Menschen mit Förderbedarfen den und auf die Arbeitswelt vorbereiten HORGANIC

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Menschen mit Förderbedarfen den und auf die Arbeitswelt vorbereiten HORticulture GArdening learNIng spaCes (Lernräume für Hortikultur und Gartenbau)

Autoren Galabina Tarashoeva, Bulgaria (Mental Health Centre Professor Nikola Shipkovenski) Hartmut Haendeler, Roland Roehner and Gesa Schiller, Germany (CJD Frechen) So wie die Bäume, so wachsen auch Menschen und verändern sich ‐ selbst wenn wir uns dessen nicht bewusst sind. Neue Dinge zu lernen kann uns dabei helfen, uns in die richtige Richtung zu entwickeln, aus uns das Beste zu machen, den Blick in den Himmel zu richten, uns größeren Herausforderungen zu stellen. Lernen ist ein exzellentes Instrument, das uns und stärkt, insbesondere jene, die von sozialer Ausgrenzung bedroht sind, z.B. Menschen mit Förderbedarf. HORGANIC ist jener Samen, den eine Gruppe von Organisationen 2012 aussäte, die daran arbeitet, die Lebensqualität jener Zielgruppe zu erhöhen, und der wuchs und sich zu einer Lernerfahrung entwickelte, die wir Ihnen in vorliegendem Handbuch vorstellen. Aktiv zu sein, ein produktiver Teil unserer Gesellschaft zu sein, mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten, ein besserer Bürger zu sein… dies ist etwas, das wir alle sein und tun sollten ‐ aber es ist auch etwas, das nicht für jeden Einzelnen so einfach zu erreichen ist. Ausbildungsmöglichkeiten für Erwachsene mit Förderbedarf sind in Europa sehr rar gestreut ‐ HORGANIC versucht, diese Lücke dank des positiven Einflusses von Gartenarbeit und dem unmittelbaren Kontakt mit der Natur zu schließen. Es ist erwiesen, dass mit Pflanzen und der Natur verbundene Tätigkeiten insbesondere Menschen mit Förderbedarf zugute kommen, und wir wollen uns diese Tatsache zunutze machen. Das HORGANIC‐Projekt ist eine 3‐Jahres‐Initiative, die von der spanischen Organisation INTRAS Foundation ins Leben gerufen und geleitet wird. Mitbegründer ist die Europäische Kommission (Lifelong Long Learning Programme), Kooperationspartner sind das deutsche CJD Frechen, die slowenische Organisation OZARA und das bulgarische Mental Health Centre „Prof. N. Shipkovenski“. Einklang mit der Natur, Chancengleichheit und vor allem der Glaube an lebenslanges Lernen als treibende Kraft stellen die Grundsätze von HORGANIC dar. Und heute können wir sagen, dass wir diese Ziele im HORGANIC‐Kurs erreicht haben: Wir haben, basierend auf der Methodik des Erfahrungslernens, eine innovative Ausbildungsmethodik erarbeitet, mithilfe derer Erwachsene mit Förderbedarfen die technischen Fähigkeiten des Gartenbaus und der Hortikultur erwerben sollen. Gleichzeitig erwerben sie auch die sozialen Kompetenzen, die in der Arbeitswelt nötig sind. Der deutsche Kooperationspartner – das CJD Frechen – hat den Lehrplan für den HORGANIC‐Kurs erstellt. Als Berufsbildungswerk ist das Hauptziel des CJD Frechens, Menschen bei ihrem Berufseinstieg und Eintritt in den Arbeitsmarkt zu unterstützen. Folglich ist das CJD Frechen auf der Suche nach innovativen Möglichkeiten, die Teilnehmer bestmöglich für ihren Berufseinstieg auszurüsten und so vorzubereiten, dass sie langfristig eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt haben. Die Ausbildung im Gartenbau stellt einen der angebotenen Ausbildungszweige des CJD Frechens dar und besteht gleichermaßen aus professionellen praktischen und theoretischen Anteilen. Der Lehrplan war auf insgesamt 81 Sitzungen angesetzt und beinhaltete nützliche Informationen bezüglich der Ausführung der Sitzungen für die Trainer sowie Hinweise bezüglich der Wetterbedingungen und interessante Zusatzinformationen, wie beispielsweise Rezeptvorschläge für das geerntete Gemüse oder geschichtliche Ereignisse, die in Zusammenhang mit dem Gemüse


