The FIFA Weekly Ausgabe #10

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NR. 10/2015, 13. MÄRZ 2015

DEUTSCHE AUSGABE

Fédération Internationale de Football Association – Seit 1904

Carlos Tévez

Flucht nach vorn AUGMENTED REALITY DIGITAL IM STADION

ALGARVE CUP DIE FRAUEN-MINI-WM

FRANZÖSISCH-GUYANA VIEL RÜCKENWIND W W W.FIFA.COM/ THEWEEKLY


D I E WO C H E I M W E LT F U S S B A L L

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Nord- und Mittelamerika 35 Mitglieder www.concacaf.com

“Jeder hat die Wahl” Aufgewachsen in Fuerte Apache, musste Carlos Tévez früh eine Entscheidung treffen. Er wählte den Weg des Fussballs und fand so aus einem Quartier heraus, dessen Alltag von Drogen und Gewalt geprägt ist. Im Interview mit Alejandro Varsky spricht der argentinische Weltklassestürmer in Diensten von Juventus Turin über seine Kindheit und seine Karriere.

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S epp Blatter Die U17-Fussballerinnen aus Dschibuti haben in der Juniorinnen-Stufe für Furore gesorgt. Der FIFA-Präsident gratuliert und freut sich auf die Zukunft des dschibutischen Frauenfussballs.

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A uf dem Schirm Die technologische Entwicklung verändert unser Leben – und den Stadionbesuch. Durch Apps und QR-Codes werden dem Zuschauer Echtzeit­Statistiken, Wiederholungen und Spielanalysen geboten. Eine Annäherung von Ronald Düker.

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Marvin Torvic Mit Französisch-Guyana spielt der Verteidiger in Kürze um den Einzug in den Gold Cup. Für den Kapitän und das Land ist es ein ­symbolträchtiges Spiel.

Südamerika 10 Mitglieder www.conmebol.com

17 Flucht nach vorn Der Argentinier Carlos Tévez hat sich als Jugendlicher mit Hilfe des Fussballs aus dem Umfeld von Drogen und Gewalt befreit. Ein Gespräch mit dem Weltklassestürmer.

Honduras Rekordmeister Club Deportivo Olimpia entging nur knapp einer Blamage. (Im Bild: Anthony Lozano)

The-FIFA-Weekly-App The FIFA Weekly, das Magazin der FIFA, erscheint jeden Freitag in vier Sprachen und ist auch auf dem Tablet verfügbar. http://www.fifa.com/mobile

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Frauen-Weltmeisterschaft 6. Juni – 5. Juli 2015, Kanada

imago (2), AFP, LNP Honduras

Gonzalo Lauda / fotogloria


D I E WO C H E I M W E LT F U S S B A L L

Europa 54 Mitglieder www.uefa.com

Afrika 54 Mitglieder www.cafonline.com

Asien 46 Mitglieder www.the-afc.com

Ozeanien 11 Mitglieder www.oceaniafootball.com

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Portugal Arouca erringt im Abstiegskampf auch gegen Benfica Lissabon keine Punkte. (Im Bild: Nelsinho)

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Algarve Cup Als eine kleine Frauen-WM bezeichnete FIFA-Präsident Blatter das prestigeträchtige Turnier in Portugal. (Im Bild: Alex Morgan (13) und Eugenie Le Sommer (9))

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Juventus Turin Der beliebteste Verein Italiens ist auf dem Weg zum 31. Scudetto. (Im Bild: Paul Pogba)

Blue Stars/FIFA Youth Cup

U20-Weltmeisterschaft

Beach-Soccer-Weltmeisterschaft

U17-Weltmeisterschaft

13./14. Mai 2015, Zürich, Schweiz

30. Mai – 20. Juni 2015, Neuseeland

9. – 19. Juli 2015, Portugal

17. Oktober – 8. November 2015, Chile

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UNCOVERED

Neues in Sicht D

ort vorn an der Strassenecke, gleich beim Stadion, stand er für gewöhnlich, der Fan in seiner Zeitungsverkäufer-Kluft. Bei Sonnenschein, Regen oder Schneegestöber rief er das Fanzine aus, das er gemeinsam mit ein paar Freunden verfasste, produzierte und verlegte. Das Fanzine enthielt bittere Wahrheiten aus dem Umfeld des Klubs und des Teams, mindestens aber genauso viele Spekulationen, humoristische Überzeichnungen und falsche Fährten. Dort, wo der Verkäufer einst stand, schauen heute Fans auf ihr Smartphone. Sie informieren sich über die allerneusten Begebenheiten des Spieltags, stellen sicher, dass die App auch wirklich funktioniert, die dann im Stadion Zahlen und Daten zu Spiel und Spieler in Echtzeit liefert. Der Stadionbesuch hat sich massiv verändert – nicht nur auf dem Weg zum Spiel. Das Erlebnis im Stadion erfuhr nicht zuletzt durch Catering, grosse Displays, umfassende Beschallung eine Erweiterung, die Sinne werden verstärkt angesprochen, die Wahrnehmung bereichert. Augmented Reality nun setze auf ein raffiniertes Wechselspiel zwischen Mensch und Maschine, heisst es in unserem illustrierten Feature (ab Seite 24). Die digitale Lebenswelt erreicht das Stadion. Wir wagen einen Blick. Å

Mario Wagner/2Agenten

Perikles Monioudis

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CARLOS TÉVEZ

JEDER HAT DIE WAHL 6

T H E F I FA W E E K LY


CARLOS TÉVEZ

Der argentinische Weltklassestürmer Carlos Tévez über seine Kindheit im Problembezirk, über seine Kumpel, über erheiternde Sprachbarrieren – und seine Stationen in England und nun in Turin bei Juventus. Mit Carlos Tévez sprach Alejandro Varsky in Turin

Carlos Tévez, wie geht es Ihnen in Turin? Fühlen Sie sich wohl hier? Carlos Tévez: Ja, es geht mir sehr gut. Nach acht Jahren in Manchester bin ich in Turin sehr gut aufgenommen worden. Die Menschen sind entspannt, das ist mit anderen Teilen Italiens wie Rom oder Neapel, wo eine sehr viel grössere Leidenschaft herrscht, nicht zu vergleichen. Hier ist alles viel ruhiger, es lebt sich sehr gut.

Oh ja! Auf jeden Fall. Vor allem in England. Stellen Sie sich die Jungs aus Fuerte dort vor! Und es drehte sich immer um die Sprache. Jedes Mal, wenn wir ausgingen, gab es tausend Geschichten. Das hat immer gutgetan.

Was können Sie hier unternehmen, was in Manchester nicht möglich war?

Für jemanden, der in einer anderen Welt aufgewachsen ist, zum Beispiel in Europa, ist es schwer, sich Fuerte Apache vorzustellen.

England ist im Allgemeinen viel ruhiger als Italien. Aber ich bin ohnehin kein Typ, der gern ausgeht und viel unterwegs ist. Ich geniesse zu Hause die Ruhe mit meinen Töchtern. Bei Juve wird alle drei Tage gespielt, sodass man ständig trainieren oder bei der Mannschaft sein muss. Deshalb bleibe ich in meiner Freizeit gleich zu Hause bei meiner Familie.

Es ist schwer, Menschen, die nicht dasselbe wie ich oder die Leute aus dem Viertel erlebt haben, dieses Leben begreiflich zu machen. Daher sollen die Leute denken, was sie wollen. Man kann nicht einfach in die Köpfe anderer Leute eindringen und ihnen sagen: “Sieh mal, ich habe harte Zeiten durchgemacht.” Ich kann ihnen nicht alles erklären, was mich die Strasse gelehrt hat. Das war ziemlich viel.

Müssen Sie sich denn ein wenig verkleiden, wenn Sie ausgehen?

Ist da eine bestimmte Erfahrung, die Ihre Kindheit geprägt hat?

Nein, nein. Das ist kein Problem.

Brasilien, England, Italien – wo ist Ihnen die Eingewöhnung am leichtesten gefallen? Hier in Italien – auch wegen der Sprache. Man versteht als Spanischsprachiger etwas mehr. In England hatte ich mit der Sprache grosse Schwierigkeiten. Nicht aber wegen des Klimas, denn ich leide weder unter Hitze noch unter Kälte. In dieser Hinsicht habe ich keine Vorlieben. Dennoch ist mir die Eingewöhnung hier leichter gefallen.

Gonzalo Lauda/fotogloria

Es gibt bestimmt viele Anekdoten zu erzählen über die Europareisen der Jungs aus Fuerte Apache, der Hochhaussiedlung in Buenos Aires.

Meine ganze Kindheit war heftig. Es geht nicht um eine einzelne Begebenheit. Ich habe an einem Ort gelebt, an dem Drogen und Morde alltäglich waren. Man erlebt schon als ganz kleiner Junge harte Dinge. Das lässt einen innerlich wachsen. Ich denke, jeder vermag dadurch seinen eigenen Weg zu wählen und nicht einfach den anzunehmen, der ihm von anderen vorgegeben wird. Und ich bin meinen Weg gegangen. Ich habe Drogen und Mord nie gutgeheissen, und zum Glück hatte ich die Wahl.

Vermissen Sie Argentinien?

Es heisst, Ihr Freund aus Kindestagen, Darío Coronel, sei genauso gut wie Sie gewesen. Doch er hatte nicht das Glück, wählen zu können, nicht wahr? Er starb jung.

Ja, das fehlt mir schon. Die Freunde und die Familie vermisst man immer. Man vermisst das alles vom ersten Moment an. Zum Glück bekomme ich viel Besuch von meiner Familie und meinen Freunden, ich bin also nicht ständig allein. Los Pibes, meine alten Kumpel, waren immer dabei, egal wo.

Man kann nicht sagen, dass er nicht das Glück hatte, wählen zu können. Wie ich bereits sagte, entscheidet jeder selbst darüber, was er tut. Er hatte alle Voraussetzungen, um ebenfalls ein Grosser zu werden, doch er hat sich für einen anderen Weg entschieden: die Kriminalität, die Drogen. Das hat dazu geführt, dass er heute nicht mehr unter uns ist. T H E F I FA W E E K LY

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CARLOS TÉVEZ

Zu Carlos Tévez

Ich glaube wirklich, dass jeder seinen eigenen Weg wählt. Und er – das hat nichts mit Glück zu tun – hat den Weg der Kriminalität und der Drogen gewählt, den einfacheren Weg.

Denken Sie oft an ihn? Ja! Er ist, oder war, mein bester Freund. Wir waren 24 Stunden am Tag zusammen, auch wenn wir später beim Thema Klubs und ähnlichen Dinge getrennte Wege gegangen sind. Doch wir waren immer den ganzen Tag zusammen.

In Argentinien werden die Jungs, die in den ärmeren Vierteln wie Fuerte Apache, Ciudad Oculta, Villa Carlos Gardel aufwachsen, tendenziell stigmatisiert. Wie sehen Sie das? 8

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Ich denke, so ist der Mensch nun einmal. Wenn ein Junge mit Kutte irgendwo vorbeikommt, wo gerade gestohlen wird, geben die Menschen ihm die Schuld. Denn die Menschen leben heute in Angst. Früher hatten die Verbrecher einen Kodex, sie raubten dich aus, aber dann liessen sie dich ziehen. Heute sind sie alle auf Drogen, du gibst ihnen deine Habe, und sie töten dich trotzdem. Die Jungs haben heute nicht mehr diese Werte, an die ich mich erinnere. Früher riskierten sie Kopf und Kragen, zogen los, klauten und kehrten zurück – das war’s. Heute stehen die Jungs, die stehlen gehen, alle unter Drogeneinfluss. Sie riskieren immer noch Kopf und Kragen, aber auf andere Weise. Es geht ihnen nur noch um ihr eigenes Leben, nicht mehr um das der anderen.

Toby Binder / fotogloria

Idol Tévez als Wandmalerei in Fuerte Apache.

Auf dem Platz ist er sich für nichts zu schade, der ­a rgentinische Stürmer Carlos Tévez, er nimmt die Zweikämpfe an, er sucht sie förmlich – falls er nicht gerade einen Treffer riecht. Dann nämlich ist der variantenreiche, flinke, unermüdliche Tévez kaum zu ­bremsen. Er wirft alles nach vorn, er kann im Angriff jeden Part übernehmen, und er hat die Gabe, ein Spiel allein entscheiden zu können, mit einem genialen ­Dribbling oder mit seinem rechten Fuss aus der Distanz, seine Schusskraft ist erstaunlich. Tévez hat sich mit seinem zielgerichteten Fussball aus der Enge der Verhältnisse gespielt, in der er als Kind und Jugendlicher in Fuerte Apache bei Buenos Aires ­Gewalt und Drogen erlebte. Früh schon war der unerschrockene Angreifer erfolgreich. Mit 17 kam Tévez zu den Boca Juniors, mit dem Klub gewann er 2003 die Copa Libertadores und den Interkontinental-Cup. Er zog 2005 weiter nach Brasilien, für eine südamerikanische R­ ekord-Transfersumme zu den Corinthians in São Paulo. Ein Jahr später wechselte er nach Europa, wo er 2006/7 bei West Ham United den Abstieg aus der Premier League zu verhindern half, indem er am letzten Spieltag gegen Manchester United das entscheidende 1:0 erzielte. In den anschliessenden zwei Spielzeiten traf er in der M­ eisterschaft 19-mal für die Red Devils (aus Manchester), mit denen er zweimal englischer Meister wurde (2007/8, 2008/9) sowie die Champions League 2007/8 und die Klub-WM 2008 gewann. Tévez wechselte daraufhin für vier Jahre zum Stadtrivalen. Mit Manchester City errang er den FA-Cup 2010/11 und die englische Meisterschaft 2011/12. Im Sommer 2013 wechselte der Stürmer zu Juventus Turin und gewann gleich den Scudetto. Der 66-fache Internationale wurde mit der Amtsübernahme von Coach Alejandro Sabella über drei Jahre lang nicht mehr fürs argentinische Nationalteam ­aufgeboten. Er figurierte auch nicht im WM-Kader 2014, als Argentinien im Endspiel Deutschland unterlag. Tévez kehrte unter Coach Gerardo Martino am 12. November 2014 gegen Kroatien (2:1) ins Team zurück. Der ­p assionierte Golfer Tévez hat gemeinsam mit seiner Frau Vanesa zwei Töchter. mpe


CARLOS TÉVEZ

Fussball als Chance Der kleine Carlos in seinem Element.

In Turin angekommen Juve-Torschütze Carlos Tévez.

Früher spielte ich mit dem Ball. Heute spiele ich Fussball.

Marco Bertorello / AFP, Marco Luzzani / Getty Images, Offside

Hingabe Ein Treffer für seine beiden Töchter.

Aber es gibt auch das andere Gesicht des Viertels. In Fuerte Apache und Ciudad Oculta – wie in allen Städten Argentiniens – leben auch gute Jungs. Nicht alle Menschen sind schlecht. Ich bin dort rausgekommen, und es gibt andere, die dieser Situation ebenfalls entfliehen konnten. Das ist für niemanden leicht. Im Gegenteil, es ist ungeheuer schwer, da rauszukommen. Aber jeder hat es selbst in der Hand, wie ich immer sage. Man muss den Menschen beweisen, dass wir nicht alle gleich sind.

Stimmt die Geschichte, dass Sie vor dem WM-Viertelfinale 2006 auf der Fahrt zum Berliner Olympiastadion an all diese Dinge gedacht haben, um sich zu motivieren, während Sie die Deutschen auf den Strassen sahen?

Ja, das stimmt. Wir fuhren zum Stadion, und eigentlich ist man immer etwas nachdenklich, doch dieses Mal war es ganz anders. Das war mir so noch nie passiert und ist in dieser Form auch nicht wieder vorgekommen. Ich war plötzlich richtig energiegeladen und sagte mir: “Heute musst du auf dem Platz alles geben, denn du kommst aus einem Ort, aus dem man nur sehr schwer herauskommt.” Ich dachte daran, wie wir als Kinder mit Bällen aus Lumpen gespielt hatten und an solche Sachen, und bekam dadurch einen richtigen Motivationsschub. Das alles tauchte vor meinem geistigen Auge auf, es war alles in meinem Kopf. Diese Gedanken kamen einfach so. Das hat mir einen richtigen Schub gegeben. T H E F I FA W E E K LY

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CARLOS TÉVEZ

Volle Konzentration Tévez und sein starkes rechtes Schussbein.

Giorgio Perottino / Reuters

Sind Sie dadurch, dass Sie in diesem Umfeld aufgewachsen sind, zu dem Spieler und Kämpfertyp geworden, der Sie heute sind? Ich weiss nicht, ob das zusammenhängt. Ich habe schon immer auf meine Weise gespielt oder versucht, das zu tun. Ich sage immer, dass ich früher einfach mit dem Ball gespielt habe, heute aber spiele ich Fussball, das ist etwas anderes. Doch ich weiss nicht, ob es an meinen Lebensumständen liegt, dass ich diese Art von Spieler geworden bin. Gut möglich.

Was macht Ihnen mehr Spass: Fussball spielen oder einfach mit dem Ball spielen? Beim Ballspielen habe ich mehr Spass! Wenn ich Fussball spiele, ist das Arbeit. Beim Ballspielen hast du Spass, spielst

mit den Freunden, es gibt keinerlei Druck. Aber wenn du Fussball spielen musst, tust du das mit dem Wissen, dass viel auf dem Spiel steht. Es geht um das Geld der Teamkameraden und die Gefühle der Fans. Es steckt viel Druck dahinter.

Was empfinden Sie, wenn die Fans von Juve nach einem Treffer Ihren Namen rufen? In Südamerika ist das nicht üblich. Ist das etwas Besonderes? Nein, da empfindet man nichts Besonderes. Ein Tor zu schiessen, ist ein einzigartiges Gefühl, und was auch immer nach dem Tor passiert, man bemerkt es nicht. Das Gefühl beim Tor ist immer gleich, es ist ein unbeschreibliches Gefühl. Was danach um einen herum geschieht, ändert nichts daran. T H E F I FA W E E K LY

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CARLOS TÉVEZ

Gentile, Boniek, Zidane & Co.

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ank des spek t akulären Tref fers des aus Guinea ­s tammenden französischen Super talents Paul Pogba im Nachholspiel gegen S assuolo hat Juventus Turin schon eine Hand am Meisterpokal – es wäre bereits der vier te Scudet to in F olge. Mit elf Punk ten Vorsprung auf die A S Roma – und auch das direkte Duell mit den G­ iallorossi spräche im unwahrscheinlichen Fall einer Punktegleichheit für den Rekordmeister – scheint der 31. of fizielle Meister titel nur noch Formsache zu sein. Diejenigen Fans, die die Entscheidung des Spor tgerichtshofs, die beiden Titel aus den Spielzeiten 2005 und 2006 infolge der Calciopoli-Af färe abzuerkennen, noch immer nicht ak zeptieren, freuen sich sogar bereits über den 33. “inof fiziellen” Titelgewinn. Juventus kommt aus dem L ateinischen und bedeutet Jugend. Die Turiner sind der Liebling der Nation und mit 14 Millionen Fans allein auf der Halbinsel der beliebteste Verein Italiens. Eine ruhmund er folgreiche Geschichte, die vor 118 Jahren auf einer Parkbank auf dem Corso Re Umber to I, Ecke Corso Vit torio Emanuele II, in Turin begann. Dor t nämlich trafen sich damals die Schüler des humanistischen Gymnasiums Massimo d’A zeglio nach dem Unterricht. Die Jungen begannen über den neuen Spor t zu reden, der aus England kam und immer beliebter wurde: Fussball. Genau auf jener Parkbank, mit tler weile ein Ausstellungsstück im J-Museum, wurde von den Gründungsmitgliedern der Name Juventus gewählt. Das erste of fizielle Trikot war rosa – mit Kragen, Krawat te und Hose in Schwarz –, genauso wie neun Jahre später der Dress von Palermo. Durch die zahlreichen Waschvorgänge verblichen die Farben mit der Zeit, und der daraus resultierende Farbton gefiel niemandem mehr. Der Verein ver fasste ein Schreiben an die Football Association, den Verband der “englischen Meister”, in dem um einen modernen Trikotsat z gebeten wurde. Der erste Verein, der auf das Schreiben ant wor tete, war Not ts Count y, dessen schwarz-weiss längsgestreif tes Trikot ab 1903 als of f izielle Spielkleidung der Alten Dame übernommen wurde. Anfang der 1920er-Jahre kam es zu einer tief greifenden Veränderung, die die Geschichte von Juve entscheidend beeinflussen sollte: Die Familie Agnelli, die Besit zerin der Fiat-Automobilwerke, wurde zur Eigentümerin des Vereins und ist bis heute untrennbar mit ihm verbunden. Es folgten Titelgewinne am Fliessband: Von 1931 bis 1935 gewann man den Scudet to gleich fünfmal in Folge – ein Rekord, der bis heute besteht. Der damalige Trainer hiess Carlo Carcano, und zu den grössten Stars zählten Mumo Orsi und Luis Monti, die beide mit der italienischen Nationalmannschaf t die WM 1934 gewannen. In der Nachk riegs zeit folgten weitere gros se Zeiten und namhaf te S t ars, wie et wa das Magische Trio, bestehend aus ­G iampiero Boniper ti (später Vereinspräsident von 1971 bis 1990), dem Argentinier Omar Sívori (Gewinner des Ballon d’Or 1961) und

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dem Waliser John Charles, genannt Il Gigante Buono (der sanf te Riese). Die Trophäens ammlung der Turiner wurde um mehrere Europapokal-T itel er weiter t, bei denen Giovanni Trapat toni auf der Bank sass, Dino Zof f im Tor st and, Claudio Gentile, Antonio C abrini und Gaet ano Scirea die Abwehr bildeten, Marco Tardelli und Zbigniew Boniek im Mit telfeld zauber ten und Michel Platini sowie Paolo Rossi (beide Gewinner des Ballon d’Or) für Tore am L aufmeter sorgten. Dann folgte die Ära von Rober to Baggio (ein weiterer Gewinner des Ballon d’Or) und schliesslich jene von Gigi Buf fon, Alessandro Del Piero, David Trézéguet, Fabio C annavaro und Zinédine Zidane – die beiden Let ztgenannten gewannen eben falls den Ballon d’Or. Den siebten Ballon d’Or in der Geschichte der Bianconeri gewann der Tscheche Pavel Nedved, der heute als rechte Hand des Vereinspräsidenten Andrea Agnelli fungier t .


CARLOS TÉVEZ

Herkunft Tévez verleugnet sie nicht.

