Kohle im Aufwind Bis in die Nachkriegszeit war Kohle weltweit der wichtigste Energieträger, bevor das Erdöl die dominierende Rolle im Energiesektor übernahm. Doch auch jetzt steht Kohle mit knapp 30% Anteil im weltweiten Energieverbrauch nach Erdöl an zweiter Stelle. Kohle hat verglichen mit Erdöl und Gas die höchsten Schadstoffemissionen und ist laut Internationaler Energiebehörde für rund 40% des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Die Ursachen und Prognosen. Während der weltweite Kohleverbrauch von 1965 bis zum Anfang des Millenniums stagnierte oder nur geringe Wachstumsraten erreichte, stieg der Kohleverbrauch in den vergangenen 10 Jahren stark. Das starke Wachstum fand allerdings ausschließlich in den Nicht-OECD-Ländern statt. Während der Kohleverbrauch in den OECD-Ländern seit 2003 um 0,8 % sank, stieg er in den NichtOECD-Ländern um durchschnittlich 6,6%. Länder mit den höchsten Wachstumsraten beim Kohleverbrauch sind vor allem China und Indien mit Wachstumsraten von 8,8% und 7,5%. China kann mit Recht als der Motor für das Comeback der Kohle angesehen werden. Einerseits brauchen die stark wachsenden Schwellenländerländer immer mehr Energie um die Stahlwerke und Fabriken mit billiger Energie zu versorgen, andererseits verfügen sie über große Kohle-Reserven. Indien und China sind zusammen für 90 Prozent des Verbrauchsanstiegs bei der Kohle verantwortlich. Sie decken ihren Strombedarf überwiegend mit Kohle. Erneuerbare Energien und Kernkraftwerke spielen noch eine geringe Rolle.
Graph 1
Weltweiter Kohleverbrauch 1965-2013 (Mill. Tonnen Erdöläquivalent) 4.500 OECD
4.000
Nicht-OECD
3.500 3.000
72%
2.500 2.000 1.500 1.000 500
28%
Quelle: BP Statistical Review of the World Energy June 2014
2013
2011
2009
2007
2005
2003
2001
1999
1997
1995
1993
1991
1989
1987
1985
1983
1981
1979
1977
1975
1973
1971
1969
1967
1965
0
Im Wesentlichen gibt es drei Gründe, die für das starke Wachstum der Kohle verantwortlich sind: •
Verglichen mit Gas ist Kohle zur Stromgewinnung wesentlich billiger. Die Brennstoffkosten von Kohle liegen in Europa laut Internationaler Energiebehörde zwischen 3 und 3,5 Cent je Kilowattstunde. Elektrizität aus Erdgas verursacht zwar nur halb so viel CO2-Emissionen wie Kohle, kostet aber doppelt so viel. In den USA verdrängt billiges Gas als Folge der stark gestiegenen Schiefergasproduktion teils die Kohle und die Regierung versucht Maßnahmen zur Verringerung der Kohlenutzung zu setzen, um die CO2-Emissionen zu drosseln. Das hat zur Folge, dass nun verstärkt amerikanische Kohle nach Asien exportiert wird und so die Kohlepreise weiter nach unten getrieben werden. Zudem haben die großen Kohleförderländer wie Australien, Indonesien, Russland und Kolumbien ihre Kapazitäten stark ausgeweitet, so dass trotz steigender Nachfrage aus China ein Überangebot besteht, was den Preis noch weiter drückt.
•
•
Anders als bei Erdöl und Erdgas, wo sich ein Großteil der Reserven auf wenige Länder in zum Teil geopolitisch instabilen Regionen konzentrieren, sind Kohlereserven weltweit verteilt: Mehr als 70 Staaten haben beachtliche Kohlevorkommen und können in vielen Fällen ihren Eigenbedarf decken. Kohlereserven sind verglichen mit Erdöl und auch mit Erdgas in weit größerem Ausmaß vorhanden: die wirtschaftlich abbaubaren Reserven reichen nach jetzigem Stand noch für mehrere hundert Jahre. Welch wichtige Rolle Kohle weltweit spielt, belegen die folgenden Fakten: Kohle macht weltweit fast 30% des globalen Energiemix aus, liegt mit über 40% an der Elektrizitätsgewinnung an erster Stelle und die Stahlproduktion ist zu 70% von Kohle abhängig. Kohle wird einerseits als Kraftwerkskohle zur Elektrizitätsgewinnung und zu Heizzwecken verwendet, andererseits wird Kokskohle1 in der Stahlproduktion eingesetzt. Ungefähr 13% der weltweiten Kohleproduktion wird in der Stahlerzeugung verwendet. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass vor allem die großen Stahlproduzenten der Welt wie China, Japan, USA, Indien und Russland einen hohen Kohleverbrauch haben.
Kohleabbau
1
Aus qualitativ hochwertigen Kohlesorten (Kokskohle) wird in Kokereien durch Erhitzen Koks erzeugt. Koks wird im Hochofen zur Erzeugung von Roheisen (Stahlgewinnung) benötigt.
Im
sogenannten
C-t-L-Verfahren
(Kohleverflüssigungsverfahren)
kann
aus
Kohle
auch
synthetisches Erdöl hergestellt werden. Dieses Verfahren wurde bereits im Zweiten Weltkrieg in Deutschland entwickelt. Da es aber sehr kostspielig ist, wird es derzeit nur in einigen wenigen Ländern genützt, so zum Beispiel in Südafrika und in China. Kohle wird in geringem Ausmaße auch als Rohstoff für chemische Produkte genützt. Vor allem China mit seinen riesigen Kohlereserven versucht die sogenannten Veredelungsverfahren (Kohleverflüssigung und Kohle als Rohstoff für die chemische Industrie) kosteneffizienter zu machen und weiterzuentwickeln.
