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Das digitale Nimmerland

GESCHICHTE ÜBER DIE EINSAMKEIT, ORIENTIERUNGSLOSIGKEIT

ZERBRECHLICHKEIT

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EIN

Sir David Pountney, was hat Sie dazu bewogen, sich mit der dunklen Seite des Peter Pan auseinanderzusetzen?

POUNTNEY: Das Thema Peter Pan wurde vom künstlerischen Leiter Matthias Lošek ausgewählt, der eine „düstere“ Version dieser Geschichte suchte. Wie die meisten Märchen können wir es als unschuldige Fantasiegeschichte lesen, aber alle Märchen oder Legenden verkörpern tiefe menschliche Wahrheiten und können daher anhand eines viel dunkleren oder psychologischen Registers interpretiert werden. Ich muss sagen, dass es mir ausgesprochen gut gefallen hat, die dunkle Seite der Geschichte Peter Pans zu erforschen.

Frau Evans, als Regisseurin hatten Sie die Aufgabe, das Libretto zu inszenieren. Welche düsteren Seiten gibt es in der Geschichte?

In Peter Pan geht es um den Verlust der Unschuld. Es geht darum, wie gefährlich die Nostalgie ist, die viele Erwachsene für die Jugend hegen. Die meisten Teenager sehnen sich danach, erwachsen zu sein, was im Stück für ein Spannungsmoment sorgt.

Wir sehen Wendy, eine junge Teenagerin, die im Strudel von Einflüssen aus den sozialen Medien gefangen ist: wie sie aussehen sollte, was sie denken sollte, wie sie sich verhalten sollte ... Wendy wird von einer Flut digitaler Botschaften überwältigt. Das Stück handelt vom Druck, dem junge Menschen heute ausgesetzt sind und von den gefährlichen Seiten dieses „digitalen Nimmerlands“.

Wie ist Ihr persönlicher Zugang zu Peter Pan und zu dieser Version der Geschichte im Besonderen?

POUNTNEY: Seit der Geburt meiner eigenen Kinder haben mich Geschichten über Ausbeutung und Missbrauch von Kindern besonders bewegt und beunruhigt. Wenn ich also mit einer Erzählung konfrontiert werde, in der Kinder überredet werden, aus dem Fenster zu springen und zu glauben, dass sie fliegen können, läuten in meinem Kopf die Alarmglocken… Ich möchte wissen, was mit diesen Kindern wirklich passiert. Sind sie in sicheren Händen oder laufen sie Gefahr, ausgebeutet zu werden? Dies war mein Ausgangspunkt für diesen Peter Pan

EVANS: Diese Version von Peter Pan hat nichts mit dem Disney-Film zu tun. Sie ist lose angelehnt an das Originalstück von Barrie, dessen Kernthemen Verlust, Trauer und die Nostalgie der Jugend in dieser Interpretation sehr präsent sind.

Deshalb zeigen Sie Wendy als Teenagerin im Sog von Social Media.

EVANS: Junge Menschen kleben heutzutage dauernd am Telefon. Im Einfluss von Social Media werden sie ständig ermutigt zu konsumieren, zu kaufen und einem falschen Leben nachzujagen. Die Plastische Chirurgie erlebt einen Boom, weil junge Menschen sich für Instagram „schön“ machen wollen. All das hat eine unglaublich dunkle Seite. Viele junge Menschen haben Probleme im Alltag – der soziale Druck und der Druck von Gleichaltrigen verlangt von ihnen, dass sie „dazugehören“. Auch Cyber-Mobbing ist ein Thema. Es gibt Teenager, die unter diesem enormen Druck zerbrechen und Selbstmord als letzten Ausweg sehen. Wendy ist ein junges Mädchen, das mit allen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts konfrontiert ist – dem Verlust ihrer Unschuld durch die sozialen Medien und dem Wunsch, zu schnell erwachsen zu werden.

Das Stück nimmt auch die Erwachsenen in die Pflicht.

POUNTNEY: Ja, es geht auch um Fragen wie „Sind die Kinder sicher?“, „Sind die Erwachsenen, die sich um sie kümmern, vertrauenswürdige und zuverlässige Personen?“. Wir haben oft erleben müssen, dass Institutionen, die Kinder schützen sollen, sie stattdessen missbrauchen und ausnützen. Es handelt sich also um ein sehr aktuelles Thema.

Was wollen Sie dem Publikum vermitteln?

EVANS: Ich möchte, dass sich die Menschen mit der Nutzung sozialer Medien auseinandersetzen und über die Gefahren des Internets für Kinder nachdenken. Es ist so einfach für Teenager, online ein dunkles und gefährliches Leben zu führen, und es passiert so schnell, dass sie negativen und destruktiven Einflüssen ausgesetzt werden. Die Geschichte von Peter Pan spricht von der modernen Jugend und was es bedeutet, im Jahr 2023 die Unschuld zu verlieren. Wir müssen darüber definitiv mehr sprechen und ins Handeln kommen.

Erfahren Sie mehr zur Regie in unserem Videointerview mit Daisy Evans.

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