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Interview

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Manchmal fi ndet man beim Stöbern nicht nur Schätze, sondern auch seinen Seelenverwandten. So jedenfalls beschreiben Nina Knaudt und Rianna Kounou ihr Aufeinandertreffen 2013, das schließlich nicht nur zu einer Freundschaft, sondern zu ihrem gemeinsamen Label RIANNA + NINA führte, mit dem sie aus Vintage-Stoffen neue Kleidung designen.

Treasure hunters

RIANNA + NINA Rianna Kounou and Nina Knaudt lernen sich bei dem kennen, was später ihr Business-Modell werden soll: beim Stöbern nach Vintage-Schätzen. 2014 eröffnen die beiden ihre gemeinsame Boutique in Berlin – mittlerweile verkaufen sie ihre Fundstücke und eine eigene Kollektion in die gesamte Welt. RIANNA + NINA, das sind Rianna, die früher im Theater- und Kostümdesign gearbeitet hat, und Nina, die sich ihre Sporen von Paris bis New York bei Brands wie Cartier, Etro oder BMW abverdient hat. Gemeinsam suchen sie rund um die Welt nach Vintage-Stoffen und Designs, die sie mit ihrem Label zu neuem Leben erwecken können.

Die Mode von RIANNA + NINA versprüht mindestens so viel Lebensfreude wie die beiden Gründerinnen selbst.

FACES: Wie habt ihr beide zueinander gefunden?

NINA KNAUDT: Wir haben uns zufällig auf einer VintageMöbelmesse kennengelernt und teilten auf Anhieb eine Leidenschaft für Vintage-Stoffe und auffällig farbenfohe Prints. Durch unseren ähnlichen, bunten und fröhlichen Stil haben wir uns schon von Weitem entdeckt und kamen dadurch ins Gespräch. Wir waren sofort auf einer Wellenlänge und irgendwie wussten wir, dass wir gemeinsam großartige Sachen schaffen können.

RIANNA KOUNOU: Angefangen hat dann alles 2014 mit einem kleinen Laden namens „Cabinet de Curiosities“, der schnell Kunden aus der ganzen Welt begeisterte. 2017 hatten wir dann mit unserer ersten Ready-to-wear-Kollektion das Debut auf der Paris Fashion Week. Seitdem zeigen wir neben unseren Oneof-a-kind-Kreationen zwei jährliche Kollektionen mit eigens entwickelten Print-Mustern.

F: Was war euer erstes Produkt, das ihr für RIANNA + NINA realisiert habt?

RK: Begonnen hat RIANNA + NINA mit unseren One-of-akind-Kreationen aus wiederverwendeten Vintage-Seidenschals, die wir in neue luxuriöse Couture-Designs verarbeiten. Auch die Bonbon Bag, welche mittlerweile zu unserem ikonischen Accessoire wurde, war bereits eines der ersten Produkte, mit denen wir damals begonnen haben.

F: Welcher Moment hat alles verändert?

RK & NK: Das kann man schwierig an einem einzigen Moment festmachen, und wir können manchmal selbst kaum glauben, was wir schon gemeinsam erleben durften. Wichtige Meilensteine waren defi nitiv die Teilnahme am Vogue Salon zur Berliner Fashion Week, unsere Pop-up bei Bergdorf Goodman in New York oder Joyce in Hongkong und als Stars wie Jared Leto oder Rihanna unsere Designs getragen haben.

F: Was versteht ihr unter nachhaltigem Handeln?

RK & NK: In unserem Fall bedeutet das Wertschätzung von schönen Dingen aus der Vergangenheit. Wir arbeiten ja für unsere Kollektionen ausschließlich mit Vintage-Stoffen und verwenden

dafür auch Matratzenstoffe aus den 1960ern (die damals übrigens aus sehr edler Seide produziert waren) oder Tischdecken, die fast 100 Jahre alt sind. Wichtig ist nur, dass die Materialien hochwertig sind und wir mit ihnen eine Geschichte weitererzählen können.

F: Wie lebt ihr Nachhaltigkeit?

RK & NK: Wir versuchen, in unserem Alltag immer wieder bewusst nachhaltig zu sein. Wir kaufen keine Plastikfl aschen, nehmen immer Körbe oder (bunte) Taschen mit zum Einkaufen, kaufen privat fast ausschließlich Vintage und gute Lebensmittel. Es geht einfach wirklich um Respekt der Umwelt gegenüber, sowohl in unserem Business, als auch in unserem Privatleben.

F: Kennt ihr die Hände durch die eure Produkte gehen?

