das
HEFT
PH-Magazin Nr. 12 2024
Glück
Ein Heft über Aspekte des Glücks – über Chancengerechtigkeit und Bildungsbiografien, über Zufriedenheit im Berufsalltag und über Glücksgefühle beim Experimentieren und Improvisieren.
«Wir haben den gesellschaftlichen Anspruch, alle Kinder zu fördern – jene am unteren Rand der Leistungskurve ebenso wie jene am oberen Rand» – Gespräch mit Stefanie Gysin, Stefan Denzler und Markus Neuenschwander 8
«Unser Beruf ist attraktiv» – vier Lehrpersonen sprechen über ihre Werdegänge und ihren Berufsalltag 18
Die «Joyfulness» im Chaos 48
Spass – Action – Teamgeist !
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• Erlebnisspielplatz der Vergnügungspark für die Kinder
• Wandervergnügen das Erlebnis mit toller Aussicht
• Grillplausch das feurige Vergnügen für hungrige Kinder
DAS HEFT
Glück
Seit der Antike ist das Streben nach Glück ein Thema des menschlichen Daseins – und die Definitionen von Glück sind wohl so vielfältig, wie es auch die Menschen sind. Kommt dazu, dass es mehrere Formen von Glück gibt. Das Englische etwa unterscheidet zwischen «happiness» und «luck» und setzt damit eine sprachliche Unterscheidung fort, die schon in der Antike bei den Griechen und Römern gemacht wurde. Im Griechischen gibt es die Unterscheidung zwischen «eudaimonia» und «eutychia» und im Latein wird zwischen «felicitas» und «fortuna» unterschieden. In der deutschen Sprache dagegen nützen wir «Glück» sowohl für den Zustand des «Glücklich-Seins» wie auch für Zufallsglück, etwa beim Würfeln.
Im Zusammenhang mit einer Hochschule kommt einem Glück aber wohl nicht als Erstes in den Sinn. Und dennoch gibt es zahlreiche Schnitt- und Berührungspunkte, gerade bei der Aus- und Weiterbildung von pädagogischen Fachpersonen. Einige dieser Punkte greift die vorliegende HEFT-Ausgabe auf.
Im einleitenden Fokusgespräch etwa geht es um Fragen rund ums Thema Chancengerechtigkeit. Sind alle Schüler*innen in der Schweiz ihres eigenen Glückes Schmied? Welche Faktoren in einer Bildungsbiografie sind Glückssache? Und was heisst das für die Lehrpersonenbildung? In einer angeregten Runde diskutierten Stefanie Gysin, Co-Leiterin der Professur Bildungstheorien und interdisziplinärer Unterricht am Institut Kindergarten-/Unterstufe der PH FHNW, Markus Neuenschwander, Leiter des Zentrums Lernen und Sozialisation am Institut Forschung und Entwicklung der PH FHNW, und Stefan Denzler, stellvertretender Direktor der Schweizerischen Koordinationsstelle für Bildungsforschung und Mitglied des Fachhochschulrats der FHNW.
Weiter geben vier Lehrer*innen, die an der PH FHNW studiert haben und heute auf unterschiedlichen Stufen unterrichten, Einblicke in ihre Werdegänge. Auch wenn nicht alles nur rosarot ist, ist schön zu sehen, dass bei allen eine Zufriedenheit spürbar ist und sie sich in ihrem Beruf wohlfühlen.
In den weiteren Beiträgen der aktuellen Ausgabe werden Projekte vorgestellt, die auf jeweils unterschiedli-
che Weise mit Glück in Verbindung stehen: Mit dem Glück etwa, das Schüler*innen und Studierende erfahren, wenn sie durch eigene Experimente zu Erkenntnissen gelangen. Aber auch mit Werten und Wertevorstellungen in der Schule und im Unterricht. Und es wird eine Bachelor-Arbeit vorgestellt, in der es um Wahrscheinlichkeiten und Würfelstrategien von Kindern beim Spielen geht.
Ich wünsche Ihnen eine anregende und inspirierende Lektüre dieses vielfältigen HEFTs.
Guido McCombie Direktor der Pädagogischen Hochschule FHNW
Titelbild: mrs justyellowsmile, Olaf Breuning
Rückseite: mr saladorlunchalwaysgood, Olaf Breuning
Glück
3 Editorial von Guido McCombie
6 Nachgefragt – «Wo zeigt(e) sich Glück in Ihrem Leben?»
FOKUS
8 «Wir haben den gesellschaftlichen Anspruch, alle Kinder zu fördern – jene am unteren Rand der Leistungskurve ebenso wie jene am oberen Rand» –Gespräch mit Stefanie Gysin, Stefan Denzler und Markus Neuenschwander von Marc Fischer
DOSSIER
18 «Unser Beruf ist attraktiv» von Marc Fischer
20 «Dass ich Teil dieser Entwicklung sein darf, freut mich und macht mich auch ein bisschen stolz» von Marc Fischer
22 «Ich kann viel von den Kindern lernen» von Marc Fischer
24 «Man muss bereit sein, in Beziehungsarbeit zu investieren» von Marc Fischer
26 «Es ist für mich eine Erfüllung» von Marc Fischer
28 Nuancen des Glücks von Marc Fischer
31 Wohlbefinden fördert Leistungszuwachs und Motivation von Wassilis Kassis
32 Vom Glück auf soziale Pat*innen zu treffen von Astrid Bieri
34 Bildessay: Faces von Olaf Breuning
«Wir haben den gesellschaftlichen Anspruch, alle Kinder zu fördern –jene am unteren Rand der Leistungskurve ebenso wie jene am oberen Rand»
Sind alle Schüler*innen in der Schweiz ihres eigenen Glückes Schmied?
Welche Faktoren in einer Bildungsbiografie sind Glückssache? Und was heisst das für die Chancengerechtigkeit und für die Lehrpersonenbildung? Diese Fragen diskutieren Stefanie Gysin, Markus Neuenschwander und Stefan Denzler im Expert*innengespräch.
Seite 8
«Unser Beruf ist attraktiv»
Yvonne Beck, Fabian Hug, Fabienne Kümmerli und Sonia Calvi haben alle an der PH FHNW studiert –und unterrichten nun seit einigen Jahren. In diesem «HEFT» geben sie Einblicke in ihre unterschiedlichen Werdegänge, erzählen, warum Unterrichten sie glücklich macht und wo der Beruf herausfordernd ist.
Seite 18
«Nutzen und Lerneffekt sind hoch»
Studierende der PH FHNW bearbeiteten anhand von MobiLab-Experimenten eigene Forschungsfragen. Ihre zukünftigen Schüler*innen dürfen sich darauf freuen, selbstständig experimentieren zu können.
Seite 40
Werte leben, Glück erleben: Wie Werte und Wohlbefinden (in der Schule) zusammenhängen
Was bedeutet es, glücklich zu sein? Welche Faktoren beeinflussen, dass es uns gelingt, unser Leben mit Glücksmomenten zu bereichern? Im VALISE-Projekt wurden 1200 Primarschüler*innen und 100 Lehrpersonen zu ihren Werteorientierungen befragt.
Seite 44
AUS DER PH
40 «Nutzen und Lerneffekt sind hoch»
von Marc Fischer
42 Serendipity oder das Glück im Studium erfahren
von Janine Gut, Simone Kannengieser, Jan Weisser, Raphael Zahnd
44 Werte leben, Glück erleben: Wie Werte und Wohlbefinden (in der Schule) zusammenhängen von Thomas Peter Oeschger
48 Die «Joyfulness» im Chaos von Michael Hunziker
51 Glück gehabt!
von Virginia Nolan
52 «Es geht nicht darum, sich die Sterne vom Himmel zu holen» von Virginia Nolan
54 Tipps zu Spielen, Games, Büchern und ausserschulischen Lernorten
«Wo zeigt(e) sich Glück in Ihrem Leben?»
1
«Schon oft zeigte sich Glück in meinem Leben – in meiner Kindheit, im Privileg, einen Beruf zu erlangen, der nicht nur meinen Lebensunterhalt sichert, sondern mir viel Freude bereitet, im Privaten, mit Beziehungen und Familie. Dies macht mich zum Glückskind! Doch Glücksempfinden ist für mich nicht verknüpft mit einer privilegierten Lebenssituation. Unzählige Glücksmomente erlebe ich im Kleinen – bei alltäglichen Begegnungen, wo echter Austausch entsteht, mit meinem Pferd in der Natur oder beim Geniessen eines Musikstücks oder eines Buches. Glück empfinde ich dann, wenn mich etwas aufbauend berührt.»
SUSANNE ANRIG, Leiterin Hauptabteilung Sonderpädagogik, Amt für Volkschulen, Kanton Basel-Landschaft
2«Glück bedeutet für mich, zu lernen, zu lesen und zu wachsen. Als Kind war es das Strahlen meiner Familie, wenn ich gute Noten von der Schule nach Hause brachte. In meiner Heimat ist Wissen heilig. Diese Wertschätzung begleitet mich bis heute. Glück finde ich auch im Dienst an der Gemeinschaft. Zu sehen, wie junge Menschen durch Bildung ihre Träume verwirklichen und die Welt verbessern, erfüllt mich mit Freude. Als Departementsvorsteher gibt es mir Energie, Teil dieser wichtigen Aufgabe zu sein.»
MUSTAFA ATICI, Regierungsrat, Erziehungsdepartement des Kantons Basel-Stadt
3
«Lachend und mit sichtlicher Freude sammeln wir Worte und üben uns im Versuch 'Glück' zu fassen. Glück ist wenn ich mit Kleinem, Grosses bewirken kann. wenn ich ein Lächeln zaubern kann.
manchmal gross und manchmal klitzeklein. im richtigen Moment in die richtige Richtung zu schauen, also eine Frage der Perspektive. neugierig, offen und aufmerksam zu sein. zu teilen.
… Freude zu bereiten. nicht immer sichtbar, jedoch in vielem zu finden. sich an positiven Vorbildern zu orientieren. Was wir aber alle merken, Glück ist verbindend und sinnstiftend. Was uns alle verbindet, ist das Glück einen wunderbaren Beruf ausüben zu können und das Glück zu haben, uns gerne an unsere eigene Kindergartenzeit zurückzuerinnern.»
VORSTAND FRAKTION KINDERGARTEN, Aargauischer Lehrerinnen- und Lehrerverband alv
4«Ich arbeite nun seit sechs Jahren in der Schulsozialarbeit und auch da war mir das Glück nicht verwehrt. Es war nicht immer gleich ersichtlich oder von negativen Situationen überschattet, aber das Glück zeigte sich auch da. Die Reise begann in Würenlingen. Eine glückliche Fügung ermöglichte mir, meinen Zivildienst an der Schule Würenlingen zu leisten. Ja, auch meine Freundin arbeitete da, was für ein Zufall. Aber entscheidend war auch der Schulleiter, der mir das ermöglichte. Nach etwas mehr als einem halben Jahr war ich mit meinem Zivildienst fertig und wurde als Schulsozialarbeiter eingestellt. Ich merkte schnell, dass diese Arbeit mehr als nur wichtig war und sie mich ebenfalls mit grossen Glücksmomenten bereichert hat. Ich lernte wundervolle Menschen kennen. Ich durfte Erfahrungen machen und solche teilen, die mir niemand nehmen kann.»
PASCAL BUCHER, Vorstandsmitglied Verein Schulsozialarbeit Aargau
5
«Ich hatte in meinem Leben das grosse Glück, dass ich in herausfordernden Lebenssituationen immer Menschen in meinem Umfeld hatte, die für mich da waren und mich unterstützt haben. Mit dieser Unterstützung konnte ich meinen Blick immer wieder optimistisch nach vorne richten und mich auf das Positive konzentrieren. Durch dieses Vorwärtsgehen habe ich nun das Glück, sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich ‘angekommen’ zu sein. Als Schulleiterin schätze ich mich glücklich, in einem tollen Team mit engagierten Lehrpersonen zu arbeiten, die tagtäglich junge Menschen auf ihrem Weg in ein hoffentlich glückliches Erwachsenenleben begleiten dürfen.»
JACQUELINE HERRMANN, Rektorin, Gymnasium Muttenz
6«Glück ist für mich der Moment, in welchem sich eine wunderbare Lösung ergibt –sei es privat oder beruflich. Plötzlich sind alle Türen offen, Zweifel beiseitegelegt, die nächsten Schritte aufgegleist, die Zukunft erhält Konturen. Dieses Gefühl von Glück ist euphorisierend und gibt unglaublich vielEnergie. Glück erlebe ich intensiv in Beziehungen mit lieben Menschen, bei Meilensteinen meiner Kinder, in beruflichen Weichenstellungen, wenn ich mit meiner Lieblingsmusik vor dem Lagerfeuer abtauche oder atemberaubende Eindrücke in, an und auf der Aare oder im Jura mitnehmen darf. Und ich bin wie 'Züri West' überzeugt: 'Irgendwenn chunnt me immer a Irgendwo geit e Türe uf Irgendeinisch fingt ds Glück eim.'»
MATHIAS STRICKER, Präsident Verband Lehrerinnen und Lehrer Solothurn, LSO
«Wir haben den gesellschaftlichen Anspruch, alle Kinder zu fördern – jene am unteren Rand der Leistungskurve ebenso wie jene am oberen Rand»
Von Marc Fischer (Text) und Christian Irgl (Fotos)
Sind alle Schüler*innen in der Schweiz ihres eigenen Glückes Schmied? Welche Faktoren in einer Bildungsbiografie sind Glückssache?
Und was heisst das für die Chancengerechtigkeit und für die Lehrpersonenbildung?
Diese Fragen diskutieren Stefanie Gysin, Co-Leiterin der Professur Bildungstheorien und interdisziplinärer Unterricht am Institut Kindergarten-/Unterstufe der PH FHNW, Markus Neuenschwander, Leiter des Zentrums Lernen und Sozialisation am Institut Forschung und Entwicklung der PH FHNW, und Stefan Denzler, stellvertretender Direktor der Schweizerischen Koordinationsstelle für Bildungsforschung und Mitglied des Fachhochschulrats der FHNW.
Was braucht es für erfolgreiche Bildungsbiografien –seitens der Kinder, seitens der Schulen, aber auch seitens sonstiger Rahmenbedingungen?
Markus Neuenschwander: Die erste Frage ist: Was ist eine erfolgreiche Bildungsbiografie? Ist damit ein hoher Status gemeint? Oder ein hohes Einkommen? Oder ist hohes Prestige das Kriterium? Heisst erfolgreich, dass ein Kind das erfüllt, was die Eltern wollten? Bedeutet Erfolg eine hohe Passung – also dass ein Individuum das machen kann, was seinen Fähigkeiten, seiner Persönlichkeit und seinen Interessen entspricht? Wir haben an der PH FHNW das WiSelProjekt durchgeführt, ein grosses, zehnjähriges Projekt, bei dem diese Fragen im Zentrum standen. Global kann ich, sehr verkürzt, Folgendes sagen: Es gibt Gelingensbedingungen auf der individuellen Ebene.
Dazu gehören Intelligenz, gute Leistungen, Motivation und Selbstregulationsfähigkeiten von Kindern und Jugendlichen. Zweitens sind Familien wichtige Erfolgsfaktoren, beispielsweise können Eltern Wärme und Struktur geben. Dabei spielen auch die finanziellen Ressourcen oder die beruflichen und sozialen Netzwerke der Eltern eine Rolle. Auch die Verfügbarkeit der Eltern und die Interaktionsdichte mit den Kindern sind wichtige Faktoren. Und auf der Ebene von Schule und Lehrpersonen gibt es weitere wichtige Erfolgsfaktoren, beispielsweise passender Unterricht, faire, aber hohe Leistungserwartungen der Lehrpersonen an die Kinder, kognitiv anregende Aufgaben, förderliche Rückmeldungen, gute Klassenführung, hohe fachliche, pädagogisch-didaktische Kompetenzen und andere. Zwischen diesen Faktoren gibt es natürlich viele Wechselwirkungen.
