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Deutscher Sauna-Bund: Interview mit Martin Niederstein

MARTIN NIEDERSTEIN

ist 54 Jahre alt, geboren und aufgewachsen in Siegburg bei Bonn, aktuell wohnhaft in Lippe bei Bielefeld und Staatlich Geprüfter Informatiker Wirtschaft. Zuletzt 17 Jahre IT-Manager in einer Unternehmensberatung, davor (1997 – 2000) bereits vier Jahre lang als Mitarbeiter im Deutschen Sauna-Bund e.V. in unterschiedlichen Aufgabenbereichen tätig Seit Feb. 2018: Deutscher SaunaBund e.V., Betriebsberatungsstelle Seit Okt. 2019: Stv. Geschäftsführer Deutscher Sauna-Bund e.V. Hobbys: Saunabaden, Fahrradfahren

„GERNE MIT AUFGUSS“

Fotos: Deutscher Sauna-Bund · Redaktion: Joachim Scheible

Seit Anfang dieses Jahres ist Martin Niederstein neuer Geschäftsführer des Deutschen SaunaBundes. Im Exklusivinterview stellt „der Neue“ sich und seine Ideen für die Zukunft vor.

S+S: Herr Niederstein, als langjähriger Funktionär des Deutschen Sauna-Bundes sind Sie bestimmt leidenschaftlicher Saunagänger. Welche Badeformen bevorzugen Sie und in welcher Umgebung saunieren Sie am liebsten? Martin Niederstein: Das Saunabaden ist seit über 30 Jahren fester und regelmäßiger Bestandteil meiner Freizeit. Eine bestimmte, festgelegte Umgebung gab es nie. Ob regelmäße Saunagänge zum Abschluss nach Squash- oder Badmintonmatches in Sportcentern, Besuche abgelegener Strandsaunas auf den Ostfriesischen Inseln oder die Nutzung der Heimsauna in Ferienhäusern während der zahlreichen Urlaube – ich nutze möglichst jede Gelegenheit zum Saunabaden, sobald sich etwas Zeit ergibt. Einen ganzen Tag in einer der vielen und sehr attraktiven öffentlichen Saunaanlagen hier in Ostwestfalen zu verbringen ist für mich purer Luxus und Urlaub. Besonders mag ich das Klima in klassischen Saunaräumen, trocken und heiß, gerne dazu einen Aufguss. S+S: Was gefällt Ihnen an der Saunakultur? Martin Niederstein: Saunabaden vereint und beseitigt Barrieren, und das in gleich mehrfacher Hinsicht. Männer und Frauen, Junge und Alte, besser und schlechter Situierte. In der hiesigen Saunakultur wird dazu textilfrei sauniert und somit sind Standesunterschiede und gesellschaftliche Herkunft der Gäste kaum wahrnehmbar. Alle nehmen in der Sauna an einem mehr oder weniger vereinbarten Baderitual teil, das Badeablauf, Verhaltensweisen und Umgangsformen bestimmt. Die Gesundheit und Entspannung stehen für mich im Vordergrund, die Zeit verliert an Bedeutung und füllt sich durch Kommunikation oder man bleibt bei sich selbst. Dazu steigert der Einfluss von Wärme und Kälte das körperliche Wohlbefinden in einer gemeinschaftlichen Umgebung. Ich kann mir keinen anderen Ort vorstellen, der zu so viel Ausgeglichenheit führt. S+S: Waren Sie schon mal im Mutterland der Sauna (Finnland) saunieren? Und wenn ja, was hat Sie am meisten beeindruckt? Martin Niederstein: Ich war schon häufig in Skandinavien. Familienurlaube in Dänemark, Trekking und Paddeln in Norwegen und in Schwedens ausgedehnten Fjäll- und Seenlandschaften. Bedauerlicherweise habe ich noch nie Finnland bereist, das seinen ganz eigenen Charme ausweisen soll. Ich bin mir allerdings ziemlich sicher, dass ich das in naher Zukunft nachholen werde. S+S: Sie übernehmen den Sauna-Bund in einer besonderen Zeit – der Coronapandemie. Wie haben Sie die letzten Monate in Ihrer Eigenschaft als Funktionär des Deutschen Sauna-Bundes erlebt? Martin Niederstein: Ich habe das Glück und den Vorteil, dass ich die Arbeit in der Betriebsberatungsstelle des Deutschen Sauna-Bundes bereits drei Jahre vor meinem Start als Geschäftsführer aufnehmen konnte. Somit habe ich einen guten Einblick in die meisten Geschäftsfelder bereits vor Pandemieausbruch erhalten und war als Stellvertretender Geschäftsführer während der beiden Branchenshutdowns maßgeblich an den organisatorischen Umstellungen in der Verbandsarbeit und der Geschäftsstelle beteiligt. Der Verband ist gut aufgestellt und die Zusammenarbeit mit dem Präsidium ist vertrauensvoll. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Geschäftsstelle verfügen über große Erfahrung in Ihren Bereichen und die Krise hat das Team noch enger zusammengeschweißt. Das Tagesgeschäft erfordert zuweilen viel Improvisation, aber angesichts der allgemeinen Situation reagieren alle mit großem Verständnis, falls mal etwas nicht sofort klappt. Was ich bedauere ist, dass Reise- und Kontaktbeschränkungen die persönliche Begegnung mit vielen Vertretern der Branche und Gremien aktuell noch erschweren. Ich freue mich darauf, dies so schnell wie möglich nachzuholen.