NK: Für RIANNA + NINA begann alles mit dem Verwenden handverlesener Vintage-Stoffe, um eine individuelle Geschichte für jedes neue Stück zu kreieren. Mittlerweile ist diese nachhaltige Basis zu unserer Identität geworden und damit der Ausgangspunkt für jeden neuen Kreationsprozess und jede neue Idee. Beim Designprozess orientieren wir uns daher nicht an Saisons. Unsere Stücke verkörpern Geschichten mehrerer Generationen und leben dabei von farbenfroher Zeitlosigkeit. Neben der Wiederverwendung von Vintage-Materialien konzentrieren wir uns auf die Reduzierung unserer Produktion, indem wir uns auf bestimmte Stücke spezialisieren und eine eher kleine, exklusive Auswahl an Stilen präsentieren.

RK: Alle unsere Designs – so wohl One-of-a-kind- als auch die Ready-to-wear-Kollektionen – werden von unserem kleinen Team an Meister-Näherinnen per Hand in unserem Berliner Atelier gefertigt. Alles wird made-to-order produziert, dabei kann auf die individuellen Wünsche der Kundinnen Rücksicht genommen werden. So werden die Stücke zu ganz persönlichen Schätzen und Sammlerstücken im Kleiderschrank.

F: Wie schwer ist es, gute und euren Ideen entsprechende Materialien zu fi nden, und wo und wie fi ndet ihr diese schlussendlich?

RK: Einfach ist es natürlich nicht, aber das wussten wir von Anfang an, und das macht unsere Stücke ja so besonders. Ich sehe mich da wirklich als Schatzsucherin und liebe nichts mehr, als besondere Stoffe aufzuspüren, ob auf unseren Reisen, Flohmärkten oder über mein Netzwerk. Ich bin ja schon seit über 30 Jahren in diesem Business und kann da zum Glück auf viel Expertise zurückgreifen.

F: Wieviel Arbeit steckt in einem eurer Teile?

„Mehr ist bei uns mehr.“

RK: Jedes Stück wird mit viel Hingabe und Liebe zum Detail kreiert. Von der Wahl und Komposition der Stoffe und Prints bis hin zum Annähen des letzten Knopfes. Wir sehen unsere Kreationen wir Kunstwerke, und die Kundin, die RIANNA + NINA trägt, kann sich sicher sein, dass es nichts Vergleichbares da draußen gibt. Und genau das gibt ein wirklich einzigartiges Gefühl.

F: Wie seid ihr als Chefi nnen?

NK: Wir sehen uns im klassischen Sinne überhaupt nicht als Chefi nnen. Wir waren ja viele Jahre nur zu zweit beziehungsweise zu dritt mit Claudia, die von Anfang an für die Produktion verantwortlich war und heute unser Atelier leitet. Mittlerweile sind wir ein Team von 15 Leuten und wahnsinnig stolz, dass wir so tolle Menschen gefunden haben, die wie wir so sehr an RIANNA +

Aus Fundstücken entstehen neue Teile, die in der One-of-akind-Kollektion Platz finden.

NINA glauben und dieselbe Begeisterung spüren. Wir sprechen Feilschen? intern auch immer von der RIANNA + NINA-Family, und so NK: Einfach sympathisch sein, einen kleinen Plausch sind wir auch: ein bunter Haufen verschiedener Köpfe und Cha- halten und nicht ausschließlich darauf aus sein, etwas billig zu raktere, die alle an einem Strang ziehen. Es gibt auch mal Streit, bekommen. Wenn ein Preis fair ist, muss auch manchmal gar aber wir lieben uns von ganzem Herzen, und am Ende klappt es nicht gefeilscht werden. Es geht wie bei allem im Leben um Faireinfach zum Glück sehr gut. ness, und es sollte natürlich auch Spaß machen.

F: Wie wichtig ist Mode, und was bedeutet sie euch persönlich? F: Was ist euer bester Vintage-Fund?

RK: Am Ende geht es uns gar nicht um Mode im klassischen NK: Wirklich kostbar sind die Vintag-Schmuckstücke, die Sinne, sondern um schöne Dinge. Wir erfreuen uns einfach so Rianna seit vielen Jahren kuratiert. Jedes Mal, wenn sie einen sehr an besonderen Sachen, das kann aber auch ein schönes Glas neuen Fund im Atelier zeigt, sind wir sprachlos. Die kleine sein, ein Buch, eine Landschaft oder ein tolles Essen. Wir begeis- Selektion, die wir auch über unseren Online Shop vertreiben, tern uns gerne für Dinge, und dazu gehört natürlich auch Mode, umfasst Original Runway- und Haute-Couture-Stücke von Yves weil wir sie tragen und sie dadurch unterstreicht, wer wir sind. Saint Laurent über Valentino bis Chanel – eine wahre Schatz-

F: Welche Lektionen habt ihr während eurer Arbeit in der kammer. Modebranche gelernt? NK: Die wichtigste Lektion für uns ist unabhängig von der Branche. Nämlich, dass man alles schaf- „Wenn ein Preis fair ist, muss auch fen kann, wenn man daran glaubt, offen ist und es mit manchmal gar nicht gefeilscht werden.“Freude tut. Und dass sich alles viel leichter anfühlt, wenn man Freude, aber auch Leid teilen kann. Wir sind einfach wahnsinnig froh, diesen Weg gemeinsam gehen zu kön- F: Was kauft ihr neu und was immer secondhand? nen und jetzt auch so ein tollen Team an unserer Seite zu haben. NK: Das lässt sich so pauschal kaum sagen. Neu defi nitiv

F: Wo enttäuscht euch die Modebranche, und inwiefern über- Unterwäsche, aber ansonsten leben, lieben, lesen und tragen wir rascht sie euch? gerne Dinge aus zweiter Hand.

