6 minute read

INTERVIEW

Foto : © Charlie Rolff | Fuldaer Zeitung Freuten sich über die gelungene Premiere von „Robin Hood“ in Fulda: Chris de Burgh sowie Dennis Martin und Peter Scholz, die beiden Geschäftsfüher der spotlight musicals GmbH.

FÜR GERECHTIGKEIT UND FREIHEIT

Advertisement

Kürzlich feierte das Musical „Robin Hood“ seine Welturaufführung in Fulda. Das Stück komponierte Dennis Martin gemeinsam mit dem irischen Weltstar Chris de Burgh, dessen persönliche Familiengeschichte sich bis in die Zeiten von Richard Löwenherz zurückverfolgen lässt. Wir haben den Komponisten und Produzent Dennis Martin nach der Welturaufführung zum Interview eingeladen und mit ihm über Entstehungsprozesse von Musicals, Erfolg und seine Inspiration gesprochen.

Auf Bonifatius, Elisabeth und Die Päpstin folgt nun das Musical Robin Hood. Ein Stück mit einer ganz anderen Botschaft?

Eine ganz andere Botschaft würde ich nicht sagen, in allen genannten Stücken geht es im Kern um Identitätsfindung. Robin Hood beispielsweise findet zu sich selbst, indem er sich mit den Armen und Unterdrückten solidarisiert und für Gerechtigkeit und Freiheit kämpft.

Ihr Anspruch ist es, Musicals mit historischem Hintergrund am Originalschauplatz zu spielen. Was ist dabei die größte Herausforderung?

Der Originalschauplatzbezug ist nicht unser unbedingter Anspruch, aber viele unserer Stücke wurden tatsächlich an den jeweiligen Schauplätzen des historischen Kontextes aufgeführt. Wir haben 2004 unser erstes Musical Bonifatius in Fulda zum Geburtsjubiläum des Stadtgründers Bonifatius uraufgeführt. Das Interesse der Menschen vor Ort war dementsprechend groß und darüberhinaus hatte es natürlich auch für die überregionalen Besucher einen gewissen Reiz. Mittlerweile sind 75 % unserer Gäste Besucher aus ganz Deutschland. Der Originalschauplatz ist zumindest in Fulda kein Kriterium mehr für weitere Uraufführungen.

Mit „Die Päpstin – Das Musical“ übertrafen Sie alle Erwartungen und Ihr Unternehmen erlangte internationale Aufmerksamkeit. Und Sie haben – um nur einige zu nennen – mit den Pointer Sisters, La Toya Jackson und Meat Loaf zusammengearbeitet. Wie bleibt man da auf dem Boden?

Der Erfolg kam nicht über Nacht, sondern er ist im Laufe der vergangenen 20 Jahre stetig gewachsen. Insofern konnte ich das immer gut einordnen.

Das Musical „Robin Hood“ haben Sie gemeinsam mit Chris de Burgh komponiert. Gab es einen Moment in dieser Zusammenarbeit, den Sie nie vergessen werden?

Chris und ich haben mit „Robin Hood“ viel gemeinsame Zeit verbracht, auch bedingt durch die zweijährige Verschiebung der Premiere wegen der Coronapandemie. Aus der Zusammenarbeit ist eine enge Freundschaft entstanden, wir sehen uns oft und haben fast täglich Kontakt. Insofern gibt es viele unvergessliche Momente, vor allem bin ich um unzählige Anekdoten der Rock- und Popgeschichte reicher! Aber einen Moment kann ich herausheben, und zwar den Moment kurz bevor wir zum Schlussapplaus der Premierenvorstellung auf die Bühne gehen wollten. Da sah er mich an, stolz, aber auch völlig aufgelöst und sagte: „Unbelievable, it really did happen!“ Da kamen uns beiden die Tränen.

Zahlreiche Musicals sind unter Ihrer Feder entstanden? Was inspiriert Sie?

Ich bin ehrlich. Man darf sich das nicht zu romantisch vorstellen. Mein spotlight-Geschäftsführerkollege Peter Scholz und ich diskutieren permanent Themen und Ideen für neue Musicals.

Hierbei ist natürlich auch entscheidend, welches kommerzielle Potenzial wir sehen, denn unsere Produktionsfirma ist mittlerweile nicht mehr so ganz klein und daher vom kommerziellen Erfolg unserer Stücke abhängig. Aber natürlich muss

mich ein Thema auch künstlerisch inspirieren, sonst würde es keinen Sinn machen. Darüber hinaus inspiriert mich für meine kreative Arbeit jegliche Art der sinnlichen Erfahrung. Vor allem lese ich viel, Romane, Gedichte, philosophische Texte, daher kommen schon eine Menge Querimpulse, die mich auf Ideen bringen.

Wie müssen wir uns den Prozess der Entstehung vorstellen?

