BIO-FIBEL ZEITSCHRIFT FÜR WISSEN AUS DER BIOLOGISCHEN LANDWIRTSCHAFT
Johannes Gutmann – Toröffner für Sonne und Tee Sortenzüchtung – die reine Saat geht auf Wildbienen – Marchfelder Erstaufnahmezentrum Krainer Steinschafe – vom Aufessen bedroht
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EDITORIAL
VON PERLEN, UNTERSCHRIFTEN UND EINKAUFSKÖRBEN Wie wär’s einmal mit einer Kette aus Mühlviertler Perlen? Was vor 100 Jahren selbstverständlich war, ist heute unmöglich, denn der europäischen Flussperlmuschel wurden einerseits durch landwirtschaftliche Einträge die Nährstoffe im Wasser zu viel und andererseits die Bachforellen, die sie als Zwischenwirt unbedingt zum Gedeihen braucht, zu wenig. Nachdem auch das Anpassungsrepertoire einer Muschel beschränkt ist, sind die heimischen Muschelbestände praktisch ausgestorben. Weltweit sind heute knapp 1,8 Millionen Tier- und Pflanzenarten beschrieben, die Gesamtzahl schätzen Experten auf 15 Millionen, rechnet man Einzeller und Pilze dazu, bis hundert Millionen Arten. Viele Arten verschwinden, bevor wir Menschen sie entdeckt haben. Täglich sterben etwa 150 Arten aus, und aussterben bedeutet: weg für immer! Während Pandas, Tiger und Schwarzstorch uns emotional rühren, sind uns aussterbende Käfer-, Pilz- und Bakterienarten völlig egal. Eine ökologische Katastrophe ist es jedes Mal. Es gibt viele Gründe für den rasanten Verlust an Biodiversität. Die Hauptgründe, z. B. die Zerstörung natürlicher Lebensräume durch Überfischung, Abholzung, Ausräumen von Landschaften, Überdüngen und Totspritzen, sind aber immer menschengemacht. Das Jahr 2010 haben die Vereinten Nationen deshalb zum Internationalen Jahr der Artenvielfalt erklärt. Ob’s was nutzen wird, darf bezweifelt werden, schlussendlich haben die planetaren Entscheidungsträger bereits 1992 am Erdgipfel in Rio ein „Abkommen zum Schutz der Wälder, des Klimas und der Artenvielfalt zum Schutz und Wiederherstellung der Artenvielfalt“ und 2002 beim Gipfel in Johannesburg das konkrete Ziel „Untergang der Biodiversität bis 2010 zu stoppen“ unterschrieben. Geholfen und erreicht haben diese Unterschriften praktisch nichts. Unbeholfen mit den Schultern zucken ist nun eine denkbar schlechte Maßnahme. Österreich ist aufgrund seiner geologischen, klimatischen und strukturellen Vielfalt mit einer reichen Biodiversität beschenkt. Zudem ist Österreich mit unvergleichlichen Nationalparken, Biosphärenreservaten und anderen Naturschutzgebieten gesegnet. Der größte Segen sind allerdings die über 20.000 Bio-Bauern, die mit dem Verzicht auf chemisch-synthetische Spritzmittel täglich die Artenvielfalt fördern und dabei qualitativ höchstwertige Lebensmittel erzeugen. Nur zur Erinnerung: In einer handvoll guten Bio-Bodens leben deutlich mehr Lebewesen als es Menschen auf der Erde gibt. Meine ganz persönlichen Empfehlungen für Ihren Beitrag zum Jahr der Biodiversität: einerseits die aktuelle Bio-Fibel mit dem Biodiversitätsschwerpunkt lesen und andererseits statt mit dem Flieger im Dschungel Artenvielfalt zu suchen, lieber täglich mit dem Kauf von Bio-Lebensmitteln die heimische Artenvielfalt fördern!
INHALT In 80 Tassen um die Welt Bio-Bauern, die auf Schafe starren Mit allen Sinnen Majas „wilde“ Schwestern Nach uns die Sintflut? Im Jahr der Vielfalt BRANDaktuell Die Entdeckung der Langsamkeit Shortcuts
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Reinhard Geßl, Herausgeber 3 9 11 13 15 16 18 20 21
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IM GESPRÄCH
IN 80 TASSEN UM DIE WELT Eine runde, rote Brille und eine über 80 Jahre alte Lederhose sind die Markenzeichen von Johannes Gutmann. Bunt wie sein Auftreten sind auch seine Marketingstrategien, mit denen er es in 20 Jahren geschafft hat, mit österreichischen BioKräutern die Welt zu erobern.
„Geht nicht, gibt’s nicht“ ist ein Lebensmotto von Hannes Gutmann. Das kann man durchaus nachvollziehen, wenn man seiner Erfolgsgeschichte lauscht. Gerade einmal drei unerschrockene Bio-Bauern glaubten 1988 an seine Vision und füllten die ersten Kräuter in Teesackerln mit lustigen Namen. Heute leben mehr als 150 Familien in Österreich, Tschechien, Albanien und Rumänien vom Bio-Kräuteranbau.
Im kleinen Sprögnitz nahe Zwettl werden heuer 600 Sorten Tees und Gewürze im Wert von über 20 Millionen Euro in 45 Länder der Welt verschickt. 150 Mitarbeiter im Waldviertel und 60 Mitarbeiter in Tschechien sind lebendiger Teil von Sonnentor – vielfach mit Arbeiten, die normalerweise aus Kostengründen outgesourct von Maschinen erledigt werden. Am Rosenmontag ließen wir Wiener uns im SonnentorKaffeehaus „Wiener Verführung“ von Hannes Gutmann ein wenig verführen und plauderten übers Missionieren, über die Qualität von Handarbeit, über Fairness, über gute Partner, aber auch über Atomstrom und manch einen Sinneswandel. Dass ein Indianer am Nebentisch saß, war fast ganz normal.
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IM GESPRÄCH
Herr Gutmann, wir würden gerne Ihre Lederhose für die Aktion „Nachbar in Not“ versteigern. Einverstanden? Puh … schwierig … Ist das schon die erste Frage? Ja! Und noch dazu eine Bitte. Ich gebe viel, wirklich! Aber diese Lederhose, nein! Da bitte ich um Verständnis! Die kann ich nicht hergeben. Das ist eines meiner letzten Andenken an meinen Vater. Ich habe schon gespendet. Falls Sie sammeln, dann bekommen Sie gerne den materiellen Wert davon. Mir geht es ja um den immateriellen Wert, meine Wurzeln, und auch um die ganze Symbolik – diese Hose hat mit dem Marktaufbau und Markenauftritt von Sonnentor sehr viel zu tun. Dank der Lederhose und der roten Brille gelten Sie als der erste Bio-Entertainer. Ich hab’ vielleicht ein bisschen die Frechheit und die Freizügigkeit in der Bio-Szene eingeführt. Wer als Mensch etwas am Markt anbietet, muss sich erst einmal selbst verkaufen. Dann musst du dich mit deiner „Pappn“ und irgendeinem spinnerten Kleidungsstück präsentieren. Und falls das zusammenpasst, hören dir die Leute zu und kaufen dir was ab. Vielleicht kannst du sie sogar begeistern und sie bleiben dir als Stammkunden. Was gibt es Schöneres? Auf unserer Suche nach Persönlichkeiten im Biolandbau landen wir immer wieder im Waldviertel. Können Sie uns das erklären? Das Waldviertel hat eine ganz starke Bäuerlichkeit. Wenn Sie sich erinnern, vor dem EU-Beitritt haben im Waldviertel 40 % der Leute von der Landwirtschaft gelebt. Heute sind es zwar
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weniger, aber immer noch über 20 %. Im EU-Durchschnitt sind es nur 2 %. Also die bäuerliche Wurzel ist im Waldviertel sehr lebendig. Mit dem Bäuerlichen kommen auch die Ideen, das Kreative. So wie bei Ihnen mit Sonnentor, vor zweiundzwanzig Jahren? Ich war damals arbeitslos. Ich habe Arbeit gebraucht, sonst hätte ich aussiedeln müssen, wie es vielen anderen im Waldviertel gegangen ist, fleißige, ehrliche Leute, die ein gutes Handwerk gelernt haben. Die sind dann weggezogen, weil die Region sie nicht ernähren konnte. Aber die Landwirtschaft ist ja nach wie vor da. Nur, es denkt sich keiner, dass man mit der Landwirtschaft erfolgreich sein kann. Schon gar nicht mit einer spinnerten Idee. Da sagen zwei „Des wird nix!“ und der Dritte glaubt es schon. Ihnen haben Bauern geglaubt. Wie konnten Sie sie für den Kräuteranbau begeistern? Mit dem Ertrag! Ich habe zu den Bauern gesagt: „Ich bin kein Lagerhaus. Ich kann euch keine Ernte abnehmen. Aber was ich euch geben kann, ist die Sicherheit, dass ihr Eure Ernte am Dachboden lagert und selbst verpackt. Ihr kriegt von mir das Verpackungsmaterial, ihr kriegt von mir Ideen, ihr kriegt von mir eine Marke, eine Identität – und damit verdient ihr viel mehr als vorher.“ Wir haben bei Sonnentor bewiesen, dass wir einen Bauernhof mit zwei Hektar Kräuteranbau lebensfähig machen können – und nicht nur mit Brot und Wasser, sondern mit zwei wertvollen Arbeitsplätzen. Dafür war viel, viel Missionsarbeit notwendig. Ein Drittel meiner Arbeitszeit war missionieren.
