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13. 9. 2012 #24

20.178,40 958.122,90 178.145,79

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TOTALE PLEITE BÜRGERHAUSHALTE – DIE MISSVERSTANDENE IDEE

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132.780,59

132.780,59

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321.785,33 18.159,37

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Weltbeweger

Ideen

Foto: Centralstation

The Gaslamp Killer nennt sich der DJ aus Los Angeles, der aus dem Dubstep nicht mehr wegzu 13 Euro für ein Ticket hinlegen. Wer auf Hartz IV angewiesen ist und sich keine Karte leisten die Beine gestellt uwnd öffnet Theater, Konzertsäle und Museen im Raum Darmstadt für diej www.dabeisein.org www.weltbeweger.de

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Ideen

Weltbeweger

Weltbeweger

udenken ist. Wer ihn am 18. August in der Darmstädter Centralstation erleben wollte, musste n konnte, bekam eine von Anne-Kathrin Matz geschenkt. Sie hat den Verein „Dabei Sein“ auf jenigen, die aus Geldmangel sonst nicht am kulturellen Leben teilhaben könnten.

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News

News

Ideen

Ohrka e.V. Was machen Eltern, die merken, dass es verdammt wenig hochwertige Kinderprogramme gibt und diese immer zur falschen Zeit laufen? Sie ziehen eine Website auf und bieten dort handverlesene und selbst produzierte Hörspiele an. Prominente Sprecher wie Anke Engelke und David Nathan (Foto) unterstützen den Verein Ohrka, der das alles organisiert. Die Hörstücke sind jederzeit verfügbar per Rechner, Smartphone oder Tablet und haben so gar nichts gemein mit Kinderunterhaltung à la Super RTL und Bibi Blocksberg. www.ohrka.de Audio-Interview auf unserer App (iTunes und Android)

Kiez-Guides Jahr für Jahr stellt Berlin neue Besucher­ rekorde auf. Wer einmal abseits der ausgetretenen Touristenpfade die Stadt und ihre Bewohner kennenlernen will, kann sich an „Kulturbewegt“ wenden. Der Verein vermittelt den Kontakt zu echten KiezInsidern wie Habib und Etizaz, die ihren Wedding besser kennen als jeder City-Guide. Die Mitglieder des Projekts „Route 65“ zeigen ein anderes, überraschendes und authentisches Berlin – nichts für Leute, die auf ihre Vorurteile nicht verzichten wollen. www.route65-wedding.de Video-Clip mit den Kiez-Führern auf unserer App (iTunes und Android)

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News

der Deutschen würden sich niemals ehren­ amtlich in ihrer Freizeit engagieren. Das fand die Stiftung für Zukunftsfragen in ihrem Freizeitmonitor 2012 heraus. Immerhin ist bürgerschaftliches Engagement deutlich beliebter als Handarbeiten, Campen oder Spielhallenbesuche. Wenig überraschend bleibt des Deutschen liebste Freizeitbeschäftigung das Fernsehen. Die komplette Studie finden Sie hier.

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Holy Wood - Stadtbäume In Berlin fehlen 10.000 Straßenbäume. Deshalb haben sich die Künstlergruppe mindpirates e.V. und der Ökostromanbieter Entega zusammengetan und die gGmbH Holy Wood gegründet. Wer 1.000 Euro übrig hat, kann Baumpate werden und die aufwendige Pflanzung finanzieren. Das Sympathische: Holy Wood übernimmt das Organisatorische mit den vielen städtischen Stellen, die einbezogen werden wollen. Karoline Haderer (Foto) schmeißt den Laden. http://holywood.info

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Fotos (v.l.n.r.): Ohrka e.V./Gregor Bar | Kulturbewegt e.V. | CC BY-NC-ND 2.0 / King of Herrings / Flickr | Deutschland – Land der Ideen / Kay Herschelmann

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Titel

Der groSSe Bluff In Deutschland ist der Bürger-haushalt real schon gescheitert

Bürgerhaushalte boomen. Immer mehr Städte und Gemeinden wollen ihre Bürger bei der Finanzplanung mitmischen lassen. Höchste Zeit, diesen Mythos zu entzaubern, bevor er weiter ausartet. Fakt ist: Bürgerhaushalte sind nicht nur weitgehend nutzlos. Vielfach schaden sie dem bürgerschaftlichen Engagement sogar, anstatt es zu fördern. Die wenigen gelungenen Gegenbeispiele lassen sich an einer Hand abzählen.