Stefanie Gysin: Ich deute Erfolg – aus meiner Sichtweise – bildungstheoretisch. Ich kann an den eben genannten Katalog andocken. Die Frage ist dabei:
Lese ich Erfolg subjektiv, das heisst vom Individuum her, oder lese ich ihn eher normativ, sprich von der Gesellschaft ausgehend? Den eigenen Interessen nachzugehen und das eigene Potenzial zu ergründen und auszuschöpfen, können durchaus als wichtige Aspekte für Bildung angesehen werden und dahingehend, ob ich – hier auf das Subjekt bezogen – eine erfolgreiche Bildungsbiografie durchlaufe. Aber es gibt auf der anderen Seite auch Kompetenzen, welche die Gesellschaft erwartet und ans Kind heranträgt. Auch in der Schule. Und es dann heisst, wenn du diese und jene Kriterien erfüllst, über diese und jene Kompetenzen verfügst, bist du erfolgreich – oder eben nicht.
Stefan Denzler: Aus einer gesellschaftlichen Perspektive würde ich eher vom Ziel reden. Was erachten wir als Gesellschaft als gute Bildung? Und da muss das Ziel sein, alle Menschen mit den grundlegenden Kompetenzen auszustatten, damit sie später aktiv an der Gesellschaft teilnehmen können. Das bedeutet, dass alle Menschen ihr Bildungspotenzial ausschöpfen
«Reflexion ist ein elementarer Bestandteil. Neben dem Aneignen von Wissen und dem entsprechenden Handeln muss man auch zurückschauen und überlegen, ob es gelungen ist – beziehungsweise warum etwas gelungen ist oder eben nicht»: Stefanie Gysin, Co-Leiterin der Professur Bildungstheorien und interdisziplinärer Unterricht am Institut Kindergarten-/Unterstufe der PH FHNW.
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können sollten. Damit sind wir bei einem Gerechtigkeitskonzept; wir sprechen von «equity». Dahinter steht der Anspruch an die Gesellschaft, das Bildungssystem so einzurichten, dass alle, unabhängig von Geschlecht, sozialer oder nationaler Herkunft ihr Potenzial ausschöpfen können. Seitens der Schule hiesse das, dass sie fähig sein müsste, auf die individuellen Unterschiede der Schüler*innen in der Klasse einzugehen und ein individualisiertes, personalisiertes Lernen zu ermöglichen. Und weil die Schule das leisten soll, muss es auch die Lehrpersonenbildung leisten und die Studierenden darauf vorbereiten.
Der Kindergarten ist der Einstieg in die Schulzeit und damit auch der Start der institutionalisierten Bildungsbiografie. Wie wichtig ist dieser Einstieg?
Stefanie Gysin: Grundsätzlich ist der Eintritt in die Volksschule natürlich etwas Besonderes und markiert eine Übergangs- und Umbruchsphase. Die Kinder kommen in ein neues Setting. Sie müssen lernen, sich in diesem didaktisierten Setting zurechtzufinden. Sie
haben eine Lehrperson als zusätzliche Bezugsperson. Sie haben Gleichaltrige, mit denen sie sich vergleichen. Das sind alles Faktoren, die besonders sind. Bei diesem Einstieg ist die pädagogische Beziehung zur Lehrperson etwas Wesentliches. Was für den Einstieg in den Kindergarten überdies bedeutsam ist, ist das erzieherische Moment. Kinder müssen gewisse Sachen wie Regeln, Rituale oder Routinen von Grund auf lernen. Wie man miteinander in sozialen Gruppen umgeht etwa. Das ist sicher spezifisch für diese Zielstufe.
Kann man sagen, dass schon sehr früh die Basis gelegt wird für eine erfolgreiche Bildungsbiografie? Oder umgekehrt: Vieles, was man bezüglich Regeln und Rituale nicht bereits im Zyklus 1 lernt, kann man später nur schwer nachholen?
Stefanie Gysin: Grundsätzlich gehe ich – auch mit Blick in die Literatur – von einem Menschenbild aus, das den Menschen als lernfähig und selbsttätig ansieht. Klar, die Lehrpläne der Schulstufen bauen aufeinander auf und insofern legt man im Zyklus 1 einen
«Es ist es wichtig, dass Kinder die Erfahrung machen, dass sie in ihrem Lernen selbstwirksam sind»: Stefan Denzler, stellvertretender Direktor der Schweizerischen Koordinationsstelle für Bildungsforschung und Mitglied des Fachhochschulrats der FHNW.
wichtigen Grundstein. Der Kompetenzerwerb beginnt im ersten Zyklus. Später wird die Komplexität ausgeweitet und gesteigert. Insofern ist der Grundstein sicher wichtig. Aber das heisst nicht, dass man nicht später auch noch Dinge dazulernen kann.
Markus Neuenschwander: Dazu gibt es spannende Studien. Eine Zürcher Längsschnittstudie etwa hat gezeigt, dass man den Sek-I-Abschluss relativ gut voraussagen kann anhand von Merkmalen aus dem Kindergarten. Die Autor*innen der Studie haben dabei drei, vier Merkmale gefunden, die eine relativ hohe Vorhersagekraft haben. In unserer WiSel-Studie können wir den Sek-II-Abschluss erstaunlich gut anhand von Merkmalen aus der Primarschule vorhersagen. Das heisst, Bildungsverläufe werden früh vorbereitet. Aber es passieren im Laufe eines Lebens immer Ereignisse, welche die Entwicklungen korrigieren. Ich würde mich deshalb auch gegen den Determinismus aussprechen, dass Bildungsabschlüsse früh festgelegt sind, aber festhalten, dass es wichtige steuernde Elemente gibt.
Stefan Denzler, Sie haben vorhin das Equity-Konzept angesprochen. Nun bringt jedes Kind am Anfang seiner Schulzeit unterschiedliche Voraussetzungen mit. Wie können die Schule oder das Bildungssystem diese ausgleichen? Und inwiefern ist Bildung sogar Glückssache?
Stefan Denzler: Wenn wir auf die genetische Disposition der Menschen blicken, dann ist Bildung Glücksache, in dem Sinn, dass die genetischen Bedingungen einen grossen Einfluss auf den Bildungserfolg haben, und was wir genetisch mitbekommen, ist letztlich eine Lotterie. So zeigen sich beispielsweise in Studien mit zweieiigen Zwillingen, die zwar die familiäre Situation teilen, aber nicht die genetische Ausstattung, grosse Unterschiede im Bildungserfolg. Dann gibt es im Bildungssystem verschiedene Momente, bei denen man sagen kann, das ist eine Glücksache – auch wenn man das eigentlich nicht so möchte. Nehmen wir etwa die Schulklassenzuteilung: Sie ist nicht zufällig, sondern häufig regional, sozial oder räumlich vorgegeben. Aber so kommen Kinder mit gleichem Bildungspotenzial in sehr unterschiedliche Settings und werden dadurch möglicherweise unterschiedliche Outcomes haben.
Stefanie Gysin: Mir kam zuallererst der Begriff «Bildsamkeit» in den Sinn. Alles beginnt damit, dass das Individuum merkt, dass es einen Anteil an seiner Entwicklung hat. Selbstbestimmung ist dabei ein wichtiges Schlagwort. Und das ist sicher auch eine zentrale Aufgabe der Lehrpersonen. Dass sie die Kinder dahingehend fördern und unterstützen, dass das Kind merkt, dass es einen Anteil an seinem eigenen Bil-
dungsprozess hat. Und dass es nicht Zufall oder Glück sind, die bestimmen. Denn diese Auslegung wäre sehr schlecht für das Lernen und den Lernprozess des Kindes.
Stefan Denzler: Genau. Wenn man darauf schaut, wo man hineingeboren wurde, kann man sagen, ich hatte Glück. Diese Zufälligkeit gibt es. Auch bei der genetischen Disposition kann man von Glück reden. Aber dann ist es wichtig, dass Kinder die Erfahrung machen, dass sie in ihrem Lernen selbstwirksam sind. Dass sie in Schulen einen Bildungserfolg erleben können und nicht die Erfahrung machen, dass sie einfach immer am Ende der Leistungsskala sind. Dies fordert von den Lehrpersonen, von den Schulen, vom Umfeld, dass sie auf die individuellen Bedürfnisse eingehen können.
Markus Neuenschwander: Es gibt die Theorie, dass sich Menschen in jenem Kontext optimal entwickeln, der zu ihnen passt. Diese Passung gilt für die genetische Ausstattung wie auch für soziale Bedürfnisse. Es gibt dabei drei Möglichkeiten, diese Passung herzustellen: Erstens kann ich einen Kontext wählen, der passt. Die Berufswahl ist ein gutes Beispiel dafür. Wenn ich einen Beruf wähle, der passt, dann kann ich mich darin optimal entwickeln. Zweitens: Der Kontext, also in unserem Fall die Schule, ist dafür verantwortlich, ein optimales Umfeld zu schaffen. Und drittens kann ich, im Sinne von Selbstwirksamkeit, einen Beitrag leisten als Individuum, dass der Kontext zu mir passt. Den Kontext, in den ich geboren werde, oder die Schulklasse, in die ich eingeteilt werde, kann ich nicht beeinflussen. Aber ich habe einen Anteil an den anderen Parametern. Teilweise sind Bildungsverläufe fremdgesteuert durch Regeln des Bildungssystems, aber ich kann einen Beitrag leisten und meinen Kontext wählen und mitgestalten – und damit auch meine Entwicklungsbedingungen.
Und dann kommen wieder Stichworte wie Motivation und Selbstregulation ins Spiel, die den selbstbestimmten Anteil beeinflussen?
Markus Neuenschwander: Genau, das ist der Anteil des Individuums. Ich verstehe den Menschen immer in seinem Kontext. Die Wechselwirkung zwischen Individuum und Umfeld schafft die Bildungsbiografie. Damit kann man einen Teil steuern und ein Teil wird gesteuert. Und dieser ist – wenn man das so sehen will – Glück.
Kommen wir nochmals auf die Chancengleichheit zurück: Wie kann man sie steigern?
Stefan Denzler: Man müsste zuerst klären, ob wir über
«Die Wechselwirkung zwischen Individuum und Umfeld schafft die Bildungsbiografie. Damit kann man einen Teil steuern und ein Teil wird gesteuert»: Markus Neuenschwander, Leiter des Zentrums Lernen und Sozialisation am Institut Forschung und Entwicklung der PH FHNW.
gleiche Chancen beim Zugang reden, gleichen Input meinen, also «equal treatment», oder ob wir den Outcome in den Blick rücken. Wenn man weiss, dass Menschen unterschiedlich sind und man einen gleichen Outcome haben möchte, müsste man das Treatment sehr unterschiedlich gestalten, was politisch heikle Fragen aufwirft. Aber auch beim Ziel «equal outcomes» stellt sich die Frage, inwiefern das erstrebenswert ist, wenn man weiss, dass Menschen unterschiedliche Potenziale haben. Wir müssen also vielmehr ein Umfeld schaffen, das jedem Individuum erlaubt, sein Potenzial bestmöglich zu nutzen. Die Frage nach dem Potenzial ist jedoch eine schwierige Frage, weil wir das nicht messen können. Es könnte sein, dass beispielsweise eine leistungsschwache Schülerin ihr Potenzial besser ausschöpft als eine leistungsstarke. Wen müssen wir nun wie fördern?
Stefanie Gysin: Individualisierung hat durchaus ihre Berechtigung, schliesslich geht es – humanistisch gedacht – um den Menschen als Individuum. Unterricht ist aber letztlich nicht Einzelunterricht, sondern findet in einem sozialen Setting statt und ich muss lernen,
mich in diesem sozialen Setting bewegen zu können. Das ist konstituierend für Unterricht. Es braucht also immer beides.
Markus Neuenschwander: Jetzt haben wir das Spannungsfeld eröffnet zwischen einem allgemeinen Bildungsgerechtigkeitskonzept, das für alle gelten soll, und den persönlichen Interessen eines Individuums. Eltern sind beispielsweise der Meinung, ihr Kind soll den maximalen Vorteil haben, auch wenn dies vielleicht zulasten der Mehrheit geht. Ich beschäftige mich schon ein paar Jahre damit und bin etwas frustriert. Ich habe das Gefühl, alle finden, Chancengleichheit ist etwas Wichtiges. Politiker*innen, Lehrpersonen, alle. Aber nur, wenn es nicht weh tut. Wenn man beispielsweise gewisse Vorteile abgeben muss, die das eigene Kind hat, dann ist man plötzlich nicht mehr so begeistert von der Chancengleichheit.
Stefan Denzler: Ich denke, Schule muss Individualisierung und Integration leisten können, und ich denke, das ist auch möglich. Die Schule leistet bereits einen grossen Beitrag zu Inklusion und sozialem Zusammenhalt.
Und das muss sie vielleicht noch besser tun können oder sie muss es noch besser zeigen können. Denn wenn Eltern merken, dass ihr Kind auch in einer heterogenen Klasse optimal gefördert wird, dann sind sie auch eher dazu bereit zu akzeptieren, dass ihr Kind in einem solchen heterogenen Setting ist. Die technologische Entwicklung, die wir aktuell durchmachen mit KI eröffnet hier ein grosses Potenzial, das von den Schulen unbedingt genutzt werden sollte.
Markus Neuenschwander: Die Forderung nach Individualisierung existiert seit der Reformpädagogik und gilt als modern. Der Punkt, über den die Lehrpersonen am meisten klagen, ist aber, dass sie diese Individualisierung nicht leisten können. Schliesslich unterrichten sie aus ökonomischen Gründen Kinder nicht einzeln, sondern in Klassen. Der Vorteil dieses Settings ist die Gemeinschaftsbildung. Aber nach meinem Verständnis führt Individualisierung ohnehin nicht notwendigerweise zu mehr Chancengleichheit. Chancengerechtigkeit entsteht vor allem in Beurteilungs- und Selektionssituationen.
Stefan Denzler: Fakt ist: Wir haben eine zunehmende Heterogenität. Selbst dann, wenn man bezüglich Integration einen Schritt zurückmachen würde und stärker separat beschulen würde. Die Heterogenität bleibt gross – leistungsmässig und vor allem auch verhaltensmässig. Daher führt also nichts daran vorbei, die Lehrpersonen fit zu machen und sie mit jenen Skills auszustatten, damit sie damit umgehen können.
Welche Skills sind das?
Stefan Denzler: In meinem Verständnis braucht es beispielsweise viel psychologisches Wissen. Ich habe von aussen immer den Eindruck, dass die Psychologie in der Lehrpersonenbildung eine kleinere Rolle spielt, als sie eigentlich könnte. Solches Wissen ist sehr wichtig. Weiter braucht es eine gute «Diagnosefähigkeit». Wie gut können Lehrpersonen die Fähigkeiten ihrer Schüler*innen einschätzen? Das ist notwendig, um anschliessend auf die Bedürfnisse eingehen zu können. Das sind zwei absolute Schlüsselkompetenzen.
Stefanie Gysin: Ich habe auch sofort ans Beobachten gedacht. Es geht darum, wirklich genau hinschauen zu können in der Lernbegleitung. Das Kind pädagogisch-diagnostisch beobachten, erfassen und klar trennen, was sehe ich objektiv und was ist meine Interpretation. Woher kommt meine Schlussfolgerung? Auf welches psychologische Wissen stütze ich ab? Da würde ich schon sagen: Lernbegleitung und Beobachten sind wesentliche Punkte – gerade im Zusammenhang mit Individualisierung.
Stefan Denzler: Etwas konkreter: Mit schwierigen Schüler*innen kann ich besser umgehen, wenn ich ein psychologisches Wissen habe. Wenn ich weiss, was jeweils abläuft, hilft mir das enorm bei meinen Interventionen. Oder nehmen wir das Beispiel schwierige Eltern: Je besser ich psychologisch geschult bin, umso professioneller kann ich mit ihnen umgehen.
Das spricht dafür, dass es in der Lehrpersonenbildung auch viel Hintergrundwissen braucht?
Stefan Denzler: Ich habe hier von Skills und Kompetenzen gesprochen, aber natürlich steht Wissen dahinter. Klar ist: Lehrpersonen brauchen eine Hochschulbildung. Sie müssen sich viel Wissen aneignen, dass sie dann im Beruf anwenden müssen. Aber die Beispiele, die ich gemacht habe, sind handfeste praktische Anwendungen.
