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FUTURE IS NOW
Interview: Stefan Berger Foto: Audi
FACES: Wie beschreiben Sie den Audi activesphere concept in drei Wörtern?
Henrik Wenders: Zukunft, Freiheit, Nachhaltigkeit. Zukunft, weil damit ein Stück Zukunft vorweggenommen wird. Die Freiheit, dass ich mich unabhängig von Raum und Zeit dem widmen kann, was ich gerade tun möchte, und nachhaltig, weil ich dies tun kann, ohne dabei einen Schaden anzurichten.
F: Welchen Zweck verfolgen Concept Cars?
HW: Concept Cars waren schon immer die Vorkommunikation von Erlebnissen. In den vergangenen 113 Jahren ging es bei Audi immer um Form und Funktion, also das visuelle und das haptische Erlebnis. Jetzt entwickelt sich das Automobil weiter zum Erlebnis-Device. Die Erlebnisreise beginnt jedoch nicht erst im Automobil, sondern schon zuhause. Damit werden unsere Produkte ein integraler Bestandteil eines digitalen Ökosystems.
F: Welches Umdenken hat in der Automobilindustrie in den vergangenen Jahren stattgefunden?
HW: In den vergangenen hundert Jahren war der Prozess in der Autoindustrie stets derselbe: Zuerst kam der Motor. Der Elektroantrieb hat alles revolutioniert und die Herangehensweise verändert. Alles beginnt nun beim Menschen und der Frage, was genau der Mensch in seinem Automobil erleben soll. Wir brauchen Sensoren, Gesichtserkennung und damit eine ganz andere Infrastruktur, ja, ein richtiges digitales und damit technologisches Ökosystem, um diese Erlebnisse überhaupt anbieten zu können.
F: Der Innenraum wird also zum Erlebnisraum. Ist dies ein wesentliches Merkmal der Zukunft des Automobils?
HW: Absolut. Dies ist auch der Grund, warum die Fahrzeuge „sphere“ heißen, denn schließlich geht es um die Privatsphäre, in die ich mich als Fahrgast zurückziehen kann. Das kann durchaus eine Privatsphäre sein, in der ich nicht erreichbar sein möchte, weshalb wir ein Fahrzeug konstruiert haben, das komplett ohne Display auskommt. Dafür kann ich dank eines zusätzlichen Fensters die schöne Aussicht in jede Richtung genießen, das ist doch was.
F: Wie weit ist denn das Thema Digitalisierung?
HW: Ich finde es fantastisch, was die Technologie heute schon beherrscht. Wir sind gerade dabei, mit der Car ID ein digitales Backend entstehen zu lassen, damit wir dieses dann markenspezifisch im Frontend bespielen können. Es lohnt sich, weil sich durch die Vernetzung ganz andere Services und Dienstleistungenmöglichkeiten ergeben. Man kann das mit dem iPhone vergleichen: Jeder User und jede Userin verwendet andere Apps, hat andere Bedürfnisse und Erwartungen. Dasselbe setzen wir gerade um: Wir entwickeln Applikationen, die für jede Marke und für jedes Individuum anders kuratiert werden.
F: Zurück zum Design: Welche Rolle spielen die Farben beim activesphere concept?
HW: Das Petrol-Grün der Karosserie erinnert an die Farbe des Eis eines gefrorenen Bergsees. Das Fahrzeug integriert sich fast nahtlos in die Natur. Ich finde, das sieht einfach sehr schick aus. Das warme Rot des Innenraums ist inspiriert von Kaminfeuer. Das schafft eine warme und kuschelige Atmosphäre.
F: Audi steht für ein progressives Design. Was ist aus Ihrer Sicht das Progressive am Design?
HW: Schlichtweg alles. Hier wird einmal mehr deutlich, dass wir diesen Begriff „Vorsprung leben“ in unserem Markenkern zelebrieren. Wir springen nach vorne, wir nutzen unser Know-how und neueste Technologie, um etwas zu gestalten, was in der Ausprägung noch nie da war, um Erlebnisse zu kreieren, die einzigartig sind.
F: Welche Idee steckt hinter der Kombination von Design und Funktionalität beim Audi activesphere concept?
HW: Der Wagen ist vergleichbar mit einem Schweizer Taschenmesser: formschön von außen, kompakt in der Größe, aber multifunktional und anlassbezogen. Innen ist das Fahrzeug mit einer Pick-up-Fläche ausgestattet, wobei der Innenraum dennoch von dieser Fläche getrennt werden kann. Denn Wärme ist Energie, und bei einem Elektrofahrzeug ist Energiemanagement der Hebel für Reichweite. Es kommt auf jedes Kilowatt an, und jede Optimierung zählt. Formgebung und Aerodynamik spielen eine Rolle für einen perfekten Airflow, was wiederum ebenfalls großen Einfluss auf die Reichweite hat.
F: An welche Vorgaben musste man sich im Design halten?
