Noch ist es kalt, doch wir haben unsere Fashion-Finds des Frühlings jetzt schon ready. S.37
Klassisch, elegant und voller Power: Diese Looks findet man im Editorial von Julia Akmanova. S.58
Wie wär’s mit einem Frühlingstrip in die Arktis? S.46
Künstlerische Laufstege, Schnitte, Formen und Farben, die ins Auge stechen und persönliche Meinungen – das gibt’s in unserem großen Fashion Report. S.72
Sie war, ist und bleibt eine Ikone: Pamela Anderson startet nochmals durch. S.112
S.112 Pam Pur
Portrait: Pamela Anderson
S.118
Drift & Dream
Aethos Ericeira
S.132
Hard Hitting
Interview: Jeanne Goursaud
S.134
Love Loss Life
Photography: Kate Sterlin
Ein Traumpaar: Jeanne Goursaud und Louis Vuitton. S.122
S.148
Knocking on Cinema’s Door
Portrait: Bob Dylan
S.156 Rush
Photography: Patrick Walter
Milliardäre S.12
Impressum
S.14
Contributors
Surfen und Entspannen: Es zieht uns nach Portugal ins Designhotel Aethos Ericeira. S.118
Mit frischen Looks heißen wir die ersten warmen Tage willkommen. S.156
Photography: Launchmetrics SpotlightSM Model: Mary Ukech Look von ETRO.
IMPRESSUM
HERAUSGEBER
Stefan Berger – berger@faces.ch
Patrick Pierazzoli – pierazzoli@faces.ch
CHEFREDAKTEUR
Patrick Pierazzoli
VERLAGSLEITUNG
Stefan Berger
CREATIVE CONSULTANTS
Florian Ribisch
Alex Wiederin
REDAKTION
Michael Rechsteiner
Josefine Zürcher
Livia Schneckenburger
FASHION DIRECTOR
Nadia Hartzer
GRAFIKLEITUNG
Bianca Ugas – grafik@faces.ch
DESIGN/LAYOUT
Gian Ganter
FACES, Bertastrasse 1, CH-8003 Zürich
AUTORINNEN
Nadia Hartzer, Patrick Pierazzoli, Michael Rechsteiner, Josefine Zürcher
FOTOS & ILLUSTRATIONEN
Julia Akmanova, Francisco Nogueira, Christopher Puttins, Kate Sterlin, Patrick Walter, pa picture alliance (dpa), Launchmetrics SpotlightSM
TYPEFACES
Synt (Dinamo)
Salt Lake (Florian Ribisch)
ANZEIGEN & KOOPERATIONEN SCHWEIZ
Monika Brändli – monika.braendli@faces.ch
Pascal Konrad – pascal.konrad@faces.ch +41 (0) 43 322 05 37
ANZEIGEN & KOOPERATIONEN DEUTSCHLAND & ÖSTERREICH
FACES Deutschland, Straßburger Straße 6D, D-10405 Berlin
Julia Gelau, Managing Director Germany & Austria – julia@faces.ch; +49 (0) 30 552 02 383
Der FACES-Schriftzug/-Stern sind eingetragene Markenzeichen der Fairlane Consulting GmbH und dürfen nicht ohne deren Zustimmung verwendet werden. Nachdrucke, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.
Julia Akmanova
Klar, elegant und minimalistisch: Diese Merkmale charakterisieren
Julia Akmanovas Mode- und Markenfotografie. Auch unserem Editorial hat sie ihre unverkennbare Zeitlosigkeit verpasst. Als Fotografin und Content Creatorin verbringt sie die meiste Zeit am Set, wo sie nicht nur ihre Kreativität auslebt, sondern dafür sorgt, dass der Nachwuchs in der Branche gesichert ist: Ihre Tochter Lea schleicht sich gerne in die Produktionen und übt sich als Junior-Assistentin.
MERCI
Pleasure puts perfection in the work.
Monique Finster
Wer seit Jahrzehnten die immergleichen Outfits in der Rotation hat, sollte sich bei Stylistin
Monique Finster Inspiration holen. Die zwischen Frankfurt und Paris weilende Brasilianerin liebt es, Menschen zu ermutigen, neue Dinge aus- oder besser gesagt anzuprobieren. Für ihre Stylings kombiniert sie gerne klassische Stücke mit modernen Akzenten. Auch alles andere schöne nebst der Mode –Kunst, Musik, Farben – inspirieren ihre Arbeit.
Patrick Walter Wie es sich für einen echten Künstler und Fotografen gehört, lässt Patrick Walter lieber seine Bilder sprechen, als zu viel über sich selbst zu verraten. Oder gar etwa selbst vor die Linse zu treten – ganz nach dem Motto „schaut selbst”. Auch sonst lebt der Fotograf sein Leben nach klaren Mottos: „love loudly“ und „lebe DEIN Leben“, lauten diese. Da können wir nur zustimmen und voller Bewunderung durch sein Editorial blättern.
Johannes Jorge Hölkeskamp
Wer wissen will, was nicht heute, sondern übermorgen im Trend liegt, muss einfach bei Stylist Johannes Jorge Hölkeskamp nachfragen, denn er weiß es bestimmt. Mode ist für Johannes so viel mehr als nur Kleidung, denn sie spiegelt Kultur und Gesellschaft wider. All diese Zusammenhänge erkennt er von Weitem. Am meisten blüht er in der HighFashion und Avantgarde auf, wo Kunst und Mode kaum mehr zu unterscheiden sind.
The Round Crossbody Bag
Swiss Design, Italian Craftsmanship
Statement Leather Pieces and Clothing
YVY Store and Studio Dufourstrasse 31 8008 Zurich
yvy.ch @yvyleather
Alex Huber
Wir schrieben in dieser Ausgabe ein Porträt über sie, Stylist Alex Huber hatte Pamela Anderson einst eingekleidet. Auch für Lena Gercke und Helene Fischer hat er bereits genau die Outfits gefunden, die ihre Persönlichkeiten am besten ausdrücken. Für unser Shooting mit Louis Vuitton hat er seine kreativen Visionen an Schauspielerin
Jeanne Goursaud ausgelebt. Hat man ein solches Gespür für Trends, ist klar, dass Magazine wie Vogue, GQ, Glamour –und natürlich auch wir – Teil davon sein wollen.
Chris Puttins
Pulsierende Metropolen wie New York und Los Angeles kurbeln die Kreativität von Chris Puttins an, geboren wurde der Fotograf jedoch in Berlin – einer Stadt, deren Kontraste ihn bis heute inspirieren. Die Popkultur der frühen Zweitausender hat ihn geprägt und seine visuelle Sprache geformt. Mit seinem minimalistischen aber unverkennbaren Stil hat Chris für uns Schauspielerin
Jeanne Goursaud und die aktuelle Louis Vuitton x Takashi Murakami Kollektion in Szene gesetzt.
The soul never thinks without a picture.
Nadia Hartzer
Wer seit etwa 20 Jahren auf dem ModeParkett tanzt, für den fühlt sich die Branche längst an wie eine familiäre Party. Und so bewegt sich Nadia Hartzer auch ganz geschmeidig durch die Massen, wenn sie für FACES die großen Modenschauen besucht, Trends recherchiert und Menschen trifft, die die Welt bewegen. So hat sie wie immer einige ihrer Entdeckungen mit uns für unseren Fashion Report geteilt.
Florian Ribisch
Er ist der Mann in Mailand, Florian Ribisch, unser Art Director und Kopf hinter unserem Layout. Ribisch rudert unser Schiff von Beginn an mit, und das ist mittlerweile 24 Jahre her. Unterdessen hat unser Art Director Kinder bekommen (vier) und Haare gelassen (mehr), aber keinen Funken Genialität eingebüßt. Noch immer schwingt er die Fahne für Print, liest seinen Kids von Papier vor und nicht vom Tablet und hört Musik von Schallplatten anstatt aus dem Speaker.
THE FACES
Text: Michael Rechsteiner
„SAY MY NAME, SAY MY NAME.“
LARA VIOLETTA
PRINTZESSIN
Die Papierkosten mögen etwas höher sein. Doch wir sprechen aus Erfahrung: Hochglanzmagazine sind die schönste Form von Content Creation. So hat auch Lara Violetta mit den Violet Papers ihr eigenes Printprodukt lanciert – und eine Tasche designt, um die Ausgaben perfekt zu präsentieren. Bislang setzte die gebürtige Deutsche mit ihrer Makeup-Ästhetik in den sozialen Medien Trends und drehte in ihrer Wahlheimat Paris die Köpfe der Modeszene nach sich. Wir heißen die Verlegerin willkommen im Geschäft. Mal auf einen Kaffee an der Rue de Belleville?
Die Zukunft des Prints sah nie besser aus.
Unser liebster TV-Serientäter.
WALTON GOGGINS
SONNENGOTT
Die Zukunft von Walton Goggins ist so blendend, dass er mit Google Glass eine eigene Sonnenbrillen-Kollektion lanciert hat. Die schaut zwar so aus, als schreie man damit auf der Skipiste Kinder an, weil sie einem bei der Abfahrt geschnitten haben. Aber wir drücken ein Auge zu, weil der Schauspieler bei der Auswahl seiner Projekte eine schneeweiße Weste hat. Aktuell leidet sich der Mann mit dem größten Gebiss Hollywoods durch schrecklich-schönen Urlaub in der dritten Staffel von „The White Lotus“ – Pflichtprogramm nicht nur für FerienphobikerInnen.
Fährt nicht nur in ihren Texten die Krallen aus.
DOECHII
MISS BISS
Vor einer Preisvergabe die Siegesrede in der Tasche zu haben, um für den Fall des Gewinns am Podest nicht bloß „Danke… Mama?“ zu stammeln, zeugt von guter Vorbereitung. Gleich einen kompletten Song zu produzieren, der sofort nach dem Triumph veröffentlicht wird und eine SiegerInnenrunde um die Konkurrenz dreht? Next-Level-Flex. Doechii kann es sich erlauben. Nach dem Grammy-Gewinn für „Alligator Bites Never Heal“ als bestes Rap-Album droppte sie den Track „Nosebleeds“ und untermauerte, wer die neue unangefochtene Hohepriesterin des Genres ist.
Der Grund, warum wir die USA noch nicht völlig abschreiben.
DEJA FOXX
Wenn sich tollwütige Waschbären um den letzten Fischkopf in der Mülltonne anfauchen, hat das mehr Würde als der aktuelle Politikbetrieb in den USA. Doch statt aus Verzweiflung den Kopf in den Sand zu stecken, will Deja Foxx Berge versetzen. 2020 trat die damals 19-Jährige als Mitarbeiterin von Kamala Harris’ Strategieteam aufs nationale Politparkett. Jetzt kämpft die Aktivistin gegen restriktive Abtreibungsverbote und schmiedet bereits Pläne für die Eroberung von jenem Amt, das ihrer ehemaligen Chefin im vergangenen Herbst verwehrt blieb.
Wirtschaftsjournalismus zum Ablachen? Er macht’s möglich.
BANKDRÜCKER
Was ist Private Equity? Wie ist Private Equity? Warum ist Private Equity? Wer bei Finanz- und Wirtschaftsfragen nicht nur Bahnhof, sondern Bahnhofstoilette versteht, nimmt Nachhilfe bei Dan Toomey. Auf dem YouTube-Kanal Good Work erklärt der Comedian im „Vorschüler verkleidet sich als Reporter“-Trenchcoat uns Dum-Dums die Business-Orgien der Reichen und Mächtigen. Dabei lässt er auch die Tochter eines Hedge-Fund-Managers ausführen, was ihr Papa den ganzen Tag eigentlich so macht. Schlauer sind wir danach nicht. Gut unterhalten aber garantiert.
DAN TOOMEY
SATOSHI KUWATA
EAST MEETS VEST
In einem Papierquadrat stecken unendliche Möglichkeiten. Bei uns sind das zwar fast immer Kurzstreckenflieger, doch MeisterInnen des Origamis entlocken dem Blatt raffinierte Gebilde. Für den japanischen Designer Satoshi Kuwata ist diese Kunst Ausgangslage für seine Stoffkreationen. Der LVMH-Preisträger verbindet die minimalistische Eleganz seiner Heimat mit europäischer Couture. Bei der diesjährigen Pitti Uomo feierte seine Marke Setchu ihr Laufstegdebüt. Und entgegen unseren Papierflugzeugen ist diese Kollektion ein absoluter Überflieger.
Der Meister der Origami Couture.
Ob Es, Ich oder Über-Ich: Hauptsache gut angezogen.
BELLA FREUD
STOFFANALYSE
Bei ihrem Urgroßvater legten sich die Menschen für den Seelenstriptease auf die Couch. Zum Gespräch mit Bella Freud nehmen Prominente wie Nick Cave dagegen Platz hinter dem Podcast-Mikro. „Fashion Neurosis“ nennt sich das Format, bei dem sich die Nachkommin des Psychoanalysen-OGs und ihre Gäste über die Zusammenhänge von Mode und Psyche philosophieren. Als Modedesignerin, die bei Vivienne Westwood ihr Handwerk erlernte und bereits Kate Moss oder Zadie Smith einkleidete, verliert die Engländerin bei den Gesprächen garantiert nicht den Faden.
Gib ihm einen verschneiten Hügel und er macht ihn zu Gold.
ZEB POWELL
Wintersport ist so weiß wie der Schnee, auf dem er stattfindet? Dieses Klischee schmilzt unter dem Snowboard von Zeb Powell dahin. Als erster schwarzer Athlet, der bei den X Games die Goldmedaille gewann, setzt der Amerikaner ein Zeichen für mehr Diversität im winterlichen Spitzensport. Dabei machen ihn nicht nur der waghalsige und innovative Fahrstil zum Star, sondern auch seine charismatischen Auftritte und sozialen Engagements abseits der Piste. Mit Zeb Powell geht es schnell abwärts – und genau deshalb ist er auf dem absoluten Höhenflug.
BALLKÖNIGIN
Stell dir vor, du stehst deinem Idol gegenüber – doch statt stotternd nach einem Autogramm zu fragen, wischst es vom Platz. So machte es die damals gerade mal 15-jährige Coco Gauff, als sie bei ihrem Wimbledon-Debüt Venus Williams besiegte. Fünf Jahre später ist die Amerikanerin selbst auf dem besten Weg zur Tennis-Legende. Doch fast noch süßer als ein Grand-Slam-Titel ist für die Marvel-Fanatikerin, die auch ihre Tenniscourt-Outfits von Superheldinnen inspirieren lässt, dass sie es kürzlich auf das Cover eines Iron-Man-Comics geschafft hat.
COCO GAUFF
Ball aufschlagen, Pokal abholen, repeat.
Sie drückt dort ab, wo andere wegschauen.
MYRIAM BOULOS
KRIEG & LIEBEN
Ihre Kamera findet die Schmetterlinge unter dem Schutt und der Asche. Seit sechs Jahren befindet sich Myriam Boulos’ Heimat Libanon im Ausnahmezustand. Proteste und Revolution, immer wieder getilgt von Gewalt und Zerstörung. In diesem Nebel der Ungewissheit leuchtet das Blitzlicht der jungen Fotografin den Alltag ihrer Mitmenschen aus. Sie findet ungebrochenen Stolz zwischen Feuern und Ruinen. Aber auch die Zärtlichkeit queerer Liebe. Als Teil der Joop Swart Masterclass ist Myriam jetzt in der Königinnenklasse vom Fotojournalismus angekommen.
Diesem kreativen Kopf geht so manches Licht auf.
STRAHLEMANN
Schlechtes Design kommt uns nicht in die Tüte. Außer die Tüten sind von Gyuhan Lee. Aus alten Take-Away-Verpackungen von McDonald’s kreiert der Südkoreaner hochwertige Lampenschirme und Raumtrenner. Dabei entstehen nicht nur stylische Wohnaccessoires, sondern pop-artige Kunstwerke, die das Spannungsfeld zwischen fernöstlicher Tradition und westlichem Kommerz ausleuchten. Gucci ließ sich vom Jungtalent bereits ein Event ausstatten. Und wir fragen uns, ob in seinen Händen selbst unsere Ketchup verschmierten Servietten Galeriequalität hätten.
GYUHAN LEE
THE HYPE „WHAT YOU REALLY REALLY WANT.“
Text: Josefine Zürcher
FASHION
Trend
AUF DEN PUNKT
Je schwerer erträglich die Weltlage, desto verspielter die Mode. Diese Regel haben wir soeben aus der Luft gegriffen. Etwas Wahres ist aber bestimmt dran, denn auf den Catwalks der FrühjahrSommer-Kollektionen tummelten sich so viele Polka Dots wie schon lange nicht mehr. Zeitlos sind die süßen Tupfen sowieso. Und weil sie eine Weile nicht mehr allgegenwärtig waren, macht es jetzt umso mehr Freude, auf die Jagd nach gepunkteter Kleidung und Accessoires zu gehen.
DAILY BLING
Wir sind zugegebenermaßen etwas zu faul, um unseren Schmuck jeden Tag auf unser Outfit abzustimmen. Filigrane Designs mit Wiedererkennungswert sind darum genau unser Ding.
Schlichte Stücke, nach denen man sich trotzdem ein zweites Mal umdreht und die man am liebsten Tag und Nacht trägt, finden wir bei Liebeskind Berlin. liebeskind-berlin.com
„Never, ever wear three-quarter length trousers. Even in the summer.“
Andrew Scott
Liebling
THE ONE
Die perfekte Tasche zu finden, gleicht einer lebenslangen Aufgabe. Wer nicht an die Eine glaubt, legt sich besser eine Sammlung zu. Ist ja auch etwas viel Druck, der da auf einer einzigen Tasche lastet, wenn sie alle Wünsche erfüllen soll. Eine, die dem
Druck standhalten könnte, ist die neue „D-Journey“ von Dior. Wir haben unsere Liste an hohen Ansprüchen hervorgekramt und festgestellt, dass wir die wichtigsten Punkte abhaken können. Material: Sie kommt in Canvas oder in Leder und mit verschiedenen Texturen und
Farben daher. Größe: Drei verschiedene. Und das Allerwichtigste: Sie sieht je nach Styling cool oder elegant aus – passt also von Arbeit bis Ausgang immer dazu. Dior, „D-Journey“, Tasche, klein ca. 3'500.—, mittel ca. 3'900.—, groß ca. 4'600.—, dior.com
We Love
Exhibition
SCHUHWERK
Für manche sind sie nichts mehr als ein Mittel, um nicht kalte Füße zu kriegen – für andere ein Lebenswerk. Salvatore Ferragamo hat das Sentiment verkörpert, dass ein Schuh viel mehr ist als das, was man anzieht, bevor man das Haus verlässt. Im Museo Ferragamo kann man nun in seine Fußstapfen treten. Von Raum zu Raum betritt man Etappen seines Lebens und lernt, wie Ferragamo zu einer der gefragtesten italienischen Marken wurde. Formen, Sohlen, bunte Designs und sehr viel Wissen über Anatomie verwandeln die BesucherInnen in ExpertInnen. Ein Frühlings-Wochenendtrip nach Florenz ist für Schuhfans ein Muss. Betreten ohne FerragamoSchuhe an den Füßen auf eigene Gefahr.
„Salvatore Ferragamo 1898 – 1960“, verlängert bis 27. April 2025, Museo Ferragamo, Palazzo Spini Feroni, Piazza Santa Trinita, Florenz, museo.ferragamo.com
Unfuck the World
DO GOOD, LOOK GOOD
Weniger ist mehr – mit diesem Motto sind wir eigentlich in allen Lebenslagen einverstanden. Eigentlich. Bei der Mode haperts ein bisschen. Es gibt einfach zu viele schöne Stücke, die wir in unserem Kleiderschrank wollen. Gut, leben uns Brands wie Thinking Mu vor, dass sich das Motto durchaus mit der Liebe zur Mode vereinen lässt. Beim spanischen Label steht Nachhaltigkeit im Vordergrund. Biofasern ohne Pestizide statt Plastik und möglichst gar kein Abfall sind an der Tagesordnung. Der Star unter den Materialien? Hanf. Die Herstellung der Faser braucht 95 Prozent weniger Wasser als bei der Baumwolle. Die Hanfpflanze selbst nimmt viermal mehr CO² auf als Bäume. Und die Kleidung daraus sieht nicht nur gut aus, sondern fühlt sich auch angenehm an. Eine Win-Win-Win-Situation. thinkingmu.com
It-Piece
UNE BAGUETTE, PLEASE
Überrascht einen unterwegs ein plötzlicher Blutzuckerabsturz, würde ein Bissen ofenfrisches Brot Abhilfe schaffen. Ob das der Grund ist, dass die Taschen
gerade so lang und dünn wie ein Baguette sind, wissen wir nicht. Was wir hingegen wissen: Die Form ist elegant, bietet Platz für allerlei
Wichtiges – nicht nur
langgezogenes Brot –und scheint bei einigen DesignerInnen gerade so hoch im Kurs zu sein, dass die Vielfalt an Modellen fast so groß ist wie die Auswahl beim Bäcker.
New Collection
FEELING BLUE
In unseren Breitengraden ist der Frühling in der Realität nicht exakt so, wie er sich vor unserem inneren Auge abspielt. Statt Picknick im Park und Sonnenbrille gibt es überraschende Platzregen und vielleicht sogar noch eine letzte Runde Schnee. Das dänische Label Samsøe Samsøe kennt die Problematik nur zu gut. Und ist darum ein Vollprofi im Layering. Wer drei verschiedene Wetter am Tag durchmachen muss, ist mit luftig-leichten Tops und der ein oder anderen Jacke gut bedient. samsoe.com
BEAUTY
Make-up Trend
DECISIONS
Entscheidungen sind schwierig. Dabei basiert alles, was wir gerade machen und wo wir uns befinden, auf ihnen. Die scheinbar trivialen Entscheidungen unseres vergangenen Ichs haben uns Freundschaften, Liebe oder auch Kummer bereitet. Bevor uns der Kopf explodiert und wir uns in den Philosophiestudiengang einschreiben aber zum eigentlichen Punkt: Wer sich nicht für einen Lipliner entscheiden kann, oder die passende Farbe noch nicht gefunden hat, nimmt einfach zwei verschiedene.
New Collection
IN BLOOM
Je schneller die Zahl auf dem Thermometer ansteigt, desto stärker wird auch der Wunsch nach einer neuen Frühlingsgarderobe. Wenn der Schrank schon aus allen Nähten platzt, kann
man das Frühlingsupgrade ins Badezimmer verlagern: Abgelaufenes Make-up raus, frische Farben rein. Die Frühjahr-SommerKollektion von Chanel lässt keine Wünsche offen. Lidschatten, Lippen-
balsam und Nagellack in starken Farben und Texturen von matt bis schimmernd sorgen dafür, dass wir jeden Tag einen neuen Look ausprobieren können. chanel.com
„Who wants those gleaming white cosmetically enhanced American teeth?“ Georgia May Jagger
Liebling FARBSTIFTSCHACHTEL
Wer als Kind gerne gemalt hat, hatte bestimmt regelmäßig eine dieser riesigen, mehrstöckigen Farbstiftschachteln auf dem Wunschzettel stehen. Für den teuren Wunsch musste ordentlich Überzeugungsarbeit
New Perfume
KOALA’S FAVORITE
Koalas ernähren sich von nichts anderem, sind dabei sogar noch wählerisch, schlafen darauf – bis zu 20 Stunden am Tag – doch wir wollen lieber danach riechen: Die Rede ist vom Eukalyptus. Der neueste Duft in der Classic Collection von Le Labo, „Eucalyptus 20“, ist eine Hommage an den robusten Baum. Zedernholz, Moschus und Weihrauch ergänzen den frischen Duft, der uns direkt in die Weiten einer endlosen Sandlandschaft transportiert. Le Labo, „Eucalyptus 20“, lelabofragrances.com
geleistet werden: Ja, 100 verschiedene Farben sind nötig, um das eigene künstlerische Potenzial zu entdecken. Nun hat uns der Farbstiftschachteltraum erneut heimgesucht. Dieses Mal brauchen wir uns aber kein Papier dazu
zu wünschen, denn als Leinwand dient unser Gesicht. Die bunten Stifte für Lippen und Augen von Hermès lassen sich in Boxen à vier oder zwölf Stück zusammenstellen. Wie bei den Farbstiften gilt:
Kreativität kennt weder Grenzen noch Regeln. Hermès, „Trait d’Hermès“, Box mit Stiften für Augen und Lippen zum Zusammenstellen, 4 Stifte ca. 220.—, 12 Stifte ca. 660.—, hermes.com
Hair Trend
BÜHNE FREI
Damit unser präzise aufgetragenes Make-up, das wir mit Hilfe von zig Tutorials ins Gesicht gepinselt haben, zur Geltung kommt, muss das Haar für eine Weile nur die Nebenrolle spielen. Mit reichlich Gel wird alles nach hinten fixiert. Der slicked-back-Look zieht bestimmt fast so viele Blicke auf sich wie das aufwändige Make-up.
Unfuck the World
EYE EYE EYE
Den vielen SkincareTrends, die TikTok und Co. fluten, ist neben dem Unterhaltungsfaktor und dem ein oder anderen hilfreichen Tipp vor allem eines gemein: Sie jagen den Plastikkonsum in die Höhe. Vieles, was in verlockender pink-süßer Ästhetik daherkommt, ist leider auch ein Einwegprodukt und somit nicht viel mehr als vermeidbarer Müll. Brauchen wir wirklich bunt gemusterte Eye Patches, die nach ein paar Minuten Einwirk-
zeit direkt im Abfall landen? Vielleicht sehen wir danach etwas wacher aus, aber so richtig wach rüttelt uns der Abfallberg, der sich dank täglichem Gebrauch anhäuft. Die Schweizer Skincare-Marke Iräye sorgt dafür, dass dieser Berg etwas langsamer wächst. Ihre wiederverwendbaren Eye Patches lassen sich bis zu 50 Mal brauchen, bevor sie ausgedient haben. Iräye, wiederverwendbare Eye Patches, ca. 30.—, irayeskincare.com
TRAVEL
The path with no obstacles doesn’t lead anywhere.
Experience
ARCTIC LIVING
Ja, der Winter war viel zu lang und zu kalt und wir können es kaum erwarten, die ersten Blumen zu erspähen. Aber: Das Eis in der Arktis schmilzt rasant. Aktuell liegt die Temperatur am Nordpol etwa zwanzig Grad über dem Durchschnitt. Statt noch mehr Hiobsbotschaften aufzutischen, schlagen wir lieber eine einmalige Reise vor: Die „COMO Journey: Into the Arctic“ bricht im Mai und im Juli auf eine 11-tägige Expedition in die Arktis auf. Die Reise ins Eis startet im norwegischen Städtchen Longyearbyen und führt durch den Svalbard-Archipel. Auf der M/S Polarfront mit dabei ist der Emmy-nominierte Regisseur und NationalGeographic-Fotograf Andy Mann. Mit etwas Glück beobachten die Gäste Eisbären, Walrosse und Wale. Workshops zu Themen wie Wildlife und Nachhaltigkeit bereichern die Erfahrung. Wer jetzt noch immer nicht überzeugt ist: Sauna, Hot Tub und eine luxuriöse Küche an Bord sorgen für genug Wärme zwischen Schnee und Eis. COMO Journey: Into the Arctic, comohotels.com
„I
am Parisian. I don’t love the French.“
Carine Roitfeld
Book
INSIDERS ONLY
Journalist und Autor
Alphonse Karr sagte einst: „Der wahre Pariser liebt Paris nicht, könnte aber niemals irgendwo anders leben“. Nach diesem Motto präsentiert das 368-seitige Werk „Paris by Paris“ die Stadt der Liebe: Sie wird nicht romantisch
verklärt, wie es in der Popkultur geschieht. Rare Bilder und historische Eckdaten zeichnen ein Paris für alle, die mehr als den Eiffelturm sehen wollen. Ariel Wizman, Harold Cobert, „Paris by Paris“, Assouline, ca. 250.—, assouline.com
OVEN AIR
Folgendes gehört ins Gepäck aller Reisenden, ob mehrmonatiges Abenteuer oder WeekendTrip: Kleidung, Hygieneartikel, Reisepass – und ein Pizzaofen. Wer bisher von längeren Expeditionen in die Wildnis abgesehen hat, weil die Schönheit der Natur den mehrtägigen Verzicht auf ofenfrische Pizza nicht kompensieren kann, findet bei Gozney den Retter in der Not. Der neue „Tread“ nennt sich zurecht mobilster Pizzaofen der Welt: In nur 15 Minuten kann er auf bis zu 500°C erhitzt werden. Dank schneller Abkühlzeit kann er nach zwanzig Minuten bereits wieder zusammengepackt werden. Die meisten schaffen es in dieser Zeit nicht einmal, ein Zelt abzubauen. Und wer nach einer Woche alle Pizza-Toppings des Universums getestet hat, kann sich dank dem Temperaturspektrum und der großzügigen Kochfläche auch an aufwändige Pfannengerichte wagen. Gozney, „Tread“, mobiler Pizzaofen, ca. 500.—, gozney.com
Nice to Have
COZY ON THE GO
Wir müssen etwas normalisieren: Die Decke von zuhause überall mitnehmen. Das ist nicht so seltsam, wie es sich anhört. Die Travel
Blankets von Voited sind nämlich eigens dafür gemacht. Sie halten warm nach einer Surfrunde im kalten Ozean, dienen als Picknickdecke im
Wald oder zusammengerollt als Kissen für einen Powernap. Und sehen dazu noch schön aus. voited.eu
Places
FILMREIF
Es gibt eine komplizierte Zauberformel für die perfekte Destination: Das Verhältnis von drinnen und draußen muss stimmen.
Komfort und Luxus müssen sein, aber bitte eingebettet in und mit Weitsicht auf beeindruckende Naturschau-
spiele. Das Juvet Landscape Hotel im Nordwesten Norwegens scheint diese Formel erfunden zu haben. Aus den luxuriösen
Kabinen lässt sich die spektakuläre Landschaft beobachten. Bonuspunkt für Filmnerds: Juvet diente als Location für Alex Garlands Kultfilm „Ex Machina“. Juvet Landscape Hotel Alstad 24, 6210 Valldal, Norwegen, juvet.com
LIVING&DESIGN
We Love
SPIELPLATZ
Gegensätze ziehen sich an. Im Fall von Vetsak und Aspesi kreieren sie ein Sofa, das zuoberst auf unserer Wunschliste steht. Für einmal hat Vetsak die sanften Beigetöne und den Cordstoff links liegen gelassen. Die ultrakomfortable Form des Sofas ist geblieben. Modehaus Aspesi liefert Knallfarben und upcyceltes Nylon. Das Resultat: Ein Zweisitzer, aus dem man kaum mehr aufstehen will, hat man sich einmal hingesetzt. Eine wildere Version der Kollaboration wurde erstmals an der letztjährigen Mailänder Möbelmesse enthüllt. Das etwas weniger bunte, in grün gehaltene Sofa ist nun endlich auch fürs eigene Wohnzimmer erhältlich. Neben dem Sofa gibt es auch Decken und das niedlichste Stück der ganzen Kollaboration: ein Kissen in Form eines bunten Teddybären. vetsak.com
Collaboration
SAMMLERSTÜCK
Es steht in den Sternen, die Planeten haben es vorausgesagt: Im Jahr 1966, als Gino Sarfatti seine ikonische Tischleuchte „Modell 600“ entwarf, wurde das ebenso ikonische Modehaus Bottega Veneta gegründet. Das Beste aus beiden
„All I really want is a three-room house.“
Martha Stewart
Wer ein Refugium der Designer-Extraklasse in der schwedischen Wildnis baut, braucht sich nicht zu wundern, dass Menschen aus allen Ecken der Erde eine Übernachtung buchen wollen. Blöd nur, dass der erste VippShelter des dänischen Designunternehmens gar nicht als Minihotel gedacht war, sondern
als Prototyp und Showroom, um potenzielle KundInnen davon zu überzeugen, sich genau so ein Kabinchen zu kaufen. Der Ansturm war aber so groß, dass es nun tatsächlich sieben buchbare Vipp-Gästehäuser gibt, in Dänemark, Schweden, Italien und Andorra, mit weiteren in Planung. vipp.com
Welten schließt sich nun zusammen in der Neuauflage der Lampe. Farben und Leder mit Signaturmuster kommen von Bottega Veneta, Form und Funktion entstammen dem Modell 600. Das Stück kann als Tisch- oder Stehlampe verwendet werden. Eines ist es immer: Ein Hingucker und das coolste Objekt jedes Wohnzimmers.
Flos x Bottega Veneta, „Modell 600“, Lampe, klein ca. 1'200.—, groß ca. 2'200.—, flos.com
Farbtupfer
NEWS-TALGIC
Bei der multidisziplinären Designerin Tekla Evelina Severin, bekannt als Teklan, steht Farbe im Zentrum jeder Idee. Zu ihren Textilien für Radici gesellt sich eine Musterexplosion. Wer sich wehmütig die Sechzigerjahre her-
beiwünscht und gleichzeitig ein modernes Zuhause will, liegt mit einem Teppich der Newstalgia-Kollektion goldrichtig. Besonders mutige DopaminjägerInnen stellen sich bunte Möbel auf den bunten Boden. radicicarpet.it
LICHT AN
Wo liegt der Unterschied zwischen einer schönen Einrichtung und einer, die einen umhaut? Richtig, in den Details. Wenn es um Inneneinrichtung geht, können diese ganz schön heimtückisch sein. Steckdosen beispielsweise
sind unentbehrlich, aber haben selten ästhetisch motivierte Begeisterungsstürme ausgelöst. Das Designstudio BesauMarguerre, für seine farbenfrohen Produktdesigns bekannt, verwandelt die gewöhn-
lichste Steckdose in ein Mini-Kunstwerk für die Elektrofirma Hager. Die „Two Tone Manufaktur Edition“ verleiht mit knalligen Kontrasten jedem Raum den letzten Schliff. hager.com, besau-marguerre.de
Liebling
WATCHES & JEWELLERY
We Love
CRUSHING
Bevor Gabrielle „Coco“ Chanel zur Stilikone wurde – bevor sie überhaupt ihre eigene Maison gründete fand sie im Stall Inspiration. Das Steppmuster auf den Decken der Pferde ihres Geliebten Etienne Balsan und auf den Jacken der Stallburschen faszinierte sie so sehr, dass Madame Chanel es später für ihre Modekreationen verwendete. Die 2015 ins Leben gerufene Schmuckserie „Coco Crush“ zeichnet sich ebenfalls durch das mittlerweile ikonische Steppmuster aus. Nun erhielt die Serie ein Makeover: Dank einer neuen Pavé-Fassungstechnik erhellen Diamanten die diagonalen Linien. chanel.com –,
„I don’t wear diamond necklaces.“
Nice to Have
FLEURS ÉTERNELLES
Ein schnelles Frühlingsbrainstorming bringt folgendes auf Papier: Ein Picknick im Park, Blumen und endloser Sonnenschein. Mit luxuriösen Steinen wie Diamanten, Rubinen und Saphiren, handwerk-
licher Präzision und Designtalent lassen sich die Notizen in eine Schmuckkollektion verwandeln. Natürlich nicht von uns, sondern vom Vollprofi. Victoire de Castellane hat mit der „Milly Dentelle“-Kollektion
von Dior genauso feinfühlige wie farbenfrohe Stücke kreiert, die man nicht nur im Frühling, sondern zu jeder Saison tragen möchte. Und natürlich hat sich auch die ein oder andere Blume ins Design geschlichen. dior.com
New Collection
INSTANT CLASSIC
Die Funktion einer Uhr bleibt dieselbe, doch was man drumherum baut, kann man jederzeit neu erfinden. Die Cubitus Kollektion von Patek Philippe setzt auf Ecken und Kanten – und Rundungen. Gleich drei neue Gehäuse starten die neue Modellfamilie, die bereits jetzt das Potenzial zum Klassiker hat. Die sportlich-schlanke Uhr überzeugt mit der neuen Funktion des augenblicklichen Anzeigenwechsels von Großdatum, Mondphase und Wochentag. Hierfür hat die Manufaktur ein neues Uhrwerk mit automatischem Aufzug entwickelt – und dafür nicht weniger als sechs Patente angemeldet, unter anderem auf das Energiemanagement für die verschiedenen Anzeigen und ihre gleichzeitigen Sprünge innerhalb von 18 Millisekunden. patek.com
ALLES AUTOMATISCH
Im chinesischen Kalender steht die Schlange 2025 im Mittelpunkt, bei Bulgari tut sie das jedes Jahr. Das Jahr der Schlange schien ein guter Zeitpunkt, die ikonische Serpenti-Uhr noch ikonischer zu
machen. Und zwar, indem man ihr das Kaliber „Lady Solotempo BVS100“, ein völlig neues hauseigenes Automatikwerk, eingebaut hat. Das passt, symbolisiert das schuppige Reptil
doch den zyklischen Rhythmus des Universums und der Erneuerung –so wie sich der Automatikaufzug immer wieder aufs Neue aufziehen lässt. bulgari.com
Egal, wie viel Bling schon am Handgelenk baumelt: Für dieses feine Stück hat es immer Platz.
Liebling
MULTITALENT
Schauspielern, Schreiben, Zeichnen, Modeln, Musik machen – Lou Doillon ist nicht nur die Tochter der legendären Jane Birkin, sondern hat selbst so viel zu bieten, dass wir schon fast ein bisschen neidisch sind. Klar, passt sie perfekt zur facettenreichen „Baignoire“ von Cartier, einer Uhr, die auch als Schmuckstück durchgeht. Ganz im Zeichen der Vielseitigkeit kommt die „Baignoire“ in vier neuen Varianten daher. Ob Miniformat, diamantbesetzte Lünette oder extra voluminöse Proportionen: Ein neuer Favorit ist für alle dabei. cartier.com
AVANT
TIMELESS ELEGANCE REFINED GRACE
Photography: Julia Akmanova
Styling: Monique Finster
Styling Assistance: Lisa Salewski
Art Director: Julia Weber
Hair: Maricella Rubio
Make-up: Alyssa Lewandowski
Post Production: Lera Myagkova
Model: Paula Schuster, Tigers Management
Kleid von NANUSHKA. Ringe von WEMPE.
Kleid von GUCCI. Schuhe von FERRAGAMO. Armreifen von CARTIER.
Kleid von HERSKIND. Rock von DAVID KOMA. Schuhe von FERRAGAMO.
Look
Kleid von ISABEL MARANT. Ring von CARTIER.
Kleid von TL 180. Schuhe von FERRAGAMO. Halskette von WEMPE. Halskette von WEMPE.
Lederjacke von IVY OAK. Minirock von MIU MIU. Strumpfhose von FALKE. Schuhe von AEYDE.
Bluse von DOROTHEE SCHUMACHER.
Mantel von COAT STAND STUDIO. Strümpfe von FALKE. Schmuck von CARTIER.
Kleid von FERRAGAMO. Hose und Schuhe von
Fashion Report
Wer rennt schon den aktuellen Trends hinterher? Wir doch nicht. Trotzdem schauen wir ganz genau hin, was auf und abseits der Laufstege an den Fashion Weeks getragen wird –und wie man die neuesten Stoffe und Schnitte mit der eigenen Persönlichkeit verschmelzen lässt. Während wir uns durch die Bilderflut wühlten, stellten wir fest: Welcher Modetyp man auch sein mag – die DesignerInnen haben für jedes erdenkliche Szenario von Kleidung bis Accessoires das passende Stück bereit, damit man seine ganz eigene Ästhetik kuratieren kann. Unsere liebsten davon haben wir auf den nächsten Seiten gesammelt.
Spring/Summer 2025
Emporio Armani
Redaktion: Nadia Hartzer, Patrick Pierazzoli, Michael Rechsteiner, Josefine Zürcher – Fotos: Launchmetrics
GENDER STUDIES LECTURE
Das Frühlingssemester hat begonnen und du weißt nicht, was du zu deiner ersten Vorlesung in Gender Studies tragen sollst. Dann erinnerst du dich: Susan Sontag hat uns nicht nur beigebracht, was „Camp“ bedeutet, sondern einst auch gesagt, das Schönste an einem männlichen Mann sei etwas Feminines, während die Schönheit einer femininen Frau durch etwas Maskulines vollkommen werde. Ein Konzept, das für die Mode ebenso gilt wie für Gesichtszüge. Männer in Röcken und Frauen in Anzügen? Hot. Diese Saison sieht man besonders viele maskulin geschnittene Anzüge an Frauen – manchmal kombiniert mit typisch weiblichen Stücken wie Miniröcken. Das spielerische Aufbrechen der Geschlechterbinarität funktioniert eben nicht nur im akademischen Kontext.
Enfants Riches
Déprimés
Emporio Armani
Alexander McQueen Kimhēkim
Saint Laurent
Miu Miu
Bottega Veneta
Jil Sander
Prada
Acne Studios
Chloé
Dolce & Gabbana
Giambattista
Valli
Shuting
Kiko
Kostadinov
Sarawong
Fendi
FIRST DAY OF SPRING
Die ersten Sonnenstrahlen haben den Kampf gegen das monatelange Dauergrau gewonnen. Zeit, das Blumenkleid aus dem Winterschlaf zu wecken. Doch dann rotiert Miranda Priestlys Stimme wie ein Mantra im Hinterkopf: Florals? For Spring? Groundbreaking. Mit eiskalter Ironie und vernichtendem Blick hat die Chefredakteurin in „Der Teufel trägt Prada“ klargemacht, was sie von Blumenmustern auf Frühlingsmode hält. Und wir wollen ja beweisen, dass wir Mode auf einem tieferen Level verstehen. Ein Blick auf die Laufstege dieser Saison verrät aber, dass die wenigsten DesignerInnen gleicher Meinung sind. Wenig subtil teilen sie uns mit, was wir am ersten Frühlingstag tragen sollen: Blumenprint. Kleider, Schuhe und Accessoires werden floral eingedeckt. Ob es daran liegt, dass sich der Frühling dank dem Klimawandel immer rarer macht?
Versace
Comme Des Garçons
SPORTS DAY
Die Sonne brennt vom Himmel. Du bist aufgewärmt, vielleicht sogar schon durchgeschwitzt. Es ist Sporttag. Du musst dich aber nicht nur in Disziplinen wie Weitwurf und Sprint beweisen, sondern auch in Stilsicherheit. Die sogenannte Athleisure reicht da nicht aus. Akribisch komponierte Outfits, bei denen das Sportelement bewusst gesetzt wird, müssen her. So darf es gerne auch zu einem Stilbruch kommen, wenn der sportliche Look mit High-Heels abgerundet wird –dann wird’s zwar nichts mit dem Sprint, aber die Mode hat Vorrang. Vielleicht liegt es an der letztjährigen Olympischen Spielen oder an den Gym-InfluencerInnen – Sportkleidung gehört auf den Laufsteg.
Lacoste
Avavav
Iceberg
Dior
Ferragamo
Stella McCartney
FESTIVAL DAY & BAR NIGHT
Im Sommer braucht es Energie: Für Festivaltage und -nächte und Barabende, die sich bis in die Morgenstunden ziehen. Dazu braucht man einen Look, der Tag und Nacht funktioniert. Erfunden haben ihn die Boho-Prinzessin und das Goth Girl, die sich angefreundet haben. Und beste Freundinnen teilen sich den Kleiderschrank, was darin resultiert, dass die sonst eher hellen Stoffe des Bohostils auch in Schwarz daherkommen. Statt ausschließlich zierlicher Elemente gibt es auch mal gröbere Strukturen wie breite Fransen. Wer noch immer nicht weiß, was das jetzt für den Festivallook heißt, braucht nur einen Blick auf die Kollektion von Ann Demeulemeester zu werfen – kaum ein Label setzt die Kombination von zart und zerfetzt so stilsicher um.
Miu Miu
Chloé
Roberto Cavalli
Isabel Marant
Etro
Chanel
Johanna Ortiz
Ann Demeulemeester
Zimmermann
Lacoste
Issey Miyake
Gucci
Fendi
Hermès
Victoria Beckham
Andreas Kronthaler for Vivienne Westwood Ottolinger
Rabanne
GALLERY OPENING
Wer kultiviert ist, geht ins Museum. Und wer die Kunst ehrt, will nicht davon ablenken. Darum greift die kunstgewandte Fashionista am Eröffnungstag der neuesten Ausstellung nur zu einer einzigen Farbe. Am liebsten natürlich zu einer neutralen. Wer jetzt zu gähnen beginnt, hat die Vision noch nicht verstanden. Von Kopf bis Fuß in Schwarz oder Beige gehüllt zu sein, muss keinesfalls langweilig sein. Elegante Schnitte und unterschiedliche Stofftexturen sorgen für genug Aufregung im ansonsten ruhigen Look. Aber niemals für zu viel, denn die Aufmerksamkeit soll nach wie vor den Kunstwerken gelten.
Louis Vuitton Max Mara
AT THE PLAYGROUND
Was hat eine erwachsene Fashionista auf dem Spielplatz zu suchen, abgesehen von Kindheitserinnerungen? Inspiration in Form von kindlichen Motiven, Farben und Mustern. An Accessoires lässt sich das Ganze gut ausleben, denn der letztjährige Trend, seine Tasche mit allerlei Persönlichkeit-ausdrückenden Charms zu schmücken à la Jane Birkin ist noch nicht abgeebbt. Hinzu kommen Cartoonfiguren auf Shirts und verspielte Socken und schon ist die Ernsthaftigkeit meilenweit entfernt. Vielleicht liegt es an der aktuellen Weltlage – statt an der Negativität zu verzweifeln, zaubern die DesignerInnen gute Laune und kitzeln damit unser inneres Kind aus uns heraus. Und wir verabreden uns lieber am Spielplatz statt in der Bar.
Moschino Valentino
Coach
Simone Rocha
Anteprima
ON STAGE
Meist ist es dunkel an einem Konzert, vielleicht sogar neblig. Und alle schauen auf die Bühne und nicht auf dich. Ist die Outfitwahl deswegen egal? Natürlich nicht. Unter KonzertgängerInnen sind die Meinungen zwiegespalten. Die einen finden es peinlich, sich schon fast uniformhaft im Stil der Musik zu kleiden, während andere glatt als Bandmitglied durchgehen könnten. Egal, wo man steht: Musik ist seit Jahrzehnten die Nummer eins Inspiration der Mode und MusikerInnen die beliebtesten Musen. Ohne sie gäbe es den Grungestil nicht, der auch nach Jahrzehnten von DesignerInnen neu erdacht wird, zerrissene Jeans, Karomuster und Metallelemente inklusive.
Junya Watanabe
Alexander McQueen
Masha
Popova
MM6
Maison
Margiela
Ottolinger
Acne Studios
Prada Vaquera
Louis Vuitton
Balenciaga
Laquan Smith
Jil Sander
Alaïa
Chanel
Versace
Valentino
Fendi
Sportmax
ICE CREAM DATE
Reclaiming – so nennt man es, wenn ein ursprünglich negativ behafteter Begriff von der marginalisierten Gruppe, die er betrifft, selbst verwendet wird und somit die beleidigende Wirkung verliert. Warum der soziolinguistische Exkurs? Weil Pastellfarben und typisch mädchenhafte Details wie Rüschen gerne mal belächelt werden. Dabei ist nichts daran peinlich, sich in rosa, hellblau oder buttergelb zu hüllen und sich an filigranen Elementen zu erfreuen. Im Gegenteil: ultrafemininen Looks wohnt eine ganz eigene Stärke inne. Und sie passen perfekt zum Gelati-Farbspektrum. Welche Sorte es sein soll, wählt man am besten anhand der Pastellfarbe, die man gerade trägt – und umgekehrt.
