AUSGABE 01/ 2020
GRILL-LIFESTYLE HANDGEMACHT IN DER SCHWEIZ
RAUMPLANUNGSHIGHLIGHTS | LICHTTHERAPIE | ERHOLUNG IM GARTEN | DEKARBONISIERUNG
KÜCHENDESIGN NACH MASS INDIVIDUELL UND GANZ PERSÖNLICH
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LIEBE LESERIN, LIEBER LESER, Messen sind – wie Printmedien – herausfordernde Geschäftsfelder. Beide müssen sich in ihrem Umfeld mit vielen Wettbewerbern messen. Printmedien können heute nicht mehr nur aktuell sein – und bei Messen einfach nur Ausstellungsfläche bieten, sind heute eindeutig zu kurz gesprungen. Heute muss eine Messe echten Mehrwert für ihre Aussteller und Besucher bieten. Bei der Swissbau im Januar konnten wir den Praxistest machen. Alle zwei Jahre versammelt die Baumesse die wichtigsten Akteure der Planungs- Bau- und Immobilienbranche in Basel. Das Highlight dieses Jahres war das Swissbau Innovation Lab. Schon ein Jahr, im Vorfeld der Messe, hatte sich eine hochkarätige Arbeitsgruppe vorbereitet. Dies spürten die Besucherinnen und Besucher – im positiven Sinne. Wir führten an der Swissbau, auch zum Thema Digitalisierung, einige Interviews, die Sie in der vorliegenden Ausgabe lesen können. Allerdings gab es an der Swissbau auch Messehallen, die in klassische Muster zurückfielen. Bei den Küchen reihte sich ein Stand an den anderen wie bei einer Perlenkette und es fehlte die verbindende Klammer. Im März finden Sie bauRUNDSCHAU an der Giardina in Zürich und an der light + building in Frankfurt. In Frankfurt geht es schon lange nicht mehr nur um neue Leuchtmittel. Auch hier heissen die zentralen Stichworte Digitalisierung und Vernetzung. Ein Szenario, welches schon heute technisch möglich ist, könnte so aussehen: Wenn die Strassenleuchte feststellt, dass das E-Mobil vor dem Haus abgestellt wird, werden Parkgebühren zugewiesen, der Ladevorgang initiiert, der Gehweg dynamisch bis zum Wohnhaus ausgeleuchtet, die Haustüre via Gesichtserkennung geöffnet, die tagesspezifische Lichtstimmung genauso wie die Lieblingsmusik initialisiert. Ob, wir das so wollen, muss aber noch gesellschaftspolitisch ausdiskutiert werden.
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An der Giardina können wir dann zum Ausgleich die Seele baumeln lassen. Die diesjährige Messe widmet sich unserer Sehnsucht nach Geborgenheit und zeigt, wie in unserem hektischen Alltag Gärten zum Wohlfühlen entstehen. Gleichzeitig rückt die Giardina die Biodiversität und den urbanen Lebensraum der Zukunft in den Fokus und veranschaulicht, wie naturnahe Begrünungen und neue Technologien ihren Beitrag dazu leisten können.
Georg Lutz
Chefredaktor bauRUNDSCHAU g.lutz@rundschaumedien.ch www.baurundschau.ch
Fässer www.packstar.ch 032 333 30 58
Vielfalt Vielfalt erLEBEN erLEBEN
WOOOOOW, habt Ihr das gesehen? Das war unser Stand an der Swissbau 2020
INHALT ARGENTINIEN UND SCHWEIZ VEREINT
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«Asado» ist das argentinische Wort für eine Grillmahlzeit. Doch es ist weit mehr als das: Es ist ein wichtiges soziales und kommunikatives Ereignis. Hier kommen Alt und Jung zusammen, geniessen Fleisch vom Grill, selbst welches Holz verwendet wird, ist essenziell. Der Schweizer Hersteller azado hat sich die Leidenschaft fürs Grillieren auf die Flagge geschrieben. Wie in Argentinien wird das Braten des Fleischs regelrecht zelebriert. Die Schweizer Handwerkskunst vereint mit der Leidenschaft Südamerikas ergibt ein kulinarisch einzigartiges Erlebnis.
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NORDISCHE INNOVATIONEN Kopenhagen. Die Hauptstadt Dänemarks vereint moderne Architektur und alte Bauten in sich wie keine andere Stadt Europas. Dies macht sich einer der renommiertesten Vertreter in Sachen Architektur, das dänische Büro Cobe, zu Nutze. Das Team um Dan Stubbergaard erforscht dabei die unzähligen Potenziale des städtischen Raums und setzt sie in aussergewöhnlichen Projekten um. Die markantesten Werke des Büros sind die «Nørreport Station», «The Silo» oder auch das Museum für Rockmusik «Ragnarock».
NEUHEITEN AN DER SWISSBAU Im Januar fand die Swissbau 2020 in der Messe Basel statt. bauRUNDSCHAU war als Medienpartner natürlich an der grössten Schweizer Baumesse präsent. Digitalisierung war das zentrale Thema. Salto Systems sprach über neue Türzutrittssysteme, die garantiert nicht mehr in der Handtasche verloren gehen. ecocoach präsentierte auf der Swissbau Module aus einer Hand, was das nachhaltige Bauen betrifft. Diese zwei Interviews belegen die Innovationsfähigkeiten von Schweizer Firmen.
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LICHT ALS THERAPIE Mit der Industrialisierung hielt das künstliche Licht Einzug. Im Laufe der Zeit verbrachten die Menschen immer weniger Zeit im natürlichen Licht. Hat dies eine Auswirkung auf den Biorhythmus? Der durchschnittliche Büroarbeiter verbringt 22.25 Stunden pro Tag unter künstlichem Licht. «Licht ist nicht gleich Licht», sagt Dr. Ing. Oliver Stefani. Als Beispiel nennt er die Tageslicht-LEDs, die dem natürlichen Sonnenlicht relativ nahekommen. Denn je natürlicher das Licht, dem wir ausgesetzt sind, umso besser ist auch unser Schlaf, und das wirkt sich auch auf die Gesundheit aus.
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INHALT
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TEEZEREMONIE DER ZUKUNFT «Alexa, mach mir Tee mit 70 Grad heissem Wasser.» Was früher in Science-Fiction-Serien wie «Star Trek» propagiert wurde, könnte bald möglich sein. Die Digitalisierung macht vor Küchen nicht halt. Dominiert bald die Künstliche Intelligenz? Fakt ist: Die Küche soll nicht komplett in der Hand der KI liegen. Kochen wird der Mensch immer noch selbst. Dennoch werden uns Bots einiges abnehmen. Wie zum Beispiel das Teekochen. Der Anbieter digitalSTROM bleibt in seinen Projekten nicht nur in den Küchen stehen, sondern bietet Smart-Home-Lösungen fürs ganze Haus an.
DEKARBONISIERTE SCHWEIZ Die Schweiz ist klimapolitisch in einer ausgezeichneten Ausgangslage. Im Unterschied zu den meisten Ländern verfügt sie über eine praktisch CO2-freie Stromversorgung. Hier muss also keine Dekarbonisierung stattfinden. Die Wasserkraft liefert fast zwei Drittel der Stromproduktion und ist somit die mit Abstand wichtigste einheimische Energiequelle. Biogas und aus erneuerbaren Energien gewonnenes synthetisches Gas könnten ebenfalls eine Option sein. Das grösste Fragezeichen bildet jedoch der Verkehrssektor.
WIR SIND VOR ORT Unter anderem sind wir in den nächsten Monaten an folgenden Messen und Veranstaltungen vor Ort. Gerne können Sie im Vofeld mit uns Termine vereinbaren. Au Wunsch schauen wir in Ihrem Unternehmen auch persönlich vorbei.
RUBRIKEN Editorial 3 Highlight 8 Garten 12 Architektur 20 Innenarchitektur 48 Bauen 88 Umwelt & Technik 124 Kolumnen 50, 72, 78, 96, 102, 108, 122, 134 Impressum 144
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light + building, Frankfurt / M, www.light-building.messefrankfurt.com Giardina, Zürich, www.giardina.ch Bau + Energie Messe, Bern, www.bau-energie.ch
IM WEB Wir halten Sie zwischen den Ausgaben mit aktuellen News, Fotostrecken, Kolumnen und Analysebeiträgen au dem Lauenden. Sie sind gerne eingeladen, sich crossmedial zu beteiligen. Zum Beispiel mit News: 1 000 Zeichen, Bild und URL. Besuchen Sie www.baurundschau.ch
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Das soziale Erlebnis und die Kommunikation sind beim Thema Grillieren eine wichtige Komponente.
EIN APPLAUS FÜR DEN GRILLCHEF! ARGENTINISCHE GRILLKULTUR UND SCHWEIZER HANDWERKSKUNST von Corina Ebneter
Holzkohle oder Gas? Die Beantwortung dieser Frage führt zu heissen Diskussionen, wenn es um das Thema Grillieren geht. Jetzt haben zwei Schweizer sich dieser Frage angenommen und über die letzten Jahre eine Lösung entwickelt. Schweizer und argentinische Welten kommen innovativ zusammen. Der azado-Grill ist geboren.
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er an Argentinien denkt, der hat in erster Linie Bilder zu Fussball und Rindern, aus denen saftige Steaks werden, im Kopf. Kein Wunder, Argentinien ist das Fleischland. Alles ist hier gross dimensioniert. Wer bislang nur europäische Grillkultur kannte, erlebt hier sein XXL-Wunder. Die Grillgeräte sind gross, das
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Fleisch ist gross, und es grillieren ganze Familienverbände, sprich, auch der soziale Zusammenhalt ist gross. Grillkultur wird in Argentinien grossgeschrieben. Aber es geht nicht nur um quantitative Kriterien, sondern auch um qualitative Punkte. In Argentinien grasen die Rinder im Freien in der Pampa. Hier liegt ein zentraler Grund für das saftige,
schmackhafte und aromatische kulinarische Erlebnis. Aber auch Details wie das richtige Grillholz sind zu beachten. «Asado» bedeutet in Argentinien weit mehr als nur das reine Grillieren, sondern es ist ein wichtiges soziales und kommunikatives Ereignis und Fixpunkt. Wer nicht zu Hause
HIGHLIGHT
grillt, geht in eines der vielen «Parillas», die Grillrestaurants, die im Freien riesige Grillpartys anbieten. Grillieren ist Savoir-vivre in Argentinien. Die Frage ist: Warum kann diese faszinierende Esskultur nicht auch in die Schweiz exportiert werden? Es geht! Inzwischen ist ein Schweizer Hersteller mit überzeugenden Lösungen auf dem Markt.
DIE SCHWEIZER LÖSUNG Für den Schweizer Hersteller azado ist das Grillieren folgerichtig mehr als nur sommerliche Essenszubereitung, vielmehr zelebriert er Leidenschaft und Lebensgefühl damit. Mit den Modellen «El Maestro», «El Rey» sowie «El Original» verbindet azado die jahrhundertealte argentinische Tradition des Grillierens mit Schweizer Handwerkskunst. Je nach Vorliebe kann man sie mit Holz, mit Gas und Kohle kombiniert oder nur mit Gas einfeuern. Seit fünf Jahren werden die langlebigen Grills aus massivem Chromstahl in der Werkstatt in St. Gallen hergestellt.
LIEBE AUF DEN ERSTEN BLICK «Un applauso para el asador!» – ein Applaus für den Grillchef! Es war Sommer 2010, als Andreas Nöckl und Manuel Würth an der Hochzeit von Manuels Schwester erstmals ein argentinisches Asado (Grillfest mit argentinischem Grill) geniessen durften. Es war Liebe auf den ersten Blick. «Nebst dem äusserst schmackhaften Fleisch war es vor allem die Art des Grillierens, die uns fasziniert hat», betonen die beiden. Schnell war klar, dass Nöckl und Würth diese Kunst erlernen wollten, und es entstand die Idee, selbst einen solchen Grill zu bauen. Nach einigen Gesprächen mit Freunden entstand der erste Prototyp, der an einigen Grillfesten getestet wurde und auf grosse Begeisterung stiess. «Wir merkten jedoch auch schnell, dass noch viel Optimierungsbedarf bestand.» So zeichneten sie alle Änderungen ein und machten sich 2013 an die Produktion des zweiten Prototypen – nun erstmals komplett aus Chromstahl. «Auf einer Reise durch Argentinien im gleichen Jahr haben wir dann endgültig unser Herz an die dortige Grillkultur verloren.» Zurück in der Schweiz wurde aus den ersten Ideen und Fantastereien das konkrete Projekt «azado». Knapp zwei Jahre später, im Sommer 2015, entschieden sich die Verantwortlichen, eine kleinere Version des Grills mit Gasanschluss zu bauen, um allen Bedürfnissen von späteren Benutzern in Europa gerecht zu werden. So steht nun – zehn Jahre nach der ersten Idee und
Die Grundlage für ein unvergessliches Grillerlebnis: Gas- oder Holzbefeuerung.
zahlreichen technischen und kulinarischen Tests – die sechste Generation unseres azado-Grills bereit. «Wir sind überzeugt, dass er nicht nur uns begeistern wird.» An diesem Punkt kommen Nöckl und Würth immer wieder ins Schwärmen.
TECHNIK MIT PFIFF Ein vielfältiges Produkt mit raffinierten Details: Mithilfe des Gaselements kann die Kohle innerhalb von sechs Minuten zum Glühen gebracht werden. Danach das Gas abstellen und mit Holzkohle grillieren. So kann auch bei etwas weniger Zeit der Holzkohlegeschmack genossen werden. Muss es schnell gehen, kann auch nur mit Gas grilliert werden. Wer grillieren mit Holz bevorzugt, und damit an die argentinische Originalversion anschliesst, kann mit wenigen Hand-
griffen das gesamte Gaselement umgehend vom azado-Grill entfernen und direkt auf den Schamottesteinen ein Feuer anzünden. Nebst jeglichen Arten des Grillierens bietet der azado-Grill noch viele weitere Vorteile. Er ist mit einem V-förmigen zweigeteilten sowie herausnehmbaren Rost ausgestattet. Dieser fängt das Fett auf, welches in der dafür vorgesehenen Auffangrinne ablaufen kann und in einem abnehmbaren Fettauffangbehälter gesammelt wird. Somit ist das Fleisch vor Fettbrand geschützt und kann seinen vollumfänglichen Geschmack entfalten. Dank der schwarzen Emaillierung des Rosts ist eine einfache und schnelle Reinigung nach dem Grillieren garantiert. Auch die Chromstahlverkleidung ist leicht zu reinigen. Dank der ausgeklügelten Kurbel mit einem Zahnrad kann die Höhe des Rosts
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HIGHLIGHT
Andreas Nöckl (rechts) ist der Macher und Visionär, Manuel Würth ist ITler und Koch.
Auf die technischen Details kommt es an.
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mit nur einer Hand kinderleicht und stufenlos verstellt werden. Der Grill wird mit kleinen, aber durchdachten Details ergänzt. Im Bein des Grills sind Magnete verbaut. Dadurch stellt sich nie wieder die Frage, wohin mit den schmutzigen Messern oder der Grillzange, da sich diese einfach am Bein anhaften. Zudem befindet sich am Windschutz ein Flaschenöffner. Ein integriertes Schneidebrett aus Holz kann auf der Seite des Grills angebracht werden und bei Nichtgebrauch unten auf der Ablagefläche des Grills schnell verstaut werden. Dank der grossen Räder lässt sich der Grill leicht verschieben – auch auf Rasen oder steinigem Untergrund.
MIT QUALITÄT ÜBERZEUGEN Dank der hochwertig edlen Materialien und der genauen Verarbeitung der Teile weist der azado-Grill eine deutlich höhere Lebenserwartung auf als die bisher bekannten Grills. Der gesamte Grill ist aus massivem Chromstahl gefertigt und damit bestens vor Rost geschützt. azado arbeitet hauptsächlich mit Produktionspartnern aus der Region St. Gallen zusammen. Damit kann die hochstehende Qualität jederzeit sichergestellt werden. Kunden erhalten ein erstklassiges Schweizer Produkt. Auch individuelle Wünsche stehen auf der Agenda. Jeder azado-Grill hat vielfältige Gestaltungsmomente aufzuweisen. So sind die Holzeinheiten am Grill wahlweise aus Kernesche oder Nussbaum gefertigt. Zudem stehen zahlreiche Accessoires für den Grill zur Verfügung. Durch die Herausnahme einer Rosthälfte kann die Grillfläche wahlweise durch eine elektropolierte Grillplatte, ebenfalls aus Chromstahl, erweitert werden. Sie eignet sich perfekt für das Braten von Gemüse, Fisch und vielem mehr. Mit dem Cornel (Gardeckel / Kohleretter) können Speisen auf dem Rost oder der Grillplatte abgedeckt und somit indirekt gegart werden. Der Griff aus Holz ist ebenfalls, passend zu Ihrem Grill, in Kernesche oder Nussbaum erhältlich. Nach Beendung des Grillierens kann die noch glühende Kohle mit dem Cornel abgedeckt und erstickt werden. Wer gerne Braten oder ganze Poulets grillieren möchte, kann den mit einem Motor angetriebenen Drehspiess am Grill montieren. Der azado-Grill ist ebenfalls als Einbauversion erhältlich. Dieser ist speziell für individuelle Projekte im Aussenbereich konzipiert. So eignet er sich beispielsweise für den Einbau
Hier kommt argentinische Tradition mit Schweizer Design und Qualität zusammen.
in Cheminées oder in Aussenküchen. Die Einbauversion ist mit speziellen Füssen ausgestattet, welche einen sicheren Einbau gewährleisten. Auch er ist mit einem V-Rost sowie einem Fettablauf ausgestattet und in allen drei Grössen erhältlich.
IN DIE AUSSENKÜCHE INTEGRIERT Die azado-Aussenküche ermöglicht das Kochen im Freien, mit allem, was dazugehört. Der modulare Aufbau garantiert eine optimale Anpassung an jedes Kundenbedürfnis. Mit dem eingebauten Kühlschrank sind gekühlte Getränke immer griffbereit. Zudem bieten Staufächer Platz für Gläser, Teller und weitere Grillutensilien. Eine Besteckschublade ist ebenfalls vorhanden. Für die Gasflasche ist gleich unter dem Grill in der Küche ein Staufach verbaut. Natürlich sind den Erweiterungen der Aussenküche kaum Grenzen gesetzt. Auf Wunsch kann beispielsweise ein Lavabo oder eine Bar verbaut werden. Die Aussenküchen werden mit einer hochwertigen Inalco-Keramikplatte von der Passionker AG bestückt. Diese weisen eine hohe Abriebsbeständigkeit auf, was sie fast unzerstörbar macht. Kunden können aus rund 50 verschiedenen Platten auswählen.
So findet sich für jeden Geschmack die passende Keramikplatte. Die Abdeckfronten können frei in RALFarben gestaltet und auch die Aussenküche komplett mit Inalco-Keramikplatten eingekleidet werden. So sind die azado-Aussenküchen komplett wetterfest. Der Grill kann mit einer passenden Abdeckblache vor Umwelteinflüssen geschützt werden. Das azado-Team wünscht eine erfolgreiche Grillsaison und unterstützt seine Kunden gerne bei der Planung.
UNTERSCHIEDLICHE GRÖSSEN Der Grill ist in folgenden Grössen erhältlich: • El Maestro – 60 x 40 Zentimeter • El Rey – 80 x 50 Zentimeter • El Original – 100 x 60 Zentimeter
MESSEPRÄSENZ 2020 Giardina Zürich: 11 – 15. März OFFA: 15. – 19. April BEA: 24. April – 3. Mai OLMA: 8. – 18. Oktober
azado AG | Rorschacherstrasse 290 | CH-9016 St.Gallen | Tel. +41 (0) 71 220 00 01 | info@azado.ch | www.azado.ch
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HANDLUNGSBEDARF IST OFFENSICHTLICH GRÜN UND BIODIVERSITÄT HABEN VORFAHRT von Georg Lutz
Verdichtetes Bauen ist ein Gebot der Stunde. Die Städte fressen trotz aller Apelle immer weiter Fläche. Allerdings dürfen gleichzeitig das Grün und die Biodiversität im urbanen Raum nicht weiter an Bedeutung verlieren. Daher sind auch kleine Flächen wie Terrassen und Balkone als Lebensraum von Bedeutung. Gestaltet, bepflanzt und eingerichtet werden sie für ihre Bewohner ein Wohlfühlort und für die Fauna ein Stück Heimat. Vom 11. bis 15. März verraten Gestaltungsprofis, führende Gartencenter und Urban-Gardening-Spezialisten an der diesjährigen Gartenmesse Giardina, worauf es beim Gärtnern auf dem Balkon ankommt, welche Pflanzen sich besonders gut eignen und wie auch auf kleinem Raum ein Beitrag zur Förderung der Biodiversität geleistet werden kann.
Berger Gartenbau
GARTEN
Eine wunderschöne Lounge von der Natur geschützt, ein freier Ausblick öffnen Räume, um die Seele baumeln zu lassen.
SEHNSUCHTSORT DER GARTEN ALS EIN ORT DER SINNE, DER ERHOLUNG UND ENTSPANNUNG von Lone K. Halvorsen
Pünktlich zum Frühlingsbeginn präsentiert die Gartenveranstaltung Giardina von 11. bis 15. März neue Ideen und Lösungen zu hochaktuellen Themen aus der Gartenbranche. Die diesjährige Ausgabe widmet sich der Sehnsucht nach Geborgenheit und zeigt, wie in einem hektischen Alltag Gärten zum Wohlfühlen entstehen können. Gleichzeitig rückt die Giardina die Biodiversität und den urbanen Lebensraum der Zukunft in den Fokus und veranschaulicht, wie naturnahe Begrünungen und neue Technologien ihren Beitrag dazu leisten können.
S
ie ist eine Besonderheit in der Messelandschaft. «Die Giardina ist die einzige Plattform der Schweiz, die Trends und Ideen zeitgemässer Gartengestaltung veranschaulicht und frühzeitig gesellschaftliche Themen und Entwicklungen aufgreift. Gleichzeitig ist die Giardina schlicht ein Erlebnis für alle Sinne», sagt Christoph Kamber, Exhibition Director der Giardina. Auch mit ihrer 22. Auflage bestätigt die europaweit führende Indoor-Gartenveranstaltung ihre Rolle als Schaufenster und Trendsetterin der grünen Branche.
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GÄRTEN ZUM WOHLFÜHLEN Die diesjährige Giardina nimmt sich in einem von ständiger Erreichbarkeit geprägten Alltag der Sehnsucht nach Geborgenheit an. Führende Schweizer Gartengestalter veranschaulichen in beeindruckenden Gartenwelten, wie dank Struktur einer vielfältigen und naturnahen Bepflanzung und natürlichen Materialien Gärten entstehen, die Ruhe, Harmonie und Kraft ausstrahlen. «Die Natur bietet die beste Bühne für mehr Geborgenheit und Entschleunigung. Die Kunst ist es, sie mit viel Fingerspitzengefühl so zu gestalten,
dass wir Menschen, aber auch Fauna und Flora sich darin wohlfühlen», sagt Michael Engler von Gartenideen, der zusammen mit Stobag und weiteren Partnern einen beeindruckenden Schaugarten präsentiert.
ZUFLUCHTSORT GARTEN Um sich im Freien wohlzufühlen, ist die Strukturierung des Raumes die wichtigste Voraussetzung. Bereits vorhandene Gartenräume entfalten ihre Wirkung und ihren Nutzen erst durch den spannenden Wechsel von Geborgenheit und Weite. Dies weiss
Wetzel Gärten
GARTEN
Egli Grün Sirnach
Feuer und Licht sind die Quellen für Geborgenheit. Mit ihnen zieht Wärme und Geselligkeit in den Garten.
Ein im Herbst leuchtender japanischer Ahornbaum steht im Kontrast zu den grünen Hecken und schroffen Steinwänden.
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F Design Landscape
GARTEN
Egli Grün Sirnach
Ein durch Bäume umsäumtes und akzentuiertes Grundstück schützt vor Einblicken und wird zu einem Ort der Geborgenheit.
Materialkontraste aus Stein, Bepflanzung und Textilien erzeugen Spannung im Garten.
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Swisspool / Swissteich
auch Gartengestalter Joel Kunz, Inhaber von Gartist: «Jeder Garten hat eine natürliche Ordnung, nach der wir uns orientieren. Um uns fallen lassen zu können, brauchen wir Halt im Rücken, um geniessen zu können, schöne Ausblicke, auf denen das Auge ruhen kann.» Zudem spielen die Pflanzen in ihrer Vielfalt und im Wandel der Jahreszeiten in einem Garten zum Wohlfühlen eine der Hauptrollen. Sie bieten Schutz, sprechen unsere Sinne an und widerspiegeln die Stimmungen einer stets wechselnden Natur. Für Harmonie und Ruhe sorgen in einem Garten auch die natürlichen Elemente Wasser und Feuer. Eine Gestaltung und Einrichtung mit und aus natürlichen Materialien wie Holz und Stein strahlen Wärme und Persönlichkeit aus, wie Marcel Egli, Betriebsleiter von Egli Grün, bestätigt: «Mit warmen und natürlichen Materialien fühlen wir uns mit der Natur verbunden. Sie haben ihre eigene Energie, die spürbar wird», so der Gartengestalter.
ERLEBBARE BIODIVERSITÄT Stärker als je zuvor rückt an der diesjährigen Giardina auch das Thema Biodiversität in den Fokus. Gartenexperten wie Gartenpflanzen Daepp zeigen, wie die Artenvielfalt im Garten, auf Terrasse und Balkon erhöht und Lebensmittel nachhaltig produziert werden können. «Biodiversitätsrückgang und Klimawandel sind eng verknüpft. Jeder Quadratmeter Grün mit einer vielfältigen Bepflanzung zählt, um ihnen entgegenzuwirken», sagt Patrick Daepp. Unter dem Titel «Pflanzen der Zukunft» lädt er auf einen erlebnisvollen Lehrpfad zum Thema Biodiversität ein und informiert über Klimabäume.
DER URBANE LEBENSRAUM DER ZUKUNFT Nachdem das Projekt «The Visionaries» an der letztjährigen Giardina gestartet hat, präsentiert die innovative Projektgruppe, bestehend aus rund 20 Unternehmen, in diesem Jahr Lösungen und Technologien für den urbanen Raum der Zukunft. In ihrem Schaugarten zeigen sie vertikale Begrünungen und eine Nebelwolke zur Senkung des lokalen Mikroklimas, mobile und modulare Wohnformen sowie ressourcenschonende Verfahren für Urban Farming und Aquaponik. Auf 520 Quadratmetern werden Wohnen, Arbeiten und Produzie-
Der eckige Steintisch und die Outdoorküche stehen im Kontrast zur üppigen Bepflanzung.
ren eindrucksvoll vereint und in eine Kreislaufwirtschaft integriert. «The Visionaries bringt Experten verschiedener Disziplinen zusammen und zeigt, wie eine nachhaltige Stadt ganzheitlich geplant und gebaut werden kann», sagt Fabian Vollrath, Initiant des Projektes.
VIELSEITIGE GARTENBEISPIELE Die Sehnsucht nach Geborgenheit lässt sich auf vielfältige Weise im eigenen Garten umsetzen. Führende Gartenexperten zeigen an der Giardina 2020, wie sich persönliche Wohlfühlorte gestalten und einrichten lassen. Berger Gartenbau versetzt Besucherinnen und Besucher nach Mallorca und weckt mit schirmförmigen Maulbeerbäumen und mit Moos überzogenen Wänden Feriengefühle. Ein Paradies für die Sinne gestaltet Egli Grün, in deren Schaugarten strukturbildende Charaktergehölze und Architekturelemente mit einer einer üppigen Pflanzenwelt kontrastieren. Behagliche Nischen aus einheimischen Naturgehölzen stehen bei Winkler Richard Naturgärten im Mittelpunkt, während Wetzel Gärten die Besucher in den Wald eintauchen lässt. Die Gartengestalter von F Design vereinen Nutzen und Wohlbehagen in einem kompletten Wohn- und Gartenraum mit naturbelassenen Materialien zum Anfassen.
KONTRASTE UND INSZENIERTE OBJEKTE An der diesjährigen Giardina finden sich ausserdem Ideen und Beispiele, wie durch den gezielten Einsatz von Kontrasten Spannung und Abwechslung im Garten erzeugt wird. Die Kraft der Gegensätze entfaltet sich dabei in der Auseinandersetzung mit der Detailplanung. So können Ton-in-TonArrangements, wie Blattschmuckpflanzen
vor einer dunklen Hecke, zwar harmonisch wirken, werden jedoch stattdessen helle Anemonen gepflanzt, beginnen die Blüten vor einer eindrücklichen Kulisse zu leuchten. «Mit Kontrasten kreieren wir in jedem Garten eine Mischung aus Spannung und Harmonie», sagt Brian Wiss, Gartenplaner von Berger Gartenbau. Möglich wird dieses Wechselspiel durch die Kombination unterschiedlicher Farben, Formen oder der Anordnung der Pflanzen, dem kontrastreichen Einsatz von Materialien oder durch architektonisch gesetzte Überraschungseffekte. Auch im Gesamtbild stechen Kontraste ins Auge. Ein wilder Naturgarten, der einen modernen Bau umrahmt, oder ein städtischer Garten, bei dem die Urbanität eine kontrastreiche Bühne für die Natur liefert, sorgen durch die Gegensätzlichkeit für aussergewöhnliche Effekte. Bei der Bildung von Kontrasten in der Gartengestaltung gilt jedoch der Grundsatz: Weniger ist mehr.
GIARDINA • 11. bis 15. März 2020 / Messe Zürich. • 30’000 Quadratmeter geballte Inspiration für das Leben im Garten.
• 260 Aussteller. • Vielseitige Schaugärten von bis zu 500 Quadratmeter zu den Leitthemen «Geborgenheit» und «Kontraste». • Zahlreiche gestaltete Beispiele von Terrassen und Balkonen. • Eine riesige Auswahl an Objekten, Produkten und technologischen Gadgets nationaler und internationaler Brands und einheimischer Manufakturen und Kunsthandwerker.
MCH Messe Schweiz (Zürich) AG | Wallisellenstrasse 49 | CH-8050 Zürich | Tel. +41 (0) 58 206 50 00 | www.mch-group.com/de | www.giardina.ch
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GARTEN
Optik und Nutzen für Insekten lassen sich im Garten gut kombinieren.
DAMIT ES SUMMT UND BRUMMT DAS INSEKTENPARADIES von Lone K. Halvorsen
Überall da, wo es blüht und grünt, fühlen sich auch Wildbienen, Raupen, Schmetterlinge und Käfer zu Hause. Diese Vielfalt ist aber durch die industrialisierte Landwirtschaft gefährdet. Hier gilt es, Zeichen zu setzen. Wer seinen Garten oder Balkon in ein artenreiches Insektenparadies verwandeln will, setzt auf eine möglichst breite Pflanzenvielfalt. Seite 18 // bauRUNDSCHAU
GARTEN
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er im Garten oder auf der Terrasse Wildstauden wie Natternkopf, Schafgarbe oder Wiesensalbei pflanzt, lockt damit eine Vielzahl von Insekten wie Wildbienen, Hummeln, Käfer oder Schmetterlinge an. Die Blütenpflanzen sind nicht nur schön anzusehen, sie sind auch ein wichtiger Teil des facettenreichen Kreislaufs der Natur. Es ist ein Geben und Nehmen: Blütenstauden ernähren mit ihrem Nektar die Wildbienen, diese bestäuben im Gegenzug die Blüten, damit Früchte und Samen entstehen können. Wer in seinem Garten ein besonderes Augenmerk auf Pflanzen legt, die bei Insekten beliebt sind, leistet somit einen wichtigen Beitrag für mehr Natur im Siedlungsraum – egal ob auf dem Land oder in der Stadt. In einer aktuellen Studie zeigen Forschende der Universität Basel auf, dass gerade Gärten im Stadtgebiet eine bemerkenswerte Artenvielfalt beherbergen können. Mit einer naturnahen Gestaltung und Pflege des Gartens, so ihr Fazit, lässt sich ein wesentlicher Beitrag zur nachhaltigen Förderung der Biodiversität leisten. In den 35 untersuchten Gärten in der Region Basel wiesen sie insgesamt 254 verschiedene Insektenarten nach. Der Fokus der Studie lag dabei auf
Eine Wildbiene agiert an einer Königskerze.
der Erfassung nicht flugfähiger Kleinsttiere wie Ameisen, Käfer oder Tausendfüssler.
GANZJÄHRIGES ANGEBOT Nebst einheimischen Wildpflanzen sind auch zahlreiche Gartenformen und Zierpflanzen aus anderen Regionen der Welt wertvolle Nahrungsquellen für Bienen, Schmetterlinge und andere Insekten. Zusätzlich braucht es Rückzugsmöglichkeiten in Form von Steinoder Asthaufen sowie winterliche Strukturen wie stehengelassene Pflanzenstängel. Als wichtigster Grundsatz gilt dabei: Wer die Insekten fördern will, verzichtet auf das Ausbringen von Pestiziden. Mit einem biodivers bepflanzten Garten, der möglichst das ganze Jahr hindurch ein reiches Angebot an Blüten- und Früchten bereithält, lässt sich auf wenigen Quadratmetern viel erreichen.
AUF BELIEBTE FUTTERPFLANZEN SETZEN Das Nahrungsangebot für Schmetterlinge, Wildbienen und andere Insekten lässt sich in Form verschiedener Pflanzenarten gezielt zusammenstellen. Gartencenter und Gärtnereien bieten vielseitige Sortimente an, die der Insektenwelt Gutes tun. Oftmals sind Samenmischungen oder Pflanzen, die als besonders insektenfreundlich gelten, speziell gekenn-
zeichnet. Die verschiedenen Insektenarten haben ihre jeweiligen «Lieblingspflanzen». Daher ist es sinnvoll, unterschiedliche Gewächse zu kombinieren. Die Rüebliraupe – die sich später in einen Schwalbenschwanz verwandelt – trifft man beispielsweise oft auf Doldenblütlern wie der Wilden Möhre an. Der schmucke Pinselkäfer wiederum mag Rosen, und die Holzbiene umschwärmt gerne blühende Salbeipflanzen aller Art.
KEIN ORT ZU KLEIN Um etwas für die Insekten zu tun, braucht es nicht zwingend einen eigenen Garten. Auch einige mit Wildstauden oder nektarspendenden Zierpflanzen bestückte Töpfe auf der Fensterbank oder dem Balkon leisten einen wichtigen Beitrag und bieten überdies schöne Beobachtungsmöglichkeiten aus nächster Nähe. Kaum öffnen sich nämlich die ersten Blüten, sind Wildbiene & Co. auch schon im Anflug.
LONE K. HALVORSEN ist Redaktorin bei bauRUNDSCHAU. www.jardinsuisse.ch
Der Distelfalter entfaltet seine ganze optische Pracht.
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KOPENHAGEN GOES URBAN LEBEN IN DER DÄNISCHEN HAUPTSTADT von Anna Meister
Kopenhagen ist ein Schmelztiegel unterschiedlichster Kulturen und hat auch die eine oder andere Vorreiterrolle inne. Da sind zum einen die 1 000 Kilometer Radwege sowie eigene Brücken für die Drahtesel, deren Unterhalt ins städtische Jahresbudget integriert ist. Zum anderen sind hier ein paar motivierte Architekten zu Hause, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, urbane Lebensqualität in die Grossstadt zu bringen. Das Team des Architektenbüros Cobe hat mit der Ausstellung «Our Urban Living Room» eine Auswahl bereits realisierter Projekte in der dänischen Hauptstadt präsentiert. Eins davon ist «The Silo» (siehe Bild), welches, wie der Name bereits impliziert, ein ehemaliges Getreidesilo ist, in welchem heutzutage Menschen wohnen. Das 17-stöckige Gebäude beinhaltet 39 Wohnungen von 73 bis zu 305 Quadratmetern Wohnfläche. Dieses und so manches weitere Werk werden in der oben genannten Ausstellung vorgestellt.
ARCHITEKTUR
«Krøyers Plads» in Kopenhagen.
NORDISCHE LEBENSQUALITÄT UND STÄDTISCHE DEMOKRATIE OUR URBAN LIVING ROOM von Lone K. Halvorsen
Das dänische Architektenbüro Cobe zählt zu den renommiertesten Vertretern einer neuen Architektengeneration. Mit innovativen Methoden erforscht das Team um Dan Stubbergaard die vielfältigen Potenziale des städtischen Raums und setzt sie in aussergewöhnlichen Projekten um. Seite 22 // bauRUNDSCHAU
© Rasmus Hjortshøj – COAST, Cobe und Gottlieb Paludan Architects
© Rasmus Hjortshøj – COAST, Cobe und Vilhelm Lauritzen Architects
ARCHITEKTUR
«Nørreport Station» in Copenhagen.
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as Architektenbüro Cobe versteht die Stadt als erweiterten Wohnbereich, in dem sich privater und öffentlicher Raum auf experimentelle Art miteinander verbinden lassen – urbane Lebensqualität ist somit ein zentrales Thema des Büros. Die Ausstellung «Our Urban Living Room» präsentiert eine Auswahl realisierter Projekte in Kopenhagen aus den letzten 13 Jahren, darunter der öffentliche Raum «Karen Blixens Plads», das Wohnhochhaus «The Silo» und der «Frederiksvej Kindergarten». In einer raumgreifenden Holzinstallation erzählt die Ausstellung anhand vielfältiger
Medien zudem von der architektonischen Entwicklung Kopenhagens und geht darauf ein, wie sich diese Veränderungen auf den Alltag der Menschen und ihre sozialen Interaktionen auswirken.
DIE FAHRRADFREUNDLICHE HAUPTSTADT Baden im Hafen, Königsschlösser mitten in der Stadt, kleine Gassen mit bunten Häuschen, moderne Architektur, Gourmetrestaurants und die besten Hotdogs der Welt. Und zugleich das Epizentrum des skandinavischen Designs. Doch Kopenha-
gen ist vor allem auch die Hauptstadt der Fahrräder. 1 000 Kilometer Radwege, davon allein 200 Kilometer Radschnellwege und nicht zu vergessen sind die speziellen Radfahrbrücken. Bezahlt von einem städtischen Jahresbudget von 13.5 Millionen Euro allein für den Ausbau der Radinfrastruktur. Daher nicht sonderlich verwunderlich, dass sich inzwischen fast jeder zweite Kopenhagener in der Innenstadt mit dem Fahrrad fortbewegt. Die Stadt ist schlichtweg ideal für Fahrradfahrer, und die breiten Fahrradwege machen das Fahrrad zum perfekten Transportmittel. Ob im Anzug
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© Rasmus Hjortshøj - COAST, Cobe und Transform
«Frederiksvej Kindergarten» in Kopenhagen.
«The Library» in Kopenhagen.
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oder im Minirock, hier radelt jeder, und das zu jeder Jahreszeit. Und sogar in der S-Bahn kann das Rad zu jeder Tageszeit kostenlos mitgenommen werden. Die Stadt hat sich sogar das ambitionierte Ziel gesetzt, bis 2025 die erste CO2-neutrale Hauptstadt zu sein. Dürfte doch kein Problem sein in einer Stadt, wo mehr als 40 Prozent der Einwohner behaupten, lieber Fahrrad als Auto zu fahren. In den letzten 30 Jahren hat sich die dänische Hauptstadt sehr verändert, und aus einer von der Industrie geprägten Hafenstadt wurde eine lebenswerte, fahrradfreundliche Metropole, die sich als Experimentierfeld für nachhaltige Stadtentwicklung und zukunftsweisende Architektur etabliert hat. «Unsere Stadt ist unser Zuhause, und genau darauf baut der Erfolg Kopenhagens heute auf. Je mehr uns als Architekten, aber vor allem als Bewohner Kopenhagens an der Stadt liegt, desto besser werden wir mit ihr umgehen. Je besser
die Gestaltung unserer Stadt ist, desto mehr Menschen werden hier gut leben wollen und stolz darauf sein. Dabei geht es nicht um Schönheit, Eleganz oder Reichtum, sondern um Lebensqualität und städtische Demokratie», erläutert Dan Stubbergaard, Architekt und Gründer von Cobe.
URBANE LEBENSQUALITÄT Die Ausstellung widmet sich den Kopenhagener Architekturprojekten von Cobe und architektonischer Intervention in einem. Anhand von Modellen, Bildern, Texten und Zeichnungen lädt eine raumgreifende, komplexe Regalstruktur dazu ein, sich den umgesetzten Projekten zu nähern. Die Regalstruktur bildet den Rahmen für die Präsentation von sieben Themen, darunter die Umnutzung von Industriebauten, Architektur für Kinder und die Frage, wie Kopenhagen in Zukunft aussehen könnte. Durch die Konzeption der Ausstellung mit spie-
© Rasmus Hjortshøj – COAST und Cobe
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lerischen und interaktiven Elementen werden die Besucher in die Definition des urbanen Wohnraums eingebunden und können damit hier, bei Aedes in Berlin, von Kopenhagen lernen. «Our Urban Living Room» wurde in Zusammenarbeit mit dem Dansk Arkitektur Center (DAC) in Kopenhagen konzipiert und 2016 erstmals im DAC sowie 2018 im städtebaulichen Informationszentrum Laituri in Helsinki gezeigt. Für die Präsentation in Berlin wurde die Ausstellung von Cobe gemeinsam mit dem Aedes Architekturforum weiterentwickelt.
