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HAUTE CULTURE

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OLD TIMES

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Frank Bodin, international preisgekrönter Werber und Gründer von bodin.consulting, im Interview zum Thema Luxus: Visionen, Thesen und persönliche Anekdoten – nicht zuletzt natürlich auch in Bezug aufs Automobil.

BEAT IMWINKELRIED (B.I.): WAS BEDEUTET LUXUS – IM ALLGEMEINEN UND IN DER ZEIT DER KLIMADEBATTE? Frank Bodin (F.B.): Luxus ist immer von seiner Zeit abhängig und steht im engen Kontext mit der gesellschaftlichen Entwicklung. So war Luxus im Mittelalter ausschliesslich den Machthabern vorbehalten. Mit der Französischen Revolution ist dann die breite Bevölkerung nicht nur zu Einfluss gekommen, sondern auch zu Geld. So entstand die Luxusgüterbranche, wie wir sie heute kennen. Im Zeitalter der Industrialisierung wuchs diese Branche weiter und es entwickelte sich die Maxime, dass der Tüchtige sich Luxus leisten kann. Für Fabrikanten und Unternehmer wurde Luxus zu einem Ausdruck ihres Fleisses und Erfolgs. Heute erhält Luxus neue Bedeutungszuschreibungen im Kontext von zwei grossen Megatrends: globale Digitalisierung sowie Zukunfts- und Klimadebatten.

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B.I.: WAS SIND DIE PERSPEKTIVEN FÜR LUXUSSPORTWAGENHÄNDLER? WIE SCHÄTZT DU DIE WEITERENTWICKLUNG EIN? F.B.: Auch hier sehe ich zwei Richtungen: Beim ‹einfachen› Luxus wird das Label nach aussen getragen, um zu zeigen, was man hat, und um seine Zugehörigkeit zum Ausdruck zu bringen. Wohingegen der ‹hoch-qualitative› Luxus aus dem Bedürfnis entspringt, sich mit etwas Aussergewöhnlichem auseinanderzusetzen. Dieser entwickelt sich aus einer Leidenschaft heraus und hat seinen Ursprung in der Fähigkeit, etwas geniessen zu können. Diese Form des Luxus nenne ich ‹Haute Culture›, und ohne diese Hochkultur würde die Gesellschaft sich nicht weiterentwickeln. Daher sehe ich keinen Widerspruch im Streben nach diesem ‹wahren› Luxus, denn die menschliche Entwicklung ist nur möglich durch Innovation – auch in der Klimadiskussion. Um technologische Hürden zu meistern, muss jedes Unternehmen seine Entwicklung vorantreiben, und die Basis ist auch hierfür die Leidenschaft. So steht bei jedem einzelnen FerrariModell, das auf den Markt kommt, neben der Performance und dem Design immer die Innovation im Vordergrund – ein Werteversprechen voller Kontinuität und Zukunftsmission.

B.I.: WARUM HAT DER MENSCH EIN BEDÜRFNIS, SICH MIT LUXUSPRODUKTEN ZU SCHMÜCKEN? F.B.: Es gibt sicherlich sehr viele und unterschiedliche Phänomene, die die heutige Gesellschaft antreiben. Besonders stark wird der Individualisierungstrend durch die Digitalisierung geprägt. Früher wurden Luxusprodukte für eine gutverdienende Zielgruppe in Form eines hochwertigen, aber einheitlichen Standards hergestellt. Heute möchte sich jeder Mensch individuell wahrnehmen und die Einzigartigkeit seines Wesens ausdrücken. Aussergewöhnliche Güter entsprechen natürlich diesem Bedürfnis und Lebensgefühl. Wenn ich ein aussergewöhnliches personalisiertes Fahrzeug machen lassen kann, ist das auch ein einzigartiger Ausdruck von mir selbst.

B.I.: GIBT ES FÜR DICH WEITERE BEREICHE FÜR DAS AUSLEBEN DIESER INDIVIDUALISIERUNG? F.B.: Ja, ich denke dabei an das Kunstsammeln. Wenn ich ein Original eines Künstlers erwerbe, hänge ich mir im

rationalen Sinne auch nicht den Kaufpreis an die Wand, sondern drücke meine Leidenschaft aus und reflektiere mich in diesem Kunstwerk. Die Motivation dahinter kann unterschiedlich sein, doch ausgehend von unserem Urinstinkt, dass wir Menschen vergänglich sind, sind Luxusgüter etwas Besonderes. Sie gewährleisten Qualität und drücken Individualität aus, die man an die nächste Generation weitergeben kann. So schafft man Erinnerungen und kann sich selber ein bisschen unsterblich machen.

B.I.: GEHT ES UM DEN ÄSTHETISCHEN ASPEKT ODER UM DIE MESSAGE ‹ICH HABE GELD, ICH KANN MIR DAS LEISTEN› – AUCH IN BEZUG AUF DIE STEIGERUNG DER EIGENEN ATTRAKTIVITÄT? F.B.: Das Paarungsverhalten ist ein anderes, auch ganz wichtiges authentisches Verhalten, das in der Natur des Menschen liegt. Wenn ich meinen Stil, mein Niveau zum Ausdruck bringen kann – sei es durch Kunst oder schöne Fahrzeuge – dann ist dies auch ein weiterer Mosaikstein, den meine Partnerin oder mein Partner in mir sieht. Alles eine Form von zwischenmenschlicher Kommunikation.

B.I.: WOHER KOMMT EIGENTLICH DIE FASZINATION DES KUNSTSAMMELNS? F.B.: Für mich liegt der Sinn der Kunst in ihrer vermeintlichen Sinnlosigkeit. In unserer Welt werden ja immer mehr Aspekte berechenbar durch Datenerfassung, Digitalisierung und Tracking. Und als Manager hat man ausschliesslich mit rationalen Entscheidungen zu tun. Aber Rationalität ist nur der kleinere Teil unseres Lebens. Das spüren wir

und wir versuchen darum, Kontrapunkte zu schaffen, die sich dieser Rationalität entziehen. Das macht uns genauso aus und sehr lebendig.

B.I.: WO SIND DIE PARALLELEN ZWISCHEN DER KUNSTWELT UND UNSERER FERRARI-WELT? F.B.: Der Fortschritt unserer Gesellschaft, unserer Kultur ist nur mit Kreativität möglich. Wir wollen neue Gefühle entdecken. Darin spiegelt sich Sehnsucht – wie beim Kauf eines Kunstwerks oder auch eines Ferraris. Denn auch hier ist es die Marke, die herausragende Eigenschaften besitzt und unsere Persönlichkeit reflektiert. Diese Marke hat eine innere Überzeugung und Passion, die unser Lebensgefühl widerspiegelt. Wie in eurem B.I. Collection Movie, in welchem du, Beat, darüber sprichst, dass Sammeln ‹strukturiert unvernünftig sein› bedeutet. Der Film trifft die Parallelen zwischen der Kunst- und Ferrari-Leidenschaft perfekt und drückt sich in diesem kurzen Statement ‹Ferrari ist heilig› prägnant aus.

B.I.: WAS BEDEUTET LUXUS FÜR DICH? F.B.: Luxus ist für mich das Ausleben von Leidenschaften. Ich persönlich sammle in meinem Rahmen und mit meinen Möglichkeiten gerne Kunst. Ebenfalls zähle ich mein Boot auf dem Zürichsee zu meinem Luxus – nicht das Boot per se, sondern die Gelegenheit, innerhalb von wenigen Minuten raus aus meiner Berufswelt in die Natur abzutauchen und somit in die Ruhe. Für mich ist es eine Form von Luxus, Zeit zu haben, respektive sich Zeit zu nehmen für Familie und Freunde. Kurz: Luxus ist für mich Genussfähigkeit.

«Der Film trifft die Parallelen zwischen der

Kunst- und Ferrari-Leidenschaft perfekt und drückt sich in diesem kurzen Statement ‹Ferrari ist heilig› prägnant aus.»

B.I.: WIE HAST DU LUXUS FÜR DICH ENTDECKT? F.B.: Mein grösster Luxus sind eigentlich langgereifte Kinderträume. Ich war schlecht im Zeichnen und quasi traumatisiert von meinen Erfahrungen während der Kindergartenzeit. Mein Onkel schenkte mir zum 8. Geburtstag ein Buch für Kinder von Paul Klee. So entdeckte ich Paul Klee für mich, indem ich versuchte, die Zeichnungen in seinem Stil zu imitieren – mit der Möglichkeit, eine Symbolik in die Bildsprache zu integrieren. Das war der Moment, in welchem der Künstler mir die Augen öffnete. Und dies war auch der Beginn meiner Leidenschaft für bildende Kunst. Ich hatte daher den Wunsch, einmal einen Paul Klee zu besitzen. Schliesslich entdeckte ich zufällig in einer Galerie ein Werk von ihm, in das ich mich sofort verliebte und welches ich mir auch leisten konnte. So erfüllte ich mir innerhalb von 5 Minuten während einer Mittagspause meinen Kindheitstraum – was für mich absoluter Luxus ist.

B.I.: HAST DU EINE ‹AUTOMOBILE› LUXUS-PASSION? F.B.: Für meinen ersten Porsche habe ich quasi alles stehen und liegen gelassen: Ich habe damals mein Lieblings-VintageModell im Internet gesehen und redete mich beim Lunch aus Kaffee und Dessert heraus, um direkt zum Händler zu gehen. Das Auto habe ich noch über den Mittag ausprobiert und anschliessend gleich mitgenommen. Bis heute fahre ich leidenschaftlich gerne Porsche.

B.I.: WAS IST DEIN GRÖSSTER LUXUS IM LEBEN? F.B.: Den schönsten Luxus habe ich mir während meiner Zeit als Werksstudent geleistet. Damals stellte mir ein Mäzen einen Konzertflügel zur Verfügung. Irgendwann wollte er den Flügel aber wieder zurückhaben, weshalb ich gezwungen war, mir meinen eigenen Konzertflügel anzuschaffen. Als mittelloser Student war dieser Kauf ein unglaublicher Luxus. Ein Luxus, den ich bis heute geniesse – den Konzertflügel bezeichne ich darum auch gerne als meine ‹treueste Geliebte›.

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