Die Zukunft der Energie Texte von Monika Psenner exklusiv f端r Messe Bozen
Unser Beitrag für ein gutes Klima
KLIMAHOUSE
Internationale Fachmesse für energieeffizientes Sanieren und Bauen
BOZEN | FLORENZ | COMO
KLIMAENERGY Internationale Fachmesse der erneuerbaren Energien
KLIMAMOBILITY KLIMAINFISSO
Internationale Fachmesse der Zulieferer der Fenster-, Türen- und Fassadenbauer
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www.messebozen.it | info@messebozen.it MESSE BOZEN AG Messeplatz, 1 I-39100 Bozen Tel. +39 0471 516 000 | Fax +39 0471 516 111
lars.it
Internationale Fachmesse für nachhaltige Mobilität
Unser Beitrag für ein gutes Klima Die „grüne“ Wirtschaft ist weltweit und auch in Italien im Aufschwung und der ökologische Gedanke beginnt sich in den Köpfen der Menschen zu verankern. Südtirol ist die Vorreiter-Region Italiens im Bereich der energetischen Nachhaltigkeit und deckt derzeit als einzige Region Italiens über 50 Prozent des Eigenbedarfs an Energie mit erneuerbaren Energieträgern. Im Jahr 2002 entstand „KlimaHaus“, ein Konzept zur energetischen Gebäudezertifizierung; laut Gesetz müssen ab Juni 2017 alle in Südtirol neu errichteten Gebäude mindestens dem KlimaHaus-Standard A entsprechen; das bedeutet, dass der effektive Heizenergieverbrauch unter 30kWh/ m² pro Jahr liegen muss. Die nördlichste Provinz Italiens fungiert auch als Drehscheibe im Handel zwischen Nord und Süd. Dabei spielt der Messestandort Bozen aufgrund der Zweisprachigkeit und der überschaubaren Größe eine bedeutende Rolle. Er ist der ideale Standort für Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum, um auf dem italienischen Markt Fuß zu fassen. Erklärtes Ziel von Messe Bozen ist es, Fachmessen zu Themen zu organisieren, in denen Südtirol bzw. die Region sichtbare Kompetenzen aufweist, Angebot und Nachfrage in geballter Form zusammenzuführen und Messen in gewinnbringende Märkte zu exportieren. Messe Bozen hat sich seit dem Probelauf der Fachmesse für energieeffizientes und nachhaltiges Bauen „Klimahouse“ im Jahr 2005 dem Thema der energetischen Nachhaltigkeit verschrieben. Mit Klimahouse, die inzwischen zur Leitmesse für energieeffizientes Sanieren und Bauen in Italien avanciert ist und jährlich über 40.000 Besucher in die mit 460 Ausstellern völlig ausgebuchten Messehallen nach Bozen bringt, wurde der Grundstein für eine beachtliche und äußerst erfolgreiche KlimamessenFamilie gelegt. Der überwältigende Erfolg von Klimahouse hat die Bozner Messe dazu bewogen, Tochterveranstaltungen dieser
Messe in Süd-, Mittel- und Norditalien durchzuführen: zuerst in Rom, danach in Bastia (Umbrien), jetzt in Bari (Apulien), Florenz und Como. Das Ziel ist, die Kultur des energieeffizienten und umweltfreundlichen Bauens und Sanierens in Italien weiter zu verbreiten, da bezüglich der energetischen Gebäudesanierung in Italien ein enormes Potential besteht. Außerdem wurde das Angebot mit drei weiteren wichtigen Projekten erweitert: 2008 reihte sich die Fachmesse für erneuerbare Energien, „Klimaenergy“, in den Kalender der Messe Bozen ein, die sich an Unternehmer aus energieintensiven Wirtschaftszweigen wie Industrie, Hotellerie und Handwerk sowie an Vertreter der öffentlichen Hand richtet. Um den Kreis zu schließen und alle Bereiche der erneuerbaren Energien abzudecken, wird Klimaenergy seit 2011 von der Fachmesse für nachhaltige Mobilität „Klimamobility“ begleitet. Und schließlich fiel 2013 der Startschuss für Klimainfisso, die italienweit einzige Fachmesse, die ausschließlich den Zulieferunternehmen der Fenster-, Türen- und Fassadenbauer gewidmet ist. Mit den sieben Fachmessen im Energiebereich wurde eine 360°-Plattform geschaffen, um einerseits Wirtschaft, öffentliche Hand, Forschung und Finanzdienstleister zusammenzuführen und andererseits die Sensibilisierung im Bereich der umweltfreundlichen Themen in Italien voranzutreiben. Es liegt deshalb auf der Hand, dass uns das Thema Energie in all seinen Facetten äußerst interessiert. Einen Einblick in diese vielfältige Materie ermöglicht die vorliegende Broschüre mit 17 Fachbeiträgen aus der Feder einer Spezialistin par excellence: Monika Psenner, die ihr Berufsleben bei der OPEC sozusagen ausschließlich in den Dienst dieses faszinierenden Themas gestellt hat und uns darüber jetzt kompakt aber umfassend informiert. Florian Schmittner Pressebüro Messe Bozen
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impressum Verlag Messe Bozen AG 39100 Bozen Messeplatz 1 tel. +39 0471 516000 fax +39 0471 516111 Internet www.messebozen.it E-mail info@messebozen.it Presserechtlich Verantwortlicher Reinhold Marsoner
INHALTSVERZEICHNIS Einleitung......................................................................................................9 Weltweiter Energiebedarf: Ist-Situation und Zukunftsperspektiven......... 11 Weltweite fossile Energieressourcen..........................................................17 Wie tief fällt der Erdölpreis noch?............................................................. 23 Die Rolle der Erneuerbaren Energien im weltweiten Energiebedarf....... 27 Energie aus Erdgas: Beitrag zu einer „sauberen“ Energieversorgung?................................................................ 35 Die Schiefergas Revolution........................................................................43 Erdöl: wichtigste Ressource der modernen Wirtschaft............................49
Redaktion Monika Psenner Florian Schmittner
Wie sehr bestimmt der Einsatz von Produkten, die aus Erdöl hergestellt werden, unser tägliches Leben?...................... 57
Litho und Druck Ferrari - Auer
Die zunehmende Wichtigkeit nicht-konventioneller fossiler Energien.................................................... 63
Grafik Michelangelo Graphic Art
Steuern auf Benzin, Diesel und andere Produkte aus Erdöl: eine lukrative Einnahmequelle für den Staat?...........................................71 Kohle im Aufwind........................................................................................ 75 Der Energiegigant Russland.......................................................................81 China im Wettlauf um Energie-Ressourcen..............................................89 Ist Atomstrom verzichtbar?........................................................................ 95 Welche Rolle spielen internationale Ölgesellschaften im Energiesektor?..................................................................................... 101 Der Europäische Gasmarkt im Umbruch.................................................107 Die Energiewende...................................................................................... 113
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Monika Psenner Monika Psenner Monika Psenner wurde in Tiers/ St. Zyprian geboren. Nach Abschluss des Humanistischen Gymnasiums in Bozen studierte sie Wirtschaftswissenschaften in Wien und Innsbruck. Von 1977 bis 2010 arbeitete sie bei der OPEC in Wien. Sie war in der Forschungsabteilung tätig, wo sie Energie- und makroökonomische-Statistiken und Energiebilanzen für Publikationen, als Entscheidungsgrundlage für das Management und als Input für Energie-Modelle erstellte und analysierte. Außerdem war sie verantwortlich für das Verfassen von Forschungsberichten, Vorträgen und Präsentationen im Erdöl- und Energiebereich für technische Meetings und Konferenzen. Während ihrer langjährigen Berufstätigkeit bei der OPEC eignete sie sich ein fundiertes Wissen im Energiesektor an. Diese fundierte und leicht verständliche Artikelserie zur Zukunft der Energie schrieb sie exklusiv für Messe Bozen.
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2015
KLIMAINFISSO 5. - 7. März 2015 | Bozen, Italien
Internationale Fachmesse der Zulieferer der Fenster-, Türen- und Fassadenbauer Do-Sa: 9.00-18.00
Einziger BranchenTreffpunkt IN ITALIEN
Internationaler Fachkongress MONTAGE-
Vorführungen Klimainfisso Trend Modellregion Südtirol lars.it
DIE BESTEN FENSTER UND TÜREN
www.klimainfisso.it
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Einleitung Die in dieser Broschüre enthaltenen Artikel geben einen Überblick über die derzeitige globale Energiesituation sowie einen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung. Die Rolle der fossilen Energieformen Erdöl, Gas und Kohle, sowie der besondere Stellenwert des Erdöls in der modernen Wirtschaft werden erörtert. Die zunehmende Wichtigkeit der Erneuerbaren Energien im globalen Energiemix und deren zukünftige Entwicklung, auch im Zusammenhang mit den klimapolitischen Zielsetzungen, werden aufgezeigt. Des Weiteren wird auf die starke Zunahme der Produktion nicht-konventioneller fossiler Energieformen, wie Schiefergas und Schieferöl verwiesen, durch deren Nutzung die Verfügbarkeit fossiler Energien um viele Jahrzehnte verlängert wird und so der Umstieg auf eine Welt mit „sauberen“ erneuerbaren Energieformen deutlich verlangsamt wird. Schließlich wird die besondere Rolle von Gas, die „sauberste“ fossile Energieform und deren Brückenfunktion in Richtung einer Zukunft ohne umweltverschmutzende und gesundheitsgefährdende Treibhausgasemissionen und anderer Schadstoffe, hervorgerufen durch die Verbrennung fossiler Energieträger, aufgezeigt. Das deutsche Projekt „Energiewende“, dessen Ziel es ist, auf eine Wirtschaft umzustellen, die auf erneuerbarer, nicht-nuklearer Energie basiert, bildet den Abschluss der Artikelserie. 9
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Weltweiter Energiebedarf: Ist-Situation und Zukunftsperspektiven Energie ist der Motor der modernen Wirtschaft und eine Grundvoraussetzung von Wirtschafswachstum und Wohlstand. Die zentrale Bedeutung von Energie hat in der globalisierten Welt noch zugenommen. Mit einem Anteil von über 80% am Gesamt-Energieverbrauch spielen vor allem fossile Energieträger, Erdöl, Erdgas und Kohle eine zentrale Rolle, allen voran Erdöl mit einem Anteil von 34%, gefolgt von Kohle mit 26% und Erdgas mit 22%. Im vergangenen Jahrzehnt ist es zu einer massiven Verteuerung des Erdöls von ca. 25 US$ pro Barrel auf über 100 US$ für dieselbe Menge gekommen. Während es in der Vergangenheit immer wieder starke Schwankungen des Ölpreises gab und es diese auch in Zukunft geben wird, scheint der Ölpreis sich nun auf einem viel höheren Niveau zu bewegen. Experten halten es für unwahrscheinlich, dass die Preise auf einen niedrigen Stand wie dem zu Beginn des Millenniums fallen werden. Diese Entwicklung hat auf dem Energiemarkt zu beachtlichen Veränderungen geführt. Energieträger, deren Förderung in der Vergangenheit nicht gewinnbringend war, wurden durch die gestiegenen Erdölpreise profitabel. Die großen Firmen im Energiegeschäft begannen in neue Energieformen zu investieren. Nicht zuletzt als Folge des hohen Ölpreises haben erneuerbare Energieformen wie Wind- und Solarenergie mit zum Teil zweistelligen Wachstumsraten einen bedeutsamen Aufschwung erfahren (Graph 1). 11
Graph 1 Ölpreis und Verbrauch an Erneuerbarer Energie, 2000-2012 (US$/b) 120
(mill. toe) 2 50 200
Verbrauch Erneuerbare Energie
Ölpreis
100 80
150
60 100
40
50
20
0 2000
0 2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
Quelle: BP Statistical Review of the World Energy 2013; toe = Tonnen Erdöläquivalent
Eine weitere Folge des hohen Ölpreises ist der zunehmende Ausbau nicht-konventioneller fossiler Energieträger wie Schiefergas und Schieferöl oder auch die Erschließung von Öl- und Gasreserven in der Arktis. Diesbezüglich sei vor allem auf die „Schiefergasrevolution“ in den USA hingewiesen: Ermöglicht durch den Einsatz neuer Technologien hat diese Entwicklung in den USA zu einem Öl- und Gas-Boom geführt, wie es ihn dort seit 100 Jahren nicht mehr gegeben hat. Dies brachte fundamentale Konsequenzen für den größten Energieverbraucher der Welt mit sich. Neuesten Prognosen zufolge wird die USA in wenigen Jahren von einem bedeutenden Erdgas-Importeur zu einem Erdgas-Exporteur aufsteigen. Auch die Erdölproduktion wird stark ansteigen. Dies bewirkt eine grundlegende Veränderung des internationalen Energiegefüges, da sich die strategischen Interessen der Wirtschaftsmacht USA verschieben. Der Mittlere Osten als Energielieferant verliert, zumindest für die USA, an Bedeutung. Welche Rolle Schiefergasförderung in Zukunft in anderen Regionen spielen wird, bleibt abzuwarten. Die Sorge, dass die Erdölförderung nicht mehr gesteigert werden kann, scheint durch diese Entwicklung in weite Zukunft gerückt zu sein. Die Frage der Energiesicherheit ist jedoch nach wie vor von Bedeutung, da viele Länder, die Erdöl und Erdgas fördern, und solche, die als Transportkorridore fungieren, in politisch instabilen Regionen liegen (z.B. Mittlerer Osten, Afrika). 12
Trotz hoher Energiepreise steigt der weltweite Energieverbrauch, vor allem in den Schwellen- und Entwicklungsländern, weiter an. Die zunehmende Abhängigkeit von fossilen Energieträgern vieler Länder einerseits und die Sorgen rund um die Umweltverschmutzung durch fossile Energieträger andererseits machen die Frage nach der Entwicklung des zukünftigen Energiebedarfs sowie des globalen „Energiemix“ besonders brisant. Tabelle 1 Einige Kennzahlen im Vergleich 2012 Quellen: Weltbank. *Daten beziehen sich auf das Jahr 2010
Einwohner (Millionen)
Bruttosozialprodukt pro Kopf (US$)
Autos pro 1000 Einwohner*
PrimärenergieVerbrauch pro Kopf (toe)
Urbanisierungsgrad in % der Gesamtbevölkerung
USA
314
52340
428
7.0
83
Japan
128
47880
453
3.6
92
Euro Zone
334
37884
470
3.5
76
China
1350
5720
57
1.4
52
Indien
1237
1580
18
0.6
32
Es stellt sich die Frage: Wie wird sich der weltweite Energiebedarf in den kommenden Jahrzehnten entwickeln? Wird es genügend Angebot für die ständig steigende Nachfrage geben? Wird es gelingen die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern wesentlich zu verringern und wird der Anteil der erneuerbaren Energien erheblich zunehmen, um die durch fossile Energieträger verursachte Umweltverschmutzung zu reduzieren? Im Folgenden eine kurze Zusammenfassung des gegenwärtigen weltweiten Energiebedarfs sowie eine Vorschau auf die Entwicklung in den kommenden Jahrzehnten, unter Berücksichtigung der neuesten Prognosen. Die wichtigsten Faktoren, welche den Energieverbrauch bestimmen, sind das Bevölkerungswachstum einerseits und das Wirtschaftswachstum sowie die zunehmende Industrialisierung und Urbanisierung in den Schwellen- und Entwicklungsländern andererseits. Zwischen 2010 und 2040 wird die Weltbevölkerung von 7 Milliarden auf 9 Milliarden anwachsen, wobei das Bevölkerungswachstum ausschließlich in den Schwellen- und Entwicklungsländern stattfinden wird. Die Wirtschaft wird im selben Zeitraum in den Nicht-OECD-Ländern um 4,4% wachsen, während sie in den OECD-Ländern um lediglich 2% zunehmen wird. Der Nachholbedarf bezüglich Wirtschaftsentwicklung, steigendem Lebensstandard und die daraus folgende Entwicklung hin zu einem gesteigerten Energieverbrauch in den NichtOECD-Staaten ist enorm. Eine Kennzahl ist hier besonders aussagekräftig: Während in den USA, in der Eurozone und in Japan auf 1000 Einwohner zwischen 428 und 470 PKWs kommen, sind es in China lediglich 57 und in Indien nur 18 (Tabelle 1). Auch der Pro-Kopf-Energieverbrauch ist in den Nicht-OECDLändern deutlich niedriger als in den OECD-Ländern. Während ein US-Amerikaner im Jahr sieben Tonnen Energie verbraucht, beträgt diese Kennzahl in Indien nur 0,6 Tonnen. 13
Graph 2 Weltweiter Energiebedarf (mill. toe) Quelle: ExxonMobil Energy Outlook 2014 20000 18000 Anteil in% 16000 Anteil in% 14000 4925 30% 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0
Anteil in% 5375 30%
3100 24% 4200 32% 5750 44%
5600 34%
6825 38%
5800 36
5550 31%
2010
2025
2040
(Daten beziehen sich auf den Primär-Energiebedarf)
OECD Nicht-OECD exkl. China & Indien China & Indien Neuesten Prognosen zufolge wird der weltweite Energiebedarf zwischen 2010 und 2040 um 35% wachsen. Als Folge des Bevölkerungswachstums, des wirtschaftlichen Aufschwungs, der zunehmenden Industrialisierung und Urbanisierung und der damit verbundenen Steigerung des Wohlstandes wird das Energiewachstum ausschließlich in den Schwellenländern, vor allem in China und Indien, und in den Entwicklungsländern stattfinden, während in den OECD Ländern bis 2040 ein leichter Rückgang prognostiziert wird (Graph 2). Eine wichtige Voraussetzung für die Erreichung dieser Prognose ist eine Steigerung der Energieeffizienz (beispielsweise durch die Produktion von Autos mit sparsamen Kraftstoffverbrauch).
Graph 3
Weltweiter Energiemix Quelle: ExxonMobil Energy Outlook 2014 2% 6%
2010
1%
9%
3%
2025
9% 34%
26%
6%
31%
24% 22%
2040
3%
3% 4% 8%
31%
8% 19%
24%
27%
(Daten beziehen sich auf den Primär-Energiebedarf)
Biomasse
Erdöl Gas Kohle Atomkraft Wasserkraft Andere Erneuerbare Energien Bezüglich der Entwicklung der einzelnen Energieträger ergibt sich folgendes Bild: Der Bedarf an fossilen Energieträgern – Erdöl, Erdgas und Kohle – wird von 82% im Jahr 2010 auf 79% im Jahr 2025 und auf 77% im Jahr 2040 sinken, letztere werden jedoch immer noch mehr als drei Viertel des weltweiten Energiebedarfs ausmachen. Während der Anteil von Erdgas im Jahr 2010 22% betrug und im Jahr 2025 auf 24% und 2040 auf 27% steigen wird, wird jener von Kohle von 26% im Jahr 2010 auf 19% im Jahr 2040 sinken. Der Erdölanteil, der im Jahr 2010 34% im Jahr 2010 ausmachte, wird für die Jahre 2025 und 2040 jeweils auf 31% prognostiziert, jedoch wird Erdöl nach wie vor der weltweite Energieträger Nr. 1 bleiben. Der Anstieg von Erdgas einerseits und der Rückgang von Kohle andererseits können als positive Entwicklung gesehen werden, da bei
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der Verbrennung von Gas weniger Kohlendioxid und andere Luftschadstoffe freigesetzt werden und es somit die sauberere Alternative zu Kohle und Öl ist. Erneuerbare Energien (ohne Wasserkraft und Biomasse) werden zwar stark zunehmen, aber im weltweiten Energiemix im Jahr 2040 nur bescheidene 4% ausmachen. Betrachtet man die einzelnen Wirtschaftssektoren, so ergibt sich ein differenziertes Bild. Während im privaten- und gewerblichen Sektor der Energieverbrauch im Zeitraum von 2010 bis 2040 um 28% und im Industrie-Sektor um 35% ansteigen wird, wird der Transportsektor ein Wachstum von 42% im selben Zeitraum erleben. Erdöl wird im Transportsektor auch in Zukunft die führende Rolle spielen. 2010 betrug der Anteil von Erdöl im Transportsektor 95%, 2040 wird er immerhin noch 87% ausmachen. Der Anteil von Gas und Biokraftstoffen wird von lediglich 4% im Jahre 2010 auf 11% im Jahre 2040 erhöht werden. Weitreichendere Veränderungen wird es in den kommenden Jahrzehnten im Elektrizitätssektor geben. Diesbezüglich sei erwähnt, dass weltweit nach wie vor 1,3 Milliarden Menschen keinen Zugang zu Elektrizität haben. In diesem Sektor werden die höchsten Wachstumsraten prognostiziert: 90% weltweit zwischen 2010 bis 2040, 163% in den Nicht-OECD Ländern und lediglich 23% in den OECD Ländern. Bei der Elektrizitätsgewinnung werden erneuerbare Energieträger einen enormen Zuwachs erfahren. Zwischen 2010 und 2040 wird die Stromgewinnung aus Windenergie mit 540% am stärksten wachsen, andere erneuerbare Energien werden um 188% und Wasserkraft um 80% zunehmen. Bei den fossilen Energieträgern wird Kohle bis 2025 noch weiter leicht ansteigen, sich dann aber rückläufig entwickeln, während Gas mit einer Zuwachsrate von 78% zwischen 2010 und 2040 stark ansteigen wird. Das zur Elektrizitätsgewinnung ohnehin wenig verwendete Erdöl wird in Zukunft weiterhin an Bedeutung verlieren. Ein Trend hin zu „saubereren“ Energieträgern ist im Stromgewinnungssektor eindeutig erkennbar. Atomstrom wird zwischen 2010 und 2040 um 109% ansteigen (Graph 4). Graph 4 Weltweite Elektrizitätsgewinnung nach Energieträger Quelle: ExxonMobil Energy Outlook 2014 (mill. toe) Andere Erneubare Energien
2040
Wind Wasserkraft 2020
Atomkraft Kohle Gas
2010
Erdöl 0
500
1000
1500
2000
2500
3000
Durch die Erschließung unkonventioneller fossiler Energieformen, wie Schiefergas und Schieferöl scheint das Ende des „fossilen Energie-Zeitalters“ in weitere Ferne gerückt zu sein. 15
Die Angst, dass Erdöl in absehbarer Zeit ausgehen könnte, ist daher vorerst gebannt. Da Investitionen im Energiebereich sehr kapitalintensiv sind, befürchten manche Experten, dass zu viel Kapital in unkonventionelle fossile Energieformen investiert wird, was sich auf Investitionen in erneuerbare Energieträger nachteilig auswirken könnte. Da der zukünftige Energiebedarf nach wie vor zu einem großen Teil durch fossile Energieträger gedeckt wird, werden energieabhängige CO 2-Emissionen bis 2025 weltweit weiter ansteigen. In den OECD-Ländern wird es als Folge sinkenden Energiebedarfs zu einer Verringerung kommen, während in den Nicht-OECD-Ländern bis 2025 die CO 2-Emissionen signifikant ansteigen werden. Erst danach wird es weltweit zu einem Rückgang kommen (Graph 5).
Graph 5
Energieabhängige CO2-Emissionen Quelle: ExxonMobil Energy Outlook 2014 (Bill. Tonnen) Anteil in % 40 35
Anteil in %
Anteil in %
30 25 20
17,8 58%
25,0 68%
26,6 73%
11,8 32%
9,7 27%
2025
2040
15 10 5 0
12,8 42% OECD 2010 Nicht-OECD
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass bis 2040 der Energiebedarf weltweit um 35% ansteigen wird, dies unter der Voraussetzung, dass es gelingt die Energieeffizienz stark zu erhöhen. Fossile Energieträger werden auch im Jahr 2040 immer noch mehr als drei Viertel des Primär-Energiebedarfs ausmachen, wobei ein erheblicher Anteil von nicht-konventionellen fossilen Energieformen wie Schieferöl und Schiefergas gedeckt werden wird. Eine weltweite Energieversorgung ohne fossile Energie ist noch lange nicht in Sicht. Erdöl wird mit 31% am Gesamtenergiebedarf auch im Jahr 2040 weltweit der Energieträger Nr. 1 bleiben, vor allem aufgrund seiner Flexibilität. Erdgas, der „sauberste“ fossile Energieträger wird den größten Zuwachs verzeichnen und mit einem Anteil von 27% im Jahr 2040 die Kohle mit einem Anteil von 19% auf Platz drei verweisen. Erneuerbare Energien werden sich zwischen 2010 und 2040 mehr als verdreifachen, jedoch nur einen bescheidenen Anteil von 4% am weltweiten Gesamtenergiebedarf ausmachen. Vor allem bei der Stromproduktion wird der Anteil an erneuerbaren Energien an Wichtigkeit gewinnen. Obwohl es in den kommenden Jahrzehnten zu keiner bedeutenden Energiewende kommen wird, so werden doch durch vermehrten Einsatz von Erdgas einerseits und die Zunahme von erneuerbaren Energien andererseits die durch Energienutzung bedingten CO2-Emissionen bis 2025 weltweit geringfügiger ansteigen als in den vergangenen Jahrzehnten und bis 2040 sogar leicht sinken. 16
Weltweite fossile Energieressourcen Der derzeitige weltweite Primär-Energiekonsum basiert zu über 80% auf fossilen Energieträgern und auch in den kommenden Jahrzehnten werden Erdöl, Erdgas und Kohle über 75% der weltweiten Energieversorgung ausmachen. Angesichts der überaus großen Wichtigkeit von fossilen Brennstoffen für die moderne Wirtschaft einerseits und ihrer begrenzten Lebensdauer andererseits ist die Frage der zukünftigen Verfügbarkeit von immenser Bedeutung. Fossile Energievorräte werden in Reserven und Ressourcen unterteilt. Sowohl bei den Reserven, als auch den Ressourcen handelt es sich um Schätzungen. Veröffentliche Daten bezüglich Reserven und Ressourcen von verschiedenen Institutionen/Organisationen sind deshalb nicht immer identisch und werden aufgrund ständig verbesserter Schätzmethoden sowie neuer Fördertechnologien häufig revidiert. Energieressourcen sind die Mengen an Erdöl/Erdgas, die geologisch nachgewiesen sind, deren Förderung aber derzeit nicht wirtschaftlich ist oder auch technisch nicht möglich ist und jene Mengen, die noch nicht nachgewiesen sind, aber aus geologischer Sicht in dem betreffenden Gebiet erwartet werden können. Energiereserven beschreiben jene Mengen des Erdöls/Erdgases, welche bereits genau erfasst und bewertet wurden und mit den derzeitigen technischen Möglichkeiten wirtschaftlich gewonnen werden können. Es handelt sich um Lagerstätten, für die es meist bereits ein Projekt zur zukünftigen Förderung der Vorräte gibt. Ob Energievorräte von Ressourcen in Reserven übergehen, hängt einerseits vom technischen Fortschritt und andererseits von den Energiepreisen ab. Ein Beispiel dafür ist das Schiefergas, dessen Vorkommen schon lange bekannt war, dessen Förderung jedoch erst durch den Einsatz neuer Technologien möglich wurde und dessen Gewinnung als Folge hoher Energiepreise profitabel wurde. Darüber hinaus kann in bekannten Erdöl- und Erdgasfeldern durch verbesserte Fördertechniken sowie durch verbesserte Kenntnisse des geologischen Aufbaus ein Reservenzuwachs erzielt werden. Abhängig davon, ob die Gewinnung mit den klassischen Explorations-, Förder- und Transporttechniken möglich ist, oder ob dafür alternative, aufwendigere und kostspieligere Technologien angewandt werden, wird zwischen konventionellem und nicht-konventionellem Erdöl/Erdgas unterschieden. Die Abgrenzung von unkonventionellem zum konventionellen Erdöl ist nicht immer eindeutig, bzw. ist der Übergang fließend, da alternative, aufwendigere Technologien längerfristig gesehen zur Norm werden.
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Erdöl Die weltweiten nachgewiesenen Erdölreserven beliefen sich Ende 2012 auf annähernd 1700 Milliarden Barrel (einschließlich extra-schwerem Erdöl in Venezuela und Ölsand in Kanada). Zehn Länder, von denen fünf im Mittleren Osten liegen, machen 85% der weltweiten Erdölreserven aus. Vergleicht man den gegenwärtigen Erdölbedarf mit den vorhandenen Reserven, so ergibt sich ein starkes regionales Ungleichgewicht. Während fast die Hälfte (48%) der Reserven im Mittleren Osten liegen, werden 33% des Erdöls im Asiatischen Raum verbraucht, gefolgt von Nordamerika mit einem Verbrauch von 26% und Europa & den GUS Staaten mit 21%. Graph 1 10 Länder mit den größten Erdölreserven Quelle: BP Statistical Review of the World Energy 2013 Milliarden Barrel Venezuela 1/ 298 Saudi Arabien 266 Kanada 2/ 174 Iran 157 Irak 150 Kuwait 102 UAE* 98 Russland 87 Lybien 48 Nigeria 37 Restliche Länder 253 Welt 1669
Anteil in % 17,8 15,9 10,4 9,4 9,0 6,1 5,9 5,2 2,9 2,2 15,2 100,0
Kumulativer Anteil in% 17,8 33,8 44,2 53,6 62,6 68,7 74,5 79,7 82,6 84,8 100,0
1/ extra-schweres Erdöl ist inkludiert 2/ Ölsand ist inkludiert * Vereinigte Arabische Emirate Weltweite Erdölreserven (Ende 2012) 8% 20%
Weltweiter Erdölverbrauch (2012) 4% 9% 21%
7%
13%
33%
48% 26% 3%
8%
Nordamerika Europa & GUS Staaten Afrika
Süd- und Mitteamerika Mittlerer Osten Asien und Pazifik
Laut Internationaler Energieagentur (IEA) inkludiert nichtkonventionelles Erdöl folgende Kategorien: extra-schweres Öl und Bitumen (auch Öl-Sand oder Teer-Sand genannt), Schieferöl (Light Tight Oil/LTO) und Kerogen (Ölschiefer). Nach Schätzungen der IEA belaufen sich die weltweiten Ressourcen von konventionellem und nicht-konventionellem Erdöl auf fast 6000 Milliarden Barrel. Inkludiert man synthetisches Erdöl, das aus Gas und Kohle gewonnen werden kann, so würde die Zahl auf fast 8000 Milliarden Barrel ansteigen.
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Graph 2 Erdöl: Förderkosten Quelle: IEA World Energy Outlook 2013 (2012 US$/Barrel) 120 100 80 60 40 20 1000
2000
3000
4000
5000
6000
7000
8000
Verbleibendes Potenzial der technisch förderbaren Erdöl-Ressourcen (Milliarden Barrel) Bereits produziertes Erdöl Mittlerer Osten & Nordafrika Anderes konventionelles Erdöl CO2 EOR
nicht CO2 EOR Erdöl in Arktischen Regionen Extra-Schweröl & Bitumen LTO (Schieferöl)
Ultra Tiefwasser Kerogen (Ölschiefer) GTL (gas to liquids) CTL (coal to liquids)
Graph 2 zeigt auf, in welchem Kostenbereich sich die Erdölförderkosten je nach Region, nach Erdölkategorie (konventionell, nicht-konventionell) oder nach Fördertechnik bewegen. Bei der Erdölförderung im Mittleren Osten und in Nordafrika fallen die niedrigsten Förderkosten an, während die Kosten für konventionelles Erdöl in der restlichen Welt bereits deutlich höher liegen. Die Verwendung aufwendiger Technologien zur Erreichung einer höheren Ausbeute der Lagerstätten (EORenhanced oil recovery) oder die Erdölförderung in schwer zugänglichen Regionen, wie in Ultra-Tiefwasser Lagerstätten (z.B. in Brasilien) und die Erdölförderung in Arktischen Regionen führen zu noch höheren Kosten. Sehr hohe Kosten fallen auch bei der Förderung von Schieferöl, von extraschwerem Erdöl und bei der Erdölgewinnung aus Ölsanden an. Auch die Gewinnung von Erdöl aus Ölschiefer sowie die Verflüssigung von Kohle (CTL) und Erdgas (GTL) zur Herstellung von synthetischem Erdöl erfordern aufwendige Technologien und sind daher sehr teuer. Beim derzeitigen Stand (Januar 2015) des Erdölpreises von ungefähr 50 Dollar pro Barrel könnte ein beachtlicher Teil der in der Graphik angeführten Alternativen aus wirtschaftlicher Sicht gefördert werden. Der Erdölpreis wird auch in Zukunft Schwankungen unterworfen sein, man kann jedoch davon auszugehen, dass das Preisniveau nicht mehr auf einen niedrigen Stand, wie es der zu Beginn des Millenniums war, fallen wird, da die Ressourcen mit niedrigen Produktionskosten immer geringer werden.