DYNAMISCHE DEMOKRATIE UND LEBENSWERTER ORT 2006 wurde das Büro von dem Architekten Dan Stubbergaard gegründet. Das Büro mit Sitz in Kopenhagen, Dänemark, spielt seitdem eine wichtige Rolle bei der Transformation der dänischen Hauptstadt hin zu einem dynamischen, demokratischen, lebenswer-
ten Ort. Derzeit ist das Büro an zahlreichen Projekten in ganz Europa und in Nordamerika beteiligt. Zu den markantesten Projekten des Büros gehören «Nørreport Station», Kopenhagens zentraler Verkehrsknotenpunkt, «The Silo» und die Planung des neuen Kopenhagener Stadtteils «Nordhavn», des bisher grössten Stadtentwicklungsprojekts Skandinaviens, «Ragnarock», Dänemarks Museum für Rockmusik in Roskilde, und die Entwicklung des Areals «Papirøen» in Kopenhagen. Neben zahlreichen Projekten in Kopenhagen realisierte Cobe in den letzten Jahren vermehrt auch Arbeiten in anderen Ländern, vor allem in Deutschland. Dazu gehören unter anderem das 2018 am Firmensitz von adidas in Herzogenaurach eröffnete «adidas HALFTIME», ein neuer Begegnungsort sowie ein Konferenzzentrum für Mitarbeiter, Besucher und Markenbotschafter von adidas, die städtebauliche Entwicklung des früheren Kölner Indust-
riehafens «Deutzer Hafen» und der «Europahafenkopf» im ehemaligen Bremer Industriehafen, wo derzeit ein Gebäude für unterschiedliche Nutzungen entsteht.
AUSSTELLUNG Ausstellung: 18. Januar – 29. April 2020 Ort: Aedes Architekturforum, Christinenstr. 18-19, D – 10119 Berlin Öffnungszeiten: Dienstag – Freitag 11.00 – 18.30 Uhr Sonntag – Montag 13.00 – 17.00 Uhr.
LONE K. HALVORSEN ist Redaktorin bei bauRUNDSCHAU. www.aedes-arc.de
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Die Szenarien fĂźr diesen Planeten sind sehr unterschiedlich.
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Extinction Express zeigt den Prozess auf, in dem grosse Teile der Welt immer unbewohnbarer werden.
WIR HABEN DIE WAHL SZENARIEN FÜR DIE WELT, IN DER WIR LEBEN WOLLEN von Georg Lutz
Eigentlich ist es ganz einfach. Wir verbrauchen mehr Ressourcen, wie der Planet verträgt. Einige Gesellschaften, wie die USA, leben sogar auf drei Planeten. Wir haben aber nur einen zur Verfügung und es gibt bekanntlich keinen Planet B. Es ist aber möglich, dass die Menschen mit den planetaren Ressourcen erfolgreich haushalten und wirksame Massnahmen gegen den fortschreitenden Klimawandel und soziale Ungerechtigkeiten ergreifen. Allerdings müssen wir dabei umdenken. Dies geht aus einem der vier Zukunftsszenarien für unseren Planeten hervor, die das internationale Planungs- und Beratungsbüro Arup in einer neuen Studie veröffentlicht hat. Diese Arup-Studie zeigt Best-Case- and Worst-Case-Szenarien für die Zukunft unseres Planeten.
L
aut aktuellen Prognosen wird die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050 um weitere zwei Milliarden Menschen von 7.7 auf 9.7 Milliarden anwachsen. Vor diesem Hintergrund skizziert Arup unter dem Titel «2050 Scenarios: Four Plausible Futures» vier unterschiedliche Perspektiven der langfristigen ökologischen und gesellschaftlichen Entwicklung. Die vier Visionen namens Human Inc., Extinction Express, Greentocracy und Post-Anthropozän beschreiben
mögliche Zukunftsvisionen, die von der existenziellen Krise der Menschheit und des Planeten bis hin zum erfolgreichen Wandel zu einer ökosozial gerechten Welt reichen.
HUMAN INC. Im Zukunftsszenario Human Inc. kann dem Klimawandel nicht wirksam begegnet werden und die Erderwärmung schreitet weiter voran. Die Menschen kämpfen mithilfe von global koordinierten Massnahmen ums
Überleben. Immer gravierender werdende Wetterereignisse wirken sich nachteilig auf die Städte und Ökosysteme aus, doch dank des technologischen Fortschritts konnte die Armut reduziert, die Bildung verbessert und die Anzahl der Arbeitsplätze gesichert werden.
EXTINCTION EXPRESS Das drastische Szenario Extinction Express beschreibt den dramatischen
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Rein technologische Lösungen im Szenario Human Inc. sind nicht ausreichend.
Zusammenbruch unseres Ökosystems und unserer Gesellschaft bei einem weltweiten Temperaturanstieg von weit mehr als zwei Grad Celsius. Die langzeitige Untätigkeit unserer Gesellschaft und die kontinuierliche Ausbeutung unserer ökologischen Ressourcen führten zur Gründung von Kolonien auf dem Mond und unter Wasser. Hier haben wir den Planeten aufgegeben, und die Erfolgsgeschichte des Homo sapiens ist im Grunde Geschichte.
GREENTOCRACY Beim Zukunftsszenario Greentocracy erholt sich das Ökosystem unseres Planeten, wofür massive Umbauten im gesellschaftlichen Leben notwendig sind. Der nötige Übergang von einer Wachstumsgesellschaft in eine Postwachstumsgesellschaft misslingt. Die Lebensbedingungen haben sich stark verschlechtert, Konflikte und autoritäre Regime beherrschen die Szenerie. Der globale Temperaturanstieg bleibt aufgrund von Klimaschutzmassnahmen und Förderung der Biodiversität bei unter 1.5 Grad Celsius.
POST-ANTHROPOZÄN Im Zukunftsszenario Post-Anthropozän leben die Menschen harmonischer mit unseren natürlichen Grundlagen. Einschneidende Folgen des Klimawandels, wie beispielsweise das Schmelzen von 15 Prozent des
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arktischen Meereises, katalysieren die globale Zusammenarbeit für Klimaschutzmassnahmen und helfen dabei, den globalen Temperaturanstieg unter 1.5 Grad Celsius zu halten. Die Gesellschaft verbraucht nur noch so viele Ressourcen, wie unser Ökosystem regenerieren kann. Für jeden Menschen wird eine Kohlendioxidquote festgelegt.
EINORDNUNGEN VERSUCHEN «Zukunftsszenarien sind Werkzeuge, um das Undenkbare zu denken», erklärt Dr. Gereon Uerz, Leiter Foresight Europa bei Arup. «Als bildliche Darstellungen sollen sie dabei helfen zu verstehen, in welche Richtung die Menschen sich bewegen müssen, um die gewünschte Zukunft Realität werden zu lassen. Wir möchten mit den von uns erarbeiteten Szenarien einen Beitrag zur gesellschaftlichen Diskussion über die Frage «Wie wollen wir in der Zukunft leben?» leisten, denn wir sind davon überzeugt, dass es nicht genügt, sich auf die Zukunft vorzubereiten – wir müssen sie aktiv mitgestalten.» Die Studie «2050 Scenarios: Four Plausible Futures» soll als Grundlage für Entscheidungen zur Planung und zur Gestaltung unserer gebauten Umwelt dienen. Die einzelnen Szenarien wurden auf Basis detaillierter Trendforschungen und Prognosen von Think Tanks, Regierungen, NGOs und
Forschungseinrichtungen sowie der Auswertung statistischer Daten entwickelt. Sie zeigen, wie mögliche Fortschritte bei der Erreichung der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (UN SDGs) unsere Ökosysteme und unsere gesellschaftliche Entwicklung positiv beeinflussen können. «Bei der nachhaltigen Entwicklung der gebauten Umwelt geht es darum, ein Gleichgewicht zwischen den Bedürfnissen der wachsenden Weltbevölkerung und den ökologischen Grenzen unseres Planeten herzustellen», erläutert Jo da Silva, Leiterin für Global Sustainable Development bei Arup. «Als Planer und Berater haben wir dafür Sorge zu tragen, dass sich heute getroffene Entscheidungen positiv auf unsere Zukunft auswirken. In unserem gemeinsamen Streben nach einer sicheren, resilienten und ressourceneffizienten Welt müssen wir jetzt handeln.» Wir müssen uns den Realitäten stellen und uns fragen, in welche Richtung wir gehen wollen. Die Diskussion ist eröffnet.
GEORG LUTZ ist Chefredaktor bei bauRUNDSCHAU. www.arup.com
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Die vielen Welten der Energiewende – am Stand der ecocoach AG an der Swissbau zu begutachten.
WAS ZUSAMMENKOMMT, GEHÖRT ZUSAMMEN DIE ENERGIEWENDE GANZHEITLICH DENKEN Interview mit Mattias Gienal von Georg Lutz
An der Swissbau war das Thema Energiewende ein zentraler inhaltlicher Messebaustein. Es ging um solares Bauen, solares Heizen und um den Blick über die Gebäudehülle hinaus – beispielsweise in Richtung E-Mobilität. Mattias Gienal ist Leiter Marketing und Kommunikation der ecocoach AG und bringt diese Themen unter einem Dach zusammen.
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ir stehen mitten in der Energiewende. Das heisst weg von wenigen Oligopolen, die auf fossile Energien und Atomstrom setzen und hin zu dezentralen Lösungen, die die regenerativen Energien nach vorne bringen sollen. Was ist an diesem Prozess aus Ihrer Sicht positiv zu vermerken? Der Prozess der Umsetzung der Energiewende schafft die Möglichkeiten, die Last und die Erwartungen an die Energiewende auf mehrere Schultern zu verteilen. Das heisst, es sind jetzt nicht nur die einzelnen grossen Energieanbieter gefragt, Lösungen anzubieten, sondern jeder einzelne
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Investor kann selber einen Beitrag dazu leisten, die Energiewende nach vorne zu treiben und für sich den Weg in Richtung regenerative Energien gehen. Und wo hat es noch Luft nach oben und was läuft falsch? Das betrifft sicher die vielfältigen regulatorischen Hürden, die man etwas liberaler handhaben könnte. Gerade heute gibt es viele neue Ideen, die relativ schnell umgesetzt werden könnten, aber ausgebremst werden. Dann gibt es momentan in der Schweiz völlig zerklüftete Standardisierungsanforderungen.
Da können Sie uns sicher ein Beispiel aus unsere Alltag verraten? Wenn man beispielsweise einen Batteriespeicher in Betrieb nehmen möchte, sind die Vorgaben der einzelnen teils kantonal organisierten Elektrizitätswerke jeweils anders. Der berühmt berüchtigte Kantönligeist schlägt wieder zu. An diesem Punkt wäre es natürlich zielführend, wenn man das vereinheitlichen könnte. Da ist die Politik gefragt, das braucht ein bisschen Zeit. Auf jeden Fall ist dies ein Thema, wo wir noch Luft nach oben haben, um in Ihrem Bild zu bleiben.
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Wie positioniert sich Ihr Haus in den Märkten, die die Energiewende vorantreiben? Es geht bei ecocoach nicht nur um einige wenige Produkte wie Solarzellen, Speicher oder SmartphoneApps. Es gibt viele Produkte und Dienstleistungen aus einer Hand. Verstehen Sie sich als Brückenbauer? Man kann uns als Brückenbauer verstehen. Ich würde aber unser Geschäftsmodell etwas präziser fassen wollen. Wir sind ein ganzheitlicher Anbieter von Lösungen für Energie- und Gebäudetechniken. Wir schauen uns das Gebäude als Ganzes an. Wo spielt Energie eine zentrale Rolle, wo kann ich dort mit welchen Instrumenten den Hebel ansetzen? Beim Thema Komfort und Gebäudetechnik stimmt das Brückenbild. Hier schlagen wir eine Brücke in das Feld der Gebäudeautomation. Es geht um Lösungen, die auf der einen Seite standardisiert sind, auf der anderen Seite aber spezifisch adaptiert werden. Somit können wir individuell und passend arbeiten. Wir vereinfachen den Zugang zu regenerativen Energielösungen und Gebäudeautomation für die Bauwirtschaft, von der Installation, dem Betrieb bis zur Abrechnung – eine Brücke in die Energiezukunft, um bei der Bildsprache zu bleiben. Sie haben für Ihre Nutzer eine digitale Komplettlösung für die Gebäudeautomation und das Energiemanagement entwickelt. Wie kann man sich diese App in der Praxis vorstellen? Lassen Sie mich das am Beispiel der Elektromobilität verdeutlichen. Man fährt mit seinem Fahrzeug vor seinem Haus vor. Mit einer App öffne ich das Garagentor, parkiere mein Auto verbinde es mit dem Ladestecker und starte dann sofort die Ladesäule. Die App und das aktive Energiemanagement verwalten meinen gesamten Energiebereich. Die Sonne scheint und ich sehe mit einem Blick, dass ich nun mein Fahrzeug mit Sonnenstrom lade, gleichzeitig kann ich mit der gleichen App die Jalousien herunterfahren. Das Gebäude interagiert mit einer App in allen Gebäudetechnik- und Energiebereichen. Mit der App hat man den Überblick, was im Gebäude wie viel Energie verbraucht. Es geht in der Folge um ein intelligentes Energiemanagement, ohne dass der Mensch immer aktiv eingreifen muss. Ich priorisiere den Sonnenstromeinsatz für alle Verbraucher nach Wunsch mit präzisen Leistungsangaben. Wenn ich beispielsweise eine Klimaanlage habe, deren Energieverbrauch über eine Photovoltaikanlage
Mattias Gienal ist Leiter Marketing und Kommunikation der ecocoach AG (links) – hier im Gespräch mit Michele Zito, Projektleiter der bauRUNDSCHAU.
gewährleistet wird, aber nur den Energiebereich im Auge haben kann, verschenke ich Potenziale. Es wird erst dann spannend und ganzheitlich, wenn ich zum Beispiel die Beschattungsstrategie mit der Klima- und Photovoltaikanlage kombiniere. Über die Verbindung von Energie und Gebäudetechnik habe ich erstens die Möglichkeit, dass ich die Klimaanlage mit nachhaltiger Energie versorgen kann, und dann zweitens die intelligente Beschattung sicherstelle, sodass diese Kühlenergie nicht sinnlos verpufft.
«Strom und Mobilität funktionieren hier als ganzheitlicher Ansatz.» Wie sieht es mit den Schnittstellen aus? Wir arbeiten mit einem PC-basierten Automationssystem mit Beckhoff-Technologie. Der renommierte deutsche Anbieter von industriellen Steuerungen, Beckhoff Automation GmbH, liefert die zuverlässige Hardware und die Technologie-offene Plattform. So können wir faktisch jegliche technische Lösung einbinden, die offene Protokolle anbietet. Wir haben derzeit eine
umfassende Standardlösung implementiert. Alle die genutzten Komponenten bilden unsere Kompatibilitätsliste und können hier und heute eingefügt werden. Wenn Spezialwünsche bezüglich Gerätetechnologie da sind, kann man diese, im Rahmen einer Entwicklungsarbeit von ungefähr zwei Wochen, implementieren und dann auch wieder standardmässig zur Verfügung stellen. Das ecoSetupTool ist das Herzstück der ecocoach-Plattform. Es schlägt die Brücke zwischen den bauseits vorhandenen Komponenten und dem Installateur. Die gesamte Oberfläche ist visuell strukturiert aufgebaut und ersetzt die SPS-Programmierung. Solarteure, Elektrofachkräfte und Systemintegratoren implementieren dabei zunächst die gewünschte Hardware und ihre Funktionen auf Grundlage des projektspezifischen Elektroschemas. Dazu integrieren sie vorprogrammierte Funktionsblöcke per Drag & Drop in das Projekt, definieren die In- und Outputs und legen die Grundeinstellungen fest. Anschliessend schreibt das ecoSetupTool den gesamten SPS-Code selbstständig und innerhalb weniger Minuten auf die dann funktionsbereite Steuerung. ecocoach digitalisiert auf diese Weise die individuelle Programmierung und öffnet Installateuren die Tür zur eigenständigen Abwicklung jeglicher Projektsettings. Der Clou an der ganzen Geschichte ist, dass der Installateur mithilfe einer grafischen Oberfläche die Komponenten installieren kann. Wir standardisieren sozusagen die entsprechenden Programmbausteine und reduzieren den gesamten zeitlichen Aufwand um mindestens 80 Prozent.
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Kommen wir vielleicht zum Thema Solarspeicher. Das Thema war für normale Häuslebauer bis vor wenigen Jahren noch eine relativ teure Angelegenheit. Ausserdem hat man früher Strom eingespeist, wenn man einspeisen wollte, hat man dafür Geld bekommen. Heute produziert man eher Solarenergie, die man selber verbraucht. Und da ist natürlich ein Speicher sehr wichtig. Welche Kapazitäten stehen euch da zur Verfügung? Wir haben da zwei Basislösungen, beim ecoBatterySystem Small, stehen 13 kWh bis 26 Kilowattstunden (kWh) zur Verfügung… Also für Einfamilienhäuser? Genau, für ein Einfamilienhaus. Es kommt dann oft die Frage: «Aber warum starten Sie erst ab 13kwh?» Da kommt wieder die Elektromobilität ins Spiel. Sobald ich ein Fahrzeug laden möchte, mit Solarenergie, die ich am Tag gespeichert habe, brauche ich ungefähr sechs kWh zusätzlich. Wenn
Das Schemata einer Gesamtlösung.
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wir überschlagsmässig von einem Durchschnittsverbrauch von 20 kWh pro 100 Kilometer ausgehen, decke ich mit sechs kWh genau die schweizweit durchschnittliche Fahrstrecke von 30 km pro Tag. Ein Kunde aus dem Tessin lebt genau diesen Lebensstil. Sein Haus war in den Sommermonaten zu 98.5 Prozent energieunabhängig, und auch seine täglichen Fahrten im Elektrofahrzeug der Oberklasse wurden mit eigenem Strom betrieben. Eine nachhaltige Unabhängigkeit, die fasziniert, mitgestaltet durch ecocoach-Technologie. In einem Einfamilienhaus kann ein Speicher Sinn machen. Richtig spannend wird es dann doch, wenn man sich mit mehreren Hauseigentümern im selben Quartier zusammenschliesst, weil man dann ganz andere Lösungen realisieren kann. Wie sehen Sie das? Das ist genau der Punkt, an den wir anknüpfen wollen. Wir haben ein Projekt in Schwyz begleitet, wo genau diese Vernet-
zung realisiert wird. Das ist für uns ein wegweisendes Beispiel. Strom und Mobilität funktionieren hier als ganzheitlicher Ansatz. Wir arbeiten dort mit vier zusammengeschalteten 65-kWh-Speichern, welche in der Summe ein Speicher von 260 kWh bilden. Wir sind hier an der Swissbau. Sieht der mögliche Kunde, der an Ihren Stand kommt, nicht mehr den Wald vor lauter Bäumen? Wie brechen Sie dieses komplexe Thema auf praktische Ebenen runter, damit man dann schlussendlich zu einer passenden Lösung kommt? Das funktioniert durch gezielte Kundenansprache. Es geht um den Kundenwunsch und das zu lösende Problem, das es zu ermitteln gilt. Es kommt somit darauf an, wer zu uns kommt. Der Verantwortliche einer Gemeinde für Energiefragen sucht eine Komplettlösung, die im grossen Stil ausgerollt werden kann. Die Immobilienverwaltung wünscht sich nur eine Digitalisierungslösung für die Verbrauchs-Mes-
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die klaren Mehrwert bietet und einfach zu bedienen ist? Unsere Kunden verlangen eine digitale Lösung, die ihr Leben vereinfacht. Als Immobilienverwaltung brauche ich beispielsweise nicht mehr persönlich vor Ort Messdaten abzulesen, brauche die Daten nicht einzeln ins System einzugeben, da eine Schnittstelle die Daten in meine Immobilienverwaltungssoftware importiert. Ich kann die Manpower dann für Aufgaben einsetzen, wo persönlicher Einsatz wirklich den Unterschied macht. Zudem bin ich sowohl als Verwaltung aber auch als Investor über die Technologie-offene Technik sicher auch in Zukunft neue Technologien einbinden zu können. Dies gibt mir Investitionssicherheit in Zeiten des digitalen Umbruchs.
E-Mobilität und Gebäudesteuerung gehören zusammen.
sung und Abrechnung, die man einfach installieren kann. Investoren suchen ein skalierbares System, um eine ganzheitliche Lösung einfach für eine Überbauung umzusetzen. Der Blick ist dann holistisch von der kopierbaren Inbetriebnahme für einheitliche Wohneinheiten über passende Komforttechnik mit App und aktiver Ener-
gielösung bis zur Elektromobilität und der digitalen Messung und Abrechnung. Dann kommt es zu den Aha-Effekten. Diese Lösung ist wirklich smarter, effizienter und passt zu mir. Man holt sich nicht nur zusätzliche Technologie ins Haus, sondern eine Lösung,
GEORG LUTZ ist Chefredaktor bei bauRUNDSCHAU. www.ecocoach.com
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Auf der Höhe der Zeit – iso45 Sektionalgaragentor in Design Grosssicke mit Nebentür.
SMART STEUERN INTELLIGENTE TÜRSTEUERUNG Interview mit Daniel Scheidegger von Georg Lutz
Das Feierabend Szenario per Smart Home Steuerung wird schon bald Alltag: Automatisch öffnet sich das Garagentor, die Eingangstür entriegelt sich selbstständig, der Duft von frisch gemahlenem Kaffee liebkost den Geruchssinn und stimmungsvolles Licht erhellt das Wohnzimmer – wir fühlen uns willkommen zu Hause. An der Swissbau trafen wir Daniel Scheidegger, Managing Director der Novoferm Schweiz AG, und analysierten die Welten, die sich um und an Toren und Türen entfalten.
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ei Novoferm müssen zwei zentrale Komponenten zusammenkommen. Türen, Tore einerseits und Antriebe andererseits. Dann kommt heute das Thema Smart Home dazu. Wie sehen die zentralen Herausforderungen hier aus? Das Zusammenspiel von Toren und Antrieben stellt heutzutage die Branche vor keine wesentlichen Herausforderungen mehr. Auch die Thematik Smart Home lässt sich heute spielend leicht einbinden. Auf der technischen Seite sind wir gut aufgestellt. Es stehen aus diesem Grund nicht mehr
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die Produkte ganz oben auf der Agenda, sondern die Dienstleistungen um das Produkt herum wie Service und Beratung stehen im Fokus. Unsere Kunden verlangen zu Recht eine intelligente Lösung nicht nur auf der Produktebene, sondern auf ihre Fragen professionelle Antworten. Und sie wollen einen kompetenten Ansprechpartner und keine Hotline. Ganz genau. Wir sind eine Vertriebsgesellschaft und in dieser Funktion der Schweizer Importeur der Gruppe. Diese hat 15 verschiedene Werke in Europa mit um die
4 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Um unser vielfältiges Produktsortiment in der perfekten Kombination an die Endkundinnen und -kunden zu bringen, ist es uns wichtig, mit Wiederverkäufern ein starkes Netzwerk aufzubauen. Aus diesem Grund haben wir das Premium Partner Programm entwickelt. Wir wollen nicht unseren eigenen Handel kannibalisieren, sondern gemeinsam wachsen. Wir agieren mit unseren Wiederverkäufern und Händlern, die das Unternehmen und seine Produkte bestens kennen. Unsere Motto heisst: Gemeinsam sind wir stark! Wir koordinieren gemeinsame Marketing Mass-
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nahmen, wie zum Beispiel diesen Auftritt hier an der Swissbau in Basel mit unseren regionalen Premium Partnern HR Huber Metallbau und Melita Montagen. Weiter benötigen wir einen optimalen Kommunikationsprozess mit entsprechenden Weiterbildungselementen, wie etwa fundierte Schulungen. Tore, Türen und Antriebe, das klingt auf den ersten Blick sehr nüchtern und einfach. Die Komponenten sollten aber optimal zusammenspielen, und wir setzen immer wieder neue Materialien und Technologien ein. Dazu kommen heute beispielsweise die Smart-Home-Komponenten. Wenn hier die Räder problemlos ineinandergreifen, können die Wiederverkäufer Komplementärverkäufe generieren.
Und die Luftfeuchtigkeit nimmt im Innenraum drastisch zu. Und diese muss reguliert werden. Zudem kann man in der heutigen Smart-HomeZeit mithilfe eines Thermostates mit eingebautem Hygrometer die Luftfeuchtigkeit ermittelt werden und das Tor bei Bedarf, idealerweise ab 55 Prozent Luftfeuchtigkeit, automatisch in die einbruchsichere Belüftungsstellung gesetzt werden. Diese garantiert eine vollständige Luftzirkulation.
Wir sitzen hier an der Swissbau vor einem Garagenrolltor… …Sorry, Herr Redaktor, ich muss Sie korrigieren, dies ist ein Sektionaltor…
Da haben Sie dann Lösungen mit unterschiedlichen Modulen entwickelt, die das Thema Smart Home abdecken? Für die smarte Steuerung der GaragentorAntriebe unseres Hauses, wie den patentierten und nur bei uns erhältlichen Seitenatrieb wie NovoPort® IV, aber auch die NovoMatic 423 und den schnellen NovoMatic 563 S, stehen eigene Lösungen zur Verfügung. Smart-Home-Systeme wie Homematic IP, Innogy, DeltaDore können wir im Paket anbieten. Gleichzeitig sind wir systemoffen, was die Schnittstellen betrifft, um auch spezielle Wünsche erfüllen zu können.
der Tageszeit. Das ganze Szenario mit dem Titel «Ich komme nach Hause» entfaltet sich in seiner epischen Breite.
Heute kann ich die angeführten Lösungen auch über mein Smartphone problemlos steuern? Ja selbstverständlich. Jeder Anbieter hat eine Applikation, mit denen ich die ganzen Komponenten, wie beispielsweise den Antrieb der Türen ansteuern kann. Nehmen wir eine praktische Situation, um die Praxis sprechen zu lassen.
Wir waren bei den Gargentoren, jetzt kommen wir zu den Sicherheitstüren. Auch hier gibt es wichtige Herausforderungen. Zum Beispiel gilt es, ein Feuer aufzuhalten. Unser Verkaufsschlager, die NovoPorta Premio, kommt beispielsweise in Sportstadien zum Einsatz, wo sie einerseits durch die hohe Zahl an Betätigungszyklen viel aushalten müssen, und andererseits die zahlreichen Besucher auch optimal schützen sollen; sei dies im Brandfall oder um bei einer plötzlich notwendigen Massenevakuation einen sicheren und panikfreien Menschenstrom zu gewähren, oder um im Gegenteil vor Einbruch und Übergriffen zu schützen. So haben wir auch beschusshemmende Türen im Programm. Es geht generell um Türen, die etwas aushalten müssen. Sie befinden sich auch im klassischen Einfamilienhaus, zwischen dem Heizungskeller und den übrigen Kellerräumlichkeiten. Parkhäuser und Flughäfen sind weitere Einsatzbereiche. Im VIP-Bereich kommen aber noch andere Herausforderungen dazu. Man will hier neben Brandschutz und Sicherheit
Als Laie lernt man immer wieder dazu... Das Sektionaltor ist in Sektionen aufgeteilt. Diese sind auf Rollen gelagert, laufen in Profilen und werden von einem Deckenschlepper erst nach oben und dann nach hinten gezogen. Dagegen werden die Rolltore um ihre eigene Achse aufgerollt. Das Sektionaltor wird im Garagenbereich eingesetzt? Ja, das ist eine Lösung für das klassische Einfamilienhaus. Ist das ein Nischenmarkt, und was für Prozentanteile hat Ihr Tor auf dem Schweizer Markt? Die Sektionslösung ist inzwischen ein Massenmarkt, und wir haben rund 15 Prozent Marktanteil auf dem Schweizer Markt. Jetzt kommen wir zu den Materialien … Bei den Sektionen arbeiten wir mit Stahl und einem PUR-Hartschaumkern. Wo liegt heute bei diesen Garagentoren die zentrale Herausforderung? Die Wärmedämmung, als wichtiges Funktionselement, sollte mit berücksichtigt werden. Die Garage fungiert heute oft als zusätzlichen Eingang. Temperatur und Luftfeuchtigkeit ändern sich laufend. Aus diesem Grund ist eine gute Dämmung und Belüftung von zentraler Bedeutung. Wenn beispielsweise das Auto im Winter noch mit Schnee auf dem Dach in die Garage einfährt und dort über Nacht so stehen bleibt, droht Staunässe, denn es ist ja auch die Heizung in Betrieb.
So ist man dann auch bei dem Thema Abgase auf der sicheren Seite. Ja, auch hier gibt es Komponenten von Unternehmenspartnern, mit denen wir zusammenarbeiten.
Ich bitte darum … Sie fahren mit ihrem Autor vor der Garage vor. Der Bewegungssensor erfasst das Auto und erkennt es auch: «Hier kommt Georg Lutz mit seinem Auto.» Wenn das Auto sich dann in einem vordefinierten Umkreis befindet, öffnet sich automatisch das Garagentor. Gleichzeitig öffnet sich, mit einer kleinen Zeitverzögerung, die Türe zwischen Garage und Wohnbereich im Haus. Dies eine komfortable Situation, denn bepackt zwei Einkaufstüten in den Händen wollen Sie nicht nach dem Schlüssel suchen müssen. Wenige Minuten später springt automatisch die Kaffeemaschine an und die Lichtlösung strahlt entsprechend
Daniel Scheidegger ist Managing Director der Novoferm Schweiz AG.
Besteht nicht die Gefahr, dass jeder Anbieter seine Smart-Home-Lösung anbietet? Ich hatte früher viele Fernbedienungen auf dem Tisch und heute füllt sich mein Screen mit unzähligen Apps. Der Fokus unseres Produktmanagements liegt ganz klar auf dem Thema Systemoffenheit, damit Sie alle Komponenten bequem von einer Device steuern können. So sind wir beispielsweise auch schon im Bereich Sprachsteuerung kompatibel.
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Die Gebäudehüllen brauchen robuste Türen: NovoPorta Plano – stumpfeinschlagende Stahlinnentür mit ETA-Brandschutzzertifikat.
auch Design, oft in der Form von Transparenz im Rahmen einer Türe verwirklichen. Ich würde gerne noch zum Thema Energie kommen. Auf der einen Seite spare ich durch effizientere Lösungen und Antriebssysteme Energie ein. Auf der anderen Seite brauche ich durch die zusätzlichen Komfortlösungen auch mehr Energie. Wie geht Ihr Haus mit dieser Situation um? Think Green ist uns ein wichtiges Anliegen. Unsere Systeme werden immer effizienter. Das betrifft als greifbares Beispiel die Torantriebe, die sehr wenig Energie verbrauchen, aber auch zahlreiche interne Abläufe in Produktion, Administration und Logistik. Können Sie uns ein Beispiel aus der Welt der Torantriebe verraten? Nehmen wir das Thema Ruhestrom, hier sind wir vergleichsweise sehr gut unterwegs. Wir brauchen hier mit 0.5 Watt viel weniger Energie als andere Anbieter in der Stand-by-Energieaufnahme, welche in diesem Bereich bis zu zehnmal höhere Werte haben. Zudem ist das Antriebselement mit einer modernen und energiesparenden LED-Beleuchtung ausgestattet, die bei gleicher Wattzahl 13-mal heller ist als ein herkömmliches Leuchtmittel. Es gibt ja auch hier einige weitere Mitbewerber, die in Teilen auch wesentlich grösser sind. Bei den Privatgaragentoren haben wir 15 Prozent Marktanteil und sind in der Ten-
denz nach oben unterwegs und damit eine starke Nummer 2 in der Schweiz. Bei industriellen Lösungen haben wir zehn Prozent. Bei Brandschutztüren haben wir einen sehr guten Lauf. Das liegt sicher auch an den EUNormen, die nun auch hier umgesetzt werden müssen und die wir früh im Blick hatten. Die Normumstellungen sind keine leichte Angelegenheit. Daher ist es wichtig, dass wir mit den richtig zertifizierten Türen auf
«NovoPorta Plano, die erste Brandschutztür auf dem nationalen Markt mit ETA Zulassung.» dem Markt unterwegs sind. Die harmonisierte Brandschutznorm EN 16034, welche in Kombination mit den produktspezifischen Normen wie der EN 14351-1 für Fenster und Aussentüren angewendet werden muss, ist seit dem 1.11. 2019 in der Schweiz verpflichtend. Die sogenannte Koexistenzphase ist am 30. 10. 2019 ausgelaufen, somit ist heute ist die Leistungserklärung (LE) nach
EN auch in der Schweiz Pflicht. Unsere thermisch getrennte Aluminium-Rohrrahmen-Brandschutztür NovoFire Thermo bringt diese zwingend erforderliche Leistungserklärung mit. Im Bereich der Innentüren wurde die Brandschutznorm noch nicht harmonisiert. Heute haben wir mit unserer stumpfeinschlagenden NovoPorta Plano als einziger Hersteller in der Schweiz eine Brandschutztür auf dem Markt, welche über den Weg der EOTA mit einem ETA (European Technical Assesment) zertifiziert ist und somit der Situation der fehlenden Harmonisierung Rechnung trägt. Zudem haben wir bis 2023 laufende VKFZertifikate für unser gesamtes NovoPortaPremio-Sortiment. Es würde den Rahmen dieses Interviews sprengen, im Detail auf die weiteren hier an der Swissbau ausgestellten Produkte der Schweiz AG einzugehen, nur kurz: In welchen Bereichen ist sonst noch aktiv? Der Claim von uns heisst Intelligent Door Solutions. Überall dort, wo eine intelligente Lösung für Tür und Tor gefragt ist, sind wir kompetenter Ansprechpartner. Neben den Bereichen Privatgaragentore, zu welchem für uns auch Einstellhallentore für bis zu 1 000 Nutzer zählen, und den besprochenen Sicherheitstüren, bieten wir im Industriebereich Sektionaltore, Rolltore, Schnelllauftore, Feuer- und Rauchschutzschiebetore sowie ganz besonders innovative Produkte und Komplettlösungen im Bereich Docking / Verladetechnik an.
Novoferm Schweiz AG | Höchmatt 3 | CH-4616 Kappel SO | Tel. +41 (0) 62 209 66 77 | info@novoferm.ch | www.novoferm.ch
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Zürcher Freilager/Gataric
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Blick auf den Südhof mit Freifläche im Freilager Zürich.
MECHANIK UND ELEKTRONIK IM EINKLANG ZUTRITTSLÖSUNG FÜR FREILAGER ZÜRICH von Lone K. Halvorsen
Für das Freilager Zürich suchten die Betreiber eine Zutrittslösung, die ihnen einerseits Freiraum bei der Berechtigungsvergabe und Flexibilität bei der Rechteverwaltung sowie zugleich niedrige Kosten und eine leichte Handhabung für die Wohneinheiten bieten konnte. Entstanden ist eine Kombination aus elektronischer und mechanischer Sicherung der Zutrittspunkte.
D
as Freilager Zürich befindet sich in Zürich-Albisrieden und umfasst rund 800 Mietwohnungen, fast 200 Zimmer für studentisches Wohnen sowie 18’200 Quadratmeter Gewerbe- und Büroflächen in 13 Häusern. Es wurde eine ausgeklügelte Zutrittslösung realisiert, in welcher die Kombination von elektronischer und mechanischer Sicherung der Zutrittspunkte eine vielversprechende und zukunftsweisende Lösung darstellt. Diese Systemarchitektur bietet neben ihren funktionalen Vorteilen überdies ein interessantes Preis-Leistungs-Verhältnis. «Wir hatten für die Zutrittskontrolle ursprünglich Mechatronik vorgesehen. Letztlich haben wir
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uns aber dagegen entschieden wegen der umständlichen Schliesspläne, des Batterieverbrauchs, entsprechend aufwändiger Wartung und der hohen Gesamtkosten», erzählt Jean-Claude Maissen, CEO und Vorsitzender der Geschäftsleitung der Zürcher Freilager AG.
AUSGEWOGENHEIT BEI FLEXIBILITÄT UND KOSTEN Der Ausgangspunkt für die Planung war es, Zutritte leicht sperren zu können und eine einfache Verwaltung der Wohneinheiten zu erreichen. «Durch die Trennung von Elektronik und Mechanik haben wir eine Ausgewogenheit bei Flexibilität und Kosten
erreicht», erläutert Maissen und führt weiter aus: «An den elektronisch gesicherten Zutrittspunkten können wir die Berechtigungen leicht ändern und komfortabel verwalten. Das kommt besonders dann zum Tragen, wenn ein Badge verloren gegangen ist oder nach Mietende nicht ausgehändigt wurde.» Entsprechend erhielt jedes Gebäude an der Aussenhülle eine elektronische Zutrittskontrolle. Das umfasst die Haupteingangstüren, Türen zu Veloräumen, Garagen- und Kellereingängen sowie die Öffnungen für die Abfallbeseitigung. Die Vorräume der Wohnhäuser sind in der Regel frei begehbar, weshalb die dahinterliegenden Eingangstüren über in die
SALTO Systems
Sonnerie eingebaute Online-Wandleser angesteuert werden. Des Weiteren wurden die Notausgänge aus der Tiefgarage über die Treppenhäuser in die Zutrittskontrolle eingebunden, um unbefugtes Betreten der angrenzenden Kellerräume zu vermeiden. Von innen nach aussen sind die Fluchtwege selbstverständlich immer begehbar. Die Wohnungstüren, Kellerabteile und Briefkästen hingegen sind mit Mechanik ausgestattet. «Hier verwenden wir Einzelschliessungen ohne Schliessplan, wodurch wir den Verwaltungsaufwand in Grenzen halten und klare Verantwortlichkeiten hinsichtlich Versicherungen und Haftung haben», erklärt Jean-Claude Maissen.
KONZEPT GEMEINSAM ERARBEITET Bei der Erarbeitung des Zutrittskonzepts war massgeblich die Hasler + Co AG beteiligt. «Wir sind ein Bestandskunde von Hasler und haben uns daher mit ihnen über die Möglichkeiten der Ausstattung unterhalten. Da-
Ansteuerung der Haupteingangstür eines Wohnhauses über in die Sonnerie eingebauten SALTO Online-Wandleser im Freilager Zürich.
rauf basierend haben wir gemeinsam das Konzept entwickelt», beschreibt Maissen das Vorgehen. Für den Elektronikteil hat sich eine Lösung auf Basis der SALTO-SPACESystemplattform als ideal erwiesen. «Uns haben insbesondere die Bedienung der Software und Programmierung der Zutrittsrechte überzeugt. Die Einteilung nach Zutrittsgruppen und Bereichen entsprach genau unseren Vorstellungen, weil wir weg von der Matrix wollten», begründet der Geschäftsführer die Wahl. Für die Berechtigungsverwaltung der rund 2 400 Bewohner
und etwa 500 Mitarbeiter der Gewerbeeinheiten wird die Managementsoftware ProAccess SPACE von SALTO verwendet. Dabei ist es so geregelt, dass jede Mieteinheit fünf Badges und jedes Gewerbe eine passende Anzahl von Badges erhält und dann dafür verantwortlich ist. Die Berechtigungsverwaltung geht dabei leicht von der Hand, lobt Maissen. Das Projekt in Zürich ist zwar so weit abgeschlossen, wird aber noch einmal erweitert, da die ZF AG in unmittelbarer Nähe des derzeitigen Ensembles ein zusätzliches Wohngebäude realisieren wird.
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STALL, SCHLACHTHAUS UND FLEISCHEREI
© Tanja Kutzer
ARCHITEKTUR
ARCHITEKTUR IN DER POSTINDUSTRIELLEN LANDWIRTSCHAFT von Georg Lutz
Die industrielle Landwirtschaft stösst immer mehr an Grenzen. Gefährdetes Trinkwasser, Artensterben, der Beitrag zur Klimakrise und die Gefährdung des Tierwohls sind die Stichworte, welche den Handlungsdruck verdeutlichen. Den zentralen Widerspruch sehen wir jeden Tag im Discounter. Wir wollen eigentlich kein Fleisch von gequälten Tieren auf dem Teller haben, trotzdem suchen wir immer noch nach den Sonder- und Billigangeboten. Jetzt gibt es eine Architekturausstellung zum Thema.
Schweine-Villa by Katharina Münch (TU Darmstadt).
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ach dem Zweiten Weltkrieg stand die Ernährungssouveränität der gebeutelten Bevölkerung im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Interesses. Es wurde dementsprechend auf Masse und Menge geachtet. Auch die Subventionen der EUAgrarpolitik, die heute noch nach ähnlichen Mustern ausgerichtet ist, hat noch viel mit diesem Ausgangspunkt zu tun. Sie setzt nicht auf Qualität, sondern auf Quantität. Auch in der Schweiz produzierte man lange Milchseen und Schweineberge. Gleichzeitig hat sich der ländliche Raum verändert. Gab es bis in die Sechzigerjahre des letzten Jahrhunderts noch klassische Dorfstrukturen mit kleinräumiger Landwirtschaft in ihren Infra-
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strukturen und Dienstleistungen, so verschwanden diese zunehmend in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Das zentrale Motto der Agrarfunktionäre und Lobbyisten heisst: «Wachsen oder Weichen». In der Folge entstanden regionale Agrarfabriken, wie man sie beispielsweise im Schweinegürtel von Vechta Cloppenburg in Norddeutschland findet. Die Erzeuger werben mit einer klassischen Naturlandschaft mit glücklichen Hühnern und Schweinen, die Realität sieht ganz anders aus.