stehen. Die Trainer erhalten einen Ablaufplan für den Tag sowie Hintergrundinformationen darüber, worauf sie in ihren Einheiten achten müssen, wie zum Beispiel welche Aufgaben ein Verletzungsrisiko bergen. Unter den behandelten Themenbereichen befinden sich verschiedene Bereiche des Gartenbaus, wie zum Beispiel die Grundlagen der Botanik, Arbeitsschutz, Gartenwerkzeug, die verschiedenen Arten von Samen und Gartenerde, wie man ein sicheres Vogelnest oder eine Kartoffelkiste baut, die Einbindung von Nutztieren und die Erkennung von Pflanzenkrankheiten und ‐ schädlinge. Außerdem haben die Teilnehmer gelernt, verschiedene Gemüsesorten zu säen, anzupflanzen, zu stechen, zu ernten und das Gemüse zu verarbeiten. In den einzelnen Lerneinheiten erlernen die Teilnehmer zum einen die praktischen Kompetenzen, wie zum Beispiel der Umgang mit dem Hammer und der Säge, und zum anderen, wie feinfühlig man bei dem Umgang mit Setzlingen sein muss, um sie nicht zu beschädigen. Aber warum genau ist die HORGANIC‐Ausbildung so innovativ? Neben den zweimal wöchentlich angesetzten Sitzungen zum Gartenbau nehmen die Teilnehmer einmal in der Woche an einem methodologischen Training teil. Hierbei handelt es sich um Psychodrama‐Workshops und Soziodrama‐Workshops, in denen die Teilnehmer mithilfe von Rollenspielen persönliche und soziale Kompetenzen erwerben sollen, die im Arbeitsleben unabdingbar sind. Das bulgarische Mental Health Centre (MHC) „Prof. N. Shipkovenski“ hat die Methodik des Erfahrungslernens entwickelt. Ziel des Erfahrungslernens ist es, die sozialen Kompetenzen der Teilnehmer zu fördern, sie während ihrer Ausbildung und ihres Einstiegs auf dem Arbeitsmarkt zu unterstützen und sie zu motivieren, lebenslanges Lernen beizubehalten und ihre persönliche Entwicklung zu fördern. Ein Kurs im Rahmen des Erfahrungslernens umfasst 37 Sitzungen á 90 Minuten. In jeder dieser Sitzungen liegt das Hauptaugenmerk auf der Gruppendynamik. Die Teilnehmer sollen in diesen Sitzungen die Möglichkeit erhalten, ihre Erfahrungen und Probleme, die während der Gartenbausitzungen aufgetaucht sind, mit anderen zu teilen und mit den anderen Teilnehmer zusammenzuarbeiten. Die Methodik des Erfahrungslernens und der Lehrplan gehen Hand in Hand. Die Methodik des Erfahrungslernens zeichnet sich durch die verschiedenen Techniken, Aufgaben, Spielen, Rollenspielen und Akionssoziometrie aus, deren Ziele und Ausführung detailliert beschrieben sind. Obwohl die einzelnen Sitzungen Anreiz, Thema und Grundstruktur vorgeben, sind sie anpassungsfähig gestaltet und können auf die verschiedenen Bedürfnisse und Grundkenntnisse der verschiedenen Teilnehmer der Gruppen abgestimmt werden. Die Methodologie spricht sich außerdem für Offenheit gegenüber anderen Menschen und Kulturen aus. In der Einleitung des Manuals wird Grundwissen über die Elemente, Phasen und Techniken der Psychodrama‐Workshops sowie über Rollenspiele und Soziometrie vermittelt. Die Trainer von der spanischen Organisation INTRAS Foundation, des