Die bei den F ans zur zeit beliebtesten Legionäre sind C arlos Tévez und Paul Pogba. Der 22- jährige Franzose, der dank eines vermeintlichen Blackouts von Sir Alex Ferguson im Jahr 2012 zum Schleuderpreis von Manchester United er worben wurde, spielt gerade seine bislang beste S aison. Das Ende seiner enor men Ent wicklung ist noch nicht abzusehen. Mehr als z weieinhalb Mo nate vor S aisonende hat er bereit s sieben Ligatore er zielt . Und seine Tref fer sind f ast immer spielent scheidend. Die europäischen Grossklubs stehen Schlange und hof fen auf einen Trans fer im Sommer. Doch sein Manager Mino Raiola verkündete: “Paul ist so viel wer t wie ein Meister werk von Monet . Um ihn zu kaufen, muss man mindestens 100 Millionen Euro auf den T isch legen ...” Massimo Franchi

Ich mache mir keinen Druck, der Nummer 10 Juves würdig zu sein. Sie tragen bei Juve die Nummer 10, die einst von Michel Platini oder Alessandro Del Piero getragen wurde. Ist das eine Last? Ich persönlich empfinde das nicht so. Es ist wichtig für mich, aber ich kann mir keinen zusätzlichen Druck wegen eines Trikots machen, das so viele Juve-Idole getragen haben. Ich habe mir von Anfang an keinen Druck gemacht, der Nummer 10 würdig zu sein. Sonst wirst du nur verrückt und kannst deine Arbeit nicht richtig tun.

Das Magische Trio Omar Sívori, Giampiero Boniperti und John Charles (v.l.; Saison 1957/58).

Juve, Claudio Villa / Getty Images

Eine Frage noch zur Copa América. Das ist ein Turnier, bei dem Sie bisher kein Glück hatten. Die Endspiele 2004 und 2007 gingen gegen Brasilien verloren, 2011 haben Sie den entscheidenden Elfmeter gegen Uruguay verschossen. Ist das eine offene Rechnung für Sie? Ja, das ist ein Stachel, der bei allen aus dieser Spielergeneration tief sitzt. Wir wissen, dass ein Titel mit der Nationalmannschaft etwas sehr Schönes abrunden würde. Seit ­Langem bleibt uns das verwehrt, es ist eine offene Rechnung. Doch in Kürze findet die neue Auflage der Copa América statt, und wir werden uns so gut wie möglich vorbereiten müssen, um in Bestform zu sein. Å

Mehr zu Darío Colonel unter FIFA.com T H E F I FA W E E K LY

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THERE WILL BE ATERS


BLICK IN DIE LIGEN

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Kenia: Premier League

H a r te A r b e it s t at t M a g i e Mark Gleeson ist Journalist und Fussball-Kommentator und lebt in Kapstadt.

Sobald der aktuelle Rechtsstreit in dem ostafrikanischen Land beigelegt ist und die Saison in die zweite Runde geht, wird Gor Mahia alles daran setzen, sich zum dritten Mal in Folge den Titel in der kenianischen Premier League zu sichern. Nach einer frustrierenden, mehr als zehnjährigen Durststrecke hat Kenias erfolgreichster Klub die letzten beiden ­Meisterschaften für sich entschieden und damit die Vormachtstellung im Klubfussball des Landes zurückerobert.

Martin Mukangu

Insgesamt hat Gor Mahia seit der ersten Auflage der kenianischen Liga vor über 50 Jahren bereits 14 Meistertitel gewonnen, zwei mehr als der Erzrivale AFC Leopards, der

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auch in dieser Saison wieder zu den Mitfavoriten zählt. Die Leopards hatten von 1980 bis 1982 drei Ligatitel in Folge gewonnen, von 1983 bis 1985 landete dann Gor Mahia einen Dreifacherfolg. Seither ist dies nur dem Militärteam ­Ulinzi Stars gelungen, und zwar von 2003 bis 2005, in einer Ära, in der die althergebrachte Ordnung im kenianischen Klubfussball aus den Fugen geraten war. Mittlerweile ist die traditionelle Rivalität wieder aufgeflammt, wodurch die KPL an Spannung und Dramatik gewinnt. Der Name Gor Mahia geht auf die Mythologie des Luo-Stammes zurück; er stammt von einem sagenumwobenen ­Medizinmann. Mahia steht in der Sprache der Luo für Magie. Der Spitzname des Klubs, K’Ogalo, ist ebenfalls ein Hinweis auf den legendären Zauberer. Trainer Frank Nuttall, der mit dem Klub 2014 den Titel errang, wird allerdings eher harte Arbeit als Magie benötigen, um auch in dieser Saison wieder auf Titelkurs zu

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bleiben. Der Klub ist nämlich nicht nur in der heimischen Liga aktiv, sondern repräsentiert Kenia auch in der CAF-Champions-League, in der man die 1. Runde überstanden hat und am 14. März das Hinspiel der 2. Runde gegen AC Léopards aus Kongo bestreitet. Aufgrund der Namensgleichheit mit dem Erzrivalen aus Nairobi dürfte den Kongolesen ein besonders kalter Wind entgegenschlagen. Die kenianischen Leopards verfolgen ebenfalls ehrgeizige Ziele und haben für diese Saison Zdravko Logarusic als neuen Trainer verpflichtet. Er übernimmt das Amt von dem Niederländer Pieter de Jongh. Der neue Mann am Ruder ist Kroate und kehrt brisanterweise nach Kenia zurück, nachdem er bereits für Gor Mahia tätig gewesen war, wo man ihm 2013 den Laufpass gab. Weitere Klubs, die sich grosse Hoffnungen auf den Titel machen, sind Sofapaka und Tusker, ebenso aus der Landeshauptstadt Nairobi, sowie die Ulinzi Stars aus Nakuru. Sofapaka belegte in der vergangenen Saison den 2. Platz. Å

Gor Mahias Der Klub strebt seinen 15. Meistertitel an. T H E F I FA W E E K LY

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Die Wende Benficas Stars Jonas, Lima und Pizzi (v.l.) feiern die 2:1-Führung in Arouca.

B e n f ic a ve r d i r bt Vo l k s fe s t Alan Schweingruber ist ­Redakteur bei The FIFA Weekly.

In Arouca, im Norden von Portugal, geschehen in der Regel keine weltbewegenden Dinge. 4000 Menschen leben in diesem kleinen Ort, von dem man mit dem Auto in 50 Minuten ans Meer gelangt. Und während Touristen aus der ganzen Welt ins mondäne Lissabon oder nach Porto reisen, geniesst Arouca nur einmal pro Jahr ganz kurz die internationale Aufmerksamkeit. Dann, wenn im Dorf mit den vielen historischen Bauten das Kurzfilmfestival stattfindet. Seit 2013 aber ist alles etwas anders in Arouca. In jenem Jahr nämlich stieg der Fussballverein zum ersten Mal in seiner 62-jährigen Geschichte in die oberste Spielklasse auf. Die Primeira Liga, das heisst: FC Porto, Benfica Lissabon, Sporting 16

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­ issabon. Seit dem phänomenalen Aufstieg L vor zwei Jahren sind Fussballspiele im ­E stádio Municipal, das lediglich 5000 Zuschauer fasst, oft kleine Volksfeste. Auch letztes Wochenende, als Benfica Lissabon, Portugals Rekordmeister, zu Gast war. Und es sollte nicht beim formellen Besuch des Champions bleiben, der dann am Schluss doch wieder alle Punkte mit nach Hause nimmt. Arouca, mitten im Abstiegskampf, war auf Punkte aus: Keine sieben Minuten waren gespielt, als dem Heimteam überraschend die Führung gelang. Iuri Medeiros traf sehenswert aus 14 Metern. Die heimischen Zuschauer – es war ein warmer Frühlingstag – zogen auf den Rängen ihre T-Shirts aus beim Feiern. Arouca, das seine erste Saison in der obersten Liga auf dem beachtlichen 12. Platz abgeschlossen hatte, gelang es in diesem Spiel ganz gut, die Angriffe des scheinbar übermächtigen Gegners zu kontrollieren. Aber es war dann ähnlich wie bei einem jungen Fechter, der es zwar irgendwie schafft, seinen Meister am Arm zu verletzen, dann aber langsam rückwärts in

Richtung Abgrund tänzelt: In der 50. Minute unterlief Aroucas Torhüter Goicoechea ein folgenschwerer Fehler, der zum Ausgleich führte. Und nur wenig später schoss Benficas Stürmer Lima das 2:1 (55. Minute). Der Favorit siegte 3:1. Für Benfica Lissabon geht es in diesem Frühjahr darum, die missglückte Saison noch halbwegs zu retten. Im Dezember schied man zuerst aus der Champions League, dann aus dem nationalen Pokal aus. Nun soll wenigstens der 34. Meistertitel gewonnen werden. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Auf Sporting Lissabon (Platz 3) hat man schon zwölf Punkte Vorsprung. Einzig der FC Porto – mit vier Punkten Rückstand auf Platz 2 – könnte dem Team von Jorge Jesus noch gefährlich werden. Arouca (Platz 15) reist diesen Sonntag, also zehn Runden vor Schluss, in eben dieses grosse Porto. Es gibt einfachere Aufgaben in einem nervenaufreibenden Abstiegskampf. Gut, steht eine Woche später wieder ein heimisches Volksfest an: Gil Vicente, auf Rang 17 platziert, ist im beschaulichen Arouca zu Gast. Å

Miguel Riopa / AFP

Por tugal: Primeira Liga


Honduras: Primera División

Ve r p a s s te r C o u p Sven Goldmann ist Fussball­ experte beim “Tagesspiegel” in Berlin.

Das nennt man wohl eine verpasste Chance! 1:0 führte der Club Deportivo Victoria beim Club ­Deportivo Olimpia, spielte dann auch noch mehr als eine Halbzeit lang in Überzahl, aber heraus kam am Ende nur ein Unentschieden. So viel zur aussergewöhnlichen Dramaturgie des Spitzenspiels am achten Spieltag der Liga Nacional de Fútbol Profesional de Honduras.

LNP Honduras

Es war ein Spitzenspiel, wie es vor dem Start in das Torneo Clausura wohl kaum jemand erwartet hätte. Immerhin ist Olimpia, das Team aus der Hauptstadt Tegucigalpa, mit 28 Titeln der honduranische Rekordmeister. Und Victoria, beheimatet in La Ceiba an der Karibikküste, hat in seiner bald 80 Jahre währenden Vereinsgeschichte einen einzigen Titel gewonnen, der für den Briefkopf taugt – aber das ist auch schon 21 Jahre her. In der vergangenen Apertura verpasste Victoria als Tabellenzehnter von zehn teilnehmenden

Mannschaften deutlich die Playoffs. In dieser Clausura aber spielt der Aussensei­ ter überraschend stark auf und reiste durch­ aus ambitioniert als Tabellenzweiter zum Gipfel­t reffen mit dem Spitzenreiter Olimpia nach Tegucigalpa. Und um ein Haar hätte diese Dienstreise den Aussenseiter ganz nach oben katapultiert. Olimpia hat einiges gutzumachen, denn in der Apertura war im Dezember schon im Halb­ finale Endstation. Und das ausgerechnet gegen den ewigen Rivalen Motagua, mit dem sich der Serienmeister das Estadio Nacional in Tegucigalpa teilt. Später gewannen die blauen Adler von Motagua auch noch das Finale gegen den Club Deportivo Real Socie­ dad de Tocoa, was die Stimmung bei Olimpia nicht unbedingt verbesserte. Im Torneo Clausura nun läuft es sehr viel besser. Früh schon gelang die Revanche gegen Motagua, nach acht Spieltagen thront Olim­ pia bei nur einer Niederlage souverän auf Platz 1. Aber gegen Victoria wäre es beinahe schief gegangen. Der Gast spielte im Estadio Nacional furchtlos auf und hatte Pech, als Erick Andino einen Freistoss aus der Distanz von 25 Metern an die Latte zirkelte. Andino pendelt seit drei Jahren zwischen Victoria

und Olimpia, im direkten Duell seiner beiden Klubs war er der auffälligste Mann auf dem Platz. Nach einer halben Stunde machte er es noch besser als bei seinem schon sehr an­ spruchsvollen Lattenschuss und traf nach grossartiger Vorarbeit von Wilson Güity zur Führung für Victoria. Es sah schlecht aus für Olimpia, denn fünf Minuten vor der Halbzeitpause sah Vertei­ diger Bryan Johnson die zweite Gelbe Karte und musste den Platz verlassen. Am Ende profitierte der Rekordmeister von einem Missgeschick des gegnerischen Mittelfeld­ spielers Héctor Castellanos. Es war völlig unnötig, dass er Alberth Elis gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit im Strafraum am Trikot zupfte, denn sein Torhüter John Bodden hatte die Situation schon unter Kontrolle. Elis nahm die Einladung dan­ kend an und fiel spektakulär. Den fälligen Elfmeter verwandelte Javier Estupiñán im Stil des legendären Tschechen Antonin Panenka. Der Kolumbianer schob den Spann behutsam unter den Ball und chipp­ te ihn mit viel Spin und wenig Tempo in die Mitte des Tores. Es war der glanzvollste Moment in einem glanzlosen Spiel des Spitzenreiters, der nur mit viel Glück einer Niederlage entging. Å

Hektischer Spitzenkampf Aussenseiter Victoria (in Gelb) gewinnt bei Leader Olimpia einen Punkt. T H E F I FA W E E K LY

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C O U N T D OW N K A N A DA 2015: N O C H 8 5 TAG E

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Rangliste Algarve Cup 2015 1.

USA

2.

Frankreich

3.

Deutschland

4.

Schweden

5.

Norwegen

6.

D채nemark

7.

Brasilien

8.

Schweiz

9.

Japan

10.

Island

11.

Portugal

12.

China

Afp (2), imago (1)

In der portugiesischen Sonne Finaltorsch체tzin Julie Johnston (USA; o.r.), die Japanerin Rumi Utsugi (u., in Blau), Lena Goessling (Deutschland; u.r.).


USA setzen sich bei der WM-Generalprobe durch Die Vorbereitungen bei den Teilnehmenden an der Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015 im Juni und Juli laufen auf Hochtouren, und da kam der Algarve Cup als Vorbereitungsturnier gerade recht. Das Turnier mit zwölf teilnehmenden Teams an der sonnenverwöhnten Küste Portugals hat seit Langem einen festen Platz im Wett­kampfkalender der Frauen, und seine Bedeutung wächst von Jahr zu Jahr.

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as 1994 erstmals ausgerichtete Turnier ist, abgesehen von den FIFA-Turnieren, die prestigeträchtigste Veranstaltung im weltweiten Frauenfussball. In diesem Jahr werden sich nicht weniger als neun der zwölf teilnehmenden Mannschaften – Brasilien, VR China, Deutschland, Frankreich, Japan, Norwegen, Schweden, Schweiz und die USA – in Kanada wiedersehen. Ebenfalls dabei waren während der acht Tage die Teams aus Dänemark und Island sowie Gastgeber Portugal. Wieder einmal war es das Team der USA, das die Oberhand behielt und seine Romanze mit dem Turnier in der bekannten Ferienregion fortsetzte. Mit einem 2:0-Sieg gegen Frankreich im Finale am Mittwoch holten sich die Stars and Stripes den zehnten Sieg bei der 22. Auflage des Wettbewerbs. Damit bleiben die USA unangefochten Rekordsieger, gefolgt von Norwegen mit vier sowie Deutschland un d Schweden mit drei Gesamtsiegen. Ausgeglichenes Turnier Jede Mannschaft bestritt vier Partien, drei Gruppenspiele und ein Platzierungsspiel. Am Ende blieben nur die USA ungeschlagen, was einen ­Fingerzeig darauf ist, wie umkämpft das Turnier in Kanada werden dürfte. Gruppe A erwies sich als ebenso faszinierend wie stark. Drei der Viertelfinalisten der Frauen-Weltmeisterschaft 2011 – nämlich Deutschland, Schweden und Brasilien – trafen in ihrer Gruppe auf die ehemalige Fussballgrossmacht VR China. Die drei Schwergewichte ­besiegten einander j­eweils einmal. Besonders bemerkenswert war dabei Schwedens 4:2-Auftaktsieg gegen Deutschland, der am Ende ausreichte, um die Gruppe zu gewinnen. ­ ­A nschliessend unterlagen die Schwedinnen 0:2 gegen die Brasilianerinnen, die wiederum 1:3 gegen die Deutschen den Kürzeren zogen.

NOCH 85 TAGE

Die Spielerinnen der USA setzten sich in Gruppe B durch, doch es war härter, als es die blossen Zahlen vermuten lassen. Im zweiten Spiel gelang zwar ein solides 3:0 gegen die sich beständig steigernde Schweiz, doch in den anderen beiden Spielen ging man bis ans Limit. So mussten die USA, 2. der Weltrangliste, in ihrem ­ersten Spiel gegen Norwegen einen Rückstand aufholen, um sich dank eines Doppelpacks von Carli Lloyd noch 2:1 durchzusetzen. Im letzten Gruppenspiel gegen Island kamen die USA dann nicht über ein torloses ­Unentschieden hinaus. In Gruppe C sorgten die Teams von ­Frankreich und Japan für Schlagzeilen. Dabei revanchierte sich Frankreich für die Niederlage gegen den Weltmeister beim Olympischen Fussballturnier der Frauen von London 2012. Die Europäerinnen überrannten Japan nach einem 0:1-Rückstand zur Pause am Ende noch 3:1. Nach einem beeindruckenden 4:1-Triumph gegen Dänemark und einem erstaunlich schwer erkämpften 1:0-Sieg gegen Portugal gewann Frankreich damit die Gruppe mit makelloser Bilanz. Freud und Leid Nachdem Portugal bislang kaum grosse Erfolge aufzuweisen hatte, gelang es den Gastgeberinnen, mit einem Sieg im Elfmeterschiessen gegen die VR China noch den 11. Platz zu holen. Dabei ­hatten sie erst kurz vor dem Abpfiff den 3:3-Ausgleichstreffer erzielt. Japan beendete das Turnier auf dem 9. Platz dank eines 2:0-Sieges gegen I­ sland. Dennoch war die Bilanz für Norio Sasakis Team mit zwei Siegen und zwei Niederlagen durchwachsen. Für die Schweiz sah die Bilanz noch schlechter aus, denn nach der 1:4-Niederlage in der letzten Partie gegen Brasilien reisten die Eidgenossinnen mit nur einem Sieg aus fünf Spielen wieder nach Hause. Der 5. Platz zeigt, dass mit Brasilien nach einigen schwierigen Jahren wieder zu ­rechnen ist.

Superstar Marta war bei den einheimischen Fans sehr beliebt und bedankte sich mit einem Doppelpack gegen die Schweiz. Den Schwedinnen gelang es nicht, im Spiel um Platz 3 den Überraschungssieg vom ersten Tag gegen Deutschland zu wiederholen. Die Schwedinnen kassierten in der zweiten Halbzeit durch Alexandra Popp den entscheidenden Treffer. Sofia Jakobsson gelang zwar noch der Anschlusstreffer, womit sie erfolgreichste Torschützin des Turniers wurde, doch am Ende verloren die Skandinavierinnen 1:2. Die beiden in der ersten Halbzeit erzielten Treffer der Innenverteidigerin Julie Johnston und der talentierten Angreiferin Christen Press sicherten den USA den Sieg im entscheidenden Spiel gegen Frankreich. Damit revanchierten sie sich für das gleiche Ergebnis zugunsten der Französinnen vor einem Monat. Trösten konnte sich Frankreich damit, dass Stürmerin Eugénie Le Sommer zur besten Spielerin des Turniers gewählt wurde. Die beiden Torschützinnen der US-Auswahl sind Beleg für den Machtwechsel, der bei den Stars and Stripes im Gange ist. Beide haben bislang noch in keinem FIFA-Wettbewerb im Seniorenbereich ihr Land vertreten. Torhüterin Hope Solo warnte im Vorfeld von Kanada 2015 schon einmal die Konkurrenz. “Wir liegen genau auf Kurs für die WM in drei Monaten”, sagte sie. “Wir sind noch nicht in Bestform, aber so langsam nähern wir uns.” Å tfw

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First Love Ort: Kathmandu, Nepal Datu m : 16. Febr ua r 2015 U hrzeit: 11.47 Uhr Fotog ra f: Navesh Ch itra ka r

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Den Fussball überall und für alle entwickeln

Mitreissende Turniere organisieren

Der Gesellschaft und der Umwelt Sorge tragen

Für das Spiel. Für die Welt. Die FIFA will den Fussball zum Wohl aller entwickeln. Unsere Mission lautet: Das Spiel entwickeln Oberstes Ziel der FIFA ist, den Fussball für ihre 209 Mitgliedsverbände zu entwickeln. Dank den Einnahmen aus der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ können wir täglich USD 550 000 in die weltweite Fussballförderung investieren. Die Welt berühren Die FIFA will die Menschen weltweit mit ihren internationalen Fussballturnieren und -veranstaltungen bewegen, zusammenführen und begeistern.

FIFA.com

Eine bessere Zukunft gestalten Der Fussball ist viel mehr als ein Spiel. Mit seiner weltweiten Ausstrahlung und Reichweite besitzt er eine einzigartige Kraft, die sorgsam einzusetzen ist. Die FIFA fühlt sich der Gesellschaft weit über den Fussball hinaus verpflichtet.


IN T ERN AT ION ALER FR AUEN TAG

PRESIDENTIAL NOTE

Fussball-Experten formulieren Notwendigkeit von Frauenquoten Experten und Führungskräfte aus Fussball, Business und Gesellschaft diskutierten am 6. März im Home of FIFA über die Möglichkeiten der Förderung und Entwicklung des Frauenfussballs und über bessere Chancen für Frauen in Führungspositionen.