NEUE WERTE UND DEBATTEN Inzwischen nehmen die Bedenken gegenüber der landwirtschaftlichen Produktion in
ihrer gegenwärtigen Ausprägung zu. Insbesondere über die Haltungs- und Schlachtbedingungen von Nutztieren wird eine kontroverse Debatte geführt. Dabei spielen Aspekte der Ökonomie und der Ökologie, des Tier- und des Umweltschutzes, der Ethik und eines bewusste(re)n Fleischkonsums eine wichtige Rolle. Die Frage nach Herkunft und Bioprodukten hört man immer häufiger. Inzwischen sind auch offene Konflikte zwischen den betroffenen Gruppen ausgebrochen. Viele Bauern fühlen sich als Sündenböcke abgestempelt, Verbraucher wollen mehr Qualität und die Politik laviert. Hier gilt es, Szenarien zu entwickeln, die Auswege aufzeigen.
ARCHITEKTUR
EIN IDEENWETTBEWERB Das Aedes Architekturforum in Berlin setzt zum Auftakt seines 40-jährigen Bestehens 2020 eine Reihe zur Rolle der Architektur bei der Entwicklung des ländlichen Raumes fort. Es präsentiert Architekturentwürfe für einen modernen landwirtschaftlichen Betrieb mit Schweinehaltung, der den gestiegenen gesellschaftlichen Ansprüchen genügt. Die Auslober eines studentischen Ideenwettbewerbs (KTBL und Stiftung LV Münster) haben bereits 2016 damit begonnen, nach neuen Perspektiven für das landwirtschaftliche Bauen, die Nutztierhaltung und die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der Landwirtschaft zu suchen. Der Hof Renfert-Deitermann, ein typisches Münsterländer Gehöft in der ehemaligen Bauernschaft Gittrup, Münster (D). © Tanja Kutzer
Die Aufgabe für Architekturstudierende an vier Hochschulen (TU Braunschweig, TU Darmstadt, TU München und Universität Stuttgart) umfasste den Entwurf für einen Stall für 500 Mastschweine in artgerechter Haltung und darüber hinaus ein Schlachthaus und einen Hofladen für die Direktvermarktung. Das Planungsgrundstück grenzt an den historischen Bestand eines typischen Münsterländer Hofes in Dorfrandlage. Bewertet wurden die architektonische und landschaftsplanerische Qualität, die Tiergerechtigkeit, die ökologische und ökonomische Qualität, Nachhaltigkeitsaspekte und das Kreativ- und Innovationsniveau.
DER HISTORISCHE HINTERGRUND Schon Hugo Häring (1924) und Walter Gropius (1967) hatten sich mit dem Thema «Architektur für Schweine» beschäftigt – Letzterer hatte aufgrund einer verlorenen Wette mit dem Porzellan-Produzenten Philip Rosenthal für dessen Hausschwein den «Palazzo RoRo» entworfen, der aber ebenso unrealisiert blieb wie Härings Schweinestall für Gut Garkau. Seinerzeit war das Tierwohl im Stall noch kein Thema für Politik, Gesellschaft und Planer, heute hört es nicht einmal an der Stalltür auf. Die Fleischproduktion und der Konsum tierischer Produkten bedingen die Auseinandersetzung mit der Haltung, aber auch mit der Tötung von Tieren.Für die europäische Landwirtschaft hat die Erzeugung von Schweinefleisch eine besondere Bedeutung: Derzeit werden in Deutschland etwa zwölf Millionen Mastschweine mit mehr als 50 Kilogramm Gewicht in rund 19’000 Betrieben gehalten. Jeder Bundesbürger verzehrt im Schnitt 35.9 Kilogramm Schweinefleisch pro Jahr. Fast ein Viertel der EU-28-Schweinefleischproduktion wird von Deutschland erbracht. Ein nicht geringer Teil
Den Bezug zu den Nutztieren wieder herstellen.
des subventionierten Billigfleischs geht in den Export und gefährdet so regionale Märkte in Afrika. Für die Haltung von Mastschweinen werden nun aber zunehmend Haltungsformen mit höheren Tierwohlstandards diskutiert und entwickelt. Dabei haben die Tiere zum Beispiel mehr Platz und Zugang zu unterschiedlichen Klimazonen. Gleichzeitig entstehen neue Zielkonflikte, denn bei der Haltung mit Ausläufen sind höhere Emissionen durch die grösseren Flächen und die freie Lüftung der Ställe zu erwarten. Lange Zeit waren Schlachtungen vor Ort auch in (kleineren) handwerklichen Fleischereien üblich, doch ab Ende des 19. Jahrhunderts zentralisierten viele deutsche Städte
das Schlachthauswesen, und heute werden die meisten Tiere in wenigen spezialisierten Grossanlagen geschlachtet und zerlegt. Damit ging zwar eine enorme Verbesserung der hygienischen Verhältnisse einher. Die Konzentration der Betriebe führte jedoch zu langen Transportwegen lebender Tiere, was für sie grossen Stress bedeutet und zu einer wachsenden Distanzierung der Verbraucher zum Schlacht- und Verarbeitungsprozess führt. Die Menschen verloren zunehmend den Bezug zu den Nutztieren und das Bewusstsein darüber, was sie essen und wo das Fleisch überhaupt herkommt. Wenngleich deren Zahl beständig weitersinkt, gibt es deutschlandweit noch viele landwirtschaftliche Familienbetriebe
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© Tanja Kutzer
ARCHITEKTUR
mit Schweinehaltung und handwerkliche Schlachtbetriebe. Diese zu bewahren und verstärkt ins öffentliche Bewusstsein zurückzuholen, könnte ein wichtiges Element bei dem Bemühen sein, durch regionale Strukturen und Wertschöpfungsketten zur Entwicklung ländlicher Räume beizutragen und gleichzeitig die Wege für Tiertransporte zu reduzieren.
KONKRETE ALTERNATIVEN Da die offizielle Politik und die klassische Agrarlobby sich kaum bewegen, haben inzwischen regionale Akteure das Heft des Handels übernommen und entwickeln entlang der gesamten Wertschöpfungskette Alternativen. Bei der Regionalwert AG im Raum Freiburg (D) geht es beispielsweise um das konkrete Zusammenwirken von Kapitalgebern, landwirtschaftlichen Partnerbetrieben, Vertrieblern und mit einbezogenen Konsumenten beim Aufbau einer nachhaltigen Regionalwirtschaft rund um Freiburg.
DIE AUSSTELLUNG
© Tanja Kutzer
Die gesamte Wertschöpfungskette im Blick haben.
Das Aedes Architekturforum gibt Einblicke in die Typologie von Ställen und Schlachthäusern, setzt sich mit dem Verhältnis von Mensch und Nutztier auseinander und präsentiert Ideen für Bauernhöfe mit Schweinehaltung und -verarbeitung sowie Direktverkauf anhand von Zeichnungen und Modellen der prämierten Entwürfe des Ideenwettbewerbs. Ziel ist die Förderung einer verbraucherorientierten, sozialverträglichen und umweltschonenden Landbewirtschaftung, einer tiergerechten und umweltverträglichen Nutztierhaltung sowie die Stärkung des ländlichen Raumes.
AEDES ARCHITEKTURFORUM Ausstellung: 18. Januar – 5. März 2020 Eröffnung: Freitag, 17. Januar 2020, 18.30 Uhr Ort: Aedes Architekturforum, Christinenstr. 18 – 19, D – 10119 Berlin Öffnungszeiten: Dienstag – Freitag 11.00 – 18.30 Uhr Sonntag – Montag 13.00 – 17.00 Uhr Samstag 18. Januar 2020, 13.00 – 17 Uhr.
GEORG LUTZ ist Chefredaktor bei bauRUNDSCHAU. Eine andere Landwirschaft ist möglich.
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ARCHITEKTUR
Als weithin sichtbarer Kubus ragt der neue FHNW-Campus 14 Stockwerke in die Höhe.
VERTIKALER CAMPUS ÜBERSTRÖMELEMENTE FÜR EINE HOCHWERTIGE RAUMGESTALTUNG von Georg Lutz
In Muttenz, einem Vorort von Basel, welcher auch Sitz unseres Verlages ist, wurde im Oktober 2018 die neue Fachhochschule Nordwestschweiz nach Plänen von pool Architekten aus Zürich eröffnet. Fünf Hochschulen arbeiten seitdem fächerübergreifend in einem vertikal strukturierten Campus-Hochhaus zusammen. Für Frischluft im Inneren des imposanten Kubus sorgt ein Lüftungskonzept, in dem das schallabsorbierende Überströmelement eine massgebliche Aufgabe übernimmt. Denn damit liess sich die durchgehend hochwertige Architektur auch bei den technischen Details exakt nach Architektenvorgaben umsetzen.
R
und 4 000 Studierende der Fachrichtungen Architektur, Life Science, Pädagogik, soziale Arbeit und Mechatronik sowie 840 Angestellte haben im neuen FHNW-Campus Muttenz eine Wirkungsstätte gefunden. Trotz seines Bauvolumens von 32’000 Quadratmetern entwarfen pool Architekten aus Zürich eine architektonisch äusserst reizvolle Umgebung, indem sie einen vertikalen Campus
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schufen, und nicht wie sonst üblich ein horizontales Hochschulgelände.
UNTER EINEM DACH – DAS RAUMKONZEPT Die Eingangsebene besteht aus einem als Marktplatz konzipierten Atrium, um das sich Empfang und Aula, Mensa und Cafeteria sowie ein grosser Vortragssaal mit einer mobilen Bühne gruppieren. Im ers-
ten und zweiten Obergeschoss befinden sich 16 Hörsäle und zahlreiche Unterrichtsräume aller fünf Hochschulen, die dritte Etage wurde als sogenannte «Beletage» entworfen: Hier ist zum einen die offen gestaltete Bibliothek untergebracht zum anderen stehen flexibel nutzbare Flächen für Seminare Präsentationen und so weiter zur Verfügung. Nicht öffentlich zugänglich sind alle Räumlichkeiten in den
ARCHITEKTUR
Das Atrium erstreckt sich über drei Geschosse bis in die «Beletage». Der offene Luftraum ist wesentlicher Bestandteil des Überströmkonzepts.
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ARCHITEKTUR
acht Geschossen darüber: Hier finden sich die fünf Institutsbereiche mit Büros sowie Arbeitsbereiche für die Studenten. Den Abschluss bildet die zwölfte Etage mit weiteren Seminarräumen, einer Lounge und einem versteckten, nur nach oben offenen Dachgarten.
EIN HOCHHAUS ALS HOFHAUS Mit Tageslicht versorgt wird das Innere des vertikalen Campus durch das Atrium und zwei Lichthöfe. Das Atrium erstreckt sich vom Erdgeschoss bis in die dritte Etage, ab dem vierten Obergeschoss unterteilt ein zusätzlich eingeschobener Mittelreiter das Atrium in zwei Lichthöfe bis unter das Dach. Architektonisch inszeniert wird der grosse Luftraum des Atriums durch sechs sich kreuzende Treppenläufe, die Lichthöfe erhalten durch jeweils ein skulpturales Treppenhaus eine besondere Note. Blickfang ist ferner die elf Meter hohe und tausend Tonnen schwere Beton-Stele «Dreamer» im Erdgeschoss, die von der Künstlerin Katja Schenker aus Zürich gestaltet wurde.
INTELLIGENT MITEINANDER VERKNÜPFT Um einen nur geringen Lüftungswärmebedarf bei Neubauten zu erreichen, müssen die Gebäudehüllen so dicht wie möglich sein. Dies fordern auch die Energiesparverordnungen ein. Um die Nutzer dennoch mit den nötigen Aussenluftraten zu versorgen und Bauschäden zum Beispiel durch Schimmelbildung zur verhindern, kommen in der Regel raumlufttechnische Anlagen zum Einsatz. So auch im FHNW-Campus Muttenz, für die pool Architekten und das Ingenieurbüro Kalt + Halbeisen aus Zürich ein pragmatisches und trotzdem intelligentes Überströmkonzept entwickelten. «Aufgrund der hohen Komplexität des Projekts, welche durch die Nutzungsdurchmischung bedingt ist, war von Anbeginn eine integrale Planung mit allen Projektbeteiligten nötig», erläutert der Projektleiter von pool Architekten aus Zürich.
ÜBERSTRÖMKONZEPT ALS GRUNDLAGE In den oberen Geschossen liegen alle Zuluftleitungen sichtbar in den Rippen der Betonrippendecken und versorgen die Räume mit den nötigen Aussenluftraten. In den öffentlichen, von allen Hochschulen genutzten Hörsaal-Geschossen hingegen wurde die Gebäudetechnik aufgrund der hohen Anforderungen bei der Raumakustik verdeckt ausgeführt.
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Blick vom Atrium in die Bibliothek auf der «Beletage».
Steigt der Luftdruck durch die Zuluft in den Räumen, entweicht sie über die Überströmöffnungen in den Trockenbauwänden in die Flure und von dort aus ins Atrium. Der Projektleiter von pool Architekten sagt über das Lüftungskonzept: «Die Hofhaus-Typologie mit den beiden Lichthöfen wird zum Wegführen der Abluft genutzt.» Das bedeutet, die Abluft steigt über das Atrium und die beiden Lichthöfe auf zum Dach, wo sie mit Wärmerückgewinnung entweicht. Abluftrohre sind nur in den Laboren und in den Gastronomiebereichen notwendig. Auf diese Weise liessen sich Installationskosten reduzieren und die Energiekosten für Antriebsenergie minimieren. Im Falle eines Brandes saugen Turbinen unter dem Dach den Rauch aus dem Atrium. Damit greifen auch beim Brandschutz Architektur und Technik intelligent ineinander.
ANFORDERUNGEN AN DEN SCHALLSCHUTZ Ein wichtiges Augenmerk der Architekten lag auf dem Schallschutz – bringen grosse Räume, harte Materialien und die Nutzung als Hochschule mit Hörsälen und Arbeitsräumen doch grosse schallschutztechnische Herausforderungen mit sich. Gemeistert wurden sie in der FHNW Muttenz durch ganz unterschiedliche Massnahmen: Im Atrium sorgen unter anderem Holzlamellen vor den Hörsälen für mehr Ruhe, in den Lichthöfen sind es Betonelemente, die Schallwellen brechen. Akustikvorhänge waren im dritten Obergeschoss die optimale Lösung gegen Lärm. Explizit von den Architekten gewünscht waren auch die Überströmelemente INDUSILENT von Kiefer Luft- und Klimatechnik, da sie eine hervorragende
ARCHITEKTUR
Die Leichtbauwände der 16 Hörsäle sind durch Akustikpaneele mit vertikalen Leisten verkleidet.
Schallabsorption aufweisen. Denn durch eine freie Überströmung der Luft von Raum zu Raum verlieren Trennwände einen Grossteil ihrer Schalldämpfung – dieser Problematik wirkt eine in die Luft-Überströmelemente INDUSILENT integrierte, nicht brennbare
und hoch wirksame Innenauskleidung entgegen. Weitere Pluspunkte der Überströmelemente sind ihre niedrige Bauhöhe von nur 230 Millimetern sowie die Möglichkeit einer projektspezifischen Gestaltung der Luftauslässe durch die Architekten.
GEORG LUTZ ist Chefredaktor bei bauRUNDSCHAU. www.aedes-arc.de
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ATMOSPHÄRE SCHAFFEN DER GRÖSSTE HEILIGENSCHEIN von Anna Meister
Wo Licht ist, ist auch Schatten – so sagt ein altes Sprichwort. Doch Licht ist mehr als nur das, was die Lampen erhellt. Es kann den Biorhythmus des Menschen beeinflussen, ja, es kann sogar einen therapeutischen Zweck erfüllen in Form von Lampen, die mit 10’000 Lux das Tageslicht simulieren und damit im Kopf die Melatoninproduktion anregen. Im deutschen Stuttgart bietet raumprobe auf 1 100 Quadratmetern ästhetische Lichtlösungen für alle Arten von Räumen an. Im Angebot sind unter anderem Ringleuchten mit einem Durchmesser von zehn Metern oder Lichternetze, deren einzelne Lichtkegel individuell gesteuert werden können.
KOLUMNE
LICHT IST NICHT SICHTBAR von Andreas Gut
L
icht macht sichtbar. Ein gegebenes, natürliches Faktum. Die vermeintliche Selbstverständlichkeit wandelt sich in Staunen, wenn man der komplexen Prozesse gewahr wird, die Sichtbarkeit erst möglich machen. Das von einer Lichtquelle abgestrahlte Licht wird von einem Objekt aufgrund seiner spezifischen physikalischen Eigenschaften entsprechend reflektiert, durch den optischen Apparat des Auges gebrochen und auf die Netzhaut übertragen. Die dort entstehenden Lichtreize werden dann in Nervenreize umgewandelt und an das Gehirn geleitet und dort in eine Bildempfindung umgewandelt, um dann in Sekundenbruchteilen mit unseren eigenen, internen Erfahrungsbildern abgeglichen und ausgewertet zu werden. Je nach Ergebnis dieses Abgleiches werden spezifische Impulse an den Körper weitergeleitet. Diese können Gefühle wie Wohl- oder Unbehagen, Glück, Überraschung, Abneigung und so weiter auslösen und so unsere Akzeptanz des gesehenen Raumes wesentlich beeinflussen. Gleichzeitig werden durch das Licht zusätzliche Rezeptoren im Auge angeregt, welche mit dem biologischen System des Körpers verbunden sind, welches wiederum zirkadiane Rhythmen wie Schlaf-WachZyklen, unsere innere Uhr, Hormonausschüttungen und vieles mehr steuert. Diese Vorgänge laufen meist vollkommen unbewusst in uns ab. Unser Körper hat sich über Jahrmillionen an das Tageslicht und die visuelle Umgebung angepasst. Erst vor gut 100 Jahren hat das elektrische Licht in unseren Alltag Einzug gehalten. Wir sind seither nicht mehr abhängig vom Tageslicht und können zu jeder Tages- und Nachtzeit all unseren Tätigkeiten nachgehen. Unser Arbeits- und Freizeitverhalten hat sich damit stark verändert. Die Tageslicht-Aufnahme hat dabei rapide abgenommen. Wir verbringen heute im Durchschnitt fast 90 Prozent unserer Zeit in Gebäuden und erhalten so nur noch wenig direktes Tageslicht. Unser Körper ist physiologisch und biologisch jedoch noch derselbe – er lebt sozusagen noch in der
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«Steinzeit». Und auch unsere emotionalen Verhaltensmuster sind nach wie vor evolutiv geprägt. Lichtgestalter sind demzufolge gefordert, eine Lichtsituation zu entwerfen und zu planen, welche nicht nur die visuellen, sondern auch die biologischen und emotionalen Bedürfnisse der Raumnutzer abdeckt. Dies kann nur gelingen, wenn Tages- und Kunstlicht auf die Architektur und die geplanten Materialien, Farben sowie Oberflächen fein abgestimmt werden. Wenn die Raumnutzungen und Bedürfnisse der Nutzer klar sind. Wenn dafür gesorgt wird, dass ein sinnvoller Tageslicht-Blendschutz sowie blendfreie Leuchten mit einer guten Farbwiedergabe-Qualität eingesetzt werden. Wenn Lichtfarben unter Berücksichtigung von Nutzungen und Bedürfnissen definiert werden und nicht nur das Licht, sondern auch der Schatten und Dunkelräume bewusst geplant werden. Wenn zu guter Letzt auch noch ein kluges Konzept zur Beleuchtungssteuerung vorliegt, welches ideale Lichtszenen definiert und eine Feinjustierung vor Ort stattgefunden hat, dann kann Licht auch Konzentration und Motivation fördern, Erholung unterstützen, aber auch anregend sein und sogar gesundheitlich positive Auswirkungen auslösen. Vor diesem Hintergrund kann es als fahrlässig bezeichnen werden, wenn sich die Planung von Beleuchtungsanlagen auf die Sehaufgabe und höchste Energieeffizienz beschränkt. Es ist Zeit, dass Bauherren und Architekten auch beim Licht ihre Verantwortung wahrnehmen und die Chance nutzen, Gebäude zu realisieren, in welchen Tages- und Kunstlicht guttut. Für eine wahrhafte Sichtbarkeit.
ANDREAS GUT ist Senior Lighting Designer bei vogtpartner. www.vogtpartner.eu
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Politik, Wirtschaft und Gesellschaft diskutieren seit Jahren intensiv über den Begriff Smart City. Ziel ist es, die Städte durch technische Innovationen effizienter, nachhaltiger und lebenswerter zu machen und urbanen Herausforderungen wie Umweltverschmutzung und Verkehrskollaps mit intelligenten Lösungen zu begegnen.
D
ie Diskussion kreist um aktuell Themen wie smarte Mobilität, smarte Energie, smarte Bildung – und smarte Beleuchtung, Stichwort Smart Lighting. Dabei übernehmen die Strassenleuchten zahlreiche Funktionen, die weit über die Beleuchtung hinausgehen. Und zwar aus einem einfachen Grund. Die kommunale Aussenbeleuchtung stellt ein nahezu flächendeckendes Netz an Infrastrukturknotenpunkten mit Stromversorgung bereit (in Europa: 90 Millionen öffentliche Licht-
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punkte). Durch Lichtmasten und -stelen, die sich flexibel mit verschiedenen HardwareModulen ausstatten lassen, können bei minimalem Installationsaufwand und ohne dass neue Flächen erschlossen werden müssen, zahlreiche Smart-City-Anwendungen umgesetzt werden. Mit den TRILUXOutdoor-Lösungen können Städte und Kommunen heute schon den Grundstein für ein zukunftsfähiges Beleuchtungsnetzwerk legen und zahlreiche Möglichkeiten im Rahmen der Digitalisierung nutzen.
DIGITALE ANWENDUNGSBEISPIELE Bereits heute können durch das Aussenbeleuchtungs-Netzwerk vielfache Anwendungen realisiert werden. Dazu gehören Ladestationen für E-Mobilität, die sich über die Lichtstelen ein Netzwerk für E-Bikes und Elektro-Pkw aufbauen. Zudem hat das Europaparlament grünes Licht für Tausende EU-finanzierte Internet-Hotspots auf öffentlichen Plätzen gegeben. Bis Ende 2020 sollen die wichtigsten öffentlichen Orte jedes
europäischen Dorfes und jeder europäischen Stadt mit kostenlosem WLAN-Internetzugang ausgestattet sein. Dieses Ziel lässt sich einfach und kostengünstig über das Beleuchtungsnetzwerk umsetzen, über WLAN-Module in oder an den Lichtmasten. Darüber hinaus können sicherheitsrelevante Komponenten wie Kamera-Module einfach in oder an den Masten integriert werden. Die Übertragung der Bilder erfolgt dabei in Echtzeit über das Netzwerk. Beim Thema Verkehr-Management können die Leuchten über Heat-Mapping wertvolle Informationen über den Verkehrsfluss respektive, die Verkehrsdichte sammeln. Die erhobenen Daten lassen sich beispielsweise nutzen, um Stauzentren zu identifizieren und Ampelschaltungen an den realen Verkehrsfluss anzupassen. Und über die Parkplatz-Detektion können Sensoren in den Lichtmasten ermitteln, ob der unter ihnen liegende Parkplatz frei oder besetzt ist – und senden die entsprechenden Informationen zum Beispiel per App an Verkehrsteilnehmer auf Parkplatz-Suche.
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1 100 Quadratmeter, 150 Materialpartner, 40 Ausbaupartner – das ist raumprobe in Stuttgart (D). Hier finden Planer aus Architektur, Innenausbau und Design zahlreiche Produkt-Inspirationen für ihre Projekte. Mit an Bord sind elegante Lichtlösungen, die die Räume massgeblich prägen und so bei raumprobe für ein gelungenes Licht sorgen. Die Ringleuchte Duetto mit ihrem Durchmesser von zehn Metern markiert das Zentrum in den Räumlichkeiten der raumprobe.
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S
eit Juli 2019 residiert die im Jahr 2005 von Hannes Bäuerle und Joachim Stumpp gegründete Materialagentur raumprobe in einer ehemaligen und jetzt runderneuerten Industriehalle. Der Leuchtenexperte SATTLER war bereits am vorherigen Standort vertreten, in den neuen Räumen kann er nun mit einigen Standardund Spezialanfertigungen wichtige Akzente setzen. Bereits zu einem frühen Zeitpunkt war der Lichtanbieter in die Planung involviert, sodass das Lichtkonzept optimal umgesetzt werden konnte.
NUTZUNGSASPEKTE MIT BERÜCKSICHTIGEN Die Idee des ausgeklügelten Konzepts war, für eine harmonische Grundbeleuchtung zu sorgen, innerhalb der eine individuelle Spotbeleuchtung jederzeit möglich ist. «Wir haben die Lichtplanung in den von uns ausgestatteten Räumlichkeiten erstellt und dabei alle Nutzungsaspekte berücksichtigt, zum Beispiel ein gemütlicheres Ambiente in der Lounge, flexibles Licht in der Wechselausstellung und flächiges Licht im Besprechungsraum», erläutert Sven Sattler, gemeinsam mit seinem Vater Ulrich Sattler, Geschäftsführer bei SATTLER, seine Idee. Highlight des Konzepts ist die abgependelte Ringleuchte Duetto mit einem
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raumprobe
In den neuen Räumen der Materialagentur raumprobe prägt SATTLER die Architektursprache der Räume.
Durchmesser von zehn Metern, die den zentralen Bereich markiert. Die Besprechungs- und Schulungsräume im Erdgeschoss sind mit filigranen Gioco-Leuchten ausgestattet, deren Seitenverhältnis auf dem Goldenen Schnitt basiert. Das modulare Lichtnetz FAVO ist in dem Bereich für Wechselausstellungen perfekt eingesetzt und kann seine Flexibilität durch immer wieder neue und individuelle Einstellbarkeit der Lichtkegel auf die Exponate unter Beweis stellen. Im Café-Bereich erzeugt die Leuchte Palito ein gemütliches Ambiente. Avveni sorgt für eine ideale Beleuchtung zentraler Wegachsen. Ein Eyecatcher findet sich schliesslich im Foyer, in dem die Leuchte Soft Delta zum spielerischen Schaukeln einlädt.
BEEINDRUCKENDE ATMOSPHÄRE «Die Konzeption der Beleuchtung in der neuen Materialwelt ist massgeblich auf den kreativen Input des Lichtspezialistenzurückzuführen», zeigt sich Hannes Bäuerle zufrieden. «Der Instagram-Liebling in der neuen Materialwelt ist die Lichtschaukel im Eingangsbereich.» Auch die Besucher sind beeindruckt von der Materialwelt, die schon von Weitem entgegenstrahlt: «Der grösste Heiligenschein leuchtet über der umfangreichsten Materialwelt – sehr passend!»
Ein beliebtes Fotomotiv: die Lichtschaukel im Eingangbereich.
GEORG LUTZ ist Chefredaktor bei bauRUNDSCHAU. www.raumprobe.com
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Quooker stellt sein neues Finish vor: Messing Patina. Ein Wasserhahn mit diesem Finish ist wie eine gute Flasche Wein. Geben Sie ihm Zeit zu reifen, und er wird immer schöner und mehr von Ihnen. Wo Ihre Fingerspitzen an den Hahn gelangen, verfärbt sich die Oberfläche. Durch diesen natürlichen Prozess ist Ihr Hahn noch viel mehr als eine praktische Küchenhilfe: ein ansprechendes Gerät auf Ihrer Arbeitsfläche. Wie bei allen Quooker-Wasserhähnen werden sofort 100 ° C kochendes, heißes, kaltes, gekühltes sprudelndes und stilles Wasser abgegeben. Weitere Informationen finden Sie auf quooker.ch
Der Wasserhahn, der alles kann.
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Präzisionsarbeit und Hightech gehören für die JKS Group zum Alltag. Deshalb stellt das Unternehmen aus dem Zürcher Oberland hohe Ansprüche an seine Beleuchtung. Mit den schwarmfähigen TRIVALITE-Leuchten von Swisslux werden diese erfüllt.
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anchmal sind zwei Lichtwelten nur durch einen Schritt getrennt. So etwa in einem Gewerbegebäude in Nänikon, wo sich das «Innovation Camp» der JKS Group AG befindet. Bei der Treppenhausbeleuchtung herrscht noch die klassische Minuterie. «Jedes Mal wird das gesamte Treppenhaus für 15 Minuten beleuchtet. Diese Energieverschwendung ist nicht mehr zeitgemäss», sagt CEO Jürg Schulthess. Er bittet ins Foyer. Nun kommt der Besucher in der lichttechnischen Gegenwart an. Die Beleuchtung von Korridor, Arbeits- und Besprechungszimmern wird von moder-
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nen, schwarmfähigen Pendelleuchten übernommen. Ihr Licht eilt den Schritten der Menschen voraus und erlischt wieder, wenn es nicht benötigt wird oder ausreichend Tageslicht vorhanden ist.
SCHLAUER SCHWARM Die intelligente Beleuchtung passt zu einer Firma, deren Slogan die «Swiss Cleverness» ist. Denn die JKS Group vereint verschiedene Firmen und Kompetenzen unter einem Dach. Neben der Entwicklung und Verbesserung von Produkten hat sich die Gruppe einen Namen in den Bereichen In-
ternet of Things, Konstruktion und Robotik gemacht. Wer sich so intensiv mit Konstruktion, Fertigung und Vernetzung beschäftigt, hat hohe Ansprüche an die Eigenschaften einer Leuchte. Für Jürg Schulthess waren bei der Evaluation der neuen Lösung deshalb verschiedene Punkte wichtig: «Wir wollten energieeffiziente, intelligente Leuchten, die Schweizer Fertigungsqualität bieten und erst noch gut aussehen.» Die Wahl fiel auf die intelligenten Leuchten TRIVALITE von Swisslux. Diese kombinieren zeitgemässe und energieeffiziente LED-
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Technik mit einer präzisen Sensorik. Die Leuchten vernetzen sich selbstständig miteinander und arbeiten mit einer ausgefeilten Präsenzsensorik. Diese Schwarmintelligenz ermöglicht es, Licht nur genau dort zu liefern, wo es benötigt wird und damit den Strombezug merkbar zu reduzieren. «Als ich bei einer Begehung einen Test beobachtete, bei dem über 250 Swisslux-Leuchten als intelligenter Schwarm miteinander kommunizierten, war der Fall für mich klar», berichtet Jürg Schulthess.
PRÄZISE UND ZUVERLÄSSIG In verschiedenen Sitzungszimmern wurden zehn elegante Pendelleuchten des Modells «Lybra» installiert, im Korridorbereich zwölf grossflächige Rundleuchten «Orion». Wie bei Nachrüstungen üblich wählte man für die Vernetzung der Leuchten das integrierte Funkmodul. So mussten mit Ausnahme der Stromzufuhr keine neuen Kabel installiert werden. Die schlanke und passgenaue Lösung ist umso praktischer, als die Gebäudebetreiberin für die Büroflächen des «Innovation Camp» ausschliesslich Stehleuchten vorsah. Als Arbeitsplatzbeleuchtung sind diese wohl tauglich, doch für die seltener benutzten Wegzonen oder Besprechungsräume ist der Dauerbetrieb weder notwendig noch effizient. «Schwarmgesteuerte, intelligente Beleuchtungen sind klar die beste Lösung», meint Jürg Schulthess. Geringer Energiebezug und minimale Lichtverschmutzung seien das Gebot der Stunde, und zwar unabhängig von der Nutzung. So könnten in Zukunft auch die Produktionshalle der Firma oder ein angedachtes Robotik-Labor mit Schwarmleuchten ausgerüstet werden. In den schlanken Trivalite-Leuchten steckt jede Menge gut versteckter Technik. Das Lichtmanagement ermöglicht sowohl Linear- wie Flächenschwarmfunktion. Die Vernetzung erfolgt dabei je nach baulichen Gegebenheiten via Funk oder Draht. Jede Leuchte kann einer beliebigen Lichtgruppe zugewiesen werden, in Nänikon zum Beispiel den Gruppen «Foyer», «Gang» oder «Sitzungszimmer». Individuelle Einstellungen für jede Leuchte sind jederzeit via App möglich. Jede Leuchte kann nach der Installation sofort in Betrieb genommen werden. Durch die Sensorik passt sie sich automatisch den Helligkeitsverhältnissen an, liefert also stets nur so viel Kunstlicht wie nötig oder gewünscht. Der integrierte
Jürg Schulthess, CEO der JKS Group, ist von der neuen Lichtlösung überzeugt.
«Lybra»-Pendelleuchten rücken Besprechungen und Präsentationen ins beste Licht.
Akku garantiert bei Stromausfällen eine zuverlässige Notbeleuchtung.
EFFIZIENT ÜBER DEN GANZEN LEBENSZYKLUS Nachdem die neuen Trivalite-Leuchten in Nänikon ihre erste Wintersaison absolviert haben, gibt es Erfahrungswerte zum Strombezug. Gegenüber der früheren, bereits energieeffizienten Lösung mit sensorge-
steuerten Stehleuchten werden zusätzlich 20 bis 25 Prozent Energie eingespart. Ein achtsamer Umgang mit Ressourcen und die Betrachtung des gesamten Produktlebenszyklus sind für Jürg Schulthess zentral: «Man darf nicht nur auf den Kaufpreis einer Leuchte achten, sondern muss eine Vollkostenrechnung machen. Ein Qualitätsprodukt ist zwar teurer, fällt aber nicht schon nach wenigen Jahren aus.»
Swisslux AG | Industriestrasse 8 | CH-8618 Oetwil am See | Tel. +41 (0) 43 844 80 80 | info@swisslux.ch | www.swisslux.ch
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Blaues Licht regt die Konzentration an – auch in der Nacht.
«DER MENSCH IST ANPASSUNGSFÄHIG» JE MEHR HELLIGKEIT AM TAG, DESTO BESSER DER SCHLAF Interview mit Dr.-Ing. Oliver Stefani von Anna Meister
Mit der Industrialisierung hielt das künstliche Licht Einzug in die Haushalte. Im Laufe der Zeit verbrachten die Menschen immer weniger Zeit im natürlichen Licht. Hat dies eine Auswirkung auf den Biorhythmus? Kann zu viel künstliches Licht sogar schädlich sein für den Organismus? Und sind Tageslicht-LEDs die beste Lösung, um dem Lichtdefizit Einhalt zu gewähren? Seite 60 // bauRUNDSCHAU
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ren, mit zunehmender Industrialisierung und dem Aufkommen von elektrischem Licht halten sich Menschen immer mehr in geschlossenen Räumen auf und sind demnach weniger Tageslicht ausgesetzt. Dem Licht, welchem wir über Tausende von Jahren schon ausgesetzt waren und vermutlich darauf optimiert sind. Dafür gibt es unzählige Hinweise. Auch das Fensterglas ist hierbei ein Hindernis. In Bürogebäuden reicht das Tageslicht meist nicht in jede Ecke hinein. Deswegen muss man mit künstlichem Licht nachhelfen. Das ist sehr häufig der Fall. Das ist ein Widerspruch in sich selbst ... Ja, genau. Hinweise, dass Tageslicht spektral dem elektrischen Licht vorzuziehen ist, lieferte eine Studie von Christian Cajochen und mir. Hierbei ging es um die Unterschiede von Tageslicht-LEDs im Vergleich zu normalen LEDs. Wobei Tageslicht-LED ja eher ein Marketingbegriff ist. Der Unterschied zu den normalen LEDs ist im Spektrum. Tageslicht-LEDs haben ein volleres Spektrum als die normalen LEDs. Allerdings enthalten sie, im Gegensatz zu Tageslicht, kein UV und keine Infrarotstrahlung. Könnten Sie das bitte ein wenig genauer erklären? Eine typische weisse LED hat einen sogenannten Blau-Peak, sie hat eine Lücke bei Cyan, also bei Blaugrün, und im Roten fehlen dann auch wieder ein bisschen die Spektralanteile. Bei den sogenannten Tageslicht-LEDs ist es anders, da ist das Cyan mehr aufgefüllt, und es geht auch weiter in den roten Bereich hinein.
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icht ist nicht gleich Licht. Dies ist eine Aussage Ihrerseits. Wie meinen Sie das? Bei Licht können viele Eigenschaften unterschieden werden. Zum Beispiel das Spektrum. Selbst wenn Licht vielleicht auf den ersten Blick immer gleich weiss aussieht, so muss es das nicht sein. Es kann spektral ganz anders zusammengesetzt sein. Eine Glühlampe hat beispielsweise ein anderes Spektrum als eine Leuchtstoffröhre oder eine LED oder das Tageslicht. Weiterhin kann Licht unterschiedliche Farbtemperaturen haben. Stichwort warmes Licht oder kaltes Licht. Diese Unter-
schiede sind dann aber visuell sichtbar. Licht kann polarisiert oder unpolarisiert sein. So gibt es viele weitere Eigenschaften, die Licht mit sich bringt, die sich stark unterscheiden können. Menschen mit Bürojobs verbringen durchschnittlich 22.25 Stunden pro Tag ohne Tageslicht. Wie schädlich ist dies? Das sind die durchschnittlichen Werte eines Europäers, der im Büro arbeitet. Jedoch kann man nicht genau sagen, wie schädlich dies ist. Die Wissenschaft kann da keine klare Auskunft geben, wie schlimm das ist. Aber, seit ungefähr 100 oder 150 Jah-
Ist dieses Licht also wärmer? Nein, nicht unbedingt. Die Blaugrün-Anteile sind lediglich höher, und im langwelligen Bereich sind auch mehr Rottöne vorhanden. Auf den ersten Blick sind die beiden gar nicht auseinanderzuhalten. Aber es ist messbar, und zwar am Menschen. Das konnten wir an den Teilnehmern an unserer Studie sehen. Wenn man den Menschen den Tageslicht-LEDs aussetzt im Vergleich zu normalen LEDs, so haben sich die Probanden subjektiv wohler und subjektiv auch wacher gefühlt. Das Licht wurde von der Qualität her besser beurteilt, obwohl beides mit blossem Auge eigentlich nicht unterscheidbar war. Beide Lampen haben eine Farbtemperatur um die 4 000 Kelvin. Wir haben auch in der Nacht den Schlaf gemessen und festgestellt, dass sie nach den 16 Stunden unter
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Der Durchschnittseuropäer verbringt 22.25 Stunden pro Tag ohne natürliches Tageslicht.
Obschon sich Bauarbeiter öfters draussen aufhalten als Menschen im Büro, haben sie nicht zwingend einen besseren Schlaf-Wach-Rhythmus.
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den Tageslicht-LEDs mehr Tiefschlaf hatten als nach der normalen LEDs.
sich sonst neben dem Licht auf die Produktivität auswirken.
sein sollte. Braucht man 100’000 Lux oder weniger? All das wird noch diskutiert.
Gibt es noch weitere Beispiele? Es gibt weitere Hinweise dafür, dass die Eigenschaften von Tageslicht wichtig für uns sind, zum Beispiel bei der Lichtverteilung. Der Himmel ist ja eine recht grosse Lichtquelle im Vergleich zu den Lichtpunkten oder Linien von Leuchten im Büro. Auf unserer Retina gibt es nicht nur Stäbchen und Zapfen, sondern auch lichtempfindliche Ganglienzellen. Diese sind über die gesamte Retina verteilt, sodass man annehmen kann, dass eine grosse leuchtende Fläche, welche bei der Abbildung auf der Retina mehrere dieser Ganglienzellen reizt, auch zu stärkeren Effekten beim Menschen führt. Dazu laufen gerade Untersuchungen in unserem Labor.
Das wurde also noch nicht erforscht? Nein, aber es gibt vereinzelt Hinweise, dass Licht aufmerksamer machen kann und konzentrationsfördernd wirkt. Wir haben herausgefunden, dass man abends an Bildschirmen mit mehr Blaulicht schneller reagiert und weniger Fehler macht. Aber am Tag ist die Studienlage leider nicht ganz eindeutig. Es liegt auch daran, dass der Mensch sich sehr gut anpassen kann. Man muss ja eine bestimmte Leistung erbringen. Die er-
Kann Licht Ihrer Meinung nach eine Therapiefunktion einnehmen? Vor allem im Winter können Lampen das Sonnenlicht ergänzen und Menschen mit Depressionen helfen, denn die Tage sind im Winter meist sehr kurz. Ich halte es aber für besser, sich dem natürlichen Tageslicht auszusetzen. Aber manchmal ist das unter anderem aus beruflichen Gründen nicht möglich, daher denke ich, das ist eine gute Alternative. Auch bei Leuten, deren Biorhythmus verschoben ist, ist das eine gute Idee.