deutschen CJD Frechen und der slowenischen Organisation OZARA wurden von dem MHC „Prof. N. Shipkovenski“ geschult und in speziellen Schulungen mit der neuen Methodologie vertraut gemacht. Während der ersten Anwendung der Methodologie wurden die Trainer bei ihrer Arbeit durch Besuche vor Ort und durch das schriftliche Feedback von dem MHC „Prof. N. Shipkovenski“ begleitet. Dadurch konnten die Trainer nicht nur ihre Fähigkeiten verbessern, sondern auch zur Weiterentwicklung und zum Ausbau der Sitzungen im Bereich des Erfahrungslernens beitragen. Die neuartige Idee, diese Arbeitsfelder miteinander zu verbinden, basiert auf Studienergebnissen, die 2010 erhoben wurden und zu der Erkenntnis geführt haben, dass Arbeitgeber neben Professionalität die nachfolgenden Soft Skills fordern: Einsatzbereitschaft, Verantwortungsbewusstsein, Kommunikationsgeschick und Teamgeist sowie Belastbarkeit und Motivation. Aus diesem Grund ist es in der heutigen Zeit nicht ausreichend, das Training auf die Vermittlung von professionellen theoretischen und praktischen Kenntnissen und Fähigkeiten zu beschränken, um eine Arbeitsstelle zu bekommen. Teilnehmer müssen demnach sowohl darin geschult werden, professionell im jeweiligen Arbeitsfeld zu arbeiten als auch darin, wie man richtig kommuniziert, zusammenarbeitet, sich ausdrückt und mit Kritik umgeht. Bei der Entwicklung eines unterstützenden Systems, das es den Teilnehmern durch die Weitergabe aller notwendigen Kompetenzen ermöglicht, sich auf dem Arbeitsmarkt zu behaupten, wird die Versuchs‐und‐Irrtums‐Methode angewendet. Im Verlauf des HORGANIC‐Projektes hat sich die Kombination aus Psychodrama‐ und Gartenbausitzungen bewährt. Während der ersten Trainingsstunden in den drei Ländern hat sich gezeigt, dass die Teilnehmer viel besser lernen und


arbeiten können, wenn sie einen eigenen Raum für sich haben, in dem sie sich persönlich entfalten können. Einer der Trainer, die den HORGANIC‐Kurs auf organisatorischer Ebene umgesetzt hat, beschreibt seine Erfahrung in dem Kurs wie folgt: „Die Methodologie ist sehr erfolgreich, weil ihre grundlegende Struktur Klarheit und Einfachheit für beide Seiten – Ausbilder und Teilnehmer – mit sich bringt und für eine einfache Umsetzung seitens der Ausbilder und leichtes Verständnis seitens der Teilnehmer sorgt. Aufgrund des praktischen Charakters der Sitzungen bleiben Interesse und Motivation der Teilnehmer, die normalerweise Freizeitaktivitäten bevorzugen würden, erhalten. Außerdem ermöglicht es die klare Zielsetzung, sich auf die Arbeit zu konzentrieren und den professionellen Charakter der Arbeit zu wahren. So werden die Arbeitsziele besser erreicht. Der progressive Charakter – vom Allgemeinen zum Speziellen – ermöglicht den Teilnehmern, ihre Gefühle nach und nach auszudrücken und den Wandel, den sie dabei durchleben, schrittweise wahrzunehmen.“ Um Ergebnisse leichter vergleichen und die Bedürfnisse der Zielgruppe erfassen zu können, ist zu Beginn des HORGANIC‐Projektes in Spanien, Deutschland und Slowenien eine Umfrage mit insgesamt 107 Menschen mit unterschiedlichen Förderbedarfen durchgeführt worden. Die zentralen Problemfelder von Menschen mit Förderbedarf wurden ermittelt und deckten sich mit den Studienergebnissen bezüglich des Anforderungsprofils der Arbeitgeber. Weiterhin hat die HORGANIC‐Studie gezeigt, dass Menschen mit Förderbedarf besonders in ihrer Entwicklung von Selbstwertgefühl unