20 Titel_Frauenquote
Viel geredet, wenig gehandelt STUDIE. Die Frauenförderung fristet in vielen Unternehmen noch ein stiefmütterliches
Dasein – obwohl dem Thema vom Management eine hohe Bedeutung zugemessen wird.
Von Frank Schabel
F
rauen zu fördern wird sowohl in Unternehmen als auch in der Gesellschaft intensiv diskutiert. Dafür gibt es gute Gründe, wie die demografische Entwicklung, die es nötig macht, Frauen stärker in die Berufswelt einzubinden. Ein anderer Aspekt betont, dass mehr Frauen in Fach- und Führungspositionen die Kultur in Organisationen aufgrund ihrer hohen sozialen und kommunikativen Fähigkeiten verbessern würden. Soweit die öffentliche Diskussion. In der realen Welt von Unternehmen sieht das Spiel noch anders aus. Trotz der hohen gesellschaftlichen Aufmerksamkeit ist eine hinreichende Chancengerechtigkeit zwischen den Geschlechtern meist noch Makulatur. In unserem vor Kurzem
gemeinsam mit dem Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) veröffent lichten HR-Report 2013/2014 haben wir die Frauenförderung genauer durchleuchtet. Er basiert auf einer Online-Befragung von über 550 Managern. Auch wenn 41 Prozent der Befragten der Frauenförderung eine sehr große beziehungsweise große Bedeutung zumessen und 54 Prozent den Frauenanteil in Fach- und Führungspositionen steigern möchten, zeigt ein tieferer Einstieg in die empirischen Daten eine eher ernüchternde Wirklichkeit: Sowohl auf der Ebene konkreter Maßnahmen als auch in Bezug auf kulturell-mentale Einstellungen zur Frauenförderung gibt es noch hohen Nachholbedarf. Große Umsetzungslücken Vor allem fünf Instrumente sind es, welche die befragten Manager als be-
sonders relevant für die Frauenförderung erachten. Ganz oben stehen Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, gefolgt von flexiblen Arbeitsmodellen und der Verankerung der Frauenförderung auf der Ebene des Topmanagements. Auch die Sensibilisierung für Klischees und Wiedereinstiegsprogramme nach Auszeiten befinden sich unter den Top fünf der geeigneten Ansätze, um Frauen besser zu fördern. Nur korreliert die Bedeutung dieser Themen nicht mit ihrer De-factoUmsetzung in Organisationen. Hier zeigen sich zum Teil größere Diskrepanzen (siehe Grafik auf Seite 21 oben). Gerade das Thema Work-Life-Balance ist noch keineswegs flächendeckend in Unternehmen realisiert, obwohl es vor allem für Frauen, die Mütter sind, von immens hoher Bedeutung ist: So ist für 63 Prozent der Befragten die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nach wie vor das größte Hindernis auf dem Weg zu einer besseren Frauenförderung (siehe Grafik auf Seite 21 unten). Hier fallen fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten stark ins Gewicht. 46 Prozent sehen hier eine signifikante Hürde, obwohl Politik und Gesellschaft seit Jahren über den Ausbau des Angebots diskutieren und Eltern mittlerweile Betreuungsplätze für ihre Kinder garantiert werden. Besser sieht es bei den flexiblen Arbeitsmodellen aus. Hier ist die Diskrepanz zwischen der hohen Bedeutung des Themas und dessen Umsetzung in
Heiße Luft? Unternehmen reden gerne über Chancengleichheit, umgesetzt ist bislang wenig. personalmagazin 05 / 14
21 Instrumente zur Frauenförderung Unterstützung in bestimmten Lebenssituationen
73
Flexible Arbeitsmodelle
64
58
Verankerung der Thematik in der Geschäftsleitung
64
Wiedereinstiegsprogramme nach Auszeiten
49
Sensibilisierung für bestehende Klischees
45
61
36
32
besonders geeignet
bereits umgesetzt
Angaben in Prozent
Die Abbildung zeigt, welche Instrumente die befragten Unternehmen zur Frauenförderung für am besten geeignet halten und inwieweit sie diese bereits umgesetzt haben. Quelle: Hays AG