Stefanie Gysin: Es ist vielleicht etwas simpel ausgedrückt, aber wie soll ich ein Kind einschätzen, wenn ich nichts weiss? Auf welche Kategorien soll ich mich dann stützen? Das ist Wissen, das ich mir aneignen muss. Im Studium ist – wie in der Schule – der Wissenserwerb zentral. Natürlich immer im Hinblick darauf, wie ich es dann im Unterricht auch didaktisiere. Wie kann ich eine Anschlussfähigkeit aufzeigen? Wie kann ich die Relevanz deutlich machen? Das ist elementar im Unterricht. Lebensweltbezug schaffen, die Kinder abholen. Ähnlich verhält es sich auch mit den Wissensbeständen im Studium an pädagogischen Hochschulen: Die Studierenden müssen sich Wissen aneignen, unter anderem auch, um das eigene Handeln zu legitimieren. Und dabei gilt es, die Bedeutung dieses Wissens für das pädagogische Handeln deutlich zu machen, also die Praxisbedeutsamkeit der Inhalte aufzuzeigen.
Markus Neuenschwander: Die Diskussion Theorie vs. Praxis wird seit langem geführt. Schule ist nun mal komplexer, als dass man sie mit einfachen handwerklichen Mitteln managen könnte. Wenn ich im Unterricht etwas mache, weiss ich nicht sicher, was das Ergebnis ist. Dies gilt im Unterschied zu einer Maschine. Wenn ich dort auf einen Knopf drücke, weiss ich, was passieren wird, wenn die Maschine funktioniert. Ich finde auch den Vergleich mit der Medizin hilfreich. Wenn ich einem Menschen ein Medikament gebe, möchte ich eine gewisse Wirkung erzielen, eine Krankheit soll geheilt werden. Ich weiss aber auch, dass es Nebenwirkungen haben kann. Jeder Mensch ist komplex. Und so ist es auch im Unterricht. Ich kann nicht etwas machen und dann passiert immer das, was ich möchte. Das wünschen sich alle, aber so ist es in der Realität nicht. Zudem: Diagnostik
«Natürlich
ist es wünschbar, das individuelle Potenzial optimal zu fördern.»
Markus Neuenschwander
ist das eine, Adaptivität ist das andere. Wenn ich ein Kind oder eine Situation verstanden habe, muss ich dann auch ein Handlungsrepertoire haben, um Kinder angemessen zu fördern. Diagnostik allein reicht nicht.
Stefan Denzler: Das ist klar. Das gehört natürlich auch in die Ausbildung. Wissensbestände oder theoretisches Wissen müssen verbunden werden mit einer Umsetzung in die Praxis. Wenn mir aber das Wissen fehlt, kann ich in der realen Situation in der Schule nicht adäquat reagieren. Und wenn ich das Handlungsrepertoire nicht habe, nützt mir auch das beste theoretische Wissen nichts. Es braucht beides.
Stefanie Gysin: Und es braucht die Reflexion. Sie ist auch ein elementarer Bestandteil. Neben dem Aneignen von Wissen und dem entsprechenden Handeln muss man auch zurückschauen und überlegen, ob es gelungen ist – beziehungsweise warum etwas gelungen ist oder eben nicht. Muss ich etwas verändern an meinem Unterricht? Vielleicht auch in der Lernbegleitung? Die Rückschau, die Reflexion sind ganz elementar für die Weiterentwicklung.
Markus Neuenschwander: Natürlich ist es wünschbar, das individuelle Potenzial optimal zu fördern. Wenn ich aber als Lehrperson weiss, dass ein Kind aus einer Familie mit akademischem Hintergrund stammt, dann gebe ich dem Kind rasch zusätzliche Förderung, insbesondere wenn die Noten mal etwas tiefer sind, damit die Noten wieder steigen und die Eltern mit mir als Lehrperson zufrieden sind. Individualisierung führt in diesem Fall zur Verstärkung des
Herkunftseffekts. Und das wäre aus meiner Sicht unerwünscht.
Stefan Denzler: Da bin ich jetzt nicht sicher. Natürlich gibt es den Herkunftseffekt. Aber die Ausstattung mit kognitiven und nicht-kognitiven Fähigkeiten ist nicht nur herkunftsabhängig. Heisst: Das Kind einer Ärztefamilie kann sehr begabt sein. Dann ist es gerechtfertigt, dass man es ihm in der Schule ermöglicht, sein Potenzial bestmöglich auszuschöpfen, auch wenn das dazu führt, dass sich die Leistungsspreizung verstärkt. Das ist dann aber nicht per se ungerecht. Es kann aber auch sein, dass das Kind sein Potenzial bereits ausgeschöpft hat und nicht auf das Leistungslevel kommt, das die Eltern vielleicht erwarten. Mein Verständnis von Equity bedeutet nicht, dass ich begabte Schüler*innen nicht fördern darf. Wir haben den gesellschaftlichen Anspruch, alle Kinder zu fördern – jene am unteren Rand der Leistungskurve ebenso wie jene am oberen Rand.
Markus Neuenschwander: Für mich ist der entscheidende Punkt die Begründung der zusätzlichen Förderung. Mache ich diese, weil das Kind ein hohes Potenzial hat, oder mache ich es, weil die Akademiker-Eltern es wollen? Letzteres wäre unfair. Die zusätzliche Förderung wäre aber fair, wenn das Kind nicht-ausgeschöpftes Potenzial besitzt. Dieser Unterschied ist entscheidend. Denn die Tatsache der Individualisierung kann dazu führen, dass durchsetzungsfähige soziale Schichten ihre Forderungen prägnanter formulieren und Lehrpersonen vielleicht auch beeindrucken damit, und dann nicht mehr das Potenzial des Kindes im Zentrum steht.
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Die «Deutsche Grammatik» gibt Studierenden und Lehrpersonen einen fundierten Überblick über die Grammatik, wie sie an der Schweizer Volksschule gelehrt wird, vermittelt Hintergrundinformationen und gibt Tipps für den Unterricht.
Die überarbeitete Ausgabe wurde auf den Lehrplan 21 und neuere Erkenntnisse der Fachdidaktik und Grammatikschreibung hin angepasst und erweitert. Konzepte und Begriffe stimmen mit dem neuen Lehrmittel «Deutsch» überein.
lmvz.ch/Wissen/Deutsch
erweiterte und aktualisierte Neuausgabe
Stefan Denzler: Ich verstehe diesen Punkt. Aber hier ist meine Antwort klar: Je besser die Lehrperson professionell handeln kann, je besser sie das Kind einschätzen kann, merkt sie, ob das Kind begabt ist. Oder sie merkt, es sind nur Elternwünsche, die nicht kindgemäss sind.
Markus Neuenschwander: Wir haben Lehrpersonen schon gefragt: Was ist euch wichtiger? Das Kind gemäss seinem Potenzial zu fördern und zu beurteilen und damit Konflikte mit den Eltern in Kauf zu nehmen oder ein gutes Einvernehmen mit den Eltern zu pflegen und dafür das Kind nicht gemäss seinem Potenzial zu fördern? Die Antwort ist sehr unterschiedlich. Viele haben gesagt, dass der Konflikt mit den Eltern für sie das grössere Problem wäre. Wenn ich das Postulat nach Individualisierung stelle, ist das Risiko einer Verstärkung der Chancenungleichheit hoch. Wenn man nun nach dem Beitrag der Lehrpersonenbildung fragt, wäre für mich ein kritischer Punkt die Frage: Wie sehr habe ich das Rückgrat, mich im Sinne der Chancengerechtigkeit für ein Kind einzusetzen, das Förderung braucht, unabhängig davon, ob die Eltern das wollen oder nicht. Und hier wäre für mich eine Aufgabe der Lehrpersonenbildung, einerseits diese Prozesse zu erklären und andererseits das Können zu vermitteln oder die Selbstwirksamkeitsüberzeugung aufzubauen, dass man in solchen Konfliktsituationen bestehen kann. Der nächste Teil betrifft dann die Schulen oder die Kantone, die Rahmenbedingungen schaffen müssten, damit Lehrpersonen Konfliktsituationen mit Eltern unbeschadet überstehen – im Interesse der Chancengleichheit. Aktuell stützen die Rahmenbedingungen die Lehrpersonen zu wenig.
Stefanie Gysin: Markus, du hast gesagt, die Antworten seien durchaus ambivalent, aber es gebe Lehrpersonen, die sich auf die Seite der Eltern stellen. Da frage ich mich schon: Fehlt ihnen entsprechendes Wissen, um mit solchen Konfliktsituationen adäquat umgehen zu können? Zum einen im Hinblick auf pädagogisch-ethisches Wissen, um die verschiedenen Interessen und Bedürfnisse der beteiligten Akteur*innen innerhalb der Institution Schule gegeneinander abzuwägen und aufeinander abzustimmen. Und zum anderen könnte man fragen, haben sie genügend juristisches Wissen? Das zeigt sich auch in Lehrveranstaltungen mit Studierenden, in denen es um pädagogisch-ethische Fragen geht. Sie kommen und fragen, darf ich dieses und jenes überhaupt im Unterricht? Ist es meine Aufgabe? Habe ich das Recht dazu? Es sind Fragen nach ihrem Handlungsrahmen und wie sie hier zu begründeten Entscheidungen kommen. Sowohl die pädagogisch-ethische
als auch juristische Wissensbasis können hier zur Entlastung beitragen oder Sicherheit bieten, wie ich in solche Gespräche hineingehen kann.
Stefan Denzler: Ein weiteres Mittel, das sicher helfen würde, in solchen Situationen Fakten auf den Tisch legen zu können, wären standardisierte Leistungstest. Davon haben wir viel zu wenige in der Schweiz. In der Nordwestschweiz haben wir die Checks. Diese begrüsse ich – auch aus Elternsicht – sehr, um ein Feedback zu haben. Es gibt auch die Möglichkeit, standardisierte Leistungstest rein diagnostisch zu nutzen in den Schulen. Lehrpersonen wenden das aus meiner Sicht viel zu wenig an, dabei wäre es sehr hilfreich. Solche Tests geben sofort ein Feedback für die Lehrpersonen selbst und für die Eltern. Man kann dann viel einfacher zeigen, wo ein Kind konkret steht.
Markus Neuenschwander: Ich stimme dem zu. Es gibt aber auch Risiken. Wir haben Leistungstest in 20 verschiedenen Schulklassen durchgeführt. Die durchschnittlichen Leistungsunterschiede zwischen den leistungsstärksten und den leistungsschwächsten Klassen entsprechen ungefähr dem Lernfortschritt eines Kindes in drei Jahren. Wenn ich nun einen solchen standardisierten Leistungstest anwende, könnte es ja sein, dass die Resultate der Kinder in meiner Klasse im Vergleich zu den anderen Klassen sehr tief sind und ich eigentlich allen eine ungenügende Note geben müsste. Das können Lehrpersonen als bedrohlich empfinden, weil es heissen könnte, dass sie eine schlechte Arbeit machen.
Stefan Denzler: Gerade für Kinder aus sozial schwächeren Familien sind standardisierte Checks ein Mittel, um den Lehrpersonen die Augen zu öffnen und zu zeigen, dass ihr Kind eigentlich sehr begabt ist, es aber vielleicht noch nicht bemerkt wurde. Es ist aber Aufgabe der Lehrperson, solche Tests einzuordnen.
«Unser Beruf ist attraktiv»
Yvonne Beck, Fabian Hug, Fabienne Kümmerli und Sonia Calvi haben alle an der PH FHNW studiert – und unterrichten nun seit einigen Jahren. In diesem «HEFT» geben sie Einblicke in ihre unterschiedlichen Werdegänge, erzählen, warum Unterrichten sie glücklich macht und wo der Beruf herausfordernd ist.
«Dass ich Teil dieser Entwicklung sein darf, freut mich und macht mich auch ein bisschen stolz»
Yvonne Beck wollte von klein auf Lehrerin werden. Nun hat sie ihren Berufswunsch realisiert und kann sich aktuell nichts anderes vorstellen, als zu unterrichten – und dies obwohl ihre Gemütslage noch vor zwei Jahren eine andere war.
Von
Marc Fischer
Lehrpersonen sind Vorbilder. Im Fall von Yvonne Beck war die eigene Schulzeit gar eine doppelte Motivation: «Ich hatte eine tolle Primarschulzeit mit einer super Lehrerin. Aus dieser Zeit blieb mir viel Positives in Erinnerung.» In der Oberstufe kippte dies dann etwas. «Hier war es für mich weniger schön und es gab auch Lehrpersonen, die aus meiner Sicht eher Anschauungsunterricht lieferten, was ich später besser machen könnte», sagt sie. «Denn für mich war eigentlich immer klar, dass ich Lehrerin werden möchte.»
Diesen Plan hat Yvonne Beck mittlerweile in die Tat umgesetzt. 2023 hat sie am Institut Kindergarten-/ Unterstufe der PH FHNW ihr Studium abgeschlossen. Da sie bereits während ihres Studiums mit einem grossen Pensum unterrichtete, startete sie nach den Sommerferien bereits in ihr viertes Berufsjahr. «Mittlerweile habe ich ein volles Pensum und ich könnte mir aktuell nichts anderes vorstellen, als zu unterrichten», sagt sie. «Ich bin definitiv glücklich in meinem Beruf.»
Kinder machen täglich Fortschritte
Und was trägt am meisten zu diesem Glücksgefühl bei? «Es ist schön zu sehen, wie die Kinder sich entwickeln und täglich Fortschritte machen. Schön zu sehen, was sie alles schaffen können, wenn man sie motiviert und unterstützt. Dass ich Teil dieser Entwicklung sein darf, freut mich und macht mich auch ein bisschen stolz.» Natürlich gebe es auch Aspekte, die manchmal etwas nerven, fügt Yvonne Beck an.
«Ich habe beispielsweise das Gefühl, dass es immer mehr Formalitäten zu erledigen gibt. Dabei sollte doch das Unterrichten im Zentrum stehen.»
Yvonne Beck betont aber auch, wie wichtig das Umfeld für Lehrpersonen ist. «Wäre ich vor zwei Jahren gefragt worden, wie es mir im Beruf geht, hätte ich weniger enthusiastisch geantwortet», gibt sie zu. Dies habe nichts mit dem «Praxisschock» zu tun, der immer wieder ins Feld geführt wird. Vielmehr habe sie sich an ihrer damaligen Schule etwas als «Lückenfüllerin» gefühlt, die jene Lektionen erhalten habe, die im Kollegium nicht so beliebt waren. Eine eigene Klasse etwa habe sie nicht erhalten. «Dann habe ich mich entschieden, die Schule zu wechseln, obwohl mir die Kinder ans Herz gewachsen waren. Nun habe ich eine eigene Klasse und kann die Schüler*innen in allen Fächer begleiten. Das bedeutet mir sehr viel», so Beck.
Götti-System beim Berufseinstieg
«Trotz der gewinnbringenden Praktika, die ich im Rahmen des PH-Studiums gemacht habe, fehlte mir natürlich zu Beginn noch eine gewisse Erfahrung», sagt sie. Dies sei aber mit einem Götti-System an der Schule gut wettgemacht worden. «Eine Ansprechperson zu haben, hat mir sehr geholfen.» Generell sei die gegenseitige Unterstützung im Kollegium wichtig. Und: «Ebenso wichtig ist es aus meiner Sicht, eine Schulleitung zu haben, die hinter einem steht, wenn es Probleme mit Eltern oder Schüler*innen gibt und die einen bei Bedarf auch fachlich unterstützen kann.» An ihrem aktuellen Arbeitsort sei dies vollumfänglich gegeben. So dass dem Glück, Lehrerin zu sein, nichts im Wege steht.
«Ich kann viel von den Kindern lernen»
Fabian Hug wechselte von der Informatikbranche ins Klassenzimmer – und möchte seinen Beruf nicht mehr missen.
Von Marc Fischer
Den ersten Schritt in seine berufliche Zukunft machte Fabian Hug am Zukunftstag – allerdings nicht als Kind, sondern während seiner Zeit als Informatiker. «Es war eine grossartige Erfahrung, dass ich Kindern meinen Job näherbringen konnte», sagt er rückblickend. «Ich merkte, man kann jungen Menschen Perspektiven eröffnen.» Bei Fabian Hug setzte ein Denkprozess ein. «Ich war ohnehin nicht mehr ganz zufrieden im IT-Sektor und merkte immer mehr, dass ich lieber mit Menschen arbeite als mit Maschinen», erinnert er sich. Schliesslich fasste Hug den Entschluss, am Institut Primarstufe der PH FHNW zu studieren.