Am Anfang steht eine relativ zeitaufwendige und umfangreiche Recherche zum jeweiligen Thema des Stückes, Romanvorlagen, Sekundärliteratur zum realhistorischen Kontext etc. Dann entwickelt man einen Plot und eine erste Szenenfolge. Erst wenn man für jede Szene ein konkretes Bild vor Augen hat, entstehen die ersten musikalischen Skizzen und Liedtextfragmente. Und so fängt das Stück dann an, langsam zu wachsen. Man kann es sich vielleicht vorstellen wie ein Puzzle, bei dem die einzelnen Puzzleteile immer kleiner werden.

MAN LERNT SEINE EIGENEN FIGUREN IM LAUFE DER ARBEIT IMMER BESSER KENNEN UND SIE WERDEN SOGAR OFT ZU EINER ART ALTER EGO.

Es gilt als ungeschriebenes Musical-Gesetz: Eine Figur darf am Anfang des Stücks nie identisch sein mit der Figur am Ende. Wie entwickeln Sie Ihre Figuren?

Dieses „Gesetz“ gilt nicht nur für das Genre Musical, sondern für nahezu jede dramatische Form des Geschichtenerzählens. Nur aus der Entwicklung der Figuren kann sich Handlung entfalten. Man hat am Anfang schon eine vage Vorstellung von den jeweiligen Charakterprofilen, aber die Figuren entwickeln sich erst im Schreibprozess, vor allem auch in Abhängigkeit zueinander. Man lernt seine eigenen Figuren im Laufe der Arbeit immer besser kennen und sie werden sogar oft zu einer Art Alter Ego.

Die Bühne des Fuldaer Schlosstheaters ist relativ klein und Sie zeigen trotzdem eine opulente Musical-Produktion. Was waren die technischen Hürden und wie haben Sie diese gemeistert?

Das Schlosstheater hat knapp 700 Sitzplätze, ganz so klein ist das gar nicht. Außerdem ist die technische Ausstattung des Theaters sehr gut. Aber ja, wir reizen die technischen Möglichkeiten des Theaters ziemlich aus. Wir haben uns seit unserer ersten Spielzeit 2004 ein recht großes produktionstechnisches Know-how angeeignet und ich denke, dass man das unseren Shows auch ansieht.

Sie haben einen Wunsch frei: Mit welcher Persönlichkeit würden Sie gern ein Stück komponieren?

Da würden mir tatsächlich einige einfallen, aber aus jeweils ganz unterschiedlichen Gründen. Der Musicalkomponist Stephen Sondheim, der leider im vergangen Jahr verstorben ist. Er ist eines meiner größten Vorbilder, Sweeney Todd ist eines meiner Lieblingsmusicals. Er hat auch am Libretto der „West Side Story“ mitgeschrieben, übrigens auch ein absolut einzigartiges Meisterwerk. Richard Wagner, ein musikdramatisches Genie, er hat das Musiktheater entscheidend geprägt und weiterentwickelt, seine Musik entfaltet eine derart suggestive Kraft, phänomenal! Billy Joel, ich halte ihn für einen der begnadetsten Songwriter der letzten 50 Jahre. Ich verstehe nicht, warum er nie

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit am besten?

Dass sie meine kreativen Interessen optimal miteinander verbindet. Ich habe mich schon immer gleichermaßen als Musiker und Textautor definiert. Ich komponiere zwar auch öfter mit andern Textern zusammen, aber ich mische mich grundsätzlich in die Textarbeit mit ein. Das Gespür für die Verbindung von Wort und Ton würde ich zu meinen größten Stärken zählen. Außerdem bietet das Genre Musical ein sehr breites musikalisches Spektrum. Im Grunde ist man stilistisch völlig frei und kann vor allem alles mit allem kombinieren, eine tolle Spielwiese.

Was wird Ihr nächstes Projekt sein?

Wir arbeiten derzeit an drei bis vier neuen Projekten. Welches dann schlussendlich das nächste sein wird, entscheidet sich im Laufe des restlichen Jahres. Mehr will ich im Moment noch nicht verraten.

Was bedeutet Glück für Sie?

Glück empfinde ich immer dann, wenn mir bewusst wird, dass ich ein erfülltes Leben führe. Im Privaten bedeutet das, mit meiner Familie und Freunden Zeit zu verbringen, meine Kinder aufwachsen zu sehen. Mein Beruf macht mich glücklich, weil ich die Freiheit habe, mich kreativ zu verwirklichen und ich weiß, dass das keine Selbstverständlichkeit ist, sondern dass dies auch etwas mit einer gehörigen Portion Glück zu tun hat.

Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Zeit und wünschen Ihnen zahlreiche Besucher bei Robin Hood und uns unvergessliche MusicalAbende.

›› www.spotlight-musicals.de

Die unter der Regie von Matthias Davids inszenierte Produktion wirkt kraftvoll und rasant.

This article is from: