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Mit Schirm, Charme und Kubus
Mit seiner unvergleichlich modernen Architektur ist dieses Haus ein Blickfang im ländlich geprägten Dorfidyll. Als Erstes am „Eingang“, schmiegt es sich galant zwischen Apfelbäume, Ackerstreifen und Waldinseln.
Fotos: Zooey Braun
Unserer Bauherren aus Tübingen wünschten sich ein modernes, kubisches Wohnhaus mit viel Bezug zur Natur. Heute ragt der zweigeschossige Gebäudekomplex mit Cortenstahlfassade und imposanter Dachterrasse ins grüne Umland. Die Wohnebene im Erdgeschoss präsentiert sich offen und luftig. Alle Staumöbel und Schrank räume sind baulich integriert. Highlight ist sicherlich auch das Atrium, das bis unters Dach mit einer horizontalen Lärchenholzlattung verkleidet ist.
Weitläufige Blicke über die sanft gewellte Landschaft. Eingestreute Gehöfte, Waldinseln und Felder. Kurz: Es ist ein Wohntraum, der sich hier in Felldorf, einem kleinen Dorf nahe Tübingen, in all seiner Pracht entfaltet. Der moderne, zweigeschossige Kubus rückt heute in die erste Reihe am Dorfeingang. Bisher war das eine bewitterte Scheune. Und das Haus wird seiner Vorreiterrolle mehr als gerecht. Die beiden Bauherren – er Tragwerksplaner, sie tätig im Bereich der Erneuerbaren Energie mit Schwerpunkt Geothermie und Wärmepumpensystemen – hatten von Anfang an klare Vorstellungen von ihrem neuen Zuhause, welches auch von seinen vielen Blickbeziehungen in die umliegende Natur „lebt“. Der Kubus, der auf dem Tiefgeschoss aufsitzt, bildet den Kern des Wohnhauses, mit Wohn- und Arbeitsbereichen im Erdgeschoss und den Schlaf-Fitnessräumen mit Bad und Sauna im Obergeschoss. Gekrönt von der vollständig nutzbaren Dachfläche, dem „Deck“.
Die gesamte Fläche ist mit Robinienholzdielen gestaltet, welche das Gefühl vermitteln, auf einem Schiffsdeck zu stehen. Dass sich das umliegende Naturspektakel bei Wind und Wetter genießen lässt, dafür sorgt eine imposante, schirmende Überdachung in Richtung Südwesten. Sie entwickelt sich in Form eines angedeuteten Satteldachs aus der Straßenfassade heraus, neigt sich über große Teile der Dachterrasse und bezieht den Treppenaufgang mit ein. Mit dieser geneigten Überschirmung erweist der Grundkörper des Hauses eine Referenz an die ländlichen Bauformen und passt gut in den Kontext, ohne sich dem dörflichen Baustil anzubiedern. Die Wahl des Materials fiel auf Corten stahl, der ähnlich wie die benachbarte Holzscheune, eine schöne, sich wandelnde Patina ausbildet. Auf drei Gebäudeseiten, zur Land-
Holz, Beton und Glas bestimmen das Bild im Haus. Über das Obergeschoss öffnet sich der Blick in den untenliegenden Essbereich mit Anschluss an die offene Küche.
schaft hin ausgerichtet, zeigt sich der Kubus. Die Fuge zwischen straßenseitiger Cortenstahlfassade und Kubus ist nicht nur für die Gebäudefigur von Bedeutung, sondern auch für das Raumerleben im Inneren des Hauses essentiell.
Mit Atrium
Die Nutzungen in den Wohnebenen sind offen miteinander verbunden, können aber durch Schiebetüren und Faltwände bei Bedarf geschlossen werden. Durch zwei architektonisch ausgeprägte Lufträume stehen die Räume untereinander auch vertikal in Verbindung. So entstehen ein kommunikatives Raumgefüge und eine dynamisch anpassbare Raumaufteilung. Alle Staumöbel und Schrankräume sind baulich integriert, als Einbauschränke, raumbegleitende Lowboards oder als Brüstungsumwehrungen. Barrierefreie Bäder und eine Aufzugsvorhaltung ermöglichen den Bauherren, auch im Alter noch in ihrem Haus wohnen zu können. Der Wohnbereich im Erdgeschoss organisiert sich als offener Grundriss um den Betonkern der Treppe herum. Über dem Essbereich weitet sich der Raum nach oben – zum Atrium – mit Bezug ins Obergeschoss. In Verlängerung des Essbereiches schließt sich der überdachte Außenessplatz an der Gebäudeecke an, abgewinkelt hierzu verläuft der Wohnbereich, der mit einer großzügigen Panoramaverglasung in eine andere Blickrichtung der Landschaft weist. Der Wohnbereich überschneidet sich in der Folge mit dem zweigeschossig hohen, langgestreckten inneren Raum: Er ist die räumliche Fuge zwischen Straßenfassade im Südwesten und dem eigentlichen Gebäudekubus, der in dieser Raumfuge seine innere Fassade zeigt.
Hausstil moderner Wohnkubus Baujahr 2019 Architekt Metaraum Architekten BDA Wohnfläche 243 m² Haustyp Einfamilienhaus Bauweise Stahlbetonkonstruktion Dachform angedeutetes Satteldach Kontakt www.metaraum.de
Unsere Highlights
• Schiffsdeck mit Satteldach • Lichtdurchlässige Streck metallfassade • Atrium mit Latten aus Lärchenholz • Einsatz regenerativer Energien für Strom und Heizung
Dieser Raum wirkt zugleich als „Filter“ mit straßenseitig geschlossenen, nur mit unregelmäßigen Fensterschlitzen versehenen Südwestfassade und als ein „inneres Foyer“ für den Kubus. Die Treppe zum Obergeschoss führt aus dem hohen Atrium wieder auf die landschaftszugewandte Seite des Hauses. Mit Blick hinab in den Essbereich. Auf der einen Seite schließt sich der offene Ruhebereich an, der mit der Sauna und dem Bad verbunden ist. Eine offene Stahltreppe mit Blockstufen aus Lärchenholz führt schließlich hinauf auf die Dachterrasse.
An alles gedacht
Beim Gebäudeenergiekonzept setzen die Bauherren auf bestmögliche Effizienz mit regionaler Erdwärmenutzung und Umsetzung einer erdgekoppelten Wärmepumpenanlage. Dabei wird der Untergrund zum Wärmeentzug im Winter und zur Wärmerückführung im Sommer eingesetzt. Neben einer Fußbodenheizung wurden auch die Decken im Haus thermisch aktiviert. Im Gebäude sind mehrere Temperatursensoren im Fußboden und in der Decke integriert, sodass die tages- und jahreszeitlichen Temperaturverläufe mit den Anforderungen harmonieren. In der der Landschaft zugewandten Dachfläche ist – im nicht sichtbaren Bereich – eine Photovoltaik-Anlage integriert. Auf eine im Neubau übliche Lüftungsanlage (mit Ausnahme des Dunstabzugs über dem Herd) wurde verzichtet, dafür sind CO2-Sensoren in empfindlichen Räumen vorhanden, die einzelne Fenster auf dem Dach ansteuern, um einen Luftaustausch zu ermöglichen. (fri) ☐