IM GESPRÄCH
Sie sind also auch ein Bauernmissionar? Die Missionsphase hat bei mir aber 1992/93 aufgehört. Weil ich gemerkt habe, wenn ich den Leuten nachrenne, dann sagen sie „Der braucht mich ja“. Jedes Bröserl, jeder Fehler am Feld, war dann mein Fehler. Jeder ist heute herzlich bei Sonnentor willkommen, aber ohne Mission. Wie viele Bauern von damals liefern heute noch Kräuter für Sonnentor? Die meisten sind schon in der nächsten Generation. Von denen, die ich missioniert habe, sind es noch gut 50 %. Und die, die ich nicht missioniert habe, sind noch alle dabei. Ein guter Tipp für die Katholische Kirche? Ja! Missionieren ist ein „Schaß“. Noch dazu nicht authentisch missionieren. Wer nicht authentisch missioniert, ist verloren. Zurück auf den Boden der Bio-Landwirtschaft: Warum gibt es in Österreich nur wenige starke Bio-Marken wie Sonnentor? Die Österreicher haben es speziell in der Landwirtschaft nicht verstanden, Marken aufzubauen. Wer keine Marke, kein wirkliches Alleinstellungsmerkmal aufbaut, schafft es langfristig nicht in der Vermarktung erfolgreich zu sein. Der Rohstoff ist rasch produziert, aber ohne Marke hilft das nichts. Da nützen die besten Qualitäten nichts! Das ist eine meiner Kernerfahrungen. Ich will Ihnen gar nicht erzählen, an wie vielen Wochenenden, auf wie vielen Messen ich gestanden bin und künftig noch stehen werde. Da erfahre ich am meisten von den Kunden. Da spüre ich, passt das, was ich tue? Und wenn nicht, ist das der beste Auftrag etwas zu ändern. Heute bewegt sich der Sonnentor-Jahresumsatz in zweistelliger Millionenhöhe. Ist Geldmachen mit Bio nicht böse? Nein. Das ist etwas ganz Normales. Viele Leute, die sich im Biobereich betätigen, haben allerdings nur die eine Vision – schnell reich zu werden. Was aber nicht funktioniert – nicht im normalen Handel und nicht in der Wirtschaftswelt. Vor Kurzem haben Sie der Konkurrenz auch noch gedroht, Sonnentor habe erst 20 % des Potentials ausgeschöpft. Sehen Sie – genau so ist die österreichische Seele! Genau so! Da muss man unsere Visionen und nicht das Geld im Hintergrund sehen. Ich möchte nicht fünfmal so reich werden. Nein! Da geht es um ganz andere Potentiale – um die Bäuerlichkeit, unsere Natur. Ich sehe die Möglichkeit, dass wir noch fünfmal so viele Arbeitsplätze schaffen können. Nicht nur im Waldviertel, in ganz Österreich!
Wie viele Kräuter kommen derzeit noch aus der SonnentorHeimat, dem Waldviertel? 15 % kommen aus dem Waldviertel, 50 % aus dem Weinviertel, Mostviertel und anderen Bundesländern – und die restlichen 35 % beziehen wir aus dem Ausland. In diesen 35 % sind allerdings die ganzen Gewürze dabei, wie Rooibos, Kaffee, Grüntee oder Pfeffer. Sie haben wichtige Anbaupartner in Tschechien, Albanien und Rumänien. Wie gestaltet man bei so unterschiedlichen Ländern faire Erzeugerpreise? Fairness ist für uns etwas ganz Wichtiges. Als ich nach Tschechien gegangen bin, nahe an der Grenze, waren für mich die Marktpreise dort ausschlaggebend. Was bekommen dort die Leute für den Kräuteranbau normal? Und was kann ich ihnen geben, damit die betriebswirtschaftliche Rechnung passt und ich sie motiviere? Vom jeweiligen Marktpreis ausgehend zahlt Sonnentor das Zwei- bis Dreifache, das ist für mich fair.
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IM GESPRÄCH
Gedeiht in diesen Ländern nicht insgeheim Ihre Gewinnspanne mit den Kräutern? Nein! Ich habe in Tschechien oder Rumänien oder Albanien nicht begonnen, um billig einzukaufen. Unser Ziel ist es, in diesen Ländern Märkte aufzubauen. Wir sind heute schon eine der bekanntesten Bio-Marken in Tschechien – in Rumänien sind wir die erste Bio-Marke geworden und in Albanien wird das genauso passieren. Ich habe tschechische Erzeugerpreise für den tschechischen Markt und rumänische für Rumänien. Freilich fragen uns viele, wie geht denn das? Ganz einfach, indem ich vor Ort bin, indem ich mit den Leuten fair umgehe und den Leuten nicht irgendwo was abreiße oder sage „ihr dürft nur das und das verlangen“. Trotzdem vermisst man das Fairtrade-Zeichen auf den Sonnentor-Produkten? Wir unterstützen ja die Fairtrade-Organisation. Wir haben auch einen Fairtrade-Kaffee in unserem Sortiment. Aber Fairtrade orientiert sich ausschließlich am Weltmarktpreis und nicht an landesspezifischen Marktpreisen. Wenn der Weltmarktpreis sehr schlecht ist, dann gibt es eine Aufbesserung. Falls der Weltmarktpreis dann wieder ein bestimmtes Level erreicht, heißt es: „Die Preise sind gut, es passt – wir brauchen nichts mehr zu zahlen“. Sonnentor ist die Marke, die sich selbst einen Fairtradelevel macht und auferlegt, fair zu unseren Bauern ist und sie daher gut bezahlt. Fairness heißt im Biolandbau auch fair zur Natur zu sein. Was sind die gravierenden Unterschiede zwischen konventionellen und biologischen Kräutern? Das beginnt beim Anbau. Der konventionelle Bauer hat beim Kräuteranbau seine Spritze, und jedes Mal wenn er irgendetwas sieht, fährt er damit drüber. Wenn irgendein Unkraut oder Pilz kommt, gibt es die Spritze – und fertig. Das ist im Biolandbau völlig anders. Wir müssen bei jeder Kleinigkeit schauen, dass wir mit der Hand reagieren. Wir haben Betriebe mit bis zu zehnmal mehr Arbeitsaufwand. Nach der Ernte müssen die Kräuter getrocknet werden. Ist das nicht mit einem enormen Energieaufwand verbunden? Ja, der Energieaufwand zum Trocknen der Kräuter ist groß. Bei uns hat jeder Bauer die Aufgabe und die Möglichkeit sich das auf seinem Betrieb selbst zu organisieren. Nach den eigenen Gegebenheiten. Es gibt Leute, die nehmen nichts anderes als sogenannte Umlüfter – die saugen im Sommer von draußen die warme Luft an und blasen diese durch die Kräuter. Und es gibt auch Betriebe, die haben sich große oder kleinere Hackschnitzelanlagen dazugebaut und können damit auch zu
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Zeiten, wo die Sonne nicht so stark scheint, gut die Kräuter trocknen. Und was ist mit einem Atomstrom-Verbot? Das muss der Bauer mit seinem Gewissen vereinbaren. Ich kann ja nicht bei jedem im Haus sein und in die Steckdose schauen, was da raus kommt. Wenn jetzt ein Bauer sagt, er will unbedingt mit Atomstrom trocknen, dann ist es seine Entscheidung. Aber wer solche Entscheidungen trifft, ist kein nachhaltiger Betrieb. Wir können den Bauern nur sinnvolle Lösungen empfehlen. Sonnentor ist bekannt für hochwertige Kräuterqualität. Wie sieht da die Qualitätssicherung aus? Die erste Qualitätskontrolle wird am Hof gemacht. Wenn die Kräuter getrocknet sind, dann schreiten wir zur Tat und nehmen Proben und schicken diese in ein österreichisches und ein deutsches Labor. Wir machen z. B. Analysen auf 400 Spritzmittel. Und erst wenn die Proben in Ordnung sind, kommt der lose Tee direkt beim Bauern in die Packungen. Und der liefert es dann zu Sonnentor. Also alle losen Kräutertees werden direkt mit der Hand verpackt, hundertprozentige Handarbeit. Bei diesen Tees sieht man ja auch die groben Blätter – das kann eine Maschine nicht. Die Handarbeit ist ein echtes Qualitätskriterium. Und wie kommt der Tee in die kleinen Beutel? Das ist wiederum hundertprozentige Maschinenarbeit. Jede Menge Tees gibt es ja auch in Apotheken – warum sollen Konsumenten ausgerechnet zu Sonnentor-Produkten greifen? Jeder soll hingehen wo er will. Das ist doch selbstverständlich. Als ich am Anfang mit meinem Bauchladen den klassischen Lebensmittelhandel besucht habe, da haben sie zu mir gesagt: „Ich brauch’ deine Sachen nicht! Schau, mein Regal ist voll. Deine Gschichterln, die du mir von deinen Bauern da erzählst, die interessieren mich nicht.“ Und das Gleiche war auch bei den Apotheken der Fall – nur anders argumentiert: „Wir haben in unserem Studium gelernt, Kräuter, die wir als Arzneimittel verkaufen wollen, müssen etwas Besonderes sein, eine spezielle Qualität haben und wachsen bestimmt nicht in Österreich. Also kommt das auch nicht in unsere Regale.“ Aber mittlerweile hat diese Überheblichkeit ab- und die Offenheit zugenommen. Einige sind jetzt vom Saulus zum Paulus geworden oder zumindest bildungswillig. Das freut mich – die Apotheken sind endlich im wahrsten Sinn des Wortes für Sonnentor offen.