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nlässlich des Internationalen Frauentags unterzeichnete FIFA-­ Präsident Blatter bei der FIFA-Konferenz die “Brighton Plus ­Helsinki Declaration” mit der Internationalen Arbeitsgruppe für Frauen und Sport. In der Erklärung werden Prinzipien dargelegt, um die ­Stärkung von Frauen in der Gesellschaft zu unterstützen und die Gleichberechtigung der Geschlechter voranzubringen. “Die Gleich­ berechtigung von Mann und Frau ist noch lange nicht erreicht”, s­ agte Lydia Nsekera, die als erste Frau Vollmitglied des FIFA-Exekutiv­ komitees wurde. “Wir müssen mehr Frauen in den Kongressen der Verbände und auch im FIFA-Kongress haben. Ich rufe alle Frauen auf, hart zu arbeiten, gemeinsam mit Männern, um bestehende Hürden zu überwinden.” FIFA-Präsident Blatter erklärte, die FIFA strebe an, noch mehr zu tun, um Entwicklung und Wachstum des Frauenfussballs zu fördern und die Vertretung durch Frauen in Führungspositionen zu verbessern. “Rund um die Welt spielen mehr als 30 Millionen Mädchen und Frauen Fussball”, so Blatter. “Wir haben die Pflicht, dieses Wachstum zu fördern, um das gesamte Potenzial auszunutzen. Wir haben die Pflicht, dafür zu sorgen, dass in all unseren Mitgliedsverbänden Chancengleichheit für alle entsteht.” Die FIFA hat einen vollen, stimmberechtigten Sitz für eine Reprä­ sentantin im Exekutivkomitee geschaffen, das über Grundsätze für die weltweite Fussballgemeinde entscheidet, sowie zwei weitere Sitze für hinzugewählte weibliche Mitglieder des Komitees. Moya Dodd, eines der hinzugewählten weiblichen Mitglieder des Exekutivkomitees, sprach sich für den Einsatz von Quoten als erforderliches Hilfsmittel für die Schaffung einer fairen Gesellschaft aus, insbesondere auch im Fussball. “In einer perfekten Welt wären keine Quoten nötig”, sagte sie. “Ich bin eine klare Befürworterin von ­Quotenregelungen, da man auf diese Weise schneller als mit anderen Mitteln den Nutzen hat. Ich selbst wäre ohne eine Quotenregelung auch nicht hier.” Blatter sagte, die obligatorischen Sitze für weibliche Repräsentanten seien ein notwendiger Schritt des Weltverbandes, da es ­u nwahrscheinlich sei, dass die Kontinentalverbände schon bereit seien, eine weibliche Repräsentantin aus ihren Reihen ins Exekutivkomitee zu wählen. Die sechs Kontinentalverbände führen Abstimmungen durch, um die Zusammensetzung des FIFA-Exekutiv­ komitees zu bestimmen. Hiervon ausgenommen sind der Sitz des Präsidenten und die weibliche Repräsentantin. Piara Powar, Mitglied der FIFA-Task-Force gegen Rassismus und Diskriminierung, bezeichnete Quotenregelungen im Fussball als ­notwendig, um eine faire Vertretung in Entscheidungsgremien zu erreichen. “Es gibt einen sicheren Weg, dies voranzubringen, nämlich durch die Festlegung von Zielwerten”, sagte er. “Wir müssen die ­Menschen zwingen, dies zu tun, denn sonst tun sie es nicht.” Bei der Konferenz gab es zahlreiche Beiträge von FIFA-Funktionärinnen und ehemaligen Spielerinnen und Trainerinnen, die wei­tere Unterstützung seitens der Nationalverbände forderten, um noch mehr Mädchen und Frauen auf allen Ebenen zu ermutigen, vom Platz auf die Trainerbank oder in die Administration zu wechseln. Å tfw

Die starken Frauen aus Dschibuti

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schibuti ist nicht Deutschland. Dschibuti belegt auf der FIFA­Weltrangliste den 206. Platz – nur die Cook-Inseln, Anguilla und Bhutan sind derzeit schlechter platziert. Im Ranking der Frauen erscheint der ostafrikanische Staat gar nicht – weil das Nationalteam in den vergangenen 18 Monaten nicht mehr gespielt hat. Das einzige offizielle Länderspiel stammt aus der WM-Qualifikation für die ­Endrunde 2007: Kenia - Dschibuti 7:0. Und trotzdem erreichte uns in diesen Tagen eine Meldung, die der Entwicklung des Frauenfussballs in diesem 600 000-Einwohner-­ Land ein erstaunliches Zeugnis ausstellt: An der Meisterschaft für arabische Länder der Juniorinnenteams auf U17-Stufe in Doha mussten sich die Mädchen aus Dschibuti erst im Finale ihren Alterskolleginnen aus dem Libanon 0:1 geschlagen geben. Vor dieser Leistung ziehe ich den Hut und gratuliere den Fussballerinnen und dem ­Verbandspräsidenten Souleiman Hassan herzlichst. Der Erfolg der Mädchen beweist, dass die Goal-Projekte der FIFA und die Unterstützungsgelder unseres Financial Assistance Program (wie der letztjährige WM-Spezialbonus von 1,05 Millionen US-Dollar) ihre Wirkung nicht verfehlen und an der Basis fruchtbare Aufbau­ arbeit ermöglichen. Die jungen Frauen, die auf Juniorinnen-Stufe für Furore gesorgt haben, werden künftig den Frauenfussball in Dschibuti auf höchstem Niveau wieder beleben. Schon jetzt durften sie sich wie richtige Stars fühlen. Bei der Rückkehr in die Heimat wurde den Silber-Heldinnen schon am Flughafen ein grosser Empfang bereitet. Später wurden sie von der Präsidentengattin Kadra Mahamoud Haid in der Privatresidenz zum Dinner empfangen. “Fussball ist als Lebensschule äusserst wertvoll. Er steigert Selbstwertgefühl, Respekt und auch die Motivation für Leistungen neben dem Rasen”, sagte die First Lady. Als Spontanprämie erhielt jede Fussballerin einen Tabletcomputer. Das Geschenk hat durchaus eine symbolische Bedeutung. Denn der Fussball verbindet die Menschen und öffnet Türen – selbst in Regionen, in denen der Kampf um soziale und gesellschaftliche Gleichberechtigung erst am Anfang steht.

Ihr Sepp Blatter T H E F I FA W E E K LY

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AUGMENTED RE ALIT Y

MIT EINER HAND AM DISPLAY Die heutige Technologie hat den ­Stadionbesuch stark verändert. Wohin führt uns diese Entwicklung?

Ronald Düker (Text), Mario Wagner (Illustration)

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echnologien fallen nicht vom Himmel. Und immer, wenn etwas Neues aufkommt, das vorher technisch nicht machbar war, kann man sich doch sicher sein, dass es zumindest in der Fantasie schon existiert hat. Zum Beispiel in der Welt der Literatur. So ist es auch mit dem Konzept der Augmented Reality. Lange ­bevor es Mitte der 90er-Jahre technisch umgesetzt wurde, hatte uns der Schriftsteller Ray Bradbury eine Idee davon gegeben, wohin diese Umsetzung führen könnte. Seine Erzählung “Das Kinderzimmer” stammt aus dem Jahr 1951. Und wir sollten froh sein, dass es sich um Literatur handelt. Schliesslich nimmt Bradburys Vision dieser Zukunftstechnologie ein ­bitteres Ende. Der Autor malt den Teufel an die Wand. Und diese Wand gehört zu einem Haus, in dem eine ­Familie lebt. Alles in diesem Haus ist automatisiert: Essen zubereiten, servieren, putzen – und

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AUGMENTED RE ALIT Y

Augmented ­Reality setzt auf ein raffiniertes Wechselspiel zwischen Mensch und ­M aschine.

Kinder ­betreuen. Diese Aufgabe haben die Eltern längst an das Haus delegiert. Die Wand des Kinder­zimmers ist auch gar keine Wand, sondern ein Display, der ganze Raum eine einzige Illusions­maschine. Sie produziert Geräusche und Gerüche, die allein durch die Gedanken der ­K inder g ­ esteuert werden. Zu spät bemerken die Eltern, dass die afrikanische Steppe, in die sich ihre Sprösslinge tagaus, tagein hineinfantasieren, nicht nur immer realistischer, sondern auch realer, also bedrohlich wird. Als sie beschliessen, das Zimmer mit den wilden Tieren darin abzuschalten, ist es bereits zu spät: Die Fantasien der Kinder haben sich gegen die Eltern gerichtet. Und die Bestien haben Blut geleckt. So kann der zu Hilfe eilende Familien­psychologe nur noch feststellen, dass Mama und Papa von den Löwen der Kinderzimmersteppe zerfleischt worden sind. Wendy, die kleine Tochter des Hauses, bietet ihm eine Tasse Tee an.

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Simulation ergänzt die Wirklichkeit Augmented Reality? Ja – aber keine Angst, das ist nur eine düstere literarische Vision. Die Wirklichkeit sieht freundlicher aus, vor allem dort, wo diese Technologie im Fussball zum Einsatz kommt. Aber was ist das genau, diese Augmented Reality, kurz AR? Im Unterschied zu ihrer, vielleicht bekannteren Verwandten, der Virtual Reality, bei der mit digitalen Mitteln eine allumfassende künstliche Umwelt erschaffen wird, in der man mit Haut und Haar ­verschwinden kann (etwa in Form eines Avatars in einem Videospiel), setzt die AR auf ein raffiniertes Wechselspiel zwischen Mensch und Maschine. In Echtzeit werden virtuelle, also nicht real existierende Objekte auf eine Weise in die Wirklichkeit eingefügt, dass sich das Ganze zu einem neuen, halb­-realen – oder, ganz wie man will, halb-virtuellen – Bild fügt. Die ­Simulation ergänzt die Wirklichkeit. Ein altbekanntes ­Beispiel im F ­ ussball: Ein Spieler steht im Abseits, und während der


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A UGMEN T ED R E A L I T Y Mit Augmented Reality (erweiterte Realität) wird die auf digitale ­Technologien gestützte Erweiterung der menschlichen Wahrnehmung bezeichnet. Die Sinne werden sozusagen mit elektronischen Mitteln ­g eschärft, das Gehirn mit computergenerierten Informationen beliefert, die auf Displays über Bilder oder bewegte Bilder gelegt werden – oder mittels Brillen direkt auf das Sehfeld. In Japan entstand vor Jahren schon die Idee, ein Fussballspiel mit Hilfe von Dutzenden von Kameras in 3D aufzunehmen und es – irgendwo auf der Welt – in Stadien als Hologramm-Projektion zu zeigen. Die Stadion­ besucher sähen dann ein wirklichkeits- und massstabgetreues Abbild vom Originalspiel – als wären sie tatsächlich dabei. mpe

­ ern­sehübertragung wird bei Wiederholung der Szene eine ­Linie einge­ F blendet, die sichtbar macht, ob der Angreifer sich nur mit einem Fuss, dem halben Oberkörper oder voll und ganz jenseits des letzten Gegners vor dem Torhüter befunden hat. Oder zwei neuere Anwendungen: Der Abstand, in dem die Mauer der Abwehrspieler den Freistoss erwartet. Sie wird mit weissem Schaum, also ganz real, vom Schiedsrichter auf dem Feld markiert; der Zuschauer sieht aber zusätzlich eine virtuelle, eingeblendete Linie, die anzeigt, ob die Distanz zwischen dem ruhenden Ball und den Abwehrspielern eingehal­ ten wird. Und natürlich die erst bei der letzten Weltmeisterschaft spek­ takulär etablierte Torlinientechnologie: Da sehen die Zuschauer im Fernsehen nachträglich eine digitale Simulation des Balles, der entweder kurz vor, genau auf oder eben hinter der Torlinie gelandet ist. Das Revolutionäre dieses Verfahrens besteht aber nicht nur darin, dass sich die Entscheidungen der Schiedsrichter nun auf eine exakt bemessene Grundlage stützen. Die anschauliche Simulation des ­heikelsten Moments im Fussball richtet sich über die Grossbild­ displays im Stadion auch direkt an alle Zuschauer vor Ort. Und die

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Es bildet sich wie im Museum eine Blase um den sehr flüchtigen Moment.