Wir sind also über unsere Augen auf die Sonne optimiert? Genau. Weitere Studien zeigen, dass Licht von oben Melatonin effektiver unterdrückt als Licht von unten. So wie es auch in der Natur, durch den Himmel geschieht. Da kann man vermuten, dass wir uns dafür optimiert haben. Auch in Sachen Intensität ist es so, dass natürliches Licht unter freiem Himmel am Tage meist deutlich heller und in der Nacht viel dunkler ist als im Gebäude. 100’000 Lux können es tagsüber im Freien sein. Eine mondlose Nacht mit klarem Sternenhimmel in den Bergen hat jedoch nur 0.002 Lux. Es gibt Hinweise dafür, dass wir genau diesen Hell-Dunkel-Rhythmus wirklich brauchen. Studien haben bewiesen, dass Menschen, die in «lichtverschmutzten» Gegenden leben, einen völlig anderen Schlafrhythmus aufweisen. Daran erkennt man, dass der Mensch auf Tag = hell, Nacht = dunkel gepolt ist. Man merkt auch, dass zum Beispiel die Leute im Osten von Deutschland früher aufstehen als die Leute im Westen, einfach weil die Sonne da früher aufgeht. Das ist auch ausgeprägter in ländlichen Gegenden als in Städten. Welchen Einfluss hat die Beleuchtung auf die Produktivität und die Gesundheit der Büroarbeiter? Was die Produktivität angeht, so kann man keine genauen Angaben machen. weil man dafür eigentlich streng kontrollierte Bedingungen braucht. Alle Büroarbeiter müssten sich mehrere Tage lang komplett gleich verhalten. Sprich, alle Teilnehmer müssten dieselbe Arbeit machen, denselben Schlafrhythmus einhalten, das Gleiche essen und so weiter. All das kann
«Es gibt Hinweise dafür, dass wir genau diesen Hell-DunkelRhythmus wirklich brauchen. bringt man, egal unter welchen Lichteinflüssen, welchem Lärm oder anderen Störfaktoren, nur fällt es einem schwerer. Meine Kollegin hat festgestellt, dass dieser Mehraufwand für die gleiche Leistung beim falschen Licht sogar physiologisch messbar ist1. Nun könnte man behaupten, dass Menschen, die ausserhalb eines Büros arbeiten, sei es auf einer Baustelle oder Montagejobs, mehr der Natur und auch dem Sonnenlicht ausgesetzt sind. Leben diese demnach gesünder? Hierzu gibt es Hinweise, dass umso mehr Helligkeit man am Tage ausgesetzt ist, umso besser kann man abends schlafen2. Auch im Altersheim gibt es dazu Hinweise. Wenn man die Beleuchtungsstärke am Tag erhöht, schlafen die Bewohner in der Nacht besser. Eine andere Studie hat gezeigt, dass man bei zu wenig Licht am Tag in der Nacht viel sensibler gegenüber Licht reagiert: Die Melatonin-Unterdrückung ist dann schon bei sehr wenig Licht vorhanden. Das Bild des Bauarbeiters, der also besser schläft, ist zwar möglich, aber nur eine Vermutung. Es wird auch diskutiert, wie viele Lux-Stunden gesund sind, wie viel man ausgesetzt
Welche Beleuchtung würden Sie für ein modernes Bürogebäude empfehlen? LEDs mit einer guten Farbwiedergabe. Wenn möglich sogar welche, die dem Tageslicht spektral sehr nahekommen. Es gibt verschiedene Hersteller, die mittlerweile solche LEDs herstellen. Also Human Centric Lightning? Da weiss man noch nicht, welche Kurve da ideal ist. Der Tag beginnt ja nicht nur mit «warmem» Licht und warmen Sonnenstrahlen. Der Tag beginnt mit der Dämmerung, und da ist viel blaues Licht vorhanden. Abends ist es dasselbe. Aber genau dieses Spektrum wird von HCL nicht abgebildet. Neue Erkenntnisse aus Studien mit Mäusen stellen die häufig propagierten Lichtverläufe von HCL gerade infrage3. Es kommt auch darauf an, von wann bis wann man arbeitet. Wenn man nicht gerade Spät- oder Nachtschicht arbeitet, ist es fraglich, ob man dann mit Lichtverläufen arbeiten soll oder nicht. Ich denke, es reicht, wenn man während den Bürozeiten eine sehr gute Lichtqualität bereitstellt. In einem Krankenhaus oder einer Produktion, wo Schicht gearbeitet wird, wo nachts gearbeitet wird, da macht es Sinn, mit Farbverläufen im Licht zu arbeiten. ANMERKUNG 1) http://www.chronobiology.ch/wp-content/ uploads/2017/11/1-s2.0-S0301051117303186-main.pdf 2) https://www.mdpi.com/2624-5175/1/4/40 3) https://www.cell.com/current-biology/pdf/S09609822(19)31368-5.pdf
DR.-ING. OLIVER STEFANI ist Post-Doktorand im Zentrum für Chronobiologie der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel. www.upk.ch
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Angenehmes Gefühl und absolut unbedenklich: Teppich.
MEHR ALS NUR UNTERLAGE DER BODEN ALS GESTALTUNGSELEMENT von Daniel Heusser
In einem Baukörper nimmt der Boden, einmal abgesehen von der Decke, die grösste Fläche ein. Trotzdem wird dem Boden oftmals nicht die benötigte Aufmerksamkeit geschenkt, gerade oder vor allem wenn es sich um Neubauten handelt. Bei Neubauten wird viel geredet über Minergie, Fenster, Heizungstechniken, Fassaden, Küchen und weiter mehr. Doch wo bleibt der Boden?
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etritt ein Mensch einen neuen Raum, schaut er normalerweise von links nach rechts, den Kopf leicht nach unten geneigt. Und schon ist er wieder im Fokus, der Boden! Die korrekten Bodenbeläge auszuwählen, ist gar nicht so einfach. Vertrauen Sie hierbei nur einem ausgewiesenen Fachmann, denn nur er weiss, welcher Boden zu welchem Untergrund passt, kann die Vorstellungen und Bedürfnisse
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des Bauherrn analysieren und Lösungsvorschläge unterbreiten.
TEPPICH: VIEL WOHNKOMFORT Die textilen Bodenbeläge, also Teppiche, sind vielerorts, gerade im Privatbereich, etwas ins Hintertreffen gelangt. Dies muss nicht sein, denn Teppiche sind grundsätzlich ein sehr dankbarer Bodenbelag. Textile Böden sind luftdurchlässig – die Untergrund-
feuchtigkeit ist vernachlässigbar –, bieten hohen Gehkomfort und sind für Allergiker ideal, da sie den Staub binden. Teppiche sind heutzutage in unzähligen Qualitäten, Varianten und Farben lieferbar und bieten immer warmen Wohnkomfort. Auch die Mär mit den Milben ist ein hartnäckiges Vorurteil. Milben können erst ab einer Luftfeuchtigkeit von 55 Prozent entstehen. In den allermeisten Wohnungen und Häusern hat man aber
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Natürlich und lange Lebensdauer: Parkettboden.
für Parkett. Eine fachkundige Beratung durch kompetente Fachleute ist deshalb gerade bei Parkett sehr empfehlenswert. Parkett muss nicht zwingend ein glatter Boden sein. Es gibt heutzutage unzählige Oberflächenbehandlungen wie sägerau, gebürstet, handgehobelt und viele mehr. Dies verleiht dem Parkett seine Einzigartigkeit.
DESIGNBELÄGE: VOLL IM TREND
gerade mit zu niedrigen Luftfeuchtigkeiten zu kämpfen. Das ist kein Nährboden für Milben. Teppiche gibt es aus Naturfasern oder auch aus synthetischen Fasern, je nach Belieben, Geschmack, Einsatzort. Teppiche sind zudem meist schwer entflammbar.
PARKETT: DAS NATURPRODUKT SCHLECHTHIN Parkett besteht aus mindestens 2.5 Millimeter Nutzschicht und ist ein klassisches Naturprodukt. Parkett bietet Natürlichkeit, eine sehr lange Lebensdauer, kann je nach Nutzschicht mehrmals abgeschliffen werden und eignet sich, bei entsprechender Behandlung, auch vorzüglich im Aussenbereich und sogar in Nasszellen. Noch ökologischer wäre beispielsweise ein Korkboden, weil beim Kork nur die Rinde abgeschält wird, welche wieder nachwächst. Ebenfalls ökologisch unbedenklich sind Holzböden aus Bambus, da Bambus pro Tag bis zu einem Meter wachsen kann. Es existiert eine schier unüberschaubare Anzahl an Ausführungen
Sehr im Trend sind die sogenannten Designbeläge. Diese bieten den Vorteil, dass sie in einer unendlichen Vielfalt angeboten werden. Es sind sogar strukturierte Oberflächen möglich. Zudem sind diese sehr hygienisch und deshalb unter anderem in vielen Spitälern und Altersheimen anzutreffen. Sind diese Beläge aus PVC, können sie sogar zu 100 Prozent recycliert werden. Weichmacher wie Phtalate sind Gifte, welche aus vielen Designbelägen verschwunden sind. Das seit über 150 Jahren bekannte Material Linoleum ist nicht, wie landläufig oftmals gemeint wird, ein Kunststoff, sondern ein 100 Prozent natürliches Material. Designbeläge werden meist in Platten geliefert. Die Platten werden dann miteinander verschweisst und verklebt und bilden zusammen eine harmonische Einheit. Selbstverständlich können zu einem späteren Zeitpunkt einzelne Platten nach Belieben jederzeit ausgewechselt werden. Viele Designbeläge werden versiegelt geliefert. Jede Versiegelung kann abgeschliffen und wieder neu versiegelt werden, damit halten solche Designbeläge ein Leben lang. Freilich existiert noch eine ganze Anzahl von weiteren Bodenbelagsarten. Zudem gibt es auch spezielle Konstruktionen wie Doppelböden, wo dann vor allem Plattenware zum Einsatz kommt. Platten, statt Rollenware, sind für textile Böden und Designbeläge lie-
ferbar und sehr beliebt, können diese doch im Schadenfall einzeln ausgewechselt werden. Sind die gewünschten Bodenbeläge einmal ausgewählt, geht es ans Verlegen. Auch diese Arbeit sollte man nur einem Fachmann anvertrauen, denn was nützt einem Bauherrn der schönste Boden, wenn er mangelhaft verlegt wurde. Es lohnt sich durchaus, auch für die Verlegung etwas zu investieren, damit man lange Freude am schönen Boden hat. Bei einer Verlegung kann der Boden-Parkettleger nämlich noch weitere Arbeiten ausführen, wie eine korrekte Untergrundvorbereitung, das Zusammenspiel mit einer Bodenheizung, Montage von Übergangsprofilen und Sockelleisten und natürlich die gänzlich korrekte Entfernung und Entsorgung allfälliger alter Bodenbeläge. Die schweizerische Bodenbelagsbranche ist eine sehr lebendige Branche. In fast jedem Dorf in der Schweiz ist ein Bodenbelagsfachgeschäft anzutreffen. Boden-Parkettleger können alle Arten von Bodenbelägen kompetent verkaufen und verlegen. Weitere Informationen erteilt der Branchenverband BodenSchweiz. Auf der Homepage sind auch Hunderte von geprüften und ausgewiesenen Schweizer Bodenbelagsfachgeschäften aufgeführt. Und wer bei Problemen gar nicht mehr weiterweiss, kann ebenfalls BodenSchweiz kontaktieren, wo eine neutrale Beratung bis hin zu Expertisen stattfinden können.
DANIEL HEUSSER ist Geschäftsführer von BodenSchweiz. www.bodenschweiz.ch
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Das Büro in Altdorf erstrahlt in neuem Glanz.
DAS GEWISSE ETWAS PREISGEKRÖNTE FUGENLOSE BODENBELÄGE von Marco Palumbo
Basierend auf jahrzehntelangem Fachwissen im Bereich der Gummigranulat-Beläge bietet die Uniquefloor Switzerland AG kompetente und umfassende Unterstützung bei der Umsetzung von fugenlosen, elastischen Belagssystemen an. Ihre Produkte erfüllen alle Anforderungen an einen modernen Bodenbelag und stellen die perfekte Kombination von Design, Komfort und Qualität dar. Seite 66 // bauRUNDSCHAU
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Der preisgekrönte Bodenbelag im Bürogebäude in Chur.
trittschalldämmend, weist einen hohen Gehkomfort auf und hat eine hohe Lebensdauer. Das Gummigranulatsystem wird in privaten und öffentlichen Gebäuden wie Wohnungen, Büros, Spitälern und Pflegeheimen eingesetzt, ist aber gleichzeitig auch für Treppen und Nassbereiche wie geschaffen. Bei Umbauten eignet sich dieses System sich optimal als Sanierungsbelag, da es auf nahezu allen Untergründen aufgetragen werden kann. Es stehen 20 Standardfarben zur Verfügung, doch auch das Einarbeiten von Logos oder Ornamenten ist damit möglich. So wird auf Wunsch jeder Giomoflex®-Belag zu einem Unikat.
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er Giomoflex®-Gummigranulat-Bodenbelag ist ein fugenloses, elastisches Bodenbelagssystem für den Innen- und Aussenbereich, das in einem mehrstufigen Verfahren vor Ort eingebaut, geschliffen, gespachtelt und versiegelt wird. Das System erfüllt die höchsten Ansprüche an einen zeitlosen, hochwertigen, hygienischen und leicht pflegbaren Bodenbelag, ist
GEWINNER MATERIALPREIS 2018 Der Giomoflex® naturo ist eine Innovation der Uniquefloor Switzerland AG. Dieses fugenlose Belagssystem wird aus organischen Komponenten wie Holzrinde, Nussschalen und Kernen gefertigt und erreicht dadurch seine einzigartige Natürlichkeit und Authentizität. Mit dem Giomoflex® naturo schuf Uniquefloor einen Bodenbelag, der die klassischen Anwendungsbe-
reiche verlässt und eine Alternative zu den bekannten fugenlosen Belägen darstellt. Für diese Exklusivität wurde die Uniquefloor beim Materialpreis 2018, einem dotierten Wettbewerb von raumprobe in Stuttgart mit dem ersten Preis in der Kategorie Kollektion prämiert. Die Uniquefloor Switzerland AG wurde 2015 gegründet und beschäftigt derzeit zehn Mitarbeitende. Insgesamt verfügt die Firma über 170 Jahre Erfahrung in Sachen Vertrieb und Verarbeitung von Gummigranulatböden. Eine hohe Qualität im Bereich der Verarbeitung des Gummigranulat-Belages kann nur durch erfahrene Mitarbeitende erreicht werden. Es gibt viele Faktoren, welche beim Einbau von Gummigranulat-Belägen berücksichtigt werden müssen. Wir versprechen mit unserem Team eine einwandfreie Verarbeitung zur vollsten Zufriedenheit unserer Kunden. Haben wir ihr Interesse geweckt? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren oder besuchen Sie uns auf Voranmeldung in unserem Showroom. Wir unterstützen Sie gerne bei Ihrem nächsten Bauvorhaben.
Uniquefloor Switzerland AG | Gewerbestrasse 10 | CH-6330 Cham | Tel. +41 (0) 41 740 00 22 | info@uniquefloor.ch| www.uniquefloor.ch
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Die moderne Küche ist für die Digitalisierung bereit, wenn sie echten Mehrwert bietet.
EIN REALISTISCHER BLICK DIGITALISIERUNG DER KÜCHE von Georg Lutz
Die Zeiten, in denen eine Küche lediglich aus einem Spülschrank und einem Herd bestand, sind heute vorbei. In jüngster Zeit hält immer mehr Qualität und Komfort in den Küchen Einzug. Mit der Digitalisierung der Haustechnik werden Küchen in hochmoderne Koch- und Kommunikationszentralen transformiert – so jedenfalls argumentieren einige Hersteller. Es stellt sich nur die Frage: Was wird im Nischenmarkt bleiben und was wird sich durchsetzen?
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er heute sich eine neue Küche anschaffen will, kann schon beim Küchenplaner im Küchenstudio digitale Welten bewundern. Nicht wie früher auf Millimeterpapier und mit Lineal und Bleistift werden die Küchenschränke, der Ofen oder die Spülmaschine eingezeichnet. Die neue Küche lässt sich dreidimensional dargestellt am Bildschirm bewundern. Vielleicht bekommt man sogar schon eine di-
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gitale Brille aufgesetzt. Wenn wir dann in der neuen Küche agieren, helfen uns Apps, den Alltag zu organisieren. Wir können Rezepte aufrufen oder auch Bestellungen an einen Lebensmittelhändler online aufgeben.
ANSPRUCH UND WIRKLICHKEIT Küchenexperten denken aber noch viel weiter. Die Szenarien wirken noch futuristisch. Künstliche Intelligenz (KI) dominiert
die Küche. Im Netz sind wir schon so weit. Roboterarme können jede vorher aufgezeichnete Bewegung exakt nachahmen. Selbst komplexe Vorgänge wie eine traditionelle Teezeremonie werden vollständig automatisiert. Auch lästige Tätigkeiten wie das Aufräumen und Abwischen der Arbeitsflächen managen die fleissigen Helferlein – fast so wie heute schon die automatischen Staubsauger. Sterneköche aus
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aller Welt können ihr Wissen und Können in Küchen einspeisen, und Roboterarme kochen für uns. Werden wir in Zukunft also noch selbst kochen? Ja, das werden wir, denn Kochen ist eine emotionale und kommunikative Tätigkeit. Wir haben die Küchen erst in den letzten Jahren aus dem Korsett des reinen Funktionsraumes befreit. Wir wollen jetzt unsere Küche nicht alleine Robotern überlassen. In Japan oder Süd-Korea tritt man solchen Entwicklungen sicher offener gegenüber. Allerdings ist auch dort der Weg kein linearer, und nicht jede mögliche technologische Spielerei kommt an. In Japan sind schon die ersten Roboter hinter einer Hotel-Rezeption wieder entlassen worden. Bei den ganzen technologischen Übersprunghandlungen tut sich aus meiner Sicht auch ein Gendergap auf. Es gibt viele männliche IT-Entwickler, die dann auch die Küche der Zukunft anpreisen, die aber sehr selten eine Küche von innen sehen. Was lernen wir daraus? Lasst mehr Mädels IT studieren und schickt mehr Männer zum Kochen in die Küche. Aus historischen Erfahrungen abgeleitet setzt sich die Technologie durch, die echten Mehrwert bietet, einfach zu bedienen ist und ein überzeugendes Preis-LeistungsVerhältnis aufweist.
Der Einsatz von Apps, um Rezepte zu bekommen, ist heute Alltag.
AUDIOKOMMUNIKATION VOR DER TÜR Versuchen wir uns daher dem Thema nochmals vorsichtiger zu nähern. Ohne Frage werden vernetzte IoT-Geräte (Internet of Things) auf den Markt kommen und sind auch schon zu bewundern. Der viel beschworene intelligente Kühlschrank und die vernetzte Kaffeemaschine sind noch ein Nischenprodukt. Es stellt sich die zentrale Frage, ob sie das weiter bleiben oder diese Produkte die Anfänge einer Entwicklung sind, die unser Koch- und Wohnverhalten nachhaltig verändern wird? Bei Themen wie dem digitalen Assistenten und Conversational Interfaces könnte am ehesten der Durchbruch Richtung Massenmarkt gelingen. Audio heisst hier das zentrale Stichwort. Wir sprechen mit unseren Küchengeräten, indem wir mit Bots und digitalen Assistenten kommunizieren. Konkret heisst dies: «Alexa, mache mir grünen Tee mit 70 Grad heissem Wasser.» Die ersten Smart-HomeGeräte wie Amazon Echo oder Google Home sind bereits am Markt und viele andere werden noch folgen. Der Anbieter digitalSTROM bleibt hier nicht bei einzelnen Geräten in der Küche stehen, sondern hat eine umfassende Smart-Home-Lösung
Schon heute setzen wir auf digitale Unterstützung, beispielsweise wenn es um die Planung der Küche geht.
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Die Gastro-Branche ist beim Thema Digitalisierung einige Schritte voraus.
für die ganze Wohnung im Angebot. Die Entwicklung der demografischen Kurve kann ein weiterer Treiber sein. Einfache Smart-Home-Lösungen, die auf die Bedürfnisse der Silver-Generation eingehen, werden an Bedeutung gewinnen. Es gibt aber auch Rückschläge. Vor ein paar Jahren machte die BSH mit «Mykie» als persönlichem Küchenassistenten von sich reden. Dieser wird nach seinem Prototypen-Status jedoch nicht weiterleben. Er wurde «in dieser Form nicht angenommen», heisst es lapidar von der Geschäftsleitung. Jetzt tritt «Chefling» an diese Stelle. Das ist auch ein digitaler Küchenassistent auf Basis Künstlicher Intelligenz (KI) – als reine App allerdings weniger personifiziert. Mit der Application lassen sich Lebensmittelvorräte verwalten und ergänzen, Rezeptvorschläge einholen und auch vernetzte Hausgeräte intelligent einbinden. Zugrunde liegt eine Beteiligung des BSH-Konzerns am Startup Chefling Inc, das im Silicon Valley USA zu Hause ist. BSH ist vorsichtig geworden und testet zunächst im US-Markt.
VORREITER GASTRO In der Gastronomie-Branche sind wir aber schon weiter wie in der privaten Küche. Online-Bewertungsportale, Rezepte-Apps,
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Social-Media-Auftritte – auch wenn all diese Dinge durchaus eine Rolle in der Gastronomie-Branche spielen, bedeutet Digitalisierung weit mehr für Köche und Köchinnen. Bildschirme, Touchpads und Co. haben längst Einzug in den Gastronomieküchen erhalten. Die HACCP-Gefahrenanalyse beurteilt Gefährdungen der Lebensmittelsicherheit nach deren Auswirkung und Wahrscheinlichkeit und legt kritische Kontrollpunkte sowie deren Lenkungsmassnahmen fest, sie wurde früher stets in einem Order im Büro aufbewahrt. Mittlerweile gibt es sie in vielen Restaurants ausschliesslich in digitaler Form auf Computer oder Tablet. Messzahlen wie die der Kühlung werden automatisch in das System ergänzt. Das vereinfacht die Hygienekontrollen oftmals sehr. Auch in den Küchen spielen digitale Lösungen eine wichtige Rolle. Rezepte werden heutzutage vermehrt auf Tablets angezeigt, anstatt sie in Büchern oder Ordnern nachzuschlagen. Auch der klassische Bestellungs-Bon aus Papier wird immer öfter von Anzeigetafeln auf Tablets und Bildschirmen abgelöst. In der Systemgastronomie, wie zum Beispiel in grossen Fast-Food-Ketten, gibt es dies bereits seit Jahren, findet aber auch in Restaurants immer mehr Einzug. Damit verhindert man ein leider ziemlich
regelmässig auftretendes Problem: das Verschwinden eines Bons. Wird die Bestellung digital angezeigt, kann das nicht mehr passieren. Setzen Gastronomen auf Digitalisierung, sparen sie zudem nicht nur Ressourcen – in dem Fall Papier –, sie unterstützen auch die Hygiene.
KLEINES FAZIT Die Digitalisierung der Küche ist nicht mehr aufzuhalten: Köche bedienen über ihre Smartphones nicht nur ihre Heissluftdämpfer, sondern managen über Apps Produktionsprozesse, Einkauf und Logistik. Die Digitalisierung eröffnet Köchen völlig neue Freiräume. Viele Planer haben selbst noch Weiterbildungsbedarf. Hier darf vor dem Kaufentscheid ruhig kritisch nachgefragt werden. Es bleibt aber sonst beim klassischen Merksatz «Dumm kauft zwei Mal». Eine Küche muss von Profis geplant und gebaut werden.
GEORG LUTZ ist Chefredaktor bei bauRUNDSCHAU. www.baurundschau.ch
Foto: Sarah Tschanz | www.sarahtschanz.com
KOLUMNE
WIR BRAUCHEN MEHR SMARTE GEBÄUDE von Adrian Obrist
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ie Vernetzung nimmt in jedem Lebensbereich zu – alles wird smart und alles, was miteinander vernetzt werden kann, wird miteinander vernetzt. Diese Entwicklung macht sich nun auch vermehrt in Wohnungen und Häusern bemerkbar. Die Angebotspalette reicht dabei von verschiedenen digitalen Tools und Produkten bis hin zur innovativen Smart-Home-Plattform, auf der Geräte verschiedener Hersteller einfach und intelligent miteinander vernetzt werden können. Im Zentrum dieser Innovationen steht dabei immer der Mensch beziehungsweise der Bewohner und dessen Wünsche nach mehr Komfort, Flexibilität und Sicherheit. Doch in der jüngsten Vergangenheit ist eine Thematik immer mehr in den Mittelpunkt gerückt: der steigende Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit. Und hier kommt vor allem die Baubranche ins Spiel. Denn Gebäude beanspruchen nicht nur den grössten Teil der urbanen Flächen, sondern auch der Ressourcen. Laut einer Studie der Schweizerischen Energie-Stiftung SES ist der Schweizer Gebäudepark für knapp 50 Prozent des Primärenergieverbrauchs und für 27 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die Zahlen zeigen: Wenn es um mehr Nachhaltigkeit geht, kann die Bau- und Immobilienbranche eine Schlüsselrolle einnehmen. Sie hat den Hebel in der Hand, um die Energiewende erfolgreich zu gestalten und so einen wichtigen Beitrag für mehr Klimaschutz zu leisten. Gerade bei neu geplanten und gebauten Objekten gibt es einige positive Beispiele wie etwa den «Limmat Tower» in Dietikon. Dort sind nicht nur die Wohnungen mit einem Smart-Home-System ausgestattet, sondern das gesamte Gebäude ist smart, nach den Kriterien von LowEx geplant und verfügt über eine kontrollierte Komfortlüftung, die als System mit dezentraler Zuluft über die Fassade konzipiert ist. Neubauten dieser Art werden von Anfang an als smarte Gebäude geplant. Sie sind digitalisiert, das heisst, technische Anlagen und Bauteile sind – ähnlich wie in einem Smart Home – entweder mitei-
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nander oder mit dem Internet vernetzt. Ein Grossteil unserer Gebäude existiert jedoch seit über 50 Jahren und wurde damit lange vor den aktuellen Entwicklungen der Digitalisierung geplant und errichtet. Diese sind allesamt nicht digitalisiert – weder in den technischen Anlagen der Haustechnik noch in den einzelnen Bauteilen der Geschosse oder Räume / Wohnungen und schon gar nicht in Verbindung mit deren Umgebung. Hier ist die Bau- und Immobilienbranche gefordert. Sie muss die digitale Transformation vorantreiben und dafür sorgen, dass zukünftig keine «dummen» (nicht smarten und nicht digitalisierten) Immobilien mehr geplant und gebaut werden. Gleichzeitig muss sie damit beginnen, den Bestandsbau nachträglich zu digitalisieren und smart zu machen. Dafür muss sie mit gutem Beispiel vorangehen und andere Branchen wie zum Beispiel Architekten, Planer, Elektroinstallateure auf diesem Weg mitnehmen und überzeugen. Das erfordert aber auch mehr Kooperation. Bauherren und Liegenschaftsbesitzer, Architekten und Elektroinstallateure, Mieter und Facility Manager müssen stärker Hand in Hand planen und zusammenarbeiten. Doch am Ende profitieren alle davon. Denn smarte Gebäude haben eine gesellschaftliche, individuelle und wirtschaftliche Dimension: Sie leisten einen wichtigen Beitrag dazu, die Energieeffizienz zu verbessern, sie unterstützen Menschen in jeder Lebensphase und jeder Lebenssituation optimal, sie erhöhen die Sicherheit sowohl für die Bewohner als auch für die Immobilie und nicht zuletzt führen sie zu einer spürbaren Kostenreduktion beim Wohnen.
ADRIAN OBRIST ist CEO der digitalSTROM AG. www.digitalstrom.com
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ZWEITER FRÜHLING PORTRÄT DES STERNEKOCHS ANDY ZAUGG von Stephanie Steinmann
Andy Zaugg, Gründer und Inhaber von Andy Zaugg Sternekoch, setzt auf höchstes Kochhandwerk. Mit diesem Anspruch hat er den Wechsel von der Gastronomie zu einer der Top-Adressen im Schweizer Premium-Catering gemeistert. Auch mit der Rundschau Medien AG hat er schon einige kulinarische Highlights gemeistert.
Die Logistik des Kochens ist eine Herausforderung – auch weil die Akteure persönlich vor Ort sind.
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is Ende 2017 führte er als Spitzenkoch ein renommiertes Stadtrestaurant mit einem Stern Guide Michelin und 17 Gault-Millau-Punkten in Solothurn. Als Andy Zaugg sich anschliessend mit seiner Ehefrau und Geschäftspartnerin Roberta Zaugg als Caterer neu ausrichtete, war das mutig. Der Markt gilt auf den ersten Blick als gesättigt. Sein Restaurant florierte und mit Event Catering als zweitem Standbein konnte er die branchenübliche tiefe Rentabilität seines Sternerestaurants markant aufbessern. Es war die optimale Nachfolgelösung, die ihn zu diesem Schritt bewog. Sein Sous-Chef war bestens gerüstet für den nächsten Karriereschritt und für Andy und Roberta Zaugg
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der perfekte Nachfolger. «Ich hätte mein Restaurant wohl eher einer neuen Nutzung zugeführt, als einem Nachfolger zu übergeben, von dem ich nicht vollumfänglich überzeugt gewesen wäre», so Andy Zaugg. «Ich bin so richtig ins Catering reingewachsen», betont Andy Zaugg. Er schuf sich vor rund 15 Jahren mit Event Catering im gehobenen Segment ein zweites Standbein. Dank seiner Kontakte als Mitglied und später als Vizepräsident der «Jeunes Restaurateurs d’Europe» war er für exklusive Anlässe in der Schweiz bis hin zu Top-Events in Paris oder Deutschland verantwortlich. Für Andy Zaugg stellte sich die Herausforderung, den Catering-Anteil, der zum Kerngeschäft wurde und bisher etwa 50 Prozent
des Umsatzes ausgemacht hatte, markant zu steigern. Um das Catering-Potenzial voll auszuschöpfen, hat er strukturelle Anpassungen vorgenommen, in seine neue Marke Andy Zaugg Sternekoch investiert und diese mit einem unverkennbaren Design emotional aufgeladen. Die Marke vereint die Geschäftsbereiche rund um seine Kochkompetenz. Gemüse und Beeren aus dem Wasseramt. Zander und Egli vom Bielersee, Lammfleisch aus dem Seeland, Pilze vom Berner Oberland: den Eigengeschmack der besten regionalen Produkte auf den Punkt zu bringen – das ist die Passion des Spitzenkochs Andy Zaugg. Seine Marke inszeniert mit einer prägnanten Bildwelt und steht für die drei Geschäftsbereiche Event Catering, Sternekochkurse und Gastro-Coaching.
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KONSTANT HOHE QUALITÄT Andy Zaugg Sternekoch richtet sich im Heimmarkt Solothurn sowie national und auf Kundenwunsch auch international sowohl an Unternehmen, die öffentliche Hand, Verbände oder Organisationen wie auch an Privatpersonen. Vom hochkarätigen Lunch für einen Botschafter über den Corporate Event mit über 1 500 Gästen, als Alleinkoch oder mit einer Brigade von 40 Köchen, von Zürich bis Genf: Andy Zaugg verfügt über eine einzigartige Erfahrung im Event Catering. «Die spezifischen Anforderungen der Kunden und die unterschiedlichen Locations erfordern jeweils individuelle Lösungen. Als Top-Caterer ist es unser Anspruch, bei jedem Auftrag die Gäste mit konstant hoher Qualität, meiner kulinarischen Handschrift und einem stilvollen Service zu begeistern. Dieser Herausforderung stellen wir uns bei jedem Auftrag und das macht das Event Catering so reizvoll», so Andy Zaugg. Als Mitglied der «Académie Culinaire de France» und Ehrenpräsident der «Jeunes Restaurateurs d’Europe» (JRE) in der Schweiz ist Andy Zaugg bestens vernetzt. Dadurch kann er bei Bedarf auch weitere Spezialisten und Spitzenköche mit in sein kulinarisches Boot holen. Das Unternehmen Andy Zaugg Sternekoch führt heute jährlich rund 150 Anlässe durch – für zwei bis 1 500 Gäste. Andy Zaugg organisiert Flying Dinners für bis zu 2 500
Personen. In diesem Rahmen werden innert zweieinhalb Stunden 15’000 Portionen serviert. Dabei beschäftigt er zuweilen bis zu 40 Angestellte in der Küche. Mit einem gut eingespielten Kernteam und einen Pool von rund 100 Freelancern kümmert sich das Ehepaar Zaugg um die reibungslose Abwicklung der Aufträge. «Wir wollen jedoch nicht grösser werden, weil wir sonst unsere Caterings nicht mehr individuell betreuen können», schränkt Andy Zaugg das Wachstumspotenzial von Andy Zaugg Sternekoch ein. «Ich und meine Frau Roberta sind immer persönlich dabei», formuliert er seinen Anspruch – und solange sie dieser Devise folgen, kann nur ein Auftrag nach dem anderen ausgeführt werden. Wenn er von den vielen Caterings, die er bisher ausrichten durfte, erzählt, schwingt immer auch Dankbarkeit mit. Er erzählt von den zahlreichen Veranstaltungen, wo er hochkarätige Gäste aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft bewirten durfte. Dabei gehören Verschwiegenheit und Diskretion immer zum Geschäft. Doch selbst in der «verrückten» Welt des Event Catering ist der Leistungsausweis von Andy Zaugg bemerkenswert. Er hatte in der Vergangenheit Roger Federer bewirtet, Bundesrätinnen und Bundesräte sowie Top-Manager. Für die Confrérie du Guillon kochte er im Château de Chillon in den Jahren 2008, 2012, 2014 und 2017 jeweils für 14 FineDining-Bankette zur Würdigung der besten Waadtländer Weine und verköstigte pro Jahr 1 800 Mitglieder sowie ihre Gäste mit 11’000 Gourmettellern. Im Team von Andy Zaugg sorgten jeweils 18 Köche für höchste Qualität.
ANSPRUCHSVOLLE LOGISTIK
Der Eigengeschmack von regionalen Produkten gehört zur Philosophie.
Die Produktion der Gerichte ist in Solothurn angesiedelt. Dort wird alles möglich gemacht, was sich Kunden wünschen. Gut 60 Prozent der Gerichte werden vorbereitet, den Rest übernehmen Andy Zaugg und sein Team «on location». Doch wie immer im Cateringgeschäft ist auch bei Andy Zaugg die Logistik die grösste Herausforderung. Es gibt Tage, da ist er beispielsweise in der Romandie tätig und muss bereits am nächsten Tag wieder Gäste in der Ostschweiz verwöhnen – und dann wieder einen lokalen Event bekochen. Sprich: Die Akteure müssen vor Ort sein. Das gilt auch für sämtliche Ausstattungsgegenstände und sämtliche Lebens-
Andy Zaugg zelebriert seine kulinarische Handschrift.
mittel und Zutaten. Andy Zaugg lächelt milde, wenn man davon beeindruckt ist. Schliesslich ist es sein täglich Brot, die anspruchsvolle Logistik zu betreuen. Er kümmert sich um das massgeschneiderte Fest, wenn gewünscht auch um die Deko oder das Barkonzept. Seit sich Andy Zaugg als Fernsehkoch im Coop-Kochstudio im Jahr 2003 einen Namen gemacht hatte, hat er seine Freude am Vermitteln des Kochhandwerks entdeckt. Mit seinen Sternekochkursen lässt er sich in die Töpfe blicken und verrät Gruppen die Geheimnisse einer Küche auf höchstem Niveau. Zusammen zaubern sie ein mehrgängiges Gourmetmenü, das sie anschliessend gemeinsam geniessen. «Unsere Kunden sind kulinarisch interessiert, lieben stilvolle Veranstaltungen und schätzen unsere persönliche Betreuung», erzählt Andy Zaugg. Die Anfragen sind sehr unterschiedlich. Langjährige Kunden, die uns von Privatanlässen kennen, buchen uns oft auch für Firmenanlässe. Im Wettbewerb um Kunden spielt er nach eigenem System und setzt dabei primär auf sein Können als Sternekoch. Doch wie behauptet man sich national auf dem Cateringmarkt, der in der Schweiz stark regional geprägt ist? «Unser wichtigstes Kriterium ist Qualität», sagt Andy Zaugg. «Wir spezialisieren uns auf das eine Prozent vom Markt, in dem der hohe Anspruch, der Aufwand und die Qualitätsliebe erwartet und honoriert werden.»
ANDY ZAUGG | St. Urbangasse 37 | CH-4500 Solothurn | Tel. +41 (0) 79 667 39 61 | andy@andyzaugg.ch | www.andyzaugg.ch
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Photographer: Clemens Pierer
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Dieses Innovationszentrum wurde von ATP Innsbruck geplant.
DER PREIS GEHT NACH ÖSTERREICH DIE «ZUKUNFTSSCHMIEDE» GEWINNT von Anna Meister
«Winner» in der Kategorie «Excellent Architecture – Interior Architecture»: ATP architekten ingenieure aus Innsbruck (A) darf sich mit dem integral geplanten Innovationszentrum HOFER ALPHA Retail Network zu den Preisträgern des renommierten German Design Award 2020 zählen. Ausgezeichnet wurde die kreative und nachhaltige Umplanung einer Industriehalle in eine moderne Arbeitswelt.
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rchitekt Robert Kelca, ATP-Partner in Innsbruck, nennt es «eine Halle voller Ideen»: die gelungene nachhaltige Verwandlung eines ehemaligen Produktionsgebäudes für Solarpaneele in einen der modernsten Workspaces Oberösterreichs. «Vor dem Hintergrund der Verknappung von Grund und Boden ist es eine spannende Aufgabe für uns als Architekten und Ingenieure, eine solche Um-
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nutzung kreativ und verantwortungsbewusst zu begleiten und damit Ressourcen zu schonen. Durch die integrale Zusammenarbeit aller Beteiligten ist die Symbiose aus Alt und Neu hier vorbildlich gelungen.» Das ALPHA Retail Network ist das Innovations-Herz des Handelsriesen HOFER – in der Schweiz und Deutschland bekannt als Aldi – sowie eine Zukunftsschmiede für den
digitalen Handel von morgen. Ein Ort, der mit seinen lichten, hohen Räumen inspiriert und Weitblick zulässt – auch für die Studierenden der Fachhochschule Oberösterreich, die hier obendrein den Austausch mit Wirtschaft und Wissenschaft pflegen können.
HOHES MASS AN ABWECHSLUNG Das sagt die Jury: «Der betont offene Workspace bietet ein hohes Mass an Ab-
Photographer: Clemens Pierer
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Photographer: Clemens Pierer
Alles ist offen gestaltet.
Photographer: Clemens Pierer
Das Flächenprogramm strukturiert die Halle als interaktiv kollaborierenden Campus.
wechslung und Flexibilität. Auf der grosszügigen und intelligent strukturierten Fläche finden sich Arbeitsplätze und Ruhezonen genauso wie Zonen für Meetings und konzentriertes Arbeiten. Farben verdeutlichen die Bereiche und lockern das Design zusätzlich auf. Hier ist ein modernes, zeitgemässes und in jeder Hinsicht freundliches Design gelungen, das eine angenehme Arbeitsatmosphäre erwarten lässt.» Nach dem ICONIC AWARD im Sommer 2019 (Kategorie «Interior») ist der German Design Award die zweite hochkarätige Anerkennung für das ALPHA Retail Network innerhalb eines Jahres, über die sich ATP freuen darf.
PREIS FÜR INNOVATION Der German Design Award prämiert innovative Produkte und Projekte, die in der deutschen und internationalen Designlandschaft wegweisend sind. Vergeben wird der renommierte Preis vom Rat für Formgebung, der deutschen Marken- und Designinstanz. Die Verleihung fand am 7. Februar 2020 in Frankfurt (D) statt.
ANNA MEISTER ist Redaktorin bei bauRUNDSCHAU. Was aus einer alten Fabrikhalle alles werden kann.
www.baurundschau.ch
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KOLUMNE
LUFTQUALITÄT IN SCHULZIMMERN von Michael De Martin
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n einem «Handbuch der Architektur» aus Darmstadt wird im Jahr 1889 dokumentiert, dass der Sauerstoffgehalt der Luft der wichtigste Faktor für die Aufmerksamkeit und den Lernerfolg von Schülern ist. In diesem Handbuch werden integrale Lösungsvorschläge aufgezeigt, wie mit einfachsten Massnahmen die Luftqualität kontinuierlich aufrechterhalten werden kann. Detailliert werden Aussagen über die notwendigen Luftmengen gemacht, deren Werte wir teilweise auch heute noch verwenden. Eine im März 2019 publizierte Studie des BAG (Bundesamt für Gesundheitswesen) ergab, dass in zwei Dritteln aller Schulzimmer ein schlechtes Raumklima herrscht. Bei guten Bedingungen könnte die Konzentration und Leistungsfähigkeit um zwischen sieben und 15 Prozent gesteigert werden. Wie kann es sein, dass wir 130 Jahre später mit massiv mehr Fachwissen, mit viel mehr Erfahrung, mit vielen Spezialisten und erfahrenen Fachleuten keine Gebäude bauen können, die eine gute Luftqualität garantieren? Computer erlauben Simulationen, die Bauherren erhalten verschiedene Varianten zur Wahl der besten Lösung. Und trotzdem ist in zwei von drei Klassenzimmern die Luftqualität ungenügend – und damit die Aufmerksamkeit und Lernfähigkeit der Schüler eingeschränkt! Technische Möglichkeiten, die Luftqualität zuverlässig zu messen, sind heute für wenig Geld erhältlich. Damit steigt die Transparenz – Schüler und Lehrpersonen können die Qualität der Raumluft feststellen. Doch wäre es nicht die Aufgabe einer zeitgemässen, integral entwickelten Schulhausplanung, eine gute Luftqualität zu «garantieren»? Wie das gelöst wird, soll Sache der beteiligten Fachleute sein. Wir brauchen keine neuen Vorschriften, Richtlinien oder Gesetze. Der Weg ins Ziel soll in den Projekten gefunden werden. Doch die Studie zeigt klar und deutlich auf, dass das Ziel viel zu häufig nicht erreicht wird! Weshalb ist das so? Bauen ist ein komplexer Vorgang. Es gilt, Vorschriften aus allen möglichen Bereichen einzuhalten. Die städ-
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tebaulichen Aspekte, der baukulturelle Wert eines Gebäudes und die architektonische Ausdrucksweise sind wichtige Faktoren. Alle am Projekt beteiligten Spezialisten versuchen dann, innerhalb dieser Rahmenbedingungen gute Lösungen zu erarbeiten. Und diese Lösungen dann zu optimieren, um eine hohe (und oft auf die eigene Fachdisziplin beschränkte) Effizienz zu erreichen. Jeder arbeitet in seinem Büro, seiner Umgebung. Und an den Sitzungen werden dann diese (Einzel-)Lösungen zusammengebracht und zusammen besprochen. Ist diese Art der Projekt-Entwicklung für ein modernes Gebäude noch tauglich? Oft wir sind stolz darauf, dass ein Gebäude «Energie-Effizient» ist – und anhand von Labels wird dieser Faktor (rein rechnerisch) bewiesen. Wäre es nicht wichtiger, ein Gebäude danach zu beurteilen, ob es den angedachten Zweck optimal erfüllt? Und danach die Energie als zweitwichtigsten Faktor zu werten? Schliesslich wurde noch kein Gebäude gebaut, um Energie zu sparen! Wir bauen für einen Zweck, und diesen gilt es ins Zentrum zu stellen! Ich bin mir sicher, dass die aktuell überall diskutierte BIM-Methode eine grosse Chance darstellt. Wir müssen die bestehenden Zusammenarbeitsformen auf deren Tauglichkeit überprüfen und neue Modelle entwickeln. Integrale Zusammenarbeit funktioniert nur, wenn die Beteiligten Zeit miteinander verbringen. Nicht nur an den wöchentlichen Sitzungen – sondern im Rahmen einer integralen Projektentwicklung. Packen wir es an!