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Text: Uwe Amrhein


Bürgerhaushalte

Die Idee klingt gut. Sie klingt nach aktiver Zivilgesellschaft, nach Mitgestaltung, nach einem neuen Verhältnis zwischen Kommunalpolitik und Bürgern. Ergänzend zu den Haushaltsberatungen im Parlament soll jede Bürgerin und jeder Bürger die Möglichkeit haben, Ideen und Sparvorschläge einzubringen und so über den städtischen Etat mitzubestimmen. Gut 20 Jahre dümpelte das Konzept in Deutschland vor sich hin, ohne sich nennenswert zu verbreiten. Lediglich eine kleine Schar aus Politikwissenschaftlern und Engagementexperten schaute begeistert nach Brasilien. Dort, in der Millionenstadt Porto Alegre, hatte die 1988 an die Macht gekommene Arbeiterpartei einen Weg aus dem Sumpf aus Korruption und Verelendung gefunden. In einem komplexen System aus Bürgerversammlungen in den einzelnen Stadtvierteln nahmen die Einwohner 1989 erstmals Einfluss auf die Finanzen. Sie setzten Schwerpunkte nach ihren Bedürfnissen. So floss nach und nach mehr Geld in eine brauchbare Wasserversorgung, in die Alphabetisierung und in das Stromnetz

247.3 anstatt in Prestigeprojekte für die oberen Zehntausend. Eine Erfolgsgeschichte, die in Süd- und Mittelamerika schnell Nachahmer fand.

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Die Kapitulation der Kommunalpolitik

Nun gibt es in Mitteleuropa keine nennenswerten Probleme mit der Kanalisation und der Energieversorgung. Analphabetismus und Korruption halten sich in Grenzen, und soziale Ungerechtigkeiten sind selten lebensbedrohlich. Im Jahr 2008, also rund 20 Jahre nach dem Auftakt in Brasilien, beschäftigten sich in Deutschland gerade 67 Kommunen mit einem Bürgerhaushalt. Ganze 37 hatten ihn beschlossen oder eingeführt. Im März 2012 verzeichnet die Karte der Bürgerhaushalte 237 Städte und Gemeinden. Diesen rasanten Anstieg dokumentiert die von der Bundeszentrale für politische Bildung betriebene Website buergerhaushalt.org. Und die Lokalzeitungen sind allerorten voll mit Forderungen von Kommunalpolitikern, diese Zahl rasch weiter steigen zu lassen.

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Titel

Bürgerhaushalte

Der Boom ist zugleich das Problem. Denn er fällt in die Zeit leerer Stadtsäckel. Völlig überforderte Kommunalpolitiker stehen ratlos vor ruinierten Kommunalfinanzen. Viele von ihnen, selbst hauptamtliche Bürgermeister, verstehen wenig bis nichts von Haushaltsführung. Und alle fürchten des Wählers Zorn, wenn sie Schwimmbäder und Bibliotheken schließen und den Busverkehr einschränken müssten. Da fällt der einst verpönte Machtverzicht plötzlich deutlich leichter. Unter dem Deckmantel von Transparenz und Bürgerbeteiligung geht es vielerorts nur darum, den Rotstift an die Bürger weiter zu reichen. Kurz: Der Aufschwung der Bürgerhaushalte ist nichts anderes als die Kapitulation der Kommunalpolitik. Die Botschaft ans Volk: „Wählt uns für die Wohltaten und begeht die Grausamkeiten bitteschön selbst.“

das Verfahren hochoffiziell als „Ennepetaler Sparhaushalt“. Gemeinsam ist den Versuchen der Misserfolg – und ein groteskes Schönreden. Die niedersächsische 20.000-EinwohnerGemeinde Wildeshausen brüstet sich in einer Pressemitteilung, dass sich an ihrem Bürgerhaushalt 0,5 Prozent der Bürger beteiligt hätten. Und das – man höre und staune – sei immerhin mehr als in Köln mit 0,3 Prozent.

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Groteskes Schönreden

Remscheid brachte es in 14 Tagen mit einem Online-Portal zum Bürgerhaushalt auf 51 Vorschläge und 241 Nutzer. In Worms, wo das Verfahren noch bis 16. September läuft, jubelte die Stadtspitze über eine „rege Beteiligung“ – und meinte damit 170 Vorschläge in einer Stadt mit 82.000 Einwohnern. Im hessischen Darmstadt verzeichnete die Beteiligungs-Plattform zum Bürgerhaushalt nur 3.200 Nutzer in sechs Wochen. Das sind Zahlen, die auch ein lokaler Schützenverein mit seiner Website locker erreicht.

Im völlig herabgewirtschafteten Solingen haben die Stadtväter wenigstens den Mut oder die Verzweiflung, dies offen auszudrücken. Dort läuft das Beteiligungsprojekt unter dem Titel „Solingen spart“. In Bonn sprachen die Beamten von einer „bürgerorientierten Haushaltskonsolidierung“, was man beinahe für Satire halten könnte. In Ennepetal firmiert

„Die Bürgerbeteiligungsprediger werden das natürlich bestreiten, aber das sind dieselben Leute, die vorher nicht definieren wollen, was ein Erfolg wäre“, schrieb der FAZ-Journalist Tobias Rösmann Anfang 2011 in einem Kommentar, als die Stadt Frankfurt einen Bürgerhaushalt ankündigte. Das trifft den wunden Punkt. Es gibt keine belastbaren

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81.217,5

Kriterien. Jeder Stadtkämmerer versteht unter einem Bürgerhaushalt, was er will. Oftmals wissen Bürger nicht, was mit ihren Vorschlägen geschieht, ob und wie sie umgesetzt werden. Ein Verfahren, das zu mehr Transparenz führen soll, ist selbst vollkommen intransparent.