Ein Blick aufs Smartphone statt aufs Spielfeld Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, wann neue Technologien das Er­lebnis des Stadionbesuchs ganz grundsätzlich verändern werden. Dafür ist entscheidend, dass heute schon die meisten Fans nicht nur mit Vereins­ schals, entsprechenden Fahnen und mit weiterem Equipment, sondern auch mit Smartphones ausgerüstet sind. Aber warum sollte man ­während eines Spiels in der BayArena zu Leverkusen, bei dem sich alle Augen eigentlich auf den Platz richten, auf ein Telefon schauen? Wenn zum Beispiel auf der Grossbildleinwand ein sogenannter Quick-Response-Code (QR-Code) erscheint – also eine abstrakt ver­ schlüsselte Grafik, die zu einer Internetseite führt, sobald man sie mit der Telefonkamera eingelesen hat – können Stadionbesucher auf ihren Geräten Inhalte abrufen, die dort für sie hinterlegt sind. D ­ avon erhoffen sich insbesondere die Sponsoren der Vereine eine völlig neue

Plattform für Werbung, die mit ganz anderen Mitteln – zum Beispiel mit bewegten B ­ ildern – agieren kann als die klassische Reklame auf der Spielfeldbande. Oder etwa die Stadion-App, die der deutsche Verein Bayer Leverkusen soeben entwickelt hat. Sie soll noch im Stadion als ­ “ Second Pitch” ­f ungieren: das Fussballspiel im Stil eines Live-­ Tickers begleiten, in Echtzeit Statistiken über das Geschehen auf dem Platz und weitere Fakten liefern, darunter die aktuelle Tabelle und die Spielstände der jeweils parallel verlaufenden Bundesligapartien. ­Zudem sollen die Fans über die App noch im Stadion auch Wieder­ holungen einzelner Spielszenen anschauen können. Kurzum: Die Unterschiede zwischen einem Stadionbesuch und dem Verfolgen eines Spiels im Fernsehen sollen verschwinden. Es war ja tatsächlich einmal so, dass man im Stadion ganz einfach Pech h ­ atte, wenn ein Tor genau dann fiel, wenn man gerade in der Tasche kramte oder an der Würstchenbude anstand. Auch konnte man ­wegen der grossen Entfernung zum Geschehen vielleicht kaum erkennen, wer der Torschütze war. Sein Gesicht in Grossaufnahme? Das war ­etwas für die Daheimgebliebenen, denen wiederum die Atmosphäre des Stadions völlig abging. Hier und da, also in der BayArena von Bayer Leverkusen ist diese Form der Augmented Reality zu haben; die Realität der meisten ­Stadien bleibt indessen im Analogen gefangen. Selten ist der Internet­ empfang dort so gut, dass an die erwähnten Anwendungen auch nur entfernt zu denken wäre, und auch Bayer Leverkusen musste zu ­d iesem Zweck erst einmal ein leistungsstarkes WLAN im ­Stadion installieren. Das komplizierte Tracking Es ist aber, ob am Ort des Spielgeschehens oder in der Berichterstattung im Fernsehen, im Grunde dieselbe ­Entwicklung. AR bedeutet: Das Spiel selbst, so schnell und wild es auch immer sein mag, wird erweitert durch ana­ lysierende, erklärende Werkzeuge. Es bildet sich wie im ­Museum eine Blase um den eigentlich sehr flüchtigen ­Moment. Jede Szene kann zum Gegenstand einer Betrach­ tung von allen Seiten werden. Dabei funktioniert diese ­Betrachtung beim Fussball noch immer vor allem im Aggregat der ­Wiederholung und unterscheidet sich dadurch von Analysen in ande­ ren Sportarten, bei denen so etwas ­bereits heute ganz selbstverständ­ lich auch in Echtzeit möglich ist. Zum Beispiel beim Schwimmen, Bahnradfahren, Skispringen oder Rudern. Da ist es nämlich möglich, auch live anzuzeigen, wo zum ­Beispiel eine Weltrekord­ leistung erwartet werden kann. Eine dem Sportler im Bild voraus­eilende oder bereits hinter ihm liegende Linie markiert, ob er mit seiner gegenwärtigen Leistung im Limit ist oder schon darüber, ob er sich noch ein bisschen mehr anstrengen muss oder vielleicht gar schon etwas nachlassen kann. Fussball ist hingegen ein Mannschaftsspiel, und keines, bei dem es für einen sprintenden Stürmer auf der Aussenbahn einen Weltrekord zu brechen gäbe. ­A llein aufgrund der vielen beteiligten Akteure, also der unendlich vielen sich möglicherweise spontan ergeben­ den Situationen ist dieser Sport im Virtuellen schwieriger aufzubereiten. Aber die Rechner laufen heiss. Längst haben sich Fernsehzuschauer an Analysen von Spielsituationen ge­ wöhnt, die bereits in der Halbzeit eines Spiels geboten werden.

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Mario Wagner / 2Agenten

Über­zeugungskraft der Bilder kann einen erheb­ lichen Einfluss auf die S ­timmung von Zehn­ tausenden haben. Ein vermeintlich zu Unrecht gewährter oder nicht gewährter Treffer? Ein ­solcher Empörungsgrund sollte der Vergangen­ heit angehören, wenn alle, und somit auch alle im Stadion, mit eigenen Augen sehen können, ob der Ball die Linie überschritten hat oder nicht.


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l­ angjährige E ­ rfahrung in der Betrachtung des Spiels als selbstverständ­ lich erscheint (bis hin zur ­intuitiven Erfassung einer Abseitsstellung), verlangt der rechnenden Maschine die allerhöchste Leistung ab. Wenn sich das Erlebnis verändert Es ist klar, dass die Entwicklung schon begonnen hat, aber erst ganz am Anfang ist. Technische Hürden sind noch zu überwinden, aber auch menschliche Widerstände – und nicht nur solche von hoffnungslos ­verlorenen Nostalgikern. Wollen wir uns eigentlich vorstellen, wie es sein wird, wenn eines vielleicht nicht allzu fernen Tages die Zuschauer im Stadion mit Google-Glass-Brillen auf der Nase auf der Tribüne sitzen; und wenn das, was sie auf den Spielfeld sehen, zugleich durch allerlei Simulationen angereichert wird? Wie wird es sein, wenn dann ein Tor fällt, und man, voller Angst um das teure Objekt, dennoch möglichst emotional seinen Nebenmann um­a rmen will? Wird man noch in den You-Will-Never-Walk-Alone-Chor einstimmen wollen, während man zu­ gleich irgendwelche Ballbesitz­-Statistiken oder die Heatmaps einzelner Spieler auswertet? Ganz ruhig! Es ist nicht wie bei Ray Bradbury: Die Augmented Reality im Stadion wird uns nicht in blutrünstige Löwen verwandeln. Å

Hier werden die Laufwege der Spieler angezeigt, dort die Bewegungen des Balls; wohin kam er tatsächlich, wohin hätte er gespielt ­werden können. Als analytisches Tableau wird die ganze Spielsituation auf den Seziertisch g ­ elegt – und viele Zuschauer sehen erst dank dieser Analy­ se, was ihnen in der superschnellen Echtzeitansicht und im Rausch des Geschehens verborgen geblieben ist. So anschaulich und selbstverständlich sie dem Betrachter auch erscheinen, solche Simulationen stützen sich auf eine höchst komplizierte Software, die solche Bilder errechnet. Der wichtigste Vorgang dabei ist das Tracking, also das Isolieren und Identifi­ zieren eines von der Kamera aufgezeichneten bewegten Objekts. Die Software muss erkennen können, ob es sich bei einer Person auf dem Platz um den Schiedsrichter, den Torhüter oder einen Feldspieler handelt, und zu welcher Mannschaft dieser Spieler gehört. Auch der Ball muss erst einmal als Objekt mit einer spezi­ fischen Bedeutung identifiziert und in den Ablauf integriert werden. Dann geht es darum, die digital ­erzeugten, also virtuellen Zusatzobjekte, zum Beispiel eine Linie, in das Bild einzufügen. Je besser diese Verbindung zwischen computergene­ riertem Zusatz und der von der Kamera aufgezeichneten Realität gelingt, je weniger gut sichtbar die Nahtstellen aus Echtem und Simuliertem also werden, desto wirkungsvoller ist die Illusion. Aber eine Kleinigkeit ist das nicht. Was dem menschlichen Auge und der Wahrnehmung eines Stadion­ besuchers oder Fernsehzuschauer nicht zuletzt durch T H E F I FA W E E K LY

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©2014 FIFA TM

6 June - 5 July


FREE KICK

SPOTLIGHT ON

ALLGEMEINE INFORMATIONEN FIFA-Kürzel: TKM Land: Turkmenistan Offizieller Name: Turkmenostan Respublikasy Kontinent:

Standing Ovations Sarah Steiner

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s läuft die 64. Minute im Spiel von ­Newcastle gegen Manchester United als Coach John Carver eine Einwechslung an­ meldet. Verteidiger Ryan Taylor wird vom Platz genommen, ein frischer Spieler soll links aussen neue Impulse setzen. An der Sei­ tenlinie steht der neue Mann. Reibt sich die Hände, zupft am Trikot, fährt sich über die Nase. Er klatscht mit Taylor ab, berührt den Rasen, bekreuzigt sich und rennt auf seine Position. Er heisst Jonás Gutiérrez. Und jeder einzelne Zuschauer im St. James’s Park steht in diesem Moment auf und applaudiert. Denn für Gutiérrez ist diese Einwechslung mehr als nur ein weiteres Spiel in seiner Karriere. Der Argentinier hat in den letzten Monaten den wohl schwersten Kampf seines Lebens ­gekämpft. Den gegen den Krebs. Im September letzten Jahres vermelden die internationalen Presseagenturen, dass Gutiérrez an Hodenkrebs erkrankt ist. Seit dem Frühjahr schon weiss der Fussballer von seiner Krankheit. In einer Operation wird ihm ein Hoden entfernt, eine intensive Chemo­ therapie lässt ihn all seine Haare verlieren. Er sagte damals: “Das ist das schwerste Spiel meines Lebens.” Es sollte sein wichtigster Sieg werden. Auch Heiko Herrlich kennt die Ängste, denen sich Gutiérrez stellen musste. Im Herbst 2000 wurde beim damaligen Bundes­ liga-Profi ein bösartiger Gehirntumor diag­ nostiziert. Er galt als einer der besten deut­ schen Stürmer, seine Frau war gerade im

dritten Monat schwanger, sein Leben schien perfekt. Herrlich erinnert sich: “Ich konnte es nicht begreifen. Hatte ich nicht alles dafür getan, um nicht krank zu werden?” Doch auch er kämpfte – und gewann. Im September 2001 gab er sein Comeback. Dass auch Éric Abidal ein Comeback ge­ ben konnte, grenzt an ein Wunder. 2011 wurde beim Franzosen ein Lebertumor diagnosti­ ziert, der sofort entfernt wurde, Abidal stand wenige Wochen nach der Operation wieder auf dem Platz. Ein Jahr später aber ereilte ihn der Schock: Der Krebs war zurück. Nur eine Lebertransplantation konnte ihn noch retten. Sein Vetter spendete einen Teil seines Organs, Abidal war auf dem Weg zurück. Ein weiteres Jahr später ist er der erste Fussballer, der mit einer transplantierten Leber spielt. Der Krebs macht auch vor der grossen Bühne des Weltfussballs nicht halt. Einige haben ihn besiegt, einige haben den Kampf verloren. Und so will Gutiérrez mit seiner Geschichte allen Betroffenen Mut machen: “Geld ist nicht wichtig, was wichtig ist, ist die Gesundheit. Ich habe mich entschieden, meine Geschichte zu erzählen, weil es anderen Menschen, die Krebs haben, helfen könnte.” Å

Asien Hauptstadt: Aschgabat

GEOGR APHISCHE INFORMATIONEN Landesfläche: 488 100 km² Höchster Punkt: Ayrybaba 3 139 m ü. M. Nachbarmeere und -ozeane: Kaspisches Meer

FUSSBALL MÄNNER FIFA-Ranking: 144. Position Weltmeisterschaften: –

BIG COUNT Alle Spieler: 100 415 Registrierte Spieler: 1 415 Nicht registrierte Spieler: 99 000 Vereine: 15

Die wöchentliche Kolumne aus der The-FIFA-Weekly-Redaktion

Offizielle: 195 T H E F I FA W E E K LY

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ZEITSPIEGEL

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Berlin, Deutschland

1920

Collection Raiss / fotogloria

Neuer Anstrich für das Maschendrahttor.