S+S: Haben Sie schon mal an einer Aufguss-WM teilgenommen ? Martin Niederstein: An einer Aufguss-WM habe ich bisher noch nie teilgenommen. Privat verfolge ich die Meisterschaften seit sechs Jahren über die digitalen Medien. Der Pandemieausbruch führte in 2020 zu einer Verschiebung der national ausgerichteten Deutschen Aufguss-Meisterschaft sowie der Aufguss-WM in das Jahr 2021. Somit hoffe ich, dass es in diesem Jahr endlich klappt. S+S: Sie sind nun seit circa vier Monaten im Amt. Haben Sie sich schon gut eingewöhnen können und welches waren Ihre ersten wichtigen Aufgaben, die es zu anzugehen galt? Martin Niederstein: Ich trete die Nachfolge von Rolf-A. Pieper an, der als Geschäftsführer des Deutschen Sauna-Bundes die Saunabranche in den vergangenen 38 Jahren sehr erfolgreich und maßgeblich mitgestaltet hat. Er hinterlässt einen wirtschaftlich gesunden und modern strukturierten Verband, dessen Geschäftsfelder und Dienstleistungsangebote zeitgemäß und auf die künftigen Anforderungen der Branche ausgerichtet sind. Die meisten Aufgabenbereiche sind klar strukturiert und bei Schwierigkeiten kann ich auf kompetente Ansprechpartner zählen. Dennoch unterliegt der Verband in der Pandemiesituation wirtschaftlichen Einschränkungen, die arbeits- und personalorganisatorische Maßnahmen und immer wieder Anpassungen erfordern. S+S: Welche Aufgaben sehen Sie als die dringlichsten Aufgaben in nächster Zeit? Martin Niederstein: Zunächst gilt es auf eine schnelle Wiederinbetriebnahme der öffentlichen Saunaanlagen unter einem zeitlich einheitlich gesteckten Rahmen sowie übereinstimmenden Hygienevorschriften hinzuarbeiten. Der Verband unterstützt hier seine Mitglieder mit der Erarbeitung von Hygienekonzepten, die bereits in der Vergangenheit als Vorlage für Coronaschutzverordnungen einzelner Bundesländer dienten und hilft bei Abstimmungen mit den Gesundheitsämtern. In öffentlichen Saunaanlagen herrscht ein vergleichsweise niedriges Infektionsrisiko. Bei annähernd 20 Millionen Saunabesuchen im letzten Sommer wurde kein einziger Infektionsfall bekannt, der ursächlich auf einen Saunabesuch zurückzuführen war. Zudem führt Saunabaden zu einer wissenschaftlich bewiesenen Stärkung des Immunsystems und Steigerung der unspezifischen Abwehr. Es gibt daher keinen plausiblen Grund, dass öffentliche Saunaanlagen erneut am Ende der Öffnungsstufen stehen müssen. Stattdessen sollten sie zeitnah wieder den Betrieb aufnehmen. Die wirtschaftliche Situation ist insbesondere bei privatwirtschaftlich geführten Unternehmen inzwischen so dramatisch, dass selbst prominente Saunabetriebe in die Insolvenz geraten und es steht zu befürchten, dass weitere folgen werden. Wichtig ist auch, dass wir den guten Datenbestand durch erneute Erhebungen bei unseren Mitgliedsbetrieben sowie zum Verhalten von Saunagästen aktualisieren. Erkenntnisse über Besuchsmotive und sich ändernde Rahmenbedingungen waren bisher immer das Fundament des Verbandes, um daraus Anforderungen für unsere Qualitätssysteme, Schulungsinhalte der Akademie und Kompetenz für Beratungsleistungen abzuleiten. Davon profitieren seit Jahren die Mitglieder unseres Verbandes. S+S: Haben Sie sich Ziele gesteckt und wohin möchten Sie