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Erdgas Die Schätzungen der weltweit ausgewiesenen Erdgasreserven beliefen sich Ende 2012 auf 187 Billionen Kubikmeter. Ähnlich wie bei Erdöl sind die Erdgasreserven regional sehr ungleich verteilt. Iran gefolgt von Russland und Katar machen mit 48.9% fast die Hälfte der weltweiten Erdgasreserven aus. Regional betrachtet, liegen 43% der Erdgasreserven im Mittleren Osten, an zweiter Stelle rangiert Europa und die GUS Staaten mit 31%, wobei Russland den größten Teil ausmacht. Europa und die GUS Staaten sind mit 33% die Region mit dem höchsten Gasverbrauch, gefolgt von Nordamerika mit 27% und Asien mit 19%. Graph 3 10 Länder mit den größten Erdgasreserven Quelle: BP Statistical Review of the World Energy 2013 Billionen m3 Iran 33,6 Russland 32,9 Katar 25,1 Turkmenistan 17,5 USA 8,5 Saudi Arabien 8,2 UAE* 6,1 Venezuela 5,6 Nigeria 5,2 Algerien 4,5 Restliche Länder 40,1 Welt 187,3 *Vereinigte Arabische Emirate
Anteil in % 18,0 17,6 13,4 9,3 4,5 4,4 3,3 3,0 2,8 2,4 21,4 100,0
Weltweite Erdgasreserven (Ende 2012) 43%
Kumulativer Anteil in % 18,0 35,5 48,9 58,3 62,8 67,2 70,4 73,4 76,2 78,6 100,0
Weltweiter Erdgasverbrauch (2012) 4% 19% 12% 27%
8%
31%
8%
4%
33%
6%
5%
Nordamerika Süd- und Mittelamerika Europa & GUS-Staaten Mittlerer Osten Afrika Asien und Pazifik Zum nicht-konventionellen Gas zählen laut IEA Schiefergas, Tight Gas und Kohleflözgas (Coalbed Methan/CBM). Methanhydrate, welche weltweit in sehr großen Mengen vorkommen, zählen auch zum unkonventionellen Gas. Sie werden jedoch meist in den Schätzungen der nicht-konventionellen Gas Ressourcen nicht inkludiert, da ihre Förderung sowohl aus technologischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht in absehbarer Zeit nicht möglich sein wird. Laut IEA belaufen sich die weltweiten Ressourcen von konventionellem und nicht-konventionellem Gas auf ungefähr 800 Billionen Kubikmeter.
20
Kohle Kohle ist der Energierohstoff mit der größten geologischen Verfügbarkeit. Die USA verfügen mit einem Anteil von 27.6% über die weltweit größten Kohlereserven. An zweiter Stelle liegt Russland mit 18.2% gefolgt von China mit 13.3%, Australien mit 8.9 % und Indien mit 7%. Diese fünf Länder verfügen zusammen über 75% der weltweiten Kohle Reserven. Kohlereserven sind nicht wie konventionelle Erdöl- und Erdgasreserven auf begrenzte Regionen konzentriert (Mittlerer Osten), sondern es gibt sie auf allen Kontinenten. Regional gesehen ist Asien mit 70% bei weitem der größte Kohlekonsument, wobei China allein über 50% der weltweiten Kohle verbraucht. Graph 4 10 Länder mit größten Kohlereserven Quelle: BP Statistical Review of the World Energy 2013 Milliarden Tonnen USA 237,3 Russland 157,0 China 114,5 Australien 76,4 Indien 60,6 Deutschland 40,7 Ukraine 33,9 Kazachstan 33,6 Südafrika 30,2 Kolumbien 6,7 Restliche Länder 70,1 Welt 860,9 Weltweite Kohlereserven (Ende 2012) 0,1% 4%
Kumulativer Anteil in % 27,6 45,8 59,1 68,0 75,0 79,7 83,7 87,6 91,1 91,9 100,0
Weltweiter Kohlerverbrauch (2012) 0,3%
35% 31%
Anteil in % 27,6 18,2 13,3 8,9 7,0 4,7 3,9 3,9 3,5 0,8 8,1 100,0
3%
14% 1% 70% 12%
1%
29%
Nordamerika Europa & GUS-Staaten Afrika
Süd- und Mittelamerika Mittlerer Osten Asien und Pazifik
Den höchsten Verbrauch bei den fossilen Energieträgern verzeichnet derzeit Erdöl mit 38%, gefolgt von Kohle mit 34% und Gas mit 28%. Vergleicht man die Reserven und Ressourcen, so ergibt sich ein ganz anderes Bild. Kohle hat verglichen mit Erdöl und Erdgas nicht nur die meisten Reserven sondern übertrifft auch bei den Ressourcen Erdöl und Erdgas bei weitem. Der Kohleanteil an den weltweiten fossilen Reserven beträgt 58%, während Erdöl und Erdgas einen Anteil von 23% bzw. 19% aufweisen. Bei den Ressourcen beträgt der Anteil der Kohle sogar 91%, gefolgt von Gas mit 6% und Erdöl mit 3%. Bemerkenswert ist, dass Erdöl einerseits den größten Anteil am Verbrauch hat und andererseits den geringsten Anteil an den Ressourcen. (Graph 5). 21
Graph 5 Fossile Brennstoffe: Verbrauch, Reserven und Ressourcen im Vergleich (% Anteil) Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaft und Rohstoffe, Hannover (BGR) Verbrauch, 2012
Reserven, Ende 2012
38%
Ressourcen, Ende 2012
23% 58%
34%
19%
28%
Erdöl
Gas
3%
91%
6%
Kohle
Die IEA schätzt die Lebensdauer der Reserven, gemessen an der gegenwärtigen Produktion für Erdöl auf 54 Jahre, für Erdgas auf 61 Jahre und für Kohle auf 142 Jahre. Bei den Ressourcen beläuft sich die geschätzte Lebensdauer für Erdöl auf 178 Jahre, für Erdgas auf 233 Jahre und für Kohle auf über 3000 Jahre. Während die Schätzungen für die Reserven und damit auch die mögliche zukünftige Nutzung als sehr wahrscheinlich angesehen werden können, sind die Zahlen für die Ressourcen mit großer Unsicherheit behaftet, da es nicht absehbar ist, wie viel von den geschätzten Ressourcen in Zukunft als Reserven ausgewiesen und auch tatsächlich gefördert werden können. Graph 6 Fossile Energiereserven und -ressourcen (geschätzte Lebensdauer in Jahren) Quelle: IEA World Energy Outlook 2013 178 54
Erdöl
233
Erdgas
61 3050
Kohle
142 0
500
1000
1500
2000
2500
(Jahre) Ressourcen Reserven (Daten für Erdöl und Erdgas beziehen sich auf das Jahr 2012, Daten für Kohle auf das Jahr 2011) Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es nach derzeitigem Kenntnisstand aus geologischer Sicht weltweit noch sehr große fossile Energievorräte gibt, wobei Kohle bei weitem das größte Potenzial aufweist. Welcher Teil der Ressourcen in Zukunft auch tatsächlich genutzt werden kann, hängt unter anderem vom technischen Fortschritt und vom Energiepreis-Niveau ab. Die Umweltverträglichkeit und die öffentliche Akzeptanz wird im Zusammenhang mit bestimmten Fördertechnologien für die zukünftige Gewinnung fossiler Brennstoffe auch eine wichtige Rolle spielen. Erdöl ist der fossile Energierohstoff, dessen Vorräte am weitesten erschöpft sind. Die Zeit des billigen Erdöls scheint vorbei zu sein, da die Vorräte mit niedrigen Produktionskosten nur mehr in begrenztem Umfang vorhanden sind und bei ständig steigendem Erdölverbrauch in absehbarer Zeit erschöpft sein werden. Anmerkung: Milliarden (10 9) entsprechen den im angelsächsischen Raum verwendeten Billionen und Billionen (10 12) entsprechen den im angelsächsischen Raum verwendeten Trillionen.
22
3000
3500
Wie tief fällt der Erdölpreis noch? Im Zeitraum Juni 2014 bis Anfang Jänner 2015 ist der Ölpreis um über 50% gesunken. Mit Spannung wurde auf die Entscheidung der Öl-Minister der OPEC-Länder am 27. November gewartet, ob und in welchem Umfang die Fördermenge gekürzt werden würde, um einen weiteren Preisverfall zu verhindern. Doch die Fördermenge wurde zum Erstaunen vieler Analysten nicht gekürzt. Schon im Vorfeld der Verhandlungen ließen Saudi Arabien und andere OPEC-Golfstaaten durchklingen, dass sie keiner Förderkürzung zustimmen würden. Andere OPEC-Mitgliedsländer, wie Venezuela, Iran und Irak setzten sich dagegen für eine Kürzung der Fördermenge ein, da der niedrige Ölpreis weitreichende negative Folgen für ihre ohnehin schwache Wirtschaft hat. Wieder einmal hat sich gezeigt, dass die Interessen der einzelnen OPEC-Länder unterschiedlich sind und dass Saudi Arabien, das Land mit der höchsten Produktion innerhalb der OPEC das Sagen hat. Saudi Arabien und die anderen Golfländer verfügen über genügend Devisenreserven, um einen niedrigen Ölpreis auch über einen längeren Zeitraum verkraften zu können, während sinkende Einnahmen aus dem Erdölgeschäft andere OPEC-Länder, wie den Iran, den Irak oder Venezuela in große Schwierigkeiten bringen würden, da sie ihre Haushalte nicht mehr finanzieren könnten. Graph 1
dic 29, 2014
gen 05, 2015
dic 15, 2014
dic 22, 2014
dic 01, 2014
dic 08, 2014
nov 17, 2014
nov 24, 2014
nov 10, 2014
nov 03, 2014
ott 27, 2014
ott 13, 2014
ott 20, 2014
ott 06, 2014
set 29, 2014
40 set 15, 2014
40 set 22, 2014
50 set 08, 2014
50 set 01, 2014
60
ago 25, 2014
60
ago 11, 2014
70
ago 18, 2014
70
ago 04, 2014
80
lug 21, 2014
80
lug 28, 2014
90
lug 14, 2014
90
giu 30, 2014
100
lug 07, 2014
100
giu 16, 2014
110
giu 23, 2014
110
giu 02, 2014
120
giu 09, 2014
Entwicklung des Erdölpreises (Brent) Juni 2014 - Jänner 2015 (US$/Barrel) Quelle: US Energy Information Adminstration (US$/Barrel) 120
Was sind die Gründe für den fallenden Ölpreis und warum will die OPEC nichts unternehmen, um den Ölpreis wieder auf ein höheres Niveau zu bringen? Der starke Preisverfall ist die Folge eines Überangebots an Erdöl auf den Weltmärkten. Vor allem die USA haben ihre Erdölproduktion als Folge der ständig steigenden Schieferölförderung in den vergangen Jahren stark erhöhen können. Im Zeitraum Jänner 2005 bis September 2014 stieg die Produktion 23
von 5,4 Millionen auf 8,9 Millionen Barrels pro Tag, was einen Zuwachs von über 3,4 Millionen Barrels täglich ausmacht. Zählt man den Anstieg der NGL1-Produktion dazu, so kommen noch 1,3 Millionen Barrel pro Tag dazu. Als Folge der inländischen Produktionssteigerung nahmen die amerikanischen Erdölimporte stark ab. Laut diversen Prognosen wird diese Entwicklung auch in den kommenden Jahren anhalten. Auch andere Nicht-OPEC Länder wie Kanada und Brasilien produzieren mehr Erdöl. Graph 2 USA: Erdölproduktion 2005-2014 (Millionen Barrels proTag) Quelle: US Energy Information Adminstration 9 8 7 6 5 4
Set-14
Mag-14
Gen-14
Set-13
Mag-13
Gen-13
Set-12
Mag-12
Gen-12
Set-11
Mag-11
Gen-11
Set-10
Mag-10
Gen-10
Set-09
Mag-09
Gen-09
Set-08
Mag-08
Gen-08
Set-07
Mag-07
Gen-07
Set-06
Mag-06
Gen-06
Set-05
Mag-05
Gen-05
3
Auf der Nachfrageseite hat das schwache Wirtschaftswachstum vor allem in der Eurozone, aber auch niedrigere Wachstumsraten in den Schwellenländern wie China, eine geringere Nachfrage nach Erdöl zur Folge. Wie die letzten Prognosen des Internationalen Währungsfonds, der OECD oder anderer namhafter Institutionen zeigen, wird sich die Weltwirtschaft nur langsam erholen und ein Anstieg des Erdölkonsums ist deshalb kurzfristig nicht zu erwarten. Anders als in der Vergangenheit, ist die OPEC oder besser gesagt Saudi Arabien nicht mehr bereit die Öl-Produktion zu kürzen und somit Marktanteil zu verlieren, sondern scheint darauf zu setzen, dass ein wesentlicher Teil der kleinen Schieferölproduzenten in den USA als Folge des niedrigen Ölpreises die Produktion einstellen müssen und so das Angebot sinken wird und in Folge der Ölpreis wieder steigen wird. Der SaudiArabische Ölminister sagte in einem Interview, dass er davon ausgehe, dass der Markt sich selbst wieder stabilisieren würde und es deshalb nicht notwendig sei die Förderquoten der OPEC zu kürzen. Was er damit genau gemeint hat, blieb er den Journalisten schuldig. Analysten interpretieren diese Aussage damit, dass Saudi Arabien davon ausgeht, dass ein wesentlicher Teil der Schieferölproduktion in den USA wegen des niedrigen Ölpreises bald eingestellt werden muss.
1 NGL (englisch: natural gas liquids) sind liquide Erdgaskondensate, die sowohl bei der Erdgasgewinnung als auch bei der Erdölgewinnung anfallen. NGLs sind leichte, hochwertige Produkte, die den verschiedenen Erdölprodukten beigemischt werden oder auch direkt verwendet werden, zum Beispiel in der in der petrochemischen Industrie.
24
Die Entscheidung der OPEC den Erdölpreis nicht durch eine Förderkürzung zu stoppen, wird von manchen Analysten auch in einen geopolitischen Kontext gebracht. So sind einige Analysten der Meinung, dass durch die niedrigen Preise Russland getroffen werden sollte, dessen Wirtschaft sehr stark von Erdöl und Gas abhängig ist. Eine andere, immer wieder kolportierte Theorie, geht davon aus, dass man den Iran mit den niedrigen Preisen schwächen will. Wenn die Erdölpreise weiter sinken, was anzunehmen ist, da im ersten Quartal 2015 die Nachfrage nach Erdöl saisonbedingt weiter fallen wird, werden vor allem die kleineren Schieferölproduzenten in den USA ihre Aktivitäten einstellen müssen. In den USA sind sehr viele kleine Erdölgesellschaften in der Schiefergasproduktion tätig, die bei einem anhaltenden niedrigen Preis wegen mangelnder Rentabilität nicht mehr produzierten könnten, während die Ölmultis über genügend finanzielle Ressourcen verfügen, um auch bei niedrigen Preisen die Produktion fortführen zu können. Wie weit die Ölpreise tatsächlich fallen können, um die Schieferölförderung unrentabel zu machen, ist nicht einfach zu beantworten. Manche Studien gehen davon aus, dass selbst bei einem Preis von unter 60 US$ pro Barrel die Schieferölproduktion noch rentabel sei. Wie hoch die Förderkosten von Schieferöl sind, hängt auch von der geologischen Beschaffenheit der jeweiligen Lagerstätte ab. Manche Analysten gehen davon aus, dass bei sinkenden Ölpreisen, die Erdölindustrie alles daran setzen wird, um die Kosten der Schieferölförderung zu verringern, um so auch bei niedrigeren Ölpreisen profitabel produzieren zu können. Es gibt viele offene Fragen und erst die kommenden Wochen und Monate werden zeigen, in welche Richtung der Erdölpreis sich entwickeln wird. Es bleibt abzuwarten, ob bei einem weiteren Preisverfall die OPEC in den kommenden Monaten nicht doch noch die Fördermengen kürzen wird und möglicherweise auch einige Nicht-OPEC Länder wie Mexiko und Russland eine Produktionskürzung vornehmen werden, um den Ölpreis wieder auf ein höheres Niveau zu bringen. Manche Analysten gehen davon aus, dass sich der Ölpreis mittelfristig bei etwa 80 US$ pro Barrel stabilisieren wird. Auf welchem Preisniveau letztlich eine Stabilisierung des Ölpreises stattfinden wird, ist derzeit schwer zu sagen.
25
26
WIND solareNERGIE geotHermIE
WASSERKRAFT
bioENERGIE
Die Rolle der Erneuerbaren Energien im weltweiten Energiebedarf Die Nutzung erneuerbarer Energien bietet im Vergleich zu fossilen Brennstoffen viele potenzielle Vorteile. Vor allem im Hinblick auf den Klima- und Umweltschutz sind erneuerbare Energieträger von großer Bedeutung, da sie zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen und anderen Luftschadstoffen beitragen. Die zunehmende Verwendung erneuerbarer Energien führt zudem zu einer größeren Diversifizierung der Energieversorgung und verringert so die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen (Erdöl, Erdgas und Kohle). Wie hoch ist derzeit der weltweite Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch und welche Entwicklung wird für die Zukunft prognostiziert?
27
Zu den erneuerbaren Energiequellen zählen Wasserkraft, Solarenergie1, Windenergie, geothermische Energie, Energie aus Biomasse 2 und Energie aus Ozeanwellen.
Graph 1
Weltweiter Primär-Energiebedarf nach Energieträger: Anteil in % Quelle: IEA World Energy Outlook 2013 (New Policies Scenario) 100% 90% 80% 70%
1 10 2 5 21
2 10 3 6
3 10 3 6
3 10 3 6
11 3 6
Kohle
22
23
23
24
Erdgas
60%
4
50% 40%
31
Erdöl
Atomenergie 30
29
28
27
Wasserkraft
30% Bioenergie
20% 10% 0%
29
2011
28
27
26
25
2020
2025
2030
2035
andere erneuerbare Energien
Im Jahre 2011 betrug der Anteil der gesamten erneuerbaren Energien am weltweiten Primär-Energiebedarf3 13%, davon entfielen 10% auf Bioenergie, 2% auf Wasserkraft und lediglich 1% auf andere erneuerbare Energien. Der hohe Anteil an Bioenergie ist eine Folge des hohen Verbrauchs an traditioneller Biomasse in den Entwicklungsländern. Laut Prognose der Internationalen Energieagentur (IEA) wird der Anteil an erneuerbarer Energie im Jahre 2035 auf 18% ansteigen. Das ist zwar immer noch ein geringer Anteil am Gesamt-Energiebedarf, aber die Tendenz hin zu erneuerbarer, umweltschonender Energie und weg von der fossilen Energie, ist evident (Graph 1). Der Verbrauch erneuerbarer Energien ohne Wasserkraft und Bioenergie, wird bis 2035 jährlich um durchschnittlich 7,4% ansteigen, während für Erdöl und Kohle nur eine jährliche Wachstumsrate von 0,5% bzw. 0,7 % prognostiziert wird. In den industrialisierten Ländern (OECD) wird beinahe die Hälfte der erneuerbaren Energie im Stromgewinnungssektor genutzt, während weltweit 53% in privaten Haushalten, dem gewerblichen und öffentlichen Sektor verbraucht werden. Der Grund dafür ist eine weitverbreitete Nutzung von traditioneller Biomasse in den Entwicklungsländern. Mit zunehmender 1 Photovoltaik, Solarzellen zur Warmwassergewinnung und thermische Solarkraftwerke (CSP-Concentrating Solar Power). 2 Unter Biomasse oder Bioenergie versteht man alle nicht-fossilen organischen Stoffe pflanzlichen oder tierischen Ursprungs, die als Energieträger genutzt werden. Biomasse inkludiert Brennstoffe aus Holz, Energie aus Abfall, Biodiesel (z.B. aus Raps) und Bioethanol (z.B. aus Zuckerrohr). Unter traditioneller Biomasse versteht man Holz, Holzabfälle und Holzkohle und landwirtschaftliche Rückstände wie z.B. Stroh zum Kochen und Heizen, welche heutzutage hauptsächlich in Entwicklungsländern genutzt wird. 3 Als Primärenergie bezeichnet man die Energie, die mit den ursprünglich vorkommenden Energieformen oder Energiequellen zur Verfügung steht, etwa als Brennstoff (z.B. Erdöl oder Erdgas), aber auch Energieträger wie Sonne, Wind oder Kernbrennstoffe. Primärenergie kann durch einen (mit Verlusten behafteten) Umwandlungsprozess in Sekundärenergie umgewandelt werden (z.B. Produkte aus Erdöl). Die wichtigste Form der Sekundärenergie ist die elektrische Energie.
28
wirtschaftlicher Entwicklung in den Nicht-OECD Ländern ist ein ähnliches Verbrauchmuster wie in den OECD-Ländern zu erwarten. Graph 2 Erneuerbare Energie: Verbrauch nach Sektoren 2010 (%) Quelle: IEA Renewables Information 2012 Welt 4%
OECD 0,2% 8%
11%
4% 2%
15% 49% 53%
26%
10%
18%
Private Haushalte/gewerblicher & öffentlicher Sektor Kraft-Wärme Koppelungsanlagen & andere Heizanlagen Industrie Elektrizitätssektor Andere Verwendung Transport In den vergangenen Jahren haben Investitionen in erneuerbare Energien einen starken Aufschwung erlebt und im Zeitraum 2005 bis 2012 eine durchschnittliche Wachstumsrate von 28% erzielt. Wie aus Graph 3 ersichtlich ist, gibt es eine starke Korrelation zwischen Investitionen in erneuerbare Energien und dem Erdölpreis. Als Folge des hohen Erdölpreises wurde die Nutzung erneuerbarer Energien rentabler und ihre Wettbewerbsfähigkeit mit fossilen Brennstoffen nahm zu. Auch staatliche Fördermaßnahme haben zum Wachstum erneuerbarer Energien wesentlich beigetragen. Zudem sind die Kosten der eingesetzten Technologien (z.B. die Herstellung von Photovoltaik-Modulen) stark gesunken. Laut IEA beliefen sich die weltweiten Subventionen für erneuerbare Energien im Jahre 2012 auf 101 Milliarden Dollar. Im Vergleich dazu betrugen die Subventionen für fossile Energien weltweit 544 Milliarden Dollar.
Graph 3 Weltweite Investitionen in Erneuerbare Energien Quellen: Investitionen in Erneuerbare Energien: - 2013 Renewables Global Status Report Erdölpreis - BP Statistical Review of the World Energy June 2013 (US$/Barrel) 120
(Milliarden US$) 300 Erdölpreis
Investitionen in Erneuerbare Energien
100
250
80
200
60
150
40
100
20
50
0
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
0
29
Die stärksten Zuwachsraten konnten in den vergangen Jahren Solar- und Windenergie verzeichnen. Im Zeitraum 2005 bis 2012 ist die weltweite Photovoltaik-Nutzung jährlich durchschnittlich um 60% gestiegen während die solarthermische Stromgewinnung im selben Zeitraum um 43% gewachsen ist. An dritter Stelle steht die Stromgewinnung aus Windenergie mit einem durchschnittlichen jährlichen Anstieg von 25%. Auch die Nutzung von Solarkollektoren zur Warmwassergewinnung und die Produktion von Biodiesel und Ethanol konnten zweistellige Wachstumsraten verzeichnen (Graph 4). Im Stromgewinnungssektor spielen erneuerbare Energien bereits jetzt eine bedeutende Rolle. Im Jahre 2012 betrug der weltweite Anteil erneuerbarer Energien im Elektrizitätssektor 21%, wobei die Wasserkraft 16% ausmachte. Betrachtet man die erneuerbaren Energien ohne Wasserkraft so liegt die Windenergie mit 52% an erster Stelle, gefolgt von Biomasse mit 31%, Solarenergie mit 10% und Geothermie mit 7%. Wellenkraftwerke nutzen die Energie der Meereswellen zur Gewinnung elektrischen Stromes. Diese Art der Stromgewinnung steht erst am Beginn der Entwicklung und weist lediglich einen Anteil von 0,6% auf (Graph 5). Graph 4 Durchschnittliche jährliche Wachstumsraten von Erneuerbarer Energie und Produktion von Biokraftstoffen, 2007-2012 Quelle: REN21 Renewables 2013 Global Status Report Photovoltaic
60%
Solartermische Stromgewinnen
43%
Strom aus Windenergie
25%
Biodiesel Produktion Solarkollektoren/ Warmwassergewinnung
17% 15% 11%
Ethanol Produktion Strom aus Geothermie
4%
Wasserkraft
3,3%
-10%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
Graph 5 Weltweite Stromproduktion 2012 Quelle: EDF – Observatoire des energies renouvables: Worldwide electricity Produktion from renewable energy sources 2013 nach Energieträger
aus erneuerbarer Energie
aus erneuerbarer Energie (ohne Wasserkraft)
11% 16% 78%
68% 5%
Kohle, Erdgas, Erdöl Atomstrom Wasserkraft Erneuerbare Energie ohne Wasserkraft
30
31%
11% 7%
52%
2% 2%
Biomasse Sonnenenergie Wind Geothermie
7% 10%
60%
Laut IEA nimmt die Wettbewerbsfähigkeit erneuerbarer Energien am Strommarkt weltweit ständig zu. Deshalb werden auch für die kommenden Jahre und Jahrzehnte hohe Wachstumsraten im Stromgewinnungssektor erwartet. Die stärksten Zuwächse werden für Strom aus Solar- und Windenergie prognostiziert (Graph 6). Graph 6 Weltweite Stromgewinnung aus Erneuerbaren Energien Quelle: IEA Renewable Energy Medium- Term Market Report 2013 TWh
Durchschnittliche Wachstumsraten 2012-2018 5.2%
Wasserkraft Bioenergie Wind Photovoltaik & CSP Geothermie & Energie aus Ozeanwellen
8000 7000 6000
24.9% 15.3%
5000
7.0%
4000 3000
3.2%
2000 1000 0
2006
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
Graph 7 Erneuerbare Energie: Weltweite Kapazitäten in der Stromerzeugung* 2012 (Gigawatt) Quelle: REN21 - Renewables 2013 Global Status Report 480
Welt 210
EU BRICS **
128 0
50
100
150
200
250
300
350
400
450
China
500
90
USA
86 71
Deutschland Spanien
31 29
Italien 24
Indien 0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
*ohne Wasserkraft ** BRICS: Brasilen, Russland, Indien, China und Südafrika
31
Betrachtet man den Anteil der erneuerbaren Energien im Elektrizitätssektor in den verschiedenen Wirtschaftsregionen und Ländern, so ergibt sich folgendes Bild: weltweit betrug die Kapazität an erneuerbarer Energie ohne Wasserkraft im Jahre 2012 480 Gigawatt, wobei 210 Gigawatt oder 44% auf die EU entfielen und 128 Gigawatt oder 27% auf die BRICS Staaten. Vergleicht man die einzelnen Länder, so führt China (19%), gefolgt von den USA (18%) und Deutschland (15%). Unter den ersten 6 Ländern sind zwei Schwellenländer, ein Beweis dafür, dass die Schwellenländer bei der Nutzung erneuerbarer Energien einen wichtigen Platz einnehmen. China und andere Schwellenländer setzten stark auf erneuerbare Energien und stellen deshalb auch hohe Fördermaßnahmen zur Entwicklung und Nutzung erneuerbarer Energien bereit. Tabelle 1 Erneuerbare Energien: Führende Länder Kapazität (Ende 2012) Quelle: REN21- Renewables 2013 Global Status Report Gesamte Gesamte Gesamte Erneuerbare Erneuerbare Erneuerbare Energie ohne Bioenergie Energie (inkl. Energie ohne Wasserkraft pro Kopf Wasserkraft) Wasserkraft 1 China China Deutschland USA
Geothermie (Elektrizität)
Wasserkraft
Thermische Solarkraftwerke
USA
China
Spanien
2 USA
USA
Schweden
Brasilien
Philippinen
Brasilien
USA
3 Brasilien
Deutschland
Spanien
China
Indonesien
USA
Algerien
4 Kanada
Spanien
Italien
Deutschland
Mexico
Kanada
Ägypten/Marokko
5 Deutschland
Italien
Kanada
Schweden
Italien
Russland
Australien
Photovoltaik
Photovoltaik pro Kopf
Windenergie
1 Deutschland
Deutschland
China
SolarzellenSolarzellen Geothermie- Geothermie Warmwaser pro Heizung Direkt-Heizung (Warmwaser) Kopf China Zypern USA China
2 Italien
Italien
USA
Deutschland
Israel
China
USA
3 USA
Belgien
Deutschland
Turkei
Osterreich
Schweden
Sweden
4 China
Tschechien
Spanien
Brasilien
Barbados
Deutschland Türkei
5 Japan
Griechenland
Indien
Indien
Griechenland
Japan
Die Nutzung erneuerbarer Energien ist in verschiedenen Ländern unterschiedlich verbreitet. Tabelle 1 zeigt die 5 Länder mit der größten Kapazität für die einzelnen erneuerbaren Energiequellen. Bemerkenswert ist, dass das wichtigste Schwellenland China bei der Nutzung erneuerbarer Energien einen Spitzenplatz einnimmt. So steht China bezüglich der Gesamtkapazität erneuerbarer Energien sowohl einschließlich als auch ausschließlich Wasserkraft an erster Stelle, während beim Pro-Kopf-Verbrauch Deutschland führend ist. Bei Windenergie ist China die Nummer eins, während bei Photovoltaik Deutschland Spitzenreiter ist. Neben den industrialisierten Ländern sind vor allen die Schwellenländer China, Indien, Brasilien und die Türkei bei der Nutzung erneuerbarer Energien führend. Auffallend ist, dass die Solarenergie nicht nur in südlichen Ländern mit viel Sonneneinstrahlung stark genutzt wird, sondern auch in Ländern mit weniger Sonne, wie z.B. in Deutschland. China steht nicht nur bei der Nutzung erneuerbarer Energie an vorderster Linie, sondern chinesische Firmen spielen auch bei der Herstellung von Photovoltaik-Modulen und Solarzellen weltweit eine führende Rolle. 32
Japan/Island
Manche Experten befürchten, dass durch die enormen Investitionen in die Schiefergasindustrie und in andere nicht-konventionelle fossile Energieformen weniger finanzielle Ressourcen für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien zur Verfügung stehen und sich dadurch das Wachstum erneuerbarer Energien verlangsamen könnte. Doch die zunehmende Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu den fossilen Energien lässt hoffen, dass die erneuerbaren Energien weitere Marktanteile dazugewinnen werden. Laut einem 2013 veröffentlichten Bericht der Internationalen Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA) ist schon jetzt ein Teil der erneuerbaren Energien im Stromgewinnungssektor in bestimmten Regionen mit fossilen Energien wettbewerbsfähig, wie zum Beispiel Photovoltaik-Anlagen in Gegenden, welche nicht ans Stromnetz angeschlossen sind und bis 2020 wird die Wettbewerbsfähigkeit erneuerbarer Energieträger weiter ansteigen. Obwohl erneuerbare Energien unbestritten umweltfreundlicher sind als fossile Brennstoffe, geben Umweltschützer zu bedenken, dass z.B. durch die Errichtung von Staudämmen für Wasserkraftwerke in bestimmten Gegenden das natürliche Ökosystem zerstört wird. Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf die Produktion von Biokraftstoffen, wo es zur Verdrängung großer Nutzflächen für Nahrungsmittel durch Energiepflanzen kommt und als Folge die Preise für Getreide stark ansteigen. Der Klimaschutz ist zu einem der Hauptargumente für den Ausbau der erneuerbaren Energien geworden. Zudem wird durch die vermehrte Nutzung erneuerbarer Energien einerseits die Energieversorgungssicherheit verbessert und andererseits die Anhängigkeit von fossilen Energieträgern verringert. Längerfristig gesehen ist der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien eine Notwendigkeit, da die Vorräte fossiler Brennstoffe nicht unendlich zur Verfügung stehen. Wie schnell der Anteil erneuerbarer Energien im Gesamtenergiemix wachsen wird, hängt zum einen von den politischen Rahmenbedingungen ab, wobei es ausschlaggebend sein wird, ob die Staaten die notwendigen Fördermaßnahmen anbieten. Die klimapolitischen Zielsetzungen werden dabei eine maßgebliche Rolle spielen. Andererseits werden wirtschaftliche Faktoren, wie die Kostenentwicklung und der technologische Fortschritt im Bereich der erneuerbaren Energien, das Preisniveau fossiler Brennstoffe (Erdöl, Erdgas, Kohle) und die CO 2-Kosten die Entwicklung der erneuerbaren Energien bestimmen. 33
2015
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34
Energie aus Erdgas: Beitrag zu einer „sauberen“ Energieversorgung? Erdgas ist mit einem Anteil von 21% am globalen Primärenergieverbrauch hinter Erdöl und Kohle der drittwichtigste Energieträger. Es gilt als umweltfreundlicher, "sauberer" fossiler Brennstoff, da es verglichen mit Erdöl und Kohle die geringsten Kohlenstoffdioxid-Emissionen (CO 2) aufweist und auch weniger andere Schadstoffe bei der Verbrennung freisetzt. Sieht man sich die verschiedenen Prognosen an, so besteht Konsens darüber, dass der Gasanteil am globalen Energiemix in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiter stark ansteigen wird. Während Erdöl und Kohle weltweit im Zeitraum von 2011 bis 2035 nur ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 0,5% bzw. 0,7% verzeichnen, wird für Erdgas ein Wachstum von 1,6% prognostiziert. Laut Schätzungen der Internationalen Energiebehörde (IEA) wird der Anteil von Gas am Primär-Energiebedarf von 21% im Jahre 2011 auf 24% im Jahre 2035 ansteigen. Graph 1 Weltweiter Primär-Energiebedarf: Prozentuelle Anteile nach Energieträger Quelle: IEA World Energy Outlook 2013 (New Policies Scenario) 2011
2035
1% 4%
10%
5%
29%
11%
3%
25%
info
Durchschnittliche jährliche Wachstumsraten 2001-2035 Kohle
6%
0,7
Erdöl 0,5 Gas 1,6
21% 24% 32%
27%
Atomenergie 2,1 Wasserkraft 2,2 Bioenergie 1,5
Kohle Gas Wasserkraft Andere Erneuerbare Energie
Erdöl Atomenergie Bioenergie
Andere Erneuerbare Energie 7,4 Gesamt PrimärenergieVerbrauch
1,2
Die Hauptursachen für das starke Wachstum sind einerseits die Klimafreundlichkeit von Erdgas und andererseits die weltweite Verfügbarkeit und die großen Reserven/Ressourcen von Erdgas. Im Vergleich zu Erdöl und Kohle gilt Erdgas als emissionsärmster Brennstoff. Bei der Verbrennung von Erdgas wird erheblich weniger Kohlendioxid (CO 2) freigesetzt als bei gleichem Energiegewinn mit Erdöl und Kohle. CO 2 trägt wesentlich zur Klimaerwärmung bei und eine Reduzierung des CO 2-Ausstoßes ist deshalb dringend erforderlich. Auch andere Verunreinigungen, wie Schwefeldioxid, Ruß und andere Partikel-Emissionen sind bei der Erdgasverbrennung wesentlich geringer als bei Kohle und Erdöl. Kohle verursachte im Jahre 2011 mit 44% die größten CO 2-Emissionen, gefolgt von Erdöl mit 35% und Erdgas mit 20%. Verglichen mit Gas, setzt Kohle fast doppelt so viele CO 2-Emissionen frei (Graph 2). Zur 35
Erreichung der klimapolitischen Zielsetzungen ist deshalb der zunehmende Verbrauch von Erdgas bei gleichzeitiger Verringerung von Kohle und Erdöl von großer Bedeutung. Graph 2 Weltweiter Primär-Energieverbrauch und CO2 Emissionen: Anteile nach Energieträger 2011 Quelle: IEA CO 2 Emissions from Fuel Combustion (2013 Edition) PrimärEnergie Verbrauch
32%
CO2 Emissionen
35% 0%
20%
Erdöl Kohle
21%
29%
18%
20%
44% 40%
60%
80%
Erdgas Restliche Energieträger
Erdgas besteht zum größten Teil aus Methan. Gelangt Methan bei der Erdgasförderung direkt in die Erdatmosphäre, wirkt es dort als Treibhausgas und trägt somit sehr stark zur Klimaerwärmung bei. Das kommt vor allem dann vor, wenn Erdgas bei der Erdölförderung als Begleitgas in die Atmosphäre entweicht oder wenn es lediglich abgefackelt wird. Die Abfackelung (englisch: flaring) wird dort eingesetzt, wo eine andere Nutzung für das Gas finanziell uninteressant ist, z.B. in entlegenen Gebieten, in denen es keine Infrastruktur für den Export gibt. Obwohl die Erdgas-Förderländer versuchen das Begleitgas soweit als möglich zu nutzen, wurden im Jahre 2011 immer noch circa 3,6% des weltweiten Gasverbrauchs abgefackelt. Russland und Nigeria gehören zu den Ländern mit den größten Mengen an ungenutztem Gas, das in die Atmosphäre gelangt oder abgefackelt wird.
