Besa – ein Ehrenkodex

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Besa – ein Ehrenkodex Wie Albaner im 2. Weltkrieg Juden retteten

Als fast alle das Falsche taten, handelten einige richtig

Eine Ausstellung von Yad Vashem über eine weitgehend unbekannte Episode aus der Zeit des 2. Weltkrieges: Verfolgte Juden aus ganz Europa fanden Zuflucht in Albanien. Albanische Familien retteten ihre Gäste vor der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik, indem sie sie als Familienangehörige ausgaben oder versteckten. Ungeachtet der religiösen und ethnischen Unterschiede bewiesen diese albanischen Familien in einer dunklen Zeit Zivilcourage und Menschlichkeit.

Eine Ausstellung von Yad Vashem, Holocaust-Museum, Forschungs- und Gedenkzentrum, Jerusalem Une exposition de Yad Vashem, le musée, centre de recherche et mémorial de l’Holocauste, Jérusalem


Gerechte unter den Völkern In einer Welt totalen moralischen Zusammenbruchs gab es während der Herrschaft der Nationalsozialisten in Europa eine kleine Minderheit von Menschen, die sich durch aussergewöhnlichen Mut auszeichnete, um menschliche Werte hochzuhalten. Sie stehen in drastischem Gegensatz zu der vorherrschenden Gleichgültigkeit und Feindseligkeit der breiten Massen während des Holocaust. Diese Retter behandelten die Juden als Mitmenschen, für die sie sich grundsätzlich verantwortlich fühlten. «Gerechte unter den Völkern» ist ein offizieller Ehrentitel und die höchste Auszeichnung, die von Yad Vashem im Auftrag des Staates Israel an nicht jüdische Personen verliehen wird, die während des Holocaust ihr Leben oder ihre Freiheit aufs Spiel setzten, um Juden vor der Verfolgung und Ermordung zu bewahren. Der Begriff «Gerechte unter den Völkern» (hebr. Chassidei Umot HaOlam) stammt aus den Schriften der jüdischen Weisen. Die Geehrten erhalten eine Medaille mit der Inschrift eines Satzes aus der jüdischen Tradition: «Wer ein einziges Menschenleben rettet, rettet damit gleichsam eine ganze Welt».

Behrije Seiti Borici© Norman H. Gershman

Die meisten Retter waren ganz gewöhnliche Menschen. Einige handelten aus politischer, ideologischer oder religiöser Überzeugung und andere sorgten sich einfach um ihre Mitmenschen. Manche werden für immer anonym bleiben. Bis heute hat Yad Vashem 25 271 «Gerechte unter den Völkern aus 44 Ländern und Nationalitäten anerkannt, darunter 45 Schweizer (Stand 1.1.2014). Es sind Christen aus allen Glaubensrichtungen und Kirchen, Muslime und Agnostiker, Männer und Frauen jeden Alters, jeder Schicht und aus den verschiedensten Berufen: Universitätsprofessoren, Lehrer, Ärzte, Geistliche, Nonnen, Diplomaten, einfache Arbeiter, Dienstboten, Widerstandskämpfer, Polizisten, Fischer, ein Zoodirektor, ein Zirkusbesitzer und viele andere. Yad Vashem hat 69 albanische «Gerechte unter den Nationen» ausgezeichnet.


Yad Vashem «Und ihnen will ich in meinem Haus und in meinen Mauern ein Denkmal und einen Namen (Yad VaShem) geben… der nicht getilgt werden soll.» Jesaja 56,5 Yad Vashem in Jerusalem ist das wichtigste Holocaust-Museum, eine Gedenkstätte, die sich die Erinnerung an den Holocaust und die Vermittlung seiner Bedeutung für kommende Generationen zur Aufgabe gemacht hat. Es wurde 1953 gegründet und ist heute eine dynamische und lebendige Begegnungs- und Ausbildungsstätte für Menschen aller Generationen und Nationen. Die Ausstellung Besa – ein Ehrenkodex wurde von Yad Vashem produziert und ist eine Leihgabe an das Projektteam.

