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Immer dieser Wandel:
Wie Organisationen smart und mutig mit Veränderungen umgehen
Nichts ist so beständig wie der Wandel. Das soll schon der Philosoph Heraklit gesagt haben. Wenn Veränderung unumgänglich ist, kann man sie auch mutig angehen. Wie Organisationen zu Gestaltern von Wandel werden und ein offenes Mindset entwickeln, darüber haben wir mit Jörg Schüler von den Digitalen Helden, Susanne Saliger von der Akademie für Ehrenamtlichkeit und dem Organisationsentwickler Adrian Sina Vollmer gesprochen.
Entscheidungen trifft bei den Digitalen Helden nicht primär die Führungsebene. Entscheidungen fällen die Menschen oder Teams, die die größte Kompetenz haben. Mit der Arbeit in kompetenzbasierten Hierarchien haben die Digitalen Helden auf eine Herausforderung reagiert, die viele Organisationen kennen. „Wenn immer die Geschäftsführung entscheidet, wird die Arbeitsfä higkeit einer Organisation gehindert, gerade in wachsenden Strukturen“, so Jörg Schüler, Gründer und Geschäftsführer der Digitalen Helden. „Das Wissen liegt oft bei den Projektmitarbeiter:innen.“
Gründe, die Strukturen oder Arbeitsweise zu verändern, gibt es viele: Digitalisierung, Pandemie, Personalwechsel, Wachstum, interne Spannungen, neue Konkurrenz oder Kooperationen. Sich verändernde Bedarfe der Zielgruppen, neue Organisationsziele und Projekte. Kein Verein und kein Non-Profit kann sich dem Wandel entziehen. Doch wann muss man auf Veränderungen reagieren? Und wie geht man als zivilgesellschaftliche Organisation am besten mit Wandel um?
Mit Mut und Strategie Veränderungen angehen
Alle drei Expert:innen wissen: Es erfordert Mut, sich einzugestehen, dass Prozesse nicht mehr funktionieren, dass neue Strukturen gebraucht werden oder dass die ehrenamtlich Engagierten anders ticken als früher. Und es macht Arbeit, neue Wege einzuschlagen.
Susanne Saliger hat das Programm „Die Verantwortlichen #digital“ geleitet und ist Expertin für Veränderungen in Organisationen. „Organisationsentwicklung ist wie eine Operation am offenen Herzen“, sagt sie. Zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich neu aufstellen, machen das immer, während das Alltagsgeschäft läuft. Zeit, personelle und finanzielle Ressourcen sind knapp – eine Herausforderung. Damit Organisationen nicht zu Getriebenen von Veränderungen werden, brauchen sie eine Strategie. „Transformationspro- zesse“, so Susanne Saliger, „beginnen am besten immer mit der Frage nach dem Warum.“
Zu wissen, dass man ein Tool einführt, um besser mit der Zielgruppe zu kommunizieren, oder dass die neue Entscheidungsstruktur wie im Falle der Digitalen Helden helfen wird, effizienter zu arbeiten, motiviert und schärft den Fokus.
Ist das Ziel klar, kann eine Organisation analysieren, wo sie gut aufgestellt ist und was die nächsten Schritte sein sollen. Susanne Saliger rät, systematisch vorzugehen und zu priorisieren. Kann gleich die neue Datenbank aufgebaut oder muss zuerst intern die Zusammenarbeit verbessert werden? Durch die fünf Phasen von Veränderungsprozessen führt auch ein Leitfaden, der im Rahmen des Programms „Die Verantwortlichen #digital“ entstanden ist.
Offenheit, Widerstand, Fehler machen erlaubt
Wandel erfordert Offenheit und Neugierde. Adrian Sina Vollmer begleitet gemeinnützige Organisationen in Veränderungsprozessen. In fast jeder Organisation hat er Menschen getroffen, die richtig Lust auf Veränderung haben. Diese Menschen sind wichtig für den Wandel. Sie können die Organisationsentwicklung vorantreiben und Kolleg:innen für den Prozess begeistern.
Wandel kann aber auch Widerstand hervorrufen. Um Widerstand und Angst vorzubeugen, rät Adrian Sina Vollmer, alle
Stakeholder:innen mitzunehmen und Raum für den Austausch von Sorgen und Kritik zu öffnen. Das Ziel und die nächsten Schritte, Erfolge und Hürden werden im besten Fall regelmäßig transparent kommuniziert. Auch kann es sinnvoll sein, Mitarbeiter:innen, ehrenamtlich Engagierte oder Zielgruppen punktuell in den Prozess partizipativ einzubinden. Manchmal entsteht Widerstand aus Angst vor Überforderung oder weil schlicht Kenntnisse fehlen. Susanne Saliger empfiehlt, Weiterbildungsbedarfe frühzeitig zu klären und die Kompetenzen der Mitarbeiter:innen gezielt zu stärken.
Wer Neues wagt, macht Fehler. Nicht alles ist planbar. Mut und Offenheit entstehen, wo Fehler gemacht und korrigiert werden dürfen. Um vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, haben die Digitalen Helden daher gezielt Räume für Austausch geschaffen. Neben Meetingformaten wie der Retrospektive, bei der das Team regelmäßig über die Zusammenarbeit und Spannungen spricht, nehmen die Mitarbeiter:innen regelmäßig an Coachings zu gewaltfreier Kommunikation teil.
Was in Veränderungsprozessen immer hilft, ist der Blick von außen. Verstärkt setzen Förderprogramme auf professionelle Beratung, um Organisationen beim Wandel zu unterstützen. Doch es muss nicht immer ein:e externe:r Berater:in sein, weiß Susanne Saliger. Oft hilft auch der Austausch mit Gleichgesinnten weiter. Man merkt: Wir sind nicht alleine mit unseren Herausforderungen. Oder man erfährt, wie andere vorgegangen sind und ihre Arbeit verbessert haben.
Die Digitalen Helden haben sich auf den Weg der Organisationsentwicklung gemacht. Durch die Einführung von kompetenzbasierten Hierarchien werden Entscheidungen inzwischen viel schneller und effizienter gefällt. Auch wenn der Prozess nicht immer einfach ist, für Jörg Schüler steht fest: Es lohnt sich.
Takeaways
Hut auf: Benennt Verantwortliche, die den Veränderungsprozess vorantreiben und koordinieren.
Planung: Plant ausreichend Zeit, personelle Ressourcen und Geld für die Umsetzung ein.
Partizipation: Nehmt alle mit. Informiert regelmäßig.
Lernen: Klärt den Weiterbildungsbedarf und stärkt neue Fähigkeiten. Prüft, wer in eurer Organisation was kann und gegebenenfalls in der Lage ist, anderen Wissen und Skills zu vermitteln.
Austausch: Tauscht euch mit anderen aus. Fragt Menschen aus befreundeten Organisationen, ob sie euch punktuell – zum Beispiel durch die Moderation von Meetings – unterstützen können. Wenn ihr Kontakt zu Organisationen habt, die einen ähnlichen Prozess gemeistert haben, ladet sie ein und lasst euch erzählen, wie sie vorgegangen sind und was ihnen geholfen hat.
Mehr Wissen:
Digitale Helden
Akademie für Ehrenamtlichkeit
Adrian Sina Vollmer
Leitfaden „Den digitalen Wandel in zivilgesellschaftlichen Organisationen aktiv gestalten“ aus dem Projekt „Die Verantwortlichen #Digital“