HW: Wir haben uns dazu entschlossen, nicht mit Sehgewohnheiten zu brechen, obwohl man es technisch könnte. Der Audi skysphere hat beispielsweise eine ganz lange Haube. Warum? Weil ein Roadster mit langer Haube einfach atemberaubend schön ist. Je größer die Haube, desto prestigeträchtiger das Fahrzeug.
F: Mit diesem Fahrzeug ist wahnsinnig viel möglich. Wen stellen Sie sich als typischen Käufer bzw. als typische Käuferin vor?
HW: Es sind Menschen mit einem aktiven Lebensstil, die gerne draußen und aktiv in der Natur unterwegs sind. Egal, ob mit dem Fahrrad im Gelände, mit den Skiern im Schnee, mit dem Foil auf dem Wasser oder mit dem Golfbag auf dem Golfplatz.
F: Diese Zielgruppe legt bekanntermaßen hohen Wert auf Nachhaltigkeit. Inwiefern hat man diesem Aspekt hier Rechnung getragen?
HW: Der Aspekt Nachhaltigkeit zieht sich bei Audi durch wie ein roter Faden. Wir haben von der Beschaffung über das Portfolio bis zur Wiederverwendung ein komplett holistisches Nachhaltigkeitskonzept.
F: Was heißt das konkret?
HW: In der Beschaffung fahren wir mit den 14'000 LieferantInnen in 60 Ländern CO2-Workshops, um deren Dekarbonisierungsplan festzulegen. In der Produktion setzen wir auf die Mission „Zero“ (CO2-neutral). An drei
Standorten haben wir die Ziele heute bereits erfüllt. Das heißt, jeder Audi e-tron, der da draußen herumfährt, wurde in einem Werk gebaut, das bilanziell CO2-neutral operiert, und bis ins Jahr 2025 operieren alle AudiWerksstandorte komplett bilanziell CO2-neutral. Die größten Dach-Photovoltaikanlagen der Welt stehen auf unseren Dächern; das sind immerhin über 160'000 Quadratmeter Dachfläche. Dazu wird jeder neue Audi, der ab 2026 gelauncht werden wird, ein elektrischer sein. Das heißt, in weniger als zehn Jahren werden wir unsere Fahrzeugflotte komplett auf elektrische Mobilität umstellen.
F: Was können Sie uns zum Thema Kreislaufwirtschaft sagen?
HW: In einem Audi stecken rund 600 bis 800 Kilo Aluminium. Da macht es sich schon bemerkbar, wenn ich den Rest Verschnitt zurück an die LieferantIn gebe, die ihn dann wieder einschmilzt – allein damit sparen wir schon Hunderttausende Tonnen CO2 pro Jahr. Zudem haben wir an allen Audi-Werkstandorten Wasserkreisläufe installiert und damit alleine im vergangenen Jahr 0,7 Milliarden Liter Wasser gespart. Davon gibt es noch zahlreiche weitere Beispiele, die beweisen: Die ökologische Nachhaltigkeit ist bei Audi schon heute da.
F: Wie lange dauert es, bis so ein Fahrzeug wie der Audi activesphere concept tatsächlich in der Serie realisierbar ist?
HW: Fünf Jahre ist die Daumengröße für einen kompletten Neuansatz, denn hier reden wir über eine komplett neue elektronische Plattform. Eine Plattform, die dann eventuell auch automatisches Fahren ermöglicht und für das Verschwinden von Dashboard und Lenkrad sorgt.
F: Die Automobilindustrie hat sich in den vergangenen zehn Jahren enorm verändert. Welche Eigenschaften muss eine HerstellerIn aus Ihrer Sicht mitbringen, um in diesem Umfeld bestehen zu können?
HW: Als ich 2020 zu Audi kam, war das erste, was ich in meiner Rolle als Leiter Marke Audi gemacht habe, die Markenstrategie erneut zu überprüfen und gemeinsam mit dem Vorstand zu überarbeiten. Der Markenkern, den ich dem Vorstand vorgeschlagen habe, lautete „Vorsprung leben“. Ich glaube, aufgrund der technologischen Möglichkeiten war es noch niemals so spannend und gleichzeitig so wichtig, den Mut und das Mindset zu haben, nach vorne zu springen.
F: Auf Elektrizität statt Benzin umzustellen, ist ein solcher Schritt.
HW: Wir sind jetzt gemeinsam in die Wüste gesprungen und haben das erste Rallye Dakar Fahrzeug elektrifiziert. Wir springen gerade gemeinsam nach vorne und elektrifizieren die Formel 1. Das sind sehr mutige Schritte, und genau die sind es, die in diesem ultimativen Transformationsjahrzehnt so überlebenswichtig sind.
F: Welches Gimmick gefällt Ihnen persönlich am besten am Audi activesphere concept?
HW: Ich finde diese Pick-up-Fläche genial, weil sie so formschön ist. Selbst wenn sie ausgefahren ist, sieht das immer noch schick aus.
Das gesamte Interview und noch mehr Informationen zum Audi activesphere concept gibt es auf faces.ch