Tabelle 1
Tabelle 1 gibt einen Überblick über die weltweiten Kohlereserven, die Produktion und den Konsum. Bei den Reserven stehen die USA an erster Stelle, gefolgt von Russland und China. Diese drei Länder verfügen zusammen über 57% der weltweiten Kohlereserven. Nimmt man die Nummer 3, 4 und 5, nämlich Australien, Indien und Deutschland dazu, so ergibt das mit 77% bereits mehr als ¾ der weltweiten Kohlereserven. Unübersehbar ist die dominante Rolle von China: Sowohl bei der Kohleproduktion als auch beim -verbrauch nimmt China mit 47% bzw. 50% den ersten Platz ein. Mit großem Abstand folgen die USA mit einem Anteil von 13% an der weltweiten Produktion und 12% am weltweiten Verbrauch. Die schnell wachsende chinesische Wirtschaft verbraucht einerseits große Mengen an Energie, andererseits ist es naheliegend die eigenen großen
Kohlereserven als Energieträger erster Wahl zu nutzen. Im Jahre 2013 betrug der Anteil von Kohle am Gesamtenergieverbrauch Chinas 67%. Um der massiven Umweltverschmutzung Herr zu werden, die durch den hohen Kohleverbrauch (mit)verursacht wird, versucht China vermehrt auf andere Energieträger wie Erdgas und erneuerbare Energien umzusteigen - bisher allerdings nur mit mäßigem Erfolg.
Tabelle 2
Parallel zum Anstieg des Kohleverbrauchs sind auch die Kohleexporte und -importe in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Die wichtigsten Kohle-Exportländer sind der Größe nach Indonesien, Australien, Russland, die USA, Kolumbien, Südafrika und Kanada. Bei den Importen liegt China an erster Stelle, gefolgt von Japan, Indien, Südkorea, Taiwan, Deutschland und Großbritannien. Die Exporte von Kraftwerkskohle sind mehr als dreimal so hoch als jene von Kokskohle. Wie verhalten sich die Kohlepreise? Im Unterschied zu Erdöl werden 85% der Kohle in jenem Land verbraucht, in dem sie gefördert werden. Es gibt verschiedene Arten von Kohle und dementsprechend auch verschiedene Preise, die sich je nach Qualität, geographischer Lage und vertraglichen Bedingungen unterscheiden. Kohle wird einerseits für Kraftwerke und zu Heizzwecken genutzt und andererseits bei der Stahl- und Eisenherstellung gebraucht. Üblicherweise ist Kohle, welche zur Stahl- und Eisenherstellung verwendet wird, teurer als Kraftwerkskohle, da qualitativ hochwertiger. Generell richtet sich der Preis nach dem Heizwert der jeweiligen Kohlesorte. Vergleicht man die Entwicklung des Erdölpreises mit dem Kohlepreis, so ist der langfristige Trend ähnlich. Allerdings ist der Kohlepreis seit 2011 im Vergleich zu Erdöl und -gas stark gefallen (siehe Graph 2). Grund dafür ist ein Überangebot an Kohle.
Wie sehen die Zukunftsprognosen für den Kohleverbrauch aus? Wird Kohle, trotz schlechtester Klimabilanz unter den fossilen Energieträgern, ihren Platz im weltweiten Energiemix halten können? Laut neuesten Prognosen wird Kohle auch in den kommenden Jahren nach Erdöl auf Platz zwei im weltweiten Energiemix rangieren, der Anteil wird sich allerdings von fast 30% im Jahre 2011 auf 25,5% im Jahre 2035 verringern. Der Kohlekonsum wird sich in den verschiedenen Regionen unterschiedlich entwickeln. Während für die OECD-Länder ein weiterer Rückgang prognostiziert wird, werden die asiatischen Länder, allen voran China und Indien, den Kohlekonsum weiter steigern. China, bereits jetzt der weltweit größte Kohleproduzent, konsument und -importeur, wird auch in Zukunft die führende Rolle im Kohlesektor spielen. Als Folge der Veränderung von einer industrieintensiven hin zu einer mehr serviceorientierten Wirtschaft, sowie infolge verbesserter Effizienz, wird sich das Kohlewachstum nach 2030 allerdings verlangsamen. China versucht auch vermehrt Erdgas, erneuerbare Energien und Atomstrom zu nutzen, um die zum Teil verheerenden Folgen der Schadstoffemissionen einzudämmen. Weltweit wird Kohle im Stromgewinnungssektor auch in Zukunft eine dominante Rolle spielen, allerdings wird der hohe Anteil von über 40% abnehmen, während Erdgas, erneuerbare Energien und Kernenergie ihre Anteile in den kommenden Jahrzehnten ausbauen werden.
Graph 2
Erdölpreis und Kohlepreis
(US$/barrel)
(US$/mt)
120
140 Erdölpreis
Kohlepreis
100
120 100
80
80 60 60 40
40
20
20
0
0 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 1999 1998 1997 1996 1995 1994 1993 1992 1991 1990 1989 1988 1987 1986 1985 1984 1983 1982 1981 1980
Quelle: World Bank - commodity price data Der Erdölpreis bezieht sich auf die Erdölsorte Brent , der Kohlepreis auf Australische Kohle
Wie sich der Kohlekonsum weltweit in Zukunft entwickeln wird, hängt nicht zuletzt von der Implementierung der klimapolitischen Zielsetzungen in den einzelnen Ländern ab. Um die klimapolitischen Ziele zu erreichen, müsste der Kohleverbrauch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten abnehmen. In welchem Ausmaße das gelingen wird, bleibt abzuwarten.
Graph 3
Monika Psenner - Energie-Expertin
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