Gas "Flaring" Anders als beim Erdöl wird die Verfügbarkeit von Erdgas zur Energiegewinnung auch langfristig bei steigendem Bedarf nicht durch die Vorratslage limitiert sein. Die Erfolge bei der Erschließung nicht-konventioneller Erdgasvorkommen, wie zum Beispiel Schiefergas, vor allem in den USA, haben die weltweite Angebotssituation wesentlich verbessert. Erdgasvorräte gibt es auf allen Kontinenten und in sehr vielen Ländern, wenn auch in ungleichmäßiger Verteilung. Mit fast 20% der weltweiten Erdgasproduktion stehen die USA an erster Stelle, gefolgt von Russland, Katar, dem Iran und Kanada. Auch beim Verbrauch sind die USA mit 20,9% die Nummer 1, vor Russland, dem Iran, China und Japan. Die fünf
36
1% 100%
wichtigsten Exportländer sind Russland, Qatar, Norwegen, Kanada und Algerien. Bei den Importen rangiert Japan mit 12% an erster Stelle, vor Deutschland, den USA, Italien und Südkorea (Tabelle 1). Die USA werden sich dank der steigenden Schiefergasproduktion noch vor 2020 von einem Nettoimporteur zu einem Nettoexporteur entwickeln.
Tabelle 1 Erdgas: Produktion, Verbrauch, Exporte und Importe 2012 Quelle: Eni World Oil and Gas Review 2013 AnAnMilliarMilliarProduktion teil Verbrauch teil 3 3 den m den m in % in % USA 665,9 19,6 USA 709,6 20,9 Russland 642,9 19,0 Russland 461,5 13,6 Qatar 169,3 5,0 Iran 156,3 4,6 Iran 159,6 4,7 China 141,9 4,2 Kanada 154,8 4,6 Japan 125,5 3,7 Norwegen 116,8 3,4 Kanada 99,6 2,9 China 107,0 3,2 Saudi Arabien 92,7 2,7 Saudi Arabien 92,7 2,7 Deutschland 80,9 2,4 Algerien 81,6 2,4 UK 79,1 2,3 Indonesien 79,8 2,4 Italien 73,2 2,2 Gesamt 2270,5 66,9 Gesamt 2020,1 59,4 Rest 1122,0 33,1 Rest 1379,4 40,6 Welt 3392,5 100,0 Welt 3399,5 100,0
AnMilliarteil 3 den m in % Russland 189,3 18,5 Qatar 127,8 12,5 Norwegen 110,6 10,8 Kanada 87,3 8,5 Algerien 51,9 5,1 Niederlande 51,6 5,1 USA 44,3 4,3 Indonesien 38,7 3,8 Turkmenistan 36,1 3,5 Malaysien 28,9 2,8 Gesamt 766,5 75,0 Rest 255,5 25,0 Welt 1022,0 100,0
Export
AnMilliarteil 3 den m in % Japan 121,6 12,0 Deutschland 87,7 8,6 USA 86,7 8,5 Italien 66,2 6,5 Südkorea 51,1 5,0 UK 50,6 5,0 Frankreich 46,7 4,6 Türkei 45,1 4,4 China 38,3 3,8 Spanien 36,3 3,6 Gesamt 630,3 62,0 Rest 386,6 38,0 Welt 1016,8 100,0
Import
Der Gasverbrauch wird weltweit in allen Regionen ansteigen, vor allem für die Nicht-OECD Länder werden hohe Wachstumsraten prognostiziert. Ein starkes Wirtschaftswachstum, die damit einhergehende Industrialisierung, der wachsende Strombedarf und die Erschließung heimischer Ressourcen sind dafür ausschlaggebend. Asien wird mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 3,4% im Zeitraum 2012 bis 2035 die größte Steigerung verzeichnen, verursacht vor allem durch den steigenden Energieverbrauch in China und Indien. In Indien wird sich der Gasverbrauch bis 2035 fast verdreifachen und in China sogar vervierfachen. Auch in Afrika mit 3,2%, im Mittleren Osten mit 3% und Süd- und Mittelamerika mit 2,8% wird der Erdgasverbrauch stark zunehmen. Als Folge von Effizienzsteigerungen und einem niedrigen Bevölkerungswachstum werden für Nordamerika und Europa inklusive der GUS-Staaten nur moderate Wachstumsraten von durchschnittlich 0,8% und 0,9% vorausgesagt.
37
Graph 3 Weltweiter Erdgasverbrauch 2012-2035 Quelle: BP World Energy Outlook 2014 (Mill. toe*) 5000 4500 4000 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500 0
Durchschnittliche jährliche Wachstumsraten: 2012-2035 3,4% 3,2% 3,0% 0,9% 2,8% 0,8%
2012
2015
2020
2025
2030
2035
*toe = Tonnen Erdöläquivalent
Nordamerika Süd- & Mittelamerika Europa & GUS Staaten
Mittlerer Osten Afrika Asien und Pazifik Betrachtet man die einzelnen Sektoren, so ergibt sich ein differenziertes Bild. Das stärkste Wachstum verzeichnet der Transportsektor mit 6,8% im Zeitraum von 2012 bis 2035, allerdings ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau. Derzeit gibt es weltweit geschätzte 17,7 Millionen mit Gas betriebene Fahrzeuge, das ist lediglich ein Anteil von 1,7% an der gesamten weltweiten Fahrzeugflotte, die weit über eine Milliarde beträgt. Laut IEA könnte dieser Anteil bis 2035 auf 4,8% ansteigen. Zwei Drittel der mit Gas betriebenen Fahrzeuge entfallen auf NichtOECD Länder und werden hauptsächlich in Asien und Lateinamerika genutzt. Innerhalb der OECD gibt es nur in Italien und Südkorea eine nennenswerte Anzahl von mit Gas betriebenen Fahrzeugen. Es ist derzeit schon möglich aus Gas, Produkte wie Benzin, Diesel und andere Erdölprodukte herzustellen, allerdings ist das Verfahren sehr aufwendig und kostspielig. Amerikanische Forscher arbeiten derzeit an einem kostengünstigeren Herstellungsverfahren. Anfang März 2014 hat der Energiekonzern Shell ein neues Motoröl auf den Markt gebracht, das aus Gas gewonnen wird. Solche Erfindungen tragen dazu bei, dass Erdöl in mehr Bereichen durch Gas ersetzt werden kann, als jetzt der Fall ist. Positive Effekte dieser Entwicklungen sind weniger CO 2-Emissionen und eine Verringerung der Abhängigkeit vom Erdöl. Im Industrie- und Elektrizitätsgewinnungssektor betragen die durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten im Zeitraum 2012-2035 1,9% und 1,8%. In der chemischen Industrie dient Gas als Rohstoff zur Herstellung von Plastik, Ammoniak und Stickstoffdünger u.v.a. Auch in der Eisen- und Stahlindustrie spielt die Nutzung von Gas eine wichtige Rolle. Das bei der Stromerzeugung eingesetzte Erdgas produziert nur halb so viele CO 2-Emissionen wie die herkömmliche Stromerzeugung mit Kohle und fast gar keine Schwefelemissionen. Mittel- bis langfristig wird Gas den Einsatz von Kohle bei der Stromerzeugung OECD-weit verdrängen. Gaskraftwerke zeichnen sich durch einen sehr hohen Wirkungsgrad aus und haben ein großes Potenzial, als Regelkraftwerke in Kombination mit den fluktuierenden erneuerbaren Energien (z.B. Windenergie)
38
eingesetzt zu werden. Vor allem die Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke (GuD Kraftwerke), in welchen die Prinzipien eines Gasturbinenkraftwerkes und eines Dampfkraftwerkes kombiniert werden, erreichen einen sehr hohen Wirkungsgrad. Graph 4 Weltweiter Gasverbrauch nach Sektoren 2012-2035 Quelle: BP World Energy Outlook 2014 *toe = Tonnen Erdöläquivalent (Mill. toe)
Durchschnittliche jährliche Wachstums-rate: 2012-2035
5000 4500 4000
1,5%
3500 3000
1,9%
2500 2000 1500
1,8%
1000 500 0
6,8% 2012
2015 Transport
2020
Elektrizitätsgewinnung
2025 Industrie
2030
2035
Andere Sektoren
Anders als bei Erdöl gibt es für Erdgas keinen Weltmarkt, sondern es bestehen nur regionale Gasmärkte, die weitgehend unabhängig voneinander funktionieren. Die drei wichtigsten Märkte sind Nordamerika, Europa und Asien. Als Folge der steigenden Schiefergas-Produktion kam es in den USA in den vergangenen Jahren zu einem starken Preisverfall auf dem Gasmarkt. Im Jahr 2013 waren die Gaspreise in Europa fast dreimal so hoch wie in den USA und in Japan betrugen sie sogar das Vierfache. Der amerikanische Markt ist weitgehend liberalisiert und die Preise richten sich nach dem Spotmarkt. In Europa und Asien ist ein erheblicher Teil der Gaspreise in langfristigen Lieferverträgen festgelegt, wobei die Preise teilweise an den Erdölpreis gekoppelt sind. Der zunehmende Handel mit LNG (Liquified natural gas - verflüssigtes Erdgas) trägt zu einer größeren Diversifizierung bei und es wird mittelbis langfristig zu einer Globalisierung des Gasmarktes kommen. Dadurch werden die Preisunterschiede in den einzelnen Märkten zunehmend geringer werden.
39
LNG Tankschiff Erdgas wird entweder über Pipelines transportiert oder als LNG (verflüssigtes Erdgas) mit speziellen LNG-Tankschiffen befördert. Beim Transport in Pipelines verbleibt das Gas in seinem gasförmigen Zustand, wird jedoch stark komprimiert um durch das verminderte Gasvolumen eine höhere Transporteffizienz zu erreichen. Beim Transport in Form von LNG wird das Erdgas in einer Gasverflüssigungsanlage auf -164°C abgekühlt und unter atmosphärischem Druck verflüssigt, so dass das ursprüngliche Volumen des Erdgases auf ein Sechshundertstel reduziert werden kann. Das LNG wird dann in LNG-Tankern transportiert. Im Importland wird das Gas in speziellen LNGTerminals wieder in seinen gasförmigen Zustand zurückversetzt, bevor es in die Verteilerpipelines eingespeist wird. Der größte LNG-Exporteur ist derzeit Katar, gefolgt von Australien und Malaysia. Der globale Erdgashandel mit LNG- und Pipeline-Transportsystemen ist in Abbildung 1 dargestellt. Abbildung 1 Wichtigste Erdgas-Transportrouten 2012 (Weltweite Handelsströme - Milliarden m3) Quelle: BP Statistical Review of the World Energy 2013
USA Kanada Mexiko Süd- & Mittelamerika Europa & GUS Staaten Mittel Osten Afrika Asia und Pazifik
Pipeline LNG
40
Durch den Bau neuer Pipelines und durch den zunehmenden Handel mit LNG werden die Gasimporte und Gasexporte in allen Regionen der Welt in den kommenden Jahren und Jahrzehnten stark wachsen. Vor allem im Asiatischen Raum wird es starke Zuwächse geben. So werden sich in China die Gasimporte bis 2035 verdreifachen. Gas-Exporte/-Importe werden laut neuesten Prognosen weltweit um jährlich durchschnittlich 3,7% bis 2030 wachsen, der LNG-Handel wird um 4,3% ansteigen, während Gas, das in Pipelines transportiert wird, um 3% zunehmen wird. Im Jahre 2001 betrug der Anteil von LNG an den Gesamt-Erdgasexporten nur 26%, im Jahre 2012 stieg er auf 32% an und im Jahre 2035 wird er voraussichtlich bereits 46% ausmachen. Graph 5 Weltweite Gasexporte Quelle: BP Statistical Review of the World Energy 2013 & BP Energy Outlook 2013 (Milliarden m3) 2500 Pipeline LNG 2000 1500 1000 500 0
143 411 2001
26% 74%
189
26%
533
74%
2005
328
32%
706
68%
2012
966
46%
1134
54%
2035
Erdgas wird in der globalen Energieversorgung in den kommenden Jahrzehnten an Wichtigkeit zunehmen. Dank der weitverbreiteten Verfügbarkeit und der großen Erdgasvorräte sowie der konkurrenzfähigen Kostenstruktur wird der Erdgasverbrauch wesentlich stärker wachsen als der Verbrauch von Erdöl und Kohle. Der steigende Trend bei den LNG-Exporten wird die Flexibilität des Gasmarktes weiter verbessern und somit die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Erdöl und Kohle erhöhen. Durch den wachsenden LNG-Markt kann zudem die Versorgungssicherheit besser gewährleistet werden, da die Abhängigkeit von einigen wenigen Erdgaslieferanten, wie das jetzt vor allem in Europa der Fall ist (Importe aus Russland), abnehmen wird. Verglichen mit Erdöl und Kohle hat Erdgas die geringsten CO 2-Emissionen und auch andere Schadstoffe, wie Schwefeldioxid und Ruß sind bei der Erdgasverbrennung wesentlich geringer als bei Kohle und Erdöl. Deshalb spielt Erdgas bei der Erreichung der klimapolitischen Ziele eine zentrale Rolle. Erdgas wird vielfach als „Brückenenergie“ hin zu einer Energiewende mit erneuerbaren Energien und weg von den fossilen Energieträgern gesehen. 41
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42
info 4
1
Die Schiefergas Revolution Die Förderung von Schiefergas hat in den USA zu einer weitreichenden Veränderung in der Energieindustrie geführt und hat auch Auswirkungen auf den weltweiten Energiemarkt. Die Prämisse von immer knapper werdenden fossilen Energieträgern scheint durch diese neue Entwicklung erschüttert zu sein. Was waren die Voraussetzungen und Gründe dieser Entwicklung und wird Schiefergas in Zukunft auch außerhalb der USA die Energielandschaft verändern? Schiefergas zählt zum unkonventionellen Erdgas und unter-
3
scheidet sich in seiner Bildung und Zusammensetzung nicht vom konventionellen Erdgas. Die Art der Lagerstätten und die dadurch erforderliche Technologie zur Förderung des Erdgases weichen jedoch erheblich vom herkömmlichen Erdgas ab. Schiefergas ist in undurchlässigen oder nur schwer durch-
2
lässigen Tonsteinen (Schiefer) gespeichert. Die Gewinnung ist technisch viel schwieriger und aufwendiger und verursacht dadurch höhere Kosten als die Förderung von konventionellem Erdgas. In Anbetracht der schwindenden konventionellen Erdgasreserven versuchten amerikanische Firmen seit einigen Jahrzehnten neue Fördertechnologien zu entwickeln. Durch
Bohren in 4 Schritten
die Kombination von „horizontal drilling“ (horizontale Bohr-
1. Eine senkrechte Bohrung bis zur gasführenden Gesteinsschicht.
technik) und „hydraulic fracturing“ oder „hydraulic fracking“ (hydraulische Rissbildung) gelang ein technologischer Durchbruch, der es möglich machte Schiefergas zu fördern. Vorkommen von Schiefergas sind oft mit konventionellen Lagerstätten verbunden. Erst die hohen Erdöl- und Gaspreise seit Anfang des vergangenen Jahrzehnts machten die Schiefergasförderung auch wirtschaftlich profitabel. Eine andere wichtige Voraussetzung für den rasanten Anstieg der Schiefergasproduktion in den USA war die Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen im Jahre 2005 durch den US Kongress, wodurch es den Öl- und Gasfirmen erlaubt wurde, die aus umweltpolitischer Sicht umstrittene Technologie des „hydraulic fracking“ anzuwenden.
2. Eine waagerechte Bohrung durch die gashaltige Schicht. 3. Unter hohem Druck wird ein Gemisch aus 'Wasser (90 %), Sand (9.5 %) und anderen Chemikalien (Säuren. Chloride, Salze etc. 0,5 %) in das Erdreich gepresst. Dadurch entstehen Risse innerhalb der gasführenden Gesteinsschicht. 4. Sobald der Druck nachlässt steigt das 'Wasser wieder zur Oberfläche auf und Gas entweicht. Quellen: Europäische Kommission 2012, World Energy Council 2010 43
Graph 1 USA: Gasproduktion und Gaspreis Quelle: EIA / US Department of Energy (Bill. Kubikfuß)
(US$/ mmbtu)
30
Schiefergas
Konventionelles Gas
10
Gaspreis
9
25
8 7
20
6 5
15
4 10
3 2
5
2013
2012
2011
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
0
2000
1 0
Während im Jahre 2000 Schiefergas nur knappe 2% der gesamten Gasproduktion in den USA ausmachte, waren es im Jahre 2012 bereits 38%. Durch die steigende Produktion des Schiefergases ist die USA im Jahre 2009 zum größten Gasproduzenten der Welt aufgestiegen und hat Russland auf Platz zwei verwiesen. Dank der Schiefergasförderung werden die USA in den nächsten Jahren ihren gesamten Erdgasbedarf aus heimischen Quellen abdecken und zusätzlich Gas exportieren können. Laut neuesten Prognosen des US-Energieministeriums (EIA/DOE) wird die Schiefergasproduktion in den kommenden Jahrzehnten weiter ansteigen und im Jahre 2040 einen Anteil von über 50% an der Gesamt-Gasproduktion erreichen, während die Produktion von konventionellem Gas nur geringfügig zunehmen wird (Graph 2). Als Folge der steigenden Gasproduktion sind die Gaspreise in den USA von mehr als 10 $/mmbtu1 im Jahr 2008 auf unter 3 US$/mmbtu im Jahr 2012 gesunken und betrugen 3,7 US$/ mmbtu im Jahre 2013. Bemerkenswert ist auch, dass es in den USA seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts zu einer Entkoppelung der Gaspreise vom Erdölpreis gekommen ist.
1 Im angelsächsischen Raum werden Gaspreise meist in BTU‘s (british thermal units) angegeben, mmbtu steht für Millionen btu
44
Graph 2 USA: Erdgasproduktion 2011-2040 Quelle: EIA/DOE Energy Outlook 2014 (Bill. Kubikfuß) 40 35
Konventionelles Gas Schiefergas
3 25 20 15 10 5 0
7,9 35,2%
13,3 45,8%
16,9 49,1%
19,8 52,8%
14,6 64,8%
15,8 54,2%
17,5 50,9%
17,7 47,2%
2011
2020
2030
2040
Der Gasmarkt ist in den USA liberalisiert und der Preis richtet sich weitgehend nach dem Marktgegebenheiten. In Europa und Japan sind die Gaspreise viel höher, weil sie zu einem erheblichen Teil an die Erdölpreise gekoppelt sind und meist in langfristigen Verträgen festgelegt sind. Gas kostete im Jahr 2013 in Europa mehr als dreimal so viel und in Japan sogar mehr als viermal so viel als in den USA (Graph 3). Neueste Prognosen gehen davon aus, dass es als Folge vermehrter Gasproduktion in den USA und den daraus resultierenden LNG-Exporten nach Europa und Asien in den kommenden Jahren auch in Europa und Japan zu spürbaren Gaspreis-Senkungen kommen wird, während die Preise in den USA leicht ansteigen werden. Die Preisunterschiede in den drei Wirtschaftsregionen werden so längerfristig geringer werden. Durch das gestiegene Angebot an Erdgas in den USA wird vor allem bei der Stromgewinnung vermehrt Kohle durch Erdgas ersetzt, was zu einer Verringerung von Kohlendioxid und anderer Luftschadstoffe führt und somit eine positive Auswirkung auf die Erreichung der Klimaziele hat. Diverse Studien belegen, dass die Schiefergasindustrie weitreichende positive Auswirkungen auf die Wirtschaft der USA hat und dazu beitrug viele neue Arbeitsplätze zu schaffen. Einerseits erlebten der Energiesektor und die damit verbundenen Industriezweige zur Errichtung der notwendigen Infrastruktur, wie z. B. die Stahlindustrie einen starken Aufschwung. Andererseits profitierten vor allem die energieintensiven Industriesektoren, wie die Chemie-, Stahl-, Aluminium- und Kunststoffindustrie durch die niedrigen Gaspreise und haben somit an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Ländern gewonnen. Da Erdgas ein wichtiger Rohstoff für die Chemie- und Kunststoffindustrie ist (z.B. Herstellung von Plastik, Textilien, Düngemittel etc.) erlebt dieser Industriesektor durch das steigende Angebot an Gas und durch die niedrigen Preise einen erheblichen Aufschwung. Die niedrigen Kosten für Gas kommen auch den privaten Haushalten und dem gewerblichen Bereich zugute.
45
Graph 3 Gaspreise und Ölpreis im Vergleich Quellen: BP Statistical Review of the World Energy 2013, Worldbank-Commodity Prices (US$ / mill btu) 20
Japan NLG cif
18
Deutschland: durchschnittliche Gas- Importpreise cif
16
USA Gas Preis - Henry Hub*
14
Erdölpreis: OECD Länder cif
12 10 8 6 4 2
* Henry Hub( Louisiana) ist das wichtigste Verteilerzentrum für Gas-Pipelines in den USA
Nach neuesten Schätzungen des US-Energieministeriums (Energy Information Administration-EIA) belaufen sich die Schiefergasressourcen weltweit auf 7795 Billionen Kubikfuß (220 Billionen m3). Dabei handelt es sich um die mit den derzeit zur Verfügung stehenden technischen Mitteln förderbaren Vorkommen, unabhängig davon, ob die Förderung auch wirtschaftlich sinnvoll ist. In diesen Schätzungen sind nicht alle Schiefergasvorkommen erfasst, wie z.B. jene im Nahen Osten, in weiten Teilen Afrikas und in der Kaspischen Region. Schiefergaslagerstätten sind auf alle Kontinente und auf viele Länder verteilt. Allerdings teilen sich sechs Länder weit mehr als die Hälfte der Schiefergasvorkommen: USA, China, Argentinien, Algerien, Kanada und Mexiko (Tabelle 1). In welchem Ausmaß die Vorkommen in Ländern außerhalb der USA wirtschaftlich sinnvoll genützt werden können, bleibt abzuwarten. Das hängt zum einen von den geologischen Gegebenheiten der jeweiligen Schiefergasvorkommen, der bereits vorhandenen Infrastruktur und dem technischen Know-how der Förderfirmen ab, andererseits spielen die Akzeptanz der Bevölkerung bezüglich der Schiefergasförderung und die politischen Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle. In den USA befinden sich viele Schiefergasvorkommen in kaum besiedelten Gebieten, während zum Beispiel in Europa Schiefergasreserven in dichtbesiedelten Regionen liegen. Tabelle 1 Weltweite Schiefergas Ressourcen 2013 Quelle: US Energy Information Administration (EIA-DOE), Juni 2013 USA China Argentinien Algerien Kanada Mexico Australien Südafrika Russland Brasilien Andere Länder Gesamte Welt 46
(Billionen m3) 32,9 31,6 22,7 20,0 16,2 15,4 12,4 11,0 8,1 6,9 43,5 220,7
Anteil in % 14,9 14,3 10,3 9,1 7,4 7,0 5,6 5,0 3,7 3,1 19,7 100,0
Kumulativer Anteil in % 14,9 29,2 39,5 48,6 55,9 62,9 68,5 73,5 77,2 80,3 100,0
2013
2012
2011
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
1999
1998
1997
1996
1995
1994
1993
1992
1991
1990
2000
0
Weltweite Schiefergas-Ressourcen Quellen: US Energyi Information Administration (EIA) - Advanced Resources International Inc. (ARI)
Bewertete Schiefergasvorkommen inklusive Ressourcenschätzung Bewertete Schiefergasvorkommen ohne Ressourcenschätzung Derzeit wird in den USA und in Kanada Schiefergas in wirtschaftlich relevanten Mengen gefördert. China und Australien produzieren bereits kleinere Mengen an Schiefergas. In Argentinien befindet sich die Produktion noch in der Testphase, und auch in einigen anderen Ländern werden Testbohrungen durchgeführt (z.B. in Polen, Großbritannien und Indonesien). China hat sich bezüglich der zukünftigen Schiefergasproduktion ehrgeizige Ziele gesetzt, da einerseits die Energienachfrage ständig wächst und andererseits durch vermehrten Einsatz von „sauberem“ Gas, vor allem im Elektrizitätssektor, Kohle ersetzt wird, um so der zunehmenden Umweltverschmutzung entgegenzuwirken. Auch viele europäische Länder verfügen über erhebliche Schiefergasvorkommen, wobei nach jetzigem Wissensstand Polen und Frankreich die größten Vorkommen haben. Wegen der möglichen Umweltschäden, die bei der Schiefergasgewinnung entstehen können, ist man in Europa noch skeptisch und in vielen Ländern ist der Einsatz des „Fracking“ bis auf weiteres verboten. Ende Jänner 2014 hat die EU Kommission den Entwurf eines europäischen Energie- und Klimaschutzpakets bis zum Jahr 2030 vorgestellt. Darin wird grundsätzlich die Förderung von Schiefergas empfohlen, wenn bestimmte Auflagen erfüllt werden. Die Kommission gibt "Mindestgrundsätze vor, die die Mitgliedsstaaten befolgen sollten, um Umwelt- und gesundheitliche Bedenken auszuräumen und Betreibern und Investoren die Vorhersehbarkeit zu gewährleisten, die sie benötigen". Von Umweltschutzorganisationen gab es harsche Kritik zu dieser EU Empfehlung, da man anstatt mehr Geld in erneuerbare Energien zu investieren vor der Schiefergaslobby kapitulieren würde.