MICHAEL DE MARTIN ist Mitglied der Geschäftsleitung der Firma Aicher, De Martin, Zweng AG. www.adz.ch
CIRCULAR LED Stehleuchte in 10 Farben Swiss Made / Design Jรถrg Boner
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Cyberpunk wird auch in der Mode als Designelement eingesetzt.
DER SPASS AN ELEKTRISIERENDEN FARBEN BEGINNT UMWERFENDE GRAFIKDESIGN-TRENDS von Manuela Olgiati
In diesem Jahr brillieren leuchtendere und kräftigere Farben als jemals zuvor. Das Design gewinnt an Bedeutung, die Farben werden immer verrückter und abgedrehter. Was da konkret auf uns zukommt und welche Trends die nächsten zehn Jahre massgeblich bestimmen werden, hat die internationale Designer-Community der Kreativ-Plattform 99designs zusammengetragen.
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as Jahr 2020 kennzeichnet den Beginn eines neuen Jahrzehnts. Aufbruchstimmung macht sich breit. Designer brennen darauf, die anstehende Ära neu zu definieren. Motiviert durch den «Neubeginn» verbreitet sich das Gefühl, dass alles möglich ist, was sich auch im Grafikdesign bemerkbar machen wird. Ob-
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wohl es sicher noch ein paar Jahre dauern wird, bis die 20er-Jahre so richtig in Schwung kommen, geben Designer bereits heute einen kleinen Überblick:
1. CYBERPUNK-FARBEN Besonders leuchtende und übersättigte Farbtöne werden mit Cyberpunk assozi-
iert, einem Science-Fiction-Genre, das in der Regel dunkle, futuristische und mit Neonfarben durchzogene Städte darstellt, wie im Film «Blade Runner». In der Praxis erzeugen Cyberpunk-Farbpaletten surreale Erlebnisse für die Betrachter, die sie so nicht im wahren Leben erfahren können. Ihr unnatürliches Leuchten lässt die Designs
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gibt uns das Gefühl, als läge die Zukunft allein in unseren Händen.
3. ULTRAFEINE GEOMETRIE Als fundamentales Element des Grafikdesigns bringen Linien Form und Wesen eines Objekts zum Ausdruck. Während geometrische Linien menschengemachte und technologische Objekte darstellen, stehen geschwungene Linien für natürlichere, organischere Formen. 2020 erleben wir, wie Designer diese Linienstile miteinander verschmelzen, um unmögliche Formen zu realisieren. Diese Designs basieren auf standfester Geometrie, fühlen sich aber dennoch vergänglich und flüchtig an. Sie sehen metallisch aus, wabern jedoch wie Rauch. Ultrafeine Geometrie ist modern, abstrakt und ohne Hilfe eines Computers nur schwer umzusetzen, was vermutlich auch der Grund dafür ist, weshalb es gerade beim Branding von Tech-Unternehmen eine grosse Rolle spielt. Der Stil scheint die Zukunft der Technik einzufangen.
4. PAPIERCOLLAGEN
freundlich und einladend wirken und dabei schamlos um Aufmerksamkeit buhlen. Im Cyberpunk erzeugen Neonfarben angenehme Farbspritzer als Kontrast zu einem dunklen Stadtbild. Auf die gleiche Weise können Designs, die sich diese Farbschemata zunutze machen, unsere eigene, manchmal trübselige Welt aufheitern.
Viele Collagen versuchen, die Augen zu täuschen und ein zusammenhängendes Bild darzustellen. Die Collagen von 2020 haben jedoch nichts zu verbergen: Designer kombinieren Bilder, die eindeutig nicht zum selben Universum gehören, wie beispielsweise Illustrationen und Fotografien. Mit dem Verzicht auf makellose Bildbearbeitung hinterlassen sie eckige Kanten und weisse Umrisse, die aussehen, als wären sie durch Ausschneiden und Kleben entstanden. Der Effekt soll die Grenze zwischen Kontrast und Harmonie aufheben und diese beiden grundverschiedenen Elemente in einer Art asynchroner Schönheit zusammenbringen.
2. STREET ART
5. CHARISMATISCHES HANDLETTERING
Graffiti und Street Art sind retro. Sie erinnern an die Punk-Szene der 70er, die neonfarbenen 80er und den Grunge der 90er. 2020 legen diese Jahrzehnte mehr als ein einfaches Comeback hin, indem der damalige Style angepasst an unsere Zeit wieder auflebt – Vergangenheit und Gegenwart gehen eine faszinierende Liaison ein. Da Graffiti, angesichts der Assoziation mit Vandalismus, von Natur aus etwas Provozierendes hat, handelt es sich dabei auch um eine Bewegung von Jubel und Freiheit, des Aufbrechens von Verbindungen und des Aufbegehrens gegen Konventionen. Die Ästhetik der Street Art
Typografie war schon immer ein wichtiges Element im Grafikdesign. Im digitalen Zeitalter, wo für neue Nutzer alles sofort Sinn ergeben muss, wurde Typografie aus Notwendigkeit sehr funktional. In den vergangenen Jahren sind die Schriften allerdings wieder grösser, dicker und experimenteller geworden – in einer Art und Weise, die wir seit den längst vergangenen Tagen der Printanzeigen nicht mehr gesehen haben. Der Trend der überlebensgrossen Schriftarten wird sich weiter fortsetzen, allerdings in eine menschlichere Richtung: Individuelles, charismatisches Handlettering ist bereits extrem beliebt, und die Marken-
Logo-Design, Visitenkarte, Geschäftspapiere – alles ist möglich.
typografie wird folgen, indem sie farbenfroher, unpräziser und exzentrischer wird. Lettering kann eine zugrundeliegende Thematik verkörpern oder ausgefallen sein, um ein Gefühl für die Menschen hinter der Marke zu vermitteln.
6. DYSTOPISCHE ÄSTHETIK Dank der Beliebtheit von Serien wie «Black Mirror» und «The Handmaid’s Tale» findet Dystopie in jedem erdenklichen Medium eine Stimme. Dystopie ist das Gegenteil von Utopie. Allgemein bezieht sie sich auf fiktive, futuristische Welten, die irgendwo in der Geschichte einen falschen Weg
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Design für jede Idee, die es nirgendwo sonst gibt.
eingeschlagen haben. Aus Sicht des Designs findet Dystopie Ausdruck durch kalte Farbschemata, mechanische Typografie, Glitch Art und Bilder, die Technik mit natürlicher Materie verschmelzen oder Menschen komplett aus der Szene ausschliessen. Obwohl das Genre grösstenteils eine gescheiterte Zukunft darstellt, sind die Dinge nicht immer so hoffnungslos, wie sie scheinen. Dystopie nimmt häufig die Form eines abschreckenden Beispiels an und erinnert uns
Der individuell gestaltete Kaffeebecher wird zum Liebling unter den Designs.
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daran, aufmerksam und wachsam zu sein. Bisher zeigt sich dieser Trend hauptsächlich in illustrativen Medien wie Albumcovern und T-Shirts. Auch wenn diese Stile verstörend sein können, sind sie wirkungsvolle Instrumente, um die Betrachter dazu zu bringen, innezuhalten und einen genaueren Blick auf die Welt um sie herum zu werfen.
7. HYPER-PASTICHE Dieser Trend macht das Jahr 2020 einzigartig. Designer werden nicht mehr nur eine Ära wiederbeleben, sondern so ziemlich alle: sei es das viktorianische Zeitalter oder das Mittelalter, Art déco oder Jugendstil; vergangene Kunststile verschmelzen mit modernen Designs zu einer riesigen, chronologischen Collage. Auf der einen Seite zollen Grafikdesigner damit ihren Vorfahren Tribut. Sie suchen nach Wegen, um die digitale Ästhetik neu zu definieren, und an wen könnte man sich dabei besser wenden als an die alten Meister? Auf der anderen Seite machen sich Designer den Kontrast zwischen digitalen Bildern und vergangener Ästhetik zunutze, um eine altertümliche Erhabenheit zu visualisieren, die so oft in vektorisierter Einfachheit verloren geht. Die Herausforderung des Pastiche besteht darin, dafür zu sorgen, dass sich die ungleichen Ästhetiken anfühlen, als würde jede gleichermassen zu einem zusammenhängenden Werk beitragen. Gut gemacht besteht der Effekt darin, die Grenze zwischen analog und digital zu beseitigen.
8. ENDLOS-ANIMATIONEN Obwohl sie eine teure Investition sein können, zählen Animationen zu den beeindruckendsten Möglichkeiten, eine Marke zum Leben zu erwecken. Das geschieht in der Regel in Form von Microinteractions und erläuternden Motion Graphics. Weiter verstärken endlose Animationssequenzen die Immersion mit nahtlosen Übergängen, die jede Szene in Echtzeit aus den Elementen des aktuellen Einzelbilds bilden. Das ist nützlich für Marken, die ihre Zuschauer mit auf eine Reise nehmen und ihnen das Gefühl geben wollen, mit ihnen durch eine sich permanent ändernde Welt zu fliegen.
9. SCHRÄGEN UND MEISSEL Durch das Kreieren von 3-D-Formen auf Basis harter Kanten greift der Trend der Schrägen und Meissel zurück auf den klassischen Kampf zwischen Skeuomorphismus und Flat Design. Auf der skeuomorphischen Seite ahmen diese Designs Objekte aus der realen Welt auf subtile Weise nach (wie erhöhte Buttons, gravierte Münzen oder abgeschrägte Steine), bestehen aber aus matten Farben. Das Ergebnis ist ein flaches Bild, das auf verlockende Weise so echt aussieht, als könnte man es berühren. 3-DSteinschnitttechniken sind besonders bei Designs für digitale Szenarien, wie App Icons und Buttons, hilfreich. Sie erzeugen ein haptisches Erlebnis für Nutzer und entschärfen die endlose Flachheit, die die visuelle Ästhetik der Bildschirme dominiert.
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10. VISUALISIERUNG VON LIVEDATEN In diesem Jahr werden komplexe Livedaten – wie Dashboard-Statistiken – noch schneller verfügbar sein. Für Designer bedeutet das, Informationen auf eine Weise darstellen zu müssen, die sich Änderungen anpasst und dynamisch animiert ist. Das Konzept ähnelt den Visualisierungen in Musik-Apps wie Windows Media Player, die Schallwellen mithilfe abstrakter Grafiken darstellen. Aus stilistischer Sicht streben Designer nach einem ausgesprochen digitalen Look mit dunklen Benutzeroberflächen, schweren Blautönen, abstrakten Polygonen und Typografie, die an VHSTechnik erinnert. Dabei handelt es sich um rein computeranimierte Daten. Dieser Stil ist zudem eine Kombination der oben aufgeführten Grafikdesign-Trends – neonfarbene Farbschemata, organischer Geometrie und dynamischer Animationen. Der Effekt soll dem Betrachter den Eindruck vermitteln, in einen Grossrechner befördert worden zu sein, in dem er in Echtzeit beobachten kann, was hinter dem Computerzauber steckt. Die 2020er haben elektrisierend begonnen. Die Vergangenheit und die Zukunft, das Geometrische und das Organische, das Reale und das Künstliche werden mit unterschiedlich visuellen Elementen in einzigartiger Weise kombiniert. Ob dieses Momentum im Laufe des kommenden Jahrzehnts erhalten bleibt, wird sich noch zeigen.
Street Art gewinnt in den Designwelten an Bedeutung.
ÜBER 99DESIGNS: 99designs ist die globale Plattform, die es Designern und Kunden leicht macht, gemeinsam eindrucksvolle Designs zu erarbeiten. Seit 2008 hat sich 99designs von einem kleinen OnlineForum zu einer globalen Community talentierter Designer entwickelt. Die Kreativ-Plattform ist Anlaufstelle für Unternehmen, Agenturen und Personen, die Grafikdesign benötigen. Ihr Hauptsitz liegt in Melbourne, Australien, weitere Büros gibt es in Oakland, Kalifornien, und Berlin.
MANUELA OLGIATI ist Redaktorin bei bauRUNDSCHAU. www.99designs.de
Design wird zu einem magischen Erlebnis.
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Der Barbereich (rechts) ist der Eyecatcher im zentralen Teil des exquisiten Restaurants Octave.
INSPIRIERENDES INTERIOR-DESIGN-KONZEPT UNVERGESSLICHE MOMENTE IM RESTAURANT OCTAVE IN ANTWERPEN von Werner Ziegelmeier
Das Premium-Restaurant Octave ist im grössten Museum der Welt für belgische Schokolade beheimatet. Das übergreifende Interior-Design-Konzept stammt vom Antwerpener Kreativ-Studio real. space agency. Markanter Punkt im zentralen offenen Bereich im Erdgeschoss ist die Bar: ein echter Eyecatcher, inszeniert mit ausdrucksstarken Keramikfliesen von Agrob Buchtal. Seite 84 // bauRUNDSCHAU
AGROB BUCHTAL Gmbh / Marcel van der Burg, Amsterdam
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as Erlebnismuseum Chocolate Nation befindet sich im Zentrum von Antwerpen (Belgien), direkt gegenüber vom Hauptbahnhof. Es ist ein Ort, an dem Schokoladenliebhaber auf ihre Kosten kommen. Die Besucher können hier die Reise der Kakaobohnen von ihrem Ursprungsort über den Antwerpener Hafen bis hin zur Herstellung der weltbekannten belgischen Schokolade verfolgen, und zum Abschluss dürfen die süssen Verführungen selbstverständlich auch probiert werden. Wer anschliessend auf den Geschmack gekommen ist, der findet weitere kulinarische Offenbarungen im exquisiten
Museums-Restaurant Octave, das nach dem Schokoladenpionier Octaaf Callebaut benannt wurde.
SCHOKOLADE ALS LEITTHEMA Um die Verbindung mit dem Schokoladenmuseum hervorzuheben, entschied sich real. space agency, sowohl die tropische Herkunft der Kakaobohne mithilfe von botanischen Elementen zu zitieren als auch die industrielle Seite der Herstellung von Schokolade in das Interior-Konzept zu integrieren. real. space agency ist ein Kreativ-Studio in Antwerpen, das sich auf das Gastgewerbe sowie auf den Ladenbau spezialisiert
hat. Mit einem abgestimmten Interior- und Food-Design möchte das Studio einzigartige Orte schaffen und Atmosphäre erzeugen, die mit allen Sinnen erfahren werden können. So wurden beispielsweise beim Restaurant Octave aktuelle Trends im Bereich Food oder auch das wichtige Thema Sensorik berücksichtigt. Cathinca Arfman, federführende Innenarchitektin, setzte in Bezug auf die Einrichtung auf weissen Marmor, dunkles Holz sowie Stühle und Bänke in natürlichen Farben, die wiederum selbstbewusst mit industriell konnotierten Materialien wie
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Der obere Bereich ähnelt dem Deck eines Schiffes. Es nimmt Bezug auf den Seeweg, den die Kakaobohnen zurücklegen.
Stahl, Ziegelwänden und Betonböden kombiniert wurden. Über allem schwebt der Charme der Belle Epoque, einer Zeit, in der die Kunst Einzug in den Alltag hielt und auch die belgische Schokolade immer mehr Liebhaber gewann.
KERAMIKFLIESEN INSZENIEREN EYECATCHER Wer das Restaurant betritt, wird unweigerlich von einer zentral im Raum platzierten Bar in den Bann gezogen. Ihre besondere
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Wirkung verdankt sie der keramischen Fliesenserie Craft von Agrob Buchtal, die in einer aussergewöhnlichen Verlegung, nämlich vertikal, als umlaufende Bekleidung eingesetzt wurden. Arfman faszinierte insbesondere der 3-D-Effekt sowie die hochglänzende Oberfläche: «Sicherlich gibt es auch andere Marken, die Fliesen mit einem 3-D-Relief anbieten, aber nur die Serie von Agrob Buchtal konnte uns diese aussergewöhnliche geflammte, hochglänzende Anmutung bieten.»
Craft ist eine Kollektion, die im Zusammenspiel mit Brenntemperatur und offener Flammführung ganz besonders leuchtende und intensive Colorationen ermöglicht. Hochglänzende Glasuren erzeugen darüber hinaus eine imposante optische Tiefe und Transparenz sowie ein lebendiges, optisch faszinierendes Farbenspiel. Keramikfliesen werden heute überwiegend liegend per Schnellbrand und im Rollenofen hergestellt. Craft hingegen wird ste-
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hend per Langzeitbrand im klassischen Tunnelofen gefertigt. Dort kreiert das natürliche Spiel des Feuers eine urwüchsigarchaische Optik und ermöglicht darüber hinaus Ergebnisse mit Unikat-Charakter. Craft ist in verschiedenen Varianten und Farben erhältlich. real. space agency entschied sich für eine sogenannte Doppelspitzplatte in der Version Blaugrün geflammt. Diese Version erzeugt je nach Lichteinfall einen wunderschönen 3-DEffekt und harmoniert hervorragend mit der an die Botanik angelehnte Farbgestaltung des Octave. Nach der Eröffnung im März 2019 ist das Restaurant in kürzester Zeit zu einem echten Hotspot für unvergessliche Genussmomente in Antwerpen geworden.
WERNER ZIEGELMEIER ist Leiter der Public Relations bei der Agrob Buchtal GmbH. www.octaveantwerp.be
Das Silo im unteren Bereich steht stellvertretend für den Herstellungsprozess.
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DIE WELT IN 20 JAHREN IST DAS DIE ZUKUNFT? von Anna Meister
Hübsch oder gruselig? Fortschrittlich oder unberechenbar? In Nagasaki in Japan wurde ein neues Hotel eröffnet, welches komplett von Robotern geführt wird. Menschlicher Kontakt? Fehlanzeige. Selbst das Reinigungspersonal sind Androiden. Wirtschaftlich gesehen ist dieses Modell rentabel. Denn ein Roboter ersetzt drei Hotelangestellte. Aber ist dies menschlich gesehen sinnvoll? Der Energieexperte Timo Leukefeld stellt sich diesen und vielen weiteren Fragen. Wie werden wir in 20 Jahren leben? Und, sollten Androiden unsere Arbeit übernehmen, was bleibt dann für uns noch übrig? Im Interview mit bauRUNDSCHAU wagt Timo Leukefeld einen Blick in die Zukunft. Doch die scheint nicht nur technologisiert zu sein. Ausgabe 01/2020 // Seite 89
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Sieht so die Zukunft aus? Ein Hotel, welches komplett von Robotern geführt wird, in Nagasaki in Japan.
ZUKUNFTSBLICKE WIE BAUT DIE WELT IM JAHRE 2040? Interview mit Timo Leukefeld von Anna Meister
Smart-Home-Systeme, Roboter als Haushaltshilfen, Hotels ohne menschliches Personal, Häuser aus dem 3-D-Drucker: Die Welt ist im Wandel. Die Digitalisierung hat die Baubranche erreicht und es stellt sich die Frage: Wie wird es weitergehen? Timo Leukefeld macht sich täglich Gedanken, wie sich die Welt weiterentwickeln wird.
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imo Leukefeld, was denken Sie, wie werden die Menschen in 20, 30 Jahren leben? Ich sehe zwei Trends. Es wird Entwicklung geben hin zum Hightech und eine Entwicklung hin zum Lowtech. Beides. Das heisst, wir werden natürlich erleben, dass die Digitalisierung in alle unsere Lebensbereiche hineinkriecht und dass es eine bisher unbekannte Effizienzsteigerung geben wird und Roboter, die uns zu Hause helfen. Also, bei Arbeiten, wo es in der Zukunft so oder so kaum noch Arbeitskräfte geben wird, wie in der Pflege oder im Handwerk. Ich merke aber auch, dass die Menschen eine grosse Sehnsucht nach dem Analogen entwickeln. Können Sie das präzisieren? Die Menschen wollen zu Hause wieder offline sein, das WLAN abschalten, ihre Ruhe haben, nicht mehr mit 50’000 Nachrichten berieselt werden (lacht) und nicht
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mehr bei Netflix aus einer Million Filme etwas heraussuchen müssen. Also, dieses völlige Überangebot, der Überfluss, welcher unsere Entwicklung verhindert. Das wird sich zu Hause wieder normalisieren, dass man sich auch wieder analoge Freunde sucht, dass auch Familien wieder mehr zusammenleben, nicht mehr diese SingleHaushalte, dass es wieder in ein Mehrgenerationen-Wohnen geht, weil man merkt, dass das viele, viele Vorteile hat, wenn Jung und Alt zusammenlebt. Der Schallplattenverkauf geht hoch, Füllfederhalter werden mehr verkauft, Papier wird mehr verkauft. An vielen Dingen merkt man, dass man Hightech an gewissen Stellen der Wirtschaft natürlich einsetzt. Die Digitalisierung wird viele neue Geschäftsmodelle entwickeln. Auch dass die Autos irgendwann selbstständig auf den Strassen fahren werden. Ich schätze, dass es um den Faktor 10 weniger Autos geben wird, wenn sich die
Fahrzeuge autonom bewegen. Und es gibt ganz klar wieder eine Stadtflucht. Also zurück aufs Land quasi? Ja, genau. Also zumindest in das umliegende Land. Wenn das schnelle Internet aufs Land kommt, entstehen die Arbeitsplätze auch wieder auf dem Land. Arbeiten von zu Hause aus wird immer mehr möglich. Das sind so Trends, die man jetzt schon spürt und die sich noch wesentlich verstärken werden in den nächsten Jahrzehnten. Denken Sie, dass es dann zwei Extreme geben wird: das Analoge auf der einen Seite und das Digitale auf der anderen Seite? Genau. Alles, was digitalisierbar ist, wird auch digitalisiert. Und ich glaube, durch angemessene und bewusstere HightechAnwendung kommen wir wieder zu einer ausgeglicheneren Lebensweise. Das Ana-
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loge und das Digitale müssen jedoch wieder in die Balance gebracht werden, derzeit besteht da ja eher eine Dysbalance. Einen Mittelweg wird es nicht geben? Das glaube ich nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Digitale verschwinden wird, ich kann mir jedoch auch nicht vorstellen, dass wir uns zurück ins Mittelalter bewegen werden. Sie waren in einem komplett von Robotern geführten Hotel in Nagasaki in Japan zu Besuch. Wie war das für Sie? Ich hatte gemischte Gefühle. Ich war hinund hergerissen zwischen vollkommener Abneigung, Abscheu und Angst: Werden uns die Maschinen ersetzen? Auf der anderen Seite empfand ich eine grosse Faszination: Was ist heute alles schon möglich? Die Roboterdame am Hotelempfang sieht aus wie andere Frauen auch, zum Teil noch besser. Sie spricht viele verschiedene Sprachen, ist 24 Stunden dienstleistungsbereit und freundlich, ist nicht in der Gewerkschaft und fordert keinen Mindestlohn, wird nicht schwanger und hat drei Jahre Produktgarantie. Das ist ökonomisch gesehen natürlich sehr verlockend. Wenn Sie drei Mitarbeiter an der Hotelrezeption durch einen Androiden ersetzen, amortisiert sich das derzeit nach sechs Monaten. Im Betrieb habe ich gemerkt, dass ich mir weniger Roboter wünschen würde. Ein Beispiel: Nachts habe ich ein wenig geschnarcht, weil ich erkältet war und bin dann drei Mal von dem automatischen Überwachungssystem geweckt worden mit der Ansage, ob man Hilfe holen solle. Dazu kam die ganze Ernährung: Am Bockwurstautomaten habe ich wenig Appetit gehabt und mir fehlten echte Stimmen. So nach ein bis zwei Tagen spürt man da grosse Sehnsucht nach dem Menschen. Wie lange sind Sie dort geblieben? Wir waren drei Tage dort. Und das hat Ihnen schon gereicht? Ja. Wir haben auch alles ausprobiert an Technik. Wir haben wirklich die Möglichkeiten und Grenzen ausgelotet. Und die Menschen merken recht schnell, natürlich ist das Hotelzimmer kostengünstiger, das ist ja auch ne Attraktion. Aber dieser technische Kontakt ist eben ohne Emotionen dauerhaft nicht zu ertragen. Der menschliche Kontakt ist bei uns verankert, und wenn der komplett abbricht, fühlen wir uns sehr einsam.
Timo Leukefeld an der diesjährigen Swissbau in Basel.
Sie hatten Ihren Sohn dabei. Wie hat er den Aufenthalt empfunden? Der hat am Anfang Angst gehabt und hat sich hinter mir versteckt. Und als ich ihn zwei Tage später gefragt habe, was er denn von der ganzen Sache halte, da hat er geantwortet: «Naja, die Roboter sind ziemlich
«Es gibt de facto nicht mehr für alle Menschen Arbeit.» dumm.» Damit hat er es total auf den Punkt gebracht. Natürlich kommt jetzt der nächste Evolutionsschritt, die künstliche Intelligenz und die Emotionen. Wodurch noch einmal vieles anders wird und sie dann nicht mehr so dumm sein werden. Sie hatten an der Swissbau erzählt, dass gewisse Fragen bezüglich Hacking und Stromausfall in solchen Hotels unbeantwortet geblieben sind. Konnten diese mittlerweile beantwortet werden? Diese Fragen sind immer noch offen. Und es ist ja wie immer in der Geschichte der Menschheit: Da kommt irgendeine Entwicklung und erst im Nachhinein wird nachgesteuert und gestaltet. Jetzt könnte
man sagen, wenn das schon so oft der Fall war, könnte man doch schon viel eher mit dem Gestalten anfangen. Eine weitere Frage ist ja auch, was passiert mit den Menschen, die ihre Arbeit durch Roboter verlieren? Werden diese Fragen nicht beantwortet, kann es natürlich zu Schäden und zu Spannungen kommen. Unser Sozialsystem ist ja darauf auch überhaupt nicht vorbereitet. Denken Sie, dass die Menschen in der Zukunft gar nicht mehr arbeiten, sondern komplett ersetzt werden? Nein, ich denke, das wird sich auf gewisse Bereiche beschränken. Noch vor den Robotern werden die Computerarbeitsplätze kommen. Banker, Versicherungen, Steuerberater, all diese Jobs werden garantiert durch Computer und Algorithmen ersetzt werden. Das finde ich schön, denn eigentlich sind das ja total abstumpfende Arbeiten, welche dann wegfallen. Da entwickelt sich niemand weiter. Die Roboter werden gewisse Dienstleistungen übernehmen; am ehesten dort, wo heute schon Personalmangel herrscht, beispielsweise im Pflegebereich, Gaststättenwesen, in Hotels. Da gibt es keine Angst, dass Arbeitsplätze wegfallen, denn man hat ja auch kein Personal dafür. In vielen Bereichen wird der Mensch dominieren, aber der ganze Prozess der Entwicklung einer nahe NullGrenzkosten-Gesellschaft wie Rifkin es sagt, der wird mittelfristig 20 bis 30 Prozent aller Arbeitsplätze kosten.
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Was meinen Sie mit «spannendste Zeit»? Wir sind genau in dieser Umbruchphase drin. So vieles geschieht gerade. So viele Fortschritte werden erzielt. Es ist eine Zeit, in welcher man unglaublich viel bewegen kann. Gerade weil eben so viel Altes wegbricht, ist eben auch so viel Neues möglich. So viele Türen stehen uns heute offen.
Timo Leukefeld lebt und arbeitet in energieautarken Häusern und fährt mit dem Elektroauto.
Aber was machen wir denn dann mit den Menschen? Es gibt de facto nicht mehr für alle Menschen Arbeit. Das ist relativ klar ersichtlich. Jetzt brauchen wir aber ein darauf angepasstes Sozialsystem. Können Sie uns ein Beispiel nennen? Nehmen wir das bedingungslose Grundeinkommen. Vom Millionär bis zum Rentner hin erhalten alle denselben Betrag. Damit ist der Lebensunterhalt gesichert, keiner braucht mehr Existenzangst zu haben. Doch jetzt geht es um die Anreize: Wo kommt das Geld her? Was sind die Grundbedürfnisse? Essen, Bildung... Und alles, was davon abweicht, zum Beispiel Luxusprodukte wie zum etwa Zigaretten, Alkohol oder Reisen und Autos, wird mit einer Luxus-Mehrwertsteuer belegt. Dies soll der Refinanzierung dienen, was wiederum zur Einsparung von Sozialämtern und Arbeitsämtern führt. Jetzt will ich mal den Menschen sehen, der keinen Luxus mag. Jeder, der sich beispielsweise eine Reise oder ein schönes Glas Wein gönnen möchte, der muss sich dann halt eine Teilzeittätigkeit suchen. Um sich den gewünschten Luxus leisten zu können, soll er arbeiten gehen? Genau, wenn er aber zu Hause seine kranke Mutter pflegen muss oder Kinder grossziehen will – Mann oder Frau ist dabei völlig egal –, dann ist zumindest die Grundabsicherung da. Existenzängste würden somit der Vergangenheit angehören. Diese Person kann sich dann zum Beispiel auch gemeinnützig beschäftigen. Solche Arbeiten wird es immer brauchen und dort herrscht ja auch ein absoluter Mangel. Es ist also nicht so, dass man überhaupt nicht mehr arbeiten wird.
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Das klingt ja alles schön und gut. Aber ein bedingungsloses Grundeinkommen wird ja in der Politik gerne mal bemängelt oder sogar abgeschmettert. Wie will man dagegen argumentieren, wenn man sich Ihre Zukunftsvisionen ansieht? Ich befürchte, dass dies nicht über den demokratischen Dialog zu lösen ist. Das hat man in Finnland und hier in der Schweiz gesehen. Es ist ein endlos langer Prozess, bei dem viele Partikular-Interessen vertreten werden, und ich befürchte fast, dass diese Methode, wie so oft in der Geschichte schon gesehen, sich erst über Schmerz durchsetzen wird.
«Intelligent verschwenden statt blöd sparen.» Wie meinen Sie das? Erst wenn das alte System Arbeit mit dem jetzigen Absicherungssystem überhaupt nicht mehr trägt, wenn zu viele Menschen ihre Arbeit verlieren und das Sozialsystem zusammenbricht, dann kommt man an den Punkt, an dem man einen neuen Weg ausprobieren möchte. Natürlich würde ich mir wünschen, dass wir es demokratisch hinbekommen, aber ich bezweifle es. Dafür schreitet die Entwicklung im digitalen Bereich zu schnell voran, wohingegen die demokratischen Mühlen sehr langsam mahlen. Trotzdem muss ich sagen, dass wir uns zurzeit in der spannendsten Zeit befinden.
Ein Beispiel dafür ist das Haus aus dem 3-D-Drucker, welches Sie in Shanghai gesehen haben. Wie entsteht ein solches Gebäude? Es gibt generell verschiedene, hoch automatisierte Bauverfahren. Das eine ist die Holzbauschiene, wo man Gebäude in einer Fabrik perfekt vorfertigt, mit Bauelementen. Damit können sogar Mehrfamilienhäuser gebaut werden. Diese Elemente werden in kürzester Zeit auf die Baustelle geliefert und dort zusammengesetzt. Und das bei bester Qualität. Die andere Schiene arbeitet mit traditionellen Baustoffen wie mit Ziegeln und Ziegelrobotern. Ein Lkw-Roboter baut dabei einen kompletten Rohbau. Und die dritte Schiene ist eben der 3-D-Druck. Dabei werden dünne Betonschichten wie bei einem Tintenstrahldrucker aufgesprüht. Schicht für Schicht wird der Beton aufgetragen mit Glasfaserbestandteilen drin. Diese dünnen Schichten trocknen rasch und erreichen eine enorme Stabilität. So wie man früher die Samurai-Schwerter aus unzähligen hauchdünnen Schichten gefertigt hat. Wie hoch sind die Einsparungen? Bei einem Rohbau aus dem 3-D-Drucker spart man 50 Prozent der Bauzeit und der Kosten ein, hat aber dafür 100 Prozent Qualitätssteigerung und es gibt keinen Abfall mehr. In zehn Jahren werden die Häuser samt Inneneinrichtung und Haustechnik ausgedruckt, da inzwischen auch das Drucken von Metall und Glas gelöst ist. Das klingt auf den ersten Blick spannend. Dennoch: Wie stabil sind solche gedruckten Bauten? Da gibt es natürlich noch keine Langzeiterfahrungen. Aber es gibt sogenannte Alterungstests, bei denen das Material getestet wird. Bis jetzt stimmen die Ergebnisse einen sehr positiv. Die Betonmischung ist ja nicht gross im Unterschied zu dem Beton, den wir von Hand mischen. Und da habe ich ja auch keine Angst, dass da was brechen könnte. Der einzige Unterschied, der dabei entsteht, ist, dass alles von einer Maschine gefertigt wird. Und diese arbeitet genau und immer gleich. Ein Bauarbeiter, der abends
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zuvor an einer Party etwas zu tief ins Glas geschaut oder einen Ehekrach gehabt hat, arbeitet am nächsten Tag vielleicht weniger effizient als eine Maschine, die permanent die gleiche Leistung erbringt, egal wie die Ehe läuft (lacht). Gut, ich habe auch noch nicht von Maschinen gehört, die sich verheiraten. Genau (lacht). Aber das kommt auch noch. Sie denken, dass sich eines Tages Maschinen verheiraten werden? Ein schönes Beispiel: Ich war ja mit meinem Sohn in Nagasaki in dem Hotel. Letztens habe ich ihm erzählt: «Leonardo, kannst du dich noch an das Hotel erinnern mit den Robotern, die du so dumm fandest?» Er antwortete: «Ja, hat sich da was geändert?» Ich habe ihm daraufhin erzählt, dass es ja mittlerweile durch die künstliche Intelligenz Möglichkeiten gibt, beispielsweise eines KI-Androiden «Sophia», die Journalisten Interviews gibt, mit Kanzlerin Angela Merkel telefoniert und Vorträge hält mit anschliessenden Fragerunden. Er guckte mich nur an und fragte, ob die denn auch Gefühle habe. Und als ich verneint habe, meinte er nur: «Dann ist sie trotzdem dumm.» (lacht) Aber das ist genau der Punkt: Die Wissenschaftler arbeiten an künstlicher Intelligenz, die Gefühle entwickeln soll. Stichwort: Deep Learning. Wenn uns das gelingt, dann wäre auch eine Heirat möglich. Wird dann auch die Heirat von Mensch und Roboter möglich? Theoretisch ja, praktisch ist das für mich eine gruselige Vorstellung. Auf der anderen Seite: Wenn Sie jetzt ein alter Mensch sind, arm und einsam – und das wird auf viele Menschen im zukünftigen Europa zutreffen –, die sich keine Pflege durch Menschen mehr leisten können, keine Familie haben; diese werden dann gezwungenermassen auf Roboter umsteigen müssen. Und wenn diese Maschinen dann Gefühle zeigen können, sind die Menschen doch auch glücklich. Generell ist doch die Frage: Hat man Angst vor der künstlichen Intelligenz oder nicht? Ich habe davor jedenfalls keine Angst. Ich habe viel mehr Angst vor der menschlichen Dummheit. Denn durch sie werden Fehlentwicklungen eingeleitet. Themawechsel: Sie entwickeln autarke Häuser, designen neue, moderne Wohnmöglichkeiten. So zum Beispiel auch Mietflatrates. Also quasi einen Zehnjahresvertrag, über welchen man stets die
gleichen Kosten hat. Auf den Cent genau. Denken Sie, dass sich dieses Modell durchsetzen wird? Ja, auf alle Fälle. Und zwar besonders in der neuen, digitalen Welt. Die Menschen haben keine Lust mehr, dass in Kilowattstunden abgerechnet wird und sich mit Rechtsstreitigkeiten wegen falscher Abrechnungen herumzuschlagen. Diese sind in den letzten Jahren immer teurer geworden, in ganz Europa. Eine äusserst lästige Sache für Mieter und Vermieter gleichermassen. Wir gehen davon aus, dass in zehn Jahren in Europa der Solarstrom nur noch einen Cent pro Kilowattstunde kosten wird. Dann ist klar: Energie kann man dezentral fast kostenlos produzieren. Und dann kommt die Frage: Wozu brauche ich die Abrechnung? Dann pauschalisieren wir doch alles, vom Gebäude bis zum Elektroauto, welches in der Abrechnung schon eingerechnet wird. Zum einen wird es sich durchsetzen, weil der Vermieter zwei bis drei Euro mehr pro Quadratmeter verlangen kann. Dieses Geld würde der Mieter sonst dem Stromversorger, dem Gasversorger und der Tankstelle geben. Dafür hat er auf der anderen Seite für zehn oder 20 Jahre einen fixen Betrag, der keinen Schwankungen ausgesetzt ist. Wir nennen das Pauschalmiete mit Energieflat, in der für zehn Jahre fest alle Kosten für Wohnen, Wärme, Strom und E-Auto-Fahren enthalten sind. Ist das nicht ungerecht, wenn die einen Mieter unglaublich verschwenderisch mit Energien umgehen, während andere ressourcenschonend leben und beide bezahlen gleich viel? Wenn es Richtung Passivhaus geht – und das machen wir ja –, dann spielt das keine Rolle mehr, wie verschwenderisch man lebt – oder eben auch nicht. Der Restenergieverbrauch ist dann so gering, dass es keine Rolle mehr spielt. Und da die Energie ja umweltfreundlich produziert wird und nichts mehr kostet, sind die Zeiten des Sparens und sich Einschränkens damit eh vorbei. Können Sie das etwas präzisieren? LED-Lichter können sehr viel angeschaltet sein, vor allem im Winter, wo wir das brauchen. Licht ist ja auch ein Teil der Lebensqualität. Die Heizung kann auf 23 Grad gedreht werden und man kann wieder mit gutem Gewissen viele Elektroauto-Kilometer fahren. Intelligent verschwenden statt blöd sparen sage ich dazu. Diese neue
Kaum zu glauben, aber dieses Haus entstammt komplett aus dem 3-D-Drucker.
Kultur des Verbrauchens könnte eine Weltrevolution bedeuten, denn auf der Grundlage von Wissen geht es darum, intelligent zu verbrauchen. Weg vom schlechten Gewissen hin zu einem befreiten Geniessen. Nicht das schlechte Gewissen ist länger der Dreh- und Angelpunkt, sondern eine intelligente Nutzung. Das ist, wenn man so will, vergleichbar dem Paradigmenwechsel in der Kirche – ich baue nicht mehr auf das schlechte und quälende Gewissen des Sünders, sondern verkünde die frohe Botschaft der Erlösung. Es ist sozusagen eine intelligente Verbindung von Kultur – das, was der Mensch aus den Ressourcen macht – und Natur, die geschützt bleibt, auf einen Stand der Technik und Erkenntnis, die uns Menschen im 21. Jahrhundert entspricht. Wir wollen schlichtweg einfach anders denken und andere Lebensqualitäten bieten. Blicken wir in die Zukunft: Was kann man denn von Ihnen, Herr Leukefeld, noch für Innovationen erwarten? Oje, fragen Sie da lieber Frau Benedix, was ich alles verraten darf und was nicht (lacht). Sie sorgt immer dafür, dass ich nicht alle Ideen sofort auf meine Umwelt loslasse. Ich könnte jeden Tag etwas Neues erfinden. Also belassen wir es vorläufig bei meiner neusten, öffentlichen Innovation der Mietflatrate ohne CO2-Ausstoss. Garantiert.
TIMO LEUKEFELD ist Energieexperte, Keynote Speaker, Autarkiesucher und Denkwandler. www.timo-leukefeld.de www.autarkie.team
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Hat eine Bibliotheksfassade «upgefucked»: Architekt Heinrich Degelo.
