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GETARNT

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ARCHITEKTUR-GESPRÄCH

Peter Pichler arbeitet nach dem darwinistischen Prinzip: Die beste Idee überlebt. Vielleicht auch deshalb zählt er zu den besten aufstrebenden Architekten in Europa. Ein Gespräch über Erfolg, Kritik und Wurzeln.

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DER VISIONÄR

Text: Barbara Tilli

Rendering: Peter Pichler Architecture

TREE HOUSES

Im US-Bundesstaat West Virginia baut Pichler derzeit acht Baumhäuser. Die Geometrie mit ihrem spitzen Steildach ist von den umliegenden Ahorn-, Pappel- und Eichenbäumen inspiriert und wird aus heimischem Holz gefertigt. „Wir glauben, dass die Zukunft des Tourismus auf der Beziehung des Menschen zur Natur beruht. Eine gut integrierte, nachhaltige Architektur kann diese Beziehung verstärken“, betont Pichler.

In Südtirol ist Pichler ein sehr geläufiger Name. Einer, der ihn stolz in die Welt hinausträgt, ist der Bozner Architekt Peter Pichler. Seine Entwürfe sprechen eine unverwechselbare Sprache, die in Europa genauso wie in den USA oder in den Vereinigten Arabischen Emiraten verstanden wird. Sein

Markenzeichen sind Gebäude, die als Brücke zur Landschaft dienen. Sie passen sich dem natürlichen Kontext an und sind gebaute Neuinterpretationen von Kultur und Brauchtum vor

Ort. ff hat den Architekten zum Interview getroffen.

Herr Pichler, Sie sind international erfolgreich. Was unterscheidet Sie von anderen Architekten?

Unsere Stärke als Architekturbüro ist es, aus einem Problem ein Potenzial zu machen oder eben einen Entwurf zu entwickeln, der eine Lösung darstellt. Unsere Projekte haben eine gewisse Ästhetik, und diese ist zu 100 Prozent logikbasiert. Es geht um funktionale Logik, aber auch um eine Logik, die dem Kontext und der Tradition folgt, wenn es um Materialien und Bauweisen geht. Das alles fließt in eine zeitgenössische

Man in Black: Peter Pichler (38) studierte Architektur an der Universität für angewandte Kunst in Wien, wo er mit Auszeichnung die Meisterklasse von Zaha Hadid und Patrik Schumacher abschloss. Weitere Studienjahre verbrachte er an der UCLA in Los Angeles. Anschließend arbeitete er für Zaha Hadid Architects in Hamburg. Seit 2015 führt er gemeinsam mit seiner Frau Silvana Ordinas ein eigenes Architekturstudio in Mailand.

≥ DER VISIONÄR Villa Kastelaz: Der kantige

Baukörper auf einem Hügel in Tramin scheint aus dem Erdreich herauszuwachsen. Das Wohnhaus einer Winzerfamilie wurde mitten in die Reben gepflanzt. Die breiten Glasfassaden sind so konzipiert, dass sie die Umgebung einrahmen und hervorheben.

Foto: Samuel Holzner

BIOKLIMATISCHES BAUEN

Peter Pichler entwirft nach dem Prinzip des bioklimatischen Bauens, bei dem es darum geht, Naturphänomene wie Wind, Sonne oder geologische Faktoren zu verstehen, um Gebäude in die natürliche Umgebung zu integrieren und ihren Energieverbrauch zu minimieren. Die gefaltete Form der Villa Kastelaz bildet einen Innenhof und dient als Schutzschild vor dem Südwind Ora. Die schrägen Wände schließen nahtlos an das Dach an. Der weiße Beton erinnert an den Kalkstein, der seit jeher für Stützmauern in den Weinbergen genutzt wird.

Interpretation ein. Natürlich geht es auch um die Raumwirkung, schließlich sind Emotionen wichtig. Es steckt aber auch Psychologie dahinter, also wie man etwas verkauft. Der Bauherr muss zu uns passen. Kurz gesagt: Die Chemie muss stimmen.

