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Unter blassroter Sonne tanzen
from #2 Ekstase
by engagée
ekstatisches Werden.
jener Tag an dem die Sonne tanzt roter Tag der Freiheit in Athen jener Tag an dem wir auf den Straßen tanzen und uns wiedersehn [F.J.D.]
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Natürlich hat der Mythos des Grand Soir, an dem das Leben sich ein für alle Mal ändern und die Welt aus den Angeln gehoben werden wird, heute keine Gültigkeit mehr. Das Verschwinden dieses Glaubens bedeutet aber nicht, dass Widerstand und Aufstand ohne Sinn wären. Im Gegenteil, sie sind jeden Tag notwendiger. In den Zyklen der Brownschen Bewegung, der treibenden Kraft der Realität, hat die Kunst der Barrikade eine rosige Zukunft vor sich [J.-J.L.: Soulèvements, La Maison Rouge]
Ekstatisch werden aus sich heraustreten, sich der Kontrolle entziehen.
Ekstatisch honigsüß überschäumen:
„Segne den Becher, welcher überfliessen will, dass das Wasser golden aus ihm fliesse und überallhin den Abglanz deiner Wonne trage!“
Ek-stase mittels derer eine R+evolution von Geist und Geschichte ihren Anfang finden könnte.
Wie kommen wir über die Müdigkeit die Trägheit die Gleichgültigkeit hinweg?
Eine Frage: Wie lassen sich ästhetische Sinne, lebensfördernde Kräfte für eine kommende Gemeinschaft steigern?
Dass dahinter eine Verwandlung anästhetischer Dispositive der Ringe des Saturn stünde.
Dahinter könnten Ekstatiker stehen stecken.
Komm, lass uns diese sieben oder mehr Siegel öffnen: zum Erwachen aus der Anästhesie! Über die Schönheit (Ästhetik)!
Ekstase heißt Aufstand. Ekstatisches Übermorgen - lachend, schwangerschaftswollend, kinderliebend.
Wenn Gras und roter Mohn Gräber, Grenzsteine Tafeln bräche,
und Zorn in steile Tiefen rollte,
dass weltsegnend und -liebend,
und irdische Not Zufälle zwänge „um Sternen-Reigen zu tanzen“.
Sprachschaffend große Würfe.
Salz - „welches macht, dass alle Dinge im Mischkruge sich mischen“.
Selbst Gut und Böse bindend würzend.
Eine Lust zum Meer in sich,
weit unentdeckt möglich.
Seefahrer_innen-Lust, dass Frohlockte rufen: „die Küste schwand - nun fiel mir die Kette ab!“
Eines Tänzers Tugend d.i. eine Tugend oder Revolte.
Lachend leicht dies A und O.
Dann stille Himmel, aus-, spannend.
Unterwegs mit eigenen Flügeln in eigene Fernen.
Sieh, es gibt kein Oben kein Unten mehr!
Werft euch umher, hinaus, zurück, ihr Leichten!
tourner la page - für Alma und Olivia
Wenn wir die R+evolution sind (J. Beuys), inwiefern enthalten die 7 Spielformen/7 Siegel des Ekstatischen (F. Nietzsche) kraftvolle Handlungsweisen für eine Bewegung der Namenlosen? - Gesellschaften der Buchhaltung bevorzugen - gegenüber solchen des Tohuwabohus - Wettkampf (agon), gefolgt von Glücksspiel (alea) und Verkleidung (mimicry) (R. Caillois). Drehspiele (Purzelbaum etc.): bei uns abgewertet zur kindlichen Art. Eine Rückbesinnung auf den Drehrausch (ilinx) könnte insoweit ein Beweggrund sein. Wäre es nicht einen Wurf wert, sich ekstatisch-besonnen in schwindelerregendes Denken und nicht-lineares Handeln zu stürzen und öffentliche Plätze für freie Bewegung zu besetzen - um Widerstand in der Rotation exzentrischer Kreise zu üben. Kapitalisierte Form, passiv, legitimiert, platziert: das Karussell (daher keine Alternative), auch nicht die wogende Bewegung der Masse. Es steht noch aus: die fluiden und die versteinerten Verhältnisse zum Tanzen zu bringen. Das Feld des Wandels erhielte (sich) seinen Zusammenhalt in Form von Derwischen, die sich unsichtbare Hände reichen. Panta rhei!
Stephan Braun
[Für die Hilfe bei der Realisation der Bilder danke ich AS]
ekstatisches Werden.
Iimagine myself with a mind that has cast away the universe of words and thinks by setting out images. Now I ask myself „what is the meaning of this last sentence you wrote? How do I imagine ‚I’ to be?” Wasn’t it better to write „How does I imagine ‚I’ to be?”? In fact, I don’t have any image of „I”; in the world of imagination, just like the material world, I am facing what is being seen; I don’t see myself. Rules of the world I have in my head say that
“when ‚I’ moves and enters the head that was facing it just a moment ago, it prefers to see nothing where ‚I’ was standing”! I don’t have organs in my head.