POPCORN INKLUSIVE DIE FUCKUP NIGHT WAR EIN VOLLER ERFOLG von Anna Meister
Swissbau goes Lounge-Feeling. Zum ersten Mal fand an der grössten Schweizer Baumesse die Fuckup Night statt. An solchen Events kommen ebenfalls CEOs zu Wort, jedoch erzählen sie nicht von ihren Erfolgen, sondern von ihren Fehlern. In gemütlicher Atmosphäre wurde gelacht, gelitten und sich aktiv eingebracht.
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chicke Sofas in den ersten Reihen, alte Stühle wild durcheinandergemischt, auf der Bühne liegt ein alter Teppich ausgerollt und eine Lampe steht dort, wie aus Omas Wohnzimmer. Die erste Swissbau Fuckup Night versprüht Gemütlichkeit statt kahler Eintönigkeit. An den Eingängen wird Popcorn an die Zuschauer verteilt. Lüpfige Musik der Brass Departement Band stimmt auf den Abend ein. Neben der Bühne steht eine schwarze Wand. «#TeileDeineFehler» steht dort. Das Publikum ist eingeladen, die eigenen Fehler niederzuschreiben.
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«Trial und Error – Mut für Neues»: Unter diesem Motto fand die diesjährige Swissbau statt. Doch Fehler machen – und auch dazu stehen – ist in der Arbeitswelt nicht gerne gesehen. Lieber spricht man über seine grössten Erfolge, seine höchsten Verdienste als darüber, welchen Auftrag man in den Sand gesetzt oder wer wie viel Geld verloren hat. Dem will die grösste Schweizer Baumesse mit der Fuckup Night entgegenwirken. Ursprünglich aus Mexiko stammend, hat sie die Welt im Sturm erobert. Auf einer Bühne treffen sich CEOs, Firmenchefs, Selbstständige. Man spricht über Aufträge,
Fester Bestandteil der Fuckup Night: Popcorn.
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die nicht so geklappt haben wie gewünscht. Über Start-ups, die nicht durchgestartet sind. Und man feiert sich dafür. Denn schliesslich kann jeder aus vorausgegangenen Fehlern lernen und es beim nächsten Mal besser machen.
DIE VERNUNFT KAM NIE Der erste Redner ist Heinrich Degelo, Inhaber des Architekturbüros Degelo Architekten. Eine Koryphäe auf seinem Gebiet. Was hat er verbockt? Die Fassade der Universitätsbibliothek in Freiburg (D) sollte saniert werden. Und siehe da, seine Firma gewann den Wettbewerb. Es gab nur ein Problem: Die Glas- und Stahlfassade blendete Fussgänger, Autofahrer und Fahrradfahrer, wenn die Sonne flach stand. Doch Degelo hatte eine Idee: die spiegelnde Fassade mit einem Banner, wie sie in der Bibliothek selbst bereits hängen, abdecken. Auf dieser sollten verschiedene Sprüche zu sehen sein. Klingt nach einer guten Idee. Dennoch hatte Degelo eine Sache nicht bedacht: In seiner Präsentation vor dem Unibauamt zierte das Banner folgender Spruch: «Merkwürdig, dass man hier alles lesen und sagen kann, was man will.» Ein Zitat des russischen Schriftstellers Anton P. Tschechow. Dieses missfiel dem Direktor der Universität. Und zwar nicht nur ein wenig. Jedes gute Zureden half nichts. Der «Durchlaucht» wollte keine Zitate mehr auf diesem Banner sehen. Es folgte ein Hin und Her zwischen Degelo und dem Universitätsvorstand. Selbstverständlich wollte der Architekt nicht einfach nur ein blankes Banner aufhängen. «Nur über meine Leiche», hatte er gesagt. «Wir lösen das schon vernünftig zusammen», hatte der Unibauamtsdirektor dem mittlerweile leicht angesäuerten Architekten versprochen. «Doch», wie Degelo fortfährt, «die Vernunft kam nie.» Der Entwurf wurde genau so übernommen. Ein blosses schwarzes Banner, sonst nichts. Keine Sprüche, keine Bilder. Nichts. Natürlich liess auch der Shitstorm nicht auf sich warten. Regionale Medien machten sich über die Konstruktion lustig, selbst Heinrich Degelo hat es als Karikatur in die Badische Zeitung geschafft. «Wir erhielten viele Presseanfragen, mussten die jedoch nach Vereinbarung an den Direktor des Unibauamtes weiterleiten», erzählt Degelo weiter. Doch dieser sei nie erreichbar gewesen. All das zog sich über neun Jahre hinweg und wird hoffentlich demnächst ein Ende finden.
Prof. Dr. Roland Siegwart, Heinrich Degelo, Tanya Koenig, Beat Wullschleger, Philipp Storrer (v.l.n.r.).
AUS FEHLERN LERNEN Nach den jeweiligen Referaten darf sich das Publikum aktiv mit einbringen. Über Mentimeter können die Zuschauer Fragen stellen, die dann live beantwortet werden. Manche stellen ernste, manche eher weniger ernst gemeinte Fragen: «Hätte das Desaster verhindert werden können?», «Warum tragen Sie orange Schuhe?», aber auch wohlwollende Worte werden versendet: «Stark und ehrlich – bitte dranbleiben.» Letztere gehen an Antje Kunze, Director Sales & Marketing von virtualcitySYSTEMS GmbH in Berlin. Sie folgt auf Philipp Storrer von Belimo, der, wenn man dem Publikum glauben kann, seinen Fuckup eher als Werbevortrag gehalten hat. Dennoch muss man ihm zugutehalten, dass er gute Ratschläge geben kann: «Wenn Sie Ideen haben, bringen Sie sie auf Papier, egal wie ambitiös.» Er selbst hat mit seiner Firma eine App namens BEhive entwickelt, mit welcher die Bewohner eines Gebäudes das Raumklima selbst steuern könnten. Wie gesagt: könnten. Denn über das Pilotprojekt in Hamburg und Horgen kam die App nie hinaus. Antje Kunze hat im Juli 2015 den ETH-Spinoff CloudCities AG gegründet. «Unsere Mission war, Städte zu unterstützen, ihre Planung zu erleichtern.» Auf einer Plattform mit Stadtplanungstool konnten Häuser geplant werden, eine Funktion war, den Lichteinfall der Sonne zu simulieren. So konnte geschaut werden, dass geplante Hochhäuser sich nicht gegenseitig die «Sonne aus den Segeln nahmen». Der Start war fulmi-
nant. Zu den Kunden gehörten die Stadt Zürich, später auch die Harvard-Universität. Doch der grosse Durchbruch blieb aus. Im Mai 2017 ging die Firma Konkurs und wurde aufgelöst. «Die letzten Monate konnten wir unseren Angestellten nicht einmal mehr den Lohn zahlen», erzählt Kunze mit Wehmut in der Stimme. Ihre Authentizität bringt ihr beim Publikum viele Sympathiepunkte und grossen Applaus nach ihrem Panel. Abgeschlossen wird die Fuckup Night mit einer Podiumsdiskussion der drei Referenten sowie zwei Gästen: Beat Wullschleger, Mitinhaber und Co-Geschäftsführer Wilhelm Schmidlin AG, und Prof. Dr. Roland Siegwart, Leiter Institut für Robotik und Intelligente Systeme, ETH Zürich. Kann man aus Fehlern lernen? Ja, da sind sich alle einig. Beat Wullschleger: «Wir sehen den Fehler als Schatz auf einer Schatzkarte, den man entdecken muss.» Und aus diesem Schatz können dann Rückschlüsse gezogen werden. Als die Moderatorin Tanya König zum Schluss die Frage stellt, ob die Fuckup Night ein fester Bestandteil der Swissbau werden soll, ist der Tenor eindeutig: ja. Man darf also auf nächstes Jahr gespannt sein, wer dann davon erzählt, welche Firma er in den Sand gesetzt hat.
ANNA MEISTER ist Redaktorin bei bauRUNDSCHAU. www.baurundschau.ch
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KOLUMNE
ACHTUNGSERFOLG BEI NATIONALER WOHNINITIATIVE von Lea Gerber
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m 9. Februar 2020 sagten 57 Prozent der Stimmenden Nein zur Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen». Wohnbaugenossenschaften Schweiz, der Verband der gemeinnützigen Bauträger, bedauert, dass die Wohninitiative keine Mehrheit gefunden hat. Dennoch erreichte sie eine beachtliche Zustimmung: 43 Prozent der Stimmenden, zahlreiche Städte und die fünf Kantone Basel-Stadt, Neuenburg, Genf, Waadt und Jura sagten Ja zur Initiative. Das Abstimmungsresultat ist für Wohnbaugenossenschaften Schweiz ein deutliches Signal für mehr gemeinnützigen Wohnungsbau. Ein bedeutender Teil der Schweizer Bevölkerung sieht Handlungsbedarf und befürwortet verstärkte Massnahmen für mehr bezahlbaren Wohnraum. Die vom Mieterinnen- und Mieterverband Schweiz lancierte Initiative stiess weit über die links-grüne Wählerschaft auf Unterstützung. Dass die Zustimmung in den Städten viel höher war als auf dem Land, erstaunt nicht. Denn in den Zentren übersteigt die Nachfrage das Angebot und sind günstige Wohnungen Mangelware. Wer den Handlungsbedarf jedoch einzig bei den Städten sieht, liegt falsch. Auch der Bund steht in der Pflicht, die Städte bei der Wohnfrage zu unterstützen. Denn die Bundesverfassung verpflichtet ihn bereits heute zur Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus. Im Vorfeld der Initiative wurde viel über den gemeinnützigen Wohnungsbau gesprochen. Breite Kreise anerkannten dabei den Beitrag der Wohnbaugenossenschaften zur Lösung der Probleme auf dem Wohnungsmarkt. Der Fonds de Roulement, aus dem gemeinnützige Wohnbauträger zinsgünstige, rückzahlbare Darlehen beziehen können, wurde von allen Parteien als zielführendes Instrument der Wohnraumförderung vorgebracht. Das war nicht immer so: In der Vernehmlassung zur Aufstockung
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des Fonds de Roulement äusserten sich die FDP und die SVP noch ablehnend zur Vorlage. Auf diesem breiten Konsens, dass der gemeinnützige Wohnungsbau einen wichtigen Beitrag zur Wohnungsversorgung in der Schweiz leistet und die bestehende Bundesförderung verstärkt weitergeführt werden soll, bauen wir auf. Auch nehmen wir die Kritiker der Wohninitiative beim Wort: In der Abstimmungskampagne betonte die Gegenseite wiederholt, die Probleme auf dem Wohnungsmarkt müssten auf lokaler Ebene gelöst werden. Wohnbaugenossenschaften Schweiz fordert von der Gegnerschaft, jetzt konstruktiv mitzuhelfen, dass insbesondere in den Gebieten, wo sich eine Mehrheit für die Initiative ausgesprochen hat, rasch Massnahmen für mehr gemeinnützigen Wohnungsbau ergriffen werden können. Mit dem Nein zur Initiative wird nun der Fonds de Roulement für die nächsten zehn Jahre um 250 Millionen Franken aufgestockt. Dieses gezielte, effiziente Fördermittel ist von grosser Bedeutung. Aber es genügt nicht, um den Marktanteil des gemeinnützigen Wohnungsbaus zu erhöhen. Neben finanziellen Massnahmen braucht es insbesondere einen besseren Zugang zu Grundstücken. Hier sind wir weiterhin gefordert, griffige Lösungen zu finden. Wir bleiben dran.
LEA GERBER ist Leiterin Politik und Grundlagen bei Wohnbaugenossenschaften Schweiz. www.wbg-schweiz.ch
SACAC-TREPPEN MIT PNEUMATIT
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SO WOHLTUEND WAR BETON NOCH NIE.
Die beliebten SACAC Produkte sind neu auch mit Pneumatit® erhältlich. Der flüssige Baustoffzusatz Pneumatit® verankert im Beton dauerhaft eine feine biologische Aktivität, wodurch Räume als wärmer und wohltuend-lebendig beschrieben werden. Die positive Wirkung ist wissenschaftlich belegt. Überzeugen Sie sich selbst von der Leistungsfähigkeit und Lebendigkeit dieses innovativen Betons.
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Der SonnenparkPLUS in Wetzikon (ZH) produziert mehr Energie auf dem Dach und an der Fassade als im Alltag gebraucht wird.
HERAUSFORDERUNGEN BEARBEITEN MINERGIE IM ZEICHEN DER ENERGIEWENDE Interview mit Andreas Meyer Primavesi von Georg Lutz
Minergie muss sich als Baustandard, der der Qualitätssicherung dient, immer wieder an die neuen Rahmenbedingungen anpassen. Gerade in Zeiten der Energiewende gilt es, neue Herausforderungen mit einzubeziehen. Wir trafen den Geschäftsleiter von Minergie Schweiz, Andreas Meyer Primavesi, an der Swissbau. Seite 98 // bauRUNDSCHAU
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rneuerbar heizen ist auch an der Swissbau ein Riesenthema. Wir sind aber immer noch, was die Heizungen betrifft, im fossilen Zeitalter – die Statistiken sind ziemlich eindeutig. Wie ist Minergie beim Thema Klimawandel oder Dekarbonisierung aufgestellt? Es gibt in den nächsten Jahrzehnten eine zentrale Herausforderung: Im Winter wird erneuerbare, saubere Energie ein knappes Gut sein. Im Sommer wird Strom dank Photovoltaik zeitweise im Überschuss vorhanden sein. Diesen Strom können wir dann nutzen, um die Kühlung der Gebäude zu gewährleisten. Wir müssen daher den Fokus verändern, mehr saisonal denken. Im Winter sollten die Minergie-Gebäude energieeffizient sein und selbstverständlich ohne fossile Brennstoffe beheizt werden. Im Sommer sollten wir die Überschussproduktion speichern für den Winter. Die kommenden Sommer konfrontieren uns aber auch mit längeren Hitzeperioden. Früher kühlten in unseren Breitengraden über Nacht die Gebäude von alleine aus. Das wird sich ändern.
Wir stehen hier am Minergie-Stand an der Swissbau auf Holzschnitzeln. Was kann Holz zur Energiewende beitragen? Holz als Baustoff im urbanen Raum gewinnt ja wieder an Bedeutung. Holz als Heiz-Energie aber auch. Wie ist Ihre Sicht der Dinge? Ich sehe zwei grosse Vorteile und einen kritischen Punkt. Ich fange mit dem kritischen Punkt an. Moderne Holzfeuerungen emittieren viel weniger Feinstaub als die klassischen Stückholzfeuerungen oder Cheminées – die sind bezüglich Luftverschmutzung bedenklich. Eine moderne
Andreas Meyer Primavesi am Stand von Minergie an der Swissbau.
Pelletfeuerung hat weit geringere Feinstaubemissionen, aber halt immer noch mehr als eine Gasfeuerung. Aber wir sprechen ja nicht von 100 Prozent Holzfeuerung – es droht also kein wesentlicher Rückschritt bei der Luftreinhaltung. Jetzt kommen die positiven Punkte… Das Positive betrifft zwei Punkte. Da ist zunächst das Thema Saisonalität. Holzenergie kann man einfach vom Sommer in den Winter überführen. Man hat die CO2-neutrale Energie zur Verfügung, wenn man sie
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Müssen wir zukünftig unsere Gebäude im Sommer kühlen? Wir sollten zunächst einen kühlen Kopf bewahren. In einer Hauruck-Übung die Ölheizung auszubauen und irgendeine
Luft-Wasser-Wärmepumpe einzubauen, ist oft nicht zielführend. Das Gleiche gilt für die Kurzschlussaktionen, die wir vermehrt im Sommer in den Baumärkten erleben, wenn mobile Kühlgeräte gekauft werden. Diese Produkte bringen zu wenig und sind pure Energiefresser. Es braucht zunächst einige grundsätzliche Überlegungen, die mehr bieten als eine einfache Rein-RausStrategie. Die Minergie-Orientierung mit den Baustandards im Gepäck ist hier eine Grundlage. Zudem gibt es viel intelligentere, effektivere und langfristig günstigere Lösungen. Im Idealfall nutzt man die eigene Photovoltaik-Anlage, um im Sommer das Gebäude zu kühlen und gleichzeitig die Erdsondenfelder zu regenerieren.
Transparente Technik: Wieviel Energie habe ich heute eingespeist?
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Das Thema Sanierung hat in der Schweiz noch viel Luft nach oben. Hier ein gelungenes Beispiel eines Riegelhauses in Dielsdorf (ZH).
braucht. Und mit Holz kann man problemlos sehr hohe Vorlauftemperaturen generieren. Das ist ein Riesenvorteil, gerade beim Ersatz von Ölfeuerungen. Kommen wir zum Thema Lüftung: Minergie hat ja von Haus aus den Ansatz, dass die Gebäudehülle dicht ist und eine Lüftung das Mikroklima im Innenraum regelt. Ist das eine Herausforderung in Anbetracht der heisser werdenden Sommer? Nein, im Gegenteil. Eine Lüftung ist zwar grundsätzlich keine Kühlung. Sie kann aber in Sommernächten ihre Vorteile ausspielen. Dann kommt die sogenannte Nachtauskühlung zum Zug. Da gilt es, die Themen Sicherheit und Witterung auf dem Schirm zu haben. Die meisten von uns können sich vorstellen, in der Nacht das Fenster zu öffnen, aber in öffentlichen Einrichtungen wie einer Schule ist es nicht so einfach. Es darf nicht regnen und es darf niemand einsteigen. Hier bringt die Lüftung Vorteile. Jetzt zu Ihrer Frage: In der Regel haben wir im Sommer draussen die höheren Temperaturen als drinnen. Das heisst, es geht nicht darum, möglichst die Fenster zu öffnen.
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Denn dann kommt ja die ganze Hitze rein. Sondern wir versuchen eigentlich, den Tag über die angenehmen Temperaturen im Gebäude zu bewahren. Und in der Nacht, wenn die Temperatur draussen absinkt, möchten wir die tagsüber ins Gebäude eingedrungene Wärme wieder abführen. Von dem her ist eine dichte Gebäudehülle kein
«Wir sollten zunächst einen kühlen Kopf bewahren.» Nachteil in heisser werdenden Sommern. Wenn man die über die Lüftung zugeführte heisse Luft mit dem Wärmetauscher zusätzlich abkühlt, hat man gute Luft ohne Hitze. Wir müssen uns aber Gedanken machen, was wir tun, wenn es vom Mikroklima her gesehen mit der Nachtauskühlung nicht mehr reicht. Wenn wir mehrere
Tropennächte am Stück haben, wie wir das so schön sagen, und die Temperaturen nicht mehr nach unten kommen – wenn es auch am Morgen früh nicht unter 20 Grad ist. Da wird wohl ohne Technik unser wohlstandsbedingter Anspruch nicht erfüllbar sein. Welche technischen Lösungen stehen im Vordergrund? Wenn Sie die Möglichkeit haben, mit Erdsonden zu arbeiten, können Sie eine sanfte Kühlung des Innenraums vornehmen. In Kombination mit einer guten Nachtauskühlung ist das sicher eine effiziente und ökologische Möglichkeit, gerade wenn der dafür notwendige Strom von der eigenen Photovoltaik-Anlage stammt. Für mich ist es aber auch kein Tabu, dass man gewisse Räume aktiv kühlt. Und wieso soll man ein Bürogebäude, vielleicht sogar eine Schule, nicht kühlen? Unser Leistungsvermögen ist viel, viel höher, wenn wir in einer angenehmen Raumtemperatur arbeiten dürfen. Die inzwischen sehr billige Solarenergie hilft uns dabei. Wenn wir aber nur schon tagsüber den Sonnenschutz richtig bedienen würden, hätten wir schon viel gewonnen.
Stephan Huber
Ich habe noch ein konkretes Projekt auf Ihrer Webseite entdeckt, das heisst «Tacho für das Gebäude». Was verbirgt sich dahinter? (Lacht). Ich muss hier eine Analogie nutzen: Von unserem Auto wissen wir viele Details. Wir haben immer vor Augen, wie schnell sind wir unterwegs, wie viel Benzin haben wir noch und wie sieht es mit dem Ölstand und der Wasserkühlung aus. Von unserem Gebäude, das ein viel grösserer Energieverbraucher ist und worin wir uns eigentlich viel öfter aufhalten als im Auto, wissen wir sehr viel weniger. Wissen Sie, wie stark Ihre Luft zu Hause belastet ist? Wie hoch der Energieverbrauch ist? Sie nicken… Ich habe seit Frühjahr letzten Jahres eine Photovoltaik-Anlage auf meinem Dach. Da bekommt man tatsächlich ein anderes Bewusstsein für Energie. Ich weiss beispielsweise, was mein Kaffeevollautomat, wenn er hochfährt, an Strom bezieht. Über meine Luftqualität weiss ich aber wenig, das stimmt. Das ist ein gutes Beispiel. Wenn wir selbst zum Energieproduzenten werden, werden wir plötzlich sensibilisiert: Was ist Energie, wie viel brauche ich? Ich kenne viele Beispiele von Leuten, die sagen, ich versuche jetzt, weniger Energie zu brauchen, denn ich versuche, im Sommer mit dem durchzukommen, was ich selbst produziere. Das ist in die richtige Richtung gedacht. Aber wie sieht es beim Thema Luftfeuchtigkeit oder Luftqualität aus? Da stehen wir fast alle noch ziemlich blank da. Man müsste beispielsweise wissen, wie der CO2-Gehalt in der Luft ist – ist die Luft verbraucht, haben wir genug frische Luft? Ein Haus-Tacho beinhaltet die Möglichkeit, über unterschiedliche wichtige Parameter den Überblick zu behalten. Dabei sollte es um einen realen Mehrwert gehen. Es darf nicht nur eine technische Spielerei sein? Richtig. Und darum komme ich auch auf die Komfortkriterien zu sprechen. Seien wir ehrlich: Mit den heutigen Energiepreisen ist es leider rein vom Portemonnaie aus betrachtet nicht so entscheidend, jederzeit den Energiebedarf zu kennen. Beim Komfort ist das anders: Niemand hat gerne zu heisse, zu trockene oder schlechte Luft zu Hause. Das ist der Argumentationshebel für den Tacho. Dabei geht es nicht nur Technik, sondern auch um Behaglichkeitskomponenten. Dann denke ich, beginnt ein Umdenken.
Hier gehen Komfort und Energie Hand in Hand.
Minergie ist ja klassischerweise auf das einzelne Haus, die Gebäudehülle ausgerichtet gewesen. Es braucht aber künftig auch Lösungen, die über die Gebäudehülle hinausgehen. Nehmen wir jetzt nur ein Beispiel: Wenn wir in die Phase der Elektromobilität kommen wollen, dann habe ich da vor dem Haus ein E-Auto stehen, das teilweise mit meiner Solarenergie getankt werden soll. Da passieren viele Dinge ausserhalb meiner Gebäudehülle. Wie geht Minergie mit so einer Herausforderung um? Minergie kannte schon immer Themen, die über das Haus hinausgingen. So hatten wir schon früh das Thema Fernwärme auf dem Schirm. Auch die aktuelle Vorgabe zur Eigenstromproduktion ist nicht nur an das einzelne Haus gebunden. Es geht darum, möglichst auch Strom für die Mobilität zur Verfügung zu stellen. Dies kann auch auf dem Nachbargebäude oder auf der Garage realisiert werden. Und man kann auch einen Energiespeicher schaffen, den das gesamte Quartier nutzt. Darauf sind wir eingestellt und fördern es auch. Sie müssen vielleicht ein bisschen lauter und deutlicher reden, wenn es um die Themen Raumplanung und Stadtentwicklung geht. Wir haben nicht das Gefühl, dass Minergie mit einem Baustandard Raumplanung betreiben soll. Ich denke, es gibt da viel bessere Instrumente und Akteure, um zu definieren, wo ein Gebäude erstellt werden
darf mit welcher Nutzung, in welchem Volumen, mit welcher Anbindung an den öffentlichen Verkehr. Die Behörden in Kantonen und Gemeinden haben da einen weitaus besseren Überblick. Aber man muss «andocken» können … Wir hinterfragen immer wieder, ob unsere Standards kompatibel sind mit den verschiedenen politischen Richtungen. Das betrifft Themen wie Verdichtung, die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, die Elektromobilität oder das kommende CO2-Gesetz. Zudem sensibilisieren wir Bauherren zu den angesprochenen Punkten. Wer heute ein Haus baut oder saniert, muss die neuen Technologien nutzen, sonst verliert das Haus an Wert. Dazu bieten wir einen Rahmen. Die Herausforderungen des Klimaschutzes müssen wir sowohl global lösen als auch national. Minergie bricht die Anforderungen dann auf die Gebäudeebene runter. Das bietet Orientierung. Der Bauherr will aber auch selbst etwas haben von seinem Minergie-Haus, nicht nur das Klima schützen. Dabei sind Komfort und Werterhalt immer noch die schlagenden Argumente.
ANDREAS MEYER PRIMAVESI ist Geschäftsleiter von Minergie Schweiz. www.minergie.ch
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KOLUMNE
NACHHALTIGES BAUEN UND SANIEREN IN DEN ALPEN von Ulrich Seewer
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ie wohnen Sie? Diese Frage tönt banal und doch hat die Antwort darauf einen wesentlichen Einfluss auf die Schweiz, wie wir sie täglich erleben, die Landschaft, das Klima. Wohnen Sie lieber in einem Einfamilienhaus, in einer Altstadtwohnung oder in einem Hochhausneubau? Jedes Gebäude hat unterschiedliche Platzanforderungen. Ein Einpersonenhaushalt benötigt zum Beispiel im Durchschnitt knapp doppelt so viel Wohnfläche pro Person als Wohngemeinschaften. Individuelle Entscheide wirken sich auf den Flächenund den Energieverbrauch aus. Vielleicht wurden gerade Ihre Fenster saniert. Damit senken Sie längerfristig nicht nur Ihren Energiebedarf und die Kosten, Sie helfen auch dem Klima. In der Schweiz sind Gebäude für etwa die Hälfte des Primärenergieverbrauchs und für ein Viertel der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Wie gelangen Sie von zu Hause zur Arbeit oder zur Freizeit? Wenn Ihre Wege kurz sind und Sie den öffentlichen Verkehr benutzen, zu Fuss gehen oder mit dem Velo fahren, helfen Sie, den Platz für Infrastrukturen gering zu halten, stossen pro Kopf weniger Treibhausgase aus, ermöglichen mehr Kapazität und tun etwas für Ihre Gesundheit. Wie wohnen Sie? Für Raumplaner / innen eine zentrale Frage. Wie können die individuellen Bedürfnisse umweltschonend und für die Gesellschaft verträglich umgesetzt werden? Abstimmungen wie zur Zweitwohnungs- oder Zersiedelungsinitiative zeigen, wie sehr uns Landschaftsveränderungen und der Verlust von Grünräumen beschäftigen. Wenn es sich um alpine Landschaften handelt, wird die Diskussion noch emotionaler. Touristen und Ausflügler möchten die Berge als Kulisse für ihre Freizeitaktivitäten, Naturschützer eine intakte Umwelt, die Einwohner, die dort leben, aber ein gutes Einkommen, Erreichbarkeit oder Ruhe. Was genau bereitet uns Sorgen an der Landschaft und den Siedlungen, in denen wir leben, und was können wir besser machen? Uns Menschen fällt es schwer, Widersprüche bei unseren Bedürfnissen oder Entscheiden vorherzusehen und zu lösen. Die Raumentwicklung beschäftigt sich damit, diese Wünsche zu sammeln, Widersprüche aufzudecken und mit sogenannten Interessenabwägungen zu präzisieren, welches Bedürfnis weshalb
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zu bevorzugen sei. Dabei gibt es kein Geheimrezept, keine absolute Lösung. Unsere Ansprüche an das Wohnen verändern sich stetig. Auch die Bevölkerung, Umwelt und die Wirtschaft durchlaufen Entwicklungen. Gute und von allen getragene Resultate erzielen wir dann, wenn wir langfristig denken, miteinander sprechen und uns für die relevanten Anliegen einsetzen. Als Bundesamt für Raumentwicklung erwarten wir bei unseren Agglomerationsprogrammen zum Beispiel, dass sich mehrere Gemeinden zu einer gemeinsamen Strategie bekennen und dass sie dort die Verkehrsinfrastruktur ausbauen, wo in Zukunft Siedlungen entwickelt werden. Der Dialog vorab ermöglicht integrierte Lösungen! Dass in den Alpen die Planung schon lange eine wichtige Rolle spielt, mag auf den ersten Blick vielleicht etwas erstaunen. Unsere Bautechniken und Kulturlandschaften sind über Jahrhunderte entstanden und bewusst gestaltet worden – man denke etwa an die Streusiedlungen im Appenzell oder die kompakten Tessiner Bergdörfer. Gebaut aufgrund räumlicher Begebenheiten und lokaler Bedürfnisse mit den vor Ort vorhandenen Baumaterialien. Dieses Wissen wird auch heute noch rege gepflegt und weiterentwickelt. Wir haben deshalb gemeinsam mit dem Fürstentum Liechtenstein vor rund zehn Jahren den Architekturwettbewerb Constructive Alps ins Leben gerufen. Damit möchten wir gute Beispiele für nachhaltiges und klimafreundliches Bauen in den Alpen sichtbar machen und weiterverbreiten. Wiederauferstandene Baudenkmäler, das «Do-it-Yourself»-Fussballstadion aus Holz, der Kuhstall als Theaterbühne oder die neue Dorfkäserei realisiert dank Crowdfunding. Das Engagement aller führt zu mehr Lebensqualität, mehr sozialem Zusammenhalt und vielleicht auch zu einer Versöhnung mit der Landschaft, in der wir leben. Lassen Sie sich hiervon auf constructivealps.net inspirieren und gehen auch Sie Ihren Weg. Wir suchen weitere gute Beispiele!
ULRICH SEEWER ist Vizedirektor beim Bundesamt für Raumentwicklung ARE. www.are.admin.ch
Smart Living für Pioniere Die bonainvest Holding AG ist eine Immobilienanlagegesellschaft mit wegweisender Strategie und nachhaltigen Erfolgsaussichten. Zusammen mit ihrem Tochterunternehmen bonacasa AG entwickelt sie Smart Homes, die sich individuell an alle Lebensphasen der BewohnerInnen anpassen. Smart Living Check Nachhaltige Architektur ✓ Digitale Vernetzung ✓ Sicherheitslösungen ✓ Individuelle Services ✓
www.bonainvest.ch
Xella Porenbeton Schweiz AG
BAUEN
Die Multipor-ExSal-Therm-Platte sorgt ür ein behagliches Raumklima.
DIE ALLROUNDER-PLATTE DAS NEUE MULTIPOR-INNENDÄMMSYSTEM von Sara Blaser
Xella bringt Multipor ExSal Therm zur Sanierung von Mauerwerk auf den Markt. Mit der neuen Platte kann angefeuchtetes Mauerwerk schnell und dauerhaft wirksam entsalzt und gleichzeitig energetisch verbessert werden.
U
m etwa Bauernhöfe oder Lagerhallen in Wohneinheiten umzuwidmen oder ältere Gebäude instand zu setzen, muss saniert werden. Neben fehlender Dämmung gehört feuchtes, mit Salzen wie Nitraten, Sulfaten oder Chloriden belastetes Mauerwerk zu den häufigsten Baumängeln. Diese Salze gelangen in der Regel mit der aus dem Baugrund aufsteigenden Feuchte in das Bauwerk. Die Folge sind Feuchteschäden und Risse in Mauerwerk und Putzen; zudem kann gesundheitsschädlicher Schimmelpilz entstehen. Beide Mängel konnten bisher nur sehr aufwändig und kostenintensiv durch Opferputze behoben werden.
UNKOMPLIZIERTE SANIERUNG Multipor ExSal Therm bietet jetzt die Möglichkeit, die Sanierung und die energetische Aufwertung von feuchtem, salzbelastetem Mauerwerk gleichzeitig mit einem System zu lösen. Dabei wird das System direkt auf
die feuchte Innenwand angebracht. Eine Trockenlegung der Wand ist nicht nötig. Die Dämmstoffplatte nimmt über das Wasser die gelösten Salze auf. Das Wasser verdunstet an der Oberfläche, die Salze verbleiben in der Multipor-Platte durch Ablagerung in den reichlich vorhandenen Poren und Porengängen. Aufgrund einer höheren Druckfestigkeit ist die Multipor-Platte in der Lage, den bei der Kristallisation der Salze entstehenden Druck schadensfrei aufzunehmen. Multipor ExSal Therm entzieht der Wand Salze und Feuchtigkeit und sorgt obendrein durch seine hohe Wärmedämmfähigkeit für ein behagliches Raumklima. Wird nicht entsalzt, erfolgt weiterhin eine ununterbrochene Auffeuchtung des Mauerwerks. Denn die Salze ziehen die in der Raumluft vorhandene Feuchtigkeit ins Mauerwerk, um sich lösen zu können. Durch die Feuchte in der Wand wird die Dämmwirkung drastisch herabgesetzt, Oberflä-
chentemperaturen kühlen ab, sodass der Wohnkomfort und die Behaglichkeit sinken.
KEINE TROCKENLEGUNG NOTWENDIG Zunächst muss die Salzbelastung in der Wand durch einen Bausachverständigen nachgewiesen werden. Nach der Analyse kann mit der Verarbeitung von Multipor ExSal Therm begonnen werden. Die Wand muss nicht aufwändig trockengelegt werden. Der Untergrund muss eben und trocken sein. Sollte ein Ausgleichsputz nötig sein, wird dieser mit dem Multipor-ExSal-Therm-Mörtel aufgetragen. Nach sechsstündiger Trocknungsphase können die Entsalzungsplatten auf die Wand aufgetragen werden. Langwierige Trocknungszeiten oder Putzstandzeiten entfallen mit Multipor ExSal Therm. Die neue Platte (Wärmeleitfähigkeit 0.047 W / (mK); Plattenstärke ab sechs Zentimeter) schafft eine enorme Vereinfachung der Sanierung.
Xella Porenbeton Schweiz AG | Steinackerstrasse 29 | CH-8302 Kloten | Tel. +41 (0) 43 388 35 35 | www.multipor.ch
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BAUEN
Alte Schiffscontainer bilden den Rahmen für eine Wohnung mit vielen Recyclingprodukten.
RECYCLING STATT DOWNCYCLING GESCHLOSSENE MATERIALKREISLÄUFE IM HOCHBAU von Jürgen Müller
Der Bausektor gehört zu den ressourcenintensivsten Wirtschaftssektoren in Deutschland und der Schweiz. Daher fordert der Münchner Projektentwickler Michael Schwaiger ein Umdenken in der Baubranche. Der Experte wünscht sich eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Kreislaufwirtschaft. Die Wiederverwendung von Altbaustoffen als hochwertige Werkstoffe müsse forciert werden. Die Revitalisierung von Immobilien spare 60 Prozent Primärrohstoffe und CO2. Daher sei es für Politik und Bauwirtschaft wichtig, in geschlossenen Materialkreisläufen zu denken. Seite 106 // bauRUNDSCHAU
BAUEN
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er Bauboom der vergangenen zehn Jahre treibt den Rohstoffbedarf weiter an. Laut Statistischem Bundesamt kamen 2013 im deutschen Bausektor 534 Millionen Tonnen mineralische Baurohstoffe zum Einsatz. Gleichzeitig stellen mineralische Bauabfälle mit Abstand die grösste Abfallfraktion dar. 2016 fiel in Deutschland eine statistisch erfasste Menge von 215 Millionen Tonnen an mineralischen Bauabfällen an, die je nach Kategorie offizielle Verwertungsquoten zwischen 80 und 90 Prozent aufweisen. In der Schweiz dürften die Zahlen ähnlich aussehen. Zu dieser Situation hat Michael Schwaiger eine klare Positionierung: «Das Problem ist, dass nicht Recycling, sondern Downcycling stattfindet.» Die zurückgewonnenen Baustoffe kommen kaum für gleichwertige Anwendungen zum Einsatz, sondern etwa als Auffüllmaterial zur Stabilisierung im Tief- und Wegebau. «Der Bauschutt gelangt überwiegend in minderwertiger Funktion in den Kreislauf zurück. Das Potenzial zur Herstellung von hochwertigen Werkstoffen wie Beton bleibt dadurch ungenutzt – und damit der Bedarf an Primärrohstoffen ungebremst», erklärt Schwaiger. Das tatsächliche Recycling von mineralischen Baustoffen spiele aktuell noch eine verschwindend geringe Rolle. Dabei stelle der Gebäudebestand das bedeutendste Rohstofflager in Deutschland und der Schweiz. Die Schwaiger Group selbst hat sich in den vergangenen Jahren mit der Revitalisierung von Objekten, Geothermie und Solarenergie in der Baubranche positioniert und zählt zu den Vorreitern auf diesem Gebiet.
ÖFFENTLICHE HAND MUSS RECYCLING FÖRDERN Um einen geschlossenen Materialkreislauf zu schaffen, anstatt mineralische Baumaterialien im Sinne eines Downcycling im Tiefbau einzusetzen, müssen veraltete Regularien und Normen aktualisiert werden. Die Herstellung von rezykliertem Beton (R-Beton) beruhe etwa auf dem Stand der Technik der 90er-Jahre. «Zur Herstellung von R-Beton darf aktuell keine feine rezyklierte Gesteinskörnung verwendet werden, und eine grobe rezyklierte Gesteinskörnung ist nur beschränkt erlaubt. Diese Vorschriften vernachlässigen die technische Entwicklung der vergangenen 30 Jahre und berücksichtigen etwa nicht neue Betonzusatzmittel oder Fortschritte bei der Aufbereitungstechnik. Hier muss dringend nachgebessert werden», betont Schwaiger. Offiziell gilt zertifizierter Recycle-Beton als gleichwertig
Die Verwertung von Bauschutt hat noch viel Luft nach oben.
gegenüber Normalbeton. In der Praxis findet er aber kaum Anwendung. Laut Schwaiger könnte die öffentliche Hand als grösster Auftraggeber der Bauwirtschaft dies schnell ändern, würde sie bei Ausschreibungen den Einsatz von Recycling-Rohstoffen fordern. «Es wäre schon ein grosser Schritt getan, würden Recycling-Baustoffe gleichwertig mit Primärrohstoffen behandelt. Die Realität ist allerdings, dass Sekundärbaustoffe gar nicht erst zugelassen werden», erklärt der Projektentwickler. Aktuell bestünde der Eindruck, dass die Wiederverwendung von Bauschutt im Sinne einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft weder erwünscht noch sinnvoll sei. «Dabei gibt es eigentlich ein Kreislaufwirtschaftsgesetz, das die öffentliche Hand dazu verpflichtet», ergänzt Schwaiger. Es reiche nicht, energieeffiziente Gebäude zu bauen.
legt werden. Zudem sollte der Fokus auf Konstruktionen mit einer langen Nutzungsdauer liegen. «Bei der Revitalisierung von Immobilien beträgt der Bedarf mineralischer Baustoffe im Durchschnitt nur 40 Prozent dessen, was bei einer Entscheidung für einen Abriss inklusive Neubau derselben Immobilie fällig geworden wäre. Noch drastischer ist die Bilanz mit Blick auf die Bauabfälle», erklärt Schwaiger. Während der Mehrwert von hochwertig revitalisierten Immobilien von Nutzern erkannt und nachgefragt wird, fehlt laut Schwaiger in der Baubranche noch ein ausgeprägteres Bewusstsein für die Bedeutung von Recycling-Baustoffen. «Das wird sich aber schnell ändern. Die Klimaziele zwingen uns in den kommenden Jahren zu ganz anderen Massnahmen als das, was wir bisher überwiegend freiwillig bereit zu tun sind.»
RESSOURCENSCHONUNG DURCH REFURBISHMENT Nach Meinung von Experten ist die Baubranche für ein Viertel aller CO2-Emissionen verantwortlich. Ein Ansatz ist, sowohl CO2 als auch den Verbrauch von Primärrohstoffen zu reduzieren: Es muss mehr Wert auf die Erhaltung bestehender Bausubstanz ge-
JÜRGEN MÜLLER ist Redaktor bei bauRUNDSCHAU. www.schwaiger.com
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KOLUMNE
DIE BAUZUKUNFT IST ÖKOLOGISCH von Tristan Thaller
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ls Investor, Bauherr oder Projektentwickler genügt es nicht mehr, einfach nur eine Immobilie nach Schema F zu planen. Wer heute eine Bürooder Gewerbe-Immobilie entwickelt, muss sich zwangsläufig mit den Anforderungen der künftigen Nutzer und Mieter auseinandersetzen – und neuerdings auch mit Greta. Weil grünen Immobilien im Zuge der Klimadebatte eine wachsende Bedeutung beigemessen werden, haben sich die Ansprüche verändert – und damit die Nachfrage. Der Markt verlangt nach nachhaltigen Objekten – und weiss diese zunehmend zu würdigen. Aus diesem Grund verschreiben sich immer mehr Unternehmen einer GreenBuilding-Prämisse bei der Anmietung von neuen Büroflächen für ihre Mitarbeiter. Besonders internationale Unternehmen achten darauf. Für den LEED-Platin zertifizierten, grünen Büro- und Gewerbekomplex, den Centro Tesoro, konnte die Schwaiger Group den weltweit grössten E-Scooter-Sharing-Anbieter LIME etwa deshalb als langfristigen Mieter gewinnen, weil bei diesem Objekt konsequent auf Nachhaltigkeit gesetzt wurde. Die 24’000 Quadratmeter umfassende Immobilie Centro Tesoro ist ein grünes Exempel dafür, wie Immobilien durch eine nachhaltige Ausrichtung aufgewertet werden können. Anstatt die beiden sichtlich in die Jahre gekommenen Gewerbeobjekte aus den 80er- und 90er-Jahren abzureissen wie sonst üblich, hat sie die Schwaiger Group entlang grüner Kriterien konsequent revitalisiert. Dabei hat der Bauherr nicht nur dem Aspekt Energieeffizienz Rechnung getragen, sondern dem Thema Nachhaltigkeit in einer ganzheitlichen Betrachtung. Die «graue Energie» der verwendeten Rohstoffe oder Aspekte der Standortqualität spielen dabei eine genauso wichtige Rolle wie das nachhaltige Abfallwirtschaftskonzept, die Heizungsregelung für jede Gewerbeeinheit oder Ladestationen für E-Autos und Bike-Sharing-Stationen.Schauen wir uns einige Highlights, die den Unterschied ausmachen, an. Zusammen mit den Stadtwerken
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München (SWM) hat die Schwaiger Group auf dem Dach des Centro Tesoro die grösste innerstädtische Auf-Dach-Solaranlage realisiert. Mit einer Leistung von 428 Kilowatt ist die Photovoltaikanlage der Kern eines nachhaltigen Energiekonzepts. Sie stellt die von den Mietern benötigte Energie in Form von Ökostrom zur Verfügung. Überschüssige Energie wird ins Stromnetz eingespeist. Eine neue, hoch effiziente Heizanlage mit moderner Gas-Brennwert-Technik und eine smarte Gebäudeleittechnik an TGA-Einrichtungen wie Heizung, Hebeanlage und Aufzügen ermöglichen der Schwaiger Group, die gesamte Gebäudetechnik intelligent sowie ressourcenschonend zentral zu steuern. Zusammen mit der Dämmung der Aussenhülle, die 40 Prozent über den gesetzlichen Vorgaben liegt, wurden neue Massstäbe gesetzt: Die Einsparungen beim Energieverbrauch konnten die Nebenkosten von 3.57 Euro pro Quadratmeter deutlich auf nur noch 1.39 Euro pro Quadratmeter senken. Um den Verbrauch an Primärrohstoffen weiterzureduzieren, haben die Verantwortlichen Bau- beziehungsweise Werkstoffe danach ausgewählt, wie hoch ihr Recycling-Anteil ist. Das Gleiche galt bei der Auswahl der Partnerfirmen. Bei der Aufstockung und Verstärkung bestehender Wände setzten sie auf RecyclingBaustoffe wie Recycling-Beton oder etwa Bruch und Aushub als Hinterfüllmaterial.
TRISTAN THALLER ist PR-Berater bei SCRIVO PR. www.schwaiger.com/de
BAUEN
Vollkommen aus Sandstein: die Fassade des Wellness Hotel Seerose in Meisterschwanden (AG).
SANDSTEIN IM EINSATZ LION-STONE AUS DEM HERZEN DER ZENTRALSCHWEIZ von Emilio Stecher Senior
Zur Erinnerung und zu Ehren an die am 10. August 1792 beim Pariser Tuileriensturm gefallenen 760 Schweizergardisten wurde in Luzern das Löwendenkmal errichtet, das seit 2006 unter Schweizer Denkmalschutz steht und jährlich über 1.4 Millionen Touristen anlockt. Der weltberühmte Löwe besteht dabei aus massivem Felsen eines ehemaligen Luzerner Sandsteinbruches. Nur vier Kilometer Luftlinie vom ehemaligen Steinbruch entfernt wird noch heute derselbe Molassesandstein, genannt Rooterberger Sandstein, vom Familienunternehmen Emilio Stecher AG seit 1944 abgebaut.
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ie grau-blaue gleichmässige Farbe ist bei Architekten, Bauherren, der Denkmalpflege und allen Gestaltern gleichermassen beliebt! Die Emilio Stecher AG verwendet dieses Material für wunderschöne Fassaden, bei Renovationen, als massive Einfassungen oder Treppenanlagen bei Neuund Altbauten, als edle Küchenabdeckungen, zusätzlich für Bodenbeläge innen – ab 15 Millimeter Stärke lieferbar – und aussen – ideal ab drei Zentimetern Stärke – und natürlich als gespaltene oder handbossierte Mauersteine, Abdeckplatten für Mauern oder Massivtreppen im Gartenbau.
NATURSTEIN AUS EIGENEM SANDSTEINBRUCH Aufgrund des berühmten Löwendenkmals hat der Luzerner Molassesandstein, aus welchem das Denkmal geschlagen ist, welt-
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weite Bekanntheit erlangt. Genau denselben massiven Fels baut das Familienunternehmen Emilio Stecher AG seit 1944 in seinem hauseigenen Sandsteinbruch am Rooterberg (LU) in der Gemeinde Root ab, wo auch unser grosser Verarbeitungsbetrieb mit 40 Mitarbeitern an der Bahnlinie Luzern – Zürich heimisch ist. Die sogenannte regionale Süsswassermolasse ist mehr als 20 Millionen Jahre alt. Zu seiner Entstehungszeit lag die Schweiz noch auf Höhe von Rom und es herrschte ein subtropisches Klima. Giraffen und Löwen spazierten in der Region umher, und Luzern lag damals direkt am Meer. Die damalige Ur-Reuss transportierte von den Alpen Ablagerungen in ein grosses Delta und der feine Sand lagerte sich am Strand ab. Dieser Sand bestand aus Sedimenten von Alpenkalk, aus welchem auch der Pilatus oder das Stanserhorn geformt sind. Seither
stösst Afrika den Kontinenten Europa pro Jahr ganze drei Millimeter nach Norden. In den vergangenen 20 Millionen Jahren wurde die Schweiz somit um 600 Kilometer verrückt. Dadurch wurden die Alpen in die Höhe gedrückt und das Mittelland angehoben. Diese Tatsache erklärt auch das häufige Vorkommen von Erdbeben in Italien und Vulkanausbrüchen in Sizilien und Süditalien. Noch heute findet man im Jura, dem früheren Meeresboden, schöne Versteinerungen.
PERFEKTES FASSADENMATERIAL Die Emilio Stecher AG baut in ihrem eigenen Sandsteinbruch seit mehr als 70 Jahren also nichts anderes als versteinerten Sandstrand ab. Während der Jahrtausende langen Zeitperiode und durch den hohen Druck sowie die Temperaturen, die durch das Abtauchen ins Erdinnere entstehen, ist der einstige Sand
BAUEN
zu Sandstein erstarrt und strahlt in einer gleichmässigen grau-blauen Farbe. Dieses edle Material wurde nicht nur für Denkmäler, sondern vermehrt auch für historische Bauten wie Kirchen, Schlösser sowie Museen verwendet. In den letzten fünf Jahren errichteten wir in unserem schönen Sandstein Grossfassaden in diversen Bearbeitungen: Überzeugen Sie sich beim neuen Wellnesshotel Cocon bei der Seerose in Meisterschwanden am Hallwilersee, wo 1 700 Quadratmeter hinterlüftete Fassadenplatten mit geflammter Oberfläche verbaut wurden. Im Jahre 2017 verkleideten wir ein Geschäftshaus in Küssnacht am Rigi mit riesigen einteiligen Platten mit bis zu vier Quadratmetern Grösse, hier mit der hinterlüfteten Mörtelankertechnik. An der Stadthofstrasse 23 in Luzern konnten wir mit lediglich 20 Millimeter dünnen Platten in unserem eigenen Stone-Face-Kompaktfassadensystem (www.stoneface.ch) ein modernes Gebäude wunderschön verkleiden. Bauten in Sandstein werden von den Be-
hörden ohne Probleme und grosse Auflagen sehr schnell bewilligt. Diese passen jederzeit in die Umgebung, wirken dezent und sind im Stadt- oder Ortsbild als einheimisches Material hoch willkommen. Die Preise des Sandsteins können sich problemlos mit allen Konkurrenzprodukten messen. Der heutige Trend zu gleichmässig farbigen Kunststeinen hat die Emilio Stecher AG dazu bewogen, ihren Sandstein auch im modernen Innenausbau für Küchenabdeckungen einzusetzen. Generell ist der hauseigene Sandstein einigermassen säurebeständig. Die Saugfähigkeit des Steines war früher ein Problem, das die Experten des Familienunternehmens aber heutzutage mit einer speziell entwickelten Imprägnierung lösen können.
NEUSTE TECHNIKEN DER OBERFLÄCHENBEARBEITUNG Die Emilio Stecher AG wendet die neusten Techniken der Oberflächenbearbeitungen perfekt an und lässt damit keine Wünsche
offen. Dem Fachunternehmen ist es unter anderem möglich, lediglich 20 Millimeter dünne Küchenabdeckungen herzustellen. Alle Platten sind ausserdem unterseitig glasfaserverstärkt, und die Hitzeunempfindlichkeit ist beim verwendeten Sandstein geradezu legendär. Risse im Material, die zeitweise bei Kunststein oder Keramik auftreten können, sind bei unserem edlen Sandstein ausgeschlossen. Gerne präsentiert Ihnen die Emilio Stecher AG ihren hauseigenen Sandstein bei einer persönlichen Vorführung in unserer wohnlichen Ausstellung in Root oder auch direkt im eigenen Sandsteinbruch. Das Motto des Familienunternehmens ist dabei eindeutig: «Ehret einheimisches Schaffen! Baut ökologisch, spart graue Energie und verwendet Naturstein der unmittelbaren Umgebung.» Und dies erst noch preiswert und keineswegs teurer als bei Kunststein mit gleicher Farbe. Überzeugen Sie sich jetzt selbst von dem weltberühmten Sandstein aus der Region Luzern.
Emilio Stecher AG | Werkstrasse 15 | CH-6037 Root | Tel. +41 (0) 41 450 00 50 | natursteine@stecher.ch | www.stecher.ch
© Thomas Lerch
BAUEN
Ein Hochhaus aus Holz: Das ist das Ho Ho Wien.
ENERGIEEFFIZIENT UND RESSOURCENSCHONEND EDGETECH SUPER SPACER IM HOHO WIEN von Anna Meister
Das HoHo Wien ist nicht nur eines der höchsten Holzhäuser der Welt. Es ist vor allem ein Leuchtturmprojekt für nachhaltigen Holzbau. Bei Wärmedämmung, Ressourcenschonung, Energieeffizienz und Schallschutz gleichermassen leistungsstark, wurde es mit LEED Gold und ÖGNB (Österreichische Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) Gold ausgezeichnet. Auch 6 000 Quadratmeter Isolierglas, verarbeitet mit Super Spacer Warme Kante Abstandhaltersystem von Edgetech, leisten einen Beitrag.
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on der Wiege bis zur Wiege bedeutet in seiner Reinform, dass Rohstoffe in einem durchgehenden biologischen oder technologischen Kreislauf wiederverwendet werden, ohne umweltschädliche Stoffe und Abfälle zurückzulassen. Die Bauindustrie gehört zu den Branchen, in der dieses Prinzip derzeit am intensivsten diskutiert wird. Und dafür gibt es Gründe. Geschätzte acht Prozent des globalen CO2-
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Ausstosses entstehen bei der Zementproduktion. Wäre die Zementindustrie ein Land, sie läge hinter China und den USA auf Platz drei bei den CO2-Emissionen. Die Hälfte davon entsteht während des Prozesses, dieser Anteil könnte also auch nicht durch die Produktion mit regenerativ erzeugter Energie auf null gebracht werden. Weltweit verschlingt der Bauboom den grössten Anteil natürlicher Ressourcen, und in der Folge
stellen mineralische Bau- und Abbruchabfälle auch den grössten Abfallstrom dar. Natürliche Baustoffe wie Sand und Kies werden knapp, und der unkontrollierte Abbau bringt vielerorts erhebliche Umweltfolgen mit sich.
DAS BESTE AUS ZWEI WELTEN Vielen Architekten gilt der nachwachsende Rohstoff Holz als eine der zentralen Stellschrauben, um den CO2-Ausstoss der Bau-
BAUEN
Alles in allem erreicht das HoHo Wien ab dem Erdgeschoss einen Holzanteil von fast 74 Prozent und spart laut Caroline Palfy, Projektentwicklerin und Geschäftsführerin der cetus Baudevelopment GmbH, gegenüber einem konventionell errichteten Gebäude derselben Nutzungsart und Grösse 2 800 Tonnen CO2-Äquivalente ein. Hinzu kommen die kurzen Transportwege, denn das Holz stammt ausschliesslich aus nachhaltig bewirtschafteten, heimischen Wäldern; eine der Voraussetzungen für die LEED-Zertifizierung in Gold. Caroline Palfy erklärt: «Der gesamte Holzverbrauch für das HoHo Wien wächst in nur einer Stunde und 17 Minuten in österreichischen Wäldern nach. Von den in Österreich jährlich nachwachsenden 30 Millionen Kubikmetern Holz werden 26 Millionen Kubikmeter genutzt.
Auch hier wird mit Holz gearbeitet. © cetus.at + Thomas Lerch
Im 22. Wiener Bezirk steht eines der höchsten Holzhäuser der Welt kurz vor der endgültigen Fertigstellung. Das HoHo Wien, entworfen vom Büro Rüdiger Lainer und Partner, wird zum Wahrzeichen eines der grössten Stadtentwicklungsprojekte Europas, der Seestadt Aspern. Der dreiteilige Hauptkomplex besteht aus dem 84 Meter hohen Turm mit 24 Geschossen. Zwei weitere Türme mit 15 und neun Geschossen sind angedockt, sodass die Gebäude sich gegenseitig stützen. Hinzu kommt das sechsgeschossige Nebengebäude HoHo Next. Auf dem HoHo-Wien-Areal mit 19’500 Quadratmetern Mietfläche finden ein Hotel sowie Restaurants, Büros, Serviced Apartments und ein Fitnessbereich Platz. Das HoHo Wien wurde als HolzBeton-Hybrid errichtet. Aus Gründen des Brandschutzes besteht das Gebäudeinnere aus einem massiven Stahlbetonkern, in dem sich Treppenhaus, Aufzüge und Versorgungsschächte befinden. Um den Betonkern herum sind seriell vorgefertigte Massivholzkonstruktionen angeordnet. Wegen der Brandschutzauflagen wurde die Holzfassade zusätzlich mit Eternitplatten aus natürlichen Rohstoffen verschalt. Die Wandund Deckenelemente aus Fichtenholz blieben im Inneren unverkleidet und behalten ihren intensiven, sinnlichen Holzcharakter.
© cetus Baudevelopment + ktio.at
branche zu senken. Zum einen ist Holz ein natürlicher Kohlendioxid-Speicher. Darüber hinaus wird bei der Verarbeitung deutlich weniger Energie benötigt als bei der Herstellung von Zement und Stahlbeton. Nachhaltig angebaut und recyclebar verarbeitet, ist Holz ein wertvolles Rohstoffdepot im Sinne des Cradle-to-Cradle-Prinzips.
Es wurden ganze Bauelemente angefertigt und miteinander verbaut.
Die restlichen vier Millionen Kubikmeter verbleiben im Wald und vergrössern stetig den Holzvorrat. Das bedeutet, dass in jeder Sekunde ein Kubikmeter Holz nachwächst.»
BEEINDRUCKENDES TEAMWORK Ursprünglich waren raumhohe, zweiflügelige Fensterelemente geplant. Die statischen Anforderungen an Schlagregendichtigkeit und Windfestigkeit erforderten jedoch ein Umdenken, und so entwickelte der Fensterbauer Katzbeck in Zusammenarbeit mit
Holzforschung Austria eine Lösung aus zweiflügeligen Fichtenholz-Aluminiumfenstern mit Pfosten, Absturzsicherung und geteilter Unterlichte. Rund 1 100 DreifachWärmeschutzglaseinheiten mit UNIGLAS Top pure FLS lieferte Petschenig glastec GmbH aus Wien für die Fassaden. Aus schalltechnischen Gründen ist die aussenliegende Scheibe Verbundsicherheitsglas, die innere Einscheibensicherheitsglas. Als Warme Kante wählte Hanspeter Petschenig Super Spacer T-Spacer Premium Plus. Die Isolierverglasung erreicht damit
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© cetus Baudevelopment + ktio.at
BAUEN
Ein imposanter Anblick.
einen aus wärmeenergetischer Sicht hervorragenden Ug-Wert von 0.5 W / m²K, und der Glasrandverbund punktet mit einem PsiWert von 0.033 W / m2K. Der Uw-Wert für das gesamte Fenster beträgt 0.78 W / m2K, der Gesamtenergiedurchlassgrad 49 Prozent. Der nächste Vorfertigungsschritt erfolgte bei Hasslacher Norica Timber, wo die Fenster in die Wandelemente aus Brettsperrholz eingefügt wurden, bevor Generalunternehmer Handler die Endmontage des kompletten Fassadenaufbaus übernahm. Just in time wurden die Wandelemente angeliefert, mit dem Kran hochgezogen und montiert. Der U-Wert von 0.182 W / m2K der mit Eternit verkleideten, opaken Wandelemente spiegelt ebenfalls die guten Wärmedämmeigenschaften des Gebäudes wider.
WIRTSCHAFTLICH UND ZEITSPAREND Auftrieb erhält der internationale Holzhochhausbau derzeit durch intelligente FertigteilBaukastensysteme. Auch das modulare Konstruktionsprinzip des HoHo Wien besticht durch seine Einfachheit. Der hohe Wiederholgrad einiger weniger Massivholzbauteile bietet neben der Kostensicherheit den Vorteil kurzer Bauzeiten, denn sie kön-
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nen witterungsunabhängig seriell vorgefertigt werden. Die Tragwerksplaner von RWT Plus unter Leitung von Richard Woschitz entwickelten speziell für das HoHo Wien einen Systemknoten, der die vorgefertigten Elemente Holz-Beton-Verbunddecke, Holzsäule, Unterzug und Wandelement formschlüssig zusammenfügt – weitestgehend ohne metallische Verbindungen, denn Schweissarbeiten verbieten sich in einem Holzhaus quasi von selbst. Auch die aufwändigen technischen Vorprüfungen in puncto Brandschutz, Schallschutz und Windsoglasten sind wegweisend für Nachfolgeprojekte. Laut Holzforschung Austria halten sowohl Fensterkonstruktion und Wandelement Windlasten von 4 425 Pa problemlos stand. «Die Frage, ob man einen thermisch getrennten Fenster-Randverbund, also eine Warme Kante, verbauen soll, stellt sich bei einem Nachhaltigkeitsprojekt wie dem HoHo Wien selbstredend nicht», erklärt Hanspeter Petschenig, Geschäftsführer der Petschenig glastec GmbH, «so geringe Wärmedurchlasswerte wie im HoHo Wien lassen sich auf andere Weise nicht erreichen.» Der makellose, dichte Randverbund reduziert im Zusammenspiel mit dem flexiblen Material
auf Basis von Silikonschaum darüber hinaus die Belastung durch Pumpeffekte und die hohen Windlasten in 84 Metern Höhe. Spannungsrisse der Dichtung sind praktisch ausgeschlossen. «Das HoHo Wien ist wegweisend bei Energieeffizienz und Ressourcenoptimierung. Wir sind stolz, mit unserem Edgetech Super Spacer einen Beitrag leisten zu können», sagt Joachim Stoß, Geschäftsführer der Edgetech Europe GmbH und Vice President International Sales bei Quanex. Für die Isolierglasfertigung bieten flexible Spacer aber auch aufgrund der Kostenaspekte enorme Vorteile. Bei Petschenig glastec GmbH in Leopoldsdorf werden die Super Spacer Abstandhalter robotergesteuert und auf den Millimeter genau von der Rolle appliziert. «Unsere automatisierte Isolierglaslinie garantiert, dass wir termingerecht und wirtschaftlich produzieren können», so Hanspeter Petschenig.
ANNA MEISTER ist Redaktorin bei bauRUNDSCHAU. www.superspacer.com
Mit Datenbanken neue Detailtiefen bei BIM-Modellen erreichen.
MEHR VERNETZUNG FĂœR BIM WAS BIM VON GOOGLE UND CO. LERNEN MUSS von Matthias Uhl
Die Digitalisierung des Bauwesens steht faktisch noch am Anfang. Damit aus BIM (Building Information Modeling) eine kollaborative Methode wird, die diese Beschreibung auch verdient, braucht es den Informationsaustausch mit Datenformaten wie IFC Plus. Seite 116 // bauRUNDSCHAU
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nungsprogrammen verschiedener Anbieter und erst recht am Datenfluss zwischen Planern und Gewerken. Dabei lautet doch das oberste BIM-Gebot: Software muss miteinander kommunizieren. Wie das beispielhaft gehen kann, machen Google und Co. vor. Ein Ansatz ist, das Format IFC mit APIs (Application Programming Interface) und Datenbanken in IFC Plus zu erweitern. Es ist zwar relativ einfach, von Archicad in Archiphysik oder Artlantis Studio und andere Programme einer zusammenarbeitenden Anbietergruppe zu wechseln. Um Daten von Archicad nach Revit zu transferieren, müssen aber immer noch Welten überbrückt werden. Noch grösser sind die Hürden bei der Übertragung von Daten aus der CADSoftware in eine x-beliebige Statik- oder Haustechnik-Software. Weil dafür offene Dateiformate unerlässlich sind, die den Austausch zulassen und eine Zusammenarbeit ermöglichen, ist IFC aktuell das führende Datenaustauschformat beim digitalen Planen und Bauen.
EINBAHNSTRASSE STATT DATENFLUSS
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nser Alltag ist digital und vernetzt, nicht nur privat, sondern auch geschäftlich: Das CRM-Tool teilt uns mit, dass eine Mail eingegangen ist, die in Zusammenhang mit einem Deal steht, der in der laufenden Woche einen Abschluss finden sollte. Die Marketing-Software scannt Informationen bei LinkedIn, um Absatzaussichten zu prüfen. Und der Google-Kalender weiss aus einer E-Mail im Gmail-Account, dass ein Termin um 14 Uhr bevorsteht und
erinnert daran, rechtzeitig aufzubrechen. Google Maps erfährt wiederum von der Google-Kontakte-App, wo der Termin stattfindet und zeigt, welches Verkehrsmittel aufgrund der Verkehrslage das richtige ist. Während das digitale Management im Alltag und in der Geschäftswelt weitestgehend reibungslos funktioniert, scheitert die verheissungsvolle BIM-Kollaboration bereits am Datenaustausch zwischen Pla-
Ein Problem ist, dass das Datenaustauschformat IFC aktuell wie ein PDF verwendet wird, sprich in einer Art EinbahnstrassenKommunikation. BIM-Modelle verlassen als IFC-Dateien die CAD-Umgebung und werden an Statiker, sonstige Fachingenieure, Fachplaner und andere am Bau Beteiligte weitergegeben. Jede nachträgliche Änderung am BIM-Modell, sei es auf der Baustelle oder in der Ausschreibungs-Software, bedeutet eine neue Version des IFC File. Im Idealfall kommen die verschiedenen IFC-File-Versionen eines einzigen Bauvorhabens wieder zurück zum zentralen BIM-Manager, und dieser ist auch in der Lage, die einzelnen Versionen richtig und vollständig zu einem einzigen nativen CAD-File wieder zusammenzusetzen. Diese Praxis hat aber wenig mit einem immer aktuellen Data-Twin zu tun, an dem sich alle am Bau Beteiligten orientieren und arbeiten – und damit auch reichlich wenig mit Building Information Modeling.
INFORMATION STATT FORMAT BIM verlangt eine Welt, wie sie Google mit seinen Apps vorlebt: Da sind alle aufkommenden Softwarelösungen miteinander verbunden und kommunizieren miteinander. Da stellt sich nicht mehr die Frage nach Datenformaten, Anforderungsplänen und Bearbeitungsständen, weil unterschiedlichste
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Programme ständig unbemerkt Daten miteinander austauschen – und zwar über den gesamten Gebäudelebenszyklus. Technisch gesehen bietet das offene Datenaustauschformat IFC heute schon zahlreiche Möglichkeiten, einen Teil dieser Vision umzusetzen, in der Praxis bleiben sie aber bisher noch ungenutzt.
BREITERE NUTZUNG VON IFC Da IFC ein geskriptetes Format ist, ist es möglich, ein Modell komplett aus dem Programmiercode zu erzeugen, sprich, etwa ein ganzes Haus aus einem IFC-Code zu schreiben. Viel spannender ist, dass sämtliche Attribute aus verschiedensten Quellen befüllt werden können. Weil es eine SkriptSprache ist, kann theoretisch jeder direkt in die Datei schreiben, um etwa Parameter und Attribute zu aktualisieren, zu ergänzen oder auszutauschen, ohne dass ein Umweg über ein CAD-Programm notwendig ist. Das schafft noch keinen Datenfluss à la Google, aber zumindest Augenhöhe zwi-
schen allen Beteiligten, wo bisher noch eine Hegemonie der CAD-Planer besteht.
ZUM FREIEN DATENVERKEHR À LA GOOGLE Damit eine flüssige Datenautobahn im Hintergrund auf Hochtouren laufen kann, braucht es sogenannte APIs (Application Programming Interface). Diese Werkzeugboxen sorgen dafür, dass Programmierer mit ihren Lösungen an Systeme andocken und Information auf allen Kanälen ausgetauscht werden können. Die nahtlose Vernetzung der Google-Apps funktioniert eben dank dieser APIs. Und genauso müsste und könnte es mit IFC im Bauprozess funktionieren. Ob in CAD, in einer Ausschreibungs-Software oder auf der Baustelle über einen Viewer mit dem iPad: Mit APIs ist es theoretisch an jeder Stelle des Prozesses möglich, etwa Knauf-, Rigipsoder Schüco-Daten einzubringen oder wieder zu entfernen. Weil IFC hervorragend an diese APIs angebunden werden kann
BIM-Modelle in alle Richtungen anreichern und reduzieren.
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und Daten direkt in IFC-Dateien integriert werden können, trägt diese Vision den Namen IFC Plus. Zur Verwirklichung dieser Vision ist noch ein langer Weg zu gehen. Aber er ist theoretisch und praktisch möglich. IFC lässt sich in Verbindung mit entsprechenden APIs so nutzen, dass es sich überall andocken und bearbeiten lässt – und damit von einem Datenaustauschformat zu einem wirklich freien Informationsaustauschformat wird, das jedem am Bau Beteiligten mehr Autonomie verschafft.
MIT DATENBANKEN ZU NEUER INFORMATIONSDICHTE Diese neu gedachte IFC-Datei lässt sich dank der APIs mit allen denkbaren Datenquellen verbinden und sowohl einfach als auch benutzerfreundlich um optimierte Informationen, wiederum strukturiert in verschiedene Level of Detail (LOD), Level of Information (LOI) oder Level of Information needed (LoIn), erweitern. In Verbindung mit einer eigens dem Bauprojekt gewid-
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Nicht Dateien, sondern Informationen müssen fliessen.
meten führenden Datenbank stünde damit erstmals eine BIM-IT-Infrastruktur zur Verfügung, die diesen Namen auch verdient. Denn jetzt könnten zum ersten Mal wirklich Informationen fliessen – nicht mehr nur Dateien. Die eigene CAD-Planung wird an Produktdatenbanken von Baustoffherstellern angebunden, je nach Stand im Vergabeverfahren wird das digitale Bauvorhaben auf Knopfdruck aktualisiert und die Änderungen direkt im Digital Twin im CAD-System angezeigt. Auf der Baustelle werden kurzfristige Produktänderungen ergänzt und über einfache Zusatzfunktionen im Viewer allen angeschlossenen Datenabnehmern übermittelt. Jetzt wird BIM real. Erst dann klopft Google anerkennend auf die Schultern der allgemeinen BIM-Software, denn endlich hat die Baubranche geschafft, wovon sie die ganze Zeit redet.
MIT DATENBANKEN IN ALLE DETAILTIEFEN Eine Schlüsselfunktion in diesen Überlegungen haben Hersteller von Baustoffen und Bauprodukten: Sie übersetzen alle ihre Produkte und Systemvarianten, die sie üblicherweise in PIM-Systemen (Product Information Mangement) organisieren, mithilfe einer BIM-Infrastruktur wie «BIM and More» in BIM-Objekte, sodass sie Fachplanern
und Architekten in CAD-Programmen zur Verfügung stehen. Ohne diese Vorleistung werden sich keine nennenswerten Informationsumfänge in die klassischen BIM-Prozesse einbringen lassen. Erst dann können etwa Architekten wirklich informationsdichte BIM-Modelle beispielsweise als Archicadoder Revit-Dateien erstellen und gemäss unserer hier beschriebenen Vision einmalig als IFC-Plus-Datei mit einer führenden Bauprojekt-Datenbank im Hintergrund ausgeben. Generalunternehmer (GU), Fachgewerke, Statiker und alle anderen am Bau Beteiligten arbeiten nun damit, jeweils über ihre eigene IFC-Plus-fähige Software direkt an die führende Datenbank angebunden. Falls für die Erfüllung ihrer jeweiligen Teilaufgabe weitere Datenbanken nötig sind, werden auch diese angebunden. Ein abschliessendes Speichern in die führende Datenbank macht sämtliche Arbeitsergebnisse sofort für alle anderen Projektbeteiligten sichtbar und nutzbar. Ein weiterer Austausch von Dateien ist dann nicht mehr nötig.
ZUKUNFTSMUSIK – ABER MACHBAR Noch gibt es diese Möglichkeiten nicht – und sicher auch noch nicht morgen. Aber das sind die nächsten Schritte in einer längerfristigen Entwicklung, die die Vision einer di-
gital vernetzten Planungs- und Baubranche vor Augen hat, die hinter Building Information Modeling stehen. Trotz vieler Errungenschaften steht die digitale Entwicklung des Bauwesens immer noch am Anfang der vielfach beschworenen Revolution. Dass BIM keine Software, sondern eine kollaborative Methode ist, bleibt ohne Überlegungen wie IFC Plus nur ein weit verbreitetes Lippenbekenntnis. Technisch gesehen, hinkt die Branche sogar der Landwirtschaft hinterher. Sie befindet sich aktuell an einem Punkt, an dem vielleicht nur fünf Prozent der digitalen Möglichkeiten im Bau erreicht sind. In den kommenden zehn Jahren arbeiten alle noch gewiss daran, die Grundfunktionalitäten hervorzubringen, wie etwa einen unbemerkten Datenfluss von einer Software zur anderen, damit BIM seiner Vision etwas näherkommt – und unserer Grunderfahrung in einer digital eng vernetzten Alltagswelt.
MATTHIAS UHL ist Experte im Bereich Building Information Modeling (BIM) und Gründer sowie Geschäftsführer von Die Werkbank IT GmbH. www.bim-more.com
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Praktisch beim Hauseingang ist die Paketbox plus integriert.
GOLDENE PLATTEN UND TOUCHPANELS SPEZIALISIERT FÜR TÜRSPRECHANLAGEN UND MEHR von Georg Lutz
Verdichtetes Bauen und immer grössere Wohnobjekte stellen höhere Anforderungen an die Türsprechanlage. Mit dem «TC:Bus» setzt die Firma René Koch AG ein bewährtes Türsprechsystem ein. Zudem liegt in einer Zeit von Onlineshopping die Paketboxanlage voll im Trend. Der Securitybereich wird abgerundet mit Videoüberwachungs- und Zutrittskontrollsystemen.
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uf einem Regal in der Produktionsabteilung leuchten rund ein Dutzend Monitore. Allesamt sind sie in der Schlusskontrolle und warten auf ihre Auslieferung. Es sind Touchpanel-Aussensprechstellen und sie dienen dazu, platzsparend eine grosse Menge an Bewohnern zu verwalten. Der Besucher kann auf dem kompakten Panel den gewünschten Bewohner finden und ihn rufen. Ein Grossteil dieser Panels wird als Bedieneinheit in Briefkastenanlagen verbaut und bildet so die Lösung «Paketbox plus». In Zusammenarbeit mit dem Briefkastenbauer «Ernst Schweizer AG, Metallbau» entstand eine Lösung, die reges Empfangen und Versenden von Paketen unterstützt. Mit dem zunehmenden Onlineshopping-Verhalten werden viel mehr Pakete hin- und hergeschickt. In der Paketboxanlage kann der Pöstler, auch bei
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Abwesenheit des Bewohners, die Ware sicher deponieren. Dieser entnimmt die Ware mit einem PIN. Ebenfalls funktioniert der umgekehrte Weg – bei «Nicht-Gefallen» und Rücksendung einer Lieferung. Gerade bei Siedlungen mit jüngeren Bewohnern bietet eine solche Anlage einen bedeutenden Mehrwert.
LANGFRISTIGE INVESTITION Verdichtetes Bauen und immer grössere Wohnobjekte stellen demnach auch höhere Anforderungen an die Türsprechanlage. Welches Produkt eingesetzt wird, bekommt einen höheren Stellenwert für den Investor. Schliesslich bindet man sich mit einem System auch langfristig an einen Hersteller. Es geht nicht um Einzelgeräte, die irgendwann ausgetauscht werden, es geht um ein System, welches auch nach Jahren noch funktionieren soll.
Mit dem «TC:Bus» setzt die Firma Koch ein bewährtes Türsprechsystem ein. Ein System, welches in vielerlei Hinsicht sehr offen bleibt und stetige Erweiterung und Modernisierung zulässt. Lange Leitungen, wie sie in Grossüberbauungen anzutreffen sind, meistert der «TC:Bus» problemlos. Mit passenden Verbindungselementen kann der Bus beliebig gross ausgebaut werden, konkret heisst dies, auch eine Siedlung mit mehreren Häusern kann miteinander vernetzt werden.
TECHNOLOGISCH KOMPATIBEL Den passenden Nachfolger gibt es für jedes Produkt. Bestehende Aussparungen sollen wieder abgedeckt werden, Produkte sollten technologisch miteinander kompatibel sein. Dem Bauherrn nützt es wenig, wenn er mit einem Billigprodukt beim Bau ein paar Franken spart, später aber das Gesparte und noch mehr oben-
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drauf für mühsame Ausbesserungen oder Anlage-Komplettaustausch aufwenden muss. Deshalb setzt der Türsprechspezialist auf einen hohen Qualitätsstandard. Schweizweit stehen 15 Aussendienstmitarbeiter im Einsatz und können so sehr agil reagieren. Der Aussendienst der Firma Koch übernimmt keine klassische Verkäuferfunktion, ebenso ist das Team technisch versiert und unterstützt den Elektroinstallateur dadurch. Die Zusammenarbeit mit dem Installateur ist ohnehin sehr eng und wird mit oberster Priorität gepflegt. Regelmässig finden darum auch Kurse für Installateure statt. Die Erfahrungen aus der Praxis lassen die Produkte und Dienstleistungen stetig verbessern und führen zu mehr Effizienz bei der Installation und Inbetriebnahme.
VIDEOÜBERWACHUNG UND ZUTRITTSKONTROLLE Der Securitybereich von Koch wird abgerundet mit Videoüberwachungs- und Zu-
trittskontrollsystemen. Gerade für ein Einfamilienhaus kann diese Kombination sehr interessant sein. «Alles aus einer Hand» spart Schnittstellen und die damit verbundenen Problematiken: Kompatibilität, Kommunikations- oder Verantwortungsmissverständnisse und Kosten. Mit einem breiten Überwachungssortiment werden sämtliche Anforderungen erfüllt. Sei dies eine Modernisierung einer bereits bestehenden Koaxialanlage um einzelne weitere Kameras oder die IP-basierte Neuanlage mit integriertem Videomanagement und Fernzugriff. Ein Security-Spezialistenteam unterstützt den Elektroplaner und Installateur von der Konzeption bis hin zur Inbetriebnahme.
(FAST) ALLES IST MÖGLICH In der eigenen Fertigung und in Zusammenarbeit mit lokalen Zulieferanten entstehen kleine bis grosse individuelle Anfertigungen. Innensprechstellen mit gelasertem Familienwappen oder vergoldete Aussensprechstellen für den schicken Empfang am
Die Touch-Aussensprechstelle.
Altbauhaus – den Wünschen sind kaum Grenzen gesetzt. Mit dem nötigen Knowhow erfüllt Koch sämtliche Design- oder Technikwünsche. Es muss auch nicht immer nur Touchpanel sein – immer mal wieder fertigt Koch extrem grosse Aluplatten mit 100 und mehr Sonneriedrückern…
René Koch AG | Seestrasse 241 | CH-8804 Au/Wädenswil | Tel. +41 (0) 44 782 60 00 | info@kochag.ch | www.kochag.ch
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KOLUMNE
DIGITALISIERUNG – DIE GESAMTE WERTSCHÖPFUNGSKETTE ENTLANG von Dr. Uwe Rüdel
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er Besuch der Swissbau 2020 machte einmal mehr deutlich, warum die Schweizer Bauindustrie, gemeinsam mit den Aktivitäten aus dem Immobilienbereich, rund 17 Prozent des Schweizer Bruttosozialprodukts ausmacht! Den vielen Unkenrufen im Vorfeld zum Trotz ist er jetzt angekommen: der starke Wille zur Erneuerung, zur Weiter-Entwicklung und zur Digitalisierung. Gerade im Swissbau Innovation Lab, einem Sonderbereich zum Thema Digitalisierung, war dieser Wille zu spüren. Die vielen spannenden Aktivitäten luden zum Anfassen und Mitmachen ein. Es ging um konkrete Präsentationen, beispielsweise zu Themen wie 3-D-Beton-Drucks, Modulare Smart Factory im Holzbau oder Mixed-Reality. Die Fläche der Speakers-Corner lud zum Mitdiskutieren ein, der ConTech-Wettbewerb für junge Start-ups zum Wetteifern oder der iRoom zum Staunen. Hierbei wurde der Besucher über das Kompetenzzentrum Industrie 4.0 uptownBasel eindrucksvoll («virtuell») informiert. Aber was genau macht die Digitalisierung nun eigentlich aus? Anhand des IshikawaPrinzips1 lassen sich die wichtigsten Einflussgrössen für die Digitalisierung der Bauindustrie auf die Bereiche Mensch («Akteur»), Methode («Prozesse»), Maschine («Hilfsmittel»), Material («Daten») und Milieu («Randbedingungen und Umgebung») zusammenfassen. Der Mensch bleibt fester Bestandteil der Digitalisierung, doch treten hierbei zunehmend neue QualifikationsAnforderungen in den Vordergrund. Hierzu zählen nicht nur abstrahierende, sprich, analytische Fähigkeiten sowie Kommunikations- und Teamfähigkeit, sondern vor allem der Wille, sich auf Veränderungen einzulassen. Die damit entstehenden neuen Berufsbilder sind als Chance zu sehen – es bleibt zu hoffen, dass damit auch dem bestehenden Fachkräftemangel entgegengewirkt werden kann und sich auch mehr Frauen für dieses vielseitige Berufsfeld interessieren. Der Wille zur Anpassung ist auch bei der zweiten wichtigen Einflussgrösse, der Organisation und Abarbeitung von Arbeitsabläufen («Prozesse») essenziell. Grundsätzlich werden diese von Menschen erarbeitet und auf die Bedürfnisse der Organisationen angepasst. Daher ist es wichtig, innerhalb des Unternehmens auf
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eine offene und transparente Kultur mit Sachverstand und Respekt für Menschen hinzuarbeiten. Um vor allem der Gefahr entgegenzuwirken, «gewachsene Prozesse» einer Organisation durch den Einsatz digitaler Technologien («Maschine») vorschnell und ohne Verifizierung einzubinden, ist die frühzeitige Einbindung aller Partner der digitalen Wertschöpfungskette von elementarer Bedeutung. Diese reichen von der Planung bis zum Betrieb. Hierbei vor allem darauf zu achten, die für das Datenmanagement («Daten») geeigneten IT-Strukturen über den gesamten Lebenszyklus nachhaltig zu gewährleisten. Dies geschieht durch Erstellung der Daten-Anforderungen sowie die Definition von Standards, Open BIM / Formaten, Datenpflege, Stammdaten- und Schnittstellenmanagement. Es sind vor allem die Stammdaten, welche in Zukunft erlauben, über Datenträger mit dem physischen Artikel verknüpft zu werden, wodurch der digitale Zwilling entsteht. Die Möglichkeiten der sich dadurch ergebenden Rückverfolgbarkeit reichen bis zu einem Immobilien-Pass, in dem die gesamte Geschichte einer Immobilie verlässlich und eindeutig wiedergegeben wird. Somit wird nicht nur ein nachhaltiger Gebäudebetrieb ermöglicht, sondern auch der nachhaltige Umgang mit den verwendeten Wertstoffen («Randbedingungen»). Durch diese Vernetzung aller Akteure innerhalb einer Wertschöpfungskette werden nicht nur Kosten gespart, Effizienzen gesteigert und Durchlaufzeiten verkürzt, sondern es wird vor allem gewährleistet, dass der Werkplatz Schweiz auch in Zukunft attraktiv bleiben wird. ANMERKUNG 1) Darstellungsform des Ursache-Wirkungs-Prinzips.
UWE RÜDEL ist Branchenmanager Technische Industrien bei GS1 Switzerland. www.gs1.ch
DEKARBONISIERUNG STROM HAT DAS GRÖSSTE POTENZIAL von Anna Meister
Die Schweiz hat Grosses vor: Bis 2050 strebt sie die Dekarbonisierung der Wirtschaft und Gesellschaft an. Doch bis dorthin ist noch ein weiter Weg. Erneuerbare Energien müssen her. Und das trotz praktisch CO2-freier Stromversorgung. Damit ist zwar der erste Schritt getan, aber es braucht mehr als nur das. Die Emissionen müssen in allen Verbrauchssektoren gesenkt und längerfristig vermieden werden. Doch es gibt Schritte in die richtige Richtung: Seit 1990 sind die Emissionen um fast 30 Prozent gesunken. Diesen Weg gilt es, weiterhin einzuschlagen. Ein Fokus auf neue Technologien wie Elektrifizierung und die Kopplung der Energieträger Strom, Gas und Wärme in den Sektoren Gebäude, Industrie und Verkehr könnte hier helfen. Massnahmen wie Solarenergie oder Elektromobilität sind ebenfalls ein ausbaufähiger Faktor. Besonders im Stromsektor eröffnen sich neue Möglichkeiten.
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Um das Schweizer Klima zu schützen, braucht es Massnahmen.
DER SCHLÜSSEL ZUR DEKARBONISIERUNG STROM FÜR DIE ZUKUNFT von Nadine Brauchli
Die Dekarbonisierung setzt den Umbau der Energieversorgung hin zu mehr erneuerbaren Energien, Speicherung, Elektrifizierung und Sektorkopplung voraus. Strom steht dabei im Zentrum – und der Stromsektor erhält die Chance, die Energiezukunft mitzugestalten und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.
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ie Schweiz hat sich zur Dekarbonisierung ihrer Wirtschaft und Gesellschaft verpflichtet. Der Bundesrat strebt bis Mitte des Jahrhunderts gar eine Reduktion der Treibhausgasemissionen auf netto null an. Dies zu erreichen, setzt einen
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fundamentalen Umbau der Energieversorgung voraus: Die erneuerbaren Energien müssen massiv ausgebaut und die Elektrifizierung vorangetrieben werden. Die Speicherung und die Sektorkopplung verhelfen zu einer Optimierung der Gesamtenergie-
versorgung. Die Schweiz ist klimapolitisch in einer ausgezeichneten Ausgangslage, verfügt sie doch im Unterschied zu den allermeisten Ländern bereits heute über eine praktisch CO2-freie Stromversorgung. Während andere nebst Verkehrs-, Gebäude- und
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Schweiz und der EU wird dem hiesigen Emissionshandel weiteren Schub verleihen. Vor allem aus Schweizer Sicht wird der Markt dadurch grösser und liquider und bietet so eine höhere Preisstabilität und Planungssicherheit. Für die dem Emissionshandel unterstellten Industriezweige, die meist auf lange Investitionshorizonte ausgerichtet sind, wirkt sich dies positiv aus. Auch wenn ein striktes Emissionshandelssystem längst nicht das einzige wirksame klimapolitische Instrument ist, ist es einem expliziten Verbot oder einer impliziten Verhinderung von Technologien klar vorzuziehen. Die CO2-Kosten sind mit dem vorherrschenden System jedoch noch nicht vollständig internalisiert. Die Preissignale reichen dadurch nicht aus, um den notwendigen Ausbau der erneuerbaren Energien zu bewirken. Es braucht daher insbesondere in der Stromwirtschaft zusätzliche finanzielle Anreize. Zudem dürfte ein totaler Umbau des klimapolitischen Instrumentariums hin zum umfassenden Emissionshandel als einziger Massnahme auch realpolitisch schwer umsetzbar sein. Gleichzeitig sollten daher auch die bestehenden und bewährten Massnahmen, allen voran die CO2-Abgabe, in jenen Sektoren weitergeführt werden, die (noch) nicht dem Emissionshandel unterstehen. Dabei ist auf eine möglichst effektive Lenkung zu achten.
REALISTISCHE POLITIK Industriesektor auch ihre Stromproduktion dekarbonisieren müssen, hat die Schweiz den Grundstein einer erneuerbaren Stromversorgung bereits gelegt: Die Wasserkraft liefert fast zwei Drittel der Stromproduktion und ist so die mit Abstand wichtigste einheimische Energiequelle. Sie zu erhalten und im Rahmen des Möglichen sogar weiter auszubauen sowie den Anteil der anderen erneuerbaren Energien massiv zu steigern, ist der nächste Schritt im Umbau des Energiesystems. Die grosse Herausforderung wird dabei sein, mit erneuerbarem Strom die Dekarbonisierung der anderen Sektoren zu ermöglichen und gleichzeitig den CO2-freien Ersatz der Kernenergie zu bewerkstelligen.
EMISSIONSHANDEL FÜR MARKTNAHE KLIMAPOLITIK Will die Schweiz ihre Dekarbonisierungsziele erreichen, müssen die Emissionen in allen Verbrauchssektoren deutlich gesenkt und langfristig ganz vermieden werden. Dazu ist
ein umfassendes und wirksames Emissionshandelssystem der effizienteste Weg. Durch die Internalisierung der CO2-Kosten über den Emissionshandel werden marktbasiert die notwendigen Investitionsanreize in klimafreundliche Technologien gesetzt und deren Wirtschaftlichkeit ermöglicht. Werden ambitionierte Reduktionsziele gesetzt, die sich laufend in einer spürbaren Verringerung der zulässigen Emissionsmenge niederschlagen, bewirkt der Emissionshandel gleichzeitig eine Dekarbonisierung, die Steigerung der Gesamtenergieeffizienz und den vermehrten Einsatz erneuerbarer Energien einschliesslich Wasserkraft. Es ist daher kein Zufall, dass der Emissionshandel heute weit verbreitet ist, angefangen bei der Europäischen Union und der Schweiz, aber beispielsweise auch in China, Australien und verschiedenen nordamerikanischen Gliedstaaten. Die per 2020 vorgesehene Verknüpfung der Systeme der
Unter den bestehenden Massnahmen haben sich auch die Zielvereinbarungen im Verbund mit der Befreiung von der CO2Abgabe als wirksam und sinnvoll erwiesen. Die erwarteten Zielwerte der verpflichteten Unternehmen wurden bisher mehrheitlich übertroffen und haben seit 2001 zu einer Reduktion der CO2-Emissionen um 30 Prozent geführt. Heute ist durch die Zielvereinbarungen etwa die Hälfte der CO2-Emissionen der Schweizer Wirtschaft erfasst. Um hier die Anreize zu verbreitern, ist der Zugang zu Zielvereinbarungen auf alle Wirtschaftszweige auszuweiten, die nicht dem Emissionshandel unterstehen. Die CO2-Abgabe hat vor allem im Gebäudebereich ihre Wirkung entfaltet. Im Vergleich zu 1990 sind die Emissionen um fast 30 Prozent gesunken. Dieser Erfolgspfad ist entschieden weiterzuverfolgen. Dabei braucht es künftig auch eine verstärkte Ausrichtung auf neue Technologien: Elektrifizierung und die Kopplung der Energieträger Strom, Gas und Wärme in den Sektoren Gebäude, Industrie und Verkehr können interessante
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dafür ist, dass der benötigte Strom grossmehrheitlich mit erneuerbaren Energien produziert wurde. Zudem führt die Sektorkopplung zu höherer Flexibilität und einer Optimierung des Gesamtsystems.
CO2 reduzieren – auch au der Autobahn.
Möglichkeiten eröffnen und den Spielraum vergrössern. Wärmepumpen, Solarenergie, Eigenverbrauchslösungen, Fernwärme, Elektromobilität, Gebäudetechnik oder Wärmedämmung bieten wirkungsvolle Kombinationsmöglichkeiten, die am besten durch ambitionierte Emissionsvorgaben zum Tragen kommen. Einzelne Technologien zu verbieten, ist dagegen nicht zielführend, da dadurch optimale Lösungen verunmöglicht werden könnten. In diesem Zusammenhang können auch Biogas und aus erneuerbaren Energien gewonnenes synthetisches Gas eine weitere Option sein. So lassen sich Stromüberschüsse, die künftig zu gewissen Zeitpunkten in grossem Ausmass anfallen werden, in andere Energieformen überführen. Wind- und Sonnenstrom kann dadurch für Wärme oder Mobilität verwendet werden. Sofern ein ausreichender Wirkungsgrad und die nötige Wirtschaftlichkeit gegeben sind, wäre sogar eine Rückverstromung zu einem späteren Zeitpunkt denkbar. Dazu braucht es die Gasinfrastruktur. Ihr Rückbau ist daher kritisch zu hinterfragen. Sie trägt in einem dynamischen System zum Erhalt der Flexibilität bei und ermöglicht die Sektorkopplung. Ein längerfristiger Verzicht auf die Nutzung von fossilem Erdgas heisst daher nicht, dass auch die Infrastruktur verschwinden muss, sondern nur, dass Erdgas zunehmend durch erneuerbare und synthetische Gase ersetzt wird.
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Der Verkehrssektor ist eine Senkung der Emissionen bisher schuldig geblieben. Daher ist künftig auch in diesem Bereich eine CO2-Abgabe zu erheben. So erhalten die Autokäufer und Verkehrsteilnehmer direkte Anreize für den Umstieg auf emissionsfreie und effiziente Fahrzeuge und andere Mobilitätsformen. Die Elektromobilität und mit synthetischen Gasen betriebene Fahrzeuge stehen als marktreife und interessante Alternativen bereit. Wie bei Lenkungsabgaben üblich, ist der Abgabeertrag aus einer CO2-Abgabe im Verkehrssektor vollständig an Wirtschaft und Bevölkerung zurückzuerstatten. Sollte der Gesetzgeber dafür den etablierten Rückerstattungsmechanismus über die Krankenkassenprämien einsetzen, würde nebenbei in einem gewissen Mass ein sozialer Ausgleich geschaffen.
STROMSEKTOR ALS DREH- UND ANGELPUNKT Strom wird somit eine noch zentralere Bedeutung erlangen als heute, denn erneuerbare Energien, Effizienzsteigerung und Elektrifizierung sind die grossen Hebel zur Erreichung der klimapolitischen Ziele. Die CO2-Emissionen können durch eine direkte Substitution fossiler Anwendungen durch Strom vermieden werden, beispielsweise durch Umstieg von Verbrennungsmotoren auf Elektromobilität oder von Erdölheizungen auf Wärmepumpen. Voraussetzung
Trotz grossen Umbruchs muss die Stromversorgungssicherheit jederzeit gewährleistet werden können. Dazu braucht es zuallererst den Erhalt der bestehenden erneuerbaren Wasserkraft und den dezidierten Ausbau aller erneuerbaren Stromproduktionsformen im Inland. Zusätzlich braucht es vor allem im Winterhalbjahr unter Umständen eine Möglichkeit, gezielt kurzzeitige Versorgungsengpässe zu überbrücken. Allenfalls muss daher im Sinn einer Versicherung zeitlich begrenzt auf die gasbasierte Stromproduktion zurückgegriffen werden, wobei hier zunehmend ein hoher Anteil Bio- oder Synthetikgas statt Erdgas anzustreben ist. Grundlage für die Stromversorgung und Basis für den Aufbau eines dynamischen und flexiblen Systems sind zudem effiziente und zuverlässige Stromnetze. Dafür braucht es Intelligenz im Netz und mehr Handlungsspielraum für Netzbetreiber und Kunden. Der heute schon grossmehrheitlich CO2-freie und auch künftig weitgehend erneuerbare Stromsektor ist also Dreh- und Angelpunkt der Dekarbonisierung. Die Elektrifizierung und die Sektorkopplung ermöglichen ein flexibles und effizientes Gesamtsystem und tragen den Umbau hin zu einer dekarbonisierten Energieversorgung mit. Dazu braucht es eine Politik der steten und wirksamen Schritte, die ambitionierte Ziele verfolgt und alle Verbrauchssektoren in die Pflicht nimmt. Dem Stromsektor bietet sich die Chance, die Energiezukunft aktiv mitzugestalten und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. An innovativen Projekten mangelt es nicht. Nun müssen die Grundlagen für die Umsetzung geschaffen werden.
Dieser Text wurde ursprünglich auf www.strom.ch veröffentlicht.
NADINE BRAUCHLI ist Bereichsleiterin Energie beim Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE. www.strom.ch
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Da freuen sich sogar die Tiere: richtig heizen und die Umwelt schonen.
GEWUSST WIE! HEIZUNG ERSETZEN – KLIMA SCHÜTZEN – GELD SPAREN von Thomas Jud
Seit Januar 2020 läuft das neue Programm «erneuerbar heizen» von EnergieSchweiz. Das Programm begleitet private und institutionelle Hausbesitzerinnen und -besitzer beim Umstieg von einem fossilen auf ein erneuerbares Heizsystem. Dafür hat der Bund mit der Impulsberatung «erneuerbar heizen» eine neutrale Beratungsdienstleistung geschaffen. Dieser Schritt für eine frühzeitige Auseinandersetzung mit dem Heizungsersatz ist dringend notwendig, um die Klimaziele zu erreichen. Deshalb darf das Programm auch auf eine breite Abstützung von Partnern und Kantonen zählen. Seite 130 // bauRUNDSCHAU
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Klima schützen und dabei Geld sparen: «erneuerbar heizen» zeigt, wie’s geht.
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er Schweizer Gebäudesektor verursacht rund ein Drittel der gesamtschweizerischen CO2-Emissionen. In rund 60 Prozent aller Wohngebäude steht noch eine Öl- oder Gasheizung. Das sind insgesamt 900’000 fossile Heizungen, die bis 2050 ersetzt werden müssen – also ab 2020 jedes Jahr 30’000. Nur so erreicht die Schweiz die Klimaziele. Mit dem Programm «erneuerbar heizen» von EnergieSchweiz leistet der Bund ab 2020 einen wirkungsvollen Beitrag, indem es Installateure und Beraterinnen bei ihrer täglichen Arbeit mit Fakten und Hilfsmitteln unterstützt. Denn das Umstellen von fossilen auf erneuerbare Heizsysteme ist auch für die Baubranche eine Herausforderung – und eine grosse Chance.
FRÜHZEITIGE SENSIBILISIERUNG Es hat sich gezeigt, dass weniger als die Hälfte der privaten und institutionellen Hausbesitzerinnen und -besitzer beim Heizungs-
ENERGIESCHWEIZ EnergieSchweiz ist ein Programm des Bundes zur Förderung der Energieeffizienz und erneuerbaren Energien mit freiwilligen Massnahmen. Es sensibilisiert Menschen in der Schweiz zu Energiethemen, fördert innovative Projekte und unterstützt die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften. Damit trägt das Programm massgebend zur Umsetzung der Energiestrategie bei.
ersatz erneuerbare Alternativen prüft. Dadurch wurden 2018 rund 23’000 fossile Heizungen wieder durch fossile Heizungen ersetzt. Das stimmt angesichts der Klimadebatte sehr nachdenklich. Und hier setzt das Programm «erneuerbar heizen» an. Mit der Impulsberatung «erneuerbar heizen» hat EnergieSchweiz eine niederschwellige Beratungsleistung für Einfamilienhäuser und kleinere Mehrfamilienhäuser geschaffen. Ein geschulter Impulsberater oder eine Impulsberaterin berät die Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer bei einem bevorstehenden Heizungsersatz. Gemeinsam finden sie die passende erneuerbare Lösung. Die Impulsberatung wird von vielen Kantonen gefördert.
REDUZIERT LANGFRISTIG KOSTEN Ebenso zeigt das Programm auf, dass sich mit erneuerbaren Lösungen langfristig die Heizkosten senken und damit Kosten sparen lassen. Der Betrieb einer erneuerbaren Heizung ist fast immer günstiger als jener einer fossilen Heizung. Zudem setzen erneuerbare Heizungen auf einheimische Energieträger wie Erdwärme, Holz, Wasser, Luft oder Sonne. Die Schweiz reduziert die Abhängigkeit von Öl- und Gasproduzenten im Ausland. Und es entstehen Arbeitsplätze in der Schweiz. Das Programm erfreut sich einer breiten Abstützung. Träger ist das Bundesamt für Energie mit seinem Programm EnergieSchweiz. Die Kantone, Städte und Gemeinden sind wichtige Partner bei der Umsetzung. Wichtig sind zudem Branchenorganisationen wie Minergie
oder Suissetec und Partner aus der Wirtschaft wie etwa Raiffeisen Schweiz. Diese partnerschaftliche Herangehensweise ist wichtig, um diese Herausforderung gemeinsam anzugehen und dank dem professionellen Know-how der Fachpersonen sowie der Umsetzung in den Kantonen und Gemeinden erfolgreich zu meistern.
«ERNEUERBAR HEIZEN» «erneuerbar heizen» ist ein Programm von EnergieSchweiz. Es zeigt Hausbesitzerinnen und Hausbesitzern auf, wie sie beim Heizungsersatz richtig vorgehen, wie viel Kosten und wie viel CO2 sie sparen können. Mit der Impulsberatung «erneuerbar heizen» beurteilt eine Fachperson vor Ort, welches die beste Lösung für den Heizungsersatz ist. EnergieSchweiz arbeitet mit Kantonen, Städten und Gemeinden sowie vielen weiteren Partnern wie Branchenorganisationen oder Wirtschaftsunternehmen zusammen. Weitere Informationen unter erneuerbarheizen.ch.
THOMAS JUD ist Leiter Programm «erneuerbar heizen» beim Bundesamt für Energie BFE. www.erneuerbarheizen.ch
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UMWELT & TECHNIK
Hier besteht noch Nachholbedarf: Photovoltaikanlagen könnten noch auf vielen Schweizer Dächern Platz finden.
KEINE PFEIFEN SEIN ENERGIEPOLITIK IST KLIMAPOLITIK von Felix Nipkow
Im europäischen Vergleich ist die Schweiz bei Wind- und Solarenergie auf den hintersten Rängen. Wegen ambitionsloser Ziele und unzureichender Massnahmen sind vor allem die Wartelisten gewachsen. Eine neue Studie zeigt, wie es vorwärtsgehen und wie die Schweiz ihre Klimaziele dank erneuerbarer Energien erreichen kann.
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nlässlich des von der SES publizierten Ländervergleichs titelte das Nachrichtenportal Watson im Mai 2018: «Gute Bedingungen, nix draus gemacht: Wir sind Europas Pfeifen bei Wind- und Solarenergie.» Das trifft den Nagel auf den Kopf. Auch 2019 konnte die Schweiz keinen Platz gutmachen und bleibt abgeschlagen auf dem fünftletzten Rang aller EU-Länder. Und das, obwohl Windund Solarstrom mittlerweile die günstigsten Technologien für die Stromproduktion sind.
GROSSE HERAUSFORDERUNGEN– FEHLENDE AMBITIONEN Der Atomausstieg schafft einen Ersatzbedarf von rund 23 Terawattstunden (TWh; Milliarden Kilowattstunden). Angenommen,
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die bestehenden Atomkraftwerke erreichen ein Alter von 50 Jahren, geht das letzte 2034 vom Netz. Dazu kommt, dass die Schweiz gemäss dem Willen des Bundesrates bis 2050 netto null Treibhausgase ausstossen soll. Viele fossile Anwendungen insbesondere in den Bereichen Verkehr und Gebäudeheizungen werden direkt oder indirekt durch elektrische ersetzt (Wärmepumpen, Elektroautos, synthetische Treibstoffe). Das ist zwar effizienter, führt aber, wenn man einen 1:1-Ersatz (ohne Verhaltensänderungen) annimmt, zu einem Mehrbedarf an Strom zwischen 18 und 40 TWh. Mit mehr Energieeffizienz kann dieser gering gehalten werden. Der Ersatz von Flugtreibstoffen ist allerdings noch nicht eingerechnet.
Dass es trotzdem nicht vorwärtsgeht, liegt an den fehlenden Ambitionen: Die mit der Energiestrategie 2050 formulierten unverbindlichen «Richtwerte» sind gemessen
SIE WOLLEN ES GENAU WISSEN?
Eine Studie von Dr. Rudolf Rechsteiner schlägt Massnahmen zur Stärkung der erneuerbaren Energien vor. «Energiestrategie 2050: Zwischenbilanz beim Ausbau neuer erneuerbarer Energien – Analyse und Ausblick zur Mittelverwendung aus dem Netzzuschlag» kann auf www.energiestiftung.ch / studien gratis heruntergeladen werden.
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an den Herausforderungen viel zu tief: Bis 2035 sollen mindestens 11.4 TWh Elektrizität aus erneuerbaren Energien stammen. Damit kann gerade einmal die Hälfte des Atomstroms ersetzt werden. Die Ziele müssen der Realität angepasst werden. Die Messlatte soll eine 100 Prozent einheimische, erneuerbare Energieversorgung sein. Um einen linearen Ausbaupfad sicherzustellen, sollten bis 2035 zusätzliche 26 TWh angestrebt werden, bis 2050 braucht es rund 45 TWh. Nur so können die Klimaziele erreicht und gleichzeitig die Versorgungssicherheit gestärkt werden.
INVESTITIONSSICHERHEIT GEFORDERT Massnahmen, damit diese Ziele erreicht werden können, sind rasch gefragt. Das bestehende Einspeisevergütungssystem wurde beendet, ab 2020 stehen nur noch Einmalvergütungen zur Verfügung. Gerade die besonders günstigen grossen Anlagen, die keinen oder wenig Eigenverbrauch aufweisen, können mit dem heutigen System aber nicht finanziert werden. Investoren brauchen gewisse Sicherheiten, die sie vor den Preisschwankungen am Strommarkt schützen. Diese werden mit zunehmender Durchdringung von Solar- und Windkraft in Europa zunehmen, weil die Produktion witterungsabhängig ist. In der Schweiz gibt es solche Sicherheiten heute nicht, deshalb gibt es einen regelrechten Ausbaustau mit langen Wartelisten statt realer Stromproduktion. Die Schweizer Energieversorger investieren vorwiegend in den europäischen Nachbarländern, weil die Investitionssicherheit für erneuerbare Kraftwerke dort viel besser ist. Für kleinere Anlagen, zum Beispiel auf Einoder Mehrfamilienhäusern, bei denen ein Teil der Elektrizität selber verbraucht wird, macht das System der Einmalvergütungen weiterhin Sinn. Gesuchstellern wird ein Teil der Investitionskosten vergütet. Das gesetzliche Maximum von 30 Prozent wird heute allerdings nicht ausgenutzt, und das BFE senkt die Vergütungssätze laufend so stark, dass die Anreize für viele Projekte zu tief sind. Laut dem Ökonomen Dr. Rudolf Rechsteiner (siehe Infobox) sind nicht die finanziellen Mittel, sondern die Förderpolitik der Grund dafür, dass es in der Schweiz nicht vorwärtsgeht: «Bereits mit dem geltenden Netzzuschlag von 2.3 Rappen pro Kilowattstunde kann die Stromerzeugung im Inland gestärkt und wettbewerbsfähig
Der Atomausstieg und der Klimaschutz erfordern einen Ausbau der erneuerbaren Energien.
Ein fortschrittliches Projekt in den Glarner Alpen: An der Staumauer des Muttsees soll eine Photovoltaikanlage mit rund 6 000 Modulen angebracht werden.
gestaltet werden.» Was fehle, sei eine investitionsfreundliche Strommarktordnung: «Die im Ausland erprobten Instrumente könnten bei uns sofort eingeführt werden.» Die anstehenden Revisionen des Stromversorgungs- und des Energiegesetzes bieten die politischen Hebel hierzu.
RAUMPLANUNG FÜR PHOTOVOLTAIK Solarenergie braucht Platz. Auf Dächern und Fassaden ist mehr als genug vorhanden (das Potenzial beträgt gemäss BFE 67 TWh). Weil es aber nur langsam erschlossen wird und grosse Anlagen oft kostengünstiger sind, sind zusätzlich bestehende Infrastrukturen zu erschliessen. Gefordert ist ein grundsätzliches Nutzungsrecht für Photovoltaikanla-
gen auf Parkplätzen, Lärmschutzwänden, Zäunen und Mauern entlang von Verkehrswegen, Stauseen und so weiter, sofern keine berechtigten Interessen dagegensprechen. Das hilft, nicht verbaute Flächen zu schonen. Um den Anliegen von Natur- und Landschaftsschutz gerecht zu werden, sind erneuerbare Energien zwingend in die Raumplanung miteinzubeziehen.
FELIX NIPKOW ist Leiter Fachbereich erneuerbare Energien, Schweizerische Energie-Stiftung SES. www.energiestitung.ch
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KOLUMNE
ZEICHEN DER ZEIT ERKENNEN – UND HANDELN von Pascal Previdoli
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ürgerinnen und Bürger und speziell die Jugendlichen sorgen sich vermehrt um das Wohlergehen unseres Planeten und damit um ihre eigene Zukunft: Klimawandel und Umweltprobleme stehen in der öffentlichen Wahrnehmung, jüngst noch verstärkt durch die Bilder der verheerenden Brände in Australien. In der Politik ist das Thema ganz oben auf der Agenda: So hat sich der Bundesrat im letzten August zum ambitionierten Klimaziel bekannt, bis 2050 die Treibhausgas-Emissionen unter dem Strich auf null zu senken. Die neue EUKommission legte Ende Jahr mit dem sogenannten Green Deal eine umfassende Strategie für Europa vor, um eine Klimakrise zu verhindern. Ein Wandel geht auch durch das Schweizer Parlament, welches bereits vor dem Wahlerfolg der ökologisch orientierten Parteien die Klimapolitik bis 2030 wieder auf einen guten Weg gebracht hat, nachdem es nicht einmal ein Jahr zuvor noch ganz anders ausgesehen hatte. Die Zeichen der Zeit stehen auf Klimaschutz und nachhaltige Energieversorgung, denn rund drei Viertel der klimaschädlichen Treibhausgas-Emissionen stammen in der Schweiz aus der Verbrennung von Öl oder Gas etwa zum Heizen oder im Verkehr. Hier setzt die Energiestrategie 2050 an, welche seit Anfang 2018 in der Umsetzung ist und den schrittweisen Umbau des Schweizer Energiesystems in Richtung mehr Erneuerbare und Energieeffizienz beabsichtigt, unter Berücksichtigung der Versorgungssicherheit. Die Schweiz ist dabei in einer guten Ausgangslage, wie das jüngste Monitoring der Energiestrategie zeigt – die kurzfristigen gesetzlichen Richtwerte sind bereits erreicht oder in Griffweite. Es ist aber klar, dass es längerfristig weitere Anstrengungen braucht. Der Bundesrat hat denn auch bereits wichtige Richtungsentscheide gefällt, um die Investitionsanreize in die erneuerbare Stromproduktion zu verbessern. Ausruhen können wir uns also nicht. Die Umsetzung und Weiterentwicklung der zahlreichen Massnahmen fordern Behörden, Fachleute und jeden Einzelnen von uns – zentral ist dabei der Gebäudebereich,
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der nach wie vor einen hohen Anteil des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen ausmacht und nur eine geringe Sanierungsrate aufweist. Angesagt ist etwa der Ersatz fossiler Heizungen, EnergieSchweiz hat dazu jüngst schweizweit das Programm «erneuerbar heizen» lanciert. Die öffentliche Hand fördert energetische Gebäudesanierungen mit dem Gebäudeprogramm und steuerlichen Anreizen, weitere Mittel sollen mit dem angedachten Klimafonds in der CO2-Gesetzgebung freigesetzt werden. Im Strombereich entwickeln sich neue Modelle wie Eigenverbrauchsgemeinschaften, wo sich Betreiber beispielsweise einer Solaranlage mit einem oder mehreren Nachbarn zusammenschliessen. Zusätzlichen Schub bringen die Digitalisierung und vermehrte Gebäudeautomation. Auch auf der Effizienzseite entwickeln sich neue Instrumente wie das Energiespar-Contracting, wo ein externer Energiedienstleister die Projekteentwicklung und Investitionen übernimmt, um Liegenschaften energetisch zu verbessern und sich durch die erzielten Energieeinsparungen finanziert. Neben öffentlichen Gebäuden kann dies auch für Stockwerkeigentumsgemeinschaften oder Einfamilienhausbesitzer interessant sein, welche sich innerhalb eines Quartiers zusammenschliessen. Es ist unabdingbar, den neuen Schwung im Energie- und Klimabereich zu nutzen. Es geht darum, die Zeichen der Zeit zu erkennen und die entsprechenden Taten folgen zu lassen.
PASCAL PREVIDOLI ist Stellvertretender Direktor Bundesamt für Energie BFE, Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK. www.energiemonitoring.ch
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Der Schweizer Wald, hier am Blausee im Berner Oberland, steht vor fundamentalen Veränderungen.
NICHTS BLEIBT, WIE ES IST KLIMAERWÄRMUNG VERÄNDERT DEN WALD von Christoph Rutschmann
Unser Wald ist durch die Trockenheit und Hitze der letzten Jahre deutlich gezeichnet. Im Schweizer Mittelland fallen die wichtigsten drei Baumarten – Buche, Rot- und Weisstanne – gebietsweise in den nächsten Jahrzehnten flächig aus. Die klimatisch bedingten Veränderungen lassen sich nicht aufhalten. Waldbesitzer und Förster sind besonders gefordert.
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ischend schliessen sich die Bustüren hinter uns. Res Guggisberg, für die Region Pfannenstiel zuständiger Kreisforstmeister, erwartet uns bereits an der Haltestelle. Er ist ein besonnener, er-
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fahrener Forstmann, der seinen Wald wie seine Westentasche kennt. Ein kräftiger Händedruck, und sofort kommt er zur Sache: «Der Wald verändert sich gerade in einer Geschwindigkeit, die wir so noch nie
gesehen haben.» Und tatsächlich, ein Blick auf den nahen Wald zeigt an verschiedenen Stellen Lücken und stehende, abgestorbene Nadelbäume. Wir betreten den Wald und treffen schnell auf eine grosse
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Lichtung. «Hier hat der Borkenkäfer gewütet, wir mussten eine flächige Zwangsnutzung durchführen», erklärt Guggisberg und ergänzt: «Die Holzkorporation als Waldbesitzerin hat für das dabei anfallende Holz kaum einen kostendeckenden Preis erhalten.» Was passiert mit den für Schweizer Verhältnisse ungewöhnlich grossen, an Kahlschläge erinnernden Flächen?
DAS VERSCHWINDEN DER BAUMARTEN «Wir haben bislang immer mit Naturverjüngung gearbeitet. Die Bäume vermehrten sich natürlich. Das heisst, in einem BuchenFichten-Tannen-Wald wachsen – logischerweise – junge Buchen, Fichten und Tannen nach. Die Klimaveränderung wird aber die drei bei uns wichtigsten Baumarten in den nächsten Jahrzehnten weitgehend zum Verschwinden bringen. Eine ungeheuerliche Vorstellung! Uns bleibt nichts anderes übrig, als die Waldflächen mit bislang kaum oder nicht vorkommenden Baumarten zu bestocken. Das ist ein Riesenaufwand und birgt Risiken. Viele Waldbesitzer können oder wollen sich das gar nicht leisten.»
Tanne und Fichte spüren den Klimastress, dafür werden Lärchen und Douglasien an Bedeutung gewinnen.
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Energieholz ist ein wichtiges Instrument, um den Klimawandel zu begrenzen.
Holzenergie Schweiz
Die Vorstellung, den Wald, wie wir ihn heute kennen, zu verlieren, löst in vielen Waldbesitzern Unruhe und Angst aus. Neben den wichtigsten drei Baumarten ist ja auch noch die Esche in grossem Ausmass vom Eschentriebsterben betroffen. Die Ulme ist bereits weitgehend verschwunden. Niemand weiss, wie sich Baumarten entwickeln, die bis heute gut gedeihen. «Wir werden komplett neue Waldbilder schaffen müssen», erläutert Guggisberg, «Traubeneiche, Ahorn, Edelkastanie, Nussbaum sowie die Nadelbaumarten Lärche und Douglasie werden eine neue Ästhetik schaffen. Vielleicht kommen noch einige Exoten dazu.» Das muss nicht schlecht sein, sondern kann eine hohe Biodiversität
Res Guggisberg analysiert die Auswirkungen des Klimawandels.
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und stabile Bestände schaffen. Mit grösster Wahrscheinlichkeit wird der Anteil der Laubbäume im Vergleich zu heute zunehmen. Sägereien und die ganze Holzindustrie werden sich dem Trend anpassen müssen. Der Anteil an Energieholz wird weiter markant zulegen, denn Laubbäume haben einen viel höheren Anteil an Holz, das sich aus qualitativen Gründen nicht für die Verwertung als Bau- oder Möbelholz eignet.» Guggisberg blickt auf seine lange Erfahrung zurück und bestätigt die Feststellung, dass sich die Nachfrage nach Holz in den letzten Jahren deutlich verschoben hat. Der Megatrend ist die stetige Zunahme des Anteils an Energieholz: «Ohne Energieholz, das wir früher als Nebenprodukt einfach noch mitgenommen haben, könnten wir den Wald heute gar nicht mehr ordentlich bewirtschaften.»
MOTOR DER WALDBEWIRTSCHAFTUNG Offensichtlich ist es weltfremd, eine vermehrte stoffliche Nutzung des Holzes zu fordern. Denn es gibt weit und breit keine steigende Nachfrage nach Sägereiholz, Bahnschwellen, Papier- oder Zelluloseholz. Die meisten grossen Industrieholzabnehmer sind aus der Schweiz verschwunden. Sie werden in den nächsten Jahrzehnten nicht zurückkommen. «Wir haben Glück, dass eine wachsende Zahl grösserer Schnitzelheizungen mit Wärmenetzen in die Nachfragelücke gesprungen ist. Und
auch Pelletheizungen liegen im Trend. Für Waldbesitzer kann es lohnend sein, Produktionswerke für Pellets aus Waldholz zu unterstützen.» In der Schweiz gibt es bereits mehrere Werke, die direkt aus Waldholz Pellets herstellen. Ihre bisherigen Erfahrungen sind vielversprechend. «Ob wir es wollen oder nicht: Das Energieholz ist definitiv vom Nebenprodukt zum Motor der Waldbewirtschaftung geworden. Darüber bin ich nicht unglücklich, denn wir ersetzen damit massenhaft Heizöl und Erdgas. Unser Energieholz ist somit zu einer wichtigen Waffe im Kampf gegen die Klimaerhitzung geworden, von der die Schweiz als Gebirgsland besonders hart betroffen ist», bringt Res Guggisberg die Diskussion über die Holzverwendung auf den Punkt. Wir sind unterdessen wieder zur Bushaltestelle gewandert, einem etwas verwahrlosten Häuschen aus klimaschädlichem Metall. Auf der Hauptstrasse herrscht reger Verkehr. Ein Lastwagen mit einer Ladung Heizöl lärmt vorbei. «Ein Auslaufmodell», lacht der Kreisforstmeister. Er meint es ernst. Und er hat Recht.
CHRISTOPH RUTSCHMANN ist Diplom-Forst-Ing. ETH und Projektleiter bei Holzenergie Schweiz. www.holzenergie.ch
igr-raumklimasysteme.de
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Das Heizen und Kühlen erfolgt über Raumklimadecken.
NEUE LÖSUNG WÄRMEWENDE DURCH WÄRMESPEICHERWUNDER von Georg Lutz
Das Problem von erneuerbarer Energie liegt in der unsteten sowie räumlich und zeitlich falschen Verfügbarkeit. Nach Sonnenaufgang verlassen die meisten Menschen das Haus. Kurz vor Sonnenuntergang kehren sie heim und brauchen Energie. Photovoltaik produziert also den meisten Strom zu Zeiten des geringsten Verbrauchs. Windkraftanlagen stehen an Wochenenden und bei Starkwind regelmässig still, um das Stromnetz nicht zu überlasten. Wohin mit dem Überschuss an regenerativer Energie? Er müsste bis zum Bedarf gespeichert werden. Aber wie? Es gibt hier unterscheidliche Lösungen. Seite 140 // bauRUNDSCHAU
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Die Kombination von oberflächennahen, schnell reagierenden Klimadecken und Bauteilaktivierungen ist eine hoch effiziente Möglichkeit zur Speicherung regenerativer Überschussenergie.
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ie Innovationsgemeinschaft Raumklimasysteme (IGR) bietet jetzt eine interessante Antwort. Hoch effiziente, nachhaltige Lösungen zum Heizen und Kühlen: eine innovative, dynamische Kombination von Bauteilaktivierung und
schnell reagierender Klimadecke. Batteriespeicher sind bekanntlich teuer und haben eine begrenzte Lebensdauer. Dazu gibt es jetzt eine hoch interessante Alternative: Der Überschuss-Strom wird direkt per Heizstab in Wärme oder effizient per Wärmepumpe
in Wärme beziehungsweise Kälte umgewandelt. Die Wärme beziehungsweise Kälte wird in Betonbauteilen gespeichert, beispielsweise in der Betondecke oder der Bodenplatte. Die Lebensdauer dieser Speichertechnik ist praktisch identisch mit
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Bei ausreichender Speichertemperatur wird dem bauteilaktivierten Energiespeicher aktiv Wärme entnommen, im Kühlbetrieb zugeführt.
der Nutzungsdauer des Gebäudes. Diese Speicherform ist daher nachhaltig und sehr preiswert.
HYBRIDSYSTEME MIT DYNAMISCHER STEUERUNG Das Geheimnis liegt in der Kombination von oberflächennahen schnell reagierenden Klimadecken mit einer Bauteilaktivierung. Ist die Speichertemperatur hoch genug, wird aktiv Wärme zum Heizen vom bauteilaktivierten Energiespeicher entnommen (beziehungsweise Kälte im Kühlbetrieb). Damit wird ein träges Passivsystem mit einem reaktionsschnellen Aktivsystem bedarfsgerecht und dynamisch kombiniert. Es gibt derartige Hybridsysteme von der IGR für
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Neubau und Sanierung, Lösungen für Massivbau und Trockenbau.
RAUMKLIMADECKEN ZUM HEIZEN UND KÜHLEN Das Heizen und Kühlen selbst erfolgt über hoch effiziente Raumklimadecken der IGR. Dazu gibt es multifunktionale Systeme für Massivbau und Trockenbau. Im Kühlbetrieb werden die Rohrleitungen der Decke mit kaltem Wasser durchströmt. Die gesamte Deckenfläche wird dadurch abgekühlt und kann so die abgestrahlte Wärme von Wänden, Boden und Möbeln aufnehmen. Der Raum kühlt sanft ab. Alle Gegenstände im Raum werden durch diese Abgabe von Energie kühler und
können verstärkt die Wärmestrahlen der Menschen aufnehmen. Dadurch schwitzt man weniger, denn die überschüssige Körperwärme wird mehr über Strahlung und weniger über Verdunstung abgegeben. Die gefühlte Raumtemperatur ist um circa zwei bis drei K Grad niedriger als die gemessene Lufttemperatur – perfektes Wohlfühlklima.
GEORG LUTZ ist Chefredaktor bei bauRUNDSCHAU. www.igr-raumklimasysteme.de
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VORSCHAU & IMPRESSUM
VORSCHAU DIE NÄCHSTE AUSGABE ERSCHEINT IM MAI 2020 Folgende Schwerpunkte stehen auf unserer Agenda:
Mehr als Photovoltaik Solares Bauen als Aufgabe für Architekten
Über den Tellerrand geschaut Neue Mobilitätskonzepte und Architektur
Nicht nur Unterschlupf Das Dach kann mehr
Silver-Generation unter einem Dach Generationenwohnen – Theorie und Praxis
Unterirdisch gut Garagen- und Parksysteme
Die Branche im Wandel Mehr Frau am Bau
Mehr Grün in der Stadt Verbesserung des Stadtklimas
Wichtiger als gedacht Lüftungs- und Klimatechnik im Raum
Die Zukunft des Bauens Smarte 2000-Watt-Areale
Herausgeber rundschauMEDIEN AG St. Jakob-Strasse 84 CH-4132 Muttenz / Basel Teleon +41 61 335 60 80 Teleax +41 61 335 60 88 ino@rundschaumedien.ch www.rundschaumedien.ch Mitglied der Geschäftsleitung Tibor Müller t.mueller@rundschaumedien.ch Boris Jaeggi b.jaeggi@rundschaumedien.ch Projektleitung Michele Zito m.zito@rundschaumedien.ch Verkauf & Marketing Alban Mulaj a.mulaj@rundschaumedien.ch
Chefredaktion Georg Lutz g.lutz@rundschaumedien.ch
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Redaktion Anna Meister a.meister@rundchaumedien.ch Leitung Produktion & Grafik Zuzana Bendikova z.bendikova@rundschaumedien.ch Korrektorat / Lektorat Brigitte Battaglia Aboservice info@rundschaumedien.ch Autoren Sara Blaser Nadine Brauchli Michael De Martin Corina Ebneter Tobias Gärtner Lea Gerber Andreas Gut Lone K. Halvorsen Daniel Heusser Thomas Jud Jürgen Müller Felix Nipkow
Adrian Obrist Manuela Olgiati Marco Palumbo Pascal Previdoli Dr. Uwe Rüdel Christoph Rutschmann Ulrich Seewer Emilio Stecher Senior Stephanie Steinmann Swisslux AG Tristan Thaller Matthias Uhl Werner Ziegelmeier Interview Mattias Gienal Timo Leukefeld Andreas Meyer Primavesi Daniel Scheidegger Dr. Ing. Oliver Stefani Titelbild azado AG Bilder Arup azado AG
digitalSTROM ecocoach Adrian Ehrbar EnergieSchweiz Fachhochschule Nordwestschweiz Giardina René Koch AG Minergie Schweiz Lukas Pitsch raumprobe Shutterstock Emilio Stecher AG Swissbau Uniquefloor Switzerland AG Jahresabo Vier Ausgaben CH 19.– Einzelpreis CH 5.90 info@rundschaumedien.ch ISSN 2504-1142 Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt.