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Coöperatie Hoogstraten „Unser Sektor hat schon viele Krisen überstanden“
„Unser Sektor hat schon viele Krisen überstanden“
Coöperatie Hoogstraten ► Mit Spannung hatte die Branche schon auf die nächsten Schritte der im Februar vorigen Jahres bekannt gewordenen Fusionspläne zwischen der Coöperatie Hoogstraten und REO Veiling gewartet. Doch dann wurden die Gespräche zwischen beiden Unternehmen im Oktober 2022 ergebnislos beendet. Zu große Unterschiede hätten sich in operativer und organisatorischer Hinsicht abgezeichnet, um einen Zusammenschluss zu wagen, hieß es in der gemeinsamen Stellungnahme. Die Herausforderungen der Märkte und des Obst- und Gemüsegeschäftes insgesamt haben sich unterdessen weiter vergrößert. Wie reagiert ein Anbieter, der in geringerem Maße diversifiziert ist, darauf? Darüber sprach ich mit Sales & Marketing Manager Jan Engelen. Michael Schotten
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Jan Engelen ist ein Obst- und Gemüseprofi mit langjähriger Branchenerfahrung und weiß daher auch ganz genau, dass es nicht einfach ist, zwei Unternehmen mit einer langen Tradition zusammenzuführen. „Am Ende hat es doch nicht ganz gepasst, weil es über die genannten organisatorischen Gründe hinaus natürlich auch schwierig ist, unterschiedliche Unternehmenskulturen, die über einen Zeitraum von vielen Jahren gewachsen sind, zusammenzuführen. Wichtig ist aber auch, dass die Verhandlungen immer in einer Atmosphäre gegenseitigen Respekts für die jeweils andere Seite stattfanden. Auch wenn es nicht für einen Zusammenschluss gereicht hat, werden beide Unternehmen weiterhin punktuell zusammenarbeiten. So, wie wir es immer getan haben“, sagte Jan Engelen. Der starke Zusammenhalt in der Branche sei u.a. auch auf den hohen genossenschaftlichen Organisationsgrad in Belgien zurückzuführen, wovon die angeschlossenen Mitgliedsbetriebe in hohem Maße profitieren könnten. Liquidität spielt dabei eine zentrale Rolle. „Insbesondere die Möglichkeiten der GMO-Förderung werden in Belgien gut umgesetzt, weil der Sektor als Ganzes gesehen sehr eng zusammenarbeitet und vernetzt ist. Teil einer genossenschaftlichen Vermarktungsorganisation zu sein, bedeutet eben auch ein Plus an Sicherheit, vor allem in finanzieller
(v.l.) Jan Engelen, Eva Vanmarcke und Geert Koyen sind trotz der schwierigen Situation für die Zukunft zuversichtlich.
Hinsicht. Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten, wie wir sie derzeit ohne Frage haben, ist es für die Betriebe wichtig, dass sie ihr Geld nicht erst nach 90 Tagen, sondern bereits im Laufe von zehn Tagen oder zwei Wochen erhalten“, führte Jan Engelen weiter aus.
Eingeschränkte Winterproduktion
Wie wichtig kurze Zahlungsziele sind, lässt sich vor dem Hintergrund der aktuellen extrem angespannten Kostensituation in der gesamten Obst- und Gemüsebranche sehr gut verstehen. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette sind die Kosten überproportional in die Höhe geschossen. Dies macht sich bei Coöperatie Hoogstraten in besonderem Maße bemerkbar, weil das Unternehmen mit Tomaten und Erdbeeren zum einen zwei Produktschwerpunkte hat, die wesentlich stärker als andere Produkte von der Krise betroffen sind und bei denen ein Großteil der Produktion in Belgien aufgrund der extrem hohen Energiekosten in den kommenden Wochen und Monaten nur stark eingeschränkt erfolgen wird. Zum anderen ist das Gesamtangebot des Unternehmens und damit auch die logistische Infrastruktur sehr stark auf diese beiden Kernartikel zugeschnitten, auch wenn Coöperatie Hoogstraten Erzeugnisse wie Paprika, Gurken, Beerenobst oder Kirschen ebenfalls anbietet. „Man könnte sagen, dass wir viel von wenig haben, aber wir werden auch mit dieser Situation klarkommen. Dazu gehört auch, dass wir einen guten Teil unserer Arbeitskräfte in den Monaten mit geringerer Auslastung sinnvoll und vorausschauend beschäftigen werden, um optimal vorbereitet in die nächste Saison starten zu können. Ein Teil der Arbeitskräfte wird für diesen Zeitraum z.B. auch in andere Tätigkeiten vermittelt. Mit Blick auf das Marktgeschehen insgesamt bedeutet es aber auch, dass wir im Grunde keine Produktion von Wintererdbeeren haben werden und dass sich der Beginn der neuen Kampagne in
2023 deutlich verzögern wird. Auch bei Tomaten werden unsere Erzeuger voraussichtlich erst Mitte März anpflanzen. Im Grunde genommen ist es dann wieder so, wie es früher immer schon war. Bevor wir in die Winterproduktion eingestiegen sind, um dem Lebensmitteleinzelhandel ganzjährige Programme bieten zu können. Allerdings werden dann im nächsten Frühjahr, wenn die Produktion an Fahrt aufgenommen hat, große Mengen auf einmal auf die Märkte drängen“, so Jan Engelen.
Gute Chancen für Premiumware
Normale Mechanismen des Marktes also, deren Rahmenbedingungen sich auch kurzfristig wieder komplett ändern können. Wichtig ist es laut Jan Engelen aber nun für Coöperatie Hoogstraten, nicht nur das Tagesgeschäft im Blick zu haben, sondern die grundsätzliche Positionierung des Unternehmens im Markt erneut in den Fokus zu rücken. „Wir werden vor diesem Hintergrund die schon vor den Fusionsplänen begonnene innerbetriebliche Strategieanalyse konsequent fortsetzen, um die Potenziale für eine höhere Effizienz der Prozesse und die Nutzung von Synergien ausloten zu können, um sich letztlich noch gezielter auf Märkte und Kunden auszurichten.“ Grundsätzlich sieht Jan Engelen für hochwertige Obst- und Gemüseerzeugnisse immer noch genügend Chancen im Markt, auch wenn für die Konsumenten derzeit andere Kriterien, insbesondere der Preis der Produkte, stärker in den Vordergrund getreten sind. „Auch für ‚Luxusprodukte‘ wie Premium-Erdbeeren wird nach der Krise wieder mehr Luft sein. Teilweise kann man das jetzt schon beobachten, z.B. in Großbritannien. Der Trend hin zu pflanzlichen Produkten wird auf lange Sicht anhalten, davon bin ich überzeugt. Veganer und Vegetarier steigern ihren Konsum von Jahr zu Jahr und das sind eigentlich gute Rahmenbedingungen für alle im Frischegeschäft. Unser Sektor hat schon viele Krisen überstanden – deshalb sollte man einerseits zwar vorsichtig, andererseits aber auch nicht zu pessimistisch für die Zukunft sein.“
Auch im Tomatenbereich wird es in diesem Winter praktisch keine Produktion geben.
In ‚normalen‘ Jahren gehört die Coöperatie Hoogstraten zu den führenden Anbietern von Gewächshauserdbeeren in Nordwesteuropa.
Foto: Coöperatie Hoogstraten Foto:Coöperatie Hoogstraten
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