Ein Projekt, wo die Chemie mit dem Bauherrn gestimmt hat, ist die Villa Kastelaz in Tramin. Der Baukörper wächst aus dem Hügel heraus. Welche Idee steckt dahinter?

Die Grundidee folgt einem Paramater, den man auf den ersten Blick gar nicht sieht, und zwar dem Wind. Die Villa befindet sich auf einem Hügel und berücksichtigt die klimatischen Verhältnisse vor Ort. Hier weht der Südwind Ora. Das Konzept und die Formensprache entwickeln sich also aus dem Prinzip heraus, ein Gebäude zu errichten, das aus dem Hang wächst und einen Innenhof bildet, der die Wohnbereiche schützt.

Foto: Gustav Willeit

Vogelperspektive: Eine große Auffahrt führt zu einer höhlenartigen Garage, die in das abschüssige Gebäude gegraben wurde. Darüber befindet sich das 380 m2 große Gebäude in Hufeisenform.

Einblick: Schlichte Räume prägen das Innenleben der Villa Kastelaz. Vorherrschend sind Beton, Terrazzo und Holz. „Wir wollten eine warme, aber einfache Atmosphäre für die Familie schaffen“, erklärt Pichler.

Die Formensprache wirkt sehr futuristisch. Ernten Sie manchmal auch Kritik für Ihre Bauten?

Sicher, je mehr man mit Projekten und Publikationen der Öffentlichkeit ausgesetzt ist, desto mehr gibt es Kritik. Bisher sind wir aber relativ gut davongekommen.

Wie gehen Sie mit Kritik um?

Kritik ist wichtig für den Diskurs. Schlimmer ist, wenn etwas entsteht, und keinen interessiert’s. Wo es Reibung gibt, gibt es Kreativität.

In Ihrem Büro in Mailand beschäftigen Sie 13 Mitarbeiter. Inwieweit sind Sie noch in alle Projekte involviert?

Natürlich kann ich nicht bei allen Meetings dabei sein, aber ich bin beim Entwurf und bei jeder kreativen Entscheidung mit eingebunden. Architektur ist Teamwork. Wir sind im Büro fast hierarchielos unterwegs. Wir arbeiten nach dem darwinistischen Prinzip: Die beste Idee überlebt.

Es ist nicht einfach, moderne Annehmlichkeiten, Design und umweltfreundliches Bauen zu vereinen und doch ist es mehr denn je notwendig. In welche Richtung sollte es in Zukunft gehen?

Schon jetzt planen wir intelligente Bauwerke. Unsere Arbeit beruht auf den Prinzipien des bioklimatischen Bauens, bei dem es darum geht, Naturphänomene wie Wind, Sonne oder geologische Faktoren zu verstehen, um Gebäude in die natürliche Umgebung zu integrieren und ihren Energieverbrauch zu minimieren. Wir als Architekten arbeiten in diese Richtung, aber wir haben einen gewissen Begrenzungsrahmen. Hier braucht es endlich politische Entscheidungen. Wenn die Politik klare Ansagen machen würde, dass bestimmte Materialien nicht mehr verwendet und gewisse Aspekte berücksichtigt werden müssen, dann stellt sich die Frage so nicht mehr.

Und die Bauherren? Spielen die mit?

Es gibt immer wieder Diskussionen, weil die Investitionssummen für nachhaltige Projekte in der Praxis höher sind. Ja, auf dem Papier ist nachhaltiges Bauen teurer, langfristig ist es aber viel intelligenter. Leider sieht der Bauherr oft nur die Kosten auf dem Papier und denkt nicht in größeren Zeiträumen.

Auch gute Architekten zu beauftragen, ist sehr kostspielig.

Das Architektenhonorar im Verhältnis zu den Baukosten ist relativ gering. Was aber überwiegen sollte, ist der kulturelle Mehrwert. Der steht auf keinem Excel Sheet und ist nur schwer messbar. Ein Bauwerk kann gleich mehrere Sektoren aktivieren, ein Ansporn für ein ganzes Gebiet werden und weit darüber hinausstrahlen. Ein Gebäude kann zur Destination werden. 50

LICHTFÄNGER

In Bologna baut Pichler derzeit den neuen Hauptsitz des Motorenherstellers Bonfiglioli. Um Arbeitsbereiche mit indirektem natürlichem Licht zu maximieren, hat er die Nordfassade durch die Neigung des Gebäudedachs vergrößert. Die Südfassade und das Dach sind mit einer Haut aus Aluminiumgewebe versehen, die das grelle Licht filtern soll.