NK: Das vergangene Jahr hat deutlichen Einfl uss auf die Per- F: Wie sieht euer Kleiderschrank aus? spektive und Haltung der Modebranche genommen. Ein positi- NK & RK: Bunt! ver Nebenaspekt der Corona-Pandemie ist, dass die grundsätz- F: Was ist euer liebster Ort in eurem Zuhause? lichen Strukturen der schnelllebigen Modeindustrie in Frage RK: Ich kann mich schwer entscheiden, da mein gesamtes gestellt wurden. Wir wünschen uns einfach, dass gerade große Zuhause meine bunte Welt ist und ich mich generell sehr wohl Labels mehr Verantwortung übernehmen und nicht immer aus- dort fühle. Meine Küche defi nitiv, da ich sehr gerne für Freunde schließlich den Profi t, sondern Mensch und Umwelt an erste und Familie koche. Aber auch mein Wohnzimmer voller Kunst, Stelle setzen. Mit tollen Produkten und Ideen kann immer Bilder meines Sohnes, mein Sofa mit all den bunten Kissen und Umsatz generiert werden, aber einfach nicht um jeden Preis. meinen grünen Rattan-Esstisch liebe ich sehr. Außerdem herrschte bisher ein intensiver Druck, ein schneller NK: Wir sind gerade in ein schönes, altes Haus mit Garten Wechsel zwischen Jahreszeiten und Kollektionen, bei dem die Zeit gezogen und lassen es zu unserem Zuhause wachsen. Es ist nicht verloren geht, Feedback anzunehmen und Veränderungen umzu- so bunt wie bei Rianna, aber auch ein Ort voller Erinnerungssetzen. Wir glauben, dass genau in der heutigen Zeit eine Chance stücken, die wir auf unseren Reisen gesammelt haben. liegt, dies zu tun. Wir sind schon immer unseren Weg gegangen, F: Woran scheitert unsere Gesellschaft? haben Kollektionen entworfen, die saison- und trendunabhängig NK: Eine unserer wichtigsten Eigenschaften, die wir teilen, sind, die Frauen unterschiedlicher Kleidergrößen gleichermaßen ist es, optimistisch zu sein. Daher wollen wir unsere Gesellschaft ansprechen und die mit viel Herzblut produziert werden. nicht als scheiternd betrachten. Uns sind auf unserem bisherigen

F: Gibt es Styling-Sünden? Weg so viele tolle, unterschiedliche Menschen begegnet, die uns

RK: Solange man sich in seiner Kleidung und dem Look immer wieder zeigen, wie viel man bewegen kann, und dass es wohlfühlt, kann es keine Sünden geben. Wir stylen unsere Looks Hand in Hand am Besten funktioniert. gerne ausdrucksstark, kombinieren verschiedene Muster und F: Von welchem Abenteuer träumt ihr? kontrastreiche Farben und ergänzen diese mit opulenten Acces- RK: Gerade von allem möglichen, da wir ja schon viel zu soires. Man sollte keine Angst vor lange zuhause festsitzen. Normalerweise gehört das zu viel Prints oder Farben haben, Reisen zu unserem Alltag, und das vermissen wir denn mehr ist bei uns mehr. sehr. Zum Glück ist diese gemeinsame RIANNA +

F: Welches sind eure liebsten NINA-Reise an sich schon ein großes Abenteuer, Floh- und Vintagemärkte? und es ist ein Trost, dass wir unsere Kleider in die

RK: Da gibt es wirklich viele, ganze Welt schicken können. Gerade haben uns von Porte de Clignancourt in wieder Fotos aus Hongkong, New York, Dallas oder Paris bis zur Straße des 17. Juni in Kuwait erreicht, und das macht uns einfach Berlin, aber auch kleinere Märkte wahnsinng stolz. von Brüssel bis North Carolina F: Was gönnt ihr euch? oder Boston – vor uns ist wirklich NK: Immer wieder gutes Essen. Es geht sehr kein Flohmarkt sicher, und es gibt wenig über Restaurantbesuche mit Familie und immer ein Schätzchen zu heben. Freunden, Abende, an denen viel gelacht, getrunken

F: Der ultimative Tipp beim und gegessen wird. Das lieben wir!

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