Bis heute bereut er diesen Entscheid nicht. «Die Mittelstufe ist für mich ideal. Die Kinder haben schon eine eigene Meinung, können diese artikulieren und sind selbstständiger als noch auf der Unterstufe. Man kann mit ihnen diskutieren und ihre Motivation ist hoch.»
Sein PH-Studium schloss Hug 2021 ab, schon im Jahr
zuvor begann er in einem kleinen Pensum zu unterrichten. Aktuell beträgt sein Pensum 40 Prozent, zusammen mit einer Stellenpartnerin unterrichtet er eine 6. Klasse. Daneben absolviert er ein Studium in Erziehungswissenschaften im Master und ist an der Universität Zürich als Projektmitarbeiter in der Erforschung des Draussenunterrichts tätig.
Lerngelegenheiten schaffen, digitale Medien integrieren «Ich unterrichte sehr gerne und möchte es nicht mehr missen», betont er. Die unterschiedlichen Tätigkeiten ergänzten sich bestens. «Im Studium und im Büro ist es sicher ruhiger. Im Klassenzimmer ist dann mehr Action angesagt, es läuft stets viel und die Zeit vergeht wie im Flug.» Es sei eine Freude, den Kindern etwas zeigen zu können und so den Weg für neue Erkenntnisse zu gestalten und Verständnis zu fördern. «Ich kann aber auch viel von den Kindern lernen, wenn ich ihre Überlegungen nachvollziehe oder etwas aus ihrer Perspektive anschaue.»
Fabian Hug unternimmt viel, um spannende Lerngelegenheiten für seine Klasse zu schaffen – sei es im Klassenzimmer, bei Ausflügen oder im Klassenlager. «Interessant ist es, Themen nahe an der Lebenswelt
der Kinder aufzugreifen und beispielsweise digitale Medien zu integrieren. Am schönsten ist, wenn die Klasse beim Ertönen der Pausenglocke fragt: ‘Müssen wir wirklich in die Pause?’»
Mehr Anerkennung seit der Pandemie
Und wann ist es am schwierigsten, Lehrperson zu sein? «Ein Punkt ist sicher die Bürokratie», sagt Fabian Hug. «Aus meiner Sicht ist vieles aufwändig, das nicht aufwändig sein müsste.» Auch ungenügende Noten geben zu müssen sei nicht einfach. «Besonders dann, wenn ich weiss, dass sich die Schüler*innen angestrengt haben.» Natürlich könne es auch mit Kindern, Eltern, Lehrer*innen oder der Schulleitung zu Diskussionen kommen, die anstrengend sein können. «Aber grundsätzlich ist es doch so, dass die Arbeit mit Menschen per se Konfliktpotenzial beinhaltet. Das kann beschwerlich sein, gehört aber letztlich dazu und ist nichts Negatives.»
Trotz der Aspekte, welche die Freude am Beruf auch mal trüben können, betont Hug: «Unser Beruf ist at-
traktiv.» Auch die Anerkennung, die Lehrpersonen entgegengebracht werde, sei seit der Pandemie wieder gestiegen. «Viele Leute haben gesehen, was wir leisten, und ich spüre häufig, dass der Respekt dafür vorhanden ist.»
Erfahrung hilft im Beruf
Fabian Hug freut sich darauf, sich in den nächsten Berufsjahren weiterzuentwickeln. «An der PH FHNW wurde ich gut auf den Beruf vorbereitet. Die Kombination von Modulen an der Hochschule und Praktika ermöglicht es einem, das Gelernte gleich anzuwenden.» Und doch bringe der Berufseinstieg dann eine andere Verantwortung mit sich. Im Praktikum geniesse man diesbezüglich noch eine Art «Welpenschutz». Die ersten Berufsjahre hätten ihm gezeigt, wie wichtig Erfahrung sei. «Der vierte Schulanfang ist anders als der erste. Man lernt, entspannter mit Dingen umzugehen.» Eines aber hat sich nicht geändert: «Ich habe Schule bereits als Kind geliebt und das ist bis heute so geblieben.»
«Man muss bereit sein, in Beziehungsarbeit zu investieren»
Fabienne Kümmerli unterrichtet an zwei Baselbieter Gymnasien zu je 50 Prozent. Das ist anforderungsreich, gleichzeitig aber vielseitig bereichernd». Vor allem das gemeinsame Wachsen und Lachen, den Austausch und das Mitverfolgen der individuellen Entwicklung der Jugendlichen geniesst sie sehr.
Von Marc Fischer
Fabienne Kümmerli hat erreicht, was sich viele Lehrpersonen auf der Sekundarstufe II wünschen: eine Festanstellung, ein 50-ProzentPensum am Gymnasium Liestal. Ein weiteres, befristetes 50-Prozent-Pensum hat Fabienne Kümmerli, die ihren Abschluss an der PH FHNW 2023 gemacht hat, am Gymnasium Oberwil inne. Ihre Freude am Beruf und ihre Motivation sind im Gespräch deutlich spürbar. «Ich will unbedingt unterrichten», sagt sie. Die Freude daran hat sie bereits während ihres Universitätsstudiums entdeckt, als sie auf Sekundarstufe I als Stellvertretung tätig war. «Ich habe damals schon gemerkt, wie schön es ist, mit Jugendlichen zu arbeiten und sie in ihrer persönlichen und intellektuellen Entwicklung zu begleiten.» Diese Freude ist bis
heute nicht verloren gegangen und zeigt sich nicht zuletzt darin, dass Fabienne Kümmerli gerne selbstständige Arbeiten ihrer Schüler*innen betreut.
Gegenseitige Vertrauensbasis
Wichtig sei es, eine Vertrauensbasis zu den Schüler*innen aufzubauen, betont Fabienne Kümmerli. «Man muss als Lehrperson bereit sein, in Beziehungsarbeit zu investieren.» Dies brauche manchmal gar keinen riesigen Effort. «Es hilft bereits, die Jugendlichen zu loben oder für ihre Situation Verständnis zu zeigen. Gerade, wenn sie es schwer haben.» In ihrer ersten Maturklasse, die sie erst kurz vor Abschluss übernommen hat, habe sich gezeigt, «auf wie viele Details die Schüler*innen inner- und ausserhalb des Unterrichts geachtet haben», sagt Fabienne Kümmerli. Als Abschiedsgeschenk haben die Schüler*innen ihr ein Buch überreicht, in dem alle eine Seite mit persönlichen, positiven Erinnerungen gestaltet haben. «Das gab mir Bestätigung und viel positive Energie.»
Energie gibt aber auch der Austausch im Kollegium und in der Fachschaft. «Es ist bei uns wirklich ein
Miteinander, was ich sehr geniesse», so Fabienne Kümmerli. Während des Bewerbungsprozesses für die Festanstellung sei sie von Mentor*innen begleitet worden. «Das ermöglichte mir – wie schon während der Praktika im Studium an der PH FHNW – Einblicke in den Unterricht von anderen Lehrpersonen. Das schätzte ich sehr.»
Anforderungsreich und bereichernd
Energiebooster kann Fabienne Kümmerli ab und an gut gebrauchen, wie sie zugibt. Dass sie die zeitliche Kapazität habe, 100 Prozent zu arbeiten, habe ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt dabei sicher erhöht, fügt die Deutsch- und Geschichtslehrerin an. Anforderungsreich und manchmal anstrengend sei es aber allemal – gerade auch durch die Tätigkeit an zwei verschiedenen Schulen mit Sitzungen, Fachschaftstreffen und Arbeitsgruppen an beiden Orten. «Das Drumherum ausserhalb des Unterrichtens im Klassenzimmer benötigt viel Zeit und ist einem beim Berufseinstieg gar nicht so bewusst», so Kümmerli. Besonders wenn Schüler*innen schwerwiegende Probleme hätten oder die Regeln als optionale Richtlinien verständen. «Ich habe jeden Tag mit bis zu 70 Personen Kon-
takt und alle bringen ihre Emotionen mit», sagt sie. «Das ist oft schön und ich schätze das von den Schüler*innen entgegengebrachte Vertrauen sehr, aber es braucht auch viel Energie.»
Deshalb ist es für Fabienne Kümmerli auch wichtig, Fenster für sich selbst einzuplanen und mit Tanzen und Sport einen Ausgleich zum Berufsalltag zu finden – oder Energie aus dem Alltag im Klassenzimmer zu ziehen. Wie jüngst, als ein Schüler sie zu Unterrichtsbeginn fragte, ob sie seine selbstständige Arbeit betreue. «Ich hatte schon mehreren anderen Schüler*innen zugesagt und wollte eigentlich nicht noch mehr Arbeiten übernehmen», erzählt sie. «Doch er liess nicht locker. ‘Ich habe das beste Thema und brauche darum auch unbedingt Sie’, lautete sein Argument.» Es sind Momente, die Fabienne Kümmerli zeigen, dass sie den besten Job hat – und dass der Schüler eine Zusage erhielt, versteht sich von selbst.
«Es ist für mich eine Erfüllung»
Sonia Calvi merkte während der Erwachsenenmatur, wie viel Freude es ihr macht, ihr Wissen zu erweitern. Heute gibt sie Wissen an der Berufsschule Aarau an Jugendliche weiter – und ist als Konrektorin Teil der Schulleitung.
Von Marc Fischer
Sonia Calvis erste Berufswahl war nicht Lehrerin. Sie absolvierte eine Lehre als Tiefbauzeichnerin mit Berufsmatur, arbeitete in einem Ingenieurbüro und absolvierte die Technikerschule. «Erstmals Jugendliche begleitet habe ich dann, als ich begann, die Lernenden in unserer Firma zu betreuen», erinnert sie sich. Es machte ihr Spass, die Initialzündung zum Jobwechsel war es allerdings noch nicht. «Irgendwann merkte ich allerdings, dass ich in meinem Beruf nicht mehr glücklich war», so Sonia Calvi. «Mir fehlten die Perspektiven und ich wollte meinen Horizont erweitern.»
Erwachsenenmatur als Einstieg
Die Aargauerin entschied sich, die Erwachsenenmatur zu machen – und merkte, wie viel Freude es ihr machte, Wissen aufzunehmen. Und so folgte
nach dem Erhalt des Maturitätszeugnisses ein Studium. Die Wahl fiel auf die Fächer Englisch und Geschichte. Es folgten die ersten Schritte in der Disziplin «Wissen weitergeben»: Sonia Calvi gab während des Studiums Nachhilfeunterricht und war als Hilfsassistentin an der Universität Basel tätig. Nach dem Studienabschluss stellte sie sich die Frage, wie der nächste Schritt in ihrer beruflichen Laufbahn aussieht. «Ich konnte mir sehr gut vorstellen, zu unterrichten. Doch gleichzeitig habe ich es mir damals noch nicht wirklich zugetraut. Da ich mich in Richtung Sekundarstufe II orientieren wollte, wo es – gerade mit meinen Fächern –keinen Lehrpersonenmangel gibt, zweifelte ich auch daran, eine Stelle zu finden.»
Sonia Calvi wagte den nächsten Schritt dennoch. Sie entschied sich für ein Sek-II-Studium an der PH FHNW und unterrichtete bereits während dieser Zeit an der Berufsschule Aarau und der Aargauischen Maturitätsschule für Erwachsene (AME). «Im Studium habe ich den Rucksack bekommen, den man im Schulalltag braucht», sagt Sonia Calvi. In den Bereichen Allgemeine Didaktik und Erziehungswissenschaften habe sie beim Start des Studiums persönlich noch die grössten Lücken gehabt. «Deshalb konnte
«Es macht mir grossen Spass, im Team solche Projekte anstossen und realisieren zu können.»
Sonia Calvi
ich dort für mich am meisten mitnehmen. Generell habe ich sehr geschätzt, dass man relativ flexibel Lehrveranstaltungen auswählen konnte, die man brauchte.»
Freiheiten tragen zum Glücksgefühl bei Nach dem Abschluss der Sek-II-Ausbildung im Jahr 2019 konnte sie ihre Pensen an der Berufsschule Aarau und der AME behalten und ausbauen – auch durch «glückliche Fügungen», wie Sonia Calvi sagt. «Es ist für mich eine Erfüllung, mit jungen Menschen Ziele zu erreichen. Ich kann meine eigene Freude am Lernen teilen und den Schüler*innen Motivation mitgeben.» Weitere Aspekte, die zum Glücksgefühl beitragen, sind gewisse Freiheiten in der Zeiteinteilung und in der Ausgestaltung des Unterrichts. Zudem schätzt Sonia Calvi die Arbeit mit jungen Erwachsenen. «Ich unterrichte in Klassen, welche die Berufsmaturität absolvieren, und habe es zumeist mit sehr motivierten Jugendlichen zu tun. Viele sind volljährig, Elternarbeit gibt es auf meiner Stufe deutlich weniger als in der Volksschule.»
Schulentwicklungsprojekte anstossen und realisieren
Mittlerweile ist Sonia Calvi auf der Karriereleiter noch eine Stufe höher geklettert. «Ich wurde angefragt, ob ich an einem Mentoring-Programm zur Förderung von Frauen auf Sek-II-Führungsstufen teilnehmen möchte, und sagte zu», erklärt sie. Nach Abschluss des Programms ergab sich eine Vakanz in der Schulleitung der Berufsschule Aarau. «Da ich mich an der Schule sehr wohl fühlte, habe ich mich beworben und letztlich die Stelle als Konrektorin erhalten», so Calvi. Unterrichten bleibe eine Herzensangelegenheit, betont Sonia Calvi, die sechs bis acht Lektionen wöchentlich im Klassenzimmer steht. Gleichzeitig ist sie als Mitglied der Schulleitung in übergeordnete Schulentwicklungsprojekte involviert. «Es macht mir grossen Spass, im Team solche Projekte anstossen und realisieren zu können. Zudem sehe ich es als meine Aufgabe, den Kolleg*innen Unterstützung und Rückendeckung zu geben, und versuche, dieser Aufgabe gerecht zu werden.»
Nuancen des Glücks
Glück kann vieles sein: Momentaufnahme, Erleichterung, an eine Leistung gekoppelt oder frei, auf dem Weg oder am Ziel. Vier Studierende machten sich eigens für «das HEFT» im Gespräch mit Wassilis Kassis, Leiter des Instituts Forschung und Entwicklung der PH FHNW, Gedanken zum Glück. Aufzeichnungen einer Gedanken-Collage.
Von Marc Fischer (Text und Foto)
«Glück ist für mich das Gefühl von Leichtigkeit. Ich habe die Tendenz, sehr viel nachzudenken. Das Gefühl, im Moment zu sein und eben nicht konstant nachzudenken, hat für mich etwas mit Glück zu tun», so beschreibt Christian Frei seine Asso-
ziationen zu Glück. Auch Laura Streiff erwähnt das Gefühl von Leichtigkeit und sagt: «Für mich ist Glück ein inneres Strahlen, ein intensives Gefühl der Freude. Das ist für mich auch der Unterschied zu Zufriedenheit. Diese kann langanhaltend sein, aber das Glück kommt von einem Moment auf den anderen.» Und Nadja Auer ergänzt: «Für mich ist Glück eine Momentaufnahme. Oft realisiere ich erst im Nachhinein, dass gerade ein glücklicher Moment war. Denn Glück kann einen überall treffen und überkommen, ganz unabhängig vom eigentlichen Gemütszustand.» Carolyn Wollscheid ist die vierte Teilnehmerin der Gesprächsrunde. «Mein Verständnis von Glück hat sich im Laufe des Lebens verändert. Aber es hat immer etwas mit Geborgenheit und Familie zu tun.»
Die vier Studierenden absolvieren den Master in Vermittlung von Kunst und Design, den die Hochschule für Gestaltung und Kunst Basel FHNW in Kooperation mit der PH FHNW anbietet. Sie sind künstlerisch tätig und erwerben mit diesem Studiengang das Lehrdiplom für Maturitätsschulen. Ist das Glück im künstlerischen Schaffen ein anderes als im (Hoch-)Schulkontext? «Für mich steht Glück im schulischen Kontext stets in einer Verbindung zu Leistung», sagt Nadja Auer. «Es ist oft das Gefühl von Erleichterung in einem Stressmoment. In der Kunst ist das offener. Da kann das Glück genauso der Weg sein und weniger das Endresultat.» Dem stimmt Laura Streiff umgehend zu: «Wenn man künstlerisch tätig ist, ist man ständig auf der Suche, ohne genau zu wissen, wonach. In diesem Prozess kann man plötzlich das Glück finden – und das schöne Ergebnis vielleicht im nächsten Moment schon wieder zerstören.» Eine Parallele zwischen künstlerischem Schaffensprozess und Studienerkenntnissen zieht dagegen Christian Frei: «Wenn ich selbstständig etwas lese, darüber nachdenke und dann etwas verstehe, was ich zuvor nicht verstanden habe, ist das ein Glücksmoment.» Unterstützt werden könne ein solcher Prozess auch durch «qualitativ hochwertige Interaktionen» mit Mitstudierenden oder Dozierenden, ergänzt Frei.