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ZEITSPIEGEL

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Shif, Iran

2014

Hossein Fatemi / VISUM

Auch das Netz darf nicht fehlen.

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THIS IS THE ONE Introducing

Official Mascot for the FIFA U-20 World Cup New Zealand 2015

@FIFAcom #Wooliam

/ďŹ fau20worldcup


THE ART OF FOOTBALL

Z I TAT E DER WOC HE

Von der Spielphilosophie

“Ich würde bis nach Barcelona schwimmen, wenn sie an meine Tür klopfen würden.”

Ronald Düker

Paulo Dybala, US Palermo

“Ein super Tor von David. Das ist Wahnsinn. Das kannst du nicht besser machen.” Franck Ribéry (Bayern München) zu Alabas Freistosstor gegen Braunschweig

“D

er Kopf ist rund, damit die Gedanken ihre Richtung wechseln können.” Wenn man diesen Satz des französischen Künstlers Francis Picabia auf den Fussball überträgt, wenn man folglich die Frage stellt, warum das Spielgerät dieses schönsten Ballspiels der Welt eigentlich rund ist, dann ist man auch schon mittendrin im weitverzweigten Geflecht von Fussball und Philosophie. Es scheint, als sei dieses ­Geflecht in den letzten Jahren stark gewuchert. Der Sport ist zu einem Lieblings­t hema des Feuilletons geworden. Denker aus allen Ecken fühlen sich berufen, das Spiel mit tiefschürfenden fachübergreifenden Analysen zu erhellen. Und das Wort Spielphilosophie ist allen Fussballfreunden längst geläufig. Was aber, wenn sich auf dem Fussballplatz lauter Philosophen gegenüberstehen, ohne dass der Ball die Richtung ändert? Kann man dann den (eigentlich unsichtbaren) Gedanken plötzlich beim Spielen z uschauen? Diese Frage stellte sich die ­ ­britische Komikertruppe Monty Python für einen Sketch, der 1973 im Fernsehen lief. Nur vier Minuten dauerte darin das grosse Finale zwischen Deutschland und Griechenland, es fand im Olympia­stadion Münchnen statt und endete 1:0 für ­Griechenland; aber hatte Griechenland, so ­gebeutelt es heute auch sein mag, nicht eben auch schon immer die besten Philosophen? Kant, Hegel, Schopenhauer, Nietzsche, Heidegger und so weiter auf der einen – Platon, Aristoteles, Sophokles, ­ ­A rchimedes auf der anderen Seite: So lasen sich die Aufstellungen der beiden

­ annschaften. Etwas überraschend nur, M dass die Deutschen auch einen Spieler namens Beckenbauer nominiert hatten, ­ denn der ist ja unter Philosophen eher ­fachfremd. Oder etwa nicht? Der Spielbericht dazu ist schnell verfasst. Da die Philosophen zwar in Fussballschuhen aufliefen, ansonsten aber in den für sie typischen historischen Trachten – also Gehröcke und Anzüge auf der deutschen, bodenlange Gewänder auf der griechischen Seite – verwundert es nicht, dass sie sich auf dem Feld auch kaum wie Sportler bewegten. Für den Ball interessierte sich erst einmal keiner, er blieb nach Anpfiff einfach unberührt auf dem Mittelpunkt liegen. Die Philosophen wandelten ganz in ihre Gedanken versunken umher und ­hoben gestikulierend die Arme, als wollten sie einem Gegenüber eine neue Einsicht erläutern. Erst in letzter Sekunde wendete sich das Spiel. Da hatte – Potzblitz! – Archimedes die entscheidende Idee. Er schnappte sich den Ball an der Mittellinie, passte auf Sokrates, der auf Heraklit, der wieder zurück auf Sokrates, dieser stiess den Ball mit dem Kopf, und es war geschehen: eins zu null dank Sokrates! Die Begegnung war entschieden. Allerdings spazierte der vergrübelte deutsche Torwart Leibniz auch völlig teilnahmslos zwischen seinen Pfosten hin und her. Ob er überhaupt mitbekam, dass Archimedes und Sokrates gerade eine grosse philosophische Frage gelöst hatten? Die Lösung lautet: Der Ball ist rund, damit er rollen und ins Tor befördert werden kann. Å

“Als Spieler nimmst du vieles hin, was mit dem Spielen des Balls nichts zu tun hat. Da wird gekniffen und getreten, um dich zu provozieren. Aber Spucken ist unterste Schublade. Wenn es mir passieren würde, dass mir jemand ins Gesicht oder in meine Richtung spuckt, müsste derjenige sein Abendbrot an diesem Tag mit dem Strohhalm essen.” Jonathan Walters, Stoke City

“Ein Derby zu gewinnen ist wie ein Orgasmus. Ich kann Ihnen sagen, das war wirklich heiss.” Pierre-Emerick Aubameyang nach Dortmunds 3:0-Sieg gegen Schalke

“Für mich ist Pogba der beste Spieler in Italien, aber Pirlo ist der Fussballdoktor. Mein Vorbild ist Lampard – ich wollte schon immer spielen wie er.” Marcelo Brozovic, Inter Mailand

“Ich habe mich entschuldigt. Ich zahle auch freiwillig eine Strafe. Und ich gebe der Mannschaft einen Leberkäse aus. Ich bin halt ein emotionaler Typ. Es war dumm von mir.” Stefan Aigner (Eintracht Frankfurt) über den Wutausbruch nach seiner Auswechslung T H E F I FA W E E K LY

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TURNING POINT

“Nicht die Grösse eines Landes entscheidet” Französisch-Guyana spielt gegen Honduras um den Einzug in den Gold Cup. Für Kapitän Marvin Torvic ein symbol­trächtiges Spiel.

Daniel Sommer / 13 Photo

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er Abend des 25. März 2015 wird für mich und ganz Französisch-Guyana wohl unvergesslich werden. Ich werde das Nationalteam als Kapitän in das Spiel gegen Honduras führen, in dem es um das letzte Ticket für den Gold Cup 2015 geht: das grösste kontinentale Turnier der Nord-, Mittelamerika- und Karibik-Zone (CONCACAF). Französisch-Guyana ist kein FIFA-Mitglied, sondern eine Unterabteilung des französischen Verbands (FFF). Die Mannschaft darf aber trotzdem am ­C ONCACAFTurnier dabei sein. Ich kann meine Gefühle vor dieser Partie gar nicht in Worte fassen. Der Gedanke daran begleitet mich ständig – und raubt mir nachts den Schlaf. Wir spielen gegen eine Mannschaft, die an der WM 2014 dabei war. Es ist der Höhepunkt meiner Karriere und der grösste Augenblick in der noch jungen Geschichte der Nationalmannschaft. Die Menschen zu Hause fiebern dem Spiel ungeduldig entgegen. Ich habe meine Heimat im Alter von neun Jahren in Richtung Frankreich verlassen. Doch ich verdanke ihr meine Liebe zum Fussball. Dort habe ich, im Alter von zwei Jahren, das erste Mal einen Ball gekickt. Es sollte sich zu einer grossen Leidenschaft entwickeln. Für mein Land zu spielen, bedeutet mir sehr viel. Guyana ist meine Heimat – meine Familie und meine Freunde sind da. Und das Land fehlt mir sehr, auch wenn ich mich mittlerweile daran gewöhnt habe, nicht zu Hause zu sein. Ich habe nie einen Gedanken daran verschwendet, nicht für Französisch-Guyana zu spielen. Es ist eine grosse Ehre für mich, mein Land bei internationalen Turnieren zu vertreten. Wir sind eine sehr kleine Nation. Daher

wäre es nicht nur für uns als Team wichtig, Erfolge zu verzeichnen, sondern auch für die jungen Spieler, die sich so auf internationaler Ebene bekannt machen können. Das Erreichte macht mich sehr stolz, denn wir zeigen der ganzen Welt, dass wir auf höchstem Niveau mithalten können. Unsere bisherigen Ergebnisse haben einen noch höheren Stellenwert, wenn man bedenkt, dass unsere besten Spieler, die in Europa unter Vertrag stehen, nicht immer die Möglichkeit haben, nach Guyana zu kommen, um für die Nationalmannschaft zu spielen. Noch vor zwei Jahren hätte niemand zu denken gewagt, dass wir eines Tages einen derartigen Erfolg verbuchen könnten. Nun stehen wir kurz davor. Als Mannschafts­ kapitän ist es meine Aufgabe und auch meine Pflicht, stets daran zu glauben und meine Mitspieler zu motivieren, ebenso zu denken. Wir verzeichnen grosse Fortschritte und sind auf dem richtigen Weg – unabhängig davon, wie das Duell enden wird. Wir haben erst nach und nach realisiert, dass wir uns für den Gold Cup qualifizieren können. Im Duell gegen

die besten Mannschaften der Karibikzone haben wir gezeigt, dass die Grösse eines Landes im Fussball nicht ausschlaggebend ist. Å Aufgezeichnet von Emanuele Giulianelli

Name Marvin Torvic Geburtsdatum, Geburtsort 5. Januar 1988, Cayenne (Französisch-Guyana) Position Verteidiger Stationen 2010–2011 Lorient B 2011–2013 US Sinnamary 2013–2014 PS Kemi Seit 2014 TSV 1860 Rosenheim Nationalmannschaft von Französisch-Guyana 9 Länderspiele, 0 Tore

Persönlichkeiten des Fussballs erzählen von einem wegweisenden Moment in ihrem Leben. T H E F I FA W E E K LY

37


W E LT R A N G L I S T E D E R M Ä N N E R

Deutschland (unverändert) Italien (10, + 2 Ränge) Spanien (11, – 1) 7 Barbados, Bermuda, Grenada, St. Vincent und die Grenadinen (je 2 Spiele) Israel (+ 75 Punkte) Barbados, Bermuda (je 11 Ränge) Libanon (– 90 Punkte) Letzte Aktualisierung: Libanon (– 25 Ränge) 12. März 2015

Spitzenreiter Aufsteiger in die Top 10 Absteiger aus den Top 10 Spiele insgesamt Teams mit den meisten Spielen Grösster Aufsteiger nach Punkten Grösster Aufsteiger nach Rängen Grösster Verlierer nach Punkten Grösster Verlierer nach Rängen Rang Team

+/- Punkte

Rang Team

+/- Punkte

Rang Team

+/- Punkte

Rang Team

+/- Punkte

1 Deutschland

0 1770

55 Südafrika

1

608

109 Katar

0

300

163 Swasiland

2

106

2 Argentinien

0 1577

56 Republik Korea

-2

594

110 Sudan

2

288

164 Belize

3

100

3 Kolumbien

0 1499

56 Türkei

-4

594

110 Kuba

4

288

164 Tahiti

3

100

4 Belgien

0 1471

58 Ägypten

-1

582

112 Libyen

1

281

166 Guyana

0

94

5 Niederlande

0 1415

59 Peru

0

565

113 Namibia

-2

277

167 Guam

-5

93

6 Brasilien

0 1348

60 Sambia

0

560

114 Niger

4

271

168 Gambia

1

90

7 Portugal

0 1191

61 Panama

0

557

115 Mauretanien

8

268

169 Bermuda

11

89

8 Frankreich

0 1180

61 Albanien

2

557

116 Kanada

1

266

170 Pakistan

1

88

9 Uruguay

0 1164

63 Trinidad und Tobago

-1

553

117 Liberia

-2

264

170 Laos

-9

88

10 Italien

2 1146

64 Ruanda

8

550

118 Kenia

-2

263

172 Montserrat

-2

86

11 Spanien

-1 1130

65 Australien

-2

549

119 St. Vincent und die Grenadinen

-9

260

173 Indien

-2

74

12 Schweiz

-1 1126

66 Republik Irland

1

537

120 Lesotho

5

257

174 Sri Lanka

-1

73

13 Costa Rica

0 1095

67 Montenegro

-2

531

121 St. Kitts und Nevis

-2

244

175 Jemen

4

72

14 Rumänien

2 1081

68 Burkina Faso

0

529

122 Moldawien

-1

243

176 Turks- und Caicos-Inseln

0

66

15 Chile

-1 1057

69 Vereinigte Arabische Emirate

-3

523

123 Liechtenstein

7

238

177 Komoren

-3

64

16 Tschechische Republik

1 1045

70 Norwegen

-1

522

124 Simbabwe

-5

237

178 Seychellen

-1

60

17 England

-2 1031

71 Bulgarien

-1

501

125 Kuwait

3

231

179 São Tomé und Príncipe

-5

58

18 Algerien

0

986

72 Usbekistan

-1

483

126 Georgien

0

225

180 Nepal

0

57

19 Kroatien

0

963

72 Venezuela

7

483

126 Burundi

-2

225

181 San Marino

-1

55

20 Elfenbeinküste

0

944

74 Uganda

2

478

128 Aruba

4

221

181 Kambodscha

3

55

21 Mexiko

0

935

75 Togo

0

466

128 Philippinen

4

221

181 Dominica

-1

55

22 Slowakei

0

932

76 Jamaika

3

463

130 Vietnam

2

220

184 Salomon-Inseln

0

53 51

23 Österreich

0

916

77 Haiti

1

454

131 Barbados

11

218

185 Nicaragua

-8

24 Ghana

1

887

78 Finnland

-5

450

132 St. Lucia

8

216

185 Osttimor

2

51

25 Tunesien

1

881

79 Armenien

-5

437

133 Malediven

2

214

187 Macau

1

45

26 Israel

6

880

80 Paraguay

-1

434

134 Neuseeland

2

211

188 Chinese Taipei

-4

43

27 Griechenland

-3

872

81 Honduras

-4

433

134 Guinea-Bissau

4

211

188 Südsudan

1

43

28 Dänemark

0

863

82 Guatemala

0

425

136 Luxemburg

-7

209

190 Mauritius

0

36

29 Ecuador

0

852

83 VR China

-1

423

137 Afghanistan

7

203

191 Vanuatu

0

34

30 Bosnien und Herzegowina

0

841

84 Angola

0

403

138 Kasachstan

1

199

192 Fidschi

0

30

31 Ukraine

-4

838

85 Zypern

4

398

139 Aserbaidschan

-8

198

192 Samoa

0

30

32 USA

-1

828

86 Mosambik

4

385

140 Palästina

-14

194

194 Bahamas

1

26

33 Russland

0

788

87 Estland

-2

379

141 Tadschikistan

-4

192

195 Mongolei

-1

25

34 Polen

6

778

87 Sierra Leone

-1

379

142 Thailand

1

189

196 Tonga

0

17

35 Island

2

776

89 El Salvador

-2

378

143 Zentralafrikanische Republik

2

178

197 Amerikanische Jungferninseln

0

16

36 Senegal

0

772

89 Marokko

-1

378

144 Turkmenistan

3

175

198 Brunei Darussalam

0

15

37 Wales

-3

763

91 Malawi

2

376

145 Malta

4

168

199 Papua-Neuguinea

0

13

38 Kap Verde

-3

761

92 Bolivien

0

372

146 Libanon

-25

164

200 Amerikanisch-Samoa

0

12

39 Schottland

-1

727

92 Benin

3

372

147 Madagaskar

1

163

201 Andorra

0

8

40 Serbien

-1

709

94 Litauen

2

364

148 Tschad

-2

155

201 Britische Jungferninseln

1

8

41 Nigeria

1

701

95 Lettland

5

361

149 DVR Korea

3

149

201 Eritrea

1

8

42 Iran

-1

692

96 Oman

-5

356

150 Kirgisistan

1

146

204 Somalia

0

6

43 Nordirland

8

679

97 Irak

-3

353

151 Neukaledonien

2

143

205 Cayman-Inseln

0

5

44 Guinea

-1

669

98 Belarus

3

346

152 Syrien

-2

141

206 Dschibuti

0

4

45 Schweden

-1

663

99 Saudiarabien

-1

339

153 Myanmar

-12

137

206 Cook-Inseln

0

4

46 Ungarn

2

659

100 Tansania

7

331

153 Singapur

3

137

208 Anguilla

0

2

47 DR Kongo

-1

651

101 Jordanien

-4

326

153 Malaysia

1

137

209 Bhutan

0

0

48 Slowenien

-1

649

102 Antigua und Barbuda

-3

325

156 Indonesien

2

129

49 Kamerun

-4

646

102 Äthiopien

0

325

157 Hongkong

2

127

50 Äquatorial-Guinea

-1

630

104 Bahrain

-1

319

158 Grenada

-3

126

51 Mali

2

626

105 Färöer

0

317

159 Curaçao

1

125

52 Kongo

-3

625

106 Botsuana

-1

316

160 Puerto Rico

2

119

53 Japan

2

617

107 Dominikanische Republik

1

310

161 Suriname

3

115

54 Gabun

4

610

108 EJR Mazedonien

-4

308

162 Bangladesch

-5

112

38

T H E F I FA W E E K LY

http://de.fifa.com/worldranking/index.html


PUZZLE

Eine Wochenpublikation der Fédération Internationale de Football Association (FIFA)

Herausgeberin FIFA, FIFA-Strasse 20, Postfach, CH-8044 Zürich Telefon +41-(0)43-222 7777, Fax +41-(0)43-222 7878 Präsident Joseph S. Blatter

Ziel beim Sudoku-Lösen ist es, die leeren Zellen des Spielfeldes mit den Ziffern 1 bis 9 so auszufüllen, dass in jeder Zeile und in jeder Spalte sowie in jedem 3x3-Teilquadranten jede dieser Ziffern genau ein Mal steht.

1

8

4

7

6

2

7

LEICHT

1

4

3

Generalsekretär Jérôme Valcke Direktor Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit Walter De Gregorio

4 8

Chefredakteur Perikles Monioudis

5 2

3

1 9

5

6

7

1

4 2

Redaktion Alan Schweingruber (Stv. Chefred.), Sarah Steiner Art Direction Catharina Clajus

6

Bildredaktion Peggy Knotz, Andreas Wilhelm (Stv.) Layout Richie Krönert (Leitung), Tobias Benz, Susanne Egli

2

5

2

8

6

4

2

4

7

3

6

7

8

MIT TEL

3

Korrektorat Nena Morf (Leitung), Martin Beran, Kristina Rotach

8

Ständige Mitarbeitende Ronald Düker, Luigi Garlando, Sven Goldmann, Andreas Jaros, Jordi Punti, Thomas Renggli, David Winner, Roland Zorn

4 7 6

6

Mitarbeit an dieser Ausgabe Massimo Franchi, Emanuele Giulianelli, Mark Gleeson, Alejandro Varsky

7

3

8 3

5 2

1

Projektmanagement Bernd Fisa, Christian Schaub

2

7

5

Produktion Hans-Peter Frei

6

2 8

Redaktionsassistenz Alissa Rosskopf, Honey Thaljieh

Übersetzung www.sportstranslations.com

8

8 7

7

6

9

6

8

4

3

SCHWER

Kontakt feedback-theweekly@fifa.org

5

4

2 2

6

Der Nachdruck von Fotos und Artikeln aus The FIFA Weekly, auch auszugsweise, ist nur mit Genehmigung der Redaktion und unter Quellenangabe (The FIFA Weekly, © FIFA 2015) erlaubt. Die Redaktion ist nicht verpflichtet, unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos zu publizieren. Die FIFA und das FIFA-Logo sind eingetragene Warenzeichen. In der Schweiz hergestellt und gedruckt. Ansichten, die in The FIFA Weekly zum Ausdruck gebracht werden, entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der FIFA.

9 1

Internet www.fifa.com/theweekly

5

7 9 3

7 4 8

3 8

7

6

2

4 4

4

2

6

9 8

5

T H E F I FA W E E K LY

Puzzles courtesy: opensky.ca/sudoku

3

Druck Zofinger Tagblatt AG

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AUSWERTUNG DER LET Z TEN UMFR AGE

UMFR AGE DER WOCHE

Welcher dieser Spieler wird Top-Torjäger der UEFA-Champions-League-Saison 2014/15?

Wer gewinnt die CONCACAFChampions-League 2014/15?

53+32+4321 62.510 32 9 3%

2% 1%

4%

Quelle: Fifa.com

32%

53%

≠ Lionel Messi (FC Barcelona) ≠ Cristiano Ronaldo (Real Madrid) ≠ Mario Mandzukic (Atlético Madrid) ≠ Luiz Adriano (Shakhtar Donetsk) ≠ Jackson Martínez (FC Porto) ≠ Edinson Cavani (Paris Saint-Germain) ≠ Sergio Agüero (Manchester City) ≠ Karim Benzema (Real Madrid)

· Alajuelense (CRC) · América (MEX) · Montreal Impact (CAN) · Herediano (CRC) Stimmen Sie ab unter: FIFA.com/newscentre

Zuschauer strömten ins Citrus-Bowl-Stadion in Orlando, um das Auftaktspiel der neuen MLS-Saison zwischen Orlando City und New York City zu sehen. Nie zuvor, nicht einmal während der Fussball-WM 1994, gab es in der Stadt in Florida eine so hohe Zuschauerzahl bei einem Fussballspiel.

Dreierpacks hat Lionel Messi mittlerweile in allen Wettbewerben für den FC Barcelona erzielt und damit erneut einen Rekord aufge­ stellt. Nie zuvor in der spanischen Fussball­ geschichte hat es ein Spieler in Pflichtspielen auf eine derart beeindruckende Dreier-Aus­ beute gebracht. Den Rekord von 31 Dreier­ packs hielt Telmo Zarra.

Heimspiele in Folge ohne Sieg bedeuten einen neuen Negativrekord für den VfB Stuttgart. Das 0:0 gegen Hertha BSC Berlin war zudem das neunte Heimspiel der Saison, in dem die Schwa­ ben kein Tor erzielen konnten. In der Geschich­ te der Bundesliga gab es nur zwei Klubs, die vor ihren eigenen Fans noch öfter ohne Torerfolg blieben: Tasmania Berlin in der Saison 1965/66 (11 Spiele) und Greuther Fürth in der Saison 2012/13 (10 Spiele).

Alfredo Estrella / AFP, Getty Images, imago (2)

Z AHLEN DER WOCHE


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