«Es gab keine Regierungsverschwörung, keine Untergrundbewegung, keinen organisierten Widerstand egal welcher Art – nur Albaner, die als Einzelpersonen allein und unabhängig handelten, um das Leben von anderen Menschen, das unmittelbar bedroht war, zu retten. Meine Porträts und ihre Geschichten sollen ihre Menschlichkeit, ihre Würde, ihre religiösen und moralischen Überzeugungen und ihren stillen Mut reflektieren.» – Norman H. Gershman

Was ist Besa? Besa heisst «ein Versprechen halten» – es ist ein Ehrenkodex, der zentral in der albanischen Kultur verankert ist. Jemand, der nach dem Prinzip Besa handelt, ist jemand, der sein Wort hält, dem man sein eigenes Leben und das seiner Familie anvertrauen kann. Albaner, Christen wie Muslime, bezeugen, dass Besa ihre Motivation war, ein grosses persönliches Risiko einzugehen, um Juden während des Zweiten Weltkrieges zu retten.

Norman H. Gershman © Eye Contact Foundation

Der Fotograf: Norman H. Gershman Der US-amerikanische Fotograf Norman H. Gershman reiste zwischen 2003 und 2008 durch Albanien und den heutigen Kosovo, wo er Geschichten von jenen Menschen sammelte, die während des Zweiten Weltkrieges Juden bei sich aufgenommen hatten. In seinen vielen Interviews erhielt er auf die Frage, warum sie denn Juden retteten, die immer gleiche Antwort: Besa! Das bedeutet wörtlich «das Versprechen halten» und impliziert Verantwortung für jene in Not zu tragen.


Albanien im Zweiten Weltkrieg Albanien, ein kleines, bergiges Land an der Südostküste der Balkanhalbinsel, hatte vor dem Zweiten Weltkrieg eine Bevölkerung von 803 000 Einwohnern. Die einheimische, jüdische Gemeinde bestand aus nur 200 Mitgliedern. Ende der 1930er und anfangs der 1940er Jahre fanden viele Juden aus Europa Zuflucht in Albanien. Es gibt keine genauen Angaben über deren Anzahl, aber verschiedene Quellen gelangen zu der Einschätzung, dass zwischen 600 und 1 800 jüdische Flüchtlinge aus Deutschland, Österreich, Serbien, Griechenland und Jugoslawien nach Albanien kamen, in der Hoffnung, von hier aus ins damalige Palästina oder an andere Zufluchtsorte zu gelangen. Albanien wurde im Jahr 1943 von den Deutschen besetzt. Als den Juden in Tirana Anfang 1944 befohlen wurde, sich bei der Gestapo zu melden, verhalfen ihnen Albaner zu gefälschten Papieren oder versteckten sie in ihren Dörfern.

Zeichen der Dankbarkeit

Lime Balla © Norman H. Gershman

Diese Rettungsgeschichte stiess in Israel auf grosses Interesse und vertiefte die Sympathie für Albanien. Die beeindruckende Zivilcourage und Hilfe der Albaner in der dunkelsten Zeit der jüdischen Geschichte bewegte Israel zu einem offiziellen Dankesakt. Israel gewährte während des Kosovo-Krieges 1999 etwa 200 Kosovo-Albanern Asyl und


Besa-Wanderausstellung in der Schweiz Die Ausstellung wird von einem Rahmenprogramm begleitet, das Dialog und Begegnung zwischen verschiedenen Gruppen in der Schweiz fördert. Das abwechslungsreiche Programm aus Podien, Kultur und Begegnungen mit Zeitzeugen thematisiert aktuelle gesellschaftliche Fragen wie Toleranz, Menschlichkeit, Zivilcourage und Integration. • Basel, 8. – 22. Mai 2014, Union Kultur- und Begegnungszentrum • Biel, 11. September –19 . September 2014, Aula Bildung Formation Biel • Solothurn, 20. – 25. Oktober 2014, Pädagogische Hochschule • Aarau, 27. Oktober – 1. November 2014, Reithalle • Windisch, 3. – 15. November 2014, Campus FHNW • Zürich, 18. Nov. – 5. Dez. 2014, Pädagogische Hochschule Zürich • Bern, 9. Dezember 2014 – 4. Januar 2015, Kornhausforum • Luzern, 5. – 27. Januar 2015, Kornschütte • St. Gallen, 2. – 13. März 2015, Pädagogische Hochschule • Fribourg, 15. – 31. März 2015, Universität Fribourg Weitere Ausstellungen in der Romandie in Planung