Produkte wie „Kutz-Kutz Tee“, „Frauen Tee“ oder „Energie ist überall“ hören sich verdächtig nach Heiltees an. Ist das nicht verboten? Wenn ich mich nur an das gehalten hätte, was der Gesetzgeber definiert, würde es Sonnentor nicht geben. Ich habe immer versucht, schneller zu springen als mir die Leute Prügel vor die Beine werfen konnten. Und wer springen lernt, der ist kreativ. Ja, es gibt einen „Gute Laune Tee“ oder es gibt einen „KutzKutz Tee“, woanders ist das der Hustentee. Die Apotheker dürfen Husten draufschreiben, ich muss kreativ sein und daraus eine Marke machen. Seit zwei Jahrzehnten gestalten Sie nun den Biolandbau in Österreich mit – was brauchen die Biobauern, um auch in den nächsten zehn Jahren erfolgreich zu sein? Ich bin auch im Biolandbau von Anfang an ein totaler Spinner gewesen. Da haben mich sozusagen die Spinner zum Spinner deklariert. Ja, was braucht der Biolandbau? Unbedingt Sehnsucht nach der Ferne! Sehnsucht nach den fernen Märkten oder nach fernen Zukunftsperspektiven. Ferne heißt jetzt nicht in Kilometern, sondern das fängt bei unserer Haustür an. Wir haben in Österreich mit Bio erst 6 % Marktanteil erreicht. Was es da noch für Möglichkeiten gibt, da müssen wir gar nicht nach Japan, Taiwan oder Amerika. Das sage ich aus eigener Erfahrung: Alleine im letzten Jahr haben wir mit unseren Franchisepartnern mit sieben Geschäften den Absatz in Österreich um 50 % erhöht. Spielen die Bioläden für Sie überhaupt noch eine Rolle? Ja! Obwohl ich mich schon frag’, wann die Bioläden endlich aufwachen und draufkommen, dass der Supermarkt ums Eck eigentlich dreimal schlechter gemacht ist, als sie selbst. Die Bioläden sind die Spezialisten, die sind authentisch. Die könnten viel schneller sein, als eine von oben gesteuerte Supermarktkette. Und nicht der Große überholt den Kleinen, der Schnelle überholt den Langsamen. Dann auch schnell zum Interviewende: Strahlt in Ihrem Kühlschrank die Bio-Sonne? Ich sage immer: Leute, wenn ihr Bio predigt und ihr habt nicht Bio im Kühlschrank, wer soll es dann haben. Wer denn? Auch in unserer Betriebsküche gibt es, so weit wie möglich, Bio-Produkte. Das ist klar! Wir sind Vorturner – wir müssen vorturnen, damit die anderen nachturnen können. Danke für das Gespräch! Wilfried Oschischnig und Reinhard Geßl
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Barbara Soritz unter weiĂ&#x; getarnten Krainer Steinschafen.
BIO-WISSENSCHAFT
BIO-BAUERN, DIE AUF SCHAFE STARREN Barbara Soritz hat eine Leidenschaft: Schafe! Seit sie vor etwa sieben Jahren mit den vom Aussterben bedrohten Krainer Steinschafen zu arbeiten begonnen hat, setzt sie sehr professionell einen Stein auf den anderen. Mit ihrem Engagement will sie über außergewöhnliche Fleischqualität ein Zukunftsfeld für Bio-Bauen bestellen.
Die Frage, ob mit oder ohne Schneeketten, erübrigte sich am Besuchstag bei den sich im weststeirischen Schwanberg auftürmenden Schneemassen schon am Hauptplatz. Schlussendlich geht’s zum auf der Koralm gelegenen Tabakscheucherhof von Barbara Soritz in vielen Kehren steil hinauf. Bei Schönwetter ist die Lage des kleinen Gehöfts mit nur 15 ha Grund wie im Bilderbuch: ein kleines Haus mit Stall auf einer am Südhang gelegenen Waldlichtung mit beeindruckender Sicht bis weit ins Slowenische. „Schön ist es schon hier“, schwärmt Barbara Soritz gleich bei der Begrüßung, während ihre drei wichtigsten Border Collies im tiefen Schnee staubend hin und her düsen. Aber! „Auf 1000 m Seehöhe ist die Vegetationsperiode schon sehr kurz. Akzeptable Leistungen in Kombination mit guter Gesundheit und Fruchtbarkeit sind unter diesen Bedingungen nur mit extensiven Tieren möglich.“ Dass es Schafe sein müssen, sagt Soritz gar nicht mehr dazu, das ist für sie seit 1991, seit sie ihre Bio-Landwirtschaft betreibt, selbstverständlich. Allerdings erst seit 2003 züchtet sie gezielt Krainer Steinschafe, eine wunderschöne, feingliedrige, besonders robuste Schafrasse mit hervorragenden Muttereigenschaften. Die Tiere werden nur etwa 50-60 kg schwer und die Lämmer wachsen, bis sie etwa 20 kg schwer sind, nicht wie in der konventionellen Lämmermast übliche drei Monate, sondern meist etwa zwölf Monate. Während dieser Zeit weiden die Lämmer mit ihrer Mutter, statt im Stall mit Getreide gemästet zu werden. Die Kleinheit und das langsame Wachstum sind wohl hauptsächlich dafür verantwortlich, dass Krainer Steinschafe heute vom Aussterben bedroht sind. Obwohl Barbara Soritz ihr gesamtes Lammfleisch ab Hof vermarktet, engagiert sie sich mit großer Energie für den Aufbau einer professionellen Vermarktung dieses ganz besonderen Bio-Fleisches. Karl Schirnhofer, den visionären Fleischbaron aus der Oststeiermark, konnte sie ganz leicht von der außer-
gewöhnlichen Fleischqualität überzeugen, denn in mehreren Blindverkostungen ging jedes Mal das Fleisch der Krainer Steinschafe als klarer Sieger hervor. Seither werden noch keine großen Mengen, aber immerhin 150 Steinschafe pro Jahr als regionales Premium-Bioprodukt an die Spitzengastronomie verkauft. Da die beste Vermarktung nichts bringt, wenn nicht ganzjährig genügend Lämmer in bester Bio-Qualität da sind, sucht Barbara Soritz laufend engagierte Bio-Bauern, die ihre Zukunft in der extensiven Lämmermast sehen. „Es ist ein Wagnis“, ist Soritz überzeugt, „denn so ein Aufbau einer ganz neuen Vermarktungsschiene ist äußerst zeitaufwendig und mühsam. Manches Wissen ist noch gar nicht da und manches Wissen ist bei den einzelnen Projektpartnern noch nicht da. Das heißt, es braucht einen intensiven Wissensaustausch zwischen Wissenschaft und Praxis, aber auch innerhalb der Praxis – das ist eine echte Herausforderung! Neue Wege zu beschreiten, das ist schon was Schönes.“ Am Ende unseres Besuches sehen wir die Steinschafe im dichten Schneefall stehen, und auch die schwarzen Schafe schauen ganz weiß aus. Wer weiß, vielleicht sind auch die schwarzen Schafe (unserer Gesellschaft) in Wirklichkeit weiß? Bei Krainer Steinschafen macht die Wollfarbe jedenfalls keinen Unterschied. Reinhard Geßl
FAKTEN UND ZAHLEN Projekt: Bio-Weidelamm Krainer Steinschafe Projektkoordinatorin: Barbara Soritz, Bio-Bäuerin Projektbeginn: 2008 Info: - Auf der Welt gibt es etwa eine Milliarde Schafe, ca. 40 % davon leben in Asien, weitere 20 % in Afrika, 15 % in Australien und Neuseeland. In Österreich leben ca. 400.000 Schafe. - Es gibt saisonale Schafrassen, die lammen nur im Frühjahr, und asaisonale Rassen – wie das Krainer Steinschaf – die das ganze Jahr über Lämmer bekommen können. - Ein Milchschaf gibt je nach Rasse ca. 300-600 kg Milch/Jahr. Der Wollertrag liegt bei ca. 5 kg. - Schafmilch unterscheidet sich durch einen höheren Fett-, Eiweiß- und Vitamin C-Gehalt deutlich von Kuhmilch und lässt sich daher besonders effizient verkäsen (z. B. Roquefort, Feta, Pecorino).
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Bei samenfesten Sorten hat sie den Durchblick: Reinhild Frech-Emmelmann
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MIT ALLEN SINNEN Geschäftiges Treiben im tiefsten Waldviertel. Die Biofach, die größte Biomesse in Nürnberg, steht unmittelbar bevor, die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Eigentlich kein optimaler Zeitpunkt für einen Besuch. Doch wenn es darum geht, über Saatgut, Sortenzüchtung und die Vielfalt samenfester Sorten zu plaudern, gibt es nur passende Gelegenheiten – findet Reinhild FrechEmmelmann. Seit der Gründung von Reinsaat vor zwölf Jahren sind sie und ihr Team wesentlicher Teil der samenfesten „Bio-Saatgut-Szene“.
Es geht Frech-Emmelmann aber nicht nur darum, neue Sorten zu entwickeln, sondern auch alte, bewährte Sorten zu erhalten. „Wir sehen unsere Arbeit als Beitrag, Sorten zu bewahren, die bereits unsere Urgroßeltern ernährt haben und sie auch als Zeichen von Achtung und Wertschätzung an zukünftige Generationen weiterzugeben“, meint Frech-Emmelmann. Eine Art Mehrgenerationenprojekt, wenn man so will. Daneben wird der Blick in die Zukunft natürlich nicht außer Acht gelassen: Aus Tradiertem ständig Neues zu entwickeln, das ist das Ziel von Reinsaat. Aussehen, Geschmack und Ertragssicherheit auf höchstem Qualitätsniveau zu verbinden lautet die Devise und zahlreiche Paprika-, Pfefferoni-, Karotten-, Kraut-, Bohnen-, Salat-, Rote Rüben- und Kürbissorten sind nur einige Vertreter aus der breiten Reinsaat-Gemüse-Palette, die diesen hohen Ansprüchen gerecht werden. Beinahe ebenso vielfältig wie die gezüchteten Sorten sind auch die Methoden, die Frech-Emmelmann in Zukunft noch stärker in die Qualitätssicherung einfließen lassen möchte. Zusätzlich zu den, für eine Sortenanmeldung notwendigen Voraussetzungen, setzt sie dabei auf ganzheitliche Untersuchungsmethoden. Sortenprüfung mit allen Sinnen sozusagen. So werden z. B. Karotten auch mittels Geschmacksselektion charakterisiert. Die schönsten Exemplare werden eingelagert und im darauffolgenden Frühjahr verkostet. Dabei wird das untere Karottendrittel abgeschnitten und anhand eines bestimmten Schemas nach äußerer Form, Farbe des Fruchtfleisches und Geschmack bewertet. Die restlichen zwei Drittel mit dem Trieb werden eingesetzt, wurzeln wieder und sorgen so für die Samen der nächsten Generation, die die gewünschten Merkmale bereits in verstärkter Weise trägt.
Mehr sehen als das Gewohnte ist das Ziel der Rationalen Bildekräfte-Methode und passt auch gut ins Konzept von Reinhild Frech-Emmelmann. Mit dieser ganzheitlichen Methode, die derzeit vor allem in der bio-dynamischen Pflanzenzüchtung und in der Qualitätsbeurteilung von Lebensmitteln zum Einsatz kommt, können jene Kräfte wahrgenommen werden, die lebenden Organismen ihre Struktur geben und ihre Stoffzusammensetzung beeinflussen. Diese Kräfte wirken auch auf den menschlichen Organismus. Bei geschulten Testern lässt der Genuss unterschiedlicher Lebensmittel Bilder im Bewusstsein entstehen, die sich mit einiger Übung auch systematisieren lassen. Klingt ein bisschen abstrakt und esoterisch, doch diejenigen, die es versucht haben, sprechen von verblüffenden Ergebnissen. Apropos verblüffend: Kühe, die Mozart hören, sind ja fast schon ein alter Hut, aber „musikalische“ Pflanzen? Deutsche Wissenschafter untersuchten die Auswirkungen verschiedener Klangintervalle auf Löwenzahn und Salat. Und siehe da, unterschiedliche Klangberieselung wirkte sich deutlich auf Blattform, –stellung und Blütenbildung aus. Man muss nicht betonen, dass Frech-Emmelmann plant, sich auch diesem spannenden Thema zuzuwenden. Es ist wohl unter anderem diese Züchtungsarbeit mit allen Sinnen, die man beim biologischen Reinsaatgemüse schmeckt – auch eine Art von Geschmacksselektion … Elisabeth Klingbacher
FAKTEN UND ZAHLEN Betrieb: ReinSaat KG, Geschäftsführung: Reinhild Frech-Emmelmann Betriebsdaten: ca. 10 ha davon 0,5 ha unter Folie, ab 2010 zusätzlich 2000 m² Sichtungsanbau in Gars/Kamp um verschiedenste Sorten zu prüfen, ca. 460 Gemüse-, Blumen- und Kräutersorten, nähere Infos: www.reinsaat.at Info: - Reinsaat kooperiert mit zahlreichen Vermehrungsbetrieben, die in den verschiedenen Klimazonen Österreichs liegen und so zur Weiterentwicklung vielfältiger, regional angepasster, samenfester Sorten beitragen. - Bei der Hybridzucht werden zwei, auf bestimmte Eigenschaften selektierte Inzuchtlinien gekreuzt. Die „ hybriden Nachkommen“ vereinen die gewünschten Merkmale beider Elternlinien. Bei einer Weitervermehrung gehen diese Eigenschaften aber verloren, weshalb – im Gegensatz zu samenfesten Sorten – aus den Hybriden kein Saatgut gewonnen werden kann.
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Barbara Prochazka im Zwiegespr채ch mit ihren Sch체tzlingen
BIO-WISSENSCHAFT
MAJAS „WILDE“ SCHWESTERN Flach ist das Marchfeld, und auch ein bisschen fad. Riesige, landwirtschaftlich intensiv genutzte Flächen, die von ein paar Straßen durchschnitten werden, dominieren das Bild. Es gibt wenig, worauf man den Blick rasten lassen könnte. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel …
In Rutzendorf zum Beispiel, da ist das Marchfeld seit einigen Jahren wieder ein bisschen vielfältiger: 140 Hektar wurden hier im Jahr 2001 auf Bio umgestellt, um, in dem vom Institut für Ökologischen Landbau (BOKU) koordinierten Projekt MUBIL („Monitoring der Auswirkungen einer Umstellung auf Biologischen Landbau“; siehe Bio-Fibel 01/09), die langfristige Auswirkung biologischer Bewirtschaftung auf Pflanzenertrag, Bodenfruchtbarkeit, Artenvielfalt etc. zu untersuchen. Um die Biodiversität der Marchfelder Agrarlandschaft zu erhöhen, wurden im Rahmen des Projekts zahlreiche Ökostreifen und Hecken angelegt, viele blütenreiche Wildpflanzenarten zusätzlich eingesät und die Auswirkungen dieser vielseitigen Landschafts- und Strukturelemente auf die Artenvielfalt im Allgemeinen und Wildbienen im Besonderen beobachtet. Wildbienen besitzen für viele Ökosysteme eine Schlüsselfunktion und sind wichtige Bestäuber für Wild- und Kulturpflanzen. Durch die Intensivierung der Landwirtschaft verlieren sie aber – neben zahlreichen anderen Pflanzen- und Tierarten – ihren ursprünglichen Lebensraum, viele Arten stehen bereits auf der Roten Liste. Auf den Rutzendorfer Bio-Flächen ist davon allerdings nichts zu spüren. Das vielfältige Nahrungs- und Rückzugsangebot hat sich unter den Wildbienen ziemlich schnell herumgesprochen. Das freut besonders Barbara Prochazka vom Zentrum für Umwelt und Naturschutz (BOKU), die sich im Rahmen des Projekts voll und ganz den Wildbienen widmet. Von April bis September ist sie regelmäßig mit dem Käscher unterwegs, um die bestehende Bienenpopulation zu kontrollieren bzw. neu zugewanderte Arten zu erfassen. „Die Ausstattung von Ökostreifen und anderen Landschaftselementen mit vielfältigen Pollenfutterpflanzen und Nistmöglichkeiten ist von besonderer Bedeutung“, erklärt sie. Denn die Weibchen spezialisierter Wildbienenarten sammeln den, für die Aufzucht der Brut benötigten Pollen, oft ausschließlich von einer Pflanzenart. Und auch was die
Nistplätze betrifft sind Wildbienen, die im Gegensatz zur Honigbiene meist als Einzelgänger leben, eher wählerisch. Manche der „Spezialistinnen“ bevorzugen den Boden, wieder andere beziehen Pflanzenstängel, Holzritzen, Steine oder leere Schneckenhäuser. „Während zu Beginn der Umstellung nur wenige, vor allem anspruchslose und für eine intensiv genutzte Agrarlandschaft charakteristische Arten anzutreffen waren, haben sich die Rutzendorfer Bio-Flächen im Lauf der Jahre zu einem wahren Bienenparadies entwickelt“, erzählt Barbara Prochazka sichtlich stolz. Von den eher genügsamen Sandbienen und Furchenbienen bis hin zu anspruchsvollen Vertretern wie Scheren- oder Langhornbienen ist alles vertreten. 139 verschiedene Arten lautet das Ergebnis der letzten Bestandsaufnahme – Tendenz steigend. Fast wie auf der berühmten Klatschmohnwiese haben hier auf den Bio-Flächen im Marchfeld zahlreiche Insekten- und Pflanzenarten eine neue Heimat gefunden. Setzt man sich in einen dieser bunten Ökostreifen, übertönt das vielstimmige Surren und Brummen der Bienen sogar die vorbeifahrenden Autos. Klingt idyllisch, ist es auch. Elisabeth Klingbacher
FAKTEN UND ZAHLEN Projekt: Monitoring der Auswirkungen einer Umstellung auf den biologischen Landbau (MUBIL II); www.dafne.at Projektkoordination: DI Andreas Surböck, DI Markus Heinzinger (BOKU), Projektbetreuung Teilprojekt Naturschutzbiologie/Wildbienen: Dr. Bärbel Pachinger, DI Barbara Prochazka (BOKU) Info: - Auf Bio-Betrieben finden sich 30 bis 300 % mehr Pflanzen- und Tierarten und bis zu drei Mal mehr Wildbienen-, Honigbienenund Hummelarten - Bis zu 90 verschiedene Obst- und Gemüsearten sowie Feldfrüchte sind auf die Bestäubung von Insekten angewiesen, fast 50 % der Bestäubungsleistung erfolgt durch Hautflügler (Bienen, Hummeln, etc.) - Weltweit erwirtschaften Insekten durch die Bestäubung landwirtschaftlicher Nutzpflanzen einen ökonomischen Wert von 150 Milliarden Euro jährlich - Statt selbst zu nisten, schummelt die Kuckucksbiene ihre eigene Brut unter die einer ganz bestimmten anderen Bienenart
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Beate Koller in der Samenbank der Arche Noah
BIO-WIRTSCHAFT
NACH UNS DIE SINTFLUT? 75 % der landwirtschaftlichen Vielfalt ist in den vergangenen 100 Jahren unwiederbringlich verloren gegangen – schätzt die FAO. Nur noch 30 Pflanzenarten decken heute 95 % des weltweiten Energiebedarfs der Menschheit. Um 1900 wuchsen in Österreich noch bis zu 5000 Apfelsorten – heute sind es nur mehr 400 bis 500 und nur eine ganz kleine Auswahl gelangt bis in die Supermarktregale.
Doch glücklicherweise gibt es die Arche Noah, die „Gesellschaft für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt & ihre Entwicklung“. Der Name ist Programm: Seit 20 Jahren kümmert sich der Verein erfolgreich darum, das Kulturerbe der Sortenvielfalt zu erhalten, weiterzuentwickeln und so ganz wesentlich dazu beizutragen, dass die bunte Palette regionaler und lokaler Obst- und Gemüsevielfalt nicht in einem Meer von Hybridsorten verschwindet. 1995 hat die Arche Noah mitten im idyllischen Schiltern angelegt und einen sicheren Hafen für ihre Arbeit gefunden. Hier befindet sich neben dem Schaugarten, der jedes Jahr tausende Besucher anlockt und Gärtnerherzen höher schlagen lässt, auch die „Seele“ der Arche Noah – das Sortenarchiv. Beate Koller, die Geschäftsführerin, lässt uns ins „Allerheiligste“ vor. Auf ihr Anraten haben wir unsere dicken Jacken und Rucksäcke bereits vor der Tür abgelegt, um nicht versehentlich eines der wertvollen Gläschen aus den Regalen zu schleudern. Das Saatgut von mehr als 6000 Gemüse- und Getreidesorten in allen nur vorstellbaren Farben, Formen und Größen lagert hier kühl und gut verschlossen – die geballte Vielfalt auf kleinstem Raum lässt uns fast andächtig werden. Hier spürt man die lange Geschichte der Kulturpflanzenvielfalt, die mit der Sesshaftwerdung der Menschen und der Inkulturnahme von Wildpflanzen begann. Die Arche Noah und viele andere Saatgutinitiativen arbeiten daran, diese Vielfalt und das damit verbundene Wissen zu sammeln, zu erhalten und weiter auszubauen. Nach dem Motto „Erhaltung durch Nutzung“ wird die Kulturpflanzenvielfalt auf Felder und in Gärten gebracht. „In früheren Zeiten war Saatgut Gemeingut, wurde getauscht und weitergegeben, nachgebaut, selektiert und neuen Standortbedingungen und Anforderungen angepasst. Dies war und ist die Grundlage von Erhaltung und
Entwicklung biologischer und kultureller Vielfalt und für eine langfristige Ernährungssicherung unentbehrlich,“ erzählt Beate Koller und leitet gleich zu einem Thema über, das aktuell ihres besonderen Engagements bedarf: Die EU-Kommission plant das EU-Saatgutverkehrsrecht zu überarbeiten und zu vereinheitlichen. Saatgutkonzerne scheinen die Gunst der Stunde zu nutzen, um ihren Einfluss am Saatgutmarkt noch auszuweiten. Vertreter europäischer Saatgutinitiativen befürchten nun, dass dadurch regionale, samenfeste Sorten noch stärker von Hybridsorten verdrängt werden könnten und setzen sich gemeinsam gegen eine weitere Monopolisierung des Saatgutes durch internationale Konzerne ein. Zu ihren Grundforderungen zählen gentechnikfreie Saatgut- und Sortenvielfalt, die Sicherung des bäuerlichen Rechts, Saatgut aus eigener Ernte auszusäen, zu züchten und weiterzugeben und dadurch auch langfristig Ernährungssouveränität sicherzustellen. Kulturpflanzenvielfalt ist nicht im Supermarkt oder in einem der großen Saatgutkonzerne entstanden. Die Vielfalt auf Äckern, in Gärten und auf Märkten spiegelt die lange Geschichte des Saatguts als Kulturerbe bäuerlichen Wirtschaftens wider. Zahlreiche Biobauern und Initiativen wie die Arche Noah sorgen dafür, dass diese Vielfalt erhalten bleibt und sichern dadurch uns und zukünftigen Generationen nicht zuletzt auch geschmackliche Vielfalt auf unseren Tellern. Elisabeth Klingbacher
FAKTEN UND ZAHLEN Betrieb: Arche Noah, Geschäftsführung: DI Beate Koller Betriebsdaten: Gründung der Arche Noah 1990, 6500 alte Handels-, Lokal- und Landsorten werden erhalten, zyklisch vermehrt und getauscht; nähere Infos: www.arche-noah.at Info: - Die zehn größten Saatgut-Konzerne kontrollieren knapp 70 % des weltweiten Saatgutmarktes. - Von 80.000 potentiellen Nutzpflanzenarten wurden in den vergangenen Jahrtausenden ca. 5000 Arten genutzt, 150 Arten werden heute intensiver kultiviert, und nur acht von ihnen sind für den Welthandel von Bedeutung. - Mit der Kampagne „Zukunft säen – Vielfalt ernten” und einem internationalen Treffen Ende März in Graz wollen Arche Noah, ÖBV-Via Campesina Austria und viele andere Organisationen das Thema Saatgut verstärkt thematisieren.
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Bio-Fibel 1/2010
BIO-WISSEN
IM JAHR DER VIELFALT 2010 ist also das Jahr der Biodiversität. In den letzten 20 Jahren hat der Begriff, der in den 1980ern von amerikanischen Biologen geprägt wurde, um auf weltweiten Artenschwund, massive Zerstörung von Lebensräumen und rapiden Verlust genetischer Vielfalt bei Pflanzen und Tieren aufmerksam zu machen, eine beachtliche Karriere erfahren. Die Internetsuchmaschine spuckt bis zu 3.373.000 BiodiversitätsSuchergebnisse aus – also allem Anschein nach ein wichtiges Thema.
licher Bedeutung sind, hängt somit vor allem von der Bewirtschaftungsintensität ab. Um die, mit der Landnutzung einhergehenden, vielseitigen Spannungsverhältnisse abzupuffern und negative Auswirkungen auf (Agrar)Ökosysteme zu minimieren, bietet die Biologische Landwirtschaft zahlreiche Strategien. Verschiedenste Untersuchungen bestätigen, dass ihr das auch gelingt:
BIO FÖRDERT NÜTZLINGE Landwirtschaft – ob nun konventionell oder biologisch – nützt natürliche Ressourcen und greift gestalterisch in den Naturhaushalt ein, um Lebensmittel zu produzieren. Die Agrobiodiversität, die alle Komponenten der biologischen Vielfalt umfasst, welche für Ernährung und Landwirtschaft sowie das Funktionieren von Agrarökosystemen von wesent-
Bio-Fibel 1/2010
Auf und unter Bio-Feldern wuselt und summt es gewaltig: mikroskopisch kleine Einzeller, Lauf- und Marienkäfer, Wanzen, Spinnen, Asseln, Schmetterlinge, Bienen und die heimlichen Stars – die Regenwürmer – geben sich äußerst bio-affin. Der Verzicht auf Pestizide, schonende Bodenbearbeitung, vielseitige Fruchtfolgen, Buntbrachen oder die Anlage von
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BIO-WISSEN
Hecken sind nur einige der Faktoren, die dazu beitragen, dass auf Bio-Flächen 50-80 % mehr Regenwürmer, doppelt so viele Laufkäfer, Kurzflügler und Spinnen und deutlich mehr Bienen anzutreffen sind, als auf konventionellen Flächen. Und nicht nur die Individuenzahl ist deutlich größer, auch die Anzahl unterschiedlicher Arten übersteigt die konventioneller Betriebe um 30 %. Und das ist gut so, denn die Aufgaben der Nützlinge sind vielfältig: Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und Erosionsschutz zählen ebenso dazu wie Schädlingsbekämpfung, Bestäubung von Nutz- und Kulturpflanzen und in weiterer Folge die Sicherung des ökologischen Gleichgewichts.
BIO BLÜHT BUNT In einem Langzeitversuch wurden auf Bio-Feldern 9 bis 11 verschiedene Beikrautarten gefunden, auf konventionellen Parzellen hingegen nur eine. Während in der konventionellen Landwirtschaft Beikräutern mit regelmäßigem Pestizideinsatz begegnet wird, sieht man die Sache im Biolandbau deutlich differenzierter: Beikräuter konkurrieren nicht nur mit den Kulturpflanzen, sondern auch untereinander. Je vielseitiger die Beikrautarten, desto geringer die Gefahr, dass sich eine Art zu stark entwickelt und den Kulturpflanzenbestand gefährdet. Außerdem erfüllen Beikräuter wichtige Funktionen: so sind etwa 25-50 Insektenarten von einer Beikrautart abhängig. Auch viele seltene Pflanzenarten finden auf Bio-Feldern eine Heimat: Während der Anteil gefährdeter Pflanzenarten auf Bio-Flächen innerhalb von 27 Jahren von 81 % auf 79 % abnahm, sich also kaum veränderte, reduzierten sich gefährdete Pflanzenarten auf konventionellen Vergleichsflächen von 61 % auf 29 %.
VIELFÄLTIG GENIESSEN Bio-Bauern fördern aber nicht nur die Diversität von Wildpflanzen und Nützlingen, ihnen ist auch die Vielfalt am Feld und im Stall ein großes Anliegen. Aus diesem Grund finden sich auf Bio-Betrieben immer mehr alte, teilweise schon vergessene Gemüse- und Obstsorten und Tierrassen. Es geht dabei nicht darum, diese Vielfalt nur ihrer Selbst willen zu erhalten, sondern durch eine Vielzahl verschiedener Tier- und Pflanzenarten ökologisches Gleichgewicht zu sichern, eine Kulturlandschaft zu schaffen, in der wir uns wohlfühlen und mit Bio-Lebensmitteln zu vielfältigem Genuss, Lebensfreude und Esskultur beizutragen. Elisabeth Klingbacher
QUELLEN El-Hage Scialabba, N.; Hattam, C. (2002): Organic agriculture, environment and food security. FAO. FiBL (2009): Biolandbau und Biodiversität FiBL (2007): 90 Argumente für den Biolandbau FiBL Dossier (2000): Bio fördert Bodenfruchtbarkeit und Artenvielfalt. Erkenntnisse aus 21 Jahren DOK-Versuch www.fibl.org/de/themen/biodiversitaet, 2010 www.soel.de September 2008
VÖGEL FLIEGEN AUF BIO Vogelarten wie die Feldlerche oder das Rebhuhn verschwinden immer mehr aus unserer Kulturlandschaft – seit 1980 haben die europäischen Bestände früher häufig vorkommender Feldvögel um durchschnittlich 50 % abgenommen. Doch auf Bio-Flächen scheint die Welt noch in Ordnung: Verglichen mit konventionell bewirtschafteten Feldern werden auf Bio-Äckern bis zu 25 % mehr Vögel beobachtet und schon ein Jahr nach der Umstellung einer Versuchsfläche verdoppelte sich die Zahl brütender Feldlerchen. Auch schützenswerte Rote-Liste-Arten sind auf Bio-Flächen häufiger anzutreffen.
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GUTER GESCHMACK
BRANDaktuell BIO-BASIS-SPIRITUOSEN AUS ÖSTERREICH UND DER WELT Gleich beim ersten Termin des neuen FiBL Tasting_forums gingen wir ans Eingemachte: Bio-Basissprituosen, also jene Gruppe der härteren Abteilung, die sowohl in den großen und legendären Drinks der Welt das alkoholische Fundament bilden, als auch für sich alleine für Legenden gut sind. Die österreichischen BioDestillate hinterließen in jedem Fall einen bleibenden Eindruck.
Qualität angeboten. Überraschenderweise gibt es aber auch Bio-Whisky, Bio-Vodka, Bio-Gin, Bio-Weinbrand und Bio-Rum aus Österreich. Nachfolgend haben wir ein paar Eindrücke des hochgeistigen Abends destilliert.
NORDERD PURE POTATO VODKA (WWW.NORDERD.COM) Es gibt Dinge, die man einfach haben muss. Will man in seiner Hausbar ein wenig mehr Vielfalt als „das Schnapserl“ nach dem zu schweren Essen, dann kommt man an den sechs Basisspirituosen nicht vorbei. Die Rede ist von Rum, Whisk(e)y, Vodka, Gin, Teqilla und Brandy. Das Angebot an Spirituosen ist fast unüberschaubar. Entscheidend ist jedoch nicht die Menge an Flaschen in einer Hausbar, sondern deren Qualität. Erfreulicherweise wird zwischenzeitlich jedes dieser Edeldestillate von international führenden Marken auch in Bio-
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Ein ganz neuer Bio-Kartoffelvodka aus dem Waldviertel von Hans Ackerl (siehe Bio-Fibel 5-09) eröffnete den Verkostungsreigen. Die zahlreich vertretenen Experten waren sich rasch einig: die Entdeckung des Abends. Kristallklar, sauber, jugendlich, enorm ausgeprägtes und expressives Aroma nach Kartoffelstärke, süßlichem Marzipan mit zarten Graphitnoten. Insgesamt barock und opulent, am Gaumen streichelweich mit mildem Druck.
GUTER GESCHMACK
UTKINS UK 5 ORGANIC VODKA (WWW.DWERSTEG.DE)
PAPAGAYO GOLDEN RUM (WWW.DWERSTEG.DE)
Das internationale Pendant dazu stürzte im direkten Vergleich ein wenig ab, auch wenn es für sich ein hervorragender Getreide-Vodka – dem Vernehmen nach mit Bio-Roggen aus dem Weinviertel – mit hoher „Bareignung“ ist. Klar, sauber, leicht zitronig, in jedem Fall unglaublich helle Töne, zestig und feingliedrig, am Gaumen etwas schärfer mit insgesamt neutralerem Eindruck.
Punktesieg für den Internationalen, obwohl auch dieser Rum nicht zu den Überfliegern gehört. Malzige Noten, Kakaobohne, leicht tabakig, eher breites, ausladendes Aroma. Am Gaumen nicht mehr ganz so filigran.
EISWEINBRAND PINOT NOIR (WWW.MEINKLANG.AT)
O.GIN (WWW.BIOSCHNAPS.AT) Josef Farthofer wollte auch auf dringendes Nachfragen von seiner Bio-Ginproduktion nicht mehr verraten, als eigentlich eh klar war: bester Bio-Getreidealkohol aromatisiert mit Wacholderbeere, Zitronenschalen und ein wenig Piment. Sauber, klar, hocharomatisch und frisch, asiatischer Touch, Anflüge von Ingwer und Zitronengras. Ein sehr individueller, hochgradig verführerischer Gin.
„Nur nicht zu viel erwarten, der Brand einem Cognac vergleichbar und ist mehr dämpfte Werner Michlits die hohen Allerdings: Ein toller Weinbrand mit tigen Noten, sogar noch ein wenig Gaumen dann Gerbstoff und Druck heimlich lang anhaltend.
ist kaum mit ein Hobby“ Erwartungen. rauchig, treshefig, am pur und un–
BIO ATTITUDE-COGNAC (WWW.LEOPOLD-GOURMEL.COM)
JUNIPER GREEN – ORGANIC LONDON DRY GIN (WWW.DWERSTEG.DE)
Leider kommt sehr guten heran: Plumpe fein integriert – grüne Holznoten.
der Bio-Cognac nicht annähernd an die konventionellen Gourmel-Pendants Süße, Karamellnoten – aber nicht irgendwie künstlich. Dazu deutlich Das geht sicher noch besser.
Im Vergleich dazu ein internationaler Klassiker. Ein blitzsauberer, typischer Dry-Gin mit braver (klassischer) Gewürzmischung: Wacholder, Zeste, Pfeffer, eventuell Paradiesapfelkerne. Enorme Ausdruckskraft.
Am Schluss des Abends stand jedenfalls fest: Bio ist auch bei den pur genossenen Basisdestillaten ein Geschmacksfest für den Gaumen! Reinhard Geßl und Jürgen Schmücking
SINGLE MALT WHISKY (WWW.MALZNERHOF.AT) Ein sehr eigenwilliges Destillat. Sepp Hochmair – sonst über jeden Zweifel erhabener Obstbrenner – nennt es auch ein „interessantes Nischenprodukt“. Stark ausgeprägt, jugendlich und trotzdem tiefgehend malzig. Anklänge von dunkler Schokolade und Malzkaffee. Am Gaumen ruppig und rau. Nichts für Malt-Manics!
BENROMACH ORGANIC SINGLE MALT (WWW.BENROMACH.COM) Als Herausforderer trat der erste kommerziell bedeutsame schottische Bio-Whiskey an. Sauber gemachter, braver Single Malt, weich, leicht torfig, erinnert an alte Sherryfässer und getoastetes Brot.
GOLD RUM (WWW.MALZNERHOF.AT) Wieder eine Innovation vom Malznerhof. Importierte Melasse, oberösterreichische Brenntechnik, Reifung in Mühlviertler Eichenfässern. Klar schokoladige Noten, weich, RumKokos, etwas gebrannte Mandeln. Am Gaumen wieder kühl und … oberösterreichisch eben. Bio-Brandexperte Jürgen Schmücking
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BIO-HOTEL
DIE ENTDECKUNG DER LANGSAMKEIT
Fotos: Grafenast
Unbeschreibbar schön ist die Lage des Tiroler Naturhotels Grafenast auf 1330 m, über allem drüber, mit viel Weitblick und Sonne. Sehr privat ist die kuschelige Größe des biologischen Holzhauses mit 41 Betten.
Die Jurte ist eine traditionelle mongolische Behausung. Zwei der wichtigsten Merkmale einer Jurte – die runde Bauweise und die Lichtkuppel – hat man im Naturhotel Grafenast zum Vorbild genommen, um das Wohlfühlangebot für die Gäste um eine attraktive Neuerung zu erweitern. Im Februar wurde die Waldsauna aus der Taufe gehoben. Aus Holz, Lehm und Glas haben die Grafenaster einen Wohlfühlort mit ganz besonderer Energie geschaffen. Der Bau ist auf spektakuläre Weise in den Baumbestand außerhalb des Hauses integriert und bietet
LASSEN SIE SICH VERWÖHNEN! Gewinnen Sie 2 Nächte für 2 Personen im Naturhotel Grafenast! Füllen Sie das Gewinnformular aus auf: www.freiland.or.at Einsendeschluss: 30.4.2010 Verlosung unter Ausschluss des Rechtsweges. Gewinn kann nicht in bar abgelöst werden.
Gewinner wird auf www.freiland.or.at bekannt gegeben und von www.biohotels.at verständigt!
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für Saunabesucher einen ebensolchen Blick übers Inntal. In der Sauna selbst finden Gäste eine neuartige Ausstattung. Geschwitzt wird nicht auf der klassischen Saunabank, sondern auf individuell angefertigten Gesundheitsliegen, was zu einem deutlichen Mehr an Entspannung und Wohlbefinden führt. Entspannung und Wohlbefinden sind überhaupt die Themen, die sich wie ein roter Faden durch das Angebot des Hauses ziehen. Grafenast ist ein Hotel mit einer Geschichte, die vor drei Generationen begonnen hat und nun an der Schwelle zur vierten steht. Peter Unterlechner, bislang Junior-Chef, ist gerade dabei, das Hotel zu übernehmen. Auch wenn sich dadurch manches ändern wird, an den Grundfesten der Grafenaster Philosophie wird freilich nicht gerüttelt. Grafenast steht für Bio-Kulinarik auf höchstem Niveau, sowie für eine anregende Mischung aus Naturerlebnis und Kunstgenuss. Es ist ein Ort des zwanglosen Seins und guter Gespräche. Möglichkeiten für beides bieten die Teestube, der Platz am Kaminfeuer, der Skulpturengarten und viele andere Plätze mit ganz eigenem Flair. Für Gäste, die auch selbst gern mit anpacken, werden Kochworkshops angeboten und SeniorChef Hans-Jörg Unterlechner liebt es, die Gäste durch seine Kunstsammlung zu führen. Grafenast ist ein Bio-Hotel, die Naturverbundenheit der Unterlechners geht aber weit darüber hinaus. So wurde im vergangenen Jahr der „CO2-Champion“ angeschafft, ein extrem sparsamer PKW, der von Gästen für Ausflüge gemietet werden kann. Die Preise für Sehnsuchtspension (eine hauseigene Kreation, angesiedelt zwischen Halb- und Vollpension mit reichlichem Frühstücksbuffet, Salatbar und Tagessuppe zu Mittag und mehrgängigem Menü am Abend) liegen – abhängig von Saison und Aufenthaltsdauer – zwischen € 75,– und € 140,– pro Person. Jürgen Schmücking
NATURHOTEL GRAFENAST Pillbergstraße 205 A- 6136 Pill/Schwaz Tel. +43/5242/63209 www.bioferien.com www.biohotels.at
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SHORTCUTS
EAT SLOW! – DER WEG ZUM GENUSS
BIO FINDET STADT
Rohschinken vom Blauschimmel-Schaf, Hagebutteneis, Rosensalz, Bergziegenkäse, Orangen-Dillsenf und weitere 115 Spezialitäten aus OstÜsterreich finden sich profund beschrieben und wunderschÜn fotografiert im ersten Üsterreichischen Slow Foodfßhrer. Das kompakte Bßchlein stellt einen kleinen Teil jener in Österreich meist gut versteckten Lebensmittelvielfalt in die verdiente Auslage. Das Durchblättern und Gustieren ist eine echte Freude! Als einziger Wermutstropfen bleibt, dass doch ßberraschend wenige Bio-Spezialitäten vorgestellt werden, am fehlenden Angebot kann es kaum liegen. Weitere Informationen: im guten Buchhandel und unter www. faltershop.at
Die Magistratsabteilung 49 – Forstamt und Landwirtschaftsbetrieb der Stadt Wien bewirtschaftet derzeit mit dem „Bio-Zentrum Lobau“ knapp 1000 Hektar Biofläche und fĂźhrt damit einen der grĂśĂ&#x;ten Bio-Betriebe Ă–sterreichs. Die ersten Ă„cker wurden bereits 1987 umgestellt, damals zählte Wien zu den Ă–ko-Pionieren. Im Jahr 2001 wurden die beliebten „Ökoparzellen“ in Essling umgestellt, seit 2008 werden auch die Flächen am Bisamberg organisch-biologisch gefĂźhrt. Der Bio-Kurs wird gehalten: das „Bio-Zentrum Lobau“ wurde zu Jahresbeginn um rund 65 Hektar Anbaufläche im Gebiet Nationalpark Donau-Auen vergrĂśĂ&#x;ert, weitere Bio-Flächen sollen folgen. Weitere Informationen: www.natuerlich.wien.at
4( Âś -VYZ[HT[ \UK 3HUK^PY[ZJOHM[ZIL[YPLI
Was logisch klingt, wird immer wieder auch wissenschaftlich bestätigt: Bio-Obst und BioGemĂźse enthalten deutlich weniger ger PestizidrĂźckstände und Schadstoffe als Obst und GemĂźse aus konventioneller Landwirtschaft. Das ergab auch eine deutsche Studie des Bundesamtes fĂźr Verbraucherschutz hutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). VL). Dieses Lebensmittelmonitoring wird rd in Deutschland seit 1995 regelmäĂ&#x;ig durchgefĂźhrt, um die Exposition der BevĂślkerung mit Schadstoffen zu bestimmen. Die aktuelle Bilanz der Lebensmittelkontrolleure: t ll In den ĂźberprĂźften 350 Proben von Obst und GemĂźse aus Biologischer Landwirtschaft wurden kaum/keine RĂźckstände von Pflanzenschutzmitteln und keine bedenklichen Schwermetallgehalte festgestellt. Dagegen fanden sich beispielsweise in Birnen, Reis, Gurken, grĂźnen Bohnen, Karotten und Pfefferminztee aus konventionellem Anbau teils erhebliche Schadstoffmengen.
Foto: AMA Archiv
GUTE NOTEN FĂœR BIO-OBST UND BIO-GEMĂœSE
Quelle: Ă–kologie & Landbau 1/2010
Bio-Fibel 1/2010
SHORTCUTS
PESTIZIDE VERSUS BIODIVERSITÄT
NEUES EU-BIO-LOGO
Durch die Intensivierung der Landwirtschaft sind in den letzten 50 Jahren viele Pflanzen- und Tierarten auf regionaler und nationaler Ebene ausgestorben. In einer groß angelegten Feldstudie haben Forscher nun europaweit die Einflüsse verschiedenster Faktoren auf die Diversität von Pflanzen, Laufkäfern und bodenbrütenden Ackervögeln untersucht. Von den dreizehn Faktoren der landwirtschaftlichen Intensivierung, die in neun Testregionen auf 1350 Weizenfeldern gemessen wurden, hatte der Gebrauch von Insektiziden und Fungiziden durchgehend besonders negative Effekte auf die Biodiversität und führte zu einer drastischen Verringerung der Artenzahlen: Die Artenvielfalt auf Feldern, die regelmäßig mit Pestiziden behandelt werden, ist um die Hälfte geringer als auf ökologisch bewirtschafteten Äckern. Dieser Effekt zeigt sich auch in der Umgebung der landwirtschaftlichen Anbauflächen. Das Fazit der Untersuchung: Die Artenvielfalt kann nur erhalten werden, wenn die Verwendung von Spritzmitteln auf ein Minimum beschränkt wird.
Ab 1. Juli 2010 ist es soweit: Das neue EU-Bio-Logo wird von diesem Zeitpunkt an für alle verpackten Biolebensmittel, die in einem EU-Mitgliedstaat hergestellt wurden, verbindlich vorgeschrieben sein. Neben dem EU-Bio-Logo können weiterhin auch andere private, regionale oder nationale Logos abgebildet werden. Das neue Logo wurde in einem europaweiten Wettbewerb ermittelt. Die fast 3500 – von Kunst- und Designstudenten – eingereichten Wettbewerbsbeiträge wurden von einer internationalen Jury geprüft, 130.000 Personen stimmten schließlich via Internet ab, um das neue Bio-Logo aus den drei Entwürfen der Endausscheidung auszuwählen. Für das Logo mit dem „Euro-Blatt“ haben 63 Prozent aller Teilnehmer gestimmt. Quelle: www.soel.de
Quelle: www.soel.de, www.sciencedirect.com
IMPRESSUM Bio-Fibel – Zeitschrift für Wissen aus der Biologischen Landwirtschaft: Medieninhaber, Verleger und Herausgeber: Freiland Verband für ökologisch-tiergerechte Nutztierhaltung und gesunde Ernährung; Seidengasse 33/13, 1070 Wien; Fon 01/4088809; Fax 01/9076313-20; e-mail: office@freiland.or.at; net www.freiland.or.at; DVR-Nummer 0563943; Chefredakteur: Dipl.-Ing. Reinhard Geßl, Leiterin der Redaktion: Dipl.-Ing. Elisabeth Klingbacher; Mitarbeit: Irene Pratsch, Wilfried Oschischnig; Redaktion: Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL Österreich), Seidengasse 33/13, 1070 Wien; Fon: 01/9076313-0, net: www.fibl.org/de/oesterreich. Alle nicht anders gekennzeichneten Fotos: Geßl & Wlcek OG; Druck: gugler GmbH Melk; Grafisches Grundkonzept: co2 – Werbe- und Designagentur; Layout: Geßl & Wlcek OG. Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht unbedingt der Meinung des Herausgebers entsprechen. FREILAND-Spendenkonto: Erste Bank, BLZ 20111, Ktnr. 08210993; Auflage: 10000 Stück. Offenlegung: Die Bio-Fibel ist zu 100 % im Besitz des gemeinnützigen Vereins „Freiland Verband für ökologisch-tiergerechte Nutztierhaltung und gesunde Ernährung“; Adresse s. o.; Eingetragen im Vereinsregister der BPD Wien zu Zl.IV-SD/2063/VVM/94; DVR-Nummer 0563943. UID-Nummer ATU 37841109. Die redaktionelle Arbeit erfolgt in engster Zusammenarbeit mit dem gemeinnützigen Forschungsverein „Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL Österreich)“; Adresse s. o.; Grundlegende Richtung: Förderung einer ökologisch-tiergerechten Landwirtschaft und gesunden Ernährung. Information von Konsumentinnen und Konsumenten über die Vorzüge und Besonderheiten von Lebensmitteln aus Biologischer Landwirtschaft in Form von Interviews, Kurzreportagen und Tipps zum weiten Feld der Ernährung. Die BioFibel wird vor allem über Bio-Kisten der Bio-Hauszusteller sowie über den Bio- und Naturkostfachhandel in Österreich vertrieben. Die Bio-Fibel erscheint mindestens vier Mal im Jahr und ist kostenlos. Hinweis: Eine geschlechtergerechte Formulierung ist uns in der Bio-Fibel ein großes Anliegen. Da wir gleichzeitig eine gut lesbare Zeitschrift herausgeben wollen, haben wir uns entschieden, keine geschlechtsneutralen Begriffe zu verwenden, sondern alternierend entweder nur weibliche oder nur männliche Bezeichnungen. Wir sind uns dessen bewusst, dass diese Generalklausel einer geschlechtergerechten Formulierung nicht ganz entspricht, wir denken aber, dass die gewählte Form ein Beitrag zur publizistischen Weiterentwicklung für mehr sprachliche Präsenz weiblicher Begriffe sein kann.
Bio-Fibel 1/2010
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Ich bin bio. Ich lebe bio. Wo das AMA-Biozeichen drauf ist, ist bio drin. Da kann ich mir sicher sein. Ich liebe das pure Leben.
FINANZIERT MIT FÖRDERMITTELN DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT, DER REPUBLIK ÖSTERREICH UND MITTELN DER AGRARMARKT AUSTRIA MARKETING GESMBH.
— 23 — Das AMA-Biozeichen, das Zeichen für kontrollierte Bio-Qualität.
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