Wie in seinem Beitrag (vgl. S.31) kam Wassilis Kassis auch im Gespräch mit den Studierenden auch auf sogenannte Glückshemmer zu sprechen. «In der Glücksforschung sagt man, nichts mache unglücklicher als ein dauerndes Streben nach Glück», warf er ein. Das könne er gut nachvollziehen, antwortete Christian Frei. «Man möchte so viel Glück wie möglich haben, weil das ein unglaubliches Gefühl ist. Aber ich hatte schon häufiger das Gefühl, dass andere irgendwie öfter glücklich sind und ich selbst also auch mehr Glück haben sollte. Ich habe mir dann jeweils gesagt, dass Glück eine Fügung ist, über die man selbst wenig Kontrolle hat.» Mit dem Vergleichen führte er dabei gleich einen zweiten aus der Forschung bekannten Glückshemmer an – und stiess bei Laura Streiff auf offene Ohren. «Ich merke, dass ich durch das stete Vergleichen nicht nur mein Glück hemme, sondern auch
meine Motivation oder Produktivität. Eine andere Person glücklicher zu sehen, bringt einen selbst in eine Form von Opferrolle.» Sie sei da etwas ambivalent, entgegnete Carolyn Wollscheid. «Wenn man das Glück als eigene Verantwortung ansieht, dann kann man sich selbst ausbremsen. Nach dem Motto: ‘Ich bin nicht glücklich, und ich bin selbst schuld daran.’ Andererseits ist das Gefühl der Selbstwirksamkeit wichtig, um wieder den Weg Richtung Glück einzuschlagen.»
Ob das Streben nach Glück letztlich dazu führe, dass man auch stets partout Unglück vermeiden wolle, hakte Wassilis Kassis nach. Er empfinde eher das Gegenteil, antwortete Christian Frei. «Immer das Unglück zu erwarten, kann auch hinderlich sein, weil man dann nichts mehr wagt.» Dabei sei es wichtig, mutig durchs Leben zu gehen und die eigene Komfortzone regelmässig zu verlassen, betonte Laura Streiff. «Wenn man immer auf Nummer sicher geht und das mögliche Unglück vermeiden will, verpasst man das.» «Genau, wenn man nur das macht, was man sich sowieso zutraut, dann steht man dem eigenen Wachstum im Weg», ergänzt Nadja Auer. «Und wachsen und merken, dass man wächst, sind in allen Bereichen des Lebens auch sehr starke Glücksmomente.»
Und was bedeuten all diese Gedanken und Erkenntnisse nun für die spätere Tätigkeit als Lehrpersonen? «Allgemein für die Schule, aber auch spezifisch für das Fach Bildnerisches Gestalten ist Selbstwirksamkeit ein wichtiges Stichwort», so Christian Frei. «Und die Schüler*innen konsequent zu ermutigen, an sich selbst und ihr Potenzial zu glauben.» Selbstwirksamkeit zu fördern, sei sehr wichtig, betont auch Nadja Auer. «Und einen Fokus auf Kreativität zu legen und nicht unbedingt immer nur auf Leistung und Erfolgserlebnisse. So lernen die Schüler*innen, dass Glück auch in einem Prozess entstehen kann.» Einen weiteren wichtigen Aspekt hebt Carolyn Wollscheid hervor: «Es sind die Beziehungen der Menschen untereinander, die meiner Meinung nach zufrieden und glücklich machen. Das gilt auch für den Umgang der Lehrpersonen mit ihren Schüler*innen.»
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Wohlbefinden fördert Leistungszuwachs und Motivation
Welchen Einfluss hat der Fokus auf Ressourcen und Erfolge in der Well-Being-Forschung? Und weshalb fördert ein höheres Wohlbefinden, den Leistungszuwachs und die Motivation? – Erkenntnisse für das professionelle pädagogische Handeln sowie für die eigene Lebensführung.
Von Wassilis Kassis
Aus den Erkenntnissen der Forschung der Positiven Psychologie, beispielswiese über Resilienz und Flow-Erlebnisse, sind Bedingungen ableitbar, die selbstgesteuertes Handeln des Individuums unterstützen sowie pädagogische Begleitung von Kindern und Jugendlichen hin zu höherem Glückserleben fördern. Im Kontext von Bildung geht es, so die Glücksforscherin Ulrike Graf, die es faszinierenderweise geschafft hat, die allgemeine Glücksforschung auf die Pädagogik zu übertragen, um das mit dem international gebrauchten Begriff «well-being», definierte Glück. Auf Deutsch mit «Wohlbefinden» bezeichnet, bezieht sich dieses auf die Lebenszufriedenheit, die Menschen in sozialer und materieller Teilhabe entdecken. Pädagogische Konzepte zur Umsetzung von Glück und tragender Lebenszufriedenheit befassen sich demnach mit der Umsetzung von Wohlbefinden in Bildungsinstitutionen, von Kindergärten bis pädagogischen Hochschulen.
Die Glücks- und Well-Being-Forschung ist damit ein wichtiger Teil eines Paradigmenwechsels, der sich in den letzten vier Jahrzehnten vollzogen hat. Ohne Defizite oder Risiken auszublenden, wird nun der Fokus deutlich durch eine positive, nämlich die Gelingensperspektive ergänzt, die sich durch ihre Aufmerksamkeit auf Ressourcen und Erfolge auszeichnet.
Was ist aber Well-Being (nicht) in der Lehrer*innenbildung?
Pädagogisch weniger relevant ist Wohlbefinden einzig als ein Hochgefühl, das von äusseren Gegebenheiten abhängt, von einer besonderen Intensität des Erlebens geprägt ist und somit nicht dauerhaft sein kann. Bedeutsamer erweist sich die tragende Lebenszufriedenheit als Haltung dem Leben gegenüber, denn die Vorbedingungen dieses Lebensglücks können gemäss Ul-
rike Graf geübt und gepflegt werden. Wie wir auch in der eigenen Forschung an der PH FHNW mit Jugendlichen und Studierenden haben aufzeigen können, sollte ein multidimensionaler Wohlbefindensansatz gewählt werden, der eng an die Resilienzforschung gekoppelt ist. Demnach sollten wir sowohl bei Kindern und Jugendlichen (wie aber auch bei Studierenden übrigens) Indikatoren für «Wohlbefinden» berücksichtigen und fördern, die sich auf ihren emotionalen, sozialen und fachlich-akademischen Zustand beziehen, und nicht nur auf globales Glück oder gar einzelne Leistungen fokussieren. Deswegen müssen wir, Ryan & Deci folgend, nach «hedonischen» (sich gut fühlen, «feeling fine») und «eudaimonischen» (sich kompetenzmässig positiv entwickeln, «doing well») Dimensionen des Wohlbefindens fördern.
Hierbei müssen vier Glückshemmer nicht unerwähnt bleiben, die sehr häufig dazu führen, dass das Streben nach Glück sehr unglücklich machen kann: Erstens, die Bewertung aller Dinge nach dem «individuellen Glücksfaktor», nach dem Motto: Ich mache vorwiegend das und sterbe primär nach dem, was mich glücklich macht und zufrieden stimmt. Zweitens, der soziale Glücksvergleich im Sinne eines Selbstoptimierungsprogramms –wie werde ich möglichst schnell glücklich und hier insbesondere glücklicher als andere. Drittens die Glücksanspruchshaltung, die den Wert des Erreichten verblassen lässt und die Zufriedenheit mit dem eigenen Leben deutlich reduziert. Viertens, den Versuch zu unternehmen, Unglück immer auszuweichen. Stattdessen sollten wir soweit möglich und sinnvoll, versuchen, sowohl für uns selbst wie auch für unser Umfeld auch Unglück zu meistern.
Das Gute sehen, ohne die Defizite und die Entwicklungsperspektiven ausser Acht zu lassen Wir wissen aus sehr vielen Studien, dass ein höheres Wohlbefinden von Schüler*innen wie auch Studierenden sowohl zu einer positiveren persönlichen wie auch sozio-emotionalen Entwicklung führt, aber auch in sehr starker Weise den effektiven fachlichen Leistungszuwachs und die Leistungsmotivation fördert. Insofern spielen Lehrpersonen und Dozierende eine zentrale Rolle zur Förderung. Dabei gilt: Jedes Leben, auch das von Schüler*innen und PH-Studierenden kann von einer negativen und einer positiven Seite aus beschrie-
ben werden. Es wird nicht so sein, dass eine Person immer glücklich ist und alles, was für sie geschieht, wunderbar und perfekt ist. Aber es wird hoffentlich auch nicht so sein, dass alles in ihrem Leben schrecklich ist. Man muss in dem Mix das Gute sehen, ohne die Defizite und die Entwicklungsperspektiven ausser Acht zu lassen. Darin liegt nämlich die Zufriedenheit: Auch dies gilt es in der Schule den Schüler*innen wie auch an der PH den Studierenden nahe zu legen. Menschen sind glücklicher, wenn sie Sinn erfahren, sich also etwas widmen, das über sie hinausweist und Lehrperson sein, erfüllt diese Bedingung alleweil.
Abschliessen möchte ich mit einem resilienzorientierten Zitat aus dem Buch «Rette dich, das Leben ruft!» des französischen Resilienzforschers Boris Cyrulnik: «Wenn
Sie glücklich sein wollen, dürfen Sie nicht um jeden Preis dem Unglück ausweichen. Eher sollte man danach suchen, wie man es meistern kann.»
Wassilis Kassis ist Leiter des Instituts Forschung und Entwicklung an der PH FHNW und Professor für Pädagogische Psychologie.
Vom Glück auf soziale Pat*innen zu treffen
Mit der richtigen Unterstützung zur richtigen Zeit können pädagogische Fachpersonen viel bewirken.
«Da braucht man nur einen einzigen, der das entdeckt. Und dieser einzige war mein Mittelstufenlehrer. Unter dem Schutt von dreissig, vierzig Fehlern hat er entdeckt, dass ich schöne Aufsätze schreibe. Und dem habe ich es geglaubt. Dieser Lehrer hat mich zum Schriftsteller gemacht, indem er mich davon überzeugt hat, dass ich Schriftsteller bin.» (Peter Bichsel, 2015, an einem öffentlichen Gespräch im Stadttheater Solothurn)
«Ohne den Herrn S., meinen Oberstufenlehrer, hätte ich den Übertritt in die Sek (mittleres Leistungsniveau) nie geschafft. Er hat mich immer wieder motiviert und an mich geglaubt. Dass so eine Unterstützung von einer Lehrperson kommt, ist das Richtige. Was er mir geschrieben hat, habe ich heute noch an meiner Zimmerwand (liest): Der Weg in die Sekundarstufe wird eine grosse Herausforderung für dich, ich traue dir zu, dass du dieses Ziel erreichen wirst, und ich werde dich dabei unterstützen.» (Arbresha, interviewt 2021 im Rahmen des Lehrentwicklungsprojekts SIPSIK kurz nach ihrem obligatorischen Schulabschluss)
Von Astrid Bieri
Was verbindet den Schriftsteller Peter Bichsel mit der jungen Frau, die ich hier Arbresha nenne, welche die obligatorische Schule zu ganz verschiedenen Zeiten besuchten? Sie beide hatten das Glück, auf eine Lehrperson zu treffen, die an ihre Stärken geglaubt hat. Eine Lehrperson, die ihnen half, ihre Talente zu erkennen, sie «auszugraben» und sie zu nutzen. Peter Bichsel hatte Probleme mit der Rechtschreibung und ist ein Linkshänder, der gezwungen wurde, mit der rechten Hand zu schreiben. Dies führte dazu, dass er ausgerechnet im Fach «Deutsch schriftlich» immer wieder mit ungenügenden Noten beurteilt wurde. Bei Arbresha wurde sonderpädagogischer Förderbedarf diagnostiziert, weil sie ein schüchternes Kind war und beim Eintritt in den Kindergarten kein Deutsch sprach. Während der gesamten Primarschulzeit war sie notenbefreit und verbrachte viel Zeit getrennt von ihren Klassenkamerad*innen mit einer schulischen Heilpädagogin. Das hat sie gekränkt. In der Oberstufe traf sie auf Herrn S., der sie ermutigt hat, ins mittlere Leistungsniveau der Oberstufe aufzusteigen, das sie erfolgreich abschloss.
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Was beiden geholfen hat, sind Bezugspersonen mit Einfluss, Wissen und Sozialprestige, die im richtigen Moment unterstützend eingegriffen, den Betroffenen ihr Vertrauen geschenkt und ihnen Mut gemacht haben. Vorbilder also, die ihnen mit Rat und Tat zur Seite standen. Solche Personen nennen Peter Alheit und Frank Schömer «soziale Paten». In ihrem Werk «Der Aufsteiger» untersuchen sie autobiografische Zeugnisse ab 1800 bis heute. In ihrer Forschung zu sozialen Aufstiegsmechanismen über zwei Jahrhunderte stossen sie wiederholt auf solche «soziale Paten», dank denen entscheidende Lebensweichen gestellt und Aufstiege aus unterprivilegierten Milieus ermöglicht wurden.
Sowohl in meiner Dissertation über ehemalige Verdingkinder als auch im Lehrentwicklungsprojekt «Perspektiven von Schüler*innen mit besonderem Förderbedarf an integrativen Schulen» (SIPSIK) stiess ich wiederholt auf dieses Phänomen. Betroffene mit Schwierigkeiten und solche aus unterprivilegierten Verhältnissen brauchen Glück, um auf eine Person zu treffen, die an sie glaubt und sie fördert. Ein fast achtzigjähriger Mann, der in seiner Kindheit verdingt wurde, hat mir sein ausgezeichnetes Zeugnis der Unterstufe gezeigt, das er über all die Jahre aufbewahrt hat. Diese Lehrerin habe gemerkt, dass er nicht dumm sei, wie es ihm sein Umfeld glaubhaft machen wollte. Diese Anerkennung wurde zu einem wichtigen Lebensmotor, der ihm, obdachlos und ohne Ausbildung ins Erwachsenenleben
gestartet, den Auftrieb gegeben hat, sich zu behaupten und sozial aufzusteigen. Schüler*innen, die von sonderpädagogischen Massnahmen betroffen waren, und die erfolgreich wieder regulär beschult werden, berichten oft von Lehrpersonen, «die es ihnen zugetraut haben» und die «an sie geglaubt und ihnen geholfen haben», wie Arbreshas Beispiel zeigt.
Pädagogische Bezugspersonen haben es also in der Hand. Mit der richtigen Unterstützung zur richtigen Zeit können sie vieles bewirken und einen wichtigen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit und zur Einlösung des meritokratischen Prinzips leisten, indem sie Schüler*innen aus weniger privilegierten Umständen dabei helfen, ihre Talente und Begabungen zu entdecken und zu verwirklichen.
Astrid Bieri ist Dozentin in der Professur für Berufspraktische Studien und Professionalisierung am Institut Spezielle Pädagogik und Psychologie der PH FHNW.
Faces
Selten ist die Biografie eines Künstlers knapper gehalten als jene, die Olaf Breuning auf seiner Website veröffentlicht: «1970 Born In Schaffhausen, Switzerland, Lives and works Upstate New York. He plans to make art until he dies.»