47
Risiken und Chancen der Schiefergasgewinnung Welche Gefahren bringt die Förderung von Schiefergas für die Umwelt? Umstritten ist vor allem die Methode, mit der Schiefergas gefördert wird. Beim „Fracking“ wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und giftigen Chemikalien unter hohem Druck tief ins Erdreich gepresst. Kritiker sehen darin eine Gefahr für das Grundwasser. Außerdem kommen beim „Fracking“ enorme Wassermengen zum Einsatz, welche dann für andere Zwecke nicht mehr zur Verfügung stehen. In vielen Regionen der Welt gibt es bereits jetzt Wasserknappheit. Ein weiteres Risiko besteht darin, dass durch den ungeheuren Pressdruck beim Fracking Erdbeben entstehen können. Befürworter der Schiefergasförderung führen an, dass durch das enorme Potential in vielen Ländern auf viele Jahrzehnte hinaus Erdgas zur Verfügung stünde. Erdgas gilt als sauberere Alternative zu Kohle und Öl, da bei der Verbrennung weniger Kohlendioxid und andere Luftschadstoffe freigesetzt werden. Damit könnte die Zeit, bis der Energiebedarf vollständig aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden kann, „klimafreundlicher“ überbrückt werden. Für viele Länder, welche Gas importieren, würde die Abhängigkeit von einigen wenigen Erdgas-Exportländern reduziert und somit die Sicherheit der Energieversorgung erhöht werden (Beispiel Russland). Mehr Angebot an Erdgas würde auch außerhalb der USA zu einer signifikanten Senkung der Gaspreise beitragen und so auf diverse Wirtschaftssektoren, in welchen Gas entweder als Energiequelle oder als Rohstoff genutzt wird, eine positive Auswirkung haben. Ob und wie schnell die Schiefergasförderung in Zukunft weltweit Verbreitung finden wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Der technologische Fortschritt spielt dabei eine wichtige Rolle. Wenn es gelingt die Fördertechnologien zu verbessern, sodass die möglichen Umweltschäden minimiert werden, so könnte das ein wichtiger Schritt zu mehr Akzeptanz auch in jenen Ländern führen, die sich bislang gegen das „Fracking“ ausgesprochen haben. Bereits bestehende Infrastrukturen, wie Pipelines, technisches Knowhow und Besiedelungsdichte spielen auch eine bedeutsame Rolle. Nicht zuletzt werden die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen eine wichtige Voraussetzung dafür sein, ob die Schiefergasproduktion in Zukunft auch außerhalb der USA eine wichtige Rolle im Energieangebot spielen wird. Die Ukraine-Krise und die daraus resultierenden geopolitischen Veränderungen könnten dazu beitragen, dass man auch in Europa die Schiefergasproduktion vorantreibt, um die Gas-Importabhängigkeit von Russland zu verringern.
48
Erdöl: wichtigste Ressource der modernen Wirtschaft Erdöl hält mit 31% im Jahre 2011 den größten Anteil am weltweiten Energiemix und spielt aufgrund seiner vielseitigen Verwendbarkeit eine dominante Rolle in der modernen Wirtschaft. Wird das in Zukunft auch so bleiben oder zeichnet sich bereits eine neue Entwicklung ab? Der rasante Aufstieg des Erdöls begann nach dem 2. Weltkrieg. Bis in die Nachkriegszeit war Kohle der alles beherrschende Energieträger. Die Erfindung des Verbrennungsmotors und die Entdeckung großer Erdölvorkommen im Mittleren Osten schafften die Voraussetzung für die weltweite Nutzung des Erdöls. Die geopolitische Bedeutung des Erdöls spielte schon im 1. und im 2. Weltkrieg eine wichtige Rolle und führte auch in jüngerer Zeit immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen (z.B. Invasion in Kuwait 1990, Invasion im Irak 2003). Graph 1 Weltweiter Erdölverbrauch 1965-2013 Quelle: BP Statistical Review of the World Energy 2014 (Mill. Barrels/Tag) 2008-09 Finanzkrise Rezession
100
OECD
90
Nicht-OECD
80
2. Ölpreis Schock
1. Ölpreis Schock
70 60 50 40 30 20 10 -
2013
2011
2009
2007
2005
2003
2001
1999
1997
1995
1993
1991
1989
1987
1985
1983
1981
1979
1977
1975
1973
1971
1969
1967
1965
Der Erdölverbrauch wuchs von 10 Millionen Barrel am Tag im Jahr 1950 auf über 30 Millionen Barrel pro Tag im Jahre 1965. Gründe für den rasanten Anstieg waren ein Überangebot und vor allem der niedrige Preis des Erdöls. Seit Ende des zweiten Weltkrieges war der Erdölpreis nominell unverändert geblieben und inflationsbereinigt sogar gesunken. Von 1965 bis 2013 hat sich der weltweite Erdölverbrauch mehr als verdreifacht und ist von 30 Millionen pro Tag auf über 91 Millionen Barrels pro Tag gestiegen. Einen nennenswerten rückläufigen Erdölverbrauch gab es nach 1974 und 1979 verursacht durch Angebotskürzungen einerseits und starke Preiserhöhungen andererseits und darauffolgender Rezession, sowie im Jahre 2008 und 2009 als Folge der Finanzkrise und der großen Rezession. 49
Bevölkerungs- und Einkommenswachstum sind die beiden stärksten Faktoren, welche die Energienachfrage beeinflussen, weshalb es zu divergierenden Entwicklungen in den OECD- und Nicht-OECD-Ländern kommt. Der Erdölverbrauch in den OECD-Ländern ist seit 2008 rückläufig. Der Anteil der OECD am Gesamt-Erdölverbrauch ist von 75% im Jahre 1965 auf 49,9% im Jahre 2013 gesunken, während der Anteil der Nicht-OECD-Länder im gleichen Zeitraum von 25% auf 50,1% gestiegen ist. Im Jahre 2013 lag der Erdölverbrauch der NichtOECD mit mehr als 50% am weltweiten Erdölverbrauch zum ersten Mal über dem der OECD. Laut Daten der US Energy Information Administration (EIA) hat China im September 2013 zum ersten Mal mehr Erdöl importiert als die USA. Graph 2 Erdölpreis Entwicklung 1960-2013 Quellen: BP Statistical Review of the World Energy 2013, US Energy Information Administration (EIA) (US$/Barrel) 120
100
Starke Nachfrage in China Irak Krieg Schwacher Dollar Niedrige Kapazitätsreserven OPEC Produktionskürzungen
80
Iranische Revolution Iran-Irak Krieg
60
40
FinanzkriseRezession Golfkrieg
Arabisches Erdöl Embargo
20
11. Sept. 2001
2012
2010
2008
2006
2004
2002
2000
1998
1996
1992
1990
1988
1986
1984
1982
1980
1978
1976
1974
1972
1970
1968
1964
1962
1960
1994
Asien-Finanzkrise
0
Wegen der wichtigen Rolle, welche das Erdöl für die Wirtschaft spielt, ist die Entwicklung des Erdölpreises von größter Bedeutung. Ein erheblicher Teil des Erdöls wird in politisch instabilen Regionen gefördert, weshalb der Erdölpreis neben marktbestimmenden Faktoren auch stark von geopolitischen Ereignissen beeinflusst wird. Bis 1973 war der Erdölpreis sehr niedrig und wurde von den großen multinationalen Erdölgesellschaften bestimmt. Im Jahre 1973 kam es zu einem signifikanten Angebotsrückgang verursacht durch das Arabische Öl-Embargo. Die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC), welche 1960 in Bagdad gegründet wurde, beschloss Ende 1973 den Erdölpreis um das nahezu Vierfache zu erhöhen. Von diesem Zeitpunkt an spielte die OPEC eine mehr oder weniger wichtige Rolle für die Entwicklung des Erdölpreises. Zu einer weiteren starken Preiserhöhung kam es 1979-1980 ausgelöst durch die Iranische Revolution und den darauf folgenden Iran-Irak-Krieg. Der hohe Preis hielt aber nicht lange an. Als Folge der hohen Preise nach 1973 wurde die Erdölförderung in verschiedenen Regionen, wie z. B. in der Nord-
50
see, wirtschaftlich profitabel. Es kam zu einem Überangebot an Erdöl und in Folge zu einem Preisverfall. Im Jahre 1986 erreichte der Erdölpreis einen Tiefststand. Die OPEC-Länder mussten empfindliche Rückgänge ihrer Produktion hinnehmen. Um den sinkenden Erdölpreisen entgegenzuwirken, setzte die OPEC Förderquoten für die Mitgliedsländer fest, die entsprechend den Marktgegebenheiten verringert oder erhöht werden, um den Preis zu stabilisieren und ein bestimmtes Preisniveau zu halten. Die Quotenregelung, die bis heute in Kraft ist, war nicht immer erfolgreich, da sich nicht alle Länder an die ihnen zugeteilten Quoten hielten. Tabelle 1 Erdöl: Produktion, Verbrauch, Exporte und Importe 2012. Quelle: Eni World Oil and Gas Review 2013 Produktion*
1000 Anteil Barrels in % pro Tag
Verbrauch
Saudi Arabien
11584
13,3
USA
Russland
10734
12,4
USA
9149
China
1000 Anteil Barrels in % pro Tag
Exporte: Erdöl, 1000 Anteil Erdölprodukte Barrels in % *2 & NGLs pro Tag
Importe: Erdöl, 1000 Anteil Erdölprodukte Barrels in % *2 & NGLs pro Tag
18907
21,1
Saudi Arabien
9136
13,4
USA
11179
16,3
China
9600
10,7
Russland
7071
10,4
China
6441
9,4
10,5
Japan
4729
5,3
UAE *3
3024
4,4
Japan
4995
7,3
4175
4,8
Indien
3651
4,1
Kanada
3022
4,4
Indien
4157
6,1
Kanada
3770
4,3
Russland
3271
3,6
USA
2878
4,2
Südkorea
3500
5,1
Iran
3541
4,1
Brasilien
3016
3,4
Nigeria
2699
4,0
Niederlande
3114
4,5
UAE *3
3539
4,1
Saudi Arabien
3012
3,4
Kuwait
2680
3,9
Singapur
2504
3,6
Irak
3031
3,5
Deutschland
2338
2,6
Irak
2532
3,7
Deutschland
2502
3,6
Kuwait
2959
3,4
Kanada
2327
2,6
Venezuela
2205
3,2
Frankreich
2048
3,0
Mexiko
2920
3,4
Südkorea
2768
3,1
Niederlande
2149
3,2
Großbritannien
1806
2,6
Gesamt
55402
63,8
Gesamt
53619
59,7
Gesamt
37396
55,0
Gesamt
42246
61,5
Rest
31493
36,2
Rest
36180
40,3
Rest
30616
45,0
Rest
26395
38,5
OPEC *3
37527
43,2
OPEC
8591
9,6
OPEC
29988
44,1
Welt
86895 100,0
Welt
68012 100,0
Welt
68641 100,0
Welt
89799 100,0
* Inkludiert NGLs. NGLs (englisch: natural gas liquids) sind liquide Erdgaskondensate, die sowohl bei der Erdöl-, als auch bei der Erdgasförderung anfallen können. *2 Exporte bzw. Importe in den Niederlanden und in Singapur sind wegen der großen Raffineriezentren sehr hoch. *3 Vereinigte Arabische Emirate *4 Die Mitgliedsstaaten der OPEC sind: Algerien, Angola, Ecuador, Iran, Irak, Kuwait, Libyen, Nigeria, Katar, Saudi Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Venezuela
Zu stärkeren Preiserhöhungen mit beschränkter Dauer kam es während des Golfkrieges 1990 und nach den Ereignissen des 11. Septembers 2001. Auch während der Finanzkrise in Asien 1997-1998 fiel der Erdölpreis. Der rasante Anstieg der Erdölpreise nach 2003, der nur während der Finanzkrise und großen Rezession 2008-2009 kurzfristig unterbrochen wurde, ist auf eine Kombination verschiedener Faktoren zurückzuführen. Zum einen ließ der starke Erdölverbrauchsanstieg in Asien, vor allem in China, der Irak-Krieg und der schwache Dollar die Preise in die Höhe schnellen, zum anderen trugen die geringen freien Produktionskapazitäten in den OPEC-Ländern, sowie Produktionskürzungen der OPEC zur Preissteigerung bei. Viele Analysten sehen auch in den zunehmenden Speku51
lationsgeschäften auf den Terminmärkten (futures markets) einen wichtigen Grund für den hohen Erdölpreisanstieg und die starken Preisschwankungen. Wenngleich der Einfluss der verschiedenen Faktoren auf den Erdölpreis nicht quantifizierbar ist, so kann man doch sagen, dass der Erdölpreis nicht nur durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Noch nie hat es im „Zeitalter des Erdöls“ einen so langen Zeitraum mit hohen Preisen gegeben, wie das seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts der Fall ist. Obwohl der Ölpreis von 2012 auf 2013 leicht rückläufig war und auch für 2014 und 2015 ein weiterer leichter Rückgang prognostiziert wird, werden die Vorhersagen, abhängig davon, wie sich die Lage im Mittleren Osten entwickelt, möglicherweise nach oben revidiert werden müssen. Mittel- bis langfristig kann man davon ausgehen, dass der Erdölpreis nicht mehr auf ein niedriges Niveau, wie das Anfang des 21. Jahrhunderts der Fall war, sinken wird. Ein wichtiger Grund dafür ist die Verknappung jener Erdölreserven, die zu niedrigen Kosten gefördert werden können. Als Folge der hohen Erdölpreise wurde die Förderung von nichtkonventionellem Erdöl, wie Öl-Sand, Schieferöl oder UltraTiefsee-Öl vorangetrieben, deren Förderkosten zwischen 60 US$ und 100 US$ liegen. Der größte Teil der noch vorhandenen Erdölreserven hat sehr hohe Förderkosten, weshalb niedrige Preise nicht mehr kostendeckend wären.
Graph 3
Weltweiter Energiekonsum nach Energieträger: Anteil in % Quelle: IEA World Energy Outlook 2013 (New Policies Scenario) 1990 12,7
6,0
2011
25,4
5,2
13,2
2025 28,9
6,2
2035
15,5 27,2
22,5
19,0 21,3 36,8
Kohle
17,6
25,5
23,7
26,8
6,4
31,4 28,6
Erdöl
Gas
Atomenergie
Wasserkraft & andere erneubare Energien
Die Länder mit der höchsten Erdölproduktion sind Saudi Arabien und Russland, gefolgt von den USA. Unter den größten zehn Erdölförderländern sind fünf OPEC Mitgliedsstaaten. Insgesamt machte der Anteil der OPEC im Jahre 2012 43 % der weltweiten Erdölproduktion aus, bei den Exporten von Erdöl und Erdölprodukten betrug der Anteil 44%. Betrachtet man nur die Erdölexporte ohne Erdölprodukte, so beläuft sich der Anteil der OPEC auf 60%. Der größte Exporteur war 2012 Saudi Arabien gefolgt von Russland und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Beim Verbrauch und bei den Importen rangieren die USA an erster Stelle vor China und Japan. Als Folge der Preissteigerungen in den 1970er Jahren kam es zu einer Verringerung des Marktanteils von Erdöl am Gesamt-
52
energiemix. Der Anteil verringerte sich von circa 45% im Jahre 1975 auf 36,8% im Jahre 1990. Im Jahre 2011 betrug der Anteil nur noch 31,4%, machte aber immer noch den größten Anteil am Gesamtenergiemix aus. Neben den steigenden Erdölpreisen hat das starke Wachstum von Erdgas und anderen Energieträgern in den vergangenen Jahren zu einem weiteren Verlust an Marktanteilen geführt. Laut Prognosen von renommierten Institutionen besteht Konsens darüber, dass der Anteil von Erdöl am Energiemix auch in Zukunft stetig abnehmen wird, während Gas und erneuerbare Energien ihren Anteil weiter ausbauen werden. Laut Internationaler Energiebehörde wird der Anteil von Erdöl am weltweiten Energiekonsum im Jahre 2035 auf 26,8% sinken. Graph 4 Weltweiter Erdölverbrauch nach Regionen Quelle: BP World Energy Outlook 2013 6000 (Millionen Tonnen)
5000
Nordamerika
Süd- & Mittelamerika
Europa und GUS Staaten
Mittlerer Osten
Afrika
Asien und Pazifik
4000
3000
2000
1000
0
1990
1995
2000
2005
2010
2012
2015
2020
2025
2030
2035
In den Nicht-OECD Ländern wird der Erdölverbrauch weiter wachsen, China und Indien werden aufgrund ihrer hohen Bevölkerungszahlen eine Schlüsselrolle spielen, während sich in den OECD-Ländern der seit einigen Jahren fallende Trend beim Erdölverbrauch weiter fortsetzen wird. Gründe dafür sind einerseits die zunehmende Energieeffizienz bei der Nutzung, die zunehmende Diversifizierung der Energieträger und die steigende Nachfrage nach sauberer Energie wie Erdgas und erneuerbare Energien, um die CO 2-Emissionen zu verringern und so die klimapolitischen Zielsetzungen zu erreichen. Energiepolitische Entscheidungen zur Senkung der CO 2-Emissionen zeigen allmählich Wirkung. Das Verbrauchswachstum wird insgesamt durch die steigenden Rohölpreise der vergangenen Jahre sowie durch die weitere, stufenweise Senkung von Subventionen auf Erdölprodukte in den Nicht-OECD-Ländern gebremst werden. Zudem wurden in den vergangenen Jahren durch die Erschließung neuer Erdgasvorräte die Erdgasreserven stark vergrößert, was in Zukunft in vielen Sektoren zu einer Verdrängung von Erdöl durch Erdgas führen wird.
53
Graph 5 Weltweiter Erdölkonsum nach Sektoren Quelle: BP World Energy Outlook 2003 (Millionen Tonnen) 6000 Transport
Elektrizitätssektor
Industrie
andere Sektoren
5000 4000 3000 2000 1000 0
1990
1995
2000
2005
2010
2012
2015
2020
2025
In den OECD-Ländern wird die Nachfrage in allen Sektoren zurückgehen. Während weltweit der Erdölverbrauch im Transportbereich erhebliche Zuwächse verzeichnet, wachsen die anderen Sektoren nur geringfügig oder nehmen sogar ab und werden durch andere, billigere Energieträger substituiert. Besonders stark fiel der Anteil im Elektrizitätsbereich. Im Industriebereich werden moderate Steigerungen prognostiziert, da vor allem im Petrochemie-Sektor und in anderen Nicht-Energiebereichen derzeit eine Substitution durch andere Energieträger nur in beschränktem Maße möglich ist. Im Transportbereich ist Erdöl immer noch der dominierende Energieträger. Als Folge der hohen Preise kam es jedoch zu einer erheblichen Effizienzsteigerung bei den Fahrzeugen. Der Transportsektor hat mit über 50% den größten Anteil am Erdölverbrauch, gefolgt vom Industriesektor mit 30%. Auch in Zukunft wird die wachsende Erdölnachfrage von diesen beiden Sektoren getragen werden. Die im Transportsektor eingesetzte Energie wird weiterhin vom Erdöl dominiert, jedoch wird es aufgrund der Verdrängung durch Biokraftstoffe sowie verbesserter Motoreneffizienz zu einer Verlangsamung des Wachstums kommen. Längerfristig wird der Einsatz von mit Gas betrieben Fahrzeugen, Elektrofahrzeugen und Plug-in-Hybriden, sowie von Schienenfahrzeugen eine Verringerung des Erdölverbrauchs im Transportbereich herbeiführen.
54
2030
2035
Graph 6 Weltweite Anzahl von Fahrzeugen Quelle: BP Energy Outlook 2035 - January 2014 Fahrzeugflotte Motorisierungsgrad 2,5
Milliarden
800
Konsum im Transportsektor
Fahrzeuge pro 1000 Einwohner
USA
Nicht-OECD OECD
3
Milliarden Tonnen Erdöläquivalent
Nicht-OECD OECD
Deutschland
2,0
600
Japan
2
1,5 400
China
1,0 1 200
0,5
0,0 1965
2000
2035
0 1965
Indien
2000
2035
0 1965
2000
2035
Die weltweite Fahrzeugflotte wird von circa 1,1 Milliarden im Jahre 2012 auf circa 2,3 Milliarden im Jahre 2035 ansteigen, wobei die Zuwächse überwiegend in den Nicht-OECD-Ländern stattfinden werden. Besonders in den beiden bevölkerungsreichsten Ländern China und Indien wird der Motorisierungsgrad stark zunehmen. Im Jahre 2013 kamen in China auf 1000 Einwohner gerade einmal 74 Fahrzeuge, während es in Indien nur 34 waren. Laut Schätzungen der neuesten BP-Prognose werden im Jahre 2035 in China auf 1000 Einwohner circa 370 und in Indien circa 110 Fahrzeuge kommen. In den OECDLändern wird der Motorisierungsgrad im Bereich von 600 bis 800 Fahrzeuge pro 1000 Einwohner stagnieren und aufgrund der Verdrängung durch Biokraftstoffe sowie durch verbesserte Motoreneffizienz wird es zu einer erheblichen Verringerung des Verbrauchs kommen. Erdöl wird auch in den kommenden Jahrzehnten der wichtigste Energieträger sein und die Wirtschaft weiterhin stark prägen. Der Anteil am Gesamtenergiemix wird jedoch kontinuierlich abnehmen und nach 2035 wird Erdöl nicht mehr die Nummer 1 im globalen Energiemix sein. Im Elektrizitätssektor wird Erdöl langfristig nur mehr eine untergeordnete Rolle spielen und im Haushalts- und gewerblichen Sektor sowie im Industriesektor Anteile an andere Energieträger verlieren. Nur im Transportsektor wird Erdöl auch langfristig seine dominierende Rolle beibehalten, da eine Substitution durch andere Energieträger, wie Biotreibstoffe oder Gas nur langsam voranschreitet. Da Vorräte von billigem Erdöl immer geringer werden, wird unkonventionelles Erdöl, wie Schieferöl, Ultra-Tiefsee-Erdöl, Extra-Schweröl und Teer-Sand einen immer größeren Anteil an der weltweiten Erdölförderung ausmachen.
55
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Wie sehr bestimmt der Einsatz von Produkten, die aus Erdöl hergestellt werden, unser tägliches Leben? Aus Erdöl wird nicht nur Benzin, Diesel, Heizöl und Asphalt, hergestellt, sondern Erdöl ist auch der wichtigste Rohstoff der petrochemischen und chemischen Industrie. In unserem Alltag benutzen wir sehr viele verschiedene Produkte, die aus Erdöl hergestellt werden, oft ohne uns dessen überhaupt bewusst zu sein. Wodurch kann Erdöl als Energieträger ersetzt werden und wie können auf Erdöl basierende Produkte in der chemischen Industrie ersetzt werden? Weit mehr als zwei Drittel des Erdöls wird als Energie genutzt, für Heizungsanlagen oder als Brennstoff für Autos, Flugzeuge oder Schiffe. Der restliche Teil wird als Rohstoff oder als Zwischenprodukt in der petrochemischen Industrie weiterverarbeitet, wo chemische Grundstoffe hergestellt werden. Die vielen Anwendungsmöglichkeiten haben Erdöl im 20. und auch im 21. Jahrhundert einerseits zum bedeutendsten Energieträger und andererseits zum wichtigen Handelsgut gemacht. Laut UNCTAD (Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung) betrug der Export von Erdöl und Erdölprodukten im Jahr 2012 weltweit mehr als 15% der gesamten Exporte. Weltweit gibt es viele verschiedene Erdölsorten mit unterschiedlicher Zusammensetzung, verschiedenen Eigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten. Im weltweiten Erdölhandel gibt es einige Referenzsorten, sogenannte „Benchmarks“, die je nach Qualität unterschiedliche Preise erzielen. Die Referenzsorte Brent bezieht sich hauptsächlich auf den Europäischen Markt, während WTI (West Texas Intermediate) im amerikanischen Markt und Dubai im Persischen/Arabischen Golf als Benchmark fungieren. Die Preise der restlichen Rohölsorten werden durch Auf- oder Abschläge von diesen „Benchmarks“ ermittelt. Leichte Erdölsorten, wie zum Beispiel WTI und Brent sind teurer, weil sich aus ihnen hochwertigere und deshalb teurere Produkte herstellen lassen, während schwere Erdölsorten einen geringeren Preis erzielen.
Je nach Förderstätte unterscheidet sich die Zusammensetzung und Qualität des Rohöls und damit variiert auch seine Beschaffenheit und Farbe
57
Rohöl lässt sich nicht direkt nutzen. Erst durch Destillation und Raffination des Erdöls entsteht eine breite Palette wertvoller Produkte. Damit aus Rohöl Endprodukte, wie LPG, Benzin, Diesel, Heizöl entstehen, muss das Rohöl in Raffinerien chemische und physikalische Prozesse durchlaufen, wobei die Umwandlung in drei wichtigen Prozessen erfolgt: Destillation, Konversion und Reformierung. Im ersten Prozess, der Destillation, wird das Rohöl in verschiedene Fraktionen mit unterschiedlicher Siedetemperatur aufgetrennt. So entstehen Flüssiggas (LPG), Benzin und Dieselöl, Heizöle, Basis-Öle für Schmierstoffe, Bitumen und eine Reihe von Nebenprodukten. Abbildung 1 zeigt das Schema eines Destillationsprozesses. Da die Produkte, welche beim Destillationsprozess entstehen, nicht dem Marktbedarf entsprechen, bedarf es noch einer Reihe weiterer komplexer Raffinationsprozesse, wie „Conversion“ und „Reforming“, Entschwefelung etc. Abbildung 1 Quelle: BP – Erdöl bewegt die Welt
Rohöldestillationsanlage Flüssiggas
athmosphärische Destillationskolonne
Leichtbenzin / Naphtha Schwerbenzin Kerosin
Ofen
Leichtgasöl Schwergasöl Rohöl atmosphärischer Rückstand (z.B. Bitumen) Die Raffinerien müssen sich ständig den veränderten Marktgegebenheiten anpassen. Einerseits verändert sich die Nachfrage nach Produkten und andererseits werden aus umweltpolitischen Maßnahmen immer neue Auflagen und Gesetzesvorschriften bezüglich der Zusammensetzung der Erdölprodukte erlassen. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich eine Verlagerung von sogenannten „schweren“ Erdölprodukten hin zu „leichteren“ Produkten ergeben. So sank der Anteil von Schweröl im Jahre 1995 von 16% auf 10% im Jahre 2012, während vor allem LPG und Naphtha, Diesel und Heizöl ihren Anteil erhöhen konnten. 58
Graph 1 Weltweiter Erdölverbrauch nach Produktgruppen (Anteil in %) Quelle: Eni World Oil and Gas Review 2013 1995
2012
10%
14%
14% 24%
17%
35%
LPG/Naphta Diesel/Heizöl Andere Produkte
10%
13%
24%
39%
Benzin Schweröl
Die Petrochemie ist ein Zweig der Chemie, der sich mit der Umwandlung von Erdöl und Erdgas in chemische Produkte und Ausgangsverbindungen für die Herstellung chemischer Produkte beschäftigt. Rohstoff der Petrochemie ist in erster Linie Rohbenzin, aber auch teilverarbeitete Produkte. PetrochemieAnlagen und Raffinerien arbeiten deshalb sehr eng zusammen. Abbildung 2
Erdöl
Raffinerie
Petrochemische Industrie
Chemische Industrie
Endprodukte
Ungefähr zehn Prozent der aus Erdöl gewonnenen Produkte gelangen als Ausgangsstoffe in die petrochemische Industrie. Diese Produkte bilden den Grundstein der Petrochemie, die aus ihnen eine große Palette verschiedenster Verbindungen fertigt. Paraffine und Wachse werden zur Imprägnierung von Oberflächen, zur Herstellung von Kerzen und in der chemischen und pharmazeutischen Industrie verwendet. Weißöle dienen als Grundstoffe in der pharmazeutischen Industrie. Aus Olefinen entstehen Kunstfasern und Kunststoffe, während Aromaten als Lösungsmittel und für vielfältige Prozesse in der chemischen Industrie eingesetzt werden. Erdöl ist auch der Rohstoff für Synthesefasern in der Textilindustrie, Kunststoffe, Folien, Rohre, Kunststoffplatten, Synthetikkautschuk, Schaumstoffe für Verpackung und Bauindustrie, Lacke, Farben, Düngemittel, Pflanzenschutzmittel, Wasch- und Reinigungsmittel, Zwischenprodukte für Pharmazeutika und Kosmetika (Haarspray, Shampoo etc.). Auch der bei der Entschwefelung von Brennund Treibstoffen gewonnene Schwefel findet in der chemischen Industrie Verwendung.
59
Ein kleiner Querschnitt von Produkten aus Erdöl, die in der Petrochemischen und Plastik-industrie hergestellt werden Quelle: BP - Erdöl bewegt die Welt
Fast 90% der Chemieprodukte werden aus Erdöl und zu einem geringeren Teil aus Gas gewonnen, allen voran Kunststoffe. Sie sind im Vergleich zu natürlichen Materialen, wie Holz oder Metall leichter und strapazierfähiger und aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Die vielen Anwendungsmöglichkeiten haben Erdöl nicht nur zum bedeutendsten Energieträger, sondern auch zum wichtigsten Handelsgut in der modernen Industriegesellschaft des 20. und 21. Jahrhunderts gemacht. Kein anderer Rohstoff lässt sich so einfach und vielfältig verarbeiten. Obwohl durch die Förderung von nicht-konventionellem Rohöl die Erdöl-Reserven einen bedeutsamen Anstieg erfahren haben, bleibt Erdöl trotzdem ein begrenzter Rohstoff. Auf Grund des vielseitigen Einsatzes von Produkten aus Erdöl in der modernen Welt, kann eine Umstellung auf eine Welt ohne Erdöl nur in einem langen Veränderungsprozess erfolgen. Viele Experten sind der Ansicht, dass Erdöl viel zu kostbar ist, um als Heizmittel oder im Transportsektor „verbrannt“ zu werden und verweisen darauf, dass Erdöl vor allem ein wertvoller Rohstoff für die chemische Industrie ist. Welche Alternativen gibt es für Erdöl? Im Energiesektor kann Erdöl einerseits durch Gas und Kohle, deren Reserven eine weit längere Reichweite aufweisen, und andererseits durch erneuerbare Energieträger ersetzt werden. So hat zum Beispiel der multinationale Energiekonzern Shell ein Motoröl entwickelt und Anfang 2014 auf den Markt gebracht, welches aus Gas hergestellt wird. Die begrenzte Reichweite fossiler Energien, sowie die zunehmende Klimaproblematik erfordern längerfristig auch einen Umstieg auf alternative, nachwachsende Rohstoffe aus Biomasse in der chemischen Industrie. Biomasse wird 60
schon jetzt in der chemischen Industrie eingesetzt, wobei die aus pflanzlicher Biomasse gewonnenen nachwachsenden Rohstoffe genutzt werden (siehe Graph 2). Immer mehr chemische Zwischen- und Endprodukte werden aus Biomasse hergestellt. Bio-basierte Herstellungsverfahren mit Raps, Mais oder Stroh ermöglichen neue Produkte bei Kunststoffen, Hydraulikölen, Farben und Lacken. Graph 2 Ursprung der Rohstoffe in der chemischen Industrie in Deutschland Quelle: Verband der Chemischen Industrie, Frankfurt am Main 2009 Kohle 2%
Nachwachsende Rohstoffe 10%
Erdgas 8%
Erdöl 80%
Wie schnell ein Umstieg von Erdöl auf Erdgas und Kohle einerseits und eine generelle Abkehr von fossilen Energien als Ausgangsmaterial für chemische Produkte andererseits erfolgen kann, wird letztlich von der weltweiten Energiepolitik entscheidend beeinflusst werden. Für die Grundlagen- und angewandte Forschung zur chemischen Transformation von nachwachsenden Rohstoffen zur Herstellung der gesamten Produktpalette in der chemischen Industrie, die jetzt aus Erdöl und zum Teil aus Erdgas hergestellt werden, müssen noch viele technologische Herausforderungen gemeistert werden. Aus heutiger Sicht kann eine weitreichende Veränderung weg von fossilen Ausgangsmaterialen und hin zu nachwachsenden Rohstoffen in der chemischen Industrie wohl nur über einen sehr langfristigen Zeitraum erwartet werden.
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Die zunehmende Wichtigkeit nicht-konventioneller fossiler Energien Nicht-konventionelle fossile Energieträger sind vor allem im Zusammenhang mit der zunehmenden Schiefergasproduktion in den USA in den vergangenen Jahren ins Zentrum der Berichterstattung gerückt. Um welche Energieträger handelt es sich und welche Rolle spielen sie bzw. werden sie in Zukunft in der globalen Energieversorgung spielen? Steigende Energiepreise, ständig zunehmender Energieverbrauch und die Weiterentwicklung der Fördertechnologien haben unter anderem dazu beigetragen, dass in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr nicht-konventionelle fossile Energien erschlossen wurden. Sie unterscheiden sich von den konventionellen nicht in ihrer Zusammensetzung, sondern lediglich in der Art der Lagerstätte und der Fördermethode. Während bei konventionellen fossilen Energieträgern klassische Methoden zur Erschließung und Förderung angewendet werden, braucht es zur Erschließung nicht-konventioneller Vorkommen neue, zum Teil sehr aufwendige und kostspielige Technologien. Es gibt keine einheitliche Definition für unkonventionelles Erdöl oder Erdgas. Eine weite Auslegung des Begriffes unkonventioneller Erdöle umfasst alle Vorkommen, die nur mit besonderem Aufwand gefördert werden können. So werden manchmal auch Vorkommen unterhalb gewisser Wassertiefen (z.B. in 500m Tiefe) oder in bestimmten Regionen (z.B. Arktis) als nicht-konventionell bezeichnet. Die Abgrenzung von konventioneller fossiler Energie zu nicht-konventioneller fossiler Energie ist nicht immer eindeutig und kann sich im Laufe der Zeit verändern, d.h. unkonventionelle Fördermethoden können sich nach jahrelanger Anwendung zu konventionellen Methoden etablieren. In diesem Artikel wird die Definition der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe verwendet. Tabelle 1 Übersicht: Nicht-konventionelle fossile Energieformen Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) Hannover ERDÖL
GAS
Schwerstöl ( extraheavy oil)
Tight Gas (tight gas)
Teersand (bitumen)
Schiefergas (shale gas)
Schieferöl/ Tight Öl (shale oil)
Kohleflözgas (coalbed methane)
Ölschiefer (kerogen)
Aquifergas (aquifer gas) Gashydrat (gas hydrate)
Anmerkung: In Klammern wird der englische Begriff angegeben, da häufig auch in deutschen Berichten die englischen Ausdrücke verwendet werden.
63
Während bei den Reserven1 der Anteil von konventionellem Erdöl und Erdgas überwiegt, haben bei den Ressourcen2 die nicht-konventionellen fossilen Energien mit 63 % einen weitaus höheren Anteil. Man kann davon ausgehen, dass durch verbesserte Technologien in Zukunft Ressourcen zu Reserven klassifiziert werden. Auch die zukünftige Entwicklung des Öl- und Gaspreises wird dabei eine Rolle spielen, ob Ressourcen in Zukunft auch wirtschaftlich gefördert werden können. Derzeit wird der größte Teil des nicht-konventionellem Erdöls und Erdgas in Nord- und Südamerika gefördert: Teersand in Kanada, Schwerstöl in Venezuela, Schieferöl und Schiefergas sowie Tight Gas in den USA und in kleineren Mengen auch in Kanada. Aber auch viele andere Länder verfügen zum Teil über große Reserven und Ressourcen von nicht konventionellem Erdöl und Gas. Graph 1 Vergleich: Weltweite konventionelle und nicht-konventionelle fossile Erdöl und Erdgas Reserven und Ressourcen 2012 Quelle: Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) Energiestudie Dezember 2013 Reserven
Ressourcen
13% 37%
63% 87%
Ölsand
Konventionelles Erdöl und Erdgas Nicht-Konventionelles Erdöl und Erdgas
Ölsand oder Teersand ist ein Gemisch aus Bitumen, Wasser, Sand und Ton, wobei der Gewichtsanteil des Bitumens am Sand variiert und im Durchschnitt circa 12% beträgt. Die Sandkörner sind von einem dünnen Wasserfilm umhüllt und dieser wiederum von zähflüssigem Bitumen. In den Lagerstätten ist Ölsand nicht fließfähig und somit nicht ohne weiteres förderbar. Zur Gewinnung von Erdöl aus Teersand werden zwei verschiedene Fördertechniken angewandt: Ölsandabbau kann im Tagebau (ex-situ) oder durch Bohrungen (in-situ) bei tieferliegenden Vorkommen abgebaut werden. Der größte Teil der Förderung erfolgt durch Bohrungen. In einem aufwendigen Verfahren wird der teerhaltige Sand mit heißem Wasser unter Hinzufügung von chemischen Lösungsmitteln gewaschen, um so das Bitumen zu trennen und schließlich daraus Erdöl zu gewinnen. In einem sogenannten „Upgrader“ wird das Bitumen zu synthetischem Erdöl verarbeitet. Im Durchschnitt benötigt man zwei Tonnen Ölsand um ein Barrel (159 Liter) Rohöl zu gewinnen. 1 Reserven beschreiben jene Mengen des Erdöls/Erdgases, welche bereits genau erfasst und bewertet wurden und mit den derzeitigen technischen Möglichkeiten wirtschaftlich gewonnen werden können. 2 Ressourcen sind die Mengen an Erdöl/Erdgas, die geologisch nachgewiesen sind, deren Förderung aber derzeit nicht wirtschaftlich ist oder auch technisch nicht möglich ist und jene Mengen, die noch nicht nachgewiesen sind, aber aus geologischer Sicht in dem betreffenden Gebiet erwartet werden können.
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Abbau von Ölsand in Kanada Die weltweit größten Vorkommen von Ölsand liegen im nördlichen Teil der kanadischen Provinz Alberta, wobei das potenzielle Abbaugebiet etwa 140.000 Quadratkilometer umfasst, was der doppelten Fläche von Irland entspricht. Die Gewinnung von Erdöl aus Ölsand findet derzeit nur in Kanada statt, wo Ende der 1960iger Jahre die Förderung begonnen hat. Die Erdölgewinnung aus Ölsand ist sehr umstritten, da die Umweltbelastung sehr hoch ist: einerseits kommt es infolge der Energieintensität zu hohen klimaschädlichen CO2-Emissionen und möglichen Methanemissionen und andererseits führt die Förderung von Ölsand durch den enormen Flächenverbrauch zur Verwüstung und Vergiftung großer Landstriche und zu einem enormem Wasserverbrauch. Schwerstöl (extraheavy oil) Unter Schwerstöl versteht man Rohölsorten, die eine sehr hohe Dichte von weniger als „10 API“ und eine hohe Viskosität aufweisen. Schwerstöl ist dem Bitumen der Ölsande ähnlich, jedoch fließfähiger und deshalb in der Förderung weniger aufwendig und kostenintensiv und vor allem weniger umweltschädlich.
Schwerstöl ist sehr zähflüssig und erfordert deshalb spezielle Förder-Technologien Die weltweit größten Vorkommnisse von Schwerstöl befinden sich in Venezuela im Orinoco-Gebiet. In den 1980iger Jahren wurde dort mit der Förderung von Schwerstöl begonnen. Sogenannte „Upgrader“, wie sie auch zur Verarbeitung von Ölsand verwendet werden, sind notwendig, um das Schwerstöl so zu 65
verarbeiten, dass es auch in einer Raffinerie raffiniert werden kann. Häufig wird das Schwerstöl auch mit Naphtha oder anderen leichten Produkten gemischt, um es fließfähiger zu machen und es so in Raffinerien besser verarbeiten zu können. Infolge der Erschließung der großen Reserven an Schwerstöl ist Venezuela weltweit zum Land mit den größten Erdölreserven geworden. Kleinere Mengen an Schwerstöl gibt es auch in anderen Ländern wie zum Beispiel in China, Aserbeidschan und Großbritannien. Schieferöl/Tight Öl und Schiefergas
Die Förderung von Schiefergas und Schieferöl wurde durch die Kombination von „horizontal drilling“ und „fracking“ möglich. Schieferöl/Tight Öl und Schiefergas ist im Vergleich zu konventionellem in dichtem, kaum oder nur wenig durchlässigem Gestein eingelagert, wie zum Beispiel in Sandstein-, Karbonatoder Tonsteinreservoiren. Weltweit gibt es in vielen Ländern zum Teil sehr große Mengen an Reserven und Ressourcen. Durch die Kombination zweier existierender Technologien – horizontales Bohren (engl. horizontal drilling) und die so genannte hydraulische Behandlung (engl. hydraulic fracturing oder fracking) – wurde die Förderung von Schiefergas und Schieferöl gegen Ende des 20. Jahrhunderts möglich. Derzeit fördern die USA und Kanada Schieferöl und Schiefergas in kommerziellen Mengen. In China, Australien, Argentinien, Großbritannien und einigen anderen Ländern werden derzeit Probebohrungen durchgeführt und in den kommenden Jahren wird es voraussichtlich auch dort zu kommerzieller Förderung kommen. Obwohl die Fördermethode des Hydraulic Fracking wegen der möglichen Umweltrisiken (z.B. Grundwasserverseuchung) sehr umstritten ist, scheint es doch so, als ob auch außerhalb von Nordamerika die Förderung von Schieferöl und Schiefergas unaufhaltsam ist. Alle großen internationalen Erdöl und Erdgasfirmen engagieren sich in der Schiefergasund Schieferölproduktion und immer mehr Länder vergeben Förderkonzessionen an die Ölmultis. Es ist zu hoffen, dass die 66
Fördertechnologien dermaßen weiterentwickelt werden, dass mögliche Umweltschäden ausgeschlossen oder zumindest minimiert werden können. Tight Gas Tight Gas ist meist in Sandgestein oder Kalkgestein mit geringer Durchlässigkeit gespeichert. Es zählt zum nicht-konventionellen Gas, da es bei der Förderung nicht ohne spezielle Maßnahmen zum Bohrloch strömt. Tight Gas wird schon seit vielen Jahren mittels „Fracking“ gefördert. Tight-Gas-Lagerstätten liegen in circa 4000 Metern Tiefe, also deutlich tiefer als Schiefergas und das Risiko der Grundwasser-Kontaminierung ist deshalb nicht so groß wie bei der Schiefergasförderung. Ölschiefer (Kerogen)
Ölschiefer-haltiges Gestein Ölschiefer, nicht zu verwechseln mit Schieferöl, ist ein unreifes Erdölmuttergestein, das noch nicht die geologische Entwicklung durchlaufen hat, um Erdöl zu bilden. Vorkommen von Ölschiefer gibt es in vielen Ländern, wobei circa 3/4 der weltweit bekannten Ressourcen in den USA liegen. Aus Ölschiefer wird durch thermische Behandlung sogenanntes Schieferöl gewonnen. Die Gewinnung ist extrem aufwendig und energieintensiv. Ölschiefer wird seit mehr als 160 Jahren in einigen Ländern in geringen Mengen abgebaut und verarbeitet. Heute wird nur noch in Estland, im Leningrader Becken, in Südchina und Brasilien Ölschiefer gefördert. Experten gehen davon aus, dass noch eine längere Entwicklungszeit notwendig ist, bis eine kosten- und vor allem energieeffiziente Produktionsmethode entwickelt wird. Kohleflözgas (coalbed-methan) Kohleflözgas ist der Oberbegriff für alle Gase, die in Verbindung mit Kohle vorkommen. Obwohl Kohleflözgas bekannt ist, seit es Kohle gibt, wurden erst seit einigen Jahrzehnten die technologischen Möglichkeiten entwickelt, um Kohleflözgas auch als Energie zu nützen. Die globale Kohleflözgas-Förderung ist zwar gering, zeigt aber einen steigenden Trend. Mit einem Förderanteil von knapp 80% dominieren die USA den Markt, aber auch in anderen Ländern, wie in Kanada, Australien, Deutschland, China etc. steigt die Förderung von Kohleflözgas. Bei der Förderung werden große Mengen an Grundwasser aus den Kohlelagerstätten herausgepumpt, um so durch den abnehmenden Wasserdruck das Gas zum Herausströmen zu 67
bringen. Bei der Kohleflözgas-Förderung kommt es einerseits zu einem enormen Wasserverbrauch und andererseits kann das herausgepumpte Wasser giftige Stoffe enthalten, die gravierende Schäden in der Umwelt anrichten können. Aquifergas Unter Aquifergas versteht man im Grundwasser gelöstes Methangas. Die Löslichkeit von Methan in Wasser ist im Allgemeinen sehr niedrig, erhöht sich jedoch mit zunehmender Tiefe und somit mit steigendem Druck. Als potenziell förderbar gelten Aquifergas-Vorkommen in heißen Grundwässern, die unter ungewöhnlich hohem Überdruck stehen. Obwohl es weltweit sehr große Vorkommen von Aquifergas gibt, wird es nicht kommerziell gefördert, da nach heutigem Wissensstand eine Förderung unwirtschaftlich wäre. Verglichen mit anderen nicht-konventionellen Erdgasvorkommen, weist Aquifergas das geringste wirtschaftliche Potenzial auf. Gas aus Hydraten
Gashydrate sind feste, eisförmige Verbindungen aus Methan und Wasser, die sich unter niedrigen Temperatur- und hohen Druckbedingungen bilden. In fast allen Ozeanen der Welt und in den Land- und Schelfregionen der Permafrostgebiete hat man in den letzten Jahren enorme Gashydratvorkommen entdeckt. Bis jetzt gibt es jedoch noch keine Fördertechnik, um aus Gashydraten Gas zu fördern. Seit Beginn der 1970er Jahren beschäftigen sich Wissenschaftler in den USA, Kanada, Japan, China und anderen Ländern mit der Erforschung von Gashydraten, da sie als mögliche Energiequelle der Zukunft eine wichtige Rolle spielen könnten. Manche Wissenschaftler gehen davon aus, dass mithilfe von Gashydraten über Jahrhunderte die globale Energienachfrage abgedeckt werden könnte, wenn es gelänge, die Gashydrate-Vorkommen großflächig auszubeuten. Ob und wann entsprechende Fördertechnologien entwickelt werden und was die möglichen Konsequenzen für die Umwelt sein werden, wie zum Beispiel die Beeinflussung des Ökosystems am Meeresboden, bleibt abzuwarten. Synthetische Erdöle Sogenannte Synthetische Erdöle/Erdölprodukte werden manchmal auch zur nicht-konventionellen fossilen Energie gezählt. Dabei handelt es sich um liquide Kraftstoffe aus Gas (G68
t-L), aus Kohle (C-t-L) oder aus Biomasse. Zur Herstellung von Synthetischen Erdöl aus Kohle oder Gas wird das sogenannte Fischer-Tropsch-Verfahren angewandt, welches bereits 1925 in Deutschland erfunden und zur Kohleverflüssigung genutzt wurde. Während des 2. Weltkrieges wurde der Kraftstoff für die Kriegsmaschinerie aus Kohle hergestellt. Das billige Erdöl aus dem Mittleren Osten machte dieses Herstellungsverfahren jedoch unrentabel. Das Fischer-Tropsch-Verfahren wurde von der Firma SASOL in Südafrika übernommen und weiterentwickelt, da es für Südafrika als Folge der Apartheidpolitik schwierig war, genügend Erdöl zu kaufen. Im Jahre 1955 wurde die erste Kohleverflüssigungsanlage in Betrieb genommen, weitere Anlagen folgten, die bis heute in Betrieb sind. Der Ölmulti Royal Dutch Shell verfügt über die Technologie aus Gas flüssigen Kraftstoff herzustellen (G-t-L). In Katar und Malaysia, beides Länder mit großen Gasreserven, befinden sich solche Anlagen. Die Herstellung von sogenannten synthetischen Kraftstoffen ist einerseits sehr energieintensiv und deshalb klimaschädlich und andererseits sehr kostspielig. Ob sich solche Anlagen in anderen Ländern in Zukunft auch durchsetzen, bleibt abzuwarten. Kleine Anlagen, um aus Biomasse (z. B. Raps, Stroh etc.) synthetische Kraftstoffe wie Diesel herzustellen, gibt es in vielen Ländern. Experten glauben, dass solche Anlagen auch in großem Stile wirtschaftlich und vor allem umweltfreundlich produzieren könnten. Die Förderung von nicht-konventionellem Erdöl und Gas steigt weltweit stetig und nimmt im globalen Energiemix eine immer bedeutendere Rolle ein. Die Erschließung der nicht konventionellen fossilen Energien hat dazu geführt, dass die Reserven und Ressourcen von Erdöl und Gas signifikant angestiegen sind. Nicht-konventionellen Vorkommen von Erdöl und Gas sind weltweit stärker gestreut, als konventionelle Vorkommen, was zu einer Verminderung der Anhängigkeit von einigen wenigen Ländern und Regionen führt. Zusammen mit den konventionellen fossilen Reserven und Ressourcen reicht das Potential noch für lange Zeit zur weltweiten Energieversorgung. Während es für einen Teil der Vorkommen bereits die zur Förderung notwendigen Technologien gibt, stehen für andere noch keine entsprechenden Fördermethoden zur Verfügung. Die Förderung der meisten nicht-konventionellen fossilen Energien ist vielfach mit erheblichen Umweltschäden verbunden, da die Produktion einerseits sehr energieintensiv ist und andererseits Methoden angewendet werden, welche die Umwelt schwer belasten. Zudem befürchten Experten, dass durch die massiven Investitionen der großen Öl- und Gasgesellschaften in nicht-konventionelle fossile Energien zu wenige Ressourcen in erneuerbare und umweltverträgliche Energieträger investiert werden und so die Klimaziele nicht erreicht werden können. Es ist letztlich eine große Herausforderung für die Politik, die Vorteile und Nachteile abzuwägen und die entsprechenden Weichen für eine nachhaltige zukünftige Energieversorgung zu stellen. 69
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Steuern auf Benzin, Diesel und andere Produkte aus Erdöl: eine lukrative Einnahmequelle für den Staat? Die seit Mitte des letzten Jahrzehnts stark gestiegenen Erdölpreise hatten zur Folge, dass die Benzin-, Diesel- und Heizölpreise Rekordmarken erreicht haben. Wie setzen sich diese Preise zusammen und in welchem Ausmaße wirken sich Steigerungen der Rohölpreise auf die Endproduktpreise aus? Wer verdient dabei am meisten? Die auf Erdöl basierenden Endverbraucherpreise für Treibstoffe und Heizöl setzen sich aus drei großen Einzelposten zusammen: dem Einkaufspreis für das Rohöl, den Steuern und einem Restposten, welcher Kosten für Transport, Lagerung, Raffineriekosten, Vertriebskosten, Betriebskosten der Tankstellen und Gewinne beinhaltet. Laut Branchen-Experten sind die Betriebskosten einer Tankstelle gedeckt, sobald circa fünf Cent je Liter übrig bleiben. In vielen Fällen wird dieser Wert aber unterschritten, was zur Folge hat, dass viele Tankstellen um das wirtschaftliche Überleben kämpfen.
71
Graph 1 Benzinpreise und Steuern in den OECD-Ländern 2014 Quelle: Internationale Energieagentur (IEA) – Energy Prices and Taxes 2nd Quarter 2014 (US $ / Liter)
2,6
2,4
Preise ohne Steuern
Steuern
2,2
1,48
1,42
1,45
1,28
0,98 Belgien
1,34
0,92 Schweden
1,22
0,82 Großbritanien
1,35
0,92 Portugal
1,27
0,90
1,32
0,87
Irland
1,20
1,18 0,88 Frankreich
Deutschland
1,20
1,04 0,95 Slowakei
1,12 0,87 Slowenien
0,97 0,95 Schweiz
0,97 0,94 Spanien
0,98 0,86 Österreich
0,94 0,89 Ungarn
0,95 0,85 Tschechische Rep.
0,77
0,89
0,87
0,90 Süd-Korea
1,00
0,87 Polen
0,91
0,87
0,92 Japan
Luxemburg
0,86
0,87 Chile
0,87
0,91 Australien
0,36
0,62
0,81 Canada
0,13
0,66
0,80 Mexiko
1,0
0,14
1,2
0,47
0,76 USA
1,4
Neuseeland
1,6
1,23
1,8
1,44
2,0
0,86
0,93
0,99
0,99
Italien
Norvegien
Türkei
0,98 Dänemark
Niederlande
0,91 Griechenland
0,4
0,86
0,6
Finnland
0,8
0,0
Estland
0,2
Graph 1 vergleicht die Preise und Steuern, welche die Endverbraucher in den OECD-Ländern für bleifreies Superbenzin im 1. Quartal 2014 bezahlen mussten. Während die Preise ohne Steuern von Land zu Land nur leicht variieren, zeigt sich für die Steuern je nach Land ein zum Teil enormer Preisunterschied. In circa zwei Drittel der Länder machen die Steuern über 50% des Preises aus. Vor allem in den Europäischen Ländern ist der Steueranteil sehr hoch. Während in den USA die Steuern auf Benzin nur einen Anteil von weniger als 15 % ausmachen, liegt der Steueranteil in Japan bei circa 40% und erreicht in einigen Europäischen Ländern über 60%. Das Land mit den höchsten Steuern auf Benzin ist die Türkei, gefolgt von Norwegen, Italien und den Niederlanden. Der Steueranteil für Benzin macht im EU-Durchschnitt 57% aus, während der Steueranteil bei Diesel mit 51% etwas niedriger liegt. Zur Vergleichbarkeit werden die Benzinpreise aller Länder in US Dollar angegeben. Wechselkursschwankungen können daher auch einen Einfluss auf die Endverbraucherpreise in den einzelnen Ländern haben. Der Rohölpreis wird zumeist in US Dollar festgesetzt, deshalb wird der Preis für Benzin in den Ländern, deren Währung dem Dollar gegenüber auf- oder abwertet, positiv oder negativ beeinflusst. 72
Graph 2 Die Zusammensetzung der Benzinpreise im Vergleich, 2012 Quelle: OPEC Italien
1,26 $ (59%)
Japan
0,63 $ (41%)
0,14 $ (14%) 0
0.5
1.0
USA 1.5
2.0
2.5
Rohölpreis Transport- Raffinerie- Lager- Vertriebs- und Marketingkosten & Gewinn Steuern Graph 2 vergleicht die Komponenten der Benzinpreise in verschiedenen Ländern. Während der Rohölpreis in Europa (Beispiel Italien) und in Japan kaum divergiert, ist er in den USA deutlich niedriger. Bezüglich des Steueranteils am Preis zeigen sich drastische Unterschiede. Wenn also der Rohölpreis steigt, profitieren nicht nur die Förderländer (OPEC und andere Erdöl-Produzenten), sowie die multinationalen Ölgesellschaften (z.B. ExxonMobil, Chevron, Shell, BP etc.) sondern auch die Verbraucherländer. Vor allem die Europäischen Länder können satte Steuereinnahmen von den Erdölprodukten lukrieren, aber auch Japan hat sehr hohe Steuereinnahmen. Die Steuern auf Rohölprodukte sind auch in den EU-Ländern nicht einheitlich, die einzelnen Länder erheben mehrere verschiedene Steuern auf Benzin und andere Produkte. Dabei wird zwischen variablen und fixen Steuern unterschieden. Variable Steuern werden als Prozentsatz vom jeweiligen Preis erhoben (z.B. die Mehrwertsteuer) während fixe Steuern unabhängig vom Preis sind. Steigt der Rohölpreis, so erhöhen sich entsprechend die Produktpreise und somit auch die variablen Steuern, was bedeutet, dass auch die Steuereinnahmen der Verbraucherländer steigen. Um die Endverbraucher zu entlasten, haben manche Verbraucherländer in der Vergangenheit die Steuern auf Benzin gesenkt, aber nie in einem Ausmaß, welche die Preissteigerungen, die durch die steigenden Rohölpreise ausgelöst wurden, ausgeglichen hätten. Tabelle 1 EU: Anteil der Steuereinnahmen aus Erdölprodukten an den Gesamtsteuereinnahmen 2012 Quelle: EUROPIA Annual Report 2012 Bulgarien Estland Lettland Litauen Rumänien Slowenien Slowakei Tschechische Republik Polen Ungarn Griechenland Luxemburg Zypern Portugal
% 13,7 12,3 11,9 10,8 10,8 10,2 9,7 9,1 9,0 8,9 8,3 8,3 7,3 7,1
Irland Spanien Großbritannien Italien Malta Österreich Schweden Deutschland Niederlande Finnland Belgien Frankreich Dänemark EU Durchschnitt
% 7,0 6,4 6,3 5,9 5,9 4,9 4,7 4,6 4,5 4,4 4,1 3,6 3,1 7,0 73
Wie aus Tabelle 1 ersichtlich ist, sind die Steuereinnahmen aus Erdölprodukten in den EU-Ländern beachtlich. Im EUDurchschnitt betragen sie 7% der Gesamtsteuereinnahmen. Auffallend ist, dass vor allem die osteuropäischen Länder und Balkanländer einen sehr hohen Anteil aufweisen und auch Länder mit niedrigem Pro-Kopf-Einkommen einen höheren Anteil aufweisen, als reichere Länder. Graph 3 Geschätzte Steuereinnahmen der OECD-Länder versus Einnahmen aus Erdölverkäufen der OPEC-Länder, 2008 bis 2012 Quelle: OPEC (Milliarden US $) 6000 5000
5553 4888
1781 (Rest OCSE)
4000 3000 2000
3772 (Länder G7)
1000 0
OECD
OPEC Laut Berechnungen der OPEC profitieren die OECD-Länder mehr vom steigenden Erdölpreis als die Produzentenländer (Graph 3.) Während die OPEC-Länder im Zeitraum 2008 bis 2012 4888 Milliarden US $ aus ihren Erdölverkäufen einnahmen, beliefen sich die Steuereinnahmen aus Erdölprodukten in den OECD-Ländern im selben Zeitraum auf 5553 Milliarden US $. Allein die G7 -Länder hoben im genannten Zeitraum Steuern von 3772 Milliarden US $ ein. Wenn solche Berechnungen auch auf groben Schätzungen basieren, so zeigen sie doch die Größenordnung der Steuereinnahmen von Erdölprodukten, welche die Verbraucherländer einnehmen. Die Verbraucherstaaten hätten die Möglichkeit, den Benzin-, Diesel- und Heizölpreis zu senken, indem sie die entsprechenden Steuern modifizieren. Die politischen Optionen der einzelnen Staaten bezüglich Änderungen bei der Besteuerung von Erdölprodukten bieten jedoch wenig Spielraum. Einerseits will man im Sinne des Klimaschutzes und der Einhaltung der Klimaziele die Steuern auf Erdölprodukte nicht senken, sondern eher erhöhen, um den Verbrauch zu drosseln und um eine effizientere Produktnutzung zu fördern und andererseits ist es - vor allem in Zeiten der Wirtschaftskrise - unwahrscheinlich, dass die Steuereinnahmen gekürzt werden. Die Verbraucher werden deshalb wohl auch in Zukunft mit hohen Benzin-, Diesel- und Heizölpreisen rechnen müssen. Anmerkung: Milliarden (10 9)entsprechen den im angelsächsischen Raum verwendeten Billionen.
74
Kohle im Aufwind Bis in die Nachkriegszeit war Kohle weltweit der wichtigste Energieträger, bevor das Erdöl die dominierende Rolle im Energiesektor übernahm. Doch auch jetzt steht Kohle mit knapp 30% Anteil im weltweiten Energieverbrauch nach Erdöl an zweiter Stelle. Kohle hat verglichen mit Erdöl und Gas die höchsten Schadstoffemissionen und ist laut Internationaler Energiebehörde für rund 40% des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Die Ursachen und Prognosen. Während der weltweite Kohleverbrauch von 1965 bis zum Anfang des Millenniums stagnierte oder nur geringe Wachstumsraten erreichte, stieg der Kohleverbrauch in den vergangenen 10 Jahren stark. Das starke Wachstum fand allerdings ausschließlich in den Nicht-OECD-Ländern statt. Während der Kohleverbrauch in den OECD-Ländern seit 2003 um 0,8 % sank, stieg er in den Nicht-OECD-Ländern um durchschnittlich 6,6%. Länder mit den höchsten Wachstumsraten beim Kohleverbrauch sind vor allem China und Indien mit Wachstumsraten von 8,8% und 7,5%. China kann mit Recht als der Motor für das Comeback der Kohle angesehen werden. Einerseits brauchen die stark wachsenden Schwellenländerländer immer mehr Energie um die Stahlwerke und Fabriken mit billiger Energie zu versorgen, andererseits verfügen sie über große Kohle-Reserven. Indien und China sind zusammen für 90 Prozent des Verbrauchsanstiegs bei der Kohle verantwortlich. Sie decken ihren Strombedarf überwiegend mit Kohle. Erneuerbare Energien und Kernkraftwerke spielen noch eine geringe Rolle. 75
Graph 1
Weltweiter Kohleverbrauch 1965-2013 Quelle: BP Statistical Review of the World Energy June 2014 (Mill. Tonnen Erdöläquivalent) 4500
OECD
Nicht-OECD
4000 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500 0 2013
2011
2009
2007
2005
2003
2001
1999
1997
1995
1993
1991
1989
1987
1985
1983
1981
1979
1977
1975
1973
1971
1969
1967
1965
Im Wesentlichen gibt es drei Gründe, die für das starke Wachstum der Kohle verantwortlich sind: - Verglichen mit Gas ist Kohle zur Stromgewinnung wesentlich billiger. Die Brennstoffkosten von Kohle liegen in Europa laut Internationaler Energiebehörde zwischen 3 und 3,5 Cent je Kilowattstunde. Elektrizität aus Erdgas verursacht zwar nur halb so viel CO 2-Emissionen wie Kohle, kostet aber doppelt so viel. In den USA verdrängt billiges Gas als Folge der stark gestiegenen Schiefergasproduktion teils die Kohle und die Regierung versucht Maßnahmen zur Verringerung der Kohlenutzung zu setzen, um die CO 2-Emissionen zu drosseln. Das hat zur Folge, dass nun verstärkt amerikanische Kohle nach Asien exportiert wird und so die Kohlepreise weiter nach unten getrieben werden. Zudem haben die großen Kohleförderländer wie Australien, Indonesien, Russland und Kolumbien ihre Kapazitäten stark ausgeweitet, so dass trotz steigender Nachfrage aus China ein Überangebot besteht, was den Preis noch weiter drückt. - Anders als bei Erdöl und Erdgas, wo sich ein Großteil der Reserven auf wenige Länder in zum Teil geopolitisch instabilen Regionen konzentrieren, sind Kohlereserven weltweit verteilt: Mehr als 70 Staaten haben beachtliche Kohlevorkommen und können in vielen Fällen ihren Eigenbedarf decken. - Kohlereserven sind verglichen mit Erdöl und auch mit Erdgas in weit größerem Ausmaß vorhanden: die wirtschaftlich abbaubaren Reserven reichen nach jetzigem Stand noch für mehrere hundert Jahre. 76
Welch wichtige Rolle Kohle weltweit spielt, belegen die folgenden Fakten: Kohle macht weltweit fast 30% des globalen Energiemix aus, liegt mit über 40% an der Elektrizitätsgewinnung an erster Stelle und die Stahlproduktion ist zu 70% von Kohle abhängig. Kohle wird einerseits als Kraftwerkskohle zur Elektrizitätsgewinnung und zu Heizzwecken verwendet, andererseits wird Kokskohle1 in der Stahlproduktion eingesetzt. Ungefähr 13% der weltweiten Kohleproduktion wird in der Stahlerzeugung verwendet. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass vor allem die großen Stahlproduzenten der Welt wie China, Japan, USA, Indien und Russland einen hohen Kohleverbrauch haben. Im sogenannten C-t-L-Verfahren (Kohleverflüssigungsverfahren) kann aus Kohle auch synthetisches Erdöl hergestellt werden. Dieses Verfahren wurde bereits im Zweiten Weltkrieg in Deutschland entwickelt. Da es aber sehr kostspielig ist, wird es derzeit nur in einigen wenigen Ländern genützt, so zum Beispiel in Südafrika und in China. Kohle wird in geringem Ausmaße auch als Rohstoff für chemische Produkte genützt. Vor allem China mit seinen riesigen Kohlereserven versucht die sogenannten Veredelungsverfahren (Kohleverflüssigung und Kohle als Rohstoff für die chemische Industrie) kosteneffizienter zu machen und weiterzuentwickeln. Tabelle 1 Kohle: Reserven, Produktion und Verbrauch 2013 Quelle: BP Statistical Review of the World Energy 2014 Reserven Milliarden Anteil Produktion MTOE* Anteil Tonnen in % in % USA 237.295 26,6 China 1840 47,4 Russland 157.010 17,6 USA 501 12,9 China 114.500 12,8 Australien 269 6,9 Australien 76.400 8,6 Indonesien 259 6,7 Indien 60.600 6,8 Indien 229 5,9 Deutschland 40.548 4,5 Russland 165 4,3 Ukraine 33.873 3,8 Südafrika 145 3,7 Kazachstan 33.600 3,8 Kazachstan 58 1,5 Südafrika Indonesien Gesamt Rest Welt
30.156 28.017 811.999 79.532 891531
3,4 3,1 91,1 8,9 100,0
Polen Kolumbien Gesamt Rest Welt
58 56 3579 303 3881
1,5 1,4 92,2 7,8 100,0
Verbrauch
MTOE*
China USA Indien Japan Russland Südafrika Südkorea Deutschland Polen Indonesien Gesamt Rest Welt
1925,3 455,7 324,3 128,6 93,5 88,2 81,9 81,3
Anteil in % 50,3 11,9 8,5 3,4 2,4 2,3 2,1 2,1
56,1 54,4 3289,2 537,5 3827
1,5 1,4 86,0 14,0 100,0
* MTOE = Millionen Tonnen Erdölequivalent Anmerkung: Daten inkludieren Steinkohle und Weichbraunkohle Tabelle 1 gibt einen Überblick über die weltweiten Kohlereserven, die Produktion und den Konsum. Bei den Reserven stehen die USA an erster Stelle, gefolgt von Russland und China. Diese drei Länder verfügen zusammen über 57% der weltweiten Kohlereserven. Nimmt man die Nummer 3, 4 und 5, nämlich Australien, Indien und Deutschland dazu, so ergibt das mit 77% bereits mehr als ¾ der weltweiten Kohlereserven. Unübersehbar ist die dominante Rolle von China: Sowohl bei der Kohleproduktion als auch beim -verbrauch nimmt China mit 47% bzw. 50% den ersten Platz ein. Mit großem Abstand folgen die 1 Aus qualitativ hochwertigen Kohlesorten (Kokskohle) wird in Kokereien durch Erhitzen Koks erzeugt. Koks wird im Hochofen zur Erzeugung von Roheisen (Stahlgewinnung) benötigt.