den Sauna-Bund steuern? Martin Niederstein: Neben den selbstständig geführten öffentlichen Saunaanlagen sind auch angegliederte Saunabereiche in Freizeitbädern und Thermen mehr als nur eine organisatorische Abteilung. Sie werden von Saunagästen als eigenständige Betriebe wahrgenommen und tragen oftmals den entscheidenden Anteil zum wirtschaftlichen Gesamterfolg bei. Zudem gibt es eine Vielzahl attraktiver Saunaanlagen in Hotels und Fitnesscentern, deren Interessen ebenfalls zu vertreten sind. Der Deutsche Sauna-Bund muss als der Fachverband die Marke Sauna schärfen und zentrales Sprachrohr der Branche bleiben. Mir liegt dabei am Herzen, das kleineren und mittelgroßen Betrieben eine Perspektive erhalten bleibt. Ein weiteres Anliegen ist die Fortführung der breit aufgestellten Normungsarbeit. Der Deutsche Sauna-Bund ist diesbezüglich in allen bedeutenden Gremien der Branche vertreten. Unsere langfristige Ausrichtung gilt der Förderung und Überprüfung der Angebotsqualität durch die Zertifizierung öffentlicher Saunabäder und damit einer weiteren Verbreitung der drei Qualitätszeichen des verbandseigenen Qualitätssystems. Sie sind für Saunagäste und Betreiber ein Garant dafür, dass sich der Saunabetrieb mit seiner Software und Hardware an zeitgemäßen Anforderungen und kundenorientierten Dienstleistungsangeboten ausrichtet. S+S: In welcher Verfassung befindet sich die deutsche Saunabranche derzeit? Martin Niederstein: Ich nehme an, dass Sie sich mit dieser Frage auf den Bereich des Saunabaus beziehen. Dazu haben wir vor kurzem einige Saunahersteller befragt. Es zeigt sich, dass die Hersteller im Segment Privatsauna sehr ordentliche Zuwächse verzeichnen und durch die Schließungen öffentlicher Saunaanlagen deshalb indirekt profitieren. Dabei haben die pandemiebedingten öffentlichen Diskussionen offensichtlich zu einer Stärkung des Gesundheitsbewusstseins geführt. Im öffentlichen Bereich sind viele Bau- und Renovierungsarbeiten schon während des ersten Branchenshutdowns im Frühjahr 2020 erledigt worden. Hier ist die Auftragslage für die Saunahersteller momentan „dünner“ und es gilt, ihre Lage weiter zu unterstützen. S+S: Der Deutsche Sauna-Bund ist ja auch Partner der Messe „Interbad“ in Stuttgart. Diese wurde voriges Jahr auf den kommenden September 2021 verlegt. Wie geht der Verband mit dieser Verschiebung um und wie gehen Sie damit um, sollte die „interbad“ auch dieses Jahr verschoben werden müssen? Martin Niederstein: Die „interbad“ ist für uns eine enorm wichtige Branchenveranstaltung, immerhin wird sie als die weltgrößte Saunafachmesse bezeichnet. Aufgrund der unübersichtlichen Pandemielage ist zum jetzigen Zeitpunkt eine Prognose zur Veranstaltung im kommenden Herbst noch nicht abschließend möglich. Ich selbst bin in direktem Austausch mit den Messeverantwortlichen. Der Deutsche Sauna-Bund wird in jedem Fall der verlässliche Partner der Messegesellschaft Stuttgart sein und sich dafür einsetzten, dass diese Veranstaltung „die“ Kommunikationsplattform für die Saunabranche bleibt.

INFO KOMPAKT

Deutscher Sauna-Bund e.V.: Meisenstr. 83, 33607 Bielefeld, Tel.: 0521/966790, www.sauna-bund.de

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