Zu seinem umfangreichen Schaffen gehören die «Faces». «Im Jahr 2008 trat ich Instagram bei, um zu sehen, was meine Freunde so treiben. Ich wollte kein ‘Creep’ sein, der nur folgt und nichts postet, also beschloss ich, mich auf Gesichter zu konzentrieren. Bald merkte ich, dass ich gerne spontane Arrangements erstellte, und so machte ich damit weiter», so beschreibt Olaf Breuning selbst die Anfänge seiner Gesichter. Sie entwickelten ein Eigenleben, wurden zu Auftragsarbeiten, Merchandising-Produkten und vielem mehr. «Dieses Werk wurde wichtiger, als ich es mir gewünscht hatte, denn es war von Anfang an nur eine Spielerei und nicht Teil meiner ernsthafteren Kunstwerke. Aber inzwischen habe ich die Gesichter als Mitglied meiner Kunstfamilie akzeptiert», sagt Breuning. Und noch wichtiger: «Sie machen mich immer noch jedes Mal glücklich, wenn ich sie ansehe. Und ich denke, das ist ihre geheime Kraft.»
olafbreuning.com Instagram: @olafbreuning
superhappy
mr happywithoutanyreason
«Nutzen und Lerneffekt sind hoch»
Studierende der PH FHNW bearbeiteten anhand von MobiLab-Experimenten eigene Forschungsfragen. Ihre zukünftigen Schüler*innen dürfen sich darauf freuen, selbstständig experimentieren zu können.
Von Marc Fischer
Meist wenn das MobiLab der PH FHNW (vgl. Box) auf Tour ist, besucht es Schulklassen. Dann und wann ist es jedoch auch in Lehrveranstaltungen der PH FHNW zu Besuch. «Es geht darum, dass die Studierenden im Modul ‘For-
schendes Lernen’ selbst experimentieren, aber auch in Duos eine eigene Forschungsfrage entwickeln und bearbeiten», sagt Charlotte Schneider, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum Naturwissenschafts- und Technikdidaktik der PH FHNW.
Chiara Rada und Nicholas Skillman bildeten im Rahmen des Moduls eines der Forschungs-Tandems. Sie teilten ihre Mitstudierenden in zwei Gruppen. Eine Gruppe erhielt zusätzlich zu den Materialien für ein Experiment –gemahlener Pfeffer, Wasser, Flüssigseife und ein Behälter – eine Anleitung, die zweite sollte selbstbestimmt
Im Modul «Forschendes Lernen» konnten Studierende selber experimentieren und entwickelten dann anhand der Experimente eigene Forschungsfragen. Foto: Theo Gamper
experimentieren. «Die Gruppe mit der Anleitung ging strukturiert vor, arbeitete die Punkte ab und hörte dann auf zu experimentieren, als die Anleitung abgearbeitet war», hat Chiara Rada beobachtet. «Die andere Gruppe musste den Anfang suchen, hat viel mehr ausprobiert und geriet auch mal in eine Sackgasse.» Letztlich, ergänzt Nicholas Skillman, seien beide Gruppen zum gleichen Ergebnis gekommen. «Aber die Gruppe, die ohne Anleitung experimentiert hat, hätte noch verschiedene weiterführende Ideen gehabt.» Und welche Schlüsse zogen die beiden aus ihrer Forschungsfrage? Oder anders gefragt, was können sie für spätere Unterrichtseinheiten mit Schüler*innen mitnehmen? «Wenn man eine Anleitung erstellt, muss sie sehr präzis sein», hat Nicholas Skillman festgestellt. «Grundsätzlich finde ich, dass man das Beste der beiden Welten kombinieren sollte: Also einen gewissen Rahmen vorgeben, aber den Schüler*innen Freiheiten lassen.»
Wie reagieren Mitstudierende, wenn ein Experiment fehlschlägt?
Einen anderen Schwerpunkt setzten Federica Mulas und Philip Döbeli mit ihrer Forschungsfrage. Sie bauten in ihr Experiment absichtlich einen Fehler ein, damit es nicht funktioniert – und untersuchten die Reaktionen der Mitstudierenden. «Viele haben zunächst gelacht», sagt Federica Mulas, «und erst mit der Zeit begonnen, nachzudenken.» Als sie jedoch an diesem Punkt waren, seien sie gedanklich viel mehr ins Thema eingetaucht. Im Hinblick auf den späteren Schulunterricht sagt Philip Döbeli: «Es kann also durchaus sinnvoll sein, mit einem Überraschungsmoment zu arbeiten und die Schüler*innen dann abzuholen, wenn die Aufmerksamkeit richtig vorhanden ist.» Federica Mulas führt noch einen weiteren Punkt an: «Durch unsere Forschungsfrage haben wir auch gezeigt, dass ein Experiment auch einmal schief gehen darf und man sogar gleichwohl noch Nutzen daraus ziehen kann.»
«Kam in meiner Schulzeit zu kurz»
In ihrer eigenen Schulzeit hätten sie kaum je die Gelegenheit gehabt, selbst zu experimentieren oder Dinge auszuprobieren, erinnern sich Chiara Rada und Nicholas Skillman. «Das kam damals sicher zu kurz.» Umso mehr können sich die beiden vorstellen, in ihrem eigenen Unterricht später den forschend-entdeckenden Ansatz und Experimente zu nutzen. «In einer Unterrichtseinheit im Fach ‘Natur, Mensch, Gesellschaft’ werde ich bald Gelegenheit dazu haben. Die Schüler*innen werden im Boden graben und nach Insekten suchen. Solche Sequenzen sind immer auch mit Erlebnissen verbunden», so Nicholas Skillman. Natürlich müsse man dabei darauf schauen, dass die Experimente zur jeweiligen Klasse passen und den finanziellen Rahmen nicht sprengen, ergänzt Chiara Rada. «Je nach
Thematik bin ich zudem sicher froh, wenn ich auf die Expert*innen des MobiLabs zurückgreifen kann.» Sie fügt zudem an, dass beim Experimentieren in Gruppen nicht zuletzt auch personale und soziale Kompetenzen gefördert werden können.
Auch für Federica Mulas und Philip Döbeli ist klar, dass sie dereinst im Unterricht Experimente nutzen möchten. «Ich fand es cool, dass wir das MobiLab kennenlernen durften und selbst experimentieren konnten, so wird einem die Angst genommen», so Philip Döbeli. «Und ich finde, dass der Nutzen und der Lerneffekt hoch sind.»
Das MobiLab der PH FHNW bringt über 160 Experimente zu naturwissenschaftlich-technischen (NT) Themen direkt in die Primarschulen der Nordwestschweiz. Begleitet von Expert*innen des MobiLab-Teams können Schüler*innen Naturphänomene zu den Themen Wasser, Luft, Optik, Stoffe, Elektrizität, Magnetismus, Energie, Schall und Mikroskopieren entdecken. Dabei kommen ausschliesslich Alltagsgegenstände zum Einsatz, sodass die Experimente einfach und mit wenig Aufwand durchgeführt und nachgebaut werden können. Mithilfe des MobiLabs wird das Klassenzimmer zum Experimentierlabor, in welchem sowohl Schüler*innen als auch Lehrpersonen zum Experimentieren inspiriert werden und die Begeisterung für NT-Themen geweckt wird.
Das Angebot richtet sich an 2.–6. Klassen der Primarschulen der vier Nordwestschweizer Kantone Aargau, Basel-Landschaft, BaselStadt und Solothurn.
www.mobilab-nw.ch
Serendipity oder das Glück im Studium erfahren
Glück ist, wenn man etwas Bedeutsames findet, nach dem man gar nicht gesucht hat. Im Studium gibt es dafür besonders viele Möglichkeiten. Nur tritt das offene Suchen bisweilen vor lauter Leistungsnachweisen hinter das Erfüllen von Anforderungen zurück. Wo bleibt das Glück? Die Forschung sagt, um Glück zu erfahren, muss man es «sehen» können.
Von Janine Gut, Simone Kannengieser, Jan Weisser, Raphael Zahnd
«Glück» und «Zufall» haben eine gemeinsame Verwandte: Es ist das Moment der Überraschung oder des Staunens, wenn etwas Positives eintritt, das man so nicht erwartet hat. Serendipity meint das zufällige Finden beim Suchen. Und das ist etwas, das man paradoxerweise «trainieren» kann. Christian Busch, der Autor des Bestsellers «Erfolgsfaktor Zufall», spricht in einem Interview vom Muskel für das Unerwartete, den wir stärken können, um gezielt zufällig die Wahrscheinlichkeit, Neues zu entdecken, zu erhöhen.
Das Studium ist die Lebensphase, die für das Glück und den Zufall wie gemacht ist: Man entscheidet sich für etwas Neues im Leben, trifft viele Leute, die das auch tun, und taucht in einen Kosmos voller Erfahrungsmöglichkeiten ein. Wow! Da kann ja nur etwas unerwartet Positives geschehen. Nur, in Form von Kreditpunkten belegen lässt sich das Glück nicht und Glück ist auch nicht für alle dasselbe. Glück ist eben da, wo man es nicht sucht und erst erkennt, wenn man es gefunden hat.
«Metawissen» hilft bei Orientierung und Entscheidung Der Schlüssel liegt an einem anderen Ort: in der Erhöhung der Wahrscheinlichkeit des zufälligen Findens. Entscheidend dafür sind Vorkenntnisse (Wohin? Wie lange? Mit wem? Aus welchem Motiv?) und Vorbereitung (Habe ich das richtige dabei? Auch wenn es regnet?). Oder anders gesagt: ein «Metawissen», das einem hilft, sich zu orientieren und Entscheidungen zu treffen, um unterwegs das unerwartet Positive zu «sehen».
Das Studium an der PH FHNW lässt bewusst zahlreiche Freiräume in der Studiengestaltung und im Setzen von Schwerpunkten. Angesichts der Heterogenität der Studierenden ist das ein entscheidendes Moment dafür, dass alle Studierenden ihre Ziele erreichen und ihre Neugierde kultivieren können. Aber dazu braucht es eben ein «Metawissen». Solches Metawissen hat einen weiteren Effekt: Die einzelnen Studierenden können den Zufall auch ausschliessen, weil sie dank Vorwissen und Vorbereitung wissen, wonach sie individuell suchen und worin sie Wissen und Können entwickeln wollen – schliesslich haben sie sich nicht zufällig für genau dieses Studium entschieden. Und wer will behaupten, dass das nicht auch glücklich machen kann?
Vor diesem Hintergrund hat die Institutsleitung des Instituts Spezielle Pädagogik und Psychologie (ISP) zusammen mit Dozierenden und Studierenden für die Studienangebote des ISP das Instrument des Studienkompasses entwickelt. Der Studienkompass verhilft zum erwähnten Metawissen. Er ermöglicht es, den Durchblick zu behalten und den Weg zum eigenen Professionsziel und zur Rollen- und Identitätsfindung im Berufsfeld zu unterstützen.
Der Studienkompass ist an einen Metronetzplan angelehnt und hat vier Elemente:
A: Er zeigt ein klares Bild der Aufgaben im Berufsfeld (dargestellt als Metrolinien): Sechs Themenstränge zeigen auf, was es für Absolvent*innen zu tun gibt und in welchen Bereichen von ihnen Lösungen und Kompetenzen erwartet werden.
B: Er vermittelt eine konkrete Idee (dargestellt als Gedankenwolken), was «Inklusion» und «Partizipation» im Berufsfeld bedeuten: So wird deutlich, dass auch grosse Ideen eine konkrete Seite haben. Es braucht Kreativität, um Gelegenheiten für Inklusion und Partizipation zu erkennen.
C: Die Absolvent*innen wissen, wie sie an eine Situation herangehen können: Mit der Vorstellung eines Handlungszyklus (dargestellt als miteinander verbundene Kreise) können sie die jeweils nächsten Schritte im beruflichen Handeln antizipieren. Das hilft ihnen, um gezielt und professionell zu reagieren, wenn das situative Geschehen sie mit seiner Dynamik mitreisst und die Orientierung herausforderungsvoll ist.
Neugierig geworden?
Der Studienkompass für die Logopädie, die Heilpädagogische Früherziehung oder die Schulische Heilpädagogik kann unter kanzlei.isp.muttenz.ph@fhnw.ch als digitales Exemplar bestellt werden. Auf Wunsch wird er auch in gedruckter Form zugestellt.
D: Die Studierenden kennen die Ziele, die sie erreichen wollen: Die acht Kompetenzziele (dargestellt als Koordinatenlinien) zeigen den Horizont der Entwicklung im Studium und im Beruf. Die Studierenden können sich an den Beschreibungen orientieren, um sich selbst einzuschätzen.
Dieses «Metawissen» geben wir allen Studierenden mit einer ausführlichen Beschreibung mit. Damit sie in jedem Modul, beim Austausch mit Peers, im Berufsfeld oder am Campus Muttenz ihren Muskel für das Unerwartete aktivieren können. Viel Glück!
Janine Gut leitet am Institut Spezielle Pädagogik und Psychologie der PH FHNW die Geschäftsstelle Studium und Lehre, Simone Kannengieser leitet die Professur für Berufspraktische Studien und Professionalisierung, Raphael Zahnd ist Leiter der Professur für Inklusive Didaktik und Heterogenität und Jan Weisser ist Institutsleiter.
Ein unterstützendes Umfeld in der Schule gekoppelt mit positiven sozialen Beziehungen zwischen Lehrpersonen und Schüler*innen und das Gefühl von Selbstwert und Sinnhaftigkeit tragen wesentlich zum Glück und Wohlbefinden von Schüler*innen bei. Foto: Barbara Keller
Werte leben, Glück erleben: Wie Werte und Wohlbefinden (in
der Schule) zusammenhängen
Was bedeutet es, glücklich zu sein? Welche Faktoren beeinflussen, dass es uns gelingt, unser Leben mit Glücksmomenten zu bereichern? Im VALISE-Projekt wurden 1200 Primarschüler*innen und 100 Lehrpersonen zu ihren Werteorientierungen befragt.
Von Thomas Peter Oeschger
Werte sind Leitprinzipien im Leben der Menschen und spiegeln wider, was Menschen in ihrem Leben für wichtig halten (etwa Gerechtigkeit, Macht). Sie sind nach ihrer persönlichen Wichtigkeit in einer hierarchischen Reihenfolge geordnet und variieren in ihrer Bedeutung zwischen Individuen und Kulturen. Ein weltweit bekanntes theoretisches Modell zu persönlichen Werteorientierungen stammt vom israelischen Sozialpsychologen Shalom H. Schwartz (1992). Grundlegende menschliche Werte sind in diesem Modell in einem der zehn Grundwerte Universalismus, Wohlwollen, Tradition, Konformität, Sicherheit, Macht, Leistung, Hedonismus, Stimulation und Selbstbestimmung subsummiert.
Von ihrer Bedeutung her passen die zehn Grundwerte unterschiedlich gut zusammen. Einem Freund zu helfen (Grundwert: Wohlwollen) und zugleich Anerkennung und Toleranz zu zeigen (Universalismus) lässt sich gut miteinander vereinbaren. Dagegen ist es schwieriger, helfen zu wollen und zugleich nach Macht zu streben. Dementsprechend sind die zehn Grundwerte in Schwartz’ Modell in einem Kreis, als einander naheliegend oder einander gegenüberliegend angeordnet.
Werte beeinflussen das subjektive Wohlbefinden Unterschiedliche Werte können das subjektive Wohlbefinden und die Lebenszufriedenheit – also das persönliche Glücksempfinden – beeinflussen. So sind Werte wie Wohlwollen und Universalismus stark mit prosozialem Verhalten verbunden und fördern das Wohlbefinden und die Lebenszufriedenheit, indem sie zu einem Gefühl der Verbundenheit und Bedeutung beitragen. Hedonismus und Stimulation hingegen sind mit der Suche nach Vergnügen und neuen Erfahrungen assoziiert, was kurzfristig ebenfalls das Glücksempfinden steigern kann. Werte wie Selbstbestimmung, welche die Freiheit betonen, eigene Ziele zu wählen und zu verfolgen, sind ebenfalls häufig mit höherem subjektivem Wohlbefinden verbunden und Werte wie Macht und Leistung(sorientierung) können sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf das Glück haben, je nachdem, wie sie erreicht und erlebt werden.
Werte und persönliches Glücksempfinden im Schulumfeld
Das Glücksempfinden von Schüler*innen wie auch von Lehrpersonen und weiteren am Schulalltag Beteiligten wird durch eine komplexe Wechselwirkung von persönlichen, sozialen und schulischen Faktoren beeinflusst. So tragen beispielsweise ein unterstützendes Umfeld in der Schule (Schulklima) gekoppelt mit positiven sozialen Beziehungen zwischen Lehrpersonen und Schüler*innen (aber auch zwischen Peers) oder das Gefühl von Selbstwert und Sinnhaftigkeit wesentlich zum Glück und Wohlbefinden von Schüler*innen bei. Doch welche Werte priorisieren die am Schulalltag Beteiligten und welche Werte werden im Schulumfeld gelebt?
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Die Flying Teachers GmbH ist ein innovatives Bildungsunternehmen, das sich auf die Erwachsenenbildung spezialisiert hat. Seit über 25 Jahren bieten sie hochwertige Sprachkurse in verschiedenen Sprachen an und legen grossen Wert auf eine praxisnahe und motivierende Lernatmosphäre.
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Flying Teachers GmbH – Sprachen. Lernen. Überall.
Und was sagt der Lehrplan 21 zu Werten in der Volksschule? Diesen Fragen widmet sich das Projekt VALISE (vgl. Box).
Werte im Schulumfeld
Die Inhaltsanalyse des Lehrplans 21 für den ersten Zyklus offenbart in der VALISE-Studie, dass insgesamt 45 Prozent aller wertbezogenen Formulierungen humanistische Werte wie Selbstbestimmung, Universalismus und Wohlwollen aufweisen. Es wird zudem ersichtlich, dass in diesem Zyklus eine stimulierende Lernumgebung (Stimulation) als wichtig für den Bildungsprozess der Kinder angesehen wird. Die Wertetypen Universalismus, Wohlwollen und Selbstbestimmung herrschen auch in den analysierten schulischen Leitbildern vor. Betreffend Schulklima nehmen die befragten Kinder am meisten Stabilität (Wertetypen: Tradition, Sicherheit und Konformität) wahr. Lehrpersonen hingegen nehmen das an ihrer Schule herrschende Schulklima am meisten als unterstützend (Wohlwollen und Universalismus) wahr. Wertbezogene Erziehungsziele beinhalten Werte, welche die Lehrpersonen bei Schüler*innen ihrer Klasse fördern möchten. Hier belegen die Werte Wohlwollen, Universalismus und Selbstbestimmung die ersten drei Ränge. Zuletzt zeigt sich auch, dass bezüglich Werteprioritäten bei den Kindern die Werte Wohlwollen und Universalismus die wichtigsten Werte darstellen.
Ein harmonisches Schulumfeld durch gelebte Werte? Mit Blick auf die Schule lässt sich auf Basis der aus der VALISE-Studie gewonnen Ergebnisse für die Verbindung zwischen Werteorientierungen und persönlichem Glücksempfinden Folgendes schliessen: Werteorientierungen wie Wohlwollen, Universalismus oder Selbstbestimmung geniessen im Schulumfeld die höchste Bedeutsamkeit – sei es bei den Wertepräferenzen der Schüler*innen, bei den Erziehungszielen der Lehrpersonen oder auch in den Schulleitbildern und im Lehrplan. Die Förderung von Werteorientierungen gilt als zentrales Ziel der Bildung und Erziehung junger Menschen, denn sie sind grundlegende Prinzipien im Leben von Menschen. Die Stärkung der Werte durch Erziehende im Schulumfeld kann sich unter anderem positiv auf die sozialen Beziehungen (wie die Beziehung zu Mitschüler*innen oder Lehrpersonen) sowie auf ein positives, inklusives, wertschätzendes und respektvolles Schulklima auswirken. Auch auf das Selbstwertgefühl und das Selbstvertrauen der Kinder, auf die Fähigkeit, eigene Emotionen zu erkennen, zu verstehen und zu regulieren sowie auf deren Empathie für andere können gelebte Werte einen positiven Einfluss haben. Das alles kann schliesslich zu emotionalem Wohlbefinden und dem Erleben vielzähliger Glücksmomente im Schulumfeld führen. Werte werden in der Schule gelebt, und die Schule lebt durch Werte.
Das VALISE-Projekt
Im vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) finanzierten Forschungsprojekt VALISE (VAlues In School Education) wurde die Werteentwicklung von Primarschulkindern in der Schweiz und in Grossbritannien im Zusammenhang mit wertbezogenen Bildungszielen in den Schulcurricula der beiden Länder untersucht. Rund 1200 Primarschulkinder der Unterstufe (1. und 2. Klasse) sowie deren rund 100 Lehrpersonen aus sieben Kantonen der Deutschschweiz wurden zu verschiedenen Aspekten im Zusammenhang mit ihrer Werteorientierung und zu den Werten in ihrem Schulumfeld befragt. Zudem wurden der Lehrplan 21 sowie die Schulleitbilder der teilnehmenden Schulen ebenfalls auf Basis von Schwartz’ Wertemodell auf ihre Werteorientierung hin analysiert. Durchgeführt wurde das Projekt VALISE von 2020 bis 2024 vom Institut für Bildungswissenschaften der Universität Basel (IBW), das gemeinsam von der Universität Basel und der PH FHNW getragen wird. https://bildungswissenschaften.unibas.ch/de/ valise/
Thomas Peter Oeschger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Bildungswissenschaften, das gemeinsam von der Universität Basel und der PH FHNW getragen wird.
Die «Joyfulness» im Chaos
Mit Mitteln der Improvisation zu mehr
Selbstwirksamkeit: Das Projekt «Tools to Joyfulness» hat Schüler*innen und Lehrpersonen der Primarschule Villnachern begeistert.
Von Michael Hunziker
Wenn rund 60 Schüler*innen aus drei unterschiedlichen Klassen in einer Turnhalle zusammenkommen, um frei zu improvisieren, ist Chaos unvermeidbar – und genau darum ging es an der Primarschule Villnachern im Projekt von Tools to Joyfulness: Durch freies Spiel und Improvisation sollen die Schüler*innen Selbstwirksamkeit erfahren, Kreativität erleben und sich im künstlerischen Ausdruck üben. Als Chaos-Zeremonienmeister für jeweils drei Lektionen während acht Wochen kam der Choreograf und Bewegungskünstler Bheki Ndlovu an die Schule. Im Rahmen von «Kultur macht Schule» (s. Box) gestaltete er ein offenes Setting, um «Improvisation zu zelebrieren.» Ndlovu kreierte eine urteilsfreie Sphäre, in der die Kinder «ohne Angst und Erwartungsdruck experimentieren konnten.» Wie sich zeigen wird, haben nicht nur die Kinder, sondern auch die Lehrpersonen und die Organisationspsychologin der Pädagogischen Hochschule FHNW aus diesen bisweilen wilden Lektionen einiges gelernt.
Future Skill Kreativität
Aber schön von vorn. Die Idee des Projekts entstand im Austausch zwischen Simone Frey (Organisationspsychologin PH FHNW), Bheki Ndlovu und Julia Hartmann (Primarlehrerin Villnachern). «In der Schule arbeiten wir oft sehr strukturiert und mit viel Planung, Platz für Spontanität kommt somit eher zu kurz», sagt Hartmann, «dabei ist doch gerade in der heute durch verschiedene Unsicherheiten geprägten Welt die Fähigkeit wichtig, kreativ aus dem Moment heraus handeln zu können. Die Schüler*innen sollten lernen, sich zu trauen,
einfach mal etwas auszuprobieren. Das hilft ihnen in Mathe genauso wie in Deutsch.» Dem pflichtet Simone Frey bei: «Unsicherheiten erfordern Kreativität. Die gehört definitiv zu den Future Skills.» Die Organisationspsychologin sieht aber auch auf Ebene der Lehrpersonenteams das Potenzial von kreativen, «zweckfreien» Settings. «Sie führen die Lehrpersonen unter anderen Vorzeichen neu zusammen, lassen sie anders miteinander zusammenarbeiten.» Dabei kommt gemäss Bheki Ndlovu ein enthierarchisierender Effekt zum Tragen: «Durch Improvisation öffnet sich ein Dialog. Man hört sich gegenseitig zu und reagiert aufeinander spielerisch.»
Ganz ohne Struktur geht es natürlich nicht. Im Vorfeld des Projekts trafen sich die Lehrpersonen mehrmals mit Bheki Ndlovu, um das Vorhaben genauer kennenzulernen und quasi im Trockenen bereits erste Impro-Übungen zu machen. Simone Frey konzipierte einen Prozess mit verschiedenen Reflexionsfenstern, in denen sich die involvierten Lehrpersonen über das Projekt austauschen konnten. Zudem integrierte sie das Projekt zusammen mit der Schulleitung in die Entwicklungsbögen der Schule Villnachern und stellte Bezüge zum Curriculum her: «Die fachlichen (Musik, Bewegung und Sport, Deutsch) und die überfachlichen Aspekte des Projekts sind ganz im Sinne des Lehrplan 21.» Das Projektteam nahm sich vor, am Ende der acht Wochen einen Vorführabend für die Eltern zu machen. Wie sie zu dieser Produktion kommen wollen, liessen sie bewusst offen.
Auf Augenhöhe
Dann kam der erste Improvisationsmorgen mit 60 Schüler*innen von drei Klassen: «Als wir die Turnhalle betraten, wussten auch wir Lehrpersonen nicht, was jetzt passieren wird», erzählt Julia Hartmann. «Wir waren genauso im Unwissen wie die Kinder. Oh mein Gott, muss ich jetzt vor allen singen?», sagt sie lachend. Die Tatsache, dass sowohl Lehrpersonen wie
Nach der Einführungsphase wurden die Kinder entsprechend ihrer Interessen und Stärken in drei altersdurchmischte Gruppen eingeteilt. Foto: Anabel Marques
die Kinder vor einer neuen Erfahrung standen, hätte sie auf eine Ebene gebracht, was die Situation entspannt hätte.
In der ersten Phase haben die Lehrpersonen zusammen mit Ndlovu die 60 Schüler*innen einfach agieren lassen. Julia Hartmann erinnert sich: «Wenn jemand den Clown machte, versuchten wir das aufzunehmen. Natürlich gab es manchmal Kinder, die den Rahmen gesprengt haben, aber wir konnten es immer irgendwie in eine gute Richtung drehen.» Die einzige Abmachung, die das Lehrpersonenteam getroffen hatte: «Wir sagen nicht gleich stopp.» Das bedeutete, dass sie viel weniger Kontrolle ausübten als sonst im Unterricht. «Wir wollten uns auf das Ungewisse einlassen.» Aus Sicht der Lehrpersonen hat sich das Vorgehen bewährt: Die Kinder hätten schnell Verantwortung für ihre eigene Produktion übernommen, seien in die Initiative gegan-
gen und hätten sich selbst organisiert. «Gerade schwächere Kinder oder Kinder mit speziellen Bedürfnissen sind aufgeblüht und wurden gut eingebunden.»
Beobachten, aber nicht kontrollieren
Bheki Ndlovu ist sich bewusst: «Die meisten Kinder lieben das Chaos. Und die Lehrpersonen sind sich das nicht gewohnt.» Sie müssten sich erst überwinden, die Spielenergie laufen zu lassen und nur zu beobachten. «Wir machen die safety parameters, aber wir kontrollieren nicht.»
Simone Frey erzählt, dass die Lehrpersonen manchmal den Drang hatten, doch jetzt erste Elemente für die Vorstellungen zusammenzuführen, ein Gerüst zu bauen, das Setting zu lenken. «Für solche Themen hatten wir die Reflexionssitzungen. Die Gewissheit, dass zeitnah bei diesen Treffen vertrauensvoll Dinge ange-
«Unsicherheiten erfordern Kreativität. Die gehört definitiv zu den Future Skills.»
Simone Frey
sprochen werden konnten, gab eine Beruhigung und half, sich auf das Offene einzulassen und in der Impro-Situation nicht zu intervenieren.»
Nach der Einführungsphase wurden die Kinder in drei altersdurchmischte Gruppen eingeteilt, entsprechend ihrer Interessen und Stärken: Bewegungs- oder Musikimprovisation oder experimentelle Poesie. In diesen kleineren Gruppen bereiteten sie sich auf den Aufführungsabend vor. Und je näher dieser rückte, desto engagierter wurden sie, redeten in den Pausen miteinander über mögliche Elemente, gaben sich gegenseitig Tipps und Ideen. Das Resultat bekräftigt Bheki Ndlovu: «Durch spielerische Settings wird Kindern ermöglicht, ihr Lernen selbst zu gestalten, sie werden Teil der Lösung.» Er erhofft sich, dass sein Ansatz weiter Eingang findet in die verschiedenen Fachdidaktiken. «Im Spiel gibt es keine Versagensangst. Wenn Lehrpersonen sich von der Fehlerkultur distanzieren, ja Fehler zulassen und die Kinder damit arbeiten lassen, können sie ein hohes Mass an Selbstwirksamkeit erfahren.» Die positiven Erfahrungen der Schule Villnachern mit Tools to Joyfulness haben sich herumgesprochen: Bheki Ndlovu hat bereits mehrere Schulen auf ihrem Weg zu mehr Improvisation begleitet.
In ihrem Unterricht macht Julia Hartmann mittlerweile regelmässig Improvisationsübungen, lässt die Kinder etwa bei Spielen eigene Regeln definieren. «Manchmal klappts und manchmal nicht. Wichtig ist die partizipative Haltung.» Auch Simone Frey versucht in ihren Schulcoachings und Weiterbildungsveranstaltungen mehr Raum zu schaffen für Chaos. «Man darf das den Gruppen ruhig zumuten. Lieber etwas mehr Spontanität zulassen, dafür weniger gestresst sein. Das würde uns allen guttun.»
Kultur macht Schule
Der Kanton Aargau ermöglicht Schüler*innen in verschiedenen Vermittlungsprojekten Kunst und Kultur eins zu eins zu erfahren. Verschiedene Angebote (derzeit 164) vom 1. Zyklus bis zur Sekundarstufe II gewähren Einblicke und praktische Erfahrungen mit Kunst- und Kulturschaffenden aller Sparten. Finanziert wird das Angebot vom Impulskredit. Sämtliche Informationen finden interessierte Schulen unter www.kulturmachtschule.ch. Weitere Informationen zu «Tools to Joyfulness» und ein Video über das Projekt sind im Wissensblog auf der Seite zu finden.
Glück gehabt!
Dominik Stauber untersuchte im Rahmen seiner Bachelorarbeit «Ich habe Glück» an der PH FHNW, wie Kinder ihre Strategien in einem Würfelspiel begründen und von welchen Wahrscheinlichkeitsvorstellungen sie dabei geleitet werden.
Aufgezeichnet von Virginia Nolan
«Für gewöhnlich nehmen wir Mathematik als Abfolge kausaler Zusammenhänge wahr. Aus ihren Gesetzmässigkeiten leiten wir Regeln ab, die uns die Welt verständlicher machen. In der Stochastik finden wir diese Eindeutigkeit nicht, denn sie operiert mit unsicheren Ereignissen wie Zufall. So erstaunt es wenig, dass Menschen Mühe haben, das Konzept der Wahrscheinlichkeit und damit verbundene Zusammenhänge zu begreifen. Dies war Mitgrund dafür, dem Thema meine Bachelorarbeit zu widmen. Denn: Ein Verständnis dafür zu entwickeln, welche Art von Wahrscheinlichkeitsverständnis Kinder in ihrem jeweiligen Alter haben, hilft Lehrpersonen, das Lernen in dem Bereich besser zu unterstützen.
Gesellschaftsspiele bieten Kindern Gelegenheit, Erfahrung mit Zufall zu sammeln: Um erfolgreich zu sein, wollen Kinder das Spiel beeinflussen können und werden so mit eigenen Vorstellungen davon konfrontiert, wie dies möglicherweise zu bewerkstelligen wäre. Im Rahmen meiner Arbeit wollte ich herausfinden, wie Kinder ihre Entscheidungen in einem Spiel mit Zufallselementen begründen und von welchen Wahrscheinlichkeitsvorstellungen sie dabei geleitet werden. Ich spielte mit 26 Kindern aus ersten bis sechsten Primarschulklassen jeweils einzeln ‘Greedy Pig’, ein kompetitives Würfelspiel, und befragte sie dabei systematisch zu ihren Spielentscheidungen.
Einen Überblick zum kindlichen Wahrscheinlichkeitsbegriff gibt die Arbeit von Jens-Holger Lorenz, der diesbezüglich fünf Kategorien nennt: Sie reichen von der animistischen Wahrscheinlichkeitsvorstellung, die bei jüngeren Kindern verbreitet ist und davon ausgeht, Spielerfolg lasse sich mit ‘magischen’ Elementen wie einer bestimmten Würfelfarbe beeinflussen, bis hin zur formalen Wahrscheinlichkeitsvorstellung, die bei älteren Kindern geläufiger ist und auf mathematische Gesetze referenziert. Die Kategorien nach Lorenz treten nicht isoliert auf, es ist vielmehr zu erwarten, dass Kinder einen Mix aus unterschiedlichen Vorstellungen nutzen. In meiner Arbeit spielt auch die Theory of Mind eine Rolle, die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme: Ich wollte wissen, inwieweit sie Kinder in die Lage versetzt, sich in die Si-
tuation des Gegenübers einzudenken und diese für die eigene Strategieentwicklung zu nutzen. So fragte ich im Spielverlauf auch, was das Kind an Stelle seines Gegenübers als Nächstes tun würde.
‘Innerhalb der Grundschulzeit entwickeln sich Kinder von unrealistischen Optimisten zu optimistischen Realisten’, schreibt Elsbeth Stern in Weinerts Handbuch zur ‘Entwicklung im Kindesalter’. Während die Psychologin an der Stelle Bezug nimmt auf die Kompetenz, eigene Fähigkeiten im Verlauf der Primarschulzeit immer besser einschätzen und mit denen anderer zu vergleichen lernen, hat ihr Wortspiel auch im Hinblick auf meine Forschungsfrage Gültigkeit: Während jüngere Kinder oft frei mit Spielstrategien experimentierten, zeigten sich die älteren nüchterner. Sie probierten noch immer aus, versuchten aber, dies unter Berücksichtigung potenzieller Einflussfaktoren zu tun. Begründeten jüngere Kinder ihre Entscheidungen eher mit kürzlich beobachteten Einzelereignissen, suchten die älteren nach wiederholt auftretenden Mustern. Zudem verwiesen Kinder der Mittelstufe öfter explizit auf die Abhängigkeit vom Zufall. Indes bemühten nur wenige Primarschulkinder mystische Argumente wie die Spezialkraft eines Würfels. Die meisten beobachteten zudem die Aktionen des Gegenübers und nutzten diese für die eigene Strategieentwicklung.
Meine Interviews legen nahe, dass Spiele mit Zufallselementen ein geeigneter Lerngegenstand für Themen rund um Wahrscheinlichkeit sind. Die Ergebnisse scheinen vor allem dafür zu sprechen, dass innerhalb einer Primarschulklasse heuristische Methoden entwickelt und genutzt werden können, um gemeinsam zu ergründen, was beim Spiel zum Sieg führt. So zeigt das Gesamtbild der Interviews, dass alle Kinder Bereitschaft zum Ausprobieren zeigten und dass ihre Schlussfolgerungen vor allem durch ein eher kurzes Spiel-Set mit nur einem Gegenüber limitiert waren. Dies lässt sich ändern, wenn die Klasse gemeinsam spielt, Ergebnisse teilt und Erkenntnisse diskutiert.»
«Es geht nicht darum, sich die Sterne vom Himmel zu holen»
Sie bezeichnet sich selbst als Glückspilz – was einen solchen ausmacht, erörtert Heidi Gürtler, Dozentin für Musik und Instrumentalunterricht an der PH FHNW, im Gespräch über ihre gleichnamige Komposition.
Von Virginia Nolan
Sie ist beschwingt und doch gemächlich, macht heiter und lässt gleichzeitig ein bisschen Wehmut mitschwingen: «Glückspilz» heisst die Akkordeonkomposition, die im Ohr spontan den Eindruck hinterlässt, wie nah scheinbare Gegensätze im Grunde doch beieinander liegen. Das Stück stammt aus der Feder von Heidi Gürtler, Dozentin für Musik und Instrumentalunterricht Akkordeon an der PH FHNW. «Wenn ich das Wort Glückspilz
höre, sehe ich vor meinem inneren Auge einen Fliegenpilz mit rotem Schirm und weissen Punkten», sagt Heidi Gürtler. «Mein Akkordeon hat auch Punkte, nämlich die runden Knöpfe, auf denen ich meine Melodien spiele. Genau wie es beim Klavier schwarze und weisse Tasten gibt, habe ich auf meinem Akkordeon schwarze und weisse Knöpfe. Und weil ich die Dinge gerne mal auf den Kopf stelle und sie aus anderer Perspektive betrachte, habe ich den ‹Glückspilz› auf den schwarzen statt wie üblich auf den weissen Knöpfen komponiert.»
Die Lust an der Herausforderung
Was aber ist ein Glückspilz? Die Antwort von Heidi Gürtler kommt ohne Umschweife: «Glückspilze sind jene, die machen dürfen, was sie gerne tun.» Ist sie
selbst einer? «Bestimmt.» Die eigenen Neigungen und Interessen verwirklichen zu dürfen, das bedeutet für sie Glück. «Es geht dabei aber nicht darum, sich die Sterne vom Himmel zu holen», sagt Heidi Gürtler, «sondern vielmehr auszuschöpfen, was im Rahmen der Möglichkeiten liegt.» Die Einsicht, nicht alles haben zu können, hilft demzufolge nicht nur dem Glück auf die Sprünge, dessen Natur eher flüchtig ist – sie nährt auch die Zufriedenheit, die kleine, beständigere Schwester des Glückes. «In meinem Leben läuft es nicht immer rund», sagt Heidi Gürtler, «aber in mir wohnt seit je die Lust darauf, die Freuden im Leben auch in Herausforderungen zu suchen. Das ist, wiederum, ein grosses Glück.» Wie war das nochmal: Auch mit Steinen, die sich einem in den Weg legen, lässt sich etwas Schönes bauen. Heidi Gürtler schmunzelt. Ganz so einfach, wie sie in Kalendersprüchen daherkommt, ist die Sache dann doch nicht – «aber es gibt durchaus die Möglichkeit, ein Problem umzudeuten, indem man es als Herausforderung wahr- und annimmt», sagt sie. Oder eben, wie es die Komponistin für den «Glückspilz» auf ihrem Akkordeon getan hat: die Dinge auch mal aus anderem Blickwinkel zu sehen.
Eigene Vorstellungen über Bord werfen
Diese Haltung prägt auch Heidi Gürtlers Arbeit als Dozentin. «Aber nicht dergestalt, dass alles möglichst anders oder neu daherkommen muss», sagt sie. «Ich finde es vielmehr wichtig, Freiräume zu schaffen für mich und meine Studierenden. Mein persönliches Ziel ist es, in den jungen Leuten Freude an der Musik zu wecken – so, dass sie ihnen über das Studium hinaus erhalten bleibt und sie später in ihrem Beruf als Lehrpersonen möglichst oft musizieren. Wie sie dies umsetzen, ob sie nun Akkordeon spielen, Cajon oder Panflöte, ist für mich sekundär.» Offen zu sein für andere Sichtweisen, heisst für Heidi Gürtler auch, eigene Vorstellungen davon, was für die oder den jeweiligen Lernenden gerade zielführend ist, auch mal über Bord zu werfen und Studierenden damit unterschiedliche Zugänge zur Musik zu ermöglichen. «Eine meiner Studentinnen wählte beim Erarbeiten von Kinderliedern beispielsweise nicht die dafür vorgesehenen Interpretationen, sie wollte lieber eine CD für ihren Opa aufnehmen», sagt Heidi Gürtler. «Das fand ich genial. Denn: Geht es darum, ein bestimmtes Curriculum an Stücken zu absolvieren? Wohl kaum. Wichtig ist, dass die Frau spielt, dass sie es gerne tut und sich in Erfahrung am Instrument üben kann – ob sie sich dafür meiner Stücke oder anderer Lieder bedient, ist irrelevant.»
IMPRESSUM
«das HEFT» – das Magazin der Pädagogischen Hochschule FHNW erscheint zweimal jährlich, 6. Jahrgang, Nr. 12, Oktober 2024, www.fhnw.ch/ph
Herausgeberin: Pädagogische Hochschule FHNW
Verantwortlicher Redaktor: Marc Fischer
Autor*innen dieser Ausgabe: Astrid Bieri, Seraina Büttikofer, Marc Fischer, Janine Gut, Michael Hunziker, Simone Kannengieser, Wassilis Kassis, Martina Leser, Judith Mathez, Guido McCombie, Virginia Nolan, Thomas Peter Oeschger, Maria Riss, Jan Weisser, Raphael Zahnd.
Bildessay: Olaf Breuning
Fotograf*innen dieser Ausgabe: Marc Fischer, Theo Gamper, Christian Irgl, Barbara Keller, Anabel Marques, Daniel Nussbaumer, Irene Schertenleib, Volg Konsumwaren AG
Gestaltung: HinderSchlatterFeuz, Zürich
Druck: Sprüngli Druck AG, Langenthal
Inserate: prind-ad kretz gmbh, Wagnerfeldstrasse 6, 8646 Wagen, Tel. 044 924 20 70, E-Mail: info@kretzgmbh.ch
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Postadresse: Pädagogische Hochschule FHNW, Marketing und Kommunikation, Bahnhofstrasse 6, 5201 Windisch, 056 202 72 60
Auflage: 7000 Exemplare Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck von Artikeln nur mit Genehmigung der Redaktion.
ISSN 2624-8824
ALLE SIND AN DER REIHE
Seraina Büttikofer, Lernwerkstatt SPIEL
«Qwinto» ist ein schnelles Spiel, das sich perfekt eignet, um eine langweilige Wartezeit zu überbrücken. Klein und kompakt kann es überall hin mitgenommen werden, Spielspass ist garantiert und das Beste – es gibt keine Wartezeiten bis man an der Reihe ist, da alle Spieler gleichzeitig spielen.
Bei «Qwinto» geht es darum, gewürfelte Zahlen möglichst schlau in eine aufsteigende Reihenfolge zu bringen, sodass möglichst viele der vorgegebenen Felder am Ende ausgefüllt sind. Dabei muss aber beachtet werden, dass Zahlen nur in diejenigen Felder eingetragen werden dürfen, die der Würfelfarbe entsprechen. Ebenfalls dürfen die Zahlen in jeder Zeile und Spalte nur einmal vorkommen.
«Qwinto» bietet eine spannende Kombination aus Würfelglück und geschickter Taktik, denn nur wer die gewürfelten Zahlen klug einsetzt schafft es am Schluss, die meisten Bonuspunkte abzuräumen. Somit fördert «Qwinto» nicht nur das Zahlenverständnis, sondern auch das logische Denken und ermöglicht so immer wieder eine neue Herausforderung.
«Qwinto», ab 8 Jahren, Nürnberger Spielkartenverlag
MÄRCHENHAFTE SCHOKOCROISSANTS
Maria Riss, Zentrum Lesen
Nach jahrelangem Schlaf erwacht Prinzessin Bertie und hat natürlich einen Bärenhunger, vor allem verspürt sie riesengrosse Lust auf Schokocroissants. Geschlafen hat sie in einem Turm und ihr Haar ist in dieser Zeit genauso lang gewachsen, wie der Turm hoch ist. Wenn Bertie etwas will, dann bekommt sie es auch, das war schon
immer so. Also macht sie sich auf ins Dorf, um eine Bäckerei zu finden. Dieses Vorhaben stellt sich allerdings als recht schwierig heraus. Im ersten Laden gibt es nur Hüte, beim Waffenschmied nur Schwerter und beim Käseladen riecht es nach dem Gegenteil von Schokolade. Nicht ganz einfach ist auch das Vorwärtskommen wegen ihrer immens langen Haarpracht. Eine Gruppe von Kindern weiss natürlich, wo es die begehrten Croissants gibt, raten der Prinzessin allerdings, zuerst den Friseur aufzusuchen. Danach geht es endlich in die Bäckerei. Natürlich kommen alle mit und im Tausch gegen ihre Krone, die ja auch nur schwer und hinderlich ist, wird die ganze Kinderschar mit Schokocroissants beschenkt. Nicht nur die Geschichte ist unglaublich witzig, auch die Illustrationen passen perfekt. Man kann beim Lesen gar nicht anders, als zu lachen und bekommt gute
Laune. Geschickt hat der Autor Elemente verschiedener Märchen miteinander verknüpft und eine Heldin ersonnen, die nebst all ihrem Charme auch eine wichtige Botschaft weitergibt.
Jean-Luc Englebert: «Ich will ein Schokocroissant. Sofort!», Picus 2024 Weitere Lesetipps gibt es unter www.zentrumlesen.ch
EIN STÜCK GLÜCK IN GIPF-OBERFRICK
Martina Leser
Wer sich in der Natur aufhält, tut seinem Körper und seiner Psyche Gutes: Bewegung in der Natur beruhigt unsere von Reizen überfluteten Sinne, baut Stress ab und macht uns glücklicher. Forschende konnten belegen, dass der Aufenthalt in der Natur Blutdruck, Puls und Cortisolgehalt im Blut – Cortisol ist als das «Stresshormon» bekannt – nachweislich senkt.
Wer mit Kindern und Jugendlichen unterwegs ist, weiss aber, dass
«nur wandern» oft als zu langweilig empfunden wird. Ein niederschwelliger Zugang zur Natur bieten Erlebnis- und Themenwege, wo Waldbaden und Naturgeniessen quasi nebenher passieren. Ein perfektes Beispiel dafür – ein richtiges kleines Stück Glück im Grünen – ist der Naturena-Volg Sinnespfad in Gipf-Oberfrick. Der dreieinhalb Kilometer lange, als Rundweg angelegte Pfad ist in einer Stunde machbar und führt entlang von acht Stationen für alle Sinne durch die Juralandschaft.
Auf dem Pfad können Familien und Klassen der Klangwelt des Waldes lauschen, an bekannten und unbekannten Düften schnuppern, mit Händen und Füssen die unterschiedlichsten Materialien ertasten, sich durch den Irrgarten schlängeln, auf riesigen Klangröhren Musik machen oder die Region aus neuen Perspektiven wahrnehmen – zum Beispiel durch urtümliche Fernrohre. Verschiedene Schleusen, Kanäle, Becken und Wasserräder laden an warmen Tagen ein zum «Wässerle».
Auf dem Pfad werden nicht nur die eigenen Sinne getestet, sondern man erfährt auch mehr über diejenigen der einheimischen Tiere: Wozu dienen den Eichhörnchen beispielsweise ihre Tasthaare? Wie finden Zugvögel über Tausende von Kilometern den richtigen Weg? Wo besitzen Schlangen und Eidechsen ein zusätzliches Riechorgan und wie empfindlich sind die Ohren eines Luchses? Beim Grillplatz bleibt genug Zeit, um auszuruhen, zu spielen und den Hunger zu stillen. Der Sinnespfad ist das ganze Jahr geöffnet, aber Achtung: Zwischen November und März sind einzelne Stationen wetterbedingt nicht in Betrieb. Weitere Informationen: www.naturena.ch
Weitere Informationen: www.naturena.ch
GLÜCKLICH WERDEN MIT «JOURNEY»
Judith Mathez, Beratungsstelle Digitale Medien in Schule und Unterricht – imedias
Games können eine Vielzahl von Gefühlen auslösen: Spass, Spannung, Frustration. Glück gehört normalerweise nicht dazu. Ein Spiel bildet allerdings eine Ausnahme: «Journey» nimmt die Spielenden mit auf eine Reise durch ihre Gefühlswelt und endet in Glückseligkeit. Dieses Meisterwerk der Video-
spielkunst ist inzwischen bereits zwölf Jahre alt.
Im Game steuert man eine mit einem Umhang bekleidete Figur durch eine traumähnliche Sandlandschaft. Diese ist von Ruinen einer untergegangenen Zivilisation sowie von Wesen geprägt, die an Meeressäuger und Wasserpflanzen erinnern. Ziel ist ein Berg in der Ferne, von dem eine Lichtsäule aufsteigt. Durch die verhältnismässig einfache Steuerung und die atmosphärische Musik gelingt es mühelos, ganz in die Spielwelt einzutauchen.
Unterwegs trifft man auf andere, identisch ausstehende Figuren. Sie werden von Menschen gesteuert, die gleichzeitig online in der Spielwelt unterwegs sind. Mit ihnen kann man sich zwar nur durch kurze, wortlose Rufe verständigen, aber die zwei Figuren geben einander Kraft. So kann man die Entdeckungsreise und den berührenden Schluss des Spiels mit einem anonym bleibenden Gefährten oder einer Gefährtin teilen.
«Journey» gibt es für unterschiedliche Gameplattformen: PlayStation, Computer, Handy. Es kostet ca. 15 Franken und ist ab 7 Jahren freigegeben. Spielwebseite: thatgamecompany.com/journey/
das
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