Alexander McQueen Prada
YACHT SUMMER
Den Sommer verbringen wir auf einer Yacht. Vielleicht wird’s auch ein Segelboot. Oder doch nur ein Tretboot – Hauptsache maritime Stimmung. Das Outfit dazu besteht eigentlich aus nichts mehr als einem Bikini, aber soll’s dann doch etwas mehr Stoff sein, liegen wir mit Matrosenstreifen genau richtig. Klassische Muster gehen selten out of style Sie verschwinden zyklusartig in den Hintergrund, werden dort von ihren treuesten Fans nach wie vor geschätzt und getragen, während sie geduldig auf ihren nächsten Auftritt im Scheinwerferlicht warten. Wer nun nicht nur sein altes gestreiftes Top aus der hintersten Schublade kramen will, findet das Muster diese Saison auch auf Röcken und Kleidern. Und nebst dem klassischen Blau-Weiß auch in auffälligen Farben.
Shao
Schiaparelli Max Mara
Burberry
Prada
Dior
BEST STAGE
Wir sind neidisch auf alle, die Real-Life-Tetris mit Louis-Vuitton-Koffern spielen durften. Nur so kann dieser imposante Runway entstanden sein, oder? Die zahllosen Gepäckstücke wurden mitten im ikonischen Cour Carrée du Louvre, einem der bekannten Innenhöfe des Museums, aufgebaut. Viel französischer geht’s nicht.
BEST PROPS
Wir müssen über den Elefanten im Raum sprechen. Überdimensionale Tiergestalten stahlen bei Ester Manas beinahe den Models die Show. Tiere machen eben alles besser, auch Fashionshows.
MAKRO? POLO!
„Nur Security-MitarbeiterInnen und Männer, die nach dem fünften Dry Martini von Security-MitarbeiterInnen aus dem Yachtclub getragen werden müssen, tragen Polohemden. So war das zumindest bislang in meiner kleinen perfekten Welt. Das Polohemd hat wie so viel Elend in dieser Welt – Kriege, die bis heute andauern, Gin und Tonic – seinen Ursprung in der britischen Kolonialherrschaft. Doch erst Tennisprofi René Lacoste machte diesen Piqué gewordenen Vokuhila – business at the top, party downstairs – zum weltweiten ModeAss. Für 2025 wird dem Polohemd als Kronjuwel des anhaltenden Preppy Hypes eine
glänzende Saison prophezeit. Auf Instagram verzeichnet das französische Trendforschungsbureau Heuritech seit letztem Quartal einen galoppierenden Siegeszug des Kurzarm-Klassikers. Derweil erfinden ihn Maisons wie Giorgio Armani, Brunello Cucinelli und Dolce & Gabbana neu: ohne Knöpfe, ohne Kragen und mit diagonalen Streifenmustern. New blood for the Old Money gods. Dank diesen verspielten Varianten schaut man zumindest einen Sommer lang nicht mehr so aus, als könne man den Tod der Eltern kaum erwarten, weil man danach endlich die Fabergé-Eier im Familientresor verscherbeln kann.“
Michael Rechsteiner – Senior Editor
Dolce & Gabbana
THAT’S MY OPINION!
Josefine Zürcher – Editor
„Am liebsten möchte ich meine Meinung und jeden Gedanken, der mir durch den Kopf rast, laut in die Welt posaunen: Wenn wir das Patriarchat überwinden wollen, braucht es jetzt eine möglicherweise gewaltsame Revolution, ‚The Substance‘ ist der beste Film der letzten Jahre, wer 2025 immer noch Fleisch isst, lebt hinter dem Mond – und Skinny Jeans sind immer noch hässlich, auch wenn sie sich den Weg zurück an die Beine der Fashion-It-Girls bahnen. Etwa so würde es klingen, würde ich meine Meinung ungefragt verbalisieren. Blöd, dass ich von Natur aus so ruhig bin, dass ich in jeder Gruppe schneller untergehe als Wal-
ter auf einem Wimmelbild. Gut, eilen mir einmal mehr die Mode und das geschriebene Wort zu Hilfe. Statements müssen nicht zwingend verbal kommuniziert werden. Einige DesignerInnen haben ihre Liebe für Text entdeckt und ihre Stücke mit schlauen bis sinnentleerten Sprüchen oder gar ganzen Textparagraphen garniert. Die kreativsten und amüsantesten Textfetzen findet man bei Moschino und Natasha Zinko. Egal ob sarkastischer Kommentar über Beautystandards, Aufrufe zum Weltfrieden oder einfach Buchstaben, weil Buchstaben eben schön sind: Mehr davon, bitte.“
Letztes Jahr – und noch immer, um ehrlich zu sein – feierten wir den Kopf-bis-Fuß-Denimlook. Auch Diesel zelebriert den blauen Stoff und bewies einmal mehr: Denim is forever. Wortwörtlich, denn die Laufsteg-Kulisse bestand aus 14'800 Kilogramm Denimresten. Diese werden allesamt nach der Show wiederverwendet und umfunktioniert, denn Diesel ist sich der Problematiken der Denimproduktion bewusst und träumt von einer Kreislaufwirtschaft.
BEST STATEMENT
BEST MOMENT
Immer sprinten die DesignerInnen nach ihrer Show für eine gefühlte Viertelsekunde auf die Bühne, sodass man sie verpasst, wenn man genau dann blinzelt. Schön, hat sich Maestro Giorgio Armani etwas mehr Zeit genommen und ließ sich mitsamt allen Beteiligten auf der Bühne feiern. Falsche Bescheidenheit braucht es an der Fashion Week nämlich nicht.
BEST BACKGROUND
Ganz schön mutig, mit dem Eiffelturm zu konkurrieren. An der Avenue de Saxe hatten die ZuschauerInnen nämlich nicht nur freie Sicht auf Stella McCartneys neueste Kreationen, sondern auch auf das Pariser Wahrzeichen.
COLOUR OF COOL
„Schwarz schreit nach Drama, Weiß bettelt um Flecken – Grau? Grau lehnt lässig an der Bar, nippt an einem Negroni und zuckt mit den Schultern. Grau hat nichts zu beweisen. Es ist die Farbe derer, die sich nicht verkleiden müssen, um jemand zu sein. Die ihre Geschichten nicht wie Flyer verteilen, sondern auf die Party gehen und wissen: Wer wirklich spannend ist, lernt mich schon kennen. Grau kann Business-Class oder barfuß am Strand, Kantinen-Chic oder Catwalk. Grau kann auf einer Parkbank dösen und trotzdem nach Mailand aussehen. Grau ist nicht langweilig. Grau ist kein Kompromiss. Grau ist Understatement
mit Augenzwinkern, die Kunst, alles zu sein, ohne sich aufzudrängen. Wer Grau trägt, sagt: Ich könnte schreien, aber ich flüstere. Grau ist Freiheit von den Launen der Modepolizei, die heute Pastell will und morgen Neon. Grau braucht keine Likes. Grau verlässt das Haus ohne Make-up und sieht trotzdem blendend aus. Grau weiß, dass es schön ist. Nicht auf die Instagram-gefilterte Art, sondern wahrhaftig wie ein Berggipfel bei Sonnenaufgang. Wie der Ozean kurz vor dem Sturm. Wie das Haar eines Menschen, der gelebt hat und nichts bereut. Grau ist Schönheit für Fortgeschrittene.“
Patrick Pierazzoli – Editor in Chief
Dior
RETRO-SNEAKER RISING
Nadia Hartzer – Fashion Director
„Die Fashion Week verlangt Gehorsam. Bei der Genny Frühjahr/Sommer 25 Show hallte der Befehl durch das Publikum: ‚Überschlägt die Beine!‘ Sofort schnappte ein Meer aus Louboutins, Manolos und Jimmy Choos synchron in Position. Und dann war da ich – rote Adidas Gazelles, wo eigentlich 12-Zentimeter-So-Kates hätten sein sollen.Das war nicht nur meine persönliche Fußnote in den Highlights der Modewoche – es war ein waschechter FashionCoup. Retro-Sneaker hatten sich ins Luxus-Vokabular eingeschlichen. Und ich war Komplizin. Der Aufstieg der Retro-Sneaker war eine schleichende Übernahme. InfluencerInnen ha-
ben Adidas Sambas, Gazelles und Onitsuka Tigers zum ultimativen #FinishTheLook gemacht. Und DesignerInnen interpretierten für die SS25 Shows klassische Silhouetten neu: Loewes Ballet Runner 2.0, Pradas Mule-Sneaker-Hybrid und Stella McCartneys eleganter Rasant-Sneaker. Mein einst heiliger Schuhschrank – ein Tempel des unpraktischen, obszön überteuerten Schuhwerks – beherbergt nun vier Adidas-Klassiker. Aber machen wir eines klar: Ich kapituliere nicht vor dieser ‚Komfort kann schick sein‘-Bewegung. Das ist ein gefährlicher Abstieg – direkt in Karens Kleiderschrank.“
BEST MOOD
Wer einen Spiegel zerbricht, hat sieben Jahre Pech. Daran glauben wir nicht, denn die Auserwählten, die im Pavillon des Folies mitten in Paris einen Blick auf die opulente Kollektion von Alessandro Michele, der Valentino wieder ordentlich Leben einhaucht, erhaschen konnten, dürfen sich ziemlich glücklich schätzen.
Was für ein Typ! Doch wie sollen wir ihn nennen? Auch bei den Herren ist Mode nicht Jacke wie Hose. Sondern Anlass, ein Statement in die Welt zu tragen. Folgende Looks haben es uns bei ihren Ausflügen über den Laufsteg besonders angetan. So sehr, dass wir für jeden davon den passenden Träger manifestieren. Gentlemen: Wer wagt, der trägt.
BEST MEN’S FASHION
PYJAMA HARAJA
Auf dem Weg ins Bett oder zu den Schaltzentralen der Welt? Warum nicht beides? Wer in Sachen Style ausgeschlafen hat, braucht nur ein perfektes Outfit für den Tag und die Nacht.
SESAME STREET
BOHEMIA
Einst dressten sich so die lässigsten Sidekicks von Elmo und dem Cookie Monster. Heute sorgen verspielte Primärfarbkombis und dominante Kragen erst recht für glänzende Augen.
Zegna
Prada
LEATHER NEPHEW
Künstler Tom of Finland subversierte einst die Ästhetik hypermaskuliner Leather Daddies. Deren Nachkömmlinge sind jetzt von der Leine gelassen – mehr casual, noch immer kinky.
TEA POT CUTIE
Dressen wie ein Nachmittagstee: entspannt und doch elegant. Verspielt-nostalgische Looks wie diese Jacke mit Keramik-Interpretation gießen uns eine große Tasse Wohlfühlvibes ein.
BEACH TOWEL PHANTOM
Wer kein Gespenst auf der Suche nach der besten Strandliege sein will, lässt die Mesh Kapuze unten. Kühl den Rücken herab läuft es auch so mit diesem Sommer-Must-Have.
NECKTIE NINJA
Seit die Krawatte von der Daunenweste als Symbol des oberen Büroetagenspießertums abgelöst wurde, kommt sie wieder raus zum Spielen - je schiefer gebunden, desto besser.
MIAMI VICE FINAL BOSS
TARTAN TARZAN
Du bist soeben den Cops auf dem Jetski entkommen und musst dich jetzt umziehen für den Helikopterflug nach Mexiko? Dann stehen weite Schnitte und Pastell auf deinem Steckbrief.
Zu lange waren Karohemden Uniform von Männern, die man auf Dating-Apps nach links swipet. Doch Tartanstoff stand einst für Rebellion und feiert jetzt ein wallendes Comeback.
Emporio
Armani
Loewe
ATOMIC ALL-STAR
Hauptsponsor? Guter Stil. Sportliche Fits sind auch abseits vom Spielfeld ein Volltreffer. Aber bitte nicht das Trikot vom Regionalmeister, sondern solche kreative Kernspaltungen.
BISTRO CHAIR
ROMEO
So schön, dass wir uns hinsetzen müssen. Raffia ist die softere Schwester von Rattan, so lässt sich das Geflecht perfekt zu robuster und doch leichter Sommerkleidung verarbeiten.
Louis Vuitton
Dolce & Gabbana
POOLSIDE GLADIATOR
COPY ROOM WUNDERKIND
Life is Shorts. Und diese tragen Männer jetzt wieder so kurz, als hätten sie das Paar vom Spind einer Hooters-Kellnerin. Athletisch und leger, wie Zehnkämpfer beim Sonntagsbrunch.
In unserem Märchen erweckt die Rezeptionistin ihren Schreibtisch durch einen Kuss zum Leben. Und dieser Prinz trägt jetzt den perfekten Mix aus Utility Wear und Oversize Suit.
Gucci
Moschino
Gesicht der Neunzigerjahre: Pamela Anderson als Kopfgeldjägerin in „Barb Wire“.
BOMBSHELL
Als Kind wollte sie entweder Nonne oder Showgirl werden –wegen der Kostüme. Stattdessen stieg Pamela Anderson zum größten Weltstar der Neunzigerjahre auf. Und trug als Verkleidung ein höfliches Lächeln, als die Öffentlichkeit über sie geiferte und gackelte. Inzwischen lebt Pam wie eine Nonne und ist für ihren neuen Film doch noch Showgirl geworden. Happy End? Nein, ein Neuanfang.
Text: Michael Rechsteiner
Während andere noch in der Maske sitzen, schnappt sich Pamela an den Fashion Weeks einen Front-RowSeat nach dem anderen.
Meist strahlt sie mit der Sonne von Malibu um die Wette: Mit Ex-Gatte Tommy Lee (oben), Ex-Boyfriend Bret Michaels (links), als Rettungsschwimmerin CJ in „Baywatch“ und neuerdings ganz natürlich an den BAFTA Awards 2025 (unten).
Was ist das absolute Gegenteil von einem Strand in Malibu? Offensichtlich: ein Internetforum, das dem 96-jährigen Linguistik-Professor und Kapitalismuskritiker Noam Chomsky gewidmet ist. Genau dort beginnen wir deshalb unsere Geschichte über Pamela Anderson. Oder „Comrade Anderson“, wie die Schauspielerin von den r/ chomsky-UserInnen respektvoll betitelt wird, wenn sie mal wieder den greisen Antiimperialisten öffentlich zitiert hat. Denn eben dort, im absoluten Gegenteil von einem Strand in Malibu, schillern die spannendsten Facetten von Pamela Anderson. Ein Hollywoodstar, der auf Bühnen mit dem Philosophen Srećko Horvat oder dem ehemaligen Finanzminister Griechenlands und marxistischen Ökonomen Yanis Varoufakis über europäische Politik referiert. Ein Playboy-Model, das WikiLeaks-Gründer Julian Assange regelmäßig im Londoner Gefängnis besuchte und – echt jetzt? – vor 15 Jahren erfolgreich bei Wladimir Putin ein Importverbot von kanadischen Babyrobben-Pelzen erwirkte. Alles, ohne dass ihr dabei die Kamera in Zeitlupe aufs Dekolleté filmte.
HOHE WELLEN
Beim Namen Coca-Cola taucht in unseren Köpfen gleich das Bild einer roten Dose mit weißem Schriftzug auf. Bei Pamela Anderson? Für die meisten: ein roter Badeanzug mit blonder Mähne. Durch das TV-Phänomen „Baywatch“ wurde die damals 22-Jährige rund um den Globus ebenso berühmt wie das Süßgetränk. In 140 Länder warfen „Die Rettungsschwimmer von Malibu“ am Bildschirm ihre Bojen aus. Woche für Woche schnappten 1.1 Milliarden ZuschauerInnen nach Luft, wenn die kalifornischen Hard Bodies ins Meer hetzten, weil jemand nach dem Essen nicht 30 Minuten gewartet hatte, um ins Wasser zu gehen. Ob an den Fliesentischen von Bad Oeynhausen oder in den Hängematten von Isla Ratón wurde die sonnengeküsste Kanadierin zum Inbegriff des All American Products – wie Coca-Cola eine zur Perfektion kalibrierte Künstlichkeit.
