unterschiedlichen VerfasserInnen denkt sie über die großen Fragen des Lebens nach. Diese Annäherung geschieht mehrteilig: Nach dem Gedicht folgt eine Seite mit Denkanstößen in

Form von Fragen, Assoziationen und Themen, die das Gedicht aufwirft. Auf diese Weise soll den Lesenden genug Raum geboten werden, um sich inspirieren zu lassen und sich selbst, ganz persönlich mit diesen Themen zu befassen. Zum Schluss folgt eine Kurzinterpretation, in der Franzisca Pilgram-Frühauf die spirituellen und existenziellen Ebenen des Gedichtes herausarbeitet und mit ihren Fachkenntnissen aus der Theologie und der Germanistik anreichert. © Institut Neumünster

Schläft ein Lied in allen Dingen, Die da träumen fort und fort, Und die Welt hebt an zu singen, Triffst du nur das Zauberwort.

– Joseph von Eichendorff, 1835

Franzisca Pilgram-Frühauf, 1977, studierte Germanistik und Theologie und ist heute Fachverantwortliche für Spiritualität & Lebenssinn am Institut Neumünster. Zudem ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Spiritual Care an der Universität Zürich tätig. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Spiritualität, Spiritual Care im Alter und die literarischen Zugänge zu diesen Themen. Sie lebt mit ihrer Familie in Winterthur.

11

ISBN 978-3-906304-55-7

VERANSTALTUNGEN

1 Dagmar Schifferli (m.) las im April 2019 in der Buchhandlung »Scriptum« in Dietikon aus ihrem Roman »Wegen Wersai«.

2 Talk am Locarno Film Festival 2018 zum Buch »Moritz de Hadeln – Mister Filmfestival« mit Autor Christian Jungen, Moritz de Hadeln und Marco Solari (v.l.n.r.).

3 Dr. med. Irene Bopp-Kistler nennt bei ihren Vorträgen die bekannten Fakten zum Thema Demenz beim Namen und erläutert, was es damit auf sich hat. (Buch »de-

Lesungen – Talks – Vorträge Unsere AutorInnen sind nicht nur ExpertInnen in ihrem Gebiet. Sie verstehen es auch ausgezeichnet, ihr Wissen zu vermitteln – sei es bei einer klassischen Lesung, einem moderierten Gespräch oder einem Vortrag. Auf Wunsch begleiten die Verlegerin Anne Rüffer oder der Lektor Felix Ghezzi die Veranstaltung als ModeratorIn. Fragen Sie unverbindlich an. Gern beraten wir Sie dabei, damit es für Sie und Ihre LeserInnen zu einem gelungenen Event wird.

Kontakt: Stephanie Kohler, presse@ruefferundrub.ch, 044 381 77 30

menz. Fakten Geschichten Perspektiven«)

1 2

3

rüffer & rub Sachbuchverlag GmbH

Auslieferung Schweiz

Presse Schweiz

Alderstrasse 21, CH 8008 Zürich

Balmer Bücherdienst AG

rüffer & rub Sachbuchverlag GmbH

t +41 (0)44 381 77 30

Kobiboden, CH 8840 Einsiedeln

Stephanie Kohler

info@ruefferundrub.ch

t + 41 (0)848 840 820

Alderstrasse 21, CH 8008 Zürich

www.ruefferundrub.ch

f + 41 (0)848 840 830

t +41 (0)44 381 77 30

info@balmer-bd.ch

presse@ruefferundrub.ch

b + i buch und information AG

Auslieferung Deutschland / Österreich

Presse Deutschland / Österreich

Matthias Engel

Brockhaus / Commission

Politycki & Partner

Mattias Ferroniv

Kreidlerstrasse 9, DE 70806 Kornwestheim

Schulweg 16, DE 20259 Hamburg

Hofackerstrasse 13 A

t +49 7154 1327- 0

t +49 (0)40 43 0931 50

CH 8032 Zürich

f +49 7154 1327-13

f +49 (0)40 43 0931 515

T +41 (0)44 422 12 17

p.bofinger@brocom.de

info@politycki-partner.de

Vertreter Schweiz

m.engel@buchinfo.ch

www.politycki-partner.de

m.ferroni@buchinfo.ch Der rüffer & rub Sachbuchverlag GmbH wird vom Bundesamt für Kultur mit einem Strukturbeitrag für die Jahre 2016–2020 unterstützt.

12