3.587,98 Falsche Versprechen

Hinzu kommt, dass viele Bürgerinnen und Bürger nicht wissen, dass sie ohnehin nur über einen Bruchteil der Ausgaben beraten dürfen. Der Löwenanteil kommunaler Mittel ist nämlich für gesetzliche Pflichtausgaben reserviert. Nur die so genannten freiwilligen Aufgaben bieten Gestaltungsspielräume – und diese werden in der Regel von den Finanzaufsichtsbehörden bereits auf das absolute Minimum zusammengestrichen. „Bei den Bürgern werden oft falsche Erwartungen geweckt“, berichtet Hanns-Jörg Sippel. Er ist Vorstandsvorsitzender der Stiftung Mitarbeit, die sich bundesweit mit politischer Teilhabe beschäftigt und auch Bürgerhaushalte intensiv begleitet. „Wer es richtig machen will, darf den Bürgerhaushalt nicht als Spar-Instrument betrachten, sondern als einen Ideenwettbewerb, um die Verwaltungsleistung in kleinen Schritten zu

verbessern“, fordert Sippel. „Bürger registrieren sehr schnell, wenn sie als Sparkommissare missbraucht werden. Da braucht sich dann niemand über mangelndes Interesse zu wundern.“ Sippel nennt einige Grundregeln für ein gelungenes Beteiligungsverfahren. Erstens: Ein festes Budget zur Umsetzung der Bürgervorschläge. In Großbritannien, wo Bürgerhaushalte eine längere Geschichte haben, spricht man von „funny money“, also von „Spielgeld“, das bewusst für Quergedachtes aus der Bürgerschaft reserviert ist. Zweitens: Klare und transparente Regeln, wie die Bürgervorschläge be- und verwertet werden. Drittens: Eine realistische und bescheidene Zielvorgabe. Das gelinge in einigen Kommunen, beispielsweise im hessischen Groß-Umstadt oder im Berliner Bezirk Neukölln. Das sind Ausnahmen. Die Regel sieht ernüchternd aus. Bürgerhaushalte kosten mehr Geld, als sie einsparen. Sie erzeugen Frust statt Engagement. Und vor allem: Sie werden mit ihrer katastrophalen Bilanz schon bald ein Argument für jene liefern, denen Bürgerbeteiligung schon immer suspekt war. Der Schuss geht nach hinten los.

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Foto: Tagul.com

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Shops, die beim Kauf eines Kleidungsstücks ein weiteres an Bedürftige spenden, sind bekannt. KNO Clothing setzt noch eines oben drauf: Abgesehen davon, dass die Materialien bio und fair gehandelt sind, werden 50 Prozent des Gewinns an Obdachlosenprojekte in den USA abgeführt. Die Partnerorganisationen von KNO haben schon 19.000 Menschen zu einem festen Wohnsitz verholfen. Dass die Klamotten dabei noch ziemlich stylish sind - davon dürfen Sie sich hier selbst überzeugen. http://knoclothing.com/

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Agenda

13. September - 24. Oktober

TIPPS & TERMINE A

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Händler, Caterer oder Privatleute können künftig überschüssige Lebensmittel über die Foodsharing-App, die gerade entwickelt wird, inserieren – Leute mit Platz im Kühlschrank finden diese Angebote und ­ holen die Ware ab. www.foodsharing.de Wer durstig unterwegs ist und keine Vermögen für ein Getränk im Café ausgeben will, dem wird via App der nächste öffentliche Wasserspender ­ angezeigt – bisher nur in England. Wer bringt die Idee nach Deutschland? www.findafountain.org

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Die „innovativsten und aufmerksamkeitsstärksten Werbekampagnen zu sozialen Fragestellungen” z ­ eichnet zum achten Mal der Wettbewerb Sozialkampagne der Bank für Sozialwirtschaft aus. Bewerbungsschluss ist der 31. Oktober. http://www.sozialbank.de/265/?tx_ttnews%5Btt_ news%5D=172&tx_ttnews%5BbackPid%5D=140&cHash=1fa2 2b9d77ae9a4bde0957bac5cefa10 Insgesamt 27.000 Euro werden an zusammen 20 Projekte ausgeschüttet, die einen „idealen Ort” geschaffen haben, an dem sich Menschen begegnen und helfen. Veranstalter ist „Das Örtliche”, eine Jury bestimmt die Sieger, die Besucher der Website den Träger des Publikumspreises. Bis 30. September ist eine Bewerbung möglich. www.der-ideale-ort.de 13


Jetzt auch als App Mit zus채tzlichen Videos und Audio-Interviews Holen Sie sich die Enter-App gratis f체r: iPad, iPhone und Android

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www.entermagazin.de Die nächste ausgabe erscheint am 25. Oktober 2012.

Impressum Herausgeber: Uwe Amrhein Redaktion: Henrik Flor Propststraße 1 10178 Berlin Telefon +49 / 30 - 30 88 16 66 Telefax +49 / 30 - 30 88 16 70 redaktion@entermagazin.de www.entermagazin.de Enter erscheint in Kooperation mit der Stiftung Bürgermut und dem Engagement-Netzwerk www.weltbeweger.de.

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