Artikel 3: Die Rolle der Erneuerbaren Energien im weltweiten Energiebedarf

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Die Rolle der Erneuerbaren Energien im weltweiten Energiebedarf Die Nutzung erneuerbarer Energien bietet im Vergleich zu fossilen Brennstoffen viele potenzielle Vorteile. Vor allem im Hinblick auf den Klima- und Umweltschutz sind erneuerbare Energieträger von großer Bedeutung, da sie zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen und anderen Luftschadstoffen beitragen. Die zunehmende Verwendung erneuerbarer Energien führt zudem zu einer größeren Diversifizierung der Energieversorgung und verringert so die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen (Erdöl, Erdgas und Kohle). Wie hoch ist derzeit der weltweite Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch und welche Entwicklung wird für die Zukunft prognostiziert? Zu

den

erneuerbaren

Energiequellen

zählen

Wasserkraft,

Solarenergie1,

Windenergie,

geothermische Energie, Energie aus Biomasse und Energie aus Ozeanwellen. 2

Graph 1 Weltweiter Primär-Energiebedarf nach Energieträger: Anteil in % 100% 90% 80% 70%

1 10 2 5

2 10 3 6

3 10 3 6

3 10 3 6

4 11 3 6

21

22

23

23

24

Kohle Erdöl Erdgas

60%

Atomenergie

50% 40%

31

30

29

28

27

30%

Wasserkraft Bioenergie

20% 10%

29

28

27

26

25

0%

andere erneuernbare Energien

0

2011

2020

2025

2030

2035

Quelle: IEA World Energy Outlook 2013 (New Policies Scenario)

Photovoltaik, Solarzellen zur Warmwassergewinnung und thermische Solarkraftwerke (CSP-Concentrating Solar Power). Unter Biomasse oder Bioenergie versteht man alle nicht-fossilen organischen Stoffe pflanzlichen oder tierischen Ursprungs, die als Energieträger genutzt werden. Biomasse inkludiert Brennstoffe aus Holz, Energie aus Abfall, Biodiesel (z.B. aus Raps) und Bioethanol (z.B. aus Zuckerrohr). Unter traditioneller Biomasse versteht man Holz, Holzabfälle und Holzkohle und landwirtschaftliche Rückstände wie z.B. Stroh zum Kochen und Heizen, welche heutzutage hauptsächlich in Entwicklungsländern genutzt wird. 1

2


Im Jahre 2011 betrug der Anteil der gesamten erneuerbaren Energien am weltweiten PrimärEnergiebedarf3 13%, davon entfielen 10% auf Bioenergie, 2% auf Wasserkraft und lediglich 1% auf andere erneuerbare Energien. Der hohe Anteil an Bioenergie ist eine Folge des hohen Verbrauchs an traditioneller Biomasse in den Entwicklungsländern. Laut Prognose der Internationalen Energieagentur (IEA) wird der Anteil an erneuerbarer Energie im Jahre 2035 auf 18% ansteigen. Das ist zwar immer noch ein geringer Anteil am Gesamt-Energiebedarf, aber die Tendenz hin zu erneuerbarer, umweltschonender Energie und weg von der fossilen Energie, ist evident (Graph 1). Der Verbrauch erneuerbarer Energien ohne Wasserkraft und Bioenergie, wird bis 2035 jährlich um durchschnittlich 7,4 % ansteigen, während für Erdöl und Kohle nur eine jährliche Wachstumsrate von 0,5% bzw. 0,7 % prognostiziert wird. In den industrialisierten Ländern (OECD) wird beinahe die Hälfte der erneuerbaren Energie im Stromgewinnungssektor genutzt, während weltweit 53% in privaten Haushalten, dem gewerblichen und öffentlichen Sektor verbraucht werden. Der Grund dafür ist eine weitverbreitete Nutzung von traditioneller Biomasse in den Entwicklungsländern. Mit zunehmender wirtschaftlicher Entwicklung in den Nicht-OECD Ländern ist ein ähnliches Verbrauchmuster wie in den OECD-Ländern zu erwarten.

Graph 2

3 Als Primärenergie bezeichnet man die Energie, die mit den ursprünglich vorkommenden Energieformen oder Energiequellen zur Verfügung steht, etwa als Brennstoff (z.B. Erdöl oder Erdgas), aber auch Energieträger wie Sonne, Wind oder Kernbrennstoffe. Primärenergie kann durch einen (mit Verlusten behafteten) Umwandlungsprozess in Sekundärenergie umgewandelt werden (z.B. Produkte aus Erdöl). Die wichtigste Form der Sekundärenergie ist die elektrische Energie.


In den vergangenen Jahren haben Investitionen in erneuerbare Energien einen starken Aufschwung erlebt und im Zeitraum 2005 bis 2012 eine durchschnittliche Wachstumsrate von 28% erzielt. Wie aus Graph 3 ersichtlich ist, gibt es eine starke Korrelation zwischen Investitionen in erneuerbare Energien und dem Erdölpreis. Als Folge des hohen Erdölpreises wurde die Nutzung erneuerbarer Energien rentabler und ihre Wettbewerbsfähigkeit mit fossilen Brennstoffen nahm zu. Auch staatliche Fördermaßnahme haben zum Wachstum erneuerbarer Energien wesentlich beigetragen. Zudem sind die Kosten der eingesetzten Technologien (z.B. die Herstellung von Photovoltaik-Modulen) stark gesunken. Laut IEA beliefen sich die weltweiten Subventionen für erneuerbare Energien im Jahre 2012 auf 101 Milliarden Dollar. Im Vergleich dazu betrugen die Subventionen für fossile Energien weltweit 544 Milliarden Dollar.

Graph 3 Weltweite Investitionen in Erneuerbare Energien (US$/Barrel)

(Milliarden

120 Erdölpreis

300

Investitionen in Erneuerbare Energien

100

250

80

200

60

150

40

100

20

50

0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

0

Quellen: Investitionen in Erneuerbare Energien: - 2013 Renewables Global Status Reportr Erdölpreis - BP Statistical Review of the World Energy June 2013

Die stärksten Zuwachsraten konnten in den vergangen Jahren Solar- und Windenergie verzeichnen. Im Zeitraum 2005 bis 2012 ist die weltweite Photovoltaik-Nutzung jährlich durchschnittlich um 60% gestiegen während die solarthermische Stromgewinnung im selben Zeitraum um 43% gewachsen ist. An dritter Stelle steht die Stromgewinnung aus Windenergie mit einem durchschnittlichen jährlichen Anstieg von 25%. Auch die Nutzung von Solarkollektoren zur Warmwassergewinnung und die Produktion von Biodiesel und Ethanol konnten zweistellige Wachstumsraten verzeichnen (Graph 4). Im Stromgewinnungssektor spielen erneuerbare Energien bereits jetzt eine bedeutende Rolle. Im Jahre 2012 betrug der weltweite Anteil erneuerbarer Energien im Elektrizitätssektor 21%, wobei die Wasserkraft 16% ausmachte. Betrachtet man die erneuerbaren Energien ohne Wasserkraft so


liegt die Windenergie mit 52% an erster Stelle, gefolgt von Biomasse mit 31%, Solarenergie mit 10% und Geothermie mit 7%. Wellenkraftwerke nutzen die Energie der Meereswellen zur Gewinnung elektrischen Stromes. Diese Art der Stromgewinnung steht erst am Beginn der Entwicklung und weist lediglich einen Anteil von 0,6% auf (Graph 5).

Graph 4 Durchschnittliche jährliche Wachstumsraten von Erneuerbarer Energie und Produktion von Biokraftstoffen, 2007-2012 Photovoltaik

60%

Solarthermische Stromgewinnung

43%

Strom aus Windenergie

25%

Biodiesel Produktion

17%

Solarkollektoren / Warmwassergewinnung

15%

Ethanol Produktion

11%

Strom aus Geothermie

4%

Wasserkraft

3,3% 0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

Quelle: REN21 Renewables 2013 Global Report

Graph 5

Weltweite Stromproduktion 2012

Quelle: EDF – Observatoire des energies renouvables: Worldwide electricity production from renewable energy sources 2013


Laut IEA nimmt die Wettbewerbsfähigkeit erneuerbarer Energien am Strommarkt weltweit ständig zu. Deshalb werden auch für die kommenden Jahre und Jahrzehnte hohe Wachstumsraten im Stromgewinnungssektor erwartet. Die stärksten Zuwächse werden für Strom aus Solar- und Windenergie prognostiziert (Graph 6).

Graph 6

Graph 7 Erneuerbare Energie: Weltweite Kapazitäten in der Stromerzeugung* 2012 (Gigawatt)

*ohne Wasserkraft


Betrachtet man den Anteil der erneuerbaren Energien im Elektrizitätssektor in den verschiedenen Wirtschaftsregionen und Ländern, so ergibt sich folgendes Bild: weltweit betrug die Kapazität an erneuerbarer Energie ohne Wasserkraft im Jahre 2012 480 Gigawatt, wobei 210 Gigawatt oder 44% auf die EU entfielen und 128 Gigawatt oder 27% auf die BRICS Staaten. Vergleicht man die einzelnen Länder, so führt China (19%), gefolgt von den USA (18%) und Deutschland (15%). Unter den ersten 6 Ländern sind zwei Schwellenländer, ein Beweis dafür, dass die Schwellenländer bei der Nutzung erneuerbarer Energien einen wichtigen Platz einnehmen. China und andere Schwellenländer setzten stark auf erneuerbare Energien und stellen deshalb auch hohe Fördermaßnahmen zur Entwicklung und Nutzung erneuerbarer Energien bereit.

Tabelle 1

Die Nutzung erneuerbarer Energien ist in verschiedenen Ländern unterschiedlich verbreitet. Tabelle 1 zeigt die 5 Länder mit der größten Kapazität für die einzelnen erneuerbaren Energiequellen. Bemerkenswert ist, dass das wichtigste Schwellenland China bei der Nutzung erneuerbarer Energien einen Spitzenplatz einnimmt. So steht China bezüglich der Gesamtkapazität erneuerbarer Energien sowohl einschließlich als auch ausschließlich Wasserkraft an erster Stelle, während beim Pro-Kopf-Verbrauch Deutschland führend ist. Bei Windenergie ist China die Nummer eins, während bei Photovoltaik Deutschland Spitzenreiter ist. Neben den industrialisierten Ländern sind vor allen die Schwellenländer China, Indien, Brasilien und die Türkei bei der Nutzung erneuerbarer Energien führend. Auffallend ist, dass die Solarenergie nicht nur in südlichen Ländern mit viel Sonneneinstrahlung stark genutzt wird,


sondern auch in Ländern mit weniger Sonne, wie z.B. in Deutschland. China steht nicht nur bei der Nutzung erneuerbarer Energie an vorderster Linie, sondern chinesische Firmen spielen auch bei der Herstellung von Photovoltaik-Modulen und Solarzellen weltweit eine führende Rolle. Manche Experten befürchten, dass durch die enormen Investitionen in die Schiefergasindustrie und in andere nicht-konventionelle fossile Energieformen weniger finanzielle Ressourcen für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien zur Verfügung stehen und sich dadurch das Wachstum erneuerbarer Energien verlangsamen könnte. Doch die zunehmende Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu den fossilen Energien lässt hoffen, dass die erneuerbaren Energien weitere Marktanteile dazugewinnen werden. Laut einem 2013 veröffentlichten Bericht der Internationalen Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA) ist schon jetzt ein Teil der erneuerbaren Energien im Stromgewinnungssektor in bestimmten Regionen mit fossilen Energien wettbewerbsfähig, wie zum Beispiel Photovoltaik-Anlagen in Gegenden, welche nicht ans Stromnetz angeschlossen sind und bis 2020 wird die Wettbewerbsfähigkeit erneuerbarer Energieträger weiter ansteigen. Obwohl erneuerbare Energien unbestritten umweltfreundlicher sind als fossile Brennstoffe, geben Umweltschützer zu bedenken, dass z.B. durch die Errichtung von Staudämmen für Wasserkraftwerke in bestimmten Gegenden das natürliche Ökosystem zerstört wird. Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf die Produktion von Biokraftstoffen, wo es zur Verdrängung großer Nutzflächen für Nahrungsmittel durch Energiepflanzen kommt und als Folge die Preise für Getreide stark ansteigen. Der Klimaschutz ist zu einem der Hauptargumente für den Ausbau der erneuerbaren Energien geworden. Zudem wird durch die vermehrte Nutzung erneuerbarer Energien Energieversorgungssicherheit verbessert und andererseits die Anhängigkeit Energieträgern verringert. Längerfristig gesehen ist der weitere Ausbau der Energien eine Notwendigkeit, da die Vorräte fossiler Brennstoffe nicht unendlich

einerseits die von fossilen erneuerbaren zur Verfügung

stehen. Wie schnell der Anteil erneuerbarer Energien im Gesamtenergiemix wachsen wird, hängt zum einen von den politischen Rahmenbedingungen ab, wobei es ausschlaggebend sein wird, ob die Staaten die notwendigen Fördermaßnahmen anbieten. Die klimapolitischen Zielsetzungen werden dabei eine maßgebliche Rolle spielen. Andererseits werden wirtschaftliche Faktoren, wie die Kostenentwicklung und der technologische Fortschritt im Bereich der erneuerbaren Energien, das Preisniveau fossiler Brennstoffe (Erdöl, Erdgas, Kohle) und die CO2-Kosten die Entwicklung der erneuerbaren Energien bestimmen.

Monika Psenner - Energieexpertin


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