Keine Chance für Frauen in Deutschlands Chefetagen

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Keine Chance für Frauen in Deutschlands Chefetagen

16.01.2014

Diskutiert wird viel über Frauen in Führungspositionen – doch verändert hat sich wenig: Noch immer ist in Deutschland die Zahl weiblicher Vorstände gering. Jetzt ist sie sogar leicht gesunken. Von Flora Wisdorff

Trotz aller politischen Debatten um Frauen in Führungspositionen tut sich wenig in den deutschen Vorstandsetagen – im Gegenteil, die Zahl der weiblichen Vorstände verringerte sich sogar. Im vergangenen Jahr hatte nur jedes dritte Dax-Unternehmen mindestens eine Frau im Vorstand. Das ergab das "Managerinnen- Barometer 2014" des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Die Zahl der Frauen in den Dax-Vorständen sank demnach von 15 auf 12 – und damit von 7,8 auf rund sechs Prozent. 2013 war bei E.on Regine Stachelhaus ausgeschieden, bei SAP Luisa Deplazes Delgado sowie Brigitte Ederer und Barbara Kux bei der Siemens AG. Neu dazu kam Bettina Volkens bei Lufthansa. "Die Ergebnisse verdeutlichen, dass der Anstieg des Frauenanteils in Spitzengremien kein Selbstläufer ist, sich lediglich in kleinen Schritten vollzieht und auch weiterhin erhebliche Anstrengungen nötig sind", schreiben die Autorinnen Elke Holst und Anja Kirsch. Die männliche Dominanz in den Vorständen bleibe "überwältigend", stellen die Autorinnen fest. Das wird noch deutlicher, wenn man auf die größten 200 Unternehmen des Landes blickt: Dort waren Ende 2013 nur vier Prozent der Vorstände weiblich, im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Wert damit kaum verändert. Insgesamt gab es dem DIW zufolge im vergangenen Jahr 40 Frauen in Vorständen der "Top-200"-Unternehmen, 2012 waren es 39. -1-


"Männliche Monokultur" Nur vier dieser Frauen nahmen den Vorsitz des Vorstandes ein – das seien zwei mehr als im Vorjahr, so das DIW. Die Autorinnen bezeichnen den Zustand als "männliche Monokultur". Nur bei knapp 18 Prozent der Top-200-Unternehmen saß mindestens eine Frau im Vorstand. Etwas besser sieht die Lage dem DIW zufolge in den Aufsichtsräten aus. Unter den 200 größten Unternehmen saß bei gut 78 Prozent mindestens eine Frau im Aufsichtsrat. Oft sind sie aber dann die einzige weibliche Vertreterin. Nur gut 15 Prozent machten Frauen insgesamt an den Aufsichtsratsmitgliedern im Jahr 2013 aus – das entspricht immerhin einem Plus von zwei Prozentpunkten gegenüber 2012. Der Aufsichtsratsvorsitz bleibe jedoch "fest in Männerhand", so Holst und Kirsch: Nur vier von 160 Vorsitzenden – und damit 2,5 Prozent – seien Frauen gewesen. Nur in zwei Unternehmen stellten der Studie zufolge Frauen mindestens die Hälfte des Aufsichtsrats: Beim Touristikunternehmen TUI und dem Kosmetikkonzern Douglas. Bei den Dax-Unternehmen waren 2013 Frauen in den Aufsichtsräten von 28 Unternehmen vertreten – nur Fresenius Medical Care und Fresenius SE hatten dem DIW zufolge keine weiblichen Mitglieder in ihren Kontrollgremien. Der Frauenanteil sei im Vergleich zum Vorjahr um 2,5 Prozentpunkte auf knapp 22 Prozent gestiegen. Die Mehrheit der Aufsichtsrätinnen wurde von der Arbeitnehmerseite entsandt, stellt das DIW fest – die Kapitalseite entsende jedoch auch zunehmend Frauen. Den Vorsitz eines Aufsichtsrates hat nur eine Frau: Simone Bagel-Trah bei der Henkel AG. International Mittelmaß Die Forscherinnen bemängeln, dass Unternehmen mit Bundesbeteiligung keine Vorreiterrolle einnehmen. Von 60 untersuchten Unternehmen hätten nur 14 Frauen im Vorstand, insgesamt habe der Frauenanteil in den Vorständen bei knapp 13 Prozent gelegen. Das entspreche einem Plus von einem Prozentpunkt. In den Aufsichtsräten der öffentlichen Unternehmen sei der Frauenanteil um zwei Prozentpunkte auf 18 Prozent zurückgegangen. Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland mit einem Frauenanteil von 20 Prozent in den höchsten Entscheidungsgremien der größten börsennotierten Unternehmen mittelgut ab – Lettland, die skandinavischen Ländern, Frankreich und die Niederlande haben höhere Werte. In vielen der Länder, die besser abschneiden, gibt es dem DIW zufolge geschlechtliche Quotenregelungen – wie in Norwegen etwa, wo vorgeschrieben ist, dass 40 Prozent der Direktoriumssitze mit Frauen besetzt werden müssen. Aber auch Frankreich, Belgien, und Italien haben 2011 Quotenregelungen eingeführt, bei denen Sanktionen bei Nichterfüllung drohen. Quelle: Die Welt

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