77
USA mit einem Anteil von 13% an der weltweiten Produktion und 12% am weltweiten Verbrauch. Die schnell wachsende chinesische Wirtschaft verbraucht einerseits große Mengen an Energie, andererseits ist es naheliegend die eigenen großen Kohlereserven als Energieträger erster Wahl zu nutzen. Im Jahre 2013 betrug der Anteil von Kohle am Gesamtenergieverbrauch Chinas 67%. Um der massiven Umweltverschmutzung Herr zu werden, die durch den hohen Kohleverbrauch (mit) verursacht wird, versucht China vermehrt auf andere Energieträger wie Erdgas und erneuerbare Energien umzusteigen - bisher allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Tabelle 2 Die größten Kohle-Exportländer und Kohle-Importländer 2012 Quelle: World Coal Association (Millionen Tonnen) Exporte
Importe
Indonesien
383
China
289
Australien
301
Japan
184
Russland
134
Indien
160
USA
114
Südkorea
125
Kolumbien
82
Taiwan
64
Südafrika
74
Deutschland
45
Kanada
35
Großbritannien
45
Parallel zum Anstieg des Kohleverbrauchs sind auch die Kohleexporte und -importe in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Die wichtigsten Kohle-Exportländer sind der Größe nach Indonesien, Australien, Russland, die USA, Kolumbien, Südafrika und Kanada. Bei den Importen liegt China an erster Stelle, gefolgt von Japan, Indien, Südkorea, Taiwan, Deutschland und Großbritannien. Die Exporte von Kraftwerkskohle sind mehr als dreimal so hoch als jene von Kokskohle. Wie verhalten sich die Kohlepreise? Im Unterschied zu Erdöl werden 85% der Kohle in jenem Land verbraucht, in dem sie gefördert werden. Es gibt verschiedene Arten von Kohle und dementsprechend auch verschiedene Preise, die sich je nach Qualität, geographischer Lage und vertraglichen Bedingungen unterscheiden. Kohle wird einerseits für Kraftwerke und zu Heizzwecken genutzt und andererseits bei der Stahl- und Eisenherstellung gebraucht. Üblicherweise ist Kohle, welche zur Stahl- und Eisenherstellung verwendet wird, teurer als Kraftwerkskohle, da qualitativ hochwertiger. Generell richtet sich der Preis nach dem Heizwert der jeweiligen Kohlesorte. Vergleicht man die Entwicklung des Erdölpreises mit dem Kohlepreis, so ist der langfristige Trend ähnlich. Allerdings ist der Kohlepreis seit 2011 im Vergleich zu Erdöl und Gas stark gefallen (siehe Graph 2). Grund dafür ist ein Überangebot an Kohle. Wie sehen die Zukunftsprognosen für den Kohleverbrauch aus? Wird Kohle, trotz schlechtester Klimabilanz unter den fossilen Energieträgern, ihren Platz im weltweiten Energiemix halten können? Laut neuesten Prognosen wird Kohle auch in den kommenden Jahren nach Erdöl auf Platz zwei im weltweiten Energiemix rangieren, der Anteil wird sich allerdings von fast 30% im Jahre 2011 auf 25,5% im Jahre 2035 verringern. Der Kohlekonsum wird sich in den verschiedenen Regionen 78
unterschiedlich entwickeln. Während für die OECD-Länder ein weiterer Rückgang prognostiziert wird, werden die asiatischen Länder, allen voran China und Indien, den Kohlekonsum weiter steigern. China, bereits jetzt der weltweit größte Kohleproduzent, -konsument und -importeur, wird auch in Zukunft die führende Rolle im Kohlesektor spielen. Als Folge der Veränderung von einer industrieintensiven hin zu einer mehr serviceorientierten Wirtschaft, sowie infolge verbesserter Effizienz, wird sich das Kohlewachstum nach 2030 allerdings verlangsamen. China versucht auch vermehrt Erdgas, erneuerbare Energien und Atomstrom zu nutzen, um die zum Teil verheerenden Folgen der Schadstoffemissionen einzudämmen. Weltweit wird Kohle im Stromgewinnungssektor auch in Zukunft eine dominante Rolle spielen, allerdings wird der hohe Anteil von über 40% abnehmen, während Erdgas, erneuerbare Energien und Kernenergie ihre Anteile in den kommenden Jahrzehnten ausbauen werden. Graph 2 Erdölpreis und Kohlepreis Quelle: World Bank - commodity price data (US$/Barrel)
(US$/mt)
120
140
Erdöl
Kohle 120
100
100
80
80 60 60 40
40
20
20
0
0 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 1999 1998 1997 1996 1995 1994 1993 1992 1991 1990 1989 1988 1987 1986 1985 1984 1983 1982 1981 1980 Der Erdölpreis bezieht sich auf die Erdölsorte Brent (US$/Barrel), der Kohlepreis auf Australische Kohle (US$/Tonne)
Wie sich der Kohlekonsum weltweit in Zukunft entwickeln wird, hängt nicht zuletzt von der Implementierung der klimapolitischen Zielsetzungen in den einzelnen Ländern ab. Um die klimapolitischen Ziele zu erreichen, müsste der Kohleverbrauch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten abnehmen. In welchem Ausmaße das gelingen wird, bleibt abzuwarten. Graph 3 Weltweiter Energiekonsum nach Energieträger: Anteil in % Quelle: IEA World Energy Outlook 2013 (New Policies Scenario) 1990
6,0
2011
12,7 25,4
2025
15,5
13,2
5,2
28,9
19,0
21,3 36,8 Kohle
Gas
6,2
Atomenergie
17,6
27,2
25,5
6,4
22,5 31,4
Erdöl
2035
28,6
23,7
26,8
Wasserkraft & andere erneuerbare Energien 79
80
Energie-Museum in Moskau
Der Energiegigant Russland Russland spielt auf den globalen Energiemärkten eine dominante Rolle. Vor allem für Europa ist Russland einer der wichtigsten Gas- und Erdöllieferanten. Seit dem Ausbruch der Ukraine-Krise ist Russlands Bedeutung als Energielieferant für Europa besonders präsent geworden. Wie wichtig ist Russlands Gas und Erdöl für Europa und welchen Stellenwert nimmt Russland im weltweiten Energieangebot ein? Gibt es Alternativen für Europas Abhängigkeit von russischem Gas? Russland, das flächenmäßig größte Land der Welt, verfügt über riesige Erdöl-, Gas- und Kohlevorkommen. Die Erdöl- und Gas-Vorkommen befinden sich in den verschiedenen Regionen des riesigen Landes: im Ural/Wolga-Gebiet im Westen, im Nordwesten, im Nord-Kaukasus, in Westsibirien, in Ostsibirien und im Fernen Osten. Nicht zuletzt werden auch riesige Erdölund Gasvorkommen in den Arktischen Regionen Russlands vermutet, wobei die Exploration erst am Anfang steht. Derzeit konzentriert sich die Erdöl- und Gasförderung hauptsächlich auf Westsibirien und die Ural/Wolga-Region. Das rasante Wachstum der Asiatischen Märkte und die damit verbundene steigende Energienachfrage sowie die Anwendung neuer Technologien werden mittel- und längerfristig dazu führen, dass die Erdöl-und Gasförderung in Ostsibirien, im Fernen Osten Russlands sowie in den Arktischen Regionen stark ansteigen wird. Russland verfügt auch über große Schiefergas- und Schieferölvorkommen, deren Förderung noch gar nicht begonnen hat. 81
Graph 1 Erdöl und Gasproduktion in Russland nach Region (2013) Quelle: US Energy Information Administration West-Siberien Ural-Wolga Region Ost Siberien Nord-Westen & Arktis Ferner Osten Nord-Kaukasus 7 6 5 4 3 2 1 0 Erdöl - Mill. Barrels pro Tag
0
5
10 15 20 25 Gas - Bill. Kubikfuß
Russland verfügt weltweit über die zweitgrößten Gas- und Kohlevorkommen und rangiert bei Erdöl auf Platz 8. Wenn es gelingt die Erdöl- und Erdgasressourcen in den Arktischen Regionen zu erschließen, könnte das Russlands Reserven noch wesentlich erhöhen. Zählt man Erdöl und Gas zusammen, so ist Russland der weltweit größte Exporteur von fossiler Energie mit einem jährlichen Exportvolumen von 7,5 Millionen Barrels Erdöl pro Tabelle 1
Tag und 230 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr.
10 Länder mit den größten Reserven an fossiler Energie (Ende 2013) Quelle: BP Statistical Review of the World Energy June 2014 Erdöl Gas Kohle Milliarden Anteil Billionen Anteil Milliarden Anteil Barrel in % m3 in % Tonnen in % Venezuela *1 298,3 17,7 Iran 33,8 18,2 USA 237,3 26,6 Saudi Arabien 265,9 15,8 Russland 31,3 16,8 Russland 157,0 17,6 Kanada *2 174,3 10,3 Katar 24,7 13,3 China 114,5 12,8 Iran 157,0 9,3 Turkmenistan 17,5 9,4 Australien 76,4 8,6 Irak 150,0 8,9 USA 9,3 5,0 Indien 60,6 6,8 Kuwait 101,5 6,0 Saudi Arabien 8,2 4,4 Deutschland 40,5 4,5 UAE *3 97,8 5,8 UAE *3 6,1 3,3 Ukraine 33,9 3,8 Russland 93,0 5,5 Venezuela 5,6 3,0 Kasachstan 33,6 3,8 Libyen 48,5 2,9 Nigeria 5,1 2,7 Südafrika 30,2 3,4 USA 44,2 2,6 Algerien 4,5 2,4 Indonesien 28,0 3,1 Restliche Restliche Restliche 257 15,2 39,7 21,4 79,5 8,9 Länder Länder Länder Welt 1688 100,0 Welt 185,7 100,0 Welt 891,5 100,0 *1 extra-schweres Erdöl ist inkludiert *2 Ölsand von in Entwicklung befindlichen Projekten ist inkludiert *3 Vereinigte Arabische Emirate
Russlands Wirtschaft ist stark von seinen Gas- und Erdölexporten abhängig. Einnahmen aus Gas und Erdöl machen mehr als 50% des Budgets und fast 70% der Exporteinnahmen aus. Wegen der starken Energieexportabhängigkeit wirken sich Änderungen der Energiepreise sehr stark auf Russlands Wirtschaft aus. 82
Graph 2 Russland: Exporteinnahmen 2013 Im Jahr 2013 machten Einnahmen aus Erdöl und Gas 68% von Russlands Gesamt-Exporteinnahmen aus Quelle: US Energy Information Administration Juli 2014 Milliarden US Dollar $ 300 $ 200
68%
$ 100 $0
$ 109
21% Petroleum - Produkte
$ 73
14% Gas
$ 174
33% Erdöl
Erdöl und Gas
$ 171
32%
andere Produkte
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde die Erdölund Gasindustrie privatisiert, in den darauffolgenden Jahren wurde jedoch ein großer Teil wieder verstaatlicht. Die staatliche Firma Rosneft ist die größte Erdölgesellschaft Russlands. Daneben gibt es auch private Ölfirmen wie zum Beispiel Lukoil und Novatek. Die staatliche Firma GAZPROM dominiert die Gasindustrie und produziert circa 75% vom russischen Gas. Sie hat auch ein Monopol auf die Gasexporte. Die Regierung plant den Gasmarkt schrittweise zu liberalisieren, vor allem was den Export von LNG betrifft. Für ausländische Firmen gestaltet sich eine Zusammenarbeit mit russischen Firmen oft sehr schwierig. Eine wichtige Kooperation besteht zwischen Rosneft und ExxonMobil zur Erschließung der Öl- und Gasvorkommen im Arktischen Bereich der Barentssee. Rosneft verfügt nicht über die notwendigen Technologien, um Erdöl und Gas in der Arktischen Region zu fördern und ist deshalb auf das Knowhow ausländischer Firmen angewiesen. Über die Hälfte von Russlands Energieverbrauch wird durch Gas abgedeckt, 22% durch Erdöl, 13% durch Kohle und je 6% durch Wasserkraft und Atomenergie. Im Unterschied zu anderen Regionen und Ländern der Welt machen erneuerbare Energien mit 0,1% einen unbedeutenden Teil aus. Graph 3 Russland: Verbrauch nach Energieträger 2013 (% Anteil) Quelle: BP Statistical Review of the World Energy June 2014
Gas 53%
Kohle 13%
Erdöl 22%
Atomenergie 6% Wasserkraft 6% Erneuerbare Energie 0,1%
Wegen der billigen Energiepreise für Unternehmen und private Konsumenten wurde in der Vergangenheit einerseits kein Anreiz gegeben die Energieeffizienz zu steigern und andererseits erneuerbare Energien als Alternative zu fossilen Energien zu fördern. Die Energiepreise werden nach und nach angehoben, weshalb es jetzt Bestrebungen bei den Konsumenten gibt, die Energieeffizienz zu steigern und auch in erneuerbare Energien zu investieren. Durch diese Einsparung stünde in Zukunft mehr 83
Erdöl und Gas für den Export zur Verfügung. Laut Angaben des russischen Energieministeriums besteht bis 2020 ein enormes Einsparungspotential im Umfang von ungefähr 40% bis 50% des Primärenergieverbrauchs des Jahres 2010. Graph 4 Russland: Anteil an der weltweiten Erdöl- und Gasproduktion 2013 Quelle: BP Statistical Review of the World Energy June 2014 Erdöl
Erdgas
Russland 13%
Russland 18%
Russland produzierte im Jahre 2013 13% des weltweiten Erdöls und war nach Saudi-Arabien der zweitgrößte Erdölproduzent. Mit einem Anteil von 18% an der weltweiten Gasproduktion ist Russland nach den USA auch der zweitgrößte Gasproduzent. Obwohl Russland auch über sehr große Kohlevorkommen verfügt, produziert es nur geringe Mengen an Kohle, 4,3% der weltweiten Kohleproduktion. Die Exportkapazitäten von Erdöl, aber besonders von Gas machen Russland zu einem überaus wichtigen „Player“ auf den Weltenergiemärkten. Graph 5 Russland: Gasexporte nach Ländern (%) Quelle: BP Statistical Review of the World Energy June 2014 Taiwan Niederlande Griechenland Südkorea Finnland Österreich Slowakei andere CIS Länder Ungarn Tschechische Rep. Frankreich Polen andere Europ. Länder Japan Belgien Weissrussland Italien Ukraine Türkei Deutschland
Taiwan 0.04 Südkorea 1% Japan 5%
0,04% 0,9% 1,1% 1,1% 1,6% 2,3% 2,4% 2,5% 2,6% 3,2% 3,6% 4,3% 4,4% 5,2% 5,4%
Europa 60%
Rest CIS Länder 3% Weissrussland 8%
Ukraine 11% Türkei 12%
8,0% 11,0% 11,1% 11,6% 17,7%
0
2
4
6
8
10
12
14
Mit 225,5 Milliarden Kubik Meter oder einem Anteil von 22% am weltweiten Gasexport im Jahre 2013 ist Russland bei weitem der größte Gasexporteur der Welt. Der nächstgrößte Gasexporteur ist Katar mit einem Anteil von 12%. Ungefähr 60% des russischen Gasexports wurden im Jahre 2013 über Pipelines nach Ost- und Westeuropa geliefert, während 22% in die Ukraine, nach Weißrussland und in andere CIS -Länder und 12% an die Türkei geliefert wurden. Lediglich 6% wurden als LNG nach Japan, Südkorea und Taiwan geliefert, da Russland nur über eine Gas–Verflüssigungsanlage auf der Insel Sacha84
16
18
20
lin im Fernen Osten verfügt. Um in Zukunft den LNG-Handel auszuweiten, sind weitere LNG-Anlagen geplant, zum Beispiel auf der Jamal-Halbinsel in Westsibirien und in Wladiwostok im Fernen Osten. Gas Pipeline Geplante Gas Pipeline EU Länder Russland
Russia Russland
Bestehende und geplante Gas-Pipelines von Russland nach Europa Aus der geographischen Gegebenheit heraus ist es naheliegend, dass Ost- und Westeuropa und die CIS-Länder die natürlichen Abnehmer von russischem Gas sind, da vor allem auch ein entsprechendes Pipeline-Netzwerk, das über Jahre gewachsen ist, zur Verfügung steht. Ein Großteil der russischen Gaslieferungen nach Europa durchquert die Ukraine, welche somit ein wichtiges Transitland für russisches Gas nach Europa ist. Für jene Länder, die einen großen Teil ihrer Gasnachfrage von Russland beziehen, kann diese starke Abhängigkeit riskant werden, wie sich bereits in den Jahren 2005/2006 und 2007/2008 gezeigt hat, als es zwischen der Ukraine und Russland zu Gaspreisstreitigkeiten kam. Die gegenwärtige Ukraine-Krise hat zu einer weiteren Eskalation geführt. Russland ist sehr daran interessiert die geplante „South Stream“-Gaspipeline zu bauen, die durch das Schwarze Meer und über den Balkan Gas nach Europa liefern und so keinen Transit durch die Ukraine benötigen würde. Die EU hat vorläufig das Projekt „South Stream“ auf Eis gelegt. Der Bau dieser Pipeline ist allerdings schon sehr weit fortgeschritten und es wäre wohl im Sinne der EU und Russlands das Projekt zu Ende zu führen. Tabelle 2 zeigt ein sehr unterschiedliches Bild bezüglich der Abhängigkeit der europäischen Länder von den russischen Gasimporten. Länder wie Finnland, die Slowakei und Ungarn sind zu 100% von russischen Gasimporten abhängig, während 85
Irland, Spanien und Großbritannien kein Gas aus Russland importieren. Polen, Griechenland und Österreich beziehen ¾ oder mehr ihrer Gasimporte aus Russland. Im Durchschnitt bezog Europa im Jahre 2013 36% der Gasimporte aus Russland. Tabelle 2 Europa's Abhängigkeit von Russischen Gasimporten (Milliarden Kubikmeter) Quelle: BP Statistical Review of the World Energy June 2014 Gasimporte Abhängigkeit von Gesamt aus russischen GasGasimporte Russland importen in % Österreich 5,1 6,8 76 Belgien 12,3 32,8 38 Deutschland 39,8 95,8 42 Finnland 3,5 3,5 100 Frankreich 8,1 39,2 21 Griechenland 2,4 3,0 79 Großbritannien 0,0 51,2 0 Irland 0,0 4,9 0 Italien 24,9 57,1 44 Niederlande 2,1 21,5 10 Polen 9,6 11,4 84 Slowakei 5,3 5,3 100 Spanien 0,0 30,2 0 Tschechische 7,2 11,0 65 Republik Türkei 26,2 44,3 59 Ungarn 5,9 5,9 100 Andere Europäische 10,0 24,4 41 Länder Europa Gesamt 162,5 448,4 36 Weißrussland
18,1
18,1
100
Ukraine Andere CIS Länder
25,1
26,9
93
5,6
11,4
49
Welche Alternativen zu russischem Gas gibt es für Europa, sollte es im kommenden Winter als Folge der Ukraine-Krise zu Lieferengpässen kommen? Auf den Weltmärkten gibt es gegenwärtig ein genügend großes Gasangebot. Europa könnte LNG (Flüssiggas) aus diversen Ländern beziehen, allerdings zu einem wesentlich höheren Preis. Die Gasspeicher sind laut Berichten der Europäischen Länder gefüllt und würden so kurzfristige Lieferstopps auffangen. Da die russische Wirtschaft extrem stark von den Energieexporten abhängig ist, scheint es eher unwahrscheinlich, dass Russland die Gaslieferungen nach Europa stoppt. Längerfristig gesehen wird die UkraineKrise vermutlich dazu führen, dass Europa seine Gasimporte stärker diversifiziert. Länder mit entsprechendem Exportpotential gäbe es genug, vorausgesetzt die entsprechenden Infrastrukturprojekte werden errichtet: einerseits der Bau von Pipelines und andererseits Gasverflüssigungsanlagen in den Gasexportländern und die dazu erforderlichen LNG-Terminals in den Importländern. Katar, Iran und Aserbaidschan verfügen über enorme Gasreserven und wären in der Lage einen bedeutenden Beitrag zu Europas Gasnachfrage zu leisten. Auch Nigeria verfügt über große Gasreserven und seit die USA kaum noch Gas importieren, sucht Nigeria nach neuen Abnehmern. Während der Bau von Pipelines mehrere Jahre in Anspruch 86
nehmen würde, könnten LNG-Lieferungen kurzfristig per Schiff erfolgen, vorausgesetzt die Gasverflüssigungsanlagen und die entsprechend LNG Terminals in den Importländern sind vorhanden. Graph 6 Russland: Erdölexporte - wichtigste Exportdestinationen 2012 Quelle: Global Trade Atlas, US Energy Information Administration (EIA) (1000 Barrels pro Tag) Ungarn Bulgarien Großbritannien Spanien Frankreich Italien Japan Lituanien Schweden Finnland Weissrussland Polen China Niederlande Deutschland 0
100
200
300
400
500
600
700
800
Europa ist auch für russisches Erdöl der wichtigste Markt. Deutschland ist der größte Importeur von russischem Erdöl, gefolgt von den Niederlanden und China. Im Unterschied zu Gas, gibt es bei den Erdölimporten eine viel stärkere Diversifikation bezüglich der Importländer und deshalb keine starke Abhängigkeit. Zudem ist es bei Erdöl wesentlich leichter auf andere Exportländer auszuweichen, da der Erdölhandel viel flexibler ist, zumal er nicht auf Pipelines oder spezielle LNGTanker angewiesen ist. Trotz geopolitischer Differenzen infolge der Ukraine-Krise wird Russland auch in Zukunft für Europa ein wichtiger Erdöl- und Gaslieferant bleiben. So begannen die russische staatliche Erdölgesellschaft Rosneft und der amerikanische Ölmulti ExxonMobil im August 2014 trotz Sanktionen gemeinsame Probebohrungen in der Karasee im Nordpolarmeer. Ob die neuen verschärften Sanktionen dieses Projekt tatsächlich stoppen werden, bleibt abzuwarten. Die Vorteile für Europa und Russland, vor allem wegen der geographischen Nähe und der über Jahrzehnte aufgebauten guten Beziehungen sind zu groß und die Handelsbeziehungen zu eng verflochten, als dass sie von geopolitischen Auseinandersetzungen dauerhaft geschädigt werden können. Als eine logische Folge der Ukraine-Krise wird aRussland versuchen neben Europa neue Märkte zu erschließen, wie sich bereits gezeigt hat (kürzlich abgeschlossener Gasliefervertrag mit China), und Europa wird sich bemühen, seine Gasimport-Abhängigkeit von Russland zu verringern.
87
Bohrinsel West Alpha" in der Karasee 88
China im Wettlauf um Energie-Ressourcen China, mit nahezu 1,4 Milliarden Einwohnern, das bevölkerungsreichste Land der Welt, ist dank seiner rasant wachsenden Wirtschaft weltweit sowohl der größte Energieverbraucher als auch der größte Energieproduzent. Der steigende Wohlstand erhöht den Energiekonsum fortwährend und hat China zu einem der einflussreichsten „Player“ auf den Welt-Energiemärkten gemacht. Welche Strategien für die Zukunft hat China, um die ständig steigende Energienachfrage zu befriedigen und vor allem um die enormen energieabhängigen CO2-Emissionen zu verringern? Graph 1 China: Pro-Kopf-Einkommen und -Energieverbrauch Quelle: Internationaler Währungsfond, BP Statistical Review of the World Energy June 2014 (US $)
(MTOE)
8000
BIP pro Kopf
7000
3000
Primärenergieverbrauch
2500
6000 2000
5000 4000
1500
3000
1000
2000 500
1000 0
0 2012
2010
2008
2006
2004
2002
2000
1998
1996
1994
1992
1990
1988
1986
1984
1982
1980
In den vergangen Jahrzehnten hat die rasant wachsende chinesische Wirtschaft zu einem ständig steigenden Pro-Kopf-Einkommen geführt. Zusammen mit der stark wachsenden Industrialisierung hat sich Chinas Primär-Energieverbrauch1 in den vergangenen 15 Jahren verdreifacht. Im Jahre 2010 hat China die USA als größten Energiekonsumenten überholt. Während im Jahre 2012 auf 1000 Einwohner gerade 80 Autos entfielen, werden laut neuesten Prognosen im Jahre 2035 380 Autos auf 1000 Einwohner entfallen. Allein dieser Indikator zeigt, welches potentielle Wachstum im Energiebereich in Zukunft erwartet werden kann. Die rasante Entwicklung Chinas im Energiesektor in den vergangenen Jahrzehnten und der zukünftige Energieverbrauch zeigt Graphik 1. Während Chinas Anteil am weltweiten Energieverbrauch im Jahre 1990 lediglich 8,2% betrug, stieg der Anteil im Jahre 2010 auf fast 20% an. Laut Prognosen von BP 1 Der Primärenergieverbrauch ist der Verbrauch der direkt in der Natur vorkommenden Energieträger Erdöl, Kohle, Erdgas, Uran sowie der erneuerbaren Energiequellen. Primärenergie wird durch verschiedene Verfahren in nutzbare Energie, d.h. in Endenergie umgewandelt. Ein Beispiel ist die Erzeugung von Strom und Wärme in aus dem Primärenergieträgern Holz, Kohle oder Gas.
89
wird China im Jahre 2035 bereits über ein Viertel des weltweiten Energieverbrauchs ausmachen. China wird dann mehr als doppelt so viel Energie verbrauchen wie die USA und 80% des gesamten Energieverbrauchs aller OECD-Länder ausmachen. Graph 2 Weltweiter Energieverbrauch nach Regionen Quelle: BP Energy Outlook 2035, January 2014 (Millionen Tonnen Erdölequivalent) 20000 OECD China Indien 18000 10000 14000 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0 1990 2000 2010 2020
Tabelle 1
Restliche Länder
2025
2030
2035
Energieverbrauch nach Energieträger: die 5 größten Verbraucherländer 2013 (Million Tonnen Erdöläquivalent) Quelle: BP Statistical Review of the World Energy June 2014 Erdöl
831 USA
671 China
China
507 Russland
372 USA
456 Frankreich
96 Kanada
89 China
43 USA
Japan
209 Iran
146 Indien
324 Russland
39 Brasilien
87 Deutschland
30 Russland
Indien
175 China
145 Japan
129 Südkorea
31 USA
62 Spanien
17 Indien
595
Russland
153 Japan
105 Russland
25 Russland
41 Brasilien
13 Japan
474
Welt
4185 Welt
3020 Welt
1925 USA
94 China 3827 Welt
Wasserkraft
Gesamtenergieverbrauch 59 China 2852
Kohle
USA
Atomenergie
Erneuerbare Energie 206 USA
Gas
188 China
563 Welt
856 Welt
279 Welt
2266 699
12730
China's Anteil am weltweiten Energieverbrauch in % 12,1
4,8
50,3
4,4
24,1
15,4
Mit einem Anteil von 22% am weltweiten Energieverbrauch war China im Jahre 2013 die Nummer 1. China ist auch der weltweit größte Konsument von Kohle und Wasserkraft. Beim Verbrauch von Erdöl und Erneuerbaren Energien nimmt China nach den USA Rang zwei ein, während es bei Gas auf Platz 4 liegt und bei der Elektrizitätsgewinnung aus Atomkraft Platz 5 einnimmt. (siehe Tabelle 1). Als Folge des ständig wachsenden Erdölverbrauchs hat China 2014 zum ersten Mal die USA bei den Netto-Erdölimporten auf Platz zwei verwiesen. China ist weltweit der größte Kohleproduzent, -konsument und -importeur. Ungefähr 50% des weltweiten Kohleverbrauchs entfällt auf China, ein Grund dafür, dass China für die weltweit höchsten CO 2-Emissionen verantwortlich ist (siehe Graph 2). Als Folge der rapid steigenden Industrialisierung und Modernisierung der Wirtschaft steht China auch bei der Elektrizitätsgewinnung weltweit an erster Stelle. Zwischen 2000 und 2013 konnte China seine Elektrizitätsgewinnung vervierfachen. Mit 67% Anteil am Gesamtenergieverbrauch nimmt Kohle den dominierenden Platz ein. Erdöl liegt mit einem Anteil von 18% auf Platz 2, gefolgt von Wasserkraft mit 7%, Gas mit 5% und erneuerbare Energie und Atomenergie mit 2% und 1%. Dieses Ungleichgewicht zugunsten von Kohle hat dramatische Folgen bezüglich der CO 2-Emissionen. China ist für die weltweit höchsten energieabhängigen CO 2-Emissionen verantwortlich. 90
22,4
Die gesundheitlichen Folgen sind in manchen Industriegebieten Chinas dramatisch. Deshalb versucht China in Zukunft den Anteil der Kohle im Gesamtenergiemix und generell den Anteil von fossilen Energieträgern zu verringern. Um diese Ziele zu erreichen, werden enorme Investitionen in Erneuerbare Energien getätigt und für die kommenden Jahre und Jahrzehnte sind viele neue Atomkraftwerke geplant. Da China enorme Schiefergasreserven hat, wird auch der Gassektor mit Hilfe der Technologien der internationalen Ölgesellschaften stark ausgebaut. Gas hat verglichen mit Kohle und auch mit Erdöl weit weniger CO 2-Emissionen. Man kann davon ausgehen, dass Kohle auch in Zukunft den größten Teil am Gesamtenergieverbrauch Chinas ausmachen wird. Graph 3 China: Verbrauch nach Energieträger 2013 (Anteile in %) Quelle: BP Statistical Review of the World Energy June 2014 Gas 5% Erdöl 18%
Erneubare Enerigie 2% Wasserkraft 7% Atomenergie 1%
Kohle 67%
Graph 4 Weltweite energiebedingte CO2-Emissionen Quelle: US Energy Information Administration – International Energy Outlook 2013 (Millionen Tonnen) 50000 China USA Indien Rest Nicht-OECD Rest OECD 45000 40000 35000 30000 25000 20000 15000 10000 5000 0 2010
2015
2020
2025
2030
2035
2040
91
Obwohl China neben Kohle auch über bedeutsame Erdölvorräte verfügt, muss es pro Jahr über 4 Millionen Barrels/Tag importieren, um die heimische Nachfrage zu decken. Die beiden größten nationalen chinesischen Öl/Gas-Gesellschaften, die China National Petroleum Company (CNPC) und die China Petroleum and Chemical Corporation (SINOPEC) können sich inzwischen unter die 10 weltweit größten Erdölgesellschaften einreihen. Sie sind sowohl für den „Upstream“-Sektor (Exploration und Förderung von Erdöl und Gas) als auch für den „Downstream“-Sektor (Raffinerie, Marketing und Vertrieb von Erdölprodukten und Gas) in China verantwortlich. Neben diesen beiden Gesellschaften gibt es noch eine Reihe anderer wichtiger Firmen, die im Energiesektor tätig sind. Für technologisch besonders aufwendige Tätigkeiten wie zum Beispiel Tiefsee-Exploration oder Schiefergasförderung haben auch internationale Ölgesellschaften Zugang zum chinesischen Energiesektor. Die großen chinesischen Erdölgesellschaften sind auch im Erdöl- und Gassektor in vielen Ländern an Projekten beteiligt und sind strategische Partnerschaften mit Internationalen Ölgesellschaften eingegangen, um das technische Knowhow zu akquirieren. Dank der enormen Devisenreserven (Chinas Devisenreserven sind Mitte 2014 auf die Rekordhöhe von 3,9 Billionen US-Dollar gestiegen) ist China auch in der Lage sich großzügig an ausländischen Energiefirmen zu beteiligen. Graph 5 China: Erdölimporte nach Ländern 2011 (Anteile in %) Quelle: US Energy Information Administration, Country Analysis Briefs China Feb.2014
Russland 8%
Oman 7%
Irak 5%
Venezuela - 5% Kazachstan - 4%
Iran - 11%
Angola - 12%
Saudi Arabien 20%
Sudan - 5%
Rest 11%
Kuwait - 4% Vereinigte Arabische Emirate - 3% Brasilien - 3% Kongo - 2%
Um die Nachfrage mit genügend Erdölimporten zu versorgen und um geopolitische Risiken zu minimieren, war es für China immer vorrangig die Importe möglichst stark zu diversifizieren. Deswegen sind Chinas Erdölimporte stark gestreut (siehe Graph 5). In vielen Ländern, aus welchen China Erdöl importiert, haben Chinas nationale Ölgesellschaften CNPC und SINOPEC auch Beteiligungen an der Erdölförderung.
92
Graph 6 China: LNG Importe nach Ländern 2011 (Anteile in %) Quelle: US Energy Information Administration, Country Analysis Briefs China Feb. 2014
Australien 30%
andere Länder - 2% Ägypten - 2% Russland - 2% Trinidad - 2%
Indonesien 17% Nigeria 6% Jemen 7%
Malaysia 13%
Katar 19%
China importiert Gas über Pipelines aus den zentralasiatischen Ländern Turkmenistan, Kasachstan und Usbekistan, sowie LNG aus verschiedenen asiatischen Ländern, dem Mittleren Osten, Afrika, Europa und Südamerika. Als Folge der Ukraine-Krise hat Russland im vergangenen Mai mit China einen Gasliefervertrag, der schon seit circa einem Jahrzehnt erfolglos verhandelt wurde, abgeschlossen. Die nationale russische Gasgesellschaft GAZPROM wird 38 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr über 30 Jahre lang von den Ost-Sibirischen Gasfeldern per Pipeline nach China liefern. Die Pipeline „Power of Siberia“ wird eine Länge von 4000 km haben und über eine Maximalkapazität von bis zu 60 Milliarden Kubikmetern pro Jahr verfügen. Nach offiziellen Angaben werden die Gaslieferungen nach Fertigstellung der Pipeline im Jahr 2019 beginnen. Dieser Vertrag ist der größte Gasliefervertrag, den GAZPROM je abgeschlossen hat und wird für China ein Meilenstein in der Gasversorgung des Landes sein. Geplante Gas Pipeline „Power of Siberia“ von Russland nach China
Russland Voraussichtliche Fertigstellung der Pipeline: 2019
Länge der Pipeline: 4000 km CHINA
CHINA Altai Pipeline 1/ Power of Siberia Pipeline
Erdöl- und Gas Lagerstätten
Erdöl- und Gas Lagerstätten Geplante Gas Pipelines
1/ Geplante Pipeline von West-Sibirien nach Nord-West China. Anstatt dieser Pipeline wird nun die „Power of Siberia“ Pipeline gebaut. 93
Um die ständig steigende Nachfrage nach Erdölprodukten zu decken, hat China seine Raffineriekapazität ausgebaut und die bestehenden Raffineriezentren modernisiert, um den veränderten Markgegebenheiten Rechnung zu tragen. Im Jahre 2013 betrug Chinas Raffineriekapazität circa 12,5 Millionen Barrels/ Tag. Damit kann es nicht nur den Eigenbedarf decken, sondern auch Erdölprodukte exportieren. Während in Europa in den vergangenen Jahren viele Raffinerien wegen Überalterung, sinkender Nachfrage oder mangelnder Profitabilität schließen mussten, erlebt Chinas Raffineriesektor einen nie dagewesenen Aufschwung. Graph 7 China: Entwicklung der Raffineriekapazität 1980-2013 Quelle: BP Statistical Review of the World Energy June 2014 (Millionen Barrels/Tag) 14 12 10 8 6 4 2
saubererer Energie wie Erdgas, erneuerbarer Energie und Atomenergie sowie zu mehr Energieeffizienz ist oberste Priorität von Chinas Energiepolitik, vor allem um die immer gravierender werdende Umweltverschmutzung zu verringern. Wie schnell es gelingen wird diese Pläne zu verwirklichen und die enormen CO 2-Emissionen zu reduzieren, bleibt abzuwarten. 94
2013
dominierenden Kohlekonsum in Chinas Energiemix hin zu
2012
Bedeutung gewinnen. Eine Diversifizierung weg vom extrem
2011
gen und Chinas Rolle auf den Weltenergiemärkten weiter an
2010
weiter stark wachsen, der Energieverbrauch weiter anstei-
2009
oder Internationaler Währungsfond wird Chinas Wirtschaft
2008
Laut Prognosen von anerkannten Institutionen wie Weltbank
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
1994
1993
1992
1991
1990
1989
1988
1987
1986
1985
1984
1983
1982
1981
1980
0
Ist Atomstrom verzichtbar? Die Atomkatastrophe von Fukushima in Japan im Jahre 2011 hat von neuem eine breite Diskussion über die Gefahren der nuklearen Stromgewinnung hervorgerufen. Als Folge dieser verheerenden Katastrophe haben einige Länder wie zum Beispiel Deutschland beschlossen, ihre Pläne zum Ausbau ihres Atomprogramms zu stoppen und stufenweise ihre Atomkraftwerke zu schließen. Wird der Anteil von Atomstrom am Gesamt-Stromverbrauch, der derzeit weltweit circa 15 % beträgt, in Zukunft sinken oder steigen? Graph 1 Weltweite Entwicklung der Atomkraftwerke und Kapazitäten 1954-2013 Quelle: Internationale Atomenergieagentur (IAEA) Gigwatt
Anzahl
400 350 300
500 Kapazität (GW)
450
Anzahl der aktiven Atomkraftwerke
400 350
250
300
200
250
150
200
100
150 100 50
0
0
1954 1956 1958 1960 1962 1964 1966 1968 1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012
50
Die zivile Nutzung der Atomenergie in Atomkraftwerken begann um die Mitte der 1950er Jahre. Im Jahr 1957 wurde zum Zwecke der friedlichen Nutzung der Kernenergie die Internationale Atomenergieorganisation (IAEA) gegründet. In den folgenden Jahrzehnten wurden in vielen Industriestaaten Atomkraftwerke gebaut und deren Leistung pro Reaktor wuchs schnell an. Seit den 1970er Jahren kam es in vielen Ländern zu Anti-Atomkraft-Bewegungen, da viele Bürger wegen der großen Risiken die zivile Nutzung der Atomenergie ablehnten. Die zwei Erdölschocks mit drastisch ansteigenden Erdölpreisen in den 1970er Jahren ließen die Atomenergie weiter stark anwachsen, obwohl Erdöl sowohl damals als auch heute bei der Elektrizitätsgewinnung eine untergeordnete Rolle spielt. 95
Der Atomunfall im Kernkraftwerk Three Mile Island in den USA 1979 sowie die Katastrophen von Tschernobyl 1986 und Fukushima 2011 machten die Gefahren und Risiken von Kernkraftwerken für Bevölkerung und Natur deutlich. Seit Ende der 1980er Jahre verlangsamte sich der Ausbau der Atomkraft deutlich. Infolge der niedrigen Zuwachsraten sowie der Stilllegung von Reaktoren, insbesondere nach der Katastrophe von Fukushima, betrug die Anzahl der Kernkraftwerke weltweit im Jahr 2013 434 mit einer installierten Leistung von 372 GW1. Graph 2 Anzahl der weltweit im Betrieb befindlichen Atomkraftwerke 2013: 434 Quelle: Internationale Atomenergieagentur (IAEA) USA Frankreich Japan Russland Südkorea China Indien Kanada Großbritannien Ukraine Schweden Deutschland Belgien Spanien Tschechishe Rep. Schweiz Finnland Ungarn Slowakei Argentinien Pakistan Brasilien Bulgarien Mexiko Rumänien Südafrika Armenien Iran Niederlande Slowenien 0 20 40 60 80 100 (Anzahl) Mit circa 100 Kernkraftwerken stehen die USA an der Spitze, gefolgt von Frankreich mit fast 60 Atomkraftwerken und Japan mit knapp 50. Dann folgen Russland, Südkorea, China und Indien. Obwohl an der Spitze drei OECD-Staaten liegen, so zeigt sich doch, dass die wirtschaftlich aufstrebenden Schwellenländer Russland, China und Indien auch an vorderster Stelle stehen. Auffallend ist auch, dass Länder mit einem großen Potential an fossilen und erneuerbaren Energiereserven und Ressourcen wie zum Beispiel Russland, Brasilien, Mexiko und Iran, Atomenergie nutzen.
1 IAEA- International Atomic Energy Agency , Nuclear Power Reactors in the World 2014 edition
96
Graph 3 Anzahl der im Bau befindlichen Atomkraftwerke: 71 Quelle: Internationale Atomenergieagentur (IAEA) China Russland Indien USA Südkorea Vereinigte Arabische Emirate Ukraine Slowakei Pakistan Japan Frankreich Finnland Brasilien Weißrussland Argentinien
29 10 6 5 5 2 2 2 2 2 1 1 1 1 1
0 5 10 15 20 25 30 35 Derzeit befinden sich 71 Atomkraftwerke im Bau, wobei China mit 27 Neuerrichtungen an erster Stelle liegt, gefolgt von Russland, Südkorea, Indien und den USA. In den westeuropäischen Ländern dagegen werden nur wenige neue Atomkraftwerke gebaut. Nach dem Unfall von Fukushima hat in diversen europäischen Ländern ein Umdenken begonnen. Weltweit ist die Atomenergie jedoch im Wachsen begriffen. Zusätzlich zu den 71 im Bau befindlichen Kernkraftwerken befinden sich circa 100 Atomkraftwerke in der Planungs- und/oder Genehmigungsphase. Auch hier ist China an der Spitze, gefolgt von Russland, den USA und Indien. Graph 4 Anteil von Atomstrom an der weltweiten Elektrizitätgewinnung Quelle: ExxonMobil 2014 - The Outlook for Energy: A View to 2040 2010
2025
7%
10%
2%
7% 41%
6%
7% 26%
24%
Erdöl Atomenergie
20%
16%
15%1 6% 4%
45%
2040
Gas Wasserkraft
3%
33%
28%
Kohle andere erneuerbare Energien
Atomstrom hat im Jahre 2010 15% der weltweiten Stromerzeugung ausgemacht. Laut Prognose von ExxonMobil wird der Anteil im Jahre 2025 auf 16% steigen und 2040 20% ausmachen. Prognosen anderer Firmen/Organisationen zeigen ein ähnliches Bild. Schaut man sich die OECD- und die Nicht-OECDLänder an, so ergibt sich ein differenzierteres Bild. Tabelle 1 Anteil von Atomstrom an der Elektrizitätsgewinnung 2010
2025
2040
OECD
26%
28%
32%
Nicht-OECD
5%
8%
15%
97
Der Anteil ist und wird auch in Zukunft in den OECD-Ländern wesentlich höher sein als in den Nicht-OECD-Ländern. Das Wachstum in den Schwellenländern China, Russland und Indien ist jedoch wesentlich stärker, der Anteil von 5% im Jahre 2010 wird im Jahre 2040 auf 15% steigen. Wie stark sind die einzelnen Länder in der Elektrizitätsgewinnung von Atomstrom abhängig? Wie aus Graph 5 ersichtlich ist, zeigt sich ein stark divergierendes Bild. Insgesamt gibt es weltweit 31 Länder, die Atomenergie zur Elektrizitätsgewinnung nutzen. Der Anteil der Nutzung der Kernenergie zur Elektrizitätsgewinnung variiert je nach Land sehr stark. Frankreich führt mit einem Anteil von über 70%, gefolgt von Belgien und der Slowakei mit circa 50% und der Ukraine und Schweden mit über 40%. Vor allem in den europäischen Ländern hat Atomstrom einen hohen Anteil an der Stromgewinnung. Uran ist der Rohstoff, der für die Atomenergieerzeugung benötigt wird. Wie fossile Energieträger steht auch Uran nicht unendlich zur Verfügung. Die derzeitigen Uranreserven belaufen sich laut BGR 2 auf 2,16 Millionen Tonnen. 98% der Uranreserven sind auf nur 11 Länder verteilt. Das Land mit den größten Reserven ist Australien, gefolgt von Kanada, Kasachstan, Brasilien und China. Diese 5 Länder machen bereits 84% der gesamten Reserven aus. Nimmt man noch Russland, Südafrika, Niger, die USA, Namibia und die Ukraine dazu, so kommt man auf 98% der weltweiten Uranreserven. Die geschätzten Uranressourcen (das sind die Vorräte, die derzeit entweder aus wirtschaftlicher oder technologischer Sicht noch nicht gefördert werden können) belaufen sich auf 13 Millionen Tonnen. In der folgenden Abbildung ist die weltweite Verteilung von Uranreserven und Ressourcen aufgezeigt. Uran: Weltweite Reserven und Ressourcen Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) Hannover – Energiebericht 2013 MT= MillionTonnen URAN
kumulierte Förderung
Ressourcen
Ressourcen 13,0 Mt Reserven 2,6 Mt Förderung 2012 0,06 Mt
Reserven in Mt
2 Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Hannover – Energiestudie 2013
98
Die Uranproduktion liegt in den Händen einiger weniger Konzerne. 2012 wurden 82% der weltweiten Uranproduktion von lediglich acht Großkonzernen gefördert. Auch auf der Verbraucherseite wird der größte Teil des Urans nur von einigen wenigen Ländern verbraucht, wobei über die Hälfte auf nur drei Länder entfällt: die USA, Frankreich und China. Uran wird weltweit hauptsächlich über langfristige Lieferverträge gehandelt. Trotz der Reaktorkatastrophe von Fukushima und dem darauffolgenden Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie sowie dem Atomausbaustopp von Italien, der Schweiz und Belgien ist die weltweite Uranproduktion in den vergangenen Jahren weiter gestiegen. Die größten Uran-Produzenten sind Kasachstan, Kanada und Australien mit einem Anteil von 63% an der weltweiten Uranproduktion. In Kanada befindet sich die weltweit größte Lagerstätte, der McArthur River, welche
Graph 5
Frankreich
73,3%
Anteil des AtomBelgien stroms in der ElektrizitätsgeSlowakei winnung Ungarn nach Ländern (Ende 2013) Ukraine Quelle: Schweden Internationale Atomenergieagentur Schweiz (IAEA) Tschechische Rep.
52,1% 51,7% 50,7% 43,6% 42,7% 36,4% 35,9% 33,6%
Slowenien
33,3%
Finnland
30,7%
Bulgarien
29,2%
Armenien
27,6%
Südkorea 19,8%
Rumänien Spanien
19,7%
USA
19,4%
Taiwan
19,1% 18,3%
Großbritannien
17,5%
Russland Kanada
16,0%
Deutschland
15,4% 5,7%
Südafrika Mexiko
4,6%
Pakistan
4,4%
Argentinien
4,4%
Indien
3,5%
Niederlande
2,8%
Brasilien
2,8%
China
2,1%
Japan
1,7%
Iran
1,5%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
99
13% der globalen Uranproduktion abdeckt. Laut BGR ist aus geologischer Sicht für die kommenden Jahrzehnte genügend Uran vorhanden. Mittel- bis langfristig ist durch zunehmende Explorationstätigkeit mit einer Ausweitung der Uranvorkommen zu rechnen. Vor allem in Asien und im Mittleren Osten, aber auch in Nordund Südamerika wird weiter am Atomstrom festgehalten und werden neue Kernkraftwerke geplant. Seit die Verringerung der CO 2-Emissionen auf der politischen Agenda steht, versuchen Vertreter der Atomlobby und Atomkraft-Befürworter darauf hinzuweisen, dass Atomstrom billig sei und sich positiv auf den Klimaschutz auswirke, da bei der Erzeugung keine CO 2-Emissionen anfallen. Zudem sei eine hohe Versorgungssicherheit gegeben, da Uran noch reichlich vorhanden sei. Atomkraftgegner stehen solchen Vorschlägen negativ gegenüber, indem sie anführen, dass Atomstrom weder billig noch sauber sei. Das Argument vom billigen Atomstrom sei nicht haltbar, da die Kosten des Rückbaus von Atomkraftwerken sowie die Kosten von Störfällen nicht kalkulierbar seien. Ein Kostenvergleich mit anderen Energieträgern sei gar nicht möglich, da die Frage der Endlagerung nicht geklärt ist und somit ein wesentlicher Teil der Kosten gar nicht erfasst werden könne. Massive Investitionen in die Atomenergie würden die dringend notwendigen Investitionen in Energieeffizienz und in erneuerbare Energien verzögern. Die Liste der Standpunkte der Atomenergie-Befürworter und -Gegner ist lang. Die Frage, ob Atomstrom unverzichtbar ist oder nicht, ist letztlich eine politische bzw. eine wirtschaftliche Frage und muss für jedes Land einzeln beantwortet werden. Wenn Länder, wie Deutschland den Ausstieg aus der Kernenergie schaffen, sollte es auch für andere Länder möglich sein, ohne Atomstrom auszukommen. Diverse Studien haben ergeben, dass der weltweite Stromverbrauch auch ohne Atomstrom abgedeckt werden kann, wenn von der Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden, wie zum Beispiel gesetzliche Richtlinien für die Steigerung der Energieeffizienz und die Förderung von Investitionen in erneuerbare Energien. Je stärker die Abhängigkeit von Atomstrom in einem Land ist, desto schwieriger gestaltet sich ein Ausstiegsszenario und ist wohl nur über einen sehr langen Zeitraum zu bewerkstelligen. Länder, die sehr stark vom Atomstrom abhängig sind, verfügen oft über hochentwickelte Technologien zur Errichtung von Kernkraftwerken, die sie nicht nur im eigenen Land nutzen, sondern auch an andere Länder weiterverkaufen. Ein Ausstieg aus der Kernenergie würde so große wirtschaftliche Nachteile mit sich bringen, da wichtige, vor allem kapitalintensive Industriezweige im Land aufgelassen werden müssten, Technologietransfer und Exporte negativ davon betroffen wären und Arbeitsplätze verlorengingen. Ein Atomausstieg auf globaler Ebene wäre zwar langfristig möglich, erscheint aber unwahrscheinlich. Aus heutiger Sicht kann man davon ausgehen, dass der Anteil von Atomstrom an der Stromerzeugung weltweit weiter zunehmen wird, wie die diversen Prognosen aufzeigen. 100
Welche Rolle spielen internationale Ölgesellschaften im Energiesektor? Über weite Strecken des 20. Jahrhunderts wurden die Erdölmärkte von einigen wenigen Erdölgesellschaften beherrscht, die eine weitgehende Oligopol-Stellung innehatten. Erst mit der Nationalisierung der Erdölindustrie und der Gründung Nationaler Ölgesellschaften in den wichtigsten Produzentenländern in den 1970er Jahren, sowie der Gründung der OPEC1 wurde die Oligopol-Stellung der Ölmultis im Erdölsektor gebrochen. Auch der wirtschaftliche Aufschwung nationaler Ölgesellschaften in einigen wichtigen Erdölkonsumentenländern, wie zum Beispiel in Frankreich (CFP wurde später privatisiert und in TOTAL SA umgewandelt) und Italien (Eni) rüttelte an der Oligopol-Stellung der Ölmultis. Trotzdem gehören sie auch heute noch zu den weltweit größten und mächtigsten Konzernen. Welche Rolle spielen sie heute im Energiesektor? Als Ende des 19. Jahrhunderts in den USA und Anfang des 20. Jahrhunderts im Mittleren Osten erstmals Erdöl in kommerziellem Maße gefördert wurde, kam es zur Gründung internationaler Erdölgesellschaften (IOCs). Firmen, wie Exxon, Mobil, Shell und BP waren bereits damals im Erdölsektor tätig, wenn auch teilweise unter anderem Namen. Da Erdöl einer der wichtigsten und meistverwendeten Rohstoffe ist - einerseits als Treibstoff im Transport und als Brennstoff in der Wärmeerzeugung und andererseits als Rohstoff in der Chemieindustrie -, gehört die Erdöl- und Gasindustrie zu den wichtigsten und vor allem auch zu den kapitalintensivsten Wirtschaftszweigen. Seit dem Beginn der kommerziellen Erdölförderung spielten einige wenige Ölgesellschaften die dominierende Rolle in der Erdölindustrie. Sie verfügten über die Reserven, waren zuständig für die Exploration, die Förderung, die Lagerhaltung und den Vertrieb; ihnen gehörten die Öltanker, welche das Erdöl in alle Welt brachten, sie verkauften die Produkte aus Erdöl (Benzin, Diesel, Heizöl etc.) und nicht zuletzt bestimmten sie den Preis. Die Länder, in denen die Erdölvorkommen waren, bekamen lediglich einen bestimmten Anteil an Steuern für das geförderte Erdöl, welcher von den IOCs einseitig bestimmt wurde. Im Jahr 1928 trafen sich die Chefs der sieben führenden Erdölkonzerne, genannt die „Seven Sisters“2 und teilten im Abkommen von 1 Die OPEC (Organisation Erdöl-exportierender Länder) wurde 1960 in Bagdad gegründet mit dem Ziel den Produzentenländern mehr Recht über ihre Ressourcen zu erlangen 2 Die Gruppe inkludierte folgende sieben Erdölkonzerne: die Anglo-Persian Oil Company (jetzt BP); Gulf Oil, Standard Oil of California (SoCal), Texaco (jetzt Chevron); Royal Dutch Shell; Standard Oil of New Jersey (Esso) and Standard Oil Company of New York (Socony) (jetzt ExxonMobil).
101
Achnacarry die Einflusssphären und Produktionsgebiete untereinander auf, ohne die Regierungen oder gar die Völker der betroffenen Regionen im Mittleren Osten mit einzubeziehen. Fortan beherrschten diese Ölkonzerne den Erdölmarkt bis in die Mitte der 1970er. Der Begriff „Seven Sisters“ soll auf den italienischen Eni-Manager Enrico Mattei 3 zurückgehen. Von den damals sieben führenden Ölkonzernen existieren heute noch vier – ExxonMobil, Chevron, Royal Dutch Shell und BP - und sie zählen auch heute noch zu den größten und mächtigsten Erdölkonzernen und rangieren auch unter den 20 weltgrößten Konzernen (siehe Tabelle 4).
Die Ölkonzerne ExxonMobil, Chevron, Shell, BP hat es schon vor 1900 gegeben, wenn auch zum Teil unter anderem Namen. Diese vier Konzerne zusammen mit Total und ConocoPhillips werden oft als die Super Majors im Erdölgeschäft bezeichnet. Neben diesen Ölgesellschaften gibt es noch viele andere internationale oder nationale Erdölgesellschaften, wie Aramco aus Saudi Arabien, CNPC und SINOPEC aus China, Gazprom (Russland), Eni (Italien) und viele mehr, die im Erdöl- und Gasgeschäft eine wichtige Rolle spielen. 1960 wurde in Bagdad die OPEC 4 gegründet mit dem Ziel, dass die Mitgliedsländer die volle Souveränität über Ihre Erdölvorkommen erlangen. Im ersten Jahrzehnt ihres Bestands wurde die OPEC kaum beachtet, erst in den 1970er Jahren erlangte sie internationalen Einfluss, als die Mitgliedsländer die Petroleumindustrie verstaatlichten und als sie im Jahre 1973 zum ersten Mal bei der Erdölpreisgestaltung mitwirkten. In den 1970er Jahren kam es zu einer Welle von Nationalisierungen und Enteignungen im Erdölsektor in den ölreichen Ländern des Mittleren Ostens und in anderen ölreichen Regionen. Parallel dazu wurden nationale Ölgesellschaften gegründet, die zum Teil die Aufgabenbereiche der Internationalen Ölkonzerne (IOCs) übernahmen. Es kam zu einer grundlegenden Veränderung im internationalen Erdölsektor. Die internationalen Ölmultis konnten fortan nicht mehr einseitig den Ölpreis bestimmen und konnten auch nicht mehr über die Reserven verfügen, da diese nun von den Ländern, in denen das Erdöl vorkam, als ihr Eigentum verwaltet wurde. Es gab verschiedene Gründe, 3 Enrico Mattei reorganisierte und vergrößerte nach dem 2. Weltkrieg die Italienische Erdölgesellschaft Eni. Es gelang ihm wichtige Erdölkonzessionen im Mittleren Osten auszuhandeln und ein wichtiges Handelsabkommen mit der Sowjetunion abzuschließen, was auch dazu beitrug, die Oligopolstellung der „Seven Sisters“ zu schwächen. Er war es auch, der sehr zum Unmut der „Seven Sisters“. den Produzentenländern einen höheren Profitanteil an der Erdölförderung zukommen ließ. 4 Die Gründerländer der OPEC waren Saudi Arabien, Iran, Irak, Kuwait und Venezuela. Inzwischen hat die OPEC noch weitere sieben Mitgliedsländer: Algerien, Angola, Nigeria, Libyen, Katar, Vereinigten Arabische Emirate und Ecuador.
102
weshalb die Erdölländer die bis dahin geltenden Verträge („concession agreements“) mit den IOCs einseitig veränderten. Ein Hauptgrund war, dass sie über die Rohstoffvorkommen in ihren Ländern selbst bestimmen wollten. Zudem kam es in den 1970er und 1980er Jahren zu stark steigenden Erdölpreisen, wobei die Länder auch ihren gerechten Anteil einforderten. Anstelle der „concession agreements“, bei denen die Verhandlungsmacht einseitig zugunsten der Investoren, nämlich der IOCs verteilt war, entwickelten sich neue Vertragsformen, bei denen die IOCs in Kooperation mit den Nationalen Ölgesellschaften (NOCs) die diversen Tätigkeiten im Erdölsektor durchführten und wo vor allem die NOCs und die IOCs gleichwertige Partner wurden. Es entwickelten sich vier typische Vertragsformen 5 zwischen den Investoren (IOCs) und den Produzentenländern bzw. den NOCs, die bis heute Anwendung finden. Die Verhandlungsmacht der Produzentenländer ist umso stärker, je größer die Erdöl-Reserven und die Erdölproduktion bzw. die Erdölexporte des jeweiligen Landes sind. Graph 1 Anteil der Nationalen Ölgesellschaften (NOCs) und Internationalen Ölgesellschaften (IOCs) an der weltweiten Erdöl- und Gas-Industrie Quelle: EIG Petroleum Intelligence Weekly (PIW) ranking of the world‘s top 50 oil companies, November 2013. Die Daten beziehen sich auf das Jahr 2012. (%) 100 90
Nationale Ölgesellschaften (NOCs)
Internationale Ölgesellschaften (IOCs)
80 70 60 50 40 30 20 10 0
Erdöl Produktion
Gas Produktion
Erdöl Reserven
Gas Reserven
Produkte Verkauf
Raffinerie Kapazität (Destillation)
Außerdem spielt es eine Rolle, über welches technische Knowhow die NOCs verfügen und nicht zuletzt hängt es von den finanziellen Ressourcen des Landes ab, wie viel Verhandlungsspielraum für sie gegeben ist. Investitionen im Erdöl- und Gassektor sind sehr kapitalintensiv und viele Länder haben nicht die entsprechenden finanziellen Ressourcen und sind daher auf Investitionen der IOCs angewiesen. Zudem ist sehr oft ein spezielles technisches Knowhow erforderlich, um Erdöl und -gas zu fördern, welches nur die Ölmultis haben. Auch in diesem Falle ist eine Zusammenarbeit mit den IOCs notwendig. Seit Erdgas im Energiesektor an Bedeutung gewonnen hat, sind die Ölmultis auch im Gassektor stark vertreten. Während bis in die 1970er Jahre der Großteil der weltweiten Ölförderung in den Händen der Ölmultis lag, beträgt ihr Anteil an der weltweiten Ölförderung heute nur noch circa 20 Prozent, bei Gas ist der Prozentsatz etwas höher. Den weitaus größeren 5 “modern concession contracts“, „Produktion sharing agreements“, „joint ventures“ and „service agreements“.
103
Anteil an der weltweiten Ölförderung haben die Nationalen Ölgesellschaften (NOCs) der erdölexportierenden Länder. Die IOCs verfügen nur mehr über etwa als 5 % der weltweiten Ölund Gasreserven. Beim Verkauf von Petroleumprodukten liegt der Anteil der IOCs immer noch bei über 30% und im Raffineriesektor bei etwas über 20%. Grundsätzlich lassen sich Ölkonzerne in zwei Gruppen aufteilen, die privaten, börsennotierten Konzerne und die staatlich kontrollierten Erdölfördergesellschaften. Während in den USA und in Großbritannien die Erdölgesellschaften traditionell schon immer private, börsennotierte Konzerne waren, blieben diese in Kontinentaleuropa bis in die 80er und 90er Jahre meist unter staatlicher Kontrolle und wurden erst in den letzten Jahrzehnten größtenteils privatisiert (Beispiel Total in Frankreich, Eni in Italien). In praktisch sämtlichen erdölexportierenden Ländern hingegen stehen die Erdölfördergesellschaften unter staatlicher Kontrolle (Beispiel Aramco in Saudi Arabien, PDVSA in Venezuela). Tabelle 1 Die 10 weltweit größten Ölgesellschaftten Saudi Aramco
NIOC
ExxonMobil
CNPC
PDVSA
BP
Royal Dutch Shell Gazprom
Chevron
Total
Groß Niederlande Russland USA Frankreich britannien Quelle: EIG-Petroleum Intelligence Weekly (PIW) Ranking of the world top 50 oil companies, November 2013. Die Daten beziehen sich auf das Jahr 2012. Folgende Sektoren der Erdöl-Gasindustrie wurden für den Vergleich herangezogen. Öl und Gasproduktion, Öl- und Gasreserven, Produktverkauf und Raffineriekapazität. Saudi Arabien
Iran
USA
China
Venezuela
Wenn man sich die 10 weltgrößten Ölgesellschaften anschaut, so finden sich darunter sowohl nationale Gesellschaften der erdölexportierenden Länder (z. B. Saudi Aramco), staatliche Gesellschaften großer Konsumentenländer (z.B. CNPC China) als auch die großen internationalen Ölmultis. Verglichen mit der Zeit vor 1970, wo lediglich die internationalen Ölmultis den Erdölsektor beherrschten, hat sich die Struktur am Erdölmarkt jedoch grundlegend verändert.
Tabelle 2
Quelle: EIG- Petroleum Intelligence Weekly (PIW) Ranking of the world‘s top 50 oil companies, November 2013. Die Daten beziehen sich auf das Jahr 2012. Die 5 größten Erdölproduzenten Die 5 größten Gasproduzenten Name
Land
1000 Barrels/Tag
Name
Land
Saudi Aramco
Saudi Arabien
9.988
Gazprom
Russland
NIOC
Iran
3.680
NIOC
Iran
Mill. Kubikfuss/Tag 47.050 15.486
KPC
Kuwait
3.145
ExxonMobil
USA
12.322
CNPC
China
3.050
Saudi Aramco
Saudi Arabien
10.700
INOC*
Irak
2.942
QP
Katar
9.880
*INOC Iraki National Oil Comapny existiert nicht mehr. Sie wird als Proxy für die Staatsholding angeführt.
Bei der Erdölförderung sind vier nationale Erdölgesellschaften von erdölexportierenden Ländern unter den ersten Fünf, an erster Stelle rangiert die saudische nationale Ölgesellschaft Saudi Aramco mit einem Produktionsvolumen von fast 10 Mil104
lionen Barrels pro Tag gefolgt von der Iranischen Gesellschaft NIOC mit einer Produktion von 3,7 Millionen Barrels pro Tag. Bemerkenswert ist, dass sich auch eine chinesische nationale Ölgesellschaft, nämlich die CNPC unter den Top Erdölproduzenten befindet. Einerseits produziert China mehr als 4 Millionen Barrels Erdöl pro Tag im eigenen Land, andererseits versucht das energiehungrige Land sich in diversen Ländern durch Beteiligungen Anteile an der Erdölförderung zu sichern. Bei der Gasproduktion liegt die russische staatliche Gasgesellschaft Gazprom mit 47 Millionen Kubikfuß pro Tag an erster Stelle, gefolgt von der Iranischen NIOC, während ExxonMobil auf Platz 3 liegt. Beim Verkauf der Petroleumprodukte sind immer noch die Ölmultis führend und belegen weltweit vier Plätze unter den ersten fünf. Auf Platz vier kommt die chinesische Ölgesellschaft Sinopec. Im Raffineriesektor zeigt sich ein diversifiziertes Bild. An vorderster Stelle liegt ExxonMobil mit einer Raffineriekapazität 6 von über 5 Millionen Barrels pro Tag, gefolgt von den beiden chinesischen staatlichen Ölgesellschaften Sinopec und CNPC. Shell liegt an vierter Stelle vor der Venezuelanischen staatlichen Ölgesellschaft PDV. Zusammenfassend kann man sagen, dass bei der Erdöl- und Gasförderung die nationalen Gesellschaften der exportierenden Länder eine maßgebliche Rolle spielen, während beim Verkauf der Petroleumprodukte und auch im Raffineriesektor die Ölmultis immer noch sehr stark vertreten sind. Die zunehmende Bedeutung chinesischer staatliche Ölgesellschaften, sowohl bei der Erdölförderung, als auch im Verkauf der Petroleumprodukte, aber vor allem im Raffineriesektor ist nicht zu übersehen. Tabelle 3 Die 5 größten Konzerne im Produktgeschäft 1000 Name Land Barrels/Tag Royal Dutch Shell Niederlande 6.235
Die 5 größten Raffineriegesellschaften Mill. Name Land Kubikfuß/Tag ExxonMobil USA 5.375
ExxonMobil
Sinopec
China China
USA
6.174
5.239
BP
Großbritannien
5.657
CNPC
Sinopec
China
3.548
Royal Dutch Shell Niederlande
3.360
Total
Frankreich
3.403
PDV
2.822
Venezuela
4.421
Quelle: EIG- Petroleum Intelligence Weekly (PIW) Ranking of the world‘s top 50 oil companies, November 2013. Die Daten beziehen sich auf das Jahr 2012. Die immer noch wichtige Rolle der internationalen Ölmultis im Energiesektor basiert auf folgenden Fakten: zum einen verfügen diese Konzerne über eine lange Erfahrung und über eine teils konkurrenzlose technologischen Expertise, die sie bei vielen schwierigen Projekten, wie zum Beispiel bei der Öl- und Gasförderung in Arktischen Regionen oder in Tiefseeregionen unersetzlich machen. Zum anderen können sie aufgrund ihrer enormen finanziellen Ressourcen Investitionen tätigen, die für viele nationale Ölgesellschaften nicht möglich sind. Eine andere wichtige Voraussetzung für die immer noch führende Rolle der Ölkonzerne im Energiesektor ist die breite Palette an Tätigkeitsfeldern, in denen sie tätig sind. Vor allem bei der Erschließung der nicht-konventionellen fossilen Energieformen, 6 Die Raffineriekapazität bezieht sich auch die Destillationskapazität
105
wie Schiefergas und Schieferöl sind die Ölmultis an vorderster Linie. Auch im Forschungsbereich und in der Entwicklung neuer Technologien im Energiesektor und in der Petrochemischen und Chemischen Industrie spielen die Ölmultis eine dominante Rolle. So wurde zum Beispiel das Verfahren aus Gas LNG (verflüssigtes Gas) herzustellen und flüssige Produkte, wie Benzin oder Diesel aus Gas herzustellen von Shell entwickelt. Auch im Bereich der Erneuerbaren Energien haben die Ölmultis enorme Investitionen getätigt. Fazit ist, dass die Ölmultis im Erdölund Gassektor immer noch eine sehr wichtige Rolle spielen und man davon ausgehen kann, dass sie auch in der Zukunft ihre enorme Bedeutung beibehalten werden. Tabelle 4 Die weltweit 10 größten Konzerne (gemessen am Umsatzerlös) 2013 Konzern 1
Walmart
2 Royal Dutch Shell
Land USA Niederlande Großbritannien
Sektor
Umsatzerlös
Handel
$ 476,3 billion
Erdöl/Gas
$ 459,6 billion
3 Sinoppec
China
Erdöl/Gas
$ 457,2 billion
4 China National Petroleum Corporation
China
Erdöl/Gas
$ 432,0 billion
5 ExxonMobil
USA
Erdöl/Gas
$ 407,7 billion
6 BP
Großbritannien
Erdöl/Gas
$ 396,2 billion
7 State Grid Corporation of China
China
Stromsektor
$ 333,4 billion
8 Volkswagen
Deutschland
Auto
$ 261,5 billion
9 Toyota
Japan
Auto
$ 256,5 billion
10 Glencore
Schweiz
Rohstoffe
$ 232,7 billion
Quelle: Fortune Magazin 7 Juli 2014 Wie aus Tabelle 4 ersichtlich ist, gehören die Erdöl/ Gas Gesellschaften zu den weltweit größten Konzernen. Gemessen am jährlichen Umsatzerlös sind 5 der 10 weltgrößten Konzerne im Erdöl/Gas Sektor tätig.
106
Der Europäische Gasmarkt im Umbruch Mit fast einem Viertel am Gesamtenergieverbrauch spielt Gas eine sehr wichtige Rolle in Europa1. In einigen europäischen Ländern, wie z.B. in Italien oder Großbritannien beträgt der Gasverbrauch am Gesamtenergieverbrauch sogar 36 % bzw. 33%. Europa hat einen Anteil von über 40% an den weltweiten Gasimporten. Die Gaspreise sind deshalb von zentraler Bedeutung einerseits für die europäische Wirtschaft und andererseits für die Verbraucher im privaten Sektor. Die EU hat schon in den 1990er Jahren rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen um den Gasmarkt zu liberalisieren, auch mit dem Ziel die Europäische Wirtschaft konkurrenzfähig zu erhalten und für die Endverbraucher niedrigere Preise zu gewährleisten. Was sind die Auswirkungen dieses Liberalisierungsprozesses und welche anderen Faktoren haben in den vergangen Jahren dazu beigetragen, dass es bei der Gaspreisbildung zu beträchtlichen Veränderungen gekommen ist? Graph 1 Europa: Primärenergieverbrauch nach Energieträger 2013 (Anteil in %) Quelle: BP Statistical Review of the World Energy 2014 6,2 7,0 35,3
11,0
16,9
23,6 Erdöl Gas Kohle
Atomenergie Wasserkraft Erneuerbare Energie
Schon seit Anfang der 1970er Jahre konnte die Gasproduktion in Europa nicht mehr mit dem Gasverbrauch Schritt halten und Europa musste als Folge dieser Entwicklung Gas importieren. Die Gasimporte sind seit damals ständig gestiegen. In diesem Zusammenhang ist es immer wieder zur Diskussion über die Importabhängigkeit und die Energiesicherheit gekommen, da der größte Teil des importierten Gases aus nur wenigen Ländern kommt. Erst seit 2009 ist es als Folge der Wirtschaftskrise zu einem leichten Rückgang des Verbrauchs und entsprechend auch zu sinkenden Gasimporten gekommen (siehe Graph 2 und Graph 3).
1 Europa inkludiert die Europäischen OECD-Länder
107
Graph 2 Europa: Gasproduktion und Gasverbrauch Quelle: Internationale Energiebehörde (Millionen m3) 600000
Verbrauch
Produktion
500000 400000 300000 200000 100000
2013
2011
2009
2007
2005
2003
2001
1999
1997
1995
1993
1991
1989
1987
1985
1983
1981
1979
1977
1975
1973
1971
0
Der größte Teil des importierten Gases wird über Pipelines nach Europa importiert, jedoch ist der Anteil an LNG 2 -Importen in den vergangen Jahren stark gewachsen. Das wichtigste Land ,aus dem Gas importiert wird, ist Russland mit einem Anteil von 32,7% im Jahre 2013, gefolgt von Norwegen mit 20,2%, den Niederlanden mit 11,6% und Algerien mit 6,6%. LNG-Importe machen 11,7% aus und der Anteil von PipelineImporten aus anderen Ländern beträgt 17,2%. Wenn sich auch die Anzahl der Länder vergrößert hat, so ist Europa nach wie vor stark von einigen wenigen großen Gasexportländern, allen voran Russland, abhängig. Die Gaspreise wurden seit den 1970er Jahren in langfristigen Verträgen zwischen den Exportländern und den großen Gasimporteuren, die meist im Strom- oder Energiesektor tätig sind, wie z.B. Eni und Enel in Italien, GDF Suez in Frankreich oder E.ON und RWE in Deutschland, festgelegt. Die Erlöse aus den Gaspreisen sollten einerseits dazu beitragen die Erdgasfelder zu erschließen, was durch langfristige Verträge (25 bis 35 Jahre) gewährleistet war. Die Preisgestaltung sollte außerdem gewährleisten, die Erträge für die Fördergesellschaften zu maximieren und zudem Gas konkurrenzfähig mit anderen Energieformen zu machen. In den 1970er Jahren waren das vor allem Erdölprodukte wie Schweröl und leichtes Heizöl, deshalb wurden die Gaspreise an die Erdölpreise gekoppelt. Diese Art der Preisbindung hat sich in Europa bis in die Gegenwart gehalten, allerdings wird Gas seit einigen Jahren auch auf Basis von Spot- oder Marktpreisen gehandelt. Inzwischen ist vor allem im Elektrizitätsgewinnungssektor Kohle ein Konkurrenzprodukt zu Gas und nicht mehr Erdölprodukte. Deshalb argumentieren viele Analysten, dass es sinnvoller sei, die Gaspreise an die Kohlepreise zu koppeln.
2 LNG ist verflüssigtes Gas. Es wird in einer Gasverflüssigungsanlage auf -164 °C abgekühlt und unter atmosphärischem Druck verflüssigt, so dass das ursprüngliche Volumen des Erdgases auf ein Sechshundertstel reduziert wird. LNG wird dann in LNG-Tankern transportiert. Im Importland wird das Gas in speziellen LNG-Terminals wieder in seinen gasförmigen Zustand zurückversetzt bevor es in die Verteilerpipelines eingespeist wird.
108
Graph 3 Europa: Gasimporte 1990-2013 Quelle: Internationle Energieagentur (Millionen m3) 500000
Algerien Niederlande Norvegen
450000
Anteil in % 2013
Russland Rest pipeline Gas LNG
11,7 %
400000 17,2 %
350000 300000 250000
32,7 %
200000 150000
20,2 %
100000 50000
11,6 % 2013
2011
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
1994
1993
1992
1991
1990
2012
6,6 %
0
Im Unterschied zu Erdöl gibt es keinen globalen Gasmarkt, sondern regionale Märkte, wobei die wichtigsten drei Märkte der US-, der Europäische und der Asiatische Markt sowie vor allem der Japanische Markt sind. Der Hauptgrund für das Fehlen eines globalen Marktes ist darin zu sehen, dass Gas im Unterschied zu Erdöl hinsichtlich seines Transportes nicht so flexibel ist wie Erdöl. Gas wird zu einem großen Teil über regionale Pipelines befördert. Allerdings hat der Transport mittels LNG-Tanker stark zugenommen und wird laut neuesten Prognosen in Zukunft weiter zunehmen. Das könnte mittel- bis langfristig in Richtung einer Globalisierung der Gasmärkte führen. Die Preisgestaltung ist in den verschiedenen Regionen sehr unterschiedlich.
Graph 4
Gaspreise in verschiedenen Regionen und Erdölpreis Fonte: BP Statistical Review of the World Energy 2014 (US$/mmbtu)
(US$/Barrel)
20
120 Japan: LNG Preis
16
100
Deutschland: Gas Importpreis*1
80
UK: NBP Preis *2
12
60
USA: Henry Hub Spot Preis *3
8
40
Erdölpreis (Brent)
2014*
2013
2012
2011
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
0 1998
0 1997
20
1996
4
* Durchschnitt Jan-Okt *1 Preise basiered auf Verträgen, die an den Erdölpreis gekoppelt sind *2 NBP Preis richtet sich nach Angebot und Nachfrage *3 Henry Hub ist der wichtigste Gas Hub in den USA
Bis Mitte des vergangenen Jahrzehnts zeigten die Preise in den USA, in Europa und in Japan einen ähnlichen Verlauf und folgten dem Trend der Erdölpreise. Seit Mitte des vergangenen Jahr109
zehnts kam es jedoch zu einer divergierenden Entwicklung der Gaspreise in den verschiedenen Regionen (siehe Graph 4). Als Folge der steigenden Schiefergasproduktion sanken die Gaspreise in den USA stark und folgten nicht mehr dem Trend der Erdölpreise. Der amerikanische Gasmarkt ist vollständig liberalisiert und die Gaspreise bilden sich nach den Marktgegebenheiten basierend auf Angebot und Nachfrage. Gas kostet in den USA nur ungefähr die Hälfte wie in Europa und macht nicht einmal ein Drittel der LNG-Preise in Japan aus. Als Folge der steigenden Erdölpreise kam es in den vergangenen 10 Jahren bei den an das Erdöl gekoppelten Gaspreisen zu massiven Preissteigerungen.
Abbildung 1
Europa: Die wichtigsten Gas Hubs und Gasimport-Ströme
Norwegen
NBP
TTF Niederlande
GASPL Russland
ZBR NCG
PEGN
CEGH
PEGS
LNG Importe aus Katar, Algerien, Oman, Nigeria, Ägypten etc.
PSV
Algerien
Libyen
Der Liberalisierungsprozess des Gasmarktes nahm in Großbritannien bereits in den 1990er Jahren seinen Anfang. 1996 kam es zur Gründung des NBP (National Balancing Point) einem sogenannten „Gas Hub“3 , an welchem Gas gehandelt wird, wobei sich die Preise nach Angebot und Nachfrage richten. Im vergangenen Jahrzehnt wurden auch in anderen Europäischen Ländern Gas-Hubs gegründet. Vor allem die Nordwesteuropäischen Hubs sind durch Pipelines miteinander verbunden, was 3 Ein Gas „Hub“ ist ein virtueller Transaktionspunkt, an dem Gas gehandelt wird. Hierbei bilden sich die Preise nach Angebot und Nachfrage. Die Marktteilnehmer an den Hubs sind LNG- und Pipeline-Gas-Anbieter, große Elektrizitätsgesellschaften oder große Industriebetriebe, die Gas benötigen, aber auch Finanzinvestoren, die Hedgegeschäfte abschließen. An den GasHubs wird Gas wie an einer Börse gehandelt. Neben Spotgeschäften, werden an den Hubs auch „Futures“-Geschäfte abgewickelt.
110
einen Handel zwischen den einzelnen Hubs ermöglicht. Der Gashandel an den Europäischen Hubs hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. An erster Stelle steht der britische Gas Hub NBP, gefolgt von TTF in den Niederlanden. 2013 kam es in Folge sinkender Nachfrage zu einer Verringerung des gehandelten Volumens. Laut neuesten Zahlen kann im Jahre 2014 wieder mit einem Anstieg an den meisten Europäischen Hubs gerechnet werden. Graph 5 Schätzung der gehandelten Gasmengen an den Europäischen Gas-Hubs Quelle: GDF Suez Trading TWh 35000 30000 25000 20000
CEGH PEGs PSV NCG Gaspool TTF Zeebrugge NBP
15000 10000 5000 0 2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
Der Preis, zu dem an den Hubs gehandelt wird, richtet sich nach Angebot und Nachfrage. Als Folge der Schiefergasrevolution nahm die Gasproduktion in den USA stark zu und die Gaspreise sanken. Zudem wurde nun LNG, das ursprünglich in die USA exportiert werden sollte, nach Europa exportiert und zwar zu wesentlich niedrigeren Markt- oder Spotpreisen als die vertraglich festgelegten Preise. Als Folge der Wirtschaftskrise kam es zu einem Rückgang des Gasverbrauchs in Europa, was sich entsprechend auf die Preise an den Hubs auswirkte. Fazit war, dass die Hub-Preise und die Vertragspreise immer mehr auseinanderklafften. Die großen Gasimporteure erlitten infolge der sehr hohen, an den Erdölpries gekoppelten Vertragspreise, hohe finanzielle Einbußen, da sie das Gas zu Marktpreisen an die Endverbraucher weiterverkaufen mussten. Sie versuchten die Verträge mit den Gas-Exportländern neu zu verhandeln mit dem Ziel, die Gaspreise nicht mehr an die Erdölpreise zu koppeln, sondern Marktpreise als Basis für die Gaspreisbildung heran zuziehen. Auch die EU machte Druck, um die Gaspreise konkurrenzfähiger zu machen und so einerseits die Europäische Wirtschaft zu stärken und andererseits den Endverbrauchern im Strom- und Heizungssektor niedrigere Preise zu gewährleisten. Durch die niedrigen Gaspreise hatten amerikanische Firmen, die in energieintensiven Sektoren tätig waren, wie z. B. im Stahlsektor oder im Chemiesektor, einen großen Vorteil gegenüber den Europäischen Firmen. Zusätzlich gab es infolge niedriger Kohlepreise im Elektrizitätsgewin111
nungssektor starken Konkurrenzdruck auf die Gaspreise Die Niederländischen Gasgesellschaften und Statoil (Norwegen) waren als erste bereit, neue Gaslieferverträge auszuhandeln oder die bestehenden Verträge zu adaptieren, und die Erdölpreise nur mehr teilweise oder überhaupt nicht mehr als Basis zur Gaspreisbildung heran zu ziehen. Inzwischen hat auch Russland einige Verträge neuverhandelt und Marktpreise als Basis der Preisbildung akzeptiert oder zumindest niedrigere Gaspreise angeboten.
Graph 6
Entwicklung der Gaspreisbildung in Europa: 2005-2013 Quelle: IGU - Wholesale Gas Price Survey 2014 OPE= Preis ist an den Erdölpreis gekoppelt GOG = Marktpreise basierend auf Angebot und Nachfrage 90% 90% Europa Nordwest Europa Mittelmeer Region 100% 80% 80% 70%
70%
60%
60%
50%
50%
40%
40%
30%
30%
20%
20%
10%
10%
0%
OPE
GOG
0%
80%
60%
40%
20%
OPE
GOG
0%
2005 2007 2009 2010 2012 2013 Wie aus Graph 6 ersichtlich, ist der Anteil der Gaspreise, die sich an den Marktpreisen orientieren von circa 15% im Jahre 2005 auf über 50% im Jahre 2013 gestiegen und parallel dazu hat sich der Anteil der Gaspreise, die an den Erdölpreis gekoppelt sind, von über 75% im Jahre 2015 auf weniger als 50% verringert. In Nordwesteuropa spielen Marktpreise mit circa 80% eine weit größere Rolle als in den Mittelmeerländern. Ein Grund dafür ist, dass die Liberalisierung der Gasmärkte in Nordwest-Europa viel weiter fortgeschritten ist und die GasHubs eine viel stärkere Rolle spielen als im Süden. Es sei hier darauf hingewiesen, dass der Gasmarktpreis nicht immer niedriger sein muss als der an den Erdölpreis gekoppelte Vertragspreis. In Zeiten sehr niedriger Erdölpreise kann der Marktpreis auch über dem Vertragspreis liegen (siehe Graph 4). Es ist zu erwarten, dass in Zukunft noch mehr Verträge auf Basis von Marktpreisen abgeschlossen werden. Viele Analysten gehen jedoch davon aus, dass ein Teil des importierten Gases auch in Zukunft auf Basis langfristiger Verträge und unter Zugrundelegung einer Koppelung an den Erdölpreis oder vielleicht auch an Kohlepreise abgeschlossen werden. Ein wichtiger Vorteil langfristiger Lieferverträge besteht darin, dass sie einerseits mehr Liefersicherheit für die importierenden Firmen bieten und andererseits für die Exportländer eine längerfristige Planung der Investitionen möglich machen. Ein wichtiger Punkt, der in Gasliefer-Verträgen mehr berücksichtigt werden sollte, ist die Gewährung einer größeren Flexibilität der Gaspreise durch Berücksichtigung der jeweiligen Angebots- und Nachfrage-Situation am Gasmarkt. 112
OPE
GOG
Die Energiewende Der Begriff Energiewende wird seit einigen Jahren immer wieder in den Medien erwähnt. Das deutsche Wort Energiewende ist sogar in die englische Sprache eingeflossen und renommierte Zeitschriften, wie die New York Times und der Economist benutzen es mittlerweile, wenn von Deutschlands ehrgeizigem Plan die Rede ist, auf eine Wirtschaft umzustellen, die auf erneuerbarer, nicht-nuklearer Energie basiert. Was sind die Ziele der Energiewende in Deutschland, welche Herausforderungen und Hürden ergeben sich für die Umsetzung der Ziele der Energiewende? Die Energiewende bezeichnet den Umstieg der Energieversorgung von fossilen Brennstoffen und Kernbrennstoffen auf erneuerbare Energien. Das Ziel der Energiewende in Deutschland ist, bis zum Jahr 2050 die benötigte Energie hauptsächlich aus regenerativen Quellen, wie Wind- und Wasserkraft, Sonnenenergie, Geothermie oder nachwachsenden Rohstoffen zu beziehen. Zusätzlich soll durch sparsame und effiziente Nutzung der Energie der Energieverbrauch verringert werden. Eine wichtige Motivation der Energiewende sind die immer stärker zu Tage tretenden ökologischen und sozialen Probleme, die durch die Nutzung fossiler und nuklearer Energieträger entstehen. Da ist einerseits die Umweltbelastung durch die Verbrennung fossiler Energieträger, insbesondere durch die Emission von Treibhausgasen und der damit einhergehenden globalen Erwärmung und andererseits die ungeklärte Frage 113
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Solarzellen
Windenergie
Geothermie
Energie aus Ozeanwellen
Energie aus Biomasse
Biobrennstoffe aus Mais, Sonnenblumen, Raps, usw. der Endlagerung des abgebrannten Spaltmaterials sowie die Gefährdung der Bevölkerung bei Störfällen in Kernkraftwerken (Beispiel Fukushima). Aus energiewirtschaftlicher Sicht spielt die Begrenztheit der fossil-nuklearen Energieträger, die nur für eine begrenzte Zeit (je nach Energieträger wenige Jahrzehnte bis Jahrhunderte) verfügbar sind, eine wichtige Rolle. Die Tendenz weg von fossilen Energieträgern und hin zu Erneuerbaren Energien ist mittlerweile in vielen Ländern der Welt im Gang. Doch Deutschland geht mit seinem Konzept der Energiewende einen viel ehrgeizigeren und radikaleren Weg. Diesem Vorhaben wird international große Bedeutung beigemessen, da Deutschland innerhalb der EU die größte Wirtschaftsmacht ist und auch weltweit zu den 5 größten Wirtschaftsmächten zählt.
114
Tabelle 1 Status quo und quantitative Ziele der Energiewende Quelle: Zweiter Monitoring Bericht: "Energie der Zukunft" Bundesministerium für Wirtschaft und Energie März 2014 Kategorie
2011
2012
-25,6%
-24,7%
2050 2020
2030
2040
2050
mindestens
mindestens
mindestens
mindestens
-40%
-55%
-70%
-80% bis -95%
Treibhausgasemissionen Treibhausgasemissionen (gegenüber 1990) Erneuerbare Energien Anteil am Bruttostrom-Verbrauch Anteil am Bruttoenergie-Verbrauch Effizienz Primärenergieverbrauch (gegenüber 2008) Bruttostromverbrauch (gegenüber 2008) Anteil der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Koppelung
20,4%
23,6%
mindestens 35%
mindestens 50% (2025: 40-50%)
mindestens 65% (2035: 55-60%)
mindestens 80%
11,5%
12,4%
18%
30%
45%
60%
-5,4%
-4,3%
-20%
-50%
-1,8%
-1,9%
-10%
-25%
17,0%
17,3%
25%
1.7% pro Jahr 1.1% pro Jahr 2.1% pro Jahr (2008-2011) (2008-2012) (2008-2050)
Energieproduktivität Gebäudebestand Primärenergiebedarf
-
-
-
in der Größenordnung von -80%
Wärmebedarf
-
-
-20%
-
rund 1%
rund 1%
-0,7%
-0,6%
-10%
6547
10078
1 Million
Sanierungsrate Verkehrsbereich Energieverbrauch (gegenüber 2005) Anzahl Elektrofahrzeuge
Verdoppelung von 2% pro Jahr -40% 6 Millionen
-
Was sind die Gründe, dass gerade Deutschland den Umstieg auf erneuerbare Energien und weg von fossilen Energieträgern und nuklearer Energie mit so viel Ehrgeiz vorantreibt? Im Unterschied zu anderen Europäischen Ländern ist in Deutschland die Förderung Erneuerbarer Energien schon seit längerer Zeit von der Politik stark gefördert worden. Zudem gibt es seit den 1970er Jahren eine starke Anti-Atombewegung. Die Partei der Grünen war seit Mitte der 1980er Jahre im Parlament vertreten und unterstützte zahlreiche Umweltgesetze, die auch die Energiebereitstellung betrafen. Deutschland verfolgt außerdem mit großem Ehrgeiz seine klimapolitischen Zielsetzungen, um die Reduzierung der Treibhausemissionen gemäß dem Kyoto-Protokoll zu erreichen. Zudem findet die Energiewende bei einem großen Teil der deutschen Bevölkerung Zustimmung1. Die Energiewende verfolgt das Ziel, bis 2050 die Treibhausemissionen gegenüber 1990 auf minus 80% bis minus 90% zu senken, sowie die Nutzung der Atomenergie bis 2022 zu beenden. Zudem soll der Anteil der Erneuerbaren Energien stetig ausgebaut werden, wobei der Anteil am Bruttostromverbrauch im Jahre 2020 mindestens 35% und im Jahre 2050 mindestens 80% betragen soll. Der Anteil am Bruttoenergieverbrauch soll 2020 18% und 2050 60% betragen. Bezüglich der Steigerung der Energieeffizienz, ist das Ziel den Primärenergieverbrauch 1 Redefining the Energiewende: New German Government Coalition Issues. A Roadmap for the Nation’s Most Ambitious Domestic Energy Reform-Georgetown International Environmental Law Review. Feb. 14, 2014
115
2020 um minus 20% und 2050 um minus 50% zu senken, verglichen mit dem Primärenergieverbrauch von 2008. Auch im Gebäude- und im Verkehrsbereich sind starke Einsparungen geplant. So soll der Primärenergieverbrauch bis 2020 um 20% gesenkt werden und bis 2050 um 80% verringert werden. Bis jetzt hat die Energiewende vorwiegend im Stromsektor stattgefunden. Laut letzem Monitoring-Bericht der Bundesregierung entwickelt sich der Ausbau der Erneuerbaren Energien planmäßig, während die erwartete Verringerung der Treibhausgasemissionen sowie die Fortschritte bei der Energieeffizienz nicht erreicht werden konnten2 . Graph 1 Deutschland: Anteil Erneuerbarer Energien am Stromverbrauch Quelle: Das deutsche Energiewende Paradox: Ursachen und Herausforderungen, Agora Energiewende April 2014 (%) 30 25 20 15 10 5
2013
2012
2011
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
0
Ziel der deutschen Energiewende ist der Übergang zu einer konkurrenzfähigen und kohlenstoffarmen Wirtschaft. Eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür sind konkurrenzfähige Energiepreise. Neuesten Studien zufolge bedarf das jetzige Konzept der Energiewende dringender Reformen, damit Deutschlands Wirtschaft konkurrenzfähig bleibt. Deutschlands Strompreise gehören zu den höchsten der Welt und sind in den vergangenen Jahren, vor allem als Folge der starken Förderung erneuerbaren Energien um circa 60% gestiegen, während sie in den USA und in China um nicht einmal 10% gestiegen sind. Das bringt für die deutsche Industrie massive Nachteile, da Energiepreise eine zentrale Rolle für die Industrie spielen, vor allem für energieintensive Branchen wie dem Chemie-, Baustoff- oder Stahlsektor. Die deutsche Wirtschaft ist sehr stark exportabhängig und hat einen sehr hohen Produktionssektor. Im Jahre 2013 machten die Exporte 51% des BIP aus, verglichen mit 26% in China und nur 13% in den USA. Der Produktionssektor ist mit 21% des BIP einer der höchsten in den großen Industrieländern. Dies alles zeigt auf, wie wichtig es für die deutsche Wirtschaft ist konkurrenzfähig zu bleiben.
2 Zweiter Monitoring Bericht: Energie der Zukunft. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, März 2014
116
Graph 2 Deutschland: Stromerzeugung nach Energieträger 2013 Quelle: Statistisches Bundesamt
Braunkohle Steinkohle Erdölprodukte Sonstige
Kernenergie Gas Erneubare Energien
Wind Biomasse Hausmüll Wasserkraft Photovolaic
Diverse Studien belegen, dass die Energiewende in ihrer jetzigen Form die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft stark beeinträchtigen würde. Laut einer Studie der IHS Inc. sind die Stromkosten in Deutschland vor allem als Folge der massiven Förderung der Erneuerbaren Energien stark angestiegen. Zudem sind die CO 2-Emissionen als Folge des Ausstiegs aus der Atomenergie und der erhöhten Nutzung von Kohlekraftwerken angestiegen und haben so zu einer paradoxen Situation geführt, da es ja Ziel der Energiewende ist die Treibhausemissionen zu verringern. Ein wichtiger Reformschritt der Energiewende, um einerseits die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu wahren und andererseits die Ziele der Energiewende zu erreichen, ist die stärkere Einbeziehung von Gas in den Energiemix. So sollte die heimische Gasförderung, inklusive Schiefergas, ausgebaut werden. Das würde einerseits die Stromkosten durch billigeres Gas senken und andererseits durch den Umstieg von Kohlekraftwerken auf Gaskraftwerke die Treibhausemissionen verringern. Gas, die „sauberste“ fossile Energieform, die weit weniger Treibhausemissionen verursacht als Kohle und Erdöl, könnte die Rolle einer Brückenenergie spielen, um schrittweise die Treibhausemissionen zu verringern und schließlich eine Energieversorgung basierend auf sauberen erneuerbaren Energieträgern zu erzielen. Trotz einer Reihe notwendiger Reformen und vieler noch zu lösender Probleme ist Deutschlands Energiewende eine Initiative von globaler Bedeutung. Deutschland spielt eine wichtige Vorreiterrolle, um den schrittweisen Umstieg der Energieversorgung von fossilen Energieformen und Kernbrennstoffen auf umweltfreundliche erneuerbare Energien durchzuführen.
117
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