Hindernisse Mangelnde Akzeptanz durch Kollegen
16
Geringe Akzeptanz durch Vorgesetzte
30
Fehlende Unterstützung im Betrieb
33
Fehlende Kinderbetreuung
46
Klassische Rollenbilder
56
Beruf und Familie nicht vereinbar
63 Angaben in Prozent
Die größten Hindernisse bei der Frauenförderung: Neben der Vereinbarkeit von Beruf und Familie stellen nach wie vor die klassischen Rollenbilder eine hohe Hürde dar. Quelle: Hays AG
den Unternehmensalltag geringer. Dies zeigen auch die Ergebnisse aus dem HRReport der vergangenen Jahre: Flexible Arbeitszeiten und Arbeitsmodelle sind mehr oder weniger flächendeckend in den Unternehmen umgesetzt, wenngleich häufig nicht mit der Geschmeidigkeit, die sich die Mitarbeiter wünschen würden. Mental-kulturelle Hürden Dies lässt sich für die Verankerung der Thematik Frauenförderung in der Geschäftsleitung nicht sagen. 64 Prozent halten diese Maßnahme zwar für sehr geeignet, was zeigt, wie wichtig das Vorleben solcher Themen von oben ist. Aber nur 51 Prozent sehen sie realisiert. Auf Wiedereinstiegsprogramme nach Auszeiten trifft Ähnliches zu. Fast 50 05 / 14 personalmagazin
Prozent der Befragten halten sie für ein geeignetes Instrument für Gender Diversity, aber nur 36 Prozent haben bereits entsprechende Modelle eingeführt. Die mangelnde Umsetzung der „harten“ Themen, wie Work-Life-Balance-Maßnahmen oder Wiedereinstiegsprogramme, ist aber nur eine Seite der Ursachen, die Frauen an Fach- und Führungspositionen hindern. Denn auffällig sind auch die empirischen Ergebnisse bei den „weichen“ Themen, den mental-kulturellen Hürden. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der Befragten gibt an, dass die klassischen Rollenbilder eine hohe Hürde für die Frauenförderung darstellen – nach der mangelnden Vereinbarkeit von Beruf und Familie das zweitgrößte Hindernis. Und damit nicht genug: 60 Prozent der
befragten Frauen konstatieren, dass Vorgesetzte eine gezielte Frauenförderung nicht akzeptieren. Dies zeigt, wie wenig die Frauenförderung im Bewusstsein gerade der männlichen Führungskräfte verankert ist. Dazu passen auch die folgenden Zahlen: Eine umfassende Unterstützung seitens der Unternehmen würde nach Ansicht von 46 Prozent der Befragten dazu beitragen, den Frauenanteil in Fach- und Führungspositionen auszubauen. Gleichzeitig sehen jedoch ein Drittel der Manager diesen Punkt als großes Hindernis an. In Kombination mit der mangelnden Akzeptanz des Themas Frauenförderung auf der Geschäftsleitungsebene entpuppen sich die Unternehmenswelten daher noch vielfach als Old-Boys-Netzwerke, in denen Frauen weder mental noch physisch einen akzeptierten Raum haben. Trotz der Hindernisse, die es augenscheinlich noch gibt: Eine knappe Mehrheit (52 Prozent) der befragten Entscheider gibt an, dass die bisher umgesetzten Maßnahmen zum gewünschten Ergebnis, der Förderung von Frauen, geführt habe. Viele Frauen als die eigentlich „Betroffenen“ teilen diese Meinung nicht, wie etliche Freitextkommentare in der empirischen Befragung aufzeigen. Sie sehen die Entwicklung hin zu einer gleichberechtigteren Teilhabe von Frauen an Fach- und Führungspositionen als einen langwierigen Prozess an, über den noch keine abschließende Bewertung möglich sei. Insgesamt zeigen die Ergebnisse: Gesprochen wird viel über Frauenförderung, aber gehandelt noch zu wenig. Erst wenn es gelingt, vorhandene kulturelle Prägungen zu thematisieren und zu verändern, könnte die Frauenförderung endlich mehr Fahrt aufnehmen. Notwendig ist sie allemal. © Horst Hamann
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Frank Schabel ist Leiter Marketing und Corporate Communications bei der Hays AG.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an melanie.roessler@personalmagazin.de