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IRYNA UND MYKOLA SAVCHUK

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SOLIDARITÄT MIT DER UKRAINE Солідарність з Україною

Es ist Krieg in Europa. Der Überfall auf die Ukraine löst eine Welle der Hilfsbereitschaft aus. (Fast) überall weltweit und auch hier in Frankfurt. Wir listen einige der Initiativen auf, die sich für Geflüchtete einsetzen.

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›› Interview und Text: Heidi Zehentner

Am 24. Februar überfällt Wladimir Putin die Ukraine. Tausende Menschen sind auf der Flucht vor Putins Bomben, Tausende fanden den Tod. Und es wird weitere Opfer geben. Dass es jemals wieder Krieg in Europa geben wird, hielten die meisten Menschen für unmöglich. Kaum einer konnte sich vorstellen, dass wirklich wieder zu den Waffen gegriffen wird, um ein Land in die Knie zu zwingen. Mit allen Mitteln, die hierfür zur Verfügung stehen. Der Westen ist fassungslos und reagiert. Auch Deutschland. Bundeskanzler Olaf Scholz steht nun für eine Zeitenwende. Deutschland beteiligt sich bei den Waffenlieferungen an die Ukraine. Nicht unumstritten. Setzt sich doch Deutschland seit Jahrzehnten für eine konsequente Abrüstung ein, als Baustein für eine globale Sicherheitsarchitektur. Die Bundeswehr rückt in den Fokus der Politik. Auch hier werden Gelder fließen, um unsere militärische Abwehr zu stärken. Das Wort „Wehrpflicht“ fällt. Wird der Krieg auch zu uns kommen? Putin droht dem Westen mit dem Einsatz von Atombomben. Nur eine Drohgebärde, zurück zum „Gleichgewicht des Schreckens“ wie in Zeiten des „Kalten Krieges“? Die Regale in den Supermärkten sind stellenweise erschreckend leer. Hamsterkäufe. Öl und Mehl und Hygieneartikel werden in machen Geschäften bereits reglementiert verkauft. In Russland sollen Tausende in Haft sein, weil sie gegen den Krieg protestiert haben. Hierzulande werden nicht selten russischstämmige Menschen angefeindet. Wir dürfen nicht vergessen, wer für den Überfall auf die Ukraine verantwortlich ist. Es ist nicht ein Land, sondern ein Mann. Eine Frage stellt sich ob der Hilfsbereitschaft so vieler außerdem: Gibt es Flüchtlinge erster und zweiter Klasse, sind jene aus der Ukraine, weil westlich, europäisch geprägt – so hatte es ein britischer Journalist ausgedrückt – willkommener als jene aus Syrien oder Somalia? Dieser Frage werden wir uns stellen müssen, jetzt aber möchten wir helfen und können dies auch tun.

››MYKOLA SAVCHUK

Mykola Savchuk lebte in Kolomyja (Westukraine), ist 63 Jahre alt, Absolvent der Journalistischen Fakultät der Universität Lemberg. Schriftsteller, Journalist, Lokalhistoriker, Künstler und jetzt im Ruhestand. Er hat viele Bücher und CDs veröffentlicht. Er flüchtete mit seiner Frau Iryna und dem 14-jährigen Sohn Ostap vor dem Krieg nach Deutschland zu ihrem ältesten Sohn, der bereits hier lebt und arbeitet.

„In der Morgendämmerung des 24. Februar wurden wir von ungewöhnlichen Geräuschen geweckt. Es waren russische Raketen, die auf den Flugplatz in der Nähe unserer Stadt gerichtet sind. Und dann erfuhren wir aus dem Internet, dass der Krieg begonnen hatte – Russland hatte die Ukraine angegriffen. Wir mussten weg, um unser Leben zu schützen. Der Krieg änderte unsere Normalität bis dahin sofort. Zum Beispiel wollte kein Taxi von unserer Stadt zur Grenze fahren. Wir hatten das Glück, einen Fahrer zu finden, der allerdings nicht genug Dieselkraftstoff hatte. Unterwegs gab es lange Schlangen an Tankstellen, und mancherorts stand geschrieben, dass es weder Benzin noch Diesel gibt. Am Zoll sahen wir eine riesige Menschenmenge von Autos und Flüchtlingen, also verließen wir das Taxi und liefen noch fünf Kilometer mit unseren

Sachen Richtung polnische Grenze und standen dann dort 14 Stunden in der Schlange. Am Morgen des 25. Februar erreichten wir Polen, am 16. März kamen wir in Frankfurt an. Putin kann entweder durch einen Putsch in Russland oder einen mächtigen weltweiten Angriff auf Russland gestoppt werden. Es scheint, als ob alle von der Seitenlinie aus beobachten, was passieren wird. Angeblich sind alle auf unserer Seite, wollen sich aber nicht einmischen ... Ich möchte den ukrainischen Streitkräften danken, die sich für unsere Sicherheit einsetzen und ihr Leben gefährden, um die Ukraine zu verteidigen. Es war unglaublich, wie schnell sie gelernt haben, mit der militärischen Ausrüstung, die uns von den Vereinigten Staaten, der Türkei und den europäischen Ländern zur Verfügung gestellt wurde, umzugehen. Offensichtlich hat die russische Führung unsere Armee unterschätzt ... Wir vermissen unsere Heimat sehr. In der Ukraine haben wir unsere glücklichsten Lebensjahre verbracht, dort habe ich meine große Bibliothek und ›› Mykola Savchuk und seine Frau Iryna an der ukrainisch-polnischen mein Archiv, dort ist die Geige meines Sohnes, dort Grenze am 24. Februar 2022 ruhen unsere Vorfahren. Aber jetzt sind wir in Frankfurt, suchen eine Wohnung. Wir alle sind Ihrer Regierung und Ihrem Volk für ihre Gastfreundschaft und ihr Engagement für uns ukrainische Emigrant:innen sehr dankbar.“

Die Menschen gehen auf die Straße, um ihre Solidarität mit der Ukraine sichtbar zu machen. Manchen ist das nicht genug. Der Verein 4Ukraine (4ukraine.team) geht einen Schritt weiter und vor Ort. Wir sprachen mit Marco Rühl.

Wer verbirgt sich hinter dem Verein und wann und warum habt ihr euch zusammengetan? Der gemeinnützige Verein 4Ukraine ist aus einem Zusammenschluss von Menschen entstanden, die kurzfristig nach Kriegsbeginn in der Ukraine den Impuls hatten zu helfen. Bereits am 4. März ist der erste Konvoi mit sieben Fahrzeugen, beladen mit Medikamenten im Wert von 30.000 Euro, Kleidung und Nahrungsmitteln, auf den Weg Richtung polnisch-ukrainische Grenze gestartet. Knapp eine Woche später steht der Verein, mit dem Zweck, wöchentliche Konvois nach Lublin ins Auffanglager zu organisieren, um dort bedarfsgerecht Medikamente, Nahrungsmittel und Kleidung bereitzustellen und Menschen nach Frankfurt zu bringen.

Ihr fahrt an die polnisch-ukrainische Grenze, um Geflüchtete, die nach Deutschland reisen möchten, abzuholen. Wie ist die Situation vor Ort? Wie geht es denn Menschen? Bei unserer ersten Fahrt nach Medyka an die Grenze haben wir eine sehr chaotische Situation vorgefunden. Die Menschen haben Angst, sind verzweifelt, ob des Verlustes und den Ereignissen. Erst 180 km nördlich, in der Grenzstadt Lublin, haben wir in einem Auffanglager Mütter mit Kindern gefunden, die den Wunsch hatten, mit uns nach Frankfurt zu kommen. Die Stadt Lublin hat vor Ort in einer Turnhalle ein Auffanglager errichtet, dass sicherlich für den Moment eine erste Anlaufstelle ist. 150 Feldbetten reihen sich dort eng aneinander, ohne Privatsphäre und mit dürftigem Angebot an sanitären Einrichtungen. Es fehlt dort vor allem an Medikamenten. Es sind vor allem Mütter mit Kindern, die tagelang auf der Reise waren und lediglich das wichtigste in Taschen dabeihaben. Es ist schrecklich.

Welche Hilfe bietet ihr Geflüchteten konkret an? Kurzfristig und vor allem langfristig? Wir bieten den Menschen die Möglichkeit, nach Frankfurt zu kommen, um dort kurzfristig in einem Hotel zur Ruhe zu kommen. Wir organisieren die wesentlichen Behördengänge, Arzttermine und stellen die Versorgung an Lebensmitteln und Kleidung sicher. Ein erstes Startgeld zur Wiedererlangung der Selbstbestimmtheit gibt es auch. Wir haben festgestellt, dass wenn ein Konflikt wie in der Ukraine so plötzlich ausbricht, die privat organisierten Helfer die ersten sind, die unbürokratisch und schnell Hilfe leisten können, so lange bis karitative und/oder institutionelle Organisationen ihre Prozesse installiert haben. Wir hoffen, dass wir bald auf diese offiziellen Prozesse zurückgreifen können, da eine Skalierung der Hilfestellung in dieser Form sehr aufwendig ist und uns dafür Helfer fehlen.