SKANDALFLUT
Wären Silikon-Witze Aktien, dann hätten wir in den Neunzigern täglich „Kaufen!“ in unser backsteingroßes Nokia gerufen und Pamela Anderson jede Woche einen Früchtekorb geschickt. Verschwitzte Radio- und Fernsehmoderatoren auf fünf Kontinenten erlaubten sich viel zu intime Fragen und viel zu geschmacklose Kalauer über ihren Körper. Pam lächelte die Dreistigkeiten gekonnt hinweg, kokettierte mit dem Image des Wasserstoffblondchens und kuratierte die eigene Freizügigkeit gekonnt –bis ein Handwerker private Videobänder aus ihrer und dem damaligen Ehemann Tommy Lees Villa stahl und daraus ein Sextape zusammenschnitt. Die intimen Auf-
THE LAST SHOWGIRL
Lichterlöschen in Las Vegas: Im Glücksspiel-Moloch schließt die Cabaret-Show „Razzle Dazzle“ seine Samttore. Damit steht Shelly (Pamela Anderson), die drei Jahrzehnte lang auf der Bühne mit den Augen zwinkerte, vor dem Nichts. Gefangen zwischen einer Zukunft voller Ungewissheit und einer Vergangenheit voller Reue versucht das Showgirl, nicht seine letzten Federn zu lassen und sich in der Glitzerstadt ein letztes Mal durchzuschlagen.
Regisseurin Gia Coppola –Enkelin von Francis Ford Coppola, Nichte von Sofia Coppola – beschert mit dem Filmdrama der Hauptdarstellerin Pamela Anderson ihren künstlerischen Karrierehöhepunkt.
„The Last Showgirl“ von Gia Coppola, mit Pamela Anderson, Dave Bautista u.a., ab 20. März im Kino.
nahmen verbreiten sich im Internet in einer Viralität, wie es – nun ja – ein Modem im Jahr 1997 zuließ. (Im selben Jahr wurde übrigens die knapp 50 mal schnellere Wi-FiTechnik lanciert. Zufall? Oder notgeile WissenschaftlerInnen, die plötzlich Überstunden einlegten?) Bis heute soll das Video über 100 Millionen Dollar Umsatz generiert haben – und keinen Cent davon für Anderson und Lee, auch wenn sich bis heute Verschwörungstheorien darum ranken, das Paar habe den Skandal inszeniert und damit Kasse gemacht:
ERFOLGSEBBE
Der Irrtum, dass eine Frau, die sich einst für den Playboy ausgezogen hat, damit auch dauerhaft ihr Recht auf Intimsphäre ablegt, begleitet Pamela Anderson bis heute. In den Jahren nach der Sextape-Affäre geriet ihre Laufbahn auf Talfahrt. Olli Pocher winkte Anderson als Stargast für die erste deutsche Ausgabe von „Promi Big Brother“ in den Wohncontainer, in dem Karrieren sonst sanft ins Krematoriumsfeuer geschoben werden. Selbst Pam gefror dabei das höfliche Lächeln im Gesicht. Doch während das Scheinwerferlicht abzukühlen schien, entflammten in Anderson andere Leidenschaften, auf die sie jetzt ihre Energie fokussierte: Tierschutz, politischer Aktivismus und: das Schreiben. Zwei Romane, eine Autobiografie sowie ein Kochbuch hat Pam bislang veröffentlicht, auf Substack unterhält sie zudem einen Blog mit wöchentlichen Updates.
NEUER TIEFGANG
Wenn Hollywood-Schauspielerinnen ihren 40. Geburtstag feiern, war das die vergangenen Jahrzehnte ein wenig so, als würde man die Zweitplatzierte einer „Bachelor“-Staffel ins „Promi Big Brother“-Haus abstoßen: der Anfang vom Ende. Doch manches wird in dieser Welt auch besser. Jene Frau, die auf dem Höhepunkt ihrer Berühmtheit wie keine andere auf vermeintliche Künstlichkeit reduziert wurde, wird jetzt für ihre Kunst zelebriert. 2022 gab Anderson ihr erfolgreiches Broadway-Debüt im Musical „Chicago“. Für das Filmdrama „The Last Showgirl“ nominierten sie die Golden Globes und Screen Actors Guild Awards als beste Hauptdarstellerin. Und das Zurich Film Festival zeichnete die 57-Jährige für ihre Leistung mit dem Golden Eye Award aus. Den Glanz hat Pamela Anderson zurückerobert. Auf den Glamour verzichtet sie inzwischen freiwillig: Seit 2023 tritt Pam konsequent ohne Make-up in die Öffentlichkeit und wohnt mit ihren Hunden im kanadischen Küstenstädtchen Ladysmith auf der Farm, wo sie einst aufgewachsen ist. Als Rettungsschwimmerin rettet sie dort niemanden am Strand von Malibu. Aber als Aktivistin vielleicht ein kleines bisschen die Welt.
WAVELENGTH DRIFT & DREAM
Hoch auf einer Klippe im portugiesischen Fischerdörfchen Ericeira liegt das Designhotel Aethos Ericeira.
Den Puls einmal so richtig runterfahren, um ihn dann beim Surfen zwischen hohen Wellen wieder hochzujagen: So verbringen wir unsere Tage im Aethos Ericeira direkt an der portugiesischen Atlantikküste. Adrenalinjunkie sein ist aber kein Muss. Der Spabereich, eine hauseigene Bar und luxuriöse Zimmer mit Meerblick erlauben Entspannung ohne Ende.
Was einmal ein Bauernhaus war, erfreut nun Surfprofis ebenso sehr wie FreundInnen des Designs.
Text: Josefine Zürcher Fotos: Francisco Nogueira
Den Atlantik kennt man als wilde, unzähmbare Wassermasse, in die sich nur die Vollprofis mit ihren Surfbrettern trauen. Im Aethos Ericeira in Portugal sind aber weder Surfboard noch Schwimmabzeichen Pflicht. Das endlose Blau lässt sich auch aus der Ferne bewundern. Aus den raumhohen Fenstern des renovierten Gebäudes hat man den Ozean stets im Blick – dank der Lage hoch auf einer Klippe. Wem ein Sprung in die kalten Strömungen des Atlantiks zu riskant ist, offeriert der Pool die perfekte Simulation: Geheizt und mit Salzwasser fühlt man sich darin fast wie im offenen Meer – minus hohe Wellen und Sand. Möchte man im Urlaub doch zum Surfprofi werden, bietet das Hotel Gruppenlektionen und Privatstunden an. Ein Ausflug zum gut eine Stunde entfernten Surf-Mekka Nazaré steht ebenfalls auf dem Programm – dort bleibt man dann aber besser nur ZuschauerIn.
MASSGESCHNEIDERTE ENTSPANNUNG
Wellness wird im Aethos Ericeira groß geschrieben – draußen und drinnen. Im Indoor-Spa wartet ein Hamam, während man aus der Outdoor-Sauna die Wellen beobachten kann. Ist das dann zu viel Ruhe und Relaxation, lockt das Gym mit der nächsten Sweat-Session. Während diese Angebote nichts Unübliches sind für ein Luxusresort, setzt das Aethos noch einen drauf: Wer Lust auf ein richtiges Retreat hat, aber nicht weiß, was das beinhalten soll, füllt auf der Website ein Formular aus. Schon flattert einem ein Vorschlag für ein personalisiertes Retreat in den virtuellen Briefkasten. Im Wechsel zwischen Relaxen und Aktivitäten darf man eines nicht vergessen: Kulinarik. Im Aethos gibt es ein hauseigenes Restaurant und eine Bar, die das Motto „shareable, sustainable, seasonal“ zelebrieren. Bauernhöfe aus der Umgebung liefern frisches Gemüse und die Meeresfrüchte entstammen den Fischerbooten vom nahegelegenen Hafen von Peniche.
AETHOS ERICEIRA HOTEL
Je mehr Hürden einem im Weg stehen, desto grandioser wird das Endresultat. Für das Boutique Hotel Aethos Ericeira scheint dies das Motto gewesen zu sein. Was jetzt so modern daherkommt, entstand durch die Renovation eines ehemaligen Bauernhauses, das sich auf geschütztem Gebiet befindet. Trotz zahlreicher Einschränkungen gelang es dem ArchitektInnenteam, ihre Vision umzusetzen. So nahm die Natur keinen Schaden und ein Teil des ursprünglichen Gebäudes wurde bewahrt. Form und Farbe lassen das Hotel mit der Umgebung verschmelzen. Dank der Lage auf einer Klippe ist der Atlantikblick garantiert. Aethos Ericeira R. da Estalagem, 2640-255 Encarnação, Portugal aethos.com
COMEBACK KIT
Traumpaare sind für immer. So wie Louis Vuitton und Takashi Murakami. Vor 20 Jahren lancierte die Maison mit dem japanischen Künstler eine Kollektion, die zur Stilikone wurde. Mit einer exklusiven Re-Edition werden die Taschen, Koffer und Accessoires jetzt neu aufgelegt. Schauspielerin Jeanne Goursaud hat für uns gepackt und trägt dazu Kleidung der Women’s Ready-to-Wear Silhouette Linie von Louis Vuitton.
Christopher Puttins
Photography:
Talent: Jeanne Goursaud
Styling: Alexander Huber
Make-up & Hair: Tobias Sagner
Production: Julia Gelau
Fashion: Louis Vuitton, WRTW Silhouette
Accessoires: Louis Vuitton x Murakami Re-Edition
HARD HITTING
Jeanne Goursaud ist ein Shooting Star. Weil es zurzeit mit ihrer Film- und TV-Karriere steil nach oben geht. Aber auch, weil sie am Bildschirm bestens mit einer Knarre umgehen kann. Beispielsweise in der Hit-Serie „Pax Massilia“ oder demnächst im Netflix-Film „Exterritorial“. Dort spielt sie eine Soldatin, die ein US-Konsulat auf den Kopf stellt, um ihren Sohn zu finden. Für uns hat sie Zeit gefunden, diese Fragen zu beantworten. Schießen wir los.
FACES: Erinnerst du dich an deinen ersten Kinobesuch?
Jeanne Goursaud: Absolut! Ich glaube, es war „Der König der Löwen“ – eine Wiederholung in einem Kinderkino. Und ich war emotional völlig unvorbereitet. Ich kam fröhlich ins Kino und verließ es mit einem Trauma namens Mufasa.
F: Gab es eine Filmfigur, die dich zur Schauspielerei inspiriert hat? Oder eine, die dir von klein auf in Erinnerung geblieben ist?
JG: Ich hatte eine Phase, in der ich felsenfest davon überzeugt war, ich sei Mulan. Ein bisschen Kick-Ass-Energie, eine Prise Rebellion – ich war bereit, mein imaginäres Kaiserreich zu verteidigen.
F: Wann weißt du beim Lesen eines Drehbuchs, dass dieses Projekt zu dir passt?
JG: Wenn ich beim Lesen vergesse, dass ich eigentlich auf der Couch liege und plötzlich das Bedürfnis habe, aufzustehen und die Szene zu spielen – oder wenn ich laut lache und mich dann frage: „Okay, ist das im Skript witzig oder einfach nur meine seltsame Art von Humor?“ Und natürlich, wenn mich die Szenen berühren und ich so tief in der Geschichte drin bin, dass ich sie vor meinen Augen sehe.
F: Was waren bei Dreharbeiten die bislang körperlich und emotional herausforderndsten Momente in deiner Karriere?
JG: Körperlich: Jede Szene, in der ich eine enge Corsage tragen musste. Leute, die Mode des 18. Jahrhunderts war ein persönlicher Kampf gegen die menschliche Lunge. Essen ist auch schwierig! Oder aber bei „Barbarians“ für Netflix. Hier sind wir im Jahre 9 vor Christi. Die Menschen haben noch nicht viel gehabt, um sich zu wärmen außer Feuer und Pelz. Sechs Monate lang bin ich im ungarischen Winter auf Ledersocken durch den Wald gerannt (lacht). Emotional: Szenen, in denen du als Schauspielerin in dunkle, verletzliche Ecken deiner Seele vordringen musst – und dann kommt jemand und ruft: „Können wir das nochmal machen, aber mit mehr Licht von links?“
F: Welche persönliche Eigenschaft ist dir besonders hilfreich bei deinem Job?
JG: Neugier. Ich liebe es, mich in neue Rollen, neue Welten und neue Charaktere einzuarbeiten – das macht Schauspielerei so spannend und man entdeckt auch unterschiedliche Facetten an sich selbst.
F: Und welche Eigenschaft steht dir vielleicht manchmal eher im Weg?
JG: Perfektionismus. Manchmal wäre es schön, einfach zu sagen: „Okay, das war gut so“. Ich war aber schon immer hartnäckig und zielstrebig. Das hat mich vielleicht auch dahin gebracht, wo ich heute bin.
F: Wie vertreibst du dir am liebsten die Wartezeit auf dem Set?
JG: Mit Essen. Immer mit Essen. Und wenn ich nichts zu essen habe, rede ich über Essen (lacht).
F: Was ist die beste Erholung nach anstrengenden Dreharbeiten?
JG: Ein gemütliches Outfit, ein leckerer Teller Pasta – schon wieder essen (lacht). Sport und Sauna oder eine gute Freundin treffen. Eine Freundin, mit der ich so eng bin, dass wir uns einfach nur zuhause bei einander fühlen und nicht einmal reden müssen.
F: Mit welchem Film- oder Serienklassiker kannst du so gar nichts anfangen?
JG: Da fällt mir nichts wirklich ein gerade... Mir fällt es aber schwer, Kriegsfilme zu schauen, weil sie mich so unendlich traurig machen. Auch wenn sie gut sind. Und wichtig. Nach „Schindlers Liste“ kann ich den ganzen Tag mit mir selbst auf jeden Fall nichts mehr anfangen.
F: Hast du schon mal was von einem Filmset mitgehen lassen?
JG: (lacht) Ich frage ganz oft, ob ich ein paar Outfits behalten kann. Oder einmal eine „Wolfszahnkette“, das war beim „Barbarians“-Dreh als Souvenir! Ich habe bestimmt von jedem Projekt mindestens eine Sache zuhause. Am meisten Unterwäsche, die habe ich „mitgehen lassen“ ohne zu fragen. Ich habe bestimmt 20 unterschiedliche hautfarbene Wärme-Unterwäsche vergessen zurückzugeben, weil ich sie nach einem kalten Drehtag einfach angelassen habe.
F: Auftritte auf dem roten Teppich: Stress oder Spaß?
JG: 50% Spaß, 50% „Hoffentlich bleibe ich nicht mit dem Absatz im Kleid hängen und sorge für einen peinlichen Moment“ und hoffentlich sehe ich nicht „stiff“ aus. Es ist schwierig, relaxed und schön zu stehen auf dem Teppich.
F: Was hättest du gerne immer mit dabei, doch leider ist kein Platz in deiner Tasche?
JG: Einen Kamin (lacht). Ist nur leider nicht handtaschenfreundlich. Ich bin ein totaler Feuer-Freak. Ich liebe Kamine. Ich habe einen „falschen“ Kamin zuhause, den ich auchvon Zimmer zu Zimmer tragen kann (lacht). Ansonsten hätte ich gerne meine Familie und Freunde natürlich immer dabei.
F: Auf welches Modeaccessoire kannst du nicht verzichten?
JG: Ohrringe! Ohne sie fühle ich mich irgendwie... unvollständig. Oder meine Ringe. Den einen, den ich immer trage, habe ich von meinem Vater geschenkt bekommen.
F: Was würdest du privat niemals tragen?
JG: Röhrenjeans. Die Antwort heißt ganz klar Röhrenjeans!
F: Wie lautet der beste Styling-Tipp, den du dir je zu Herzen genommen hast?
JG: „Wenn du dich nicht wohlfühlst, sieht es auch nicht gut aus.“ Und es stimmt! Es macht einfach was mit der Ausstrahlung.
F: Gibt es Fotos aus deinen Teenagerjahren, bei denen du denkst: „Oh wow, was hab ich mir bloß bei diesem Outfit gedacht?“
JG: Unzählige. Die 2000er waren einfach ein Jahrzehnt voller modischer Fehltritte. Enge Röhrenjeans mit GlitzerBestickungen? Schuldig im Sinne der Anklage. Ich hatte sogar eine, die ich mir auf dem Hamburger Dom gekauft habe, mit einem „Glitzer-Arschgeweih“ hinten drauf. Die habe ich leider irgendwann in meiner Tasche in einem Taxi in Paris verloren. Ich habe den ganzen Tag geweint. Im Nachhinein bin ich froh! Oder meine Eltern haben es mich glauben lassen und das Ding extra im Kofferraum gelassen (lacht). Die fanden die Hose nämlich natürlich auch schrecklich.
F: Hast du ein Kleidungsstück oder Accessoire, mit dem du eine ganz besondere Erinnerung verbindest?
JEANNE GOURSAUD
Babsirella, „Barbarians“, Badass: Jeanne Goursaud überzeugt in jeder Rolle. Die Tochter deutscher und französischer Eltern hat in den vergangenen zehn Jahren eine internationale Schauspielkarriere hingelegt, die sie vor die Kamera von Regisseur Clint Eastwoods führte („The 15:17 to Paris“) und zum Star diverser StreamingErfolge machte („Barbarians“, „Pax Massilia“, „Para –Wir sind King“). In ihrem neuen Film „Exterritorial“ auf Netflix kämpft Jeanne sich im weißen Unterhemd durch feindliches Territorium. Und das ist nicht nur für Fans von Bruce Willis in „Die Hard“ wie ein frühes Weihnachtsgeschenk.
JG: Schmuck, den ich von Familie oder Partnern geschenkt bekommen habe. Es gibt für mich nichts Wertvolleres als Erinnerungen. Und sie mit mir zu tragen.
F: Welches Vorurteil über Deutschland findest du kompletten Unsinn? Und welches über Frankreich?
JG: Deutschland: Dass wir keinen Humor haben. Wir haben einen, er ist nur... speziell. Frankreich: Dass alle Franzosen immer mit einem Baguette unterm Arm herumlaufen. Okay, manche schon – aber das ist eher ein Lifestyle als ein Klischee.
F: Was hoffst du, in den nächsten zehn Jahren zu erreichen?
JG: Spannende Rollen spielen, die mich herausfordern. Zu 90% glücklich und gesund zu sein! Und vielleicht endlich lernen, wie man eine Pflanze am Leben hält. Sehr schwierig beim Herumreisen.
F: Über welches Kompliment hast du dich zuletzt gefreut?
JG: Jemand meinte, ich hätte eine „ansteckende Energie“. Ich hoffe, das war positiv gemeint (lacht)!
INTIMATE LOVE LOSS LIFE
Fotos: Kate Sterlin
Wo schwerelose Kindheit auf das harte Erwachsenenleben trifft. Aus „Still Life“ von Kate
Sterlin, herausgegeben von Anthology Editions.
Ein Weihnachtsdinner ohne emotionale Konflikte? Gibt’s höchst selten. Aus „Still Life“ von Kate Sterlin, herausgegeben von Anthology Editions.
Augen zu und fühlen. Aus „Still Life“ von Kate Sterlin, herausgegeben von Anthology Editions.
Wo Liebe, Intimität, Tod und Trauer die Gefühlswelt beherrschen, hat eine Kamera im Normalfall wenig verloren. Außer, man hat wie Kate Sterlin über Jahrzehnte den einfühlsam-dokumentarischen Blick perfektioniert. In ihrem ersten Buch „Still Life“ zeigt sie anhand von Fotografien und Texten nicht nur, wie vielschichtig Liebe ist, sondern auch, dass sie abseits von Romantik eine zentrale Rolle in der Familie und Freundschaft spielt.
Der Blick vermittelt mehr als Worte. Aus „Still Life“ von Kate Sterlin, herausgegeben von Anthology Editions.
Liebe und Nähe erscheint in verschiedenen Formen. Aus „Still Life“ von Kate Sterlin, herausgegeben von Anthology Editions.
Unterschiedliche Generationen vereint.
Aus „Still Life“ von Kate Sterlin, herausgegeben von Anthology Editions.
Familie bedeutet auch, sich festhalten zu können. Aus „Still Life“ von Kate Sterlin, herausgegeben von Anthology Editions.
„LIEBE IST BRUTAL UND EXQUISIT“
Kate Sterlin, für einmal vor statt hinter der Kamera.
In der Schule hat Kate Sterlin die Dunkelkammer auf eigene Faust entdeckt. Mit intimen Porträts ihres Vaters begann sie, ihren puristischen und dokumentarischen Stil zu entwickeln. Im Interview erzählt sie, wie sich ihre Definition von Familie im Laufe der Jahre verändert hat, was die Fotografie und das Schreiben verbindet und warum das Thema Rassismus allgegenwärtig ist.
Interview: Josefine Zürcher
FACES: Du fängst Liebe und damit verbundene Emotionen ein, also müssen wir als erstes fragen: Was ist Liebe?
KATE STERLIN
Wahres Talent braucht keine teure Ausbildung: Kate Sterlin hat ihr erstes Foto in der Schule alleine in der Dunkelkammer entwickelt – ohne Instruktionen. Persönliche Porträts ihres Vaters setzten den Startschuss für ein umfassendes Werk an dokumentarischer Straßenfotografie und intimer Porträtfotografie. Fragen nach ethnischer Zugehörigkeit und Rassismus verarbeitet sie in Text und Bild. Nach vielen Jahren in New York lebt sie derzeit in Los Angeles. katesterlin.com
Kate Sterlin: Liebe ist ewig, Zeit hingegen ist flüchtig. Liebe ist brutal und exquisit – es ist das Leben, das dazu führt, dass sie nicht immer funktioniert. Und wenn es nicht klappt, heißt das nicht, dass es keine Liebe war. Sie kommt in vielen Formen daher und man kann sie weiterhin mit sich tragen, mit dem Gedanken, dass es „wahre“ Liebe war.
F: Und weil Familie eine zentrale Rolle in deinem Buch „Still Life“ spielt: Was bedeutet Familie für dich?
KS: Ich wuchs in einer fünfköpfigen Migrantenfamilie auf, die ständig von Ort zu Ort zog. Familie fühlte sich stark, aber klein und allein an. Jetzt empfinde ich Familie auf eine andere Weise. Ich habe gelernt zu verstehen, was sie in diesem verrückten Leben für mich bedeutet. Es sind die Menschen, die mir nahe stehen und für alles da sind, was passiert. Mit 21 Jahren habe ich mit meiner Tochter, meinem Sohn und meinen Stieftöchtern eine eigene Familie gegründet, die immer noch meine Welt ist. Außerdem habe ich eine Verbindung zu meiner lange verlorenen Familie väterlicherseits hergestellt, was sich wie eine Art Wiedergutmachung anfühlt und mir ein neues Verständnis von Erbe und Ähnlichkeit vermittelt.
F: Liebe ist automatisch mit Verlust und Traurigkeit verbunden, was du in „Still Life“ ebenfalls zum Ausdruck bringst. Ist unser Blick auf Liebe und Intimität zu eng? Wolltest du eine andere, bisher ungesehene Version dieser Gefühle zeigen?
KS: Kurze Antwort: Ja. Unsere Vorstellung von Liebe ist kulturell auf romantische LebenspartnerInnen ausgerichtet. Dabei glaube ich, dass es ziemlich einfach ist, sich auch in FreundInnen zu verlieben. Manchmal sind die Grenzen dieser Nähe verschwommen. Die Liebe kann lebensverändernd und kraftvoll sein, wenn man sie zulässt. Die Schichten und Varianten der Liebe formen uns und machen uns interessant.
F: Du fängst mit deiner Kamera intime Szenarien und Gefühle ein. Fühlt sich das manchmal voyeuristisch an?
KS: Ja. Das Leben in seiner reinsten Form zu dokumentieren ist ein Kampf zwischen Anwesenheit, Stille und der Frage, warum ich da bin und ob ich vielleicht nicht da sein sollte.
F: „Still Life“ ist dein erstes Buch. Auf welche unerwarteten Hürden bist du im Entstehungsprozess gestoßen?
KS: Ich bin mit einer voll ausgearbeiteten Idee in diesen Prozess gegangen. Dann ging es darum, so weit loszulassen, dass ich den Bearbeitungsprozess und das, wohin er führen könnte, annehmen und schätzen konnte.
„Mit meiner Leica M6 bin ich für immer verheiratet.“
F: Das Cover von „Still Life“ ist in Farbe, während alle anderen Fotos Schwarz-Weiß sind. War das eine bewusste Entscheidung? Warum hast du dich auf Schwarz-Weiß konzentriert?
KS: Die meisten meiner Arbeiten sind Schwarz-Weiß. So sehe ich – in Form und Licht. In einer der früheren Versionen des Buches hatte ich ein paar Bilder in Farbe drin, aber Jesse Pollock von Anthology, der mit mir zusammen das Buch herausgegeben hat, sah es immer als Schwarz-Weiß-Buch. Er hatte so recht! Ich hatte das Titelbild schon immer geliebt und es in meinem Atelier über meinem Schreibtisch aufgehängt. Irgendetwas an dem Titel und dem Ton des Buches mit den Geschichten von Liebe und Verlust im Kontrast zu den beiden sich umarmenden Bräuten, den satten Rosatönen, dem Blumenstrauß, war so anders, dass es Sinn machte.
F: Nebst der Fotografie schreibst du auch. Wie unterscheiden sich die beiden Kunstformen und wie sind sie ähnlich?
KS: Beim Fotografieren bin ich im Raum, ein paar Meter entfernt hinter der Linse, und beim Schreiben stehe ich quasi davor.
F: Gehören Schreiben und Fotografieren für dich zusammen? Was kannst du mit Bildern ausdrücken, das du mit Worten nicht kannst und umgekehrt?
KS: Ich liebe beides gleichermaßen und aus unterschiedlichen Gründen. Die beiden Kunstformen sind verwandt und beide erzählen Geschichten. Mit Bildern dokumentiere ich eine Geschichte, die mit mir oder ohne mich stattfindet. Ich sehe es als Privileg, sie aufzuzeichnen, ohne zu stören. Bei Porträts geht es darum, einen Ort des Vertrauens zu erreichen, an dem wir beide genug loslassen können, um den Moment zu transzendieren –frei zu sein. Beim Schreiben geht es eher darum, die Erinnerung zu erforschen und dann zu versuchen, darüber zu berichten. In gewisser Weise bewahren beide die Zeit, aber es gibt eine Unschärfe in der Erinnerung, die man bei Bildern nicht hat. Letztendlich möchte ich, dass meine Bilder eine Geschichte ohne Worte erzählen. Meine geschriebenen Geschichten sollen filmisch sein und bei den LeserInnen Bilder und Erinnerungen hervorrufen.
F: Die Fotografie trägt viel dazu bei, was wir in unserer Gesellschaft sehen. Wovon müssen wir mehr sehen?
KS: Das ist eine schwierige Frage – aber eine gute! Kulturell gesehen wurde uns in Amerika das Gefühl für die Geschichte, wie sie dokumentiert und erzählt wurde, geraubt, so dass es viel zu reparieren und neu zu erzählen gibt. Darum brauchen wir mehr Bilder von Schwarzen FotografInnen in Amerika – und um Amerika global zu repräsentieren. Verlernen und Umlernen kann
durch Kunst und Geschichtenerzählen aus einer authentischen Quelle geschehen.
F: Warum ist die Fotografie noch immer ein männerdominiertes Feld?
KS: Weil das Patriarchat noch immer am Leben ist – und es ihm sehr gut geht.
F: Wie verändert ein weiblicher Blick die Fotografie?
KS: Jeder authentische Blick aus einer Linse, durch die zu schauen wir uns nicht gewöhnt sind, ist wichtig in einem Medium, das für Ausbeutung bekannt ist.
F: Wie beeinflusst deine Erfahrung als Frau und als Person of Color deine Fotografie? Was siehst du, was andere nicht sehen?
KS: Ich konzentriere mich auf die Menschen, die mir nahe stehen und auf das Leben, das um mich herum stattfindet. Kürzlich habe ich dokumentiert, wie ich meine Mutter pflegte. Eigentlich aus Gewohnheit, aber ich merkte, dass es ein Weg war, die Enormität dessen, was ich erlebte, zu verarbeiten. Ein paar Monate nach ihrem Tod bat mich meine Freundin, ein Porträt ihrer 99-jährigen Mutter zu machen, bei der sie lebt und die sie pflegt. Ich bin dabei, daraus eine Fotostory über Töchter und Mütter zu entwickeln. Über Liebe und die Herausforderung, genug Energie zu haben, um die Pflege aufrechtzuerhalten. Über die Verpflichtung, die eigenen Eltern durch die Reise des Verfalls und des Sterbens zu begleiten – die unerbittliche Aufgabe, die damit verbunden ist. Der Gedanke, dass es, egal was passiert, nicht besser, leichter oder weniger schmerzhaft wird. Aber man kann Schönheit und Erfüllung in einigen der sich langsam bewegenden Momente finden, bevor sie im Schatten der Trauer untergehen.
F: Du setzt dich in deiner Fotografie auch mit Rassismus auseinander. Wie hat sich der Diskurs da in den letzten Jahren verändert?
KS: Die Ermordung von George Floyd im Jahr 2020 und die darauf folgende Black-Lives-Matter-Bewegung eröffneten die Diskussion, die Schwarze und PoC bereits seit Jahren geführt hatten. Es fühlte sich an, als ob die Lichter für alle anderen aufgingen und es eine neue Sprache gab, mit der man arbeiten konnte. Nun haben wir uns leider größtenteils zurückentwickelt. Aber das Ganze hat mir ermöglicht, rassistisches Verhalten im Beruf mutiger anzuprangern und das Thema in jedes Gespräch einzubeziehen, wenn es relevant ist – was ehrlich gesagt meistens der Fall ist.
F: Inwiefern helfen dir die Fotografie und das Schreiben mit Themen zu Rassismus und Ethnie?
KS: Beides ist eine Form des Geschichtenerzählens und Ethnie ist ein wichtiger Bestandteil der amerikanischen Geschichte. Wer sie erzählt und warum, ist rele-
„Unsere Vorstellung von Liebe ist kulturell auf romantische LebenspartnerInnen ausgerichtet.“
vant. Beim Fotografieren und Schreiben geht es für mich um reine Beobachtung. Meine Fragen über Ethnie gehen weiter, und das sollten sie für uns alle. Ich denke, dass ein offener und ehrlicher Diskurs über die Ungleichheiten der Ethnien in Amerika und in den meisten Teilen der Welt von großem Nutzen wäre. Schuld, Gier und Unehrlichkeit nähren den Rassismus. Meine ethnische Identität ist etwas, das ich selbst herausfinden musste. Als Tochter eines hellhäutigen haitianischen Vaters und einer weißen britischen Mutter wuchs ich in den Siebziger- und Achtzigerjahren im Vereinigten Königreich und in den USA auf, als Assimilation noch eine gängige Praxis war. Auch wenn Critical Race Theory damals schon eingeführt war, habe ich das Gefühl, dass sie erst 2020 eine breitere Öffentlichkeit erreicht hat. Ich arbeite an einem Langzeitprojekt über die Familie meines Vaters. Es ist eine Zeitkapsel von Haiti in den Dreißigerjahren bis in die Gegenwart, die eine zerrissene Familie zusammenfügt, die in Amerika und Kanada verstreut ist, weil sie aus ihrer Heimat verdrängt wurde – die aber auch wohlhabend, privilegiert und hellhäutig in einer rassistischen Kultur der Fünfzigerjahre lebt.
F: Du hast in früheren Interviews erwähnt, je nach Kontext als Weiß durchzugehen. Wie hat dies deine Erfahrungen mit Rassismus geprägt und wie wirkt es sich darauf aus, wie du die Thematik visuell erforschst?
KS: Ich bin sozusagen mit ethnischer Verwirrung aufgewachsen, die sowohl mich selbst, als auch die Menschen um mich herum betraf. Mein hellhäutiges Privileg und was dies mir erlaubt – und welche Verantwortung ich damit trage – ist ein ständiger Lernprozess, und all das beeinflusst natürlich die Geschichten, zu denen ich mich hingezogen fühle.
F: Welche FotografInnen haben dich inspiriert?
KS: Mary Ellen Mark, Ming Smith, Deana Lawson, Nan Goldin, Garry Winogrand, Philip-Lorca diCorcia und Gordon Parks hatten einen enormen Einfluss auf mich.
F: Wer oder was hat dich dazu gebracht, das erste Mal eine Kamera in die Hand zu nehmen?
KS: Diane Arbus.
F: Erinnerst du dich an das erste Foto, das du je gemacht hast?
KS: Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich an das erste Foto erinnere, das ich gemacht habe, aber ich erinnere mich an das erste Bild, das ich entwickelt und gedruckt habe. Es war ein Foto meines Vaters in einer HighschoolDunkelkammer in New Hampshire, die niemand benutzte, so dass man mir sagte, ich müsse selbst herausfinden, wie sie funktioniert – und das tat ich auch.
STILL LIFE: PHOTOGRAPHS & LOVE STORIES
Kate Sterlin fängt seit Jahrzehnten das ein, was für viele unsichtbar ist: Liebe, Familie und alle damit verbundenen Emotionen –auch Trauer und Verlust. In ihrem ersten Buch „Still Life“ werden die intimen Fotografien mit poetischen und lyrischen Texten ergänzt. Ausschließlich in Schwarz-Weiß gehalten, ergründet sie nicht nur vielschichtige Gefühle, sondern stellt Fragen nach Identität und Zugehörigkeit in den Raum.
Kate Sterlin, Jesse Pollock, „Still Life: Photographs & Love Stories“, Anthology Editions, ca. 70.—, anthology.net
Umso magischer war es, als ich meinen Vater auf diesem kleinen Foto im Rotlicht scharf erscheinen sah.
F: Wofür möchtest du, dass deine Bilder bekannt sind?
KS: Man soll sie als Dokumente der jetzigen Zeit sehen.
F: Was ist die Kamera deiner Wahl und wie wichtig ist dir die Ausrüstung?
KS: Mit meiner Leica M6 bin ich für immer verheiratet. Ich fotografiere auch viel mit der Fuji XPRO2, weil sie einfach und zuverlässig ist, und ich liebe derzeit die Mamiya RZ67 für Porträts. Am besten ist es, Werkzeuge zu finden, die man sich zu eigen machen kann und bei denen man sich darauf verlassen kann, dass sie das tun, was man technisch und von der Stimmung her von ihnen erwartet. Bei der Mamiya RZ67 ist von beiden Seiten Geduld gefragt, was zu einer Langsamkeit führt, die für die Intimität von Porträts notwendig ist. Die Fuji und die Leica sind so winzig und vertraut, dass sie sich wie eine Ervweiterung anfühlen und sich hervorragend für Straßen- und Alltagsaufnahmen eignen.
F: Welche Projekte möchtest du in der Zukunft verwirklichen?
KS: Ich arbeite an einem neuen Buch über die Verschwommenheit der gleichgeschlechtlichen Intimität. Ich erkunde das Spektrum von Gender und Queerness –und untersuche, wie wir Liebe und Intimität definieren.
F: Wen möchtest du einmal vor deiner Linse haben?
KS: An diese Frage habe ich noch gar nie gedacht. Ich fühle mich geehrt, Porträts von allen zu machen, die mit mir arbeiten. Es fühlt sich jedes Mal besonders an, Momente auf Film zu sammeln. Ich habe gerade Porträts mit Cécile McLorin Salvant für ihr Albumcover gemacht, und wir hatten eine magische Zeit. Ich habe meine Lieblingskameras mitgebracht und wir haben stundenlang gespielt. Dabei sind ein paar wirklich besondere Bilder entstanden.
F: Magst du Social Media als Fotografin oder ist es eher ein Fluch?
KS: Ich mag es, dass ich auf einfache Weise mit Menschen und FreundInnen auf der ganzen Welt in Kontakt sein kann. Vieles bringt aber auch mein Gehirn zum Schmelzen und ich versuche, so oft wie möglich nicht online zu sein.
F: Ein paar kurze Fragen zum Schluss… Farbe oder Schwarz-Weiß?
KS: Für mich Schwarz-Weiß. Aber ich liebe die Arbeiten anderer FotografInnen in Farbe.
F: Digital oder analog?
KS: Ich mache beides. Aber es macht mir Angst, wenn ich einen besonderen Moment nicht auch auf Film habe.
F: Studio oder Straße?
KS: Beides.
FOLKSY KNOCKIN’ ON CINEMA’S
DOOR
Im Biopic von Timothée Chalamet gespielt werden?
Kein Wunder, hat Bob Dylan gut lachen.
Junger Mann, alte Seele: Bob Dylan im Jahr 1966.
BlessedAlpaca909 entdeckt Bob Dylan. Der Folk-Poet ist neuerdings mit offiziellem Account auf TikTok. Keine Bange. Der Nobelpreisträger lipsynct weder „Espresso“ von Sabrina Carpenter, noch zeigt er epic Ski Guy dance moves.
Stattdessen geben die Videoclips Einblick in eine Ära, als Folk zu Pop und Pop politisch wurde. Wem das alles zu klein und zu kurz ist, schaut sich Dylans Aufstieg dank „A Complete Unknown“ jetzt im Kino an. Mit 83 Jahren rasselt der Tambourine Man noch einmal extra laut für ein neues Publikum.
Text: Michael Rechsteiner
A life for live: Seit 1988 befindet sich Bob Dylan auf der „Never Ending Tour“, die auch in diesem Sommer nicht abreißt (oben). Bis heute veröffentlicht die weiße Eminenz des Songwritings neue Alben (rechts).
Die Schöne und der Peace: Bob Dylan, Sara Dylan und Joan Baez in der Doku „Renaldo and Clara“ (links) und beim Konzert für den March on Washington (unten).
1963 verleihen ein paar alte Männer in einem protzigen Hotel-Ballsaal dem 22-jährigen Bob Dylan einen Preis für seine Verdienste in der Bürgerrechtsbewegung. Seine Karriere ist gerade mal zwei Jahre alt. Nun blickt der Troubadour über ein Meer aus mächtigen Glatzen, die sich an diesem Abend vor allem selbst auf die Schulter klopfen wollen. Trotzig und angetrunken stellt Dylan am Rednerpult fest: „Ich habe lange gebraucht, um jung zu werden.“ Es ist die Tragikomödie des Lebens, dass es danach ziemlich kurz geht, um plötzlich alt zu sein.
Die Songs, die Bob Dylan in jenen Tagen schrieb und spielte, haben die letzten 60 Jahre überdauert. Sie gehören zum größten Schatz in der Musik, ja selbst der Literatur. Doch für eine junge Generation liegt dieser Schatz wahrscheinlich tief begraben. Unter dem digitalen Sand von Content, Content, Content, der jedes Jahr, jede Woche, jede Sekunde auf uns herabrinnt. Deshalb ist es hilfreich, wenn ab und zu eine Schatzkarte auftaucht, die dich neugierig macht und auf die richtige Spur führt. So wie der neue Kinofilm „A Complete Unknown“.
A STONE STARTS ROLLIN’
Das Biopic konzentriert sich auf jenen entscheidenden Ausschnitt im Leben Dylans, als er 1961 in New York City ankommt und sich an der Wandergitarre zum Idol einer Generation zupft. Vier Jahre später wird er Konzerte spielen, für die sich seine Fans Tickets kaufen, nur um ihren Helden auszubuhen. Es ist auch jene Zeit, in der die Hoffnungen und Träume der amerikanischen BürgerInnen zu Wut und Kampfeslust eskalieren, weil die Identifikationsfiguren des positiven Wandels vor den Augen der Welt niedergeschossen werden.
Als John F. Kennedy ins Weiße Haus einzieht, erreicht Bob Dylan per Autostopp das Greenwich Village. Im KünstlerInnenviertel von New York City ist es bitterkalt, doch die Folkszene zieht faszinierende Persönlichkeiten aus dem ganzen Land an. Wer etwas zu sagen hat, sagt es hier. Und bald sagt es Bob Dylan besser, als alle anderen. Spielt er zunächst traditionelles Liedgut und Coverversionen von Protest-Sängern wie Woody Guthrie, klackert Dylan schon bald eigene Kompositionen in die Schreibmaschine. Seine Worte treffen den Zeitgeist – und schöpfen aus einer Poesie, die sie zeitlos machen. Der Mainstream tut sich zunächst schwer mit Dylans Darbietungen. Er singt mit nasaler Stimme, spielt rudimentäre Gitarrenmelodien und windschiefe Harmonika-Einlagen. Doch so wie man bittere Medizin auf ein Zuckerstück tropft, interpretieren Engelsstimmen wie Joan Baez oder Peter, Paul and Mary die Songs und machen sie für ein breites Publi-
A COMPLETE UNKNOWN
Der Grundschul-Musiklehrer im ausgetragenen Wollpullover und mit der abgewetzten Ledertasche muss jetzt ganz tapfer sein: Für die meisten SchülerInnen seiner Klasse ist Bob Dylan genau das, was der Titel dieser Filmbiografie suggeriert. Doch vielleicht ändert sich das jetzt dank Hollywoods Herzbuben Timothée Chalamet in der Hauptrolle von „A Complete Unknown“. Regisseur James Mangold, der bereits Johnny Cash mit „Walk the Line“ ein cineastisches Denkmal setzte, fängt den Songwriter während dessen frühen Tage in der Folkszene von Greenwich Village ein –bis Dylans Entscheidung, ein Stromkabel einzustecken, die Musikwelt verändert.
„A Complete Unknown“ von James Mangold, mit Timothée Chalamet, Monica Barbaro u.a., jetzt im Kino
kum zugänglich. Aus dem Folknik wird ein Popstar. Pop im Sinne von: Populäre Musik, weil sie die Gesellschaft in jenem Moment der Geschichte wie ein Stück Bernstein einfängt.
WIND BLOWIN’ IN OTHER DIRECTIONS Bald spielt Dylan nicht mehr in verrauchten Cafés, sondern vor einer Viertelmillion Menschen am March on Washington. Dort verkündet unter anderem Martin Luther King seinen Traum von einem besseren Amerika. Drei Monate später wird alles schlechter. Im November 1963 stirbt John F. Kennedy in Dallas bei einem Attentat. Die heile Welt hat sich nicht herbeisingen lassen. Bob Dylan ist das schon immer klar gewesen. In den kommenden Monaten rebelliert er nicht nur gegen die KriegstreiberInnen und RassenhetzerInnen, sondern auch jene, die ihn für politische Kampagnen einspannen wollen. Sein Leben lang ein Vagabund, will Bob Dylan kein Messias für die Massen sein, stattdessen ein Minnesänger am Küchentisch. Seine Liedtexte ziehen sich zunehmend aus dem Politischen zurück und suchen ihre Geschichten im Persönlichen, spätere Ausnahmen wie „Hurricane“ bestätigen die Regel.
HARD RAINS KEEP FALLIN’
1965 versammeln sich ein paar junge Hippies am Newport Folk Festival und wollen Bob Dylan beim idyllischen Gitarrespielen lauschen. Doch der Sänger blickt über ihre verwuschelten Frisuren und hat andere Pläne. Begleitet von einer Band steckt Dylan die Instrumente am Strom an und verstört das Publikum mit einer rotzigen, rockigen Performance. Die ZuschauerInnen buhen, auch an kommenden Konzerten. Es wird zwei der besten Alben aller Zeiten benötigen („Highway 61 Revisited“, „Blonde on Blonde“), um den radikalen Stilwechsel zu rechtfertigen. Er, der lange gebraucht hat, um jung zu werden, ist in wenigen Monaten erwachsen geworden. Was Dylan in den folgenden Jahren alles erwartet, dazu reicht hier leider nicht der Platz. Vielleicht ist der Rest seiner Geschichte inzwischen von der Plattenlabel-Praktikantin auf Bobs TikTok hochgeladen worden. Doch was hat der alte Mann dort seinen jungen EntdeckerInnen heute noch zu sagen? Vielleicht, dass auch sie etwas zu sagen haben. Etwas sagen müssen. Nicht unbedingt mit Dylans Eloquenz, dafür mit unbeugsamer Entschlossenheit. Denn auch wenn das Singen eines Songs die Welt nicht gerechter macht, so ist es dennoch unsere Pflicht, gegen politische Grausamkeit die Stimme zu erheben. Falls uns dazu auch noch eine liebliche Melodie einfällt? Umso besser.
BLUE FRESH WILD MOVE
Photography: Patrick Walter
Assistance: Max Sauer
Styling: Johannes Jorge Hölkeskamp
Hair & Make-up: Wiebke Reich
Model: Johanna Rohr
Hose von FADE OUT LABEL. Jacke von GUESS. Lingerie von GOSSARD. Schuhe von MARCELL VON BERLIN. Schmuck von ALTER ALTER.
Links: Hose und Bluse von STEFAN UHR. Schuhe von STUART WEITZMAN. Sonnenbrille von THIERRY LASRY. Ringe von PILGRIM.
Rechts: Hose, Hemd und Krawatte von SOCIÉTÉ ANGELIQUE. Hut von NIKE Schuhe von TWINSET. Tasche von GUESS. Ring von PILGRIM.
Mantel von SOCIÉTÉ ANGELIQUE. Stiefel von CALVIN KLEIN.
Korsett von DANNY REINKE. Rock von GUESS. Schuhe von ALDO. Schmuck von APHER JEWELRY.
Top von STEFAN UHR. Korsett und Hose von SOCIÉTÉ ANGELIQUE. Schuhe von TWINSET. Ring von PILGRIM. Ohrringe von APHER JEWELRY.
Pullover von MARCELL VON BERLIN. Rock, Jacke, Hut und Tasche von REPLAY. Schuhe von STUART WEITZMAN. Schmuck von CAJOY JEWELLERY.
Rechts:
Korsett von DANNY REINKE. Schmuck von APHER JEWELRY.
Lederjacke von IVY OAK.
Minirock von MIU MIU.
Strumpfhose von FALKE. Schuhe von AEYDE.
Links:
Hose von COS. Lingerie von AUBADE. Jacke von ISABEL MARANT. Stiefel von CALVIN KLEIN. Ringe von PILGRIM. Halskette von ALTER ALTER.
ZÜNDSTOFF
BRAVE NEW CAR
Um als Traditionsmarke nicht als angestaubt zu gelten, müssen Social-Media-Diskurs und Aufruhr her. Das hat Jaguar locker hingekriegt: Mit einem unkonventionellen Teaservideo und schließlich mit der Enthüllung des Type 00 im vergangenen Dezember an der Miami Art Week. Wir haben uns das Ganze vor Ort angeschaut. Zwischen Strand, Kunst, Party und dem neuen Jaguar in Fleisch und Blut – oder pinkem Stahl und Elektroantrieb – konnten wir Gerry McGovern, Chief Creative Officer von Jaguar, auf den Zahn fühlen.
Fotos: Jaguar
Weihnachten steht kurz vor der Tür und die Sonne brennt vom Himmel. Alles ist laut und bunt, alle sind in Partystimmung. Doch niemand wartet auf Geschenkebescherung, sondern die Enthüllung eines neuen Autos. Was klingt wie ein Fiebertraum, war im Dezember Realität, als AutofanatikerInnen, It-Girls, Finance-Bros und ja, eigentlich vor allem KunstliebhaberInnen nach Florida an die Miami Art Week pilgerten.
Zwei Wochen vor der Kunsteskapade im Sonnenstaat sorgte ein Video für Wirbel: Attraktive Menschen, bunt durchmischt und genderfluid angehaucht, posieren vor buntem, an KI-Fabrikationen erinnerndem Hintergrund. Slogans wie „copy nothing“, „break moulds“ und „live vivid“ flimmern über den Bildschirm. Ein Fashionfilm? Die Abschlussarbeit einer KunststudentIn? Eine generierte Zukunftsvision unserer Gesellschaft? Alles falsch – es handelte sich um das radikale Rebranding von Jaguar. Hat der britische Klassiker etwa eine Midlife-Crisis? Eher eine Late-Life-Crisis, steuert er doch schon auf die Neunzig zu. Das dachte sich auch das Internet: Sofort fluteten unzählige Memes die sozialen Netzwerke.
JAGUAR TYPE 00
Alles neu macht… Jaguar. Neues Logo, neuer Wagen. Elektrisch natürlich, gewagt, modernistisch, pink oder auch blau – das ist der Type 00. Aber erst gibt es eine Pause. Ende 2025 soll das erste echte Modell als viertüriger GT vorgestellt werden und ab 2026 dürfen alle, die gerne auffallen, mit dem pinken Wunder auf den Straßen ordentlich Gas, äh, Elektro, geben. jaguar.ch
Dass im Film kein Auto zu sehen ist – Nebensache. „Ich will jetzt kein Auto zeigen. Wir bauen die Marke gerade von Grund auf neu auf. Das Auto kommt dann schon“, erklärt uns Gerry McGovern – Chief Creative Officer von Jaguar und der Kopf hinter dem Type 00. Am 2. Dezember kam das Auto dann auch. Stunden nachdem erste geleakte Fotos im Internet kursierten, wurde der Type 00 enthüllt.
In den Wochen zwischen dem mysteriösen Video und dem Reveal hat Jaguar das geschafft, was alle Brands wollen: Thema Nummer eins sein. Online wurde lebhaft diskutiert, von belustigten Videos bis zu detaillierten wirtschaftlichen Analysen. Auch diejenigen, die nicht unbedingt Auto-ExpertIn in den CV schreiben dürfen, hatten plötzlich eine Meinung. Ab November 2024 interessierte es plötzlich alle, dass das britische Traditionshaus nun sein Logo ändert und seine gesamte Marketingstrategie auf den Kopf stellt.
EIN LEAP(ER) IN DIE ZUKUNFT
Nach dem Video, das manch ein dramatischer Autofan als woke beschimpfte – „was ist mit der Tradition, der sogenannten Heritage?“ – folgte also die Miami Art Week. Warum will sich der Brite dort positionieren, wo es um Kunst geht? Ganz einfach: Da treibt sich die potenzielle Kundschaft der neuen Jaguar-Ära rum. „Jung, kreativ, künstlerisch, einzigartig, vielleicht ein kreativer Finanztyp“, beschreibt Gerry McGovern die ideale zukünftige BesitzerIn des neuen Jaguars. „Die Leute eben, die an die Miami Art Week gehen. Darum sind wir ja hier“, fügt er an. Tatsächlich tummelt sich aber eine diverse Gruppe im paradiesischen Miami. Jung und Alt, Presse und InfluencerInnen, Models und Supplier wollen alle einen Blick auf den neuen Wurf aus dem Hause Jaguar werfen.
Dieser ist sehr pink. Barbie würde ihn lieben. Ken würde ihn vielleicht noch mehr lieben. Dafür, dass AutokennerInnen normalerweise nur ein müdes Augenrollen übrig haben für diejenigen, die Autos nach Farbe beurteilen, wird das Barbiepink – von Jaguar offiziell „Miami Pink“ genannt – leidenschaftlich diskutiert. Hypermaskuline Automänner, die beim Anblick zu hyperventilieren begannen, können sich beruhigen – es gibt das Modell auch in Blau, genannt „London Blue“.
Die erste Null im Namen steht für null lokale Emissionen, die zweite für den Status als Auto Null einer komplett neuen Modellfamilie. Die Ecken und Kanten haben in der Tat wenig mit den Rundungen zu tun, die man von Jaguar kennt. Die Raubkatze bleibt aber erhalten: Das Jaguar-Emblem – „Leaper“ genannt – ist in einen handgefertigten Messingblock auf jeder Seite des Fahrzeugs gelasert. „Somit bewegt sich der Leaper ab jetzt nach vorne“, sagt McGovern. Eben so, wie die Marke es tut. Weitere technische Daten gibt’s noch wenige, aber wir sind hier ja auch an einer Kunstmesse. Der Type 00 ist erst ein Concept Car – ein Kunstwerk, eine Vision,
deren offizielle Produktion noch in der Zukunft steht. Das Gefährt ist etwa fünf Meter lang und hat einen Elektroantrieb. Jaguar sieht sich in Zukunft nicht nur ausschließlich im obersten Luxussegment, sondern setzt auch voll und ganz auf die Elektroroute. Etwa 770 Kilometer soll der Wagen schaffen; mit 15 Minuten Ladezeit soll man bereits wieder 321 Kilometer auf sicher haben.
Mit dem Slogan „copy nothing“, den bereits Gründer Sir William Lyons proklamierte, sind aber weniger diese Fakten gemeint, sondern nach wie vor das ungewöhnliche Äußere. Auch Gerry McGovern zitiert den Slogan wie ein Mantra. Wie designt man denn ein Auto, ohne etwas zu kopieren? „Manche Brands wollen ihre ursprüngliche DNA replizieren“, erklärt McGovern, „bei uns jedoch ging es mehr um Emotionen, um die Essenz“. Die Jaguars aus der Vergangenheit hätten damals auch als modern und ungewöhnlich gegolten, fügt er an. Also weg mit der Nostalgie und rein in die pinke Zukunft: „In den letzten 20 Jahren wurde zu viel zurückgeblickt“, sagt McGovern.
Die Reaktionen und Kritik hat er natürlich mitbekommen – sie waren auch Teil des Plans. „Kreativität hat immer Kritik mit sich gebracht”, sagt McGovern und zitiert Größen wie David Bowie, Alexander McQueen und Jackson Pollock als Beispiele. Und nun fügt sich eben Gerry McGovern mit seinem pinken Jaguar in die Reihe.
SO BELIEBT WIE MARMITE
Ein Hauch wirtschaftliches Kalkül muss in der Parade aber doch drinstecken. Man will sich ja aus der drohenden Misere hieven. McGovern, der auch den Range Rover neu designt hat, beschreibt es folgendermaßen: „Die Marke kehrt zu dem zurück, was sie am besten kann: einzigartig sein. Darum ging es in ihrer Blütezeit, doch dann kamen Strategie und Mainstream in den Weg“, fügt er an. Strategie spielt noch immer eine relevante Rolle, doch mit dem Mainstream scheint der
Autohersteller abgeschlossen zu haben. „Wir wollen nicht von allen geliebt werden“, betont McGovern. „Es ist ganz einfach: Wir sind wie Marmite“, sagt er und hat damit die perfekte Analogie geschaffen. Der klebrig-salzige Aufstrich wird entweder heiß geliebt oder verabscheut – Reaktionen, die auch der süßpinke, kastige Jaguar aus allen herauskitzelt.
Die Marmite- oder in diesem Fall Jaguar-Lovers müssen sich aber noch etwas gedulden, bis sie sich den Schlitten gönnen können. Laut Brancheninsidern kann es sich Jaguar eigentlich nicht leisten, ein Jahr lang nichts zu verkaufen. Und doch kriegt man den Type 00 erst in einem Jahr in die Garage. Ende 2025 wird der viertürige GT enthüllt, Anfang 2026 kann man darin rumkurven. In einem Zeitalter, in dem unsere Aufmerksamkeitsspanne auf deprimierende acht Sekunden herabgestürzt ist, scheint es waghalsig, erst 2026 mit dem Verkauf zu beginnen. Gerry McGovern nimmt es gelassen: „Es gibt dieses Sprichwort, das besagt, dass man nicht pleite geht, wenn man nicht auf seine Kundschaft hört, sondern wenn man zu sehr auf sie hört.“ Geduld gehört zum Luxusgeschäft, denn auch auf eine Birkin Bag warten manche Kundinnen Jahre. „Die Menschen brauchen keinen Luxus, sie wollen ihn“, sagt McGovern. So passt es auch, dass in den kommenden Monaten neue Brand Stores entstehen werden, wo man die schöne neue Jaguarwelt am eigenen Leib erfahren kann. Der erste davon eröffnet im Herzen des Pariser Luxusmodeviertels, dem „Goldenen Dreieck“ im achten Arrondissement. „Es geht um Emotionen. Wir können ein effizientes, nachhaltiges Auto entwerfen, aber wir wollen mehr als das sein. Wir wollen den Leuten ein ‚Wow‘ entlocken“. Zum Schluss wollen wir wissen, wie McGovern Jaguar nun in drei Worten beschreiben würde. Mit reichlich Ausschweifungen kommt er bei folgenden an: „Brave“, „fearless“, „copy nothing“. Das sind streng genommen vier Worte, aber wir lassen’s gelten.
„Kreativität hat immer Kritik mit sich gebracht.“
GERRY MCGOVERN
Man kann das Rad nicht neu erfinden, das Auto hingegen schon. Das tut Gerry McGovern seit vier Dekaden. Die ersten Anläufe nahm er bei Chrysler. Mittlerweile ist McGovern Chief Creative Officer bei Jaguar. Seiner Fantasie entstammen unter anderem der MG F und der Land Rover Freelander – und natürlich der Jaguar Type 00.
FACES’ FAVOURITES
LACED WITH EMPOWERMENT
Welche Lingerie wir tragen, sehen die wenigsten. Das macht die feinen Stoffstücke aber nicht unwichtig – im Gegenteil. Was wir drunter tragen, verleiht uns Selbstbewusstsein und Freude. Für dieses Gefühl steht Beldona seit 1955 ein. Und das Lingerieunternehmen meint es ernst mit der Frauenpower: Die Firma kommt auf einen Frauenanteil von stolzen 97 Prozent und setzt ihr Motto „Von Frauen, für Frauen“ so tagtäglich um. Ein Erfolgsrezept, das funktioniert, feiert die Lingeriemarke doch dieses Jahr ihren siebzigsten Geburtstag. Anlässlich dieses Meilensteins erscheint die „1955 Collection“. Diese zeigt perfekt, wie sich in sieben Dekaden zwar vieles verändert hat, einiges aber auch bewährt blieb. Das Adela Set aus der „1955 Collection“ besticht mit zeitlosem, elegantem Weiß. Das luftig-transparente Top ist mit Stickerei und Schnürdetail aber alles andere als langweilig. Auch der passende Slip überrascht mit feiner Stickerei und verführerischen Cutouts. Das Set versprüht Romantik pur. Obwohl es auf dem ersten Platz jeder Packliste für die Flitterwochen stehen sollte, braucht man keine Hochzeit, um es zu tragen. Denn das Wichtigste, was uns Beldona immer wieder beibringt, ist, dass Frauen ihre Lingerie stolz und selbstbewusst tragen sollen – in jedem Lebensabschnitt. Wir verlosen drei Exemplare des Adela Lingerie Sets aus der „1955 Collection“. Auf faces.ch kannst du direkt am Gewinnspiel teilnehmen.
8 Ausgaben für CHF/€ 68.–
12.2., CHANEL
DINNER AN DER BERLINALE, BERLIN
STARS IM BUNKER
Text: Michael Rechsteiner Fotos: Chanel
Um eine von Berlins faszinierendsten Kunstsammlungen zu sehen, muss man von Christian und Karen Boros nach Hause eingeladen werden. Das Paar beherbergt in seinem Penthouse der obersten Etage eines ehemaligen Bunkers eine Kollektion, die sich für gewöhnlich nicht die Show stehlen lässt.
Außer, Chanel lädt zur Eröffnung der Berlinale dort zum Essen ein. In diesem Jahr verleiht das Filmfestival unter anderem Tilda Swinton einen Goldenen Bären für ihr Lebenswerk. Die Schottin war Stargast der intimen Soirée, zu der sich ein Wer ist Wer der deutschen Schauspielszene zu Tisch begab. Und doch fühlte sich der Abend wie ein Besuch bei alten Freunden.
Highlight: Christian Friedel („Zone of Interest“) überzeugte mit seinem Side Hustle, der Band Woods of Birnam.
Fazit: Die Kunst der Gastgeberei – an diesem Abend perfekt präsentiert.
1./2.2, 8./9.2., WHITE TURF X GENESIS, ST. MORITZ
HORSEPOWER
Text: Michael Rechsteiner Fotos: Genesis Motor Europe
Wenn das Pelzmützenfell im Galoppwind der Rennpferde flattert, hat St. Moritz wieder zum legendären White Turf eingeladen. In diesem Jahr mussten am ersten Wochenende die Pferderennen auf dem gefrorenen See aufgrund der Eisverhältnisse verschoben werden.
Doch die Champagnerkorken knallten trotzdem:
Hauptsponsor Genesis präsentierte den geladenen Gästen das Konzeptfahrzeug GV60 MIV. Als am zweiten Wochenende die Pferde endlich der verschneiten Ziellinie entgegen preschten, lud der koreanische Autohersteller erneut in seine VIP Lounge neben der Rennstrecke. Spitzenkoch Dominik Hartmann ließ für das kulinarische Angebot seine zwei Michelin Sterne aufgehen und Genesis-Magma-RacingFahrer sowie dreifacher Le-Mans-Champion André Lotterer wurde als Ehrengast begrüßt.
Highlight: Alles, was aufs Tempo drückte: Die Pferde. Die Genesis Modelle. Und wir, als die Austern serviert wurden. Fazit: Nirgends frieren wir glamouröser an den Zehen als am White Turf.
1 André Lotterer, Genesis Markenpartner
2 Stefan Berger, FACES Herausgeber & Christa Rigozzi
3 Christa Rigozzi has arrived.
4 Der Himmel auf Erden, äh, Teller.
5 Jorge Guerreiro, Roadbook Magazine
6 Snow Patrol: Der Genesis GV60 MIV Concept Car.
7 Wer braucht schon weisse Weihnachten, wenn es White Turf gibt.
12 David Frei, Hoteldirektor Grace, Diego Battiston, Interim Regional Operations Manager bei Genesis Motor Switzerland.
13 Auch sieben PS können für ganz viel Spektakel sorgen.
6.2., JIMMY CHOO X CHLOË SEVIGNY & SANDRA CHOI, NEW YORK CITY
DELICIOUS BIG APPLE
Text: Michael Rechsteiner Fotos: Jimmy Choo
Essen? An einer Fashion Week? Dafür bleibt höchstens Zeit, wenn man zwischen den Locationwechsel im Uber an einem Proteinriegel nagt. Doch wenn Chloë Sevigny, quintessentielles 90s It-Girl und Arthouse-KinoIkone, gemeinsam mit Sandra Choi, Creative Director bei Jimmy Choo, an der New York Fashion Week zum exklusiven Dinner einlädt, wird alles andere an diesem Abend abgesagt. Erst recht, wenn im Jean’s serviert wird – ein Restaurant, in das man so schwer reinkommt, als wäre es das legendäre Dorsia im Film „American Psycho“. Da fällt uns grad auf: Dort spielt Chloë eine Sekretärin namens Jean. Haben wir etwa gerade das Easter Egg des Abends entdeckt?
Highlight: Der Soundtrack zum Nachtisch: Patti Smith und Tochter Jesse Paris Smith live in concert. Fazit: New York is cold, but Jimmy Choo is cooler.
204
Willkommen im Club, guys! Nehmt euch ein Stück vom Gold Leaf Wagyu und gart es über dem Feuer, in dem unser Planet brutzelt. Das vergangene Jahr brachte gemäss Oxfam International 204 neue Milliardäre hervor. Damit steigt der erlauchte Kreis auf 2'769. Noch nie war es so einfach, aus richtig viel Geld so richtig, richtig, richtig viel Geld zu machen. Milliardäre verdienten in den vergangenen zwölf Monaten 2 Millionen Dollar täglich – dreimal so viel wie 2023.
Wie das geht? Gemäss Oxfam durch innovative Business-Modelle wie „Monopolstellungen“, „Korruption“ und „tote reiche Eltern“. Rund 60% des Milliardärsvermögen kommt auf diese Weise zusammen. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, werden innerhalb der nächsten Dekade gleich fünf Männer oder Frauen (seien wir ehrlich: Männer) zu Billionären. Bitte was? 44% der Menschheit leben unter der Armutsgrenze? Sorry, wir können dich so schlecht hören! Das Wagyu-Steak zischt so laut!