When we look at a painting, we are at the position of the painter’s eyes. In Velazquez’s Las Meninas, the beholder is confused through suspension of his/ her „I”. However, in a work not painted from living models, the beholder is positioned inside the painter’s head rather than the eyes. I have described the space in my head in this painting. There is a room in my head (certainly a room, not an open space). My rule is that when I’m walking in a farm in my head, I’m actually making an image of the farm on the front wall of the room. The front wall of this room touches the bone inside of my forehead; the other side of the wall is the outside world. There is a light bulb hanging from the center of the ceiling (it is usually an incandescent light bulb). „I” am/is always under this light bulb. I don’t have a body inside this space (e.g. I can’t see my hands in my head). The light bulb shines from behind the „I” on everything I imagine on the front wall. Thus, the best way for me to understand what kind of a thing I am is to imagine a living being in front of me, looking at „I”. I don’t know what it will see of me. Yet I’m very curious to guess its judgment of „I” by looking at its eyes; for I am „I” in my mental world and I can’t appear to be anything other than myself. Now I think I have made clear the contradiction in my painting: seeing the dry branches at the foreground of my painting, the onlooker concludes that the lamb and a head are in an outside space; meanwhile, the shadows on the
Nima Dodeir: Portrait of Babak Golestani - Painting - Oil on canvas (and some digital image manipulation) - 2008 - 50 x 73 cm
wall are more like shadows made by an incandescent light than those made by sunlight. Maybe these confused thoughts of mine are more interesting for Plato than for you!
Another point I want to make concerns the impossibility of „I” without organs. Organs perform two functions: (1) my organs make the „I” world something outside me: when I’m writing „this”, the thing that existed in my mind transformed into something on the monitor. When I move my hand, the air is displaced. And (2), vice versa, my organs move the world outside me to my inside: I hear the chair squeak in my head. I touch the keys on the keyboard. I don’t exist without my organs. The nerves in the skin of my face reflect my joy and sadness and other nervous moods in a more subtle way than my hand. I touch my face with my hand: according to the organ functions I mentioned, a circle forms that I can intuit myself through it. I am sad: my facial muscles contract; my hand leaves the keyboard and raises to touch the contraction of my facial muscles. When I transform my inside to my outside using my face, the hand returns my outside to my inside again. Thus I intuit myself and „I” is formed (I have taken this organ analogy from Hegel). Now let’s imagine a hoof instead of my hand, and a breast instead of my jowls; and imagine „I” and an „other” share some of their organs. Well, for sure there will nothing remain of this „I”.
| Nima Dodeir
pol & simon in collaboration with flashlab | Germany | 2012 | Serie „Phaeton“ | Photography - C-Print - 80 x 110 cm | Limited Edition 1-15
Phaeton
Limited Edition 1-15 | Photography - C-Print - 80 x 110 cm | Serie „Phaeton“ | 2012 | Germany | pol & simon in collaboration with flashlab
pol & simon Ihre Bilder und Installationen sind bewusst nicht klar beschrieben. Die Künstler bevorzugen es als Energie verstanden zu werden, welche gefühlt, jedoch nicht benannt oder klassifiziert werden kann. Die Abwesenheit von Wörtern und rationalen Gedanken in ihren Bildern soll nicht-manipulierte Denkräume schaffen; dem Betrachter ermöglichen, einen rhizomatischen Raum, welcher hinter all dem Gesehenen oder vermeintlich zu Sehenden versteckt ist: www.poletsimon.com.
Am 29.10.2015 um 15:07 schrieb „Julia Wasenmüller“: „Vor allem, weil ich die Bilder als sehr emotional empfand, entschied ich mich gegen einen politikwissenschaftilchen Text im klassischen Sinne. [...] Heraus kam ein Monolog, sehr subjektiv und persönlich,teilweise basierend auf Tagebucheinträgen, der die emanzipatorisch-ermächtigende Erkenntnis beschreibt, die in der Aufdeckung vermeintlich gegebener Zustände als gesellschaftliche Konstruktionen, liegt. Ein solches Aufdecken bereits als naturalisiert empfundener Unrechtsverhältnisse begleitet mein Studium seit Anbeginn. Es ist ein Prozess, der nun ein Jahr andauert und meine Sicht auf mich und meine Rolle in der Gesellschaft maßgeblich verändert hat. Mir ist bewusst, dass in meinem Text vieles zu kurz kommt, da Fakten, spezifische Benennungen oder Theorien ausgelassen werden. Doch wollte ich explizit keine „rationale“ Analyse liefern, sondern ausdrücken, dass es okay ist, manches nicht benennen zu können, dass es okay ist, keine konkreten Antworten parat zu haben, dass emotionale Zugänge zu Politik und Wissenschaft mindestens genauso viel Gehör verdienen, dass wir ein neues Verständnis von Wissenschaftlichkeit,von Relevanz und Deutungshoheit erreichen sollten. Auch bleibt durch das Fehlen einschlägiger Zitate Raum für die persönliche Identifikation und Interpretationen der Leserinnen und Leser.“ [...]