Ein Beispiel aus der Ausstellung Erzählt von Lime Balla: Ich wurde 1910 geboren. Im Jahr 1943, zur Zeit

des Ramadan, kamen 17 Leute aus Tirana in unser Dorf, Shengjergji. Sie waren alle auf der Flucht vor den Deutschen. Am Anfang wusste ich nicht, dass sie Juden waren. Wir teilten sie unter den Dorfbewohnern auf. Wir nahmen drei Brüder namens Lazar auf. Wir waren arm – wir hatten nicht einmal einen Esstisch – aber wir erlaubten ihnen kein einziges Mal, für Essen oder Unterkunft zu bezahlen. Ich ging in den Wald, um Holz zu hacken und Wasser zu holen. Wir zogen Gemüse in unserem Garten, so hatten wir jede Menge zu essen. Die Juden blieben für 15 Monate in unserem Dorf versteckt. Wir kleideten sie wie Bauern, wie uns selbst. Sogar die Ortspolizei wusste, dass das Dorf Juden versteckte. Ich kann mich erinnern, dass sie viele verschiedene Sprachen sprachen [...].

Israelisches Feldlazarett © IDF

errichtete in Mazedonien ein Feldlazarett für Flüchtlinge.


Patronatskomitee Ruth Dreifuss Alt-Bundesrätin, Martine Brunschwig Graf Präs. der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, Dr. Herbert Winter Präs. des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG), Dr. Hisham Maizar Vorsitzender des Schw. Rats der Religionen, Präs. der Förderation Islamischer Dachorganisationen in der Schweiz, Jeton Kryeziu Präs. des Rats der Albaner und Albanerinnen in der Schweiz, Gabrielle Rosenstein Präs. des Vereins Schweizer Jüdischer Fürsorgen, Dr. Ronnie Bernheim Präs. der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus GRA, Valon Behrami Schweizer Fussball-Nationalmannschaft, Avi Rikan FCZ, Dr. iur. Margrith Bigler-Eggenberger erste Bundesrichterin der Schweiz, Stifterin des Biglerpreises, Elina Duni albanische Sängerin, Sindi Arifi Miss Suisse Romande 2014, Rolf Alther Präs. der Gesellschaft Schweiz-Albanien, Corina Eichenberger-Walther Nationalrätin, Präs. der Gesellschaft Schweiz-Israel, Albert Ramaj Präs. des Albanischen Instituts St. Gallen, Dr. Bashkim Iseni Dir. Albinfo, S.E. Ilir Gjoni Botschafter Albaniens in Bern, S.E. Yigal B. Caspi Botschafter Israels in Bern, S.E. Naim Malaj Botschafter Kosovos in Bern.

Partner PHZH Pädagogische Hochschule Zürich • PHLU Pädagogische Hochschule Luzern • FHNW Pädagogische Hochschule Nordwestschweiz • PHSG Pädagogische Hochschule St. Gallen • U niversität Fribourg, Departement für Historische Wissenschaften, Bereich Zeitgeschichte • Projekt «Respect: Muslim- und Judenfeindlichkeit gemeinsam überwinden» • Zentrum für Jüdische Studien, Universität Basel • Bildungsdirektion Kanton Zürich

Wir danken FÜR DIE UNTERSTÜTZUNG Adolf und Mary Mil-Stiftung • Georges und Jenny Bloch-Stiftung • Dr. h.c. Emile Dreyfus-Stiftung • Dr. Georg & Josi Guggenheim-Stiftung • Stiftung Irène Bollag-Herzheimer: Kant. Fachstelle für Integrationsfragen, Zürich • Stiftung Dialog zwischen Kirchen, Religionen und Kulturen • Saly Frommer-Foundation • Alfred und Ilse Stammer-Mayer Stiftung • Sophie und Karl Binding Stiftung • Botschaften von Albanien, Israel und Kosovo • Luan Toqani • Privatgönner • zahlreiche freiwillige HelferInnen


Stimmen zur Ausstellung Dr. Bashkim Iseni, Direktor Albinfo: «Wir unterstützen diese Ausstellung sehr. Sie erinnert an ungewöhnliche Momente des Mutes und der menschlichen Empathie von Albanern, die ihre jüdischen Mitmenschen vor Deportation und Vernichtung retteten. Dieses historische Schicksal der Juden berührt uns, da auch wir nur wegen unserer albanischen Zugehörigkeit Opfer kollektiv organisierter Gewalt waren.» Dr. Herbert Winter, Präs. Schweizerischer Israelitischer Gemeindebund: «Diese Ausstellung liegt mir ganz besonders am Herzen, ist sie doch für mich ein Pendant zur Aktion ‹Schweizer Juden helfen Kosovo-Flüchtlingen›, die ich während des Kosovo-Krieges in den 90iger Jahren initiiert habe. Diese Aktion, welche viele Spenden aus der jüdischen Gemeinschaft zugunsten der Kosovo-Flüchtlinge einbrachte, war für mich ein kleines Zeichen des Dankes und der Anerkennung für das, was die albanische Bevölkerung für die Juden im Zweiten Weltkrieg getan hat. In unseren Kulturen, der muslimischen und jüdischen, ist Menschlichkeit oberstes Gebot. Dazu gehört auch der uneigennützige Einsatz für den Andern.» Dr. Hisham Maizar, Präs. Schweizer Rat der Religionen und der Föderation Islamischer Dachorganisationen Schweiz: «Teil des Patronatkomitees einer solch beispielhaften, die Grenzen von Religionen, Ethnien und Generationen überschreitenden Veranstaltung sein zu dürfen, ist für mich Ehre und herzliches Anliegen zugleich. Vor siebzig Jahren war die Welt Zeuge, was der faschistische Nationalsozialismus Europas an den Juden verübt hat. Schatten dieses Gräuels sind omnipräsent, ebenso seine antisemitische Auswirkungen. Dennoch gibt es Lichtblicke. Nicht die Kapitulation vor dem Bösen ist der Weg zur Hoffnung, sondern der Glaube an den Willen und das Gute in jedem von uns.»

Handelskammer Schweiz-Israel Chambre de Commerce Suisse-Israël Chamber of Commerce Switzerland-Israel


Besa – ein Ehrenkodex Wie Albaner im 2. Weltkrieg Juden retteten

Impressum Eine Ausstellung von Yad Vashem, Holocaust-Museum, Forschungs- und Gedenkzentrum, Jerusalem. Präsentiert von den Schweizer Freunden Yad Vashems; Fotografie: Norman H. Gershman Projektleitung: Esther Hörnlimann und Sandra Hoffmann Design: Fruitcake W + P AG; Kreative Leitung: Lahor Jakrlin; Grafik: Kaya Murer und Anja Materny; Webmaster: Christoph Liebi; Handling, Assistenz: Christine Kohli und Sonja Imoberdorf Stand: September 2014 Spenden zugunsten der Ausstellung: Postkonto 85-720137-0 Besa-Wanderausstellung Schweiz, 3006 Bern IBAN: CH43 0900 0000 8572 0137 0

Organisatoren Die Ausstellung entstand auf Initiative von Alain Pichard, Sandra Hoffmann, Esther Hörnlimann und Lahor Jakrlin – das Quartett arbeitet ehrenamtlich. www.besa-expo.ch

www.facebook.com/besaausstellung Infos zu Führungen für Schulklassen/Jugendgruppen Email: info@besa-expo.ch; www.besa-expo.ch/Schulen


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