Dann gibt es ja auch noch Corona. Kann diesbezüglich Rücksicht genommen werden, wo es anderenorts zum Teil ums nackte Überleben geht? Das war eine essentielle Frage, die wir uns zu Beginn unserer Reise gestellt haben. Wie gehen wir vor Ort vor? Testen wir die Familien vor Abfahrt? Lassen wir Familien kurzfristig zurück, wenn der Test positiv ausfällt? Ehrlicherweise stellt sich die Frage vor Ort nicht mehr. Wenn man dort in der Turnhalle steht, mit seinen Emotionen kämpft, dann gibt es nur eine Antwort: Ab ins Auto, es geht los, wir bringen euch hier raus!

Wie ist die Zusammenarbeit mit offiziellen Stellen, mit den Behörden hier in Frankfurt und an der Grenze? Die Zusammenarbeit mit dem Auffanglager in Lublin ist sehr gut. Es dauerte etwas, bis wir deren Vertrauen gewinnen konnten. Nun aber erhalten wir wöchentlich eine Übersicht der Dinge, die dringend gebraucht werden und können so bedarfsgerecht liefern. Die Zusammenarbeit mit den Stellen hier in Frankfurt etabliert sich langsam. Man stößt aber überall auf offene Türen. Nicht jede Hilfe scheint willkommen … Werdet ihr vor Ort mit offenen Armen empfangen oder gibt es auch Vorbehalte und Ablehnung? In Medyka gab es tatsächlich kaum Familien, die mit uns kommen wollten. Einerseits glauben die Menschen, relativ schnell wieder in ihre Heimat zurückkehren zu können. Andererseits ist das Misstrauen – zu Recht – sehr groß. Wir hatten zwar eine Frau dabei, waren aber ansonsten nur Männer und in keiner offiziellen Mission unterwegs.

Was können wir alle tun, um Geflüchteten zu helfen? Was brauchen sie aktuell am nötigsten? Zuallererst muss ich sagen, dass die Solidarität und Hilfsbereitschaft, die uns entgegengebracht wird, uns die Sprache verschlagen hat. Es ist ein toller Moment! Aktuell benötigen wir vor allem Geldspenden, um bedarfsgerecht Medikamente und Nahrungsmittel zu kaufen. Auch deshalb haben wir den Verein gegründet, um transparent und glaubwürdig nach außen auftreten zu können. Ferner benötigen wir Unterkunftsmöglichkeiten, um Familien mit speziellen Einschränkungen helfen zu können. Wir haben beispielweise eine Familie, bei denen die Eltern taubstumm sind. Diese Familie benötigt eine individuellere Hilfestellung und Unterkunft.

Was muss die Politik nun anbieten? Die Politik muss einen schnellen und unbürokratischen ProProzess entwickeln, damit den Menschen, die hier ankommen, individuell und professionell geholfen werden kann. Vor allem Mütter mit mehreren kleinen Kindern benötigen einen sensiblen Umgang.

Frankfurt hilft

Frankfurt hilft, organisiert Hilfstransporte mit notwendigen Medikamenten. Die Stadt hat ein Erstversorgungszentrum in der Frankfurter Messe eingerichtet, die Ämter arbeiten dezernatsübergreifend, um schneller helfen zu können, Geflüchtete erhalten freien Eintritt in Museen und Palmengarten. Musiker:innen und, Künstler:innen veranstalten Konzerte, deren Erlöse an Hilfsorganisationen gehen, Modemacher:innen, Sportvereine … Du und ich. Die Welle der Solidarität ist groß, die Hilfsbereitschaft ebenso. Doch nicht alles ist umsetzbar. Selbst gekochtes Essen, Babynahrung, Kleidung … Hilfe muss in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Die Stadt bittet darum, sich auf der Website frankfurt-hilft.de zu informieren, welche Hilfe gerade am dringlichsten benötigt wird und wohin diese geliefert werden kann. Aktuell werden Wickeltische, Fahrräder, aber auch Unterstützung beim Deutschlernen gesucht. In der derzeitigen Situation helfen Geldspenden an Hilfsorganisationen sehr. Die Stadt konzentriert sich derzeit darauf, Geflüchtete in leerstehende Wohnungen zu vermitteln. Wer ein Angebot hat, kann dieses per E-Mail an wohnraum@frankfurthilft.de schicken. Mitarbeitende werden sich dann melden.

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