Foto: Daniel Zangerl Foto: Jörgen Camrath

NEUER ALPENSTIL

Das Hotel Milla Montis in Meransen trägt die Handschrift von Peter Pichler. Der Baukörper besteht aus vier verschiedenen Volumen mit einer geschwungenen Exoskelett-Fassade. Die Innenräume aus Eschenholz stehen für zeitlosen Alpenchic.

Mit demselben Argument plant Großinvestor Benko ein gebautes Denkmal für die Gletschermumie Ötzi auf dem Virgl.

Das kann ich nicht beurteilen. Das ist eine rein politische Diskussion und eine gefühlt ewige Geschichte.

Recht neu ist hingegen der Einsatz von digitalen Technologien zur vernetzten Planung von Gebäuden. Welche Rolle spielen sie?

Sie spielen eine sehr große Rolle, um Prozesse zu optimieren und Abläufe zu verkürzen. Wir haben die Möglichkeit, komplexe Situationen zu simulieren, aber das wird nie den kreativen Part ablösen. Architekten wird es auch in Zukunft geben. Es gibt keine Software, die Architektur ausspuckt. Ideen und Skizzen entstehen bei mir meist im Kopf, häufig im Restaurant, wo ich sie einfach auf eine Serviette kritzle (lacht).

Ihr Vater führt ein erfolgreiches Stahl- und Fassadenbauunternehmen. Nie daran gedacht, mit einzusteigen?

Nach meinem Studium stand die Diskussion im Raum. Bei einer gemeinsamen Bergtour sprach mein Vater über seine Pläne, ein Büro in New York zu eröffnen. Das wäre interessant gewesen, aber ich war in einer schwierigen Phase, ich konnte keine Entscheidung treffen. Mir war bewusst, sie hätte den Rest meines Lebens geprägt. Gleichzeitig habe ich in Spanien meine Frau kennengelernt. Sie hat mir eine wichtige Frage gestellt: Wer bist du eigentlich? Meine Antwort: Ich bin Architekt. Ein eigenes Architekturbüro war natürlich ein Risiko, das hätte auch schiefgehen können, aber ich musste meinen eigenen Weg gehen.

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„WO ES REIBUNG GIBT, GIBT ES KREATIVITÄT.“

Viele Unternehmerkinder stehen unter Erfolgsdruck. Gibt es den bei Ihnen in der Familie auch?

Mein Vater hat mich und meine Schwestern nie zu etwas gedrängt, dafür bin ich sehr dankbar. Meine Schwester Tanja ist Ingenieurin und im Familienbetrieb tätig, Sylvia designt Taschen und Mode. Jeder ist glücklich mit dem, was er macht. Aber ja, es ist nicht immer einfach für Unternehmerkinder, Entscheidungen zu treffen. Für mich jedenfalls war es so.

Sie haben vorhin Ihre Frau Silvana Ordinas erwähnt. Sie sind beruflich und privat ein Paar. Wie lässt sich das vereinbaren?

Während meiner Zeit in Hamburg und in London gab es im Büro einige Pärchen. Ich habe immer gesagt, das kann nicht gut gehen. Aber es klappt sehr gut! Silvana kümmert sich um Business- Angelegenheiten. Wir sind im selben Büro, haben aber völlig unterschiedliche Aufgabenbereiche. Wir ergänzen uns perfekt.

Haben Sie auch schon Ihr gemeinsames Haus geplant?

Vor eineinhalb Jahren haben wir in Mailand eine Wohnung gekauft. Ein eigenes Haus steht derzeit nicht auf dem Programm, aber in Zukunft vielleicht. Meine Frau ist Spanierin, ein Ferienhaus auf Mallorca wäre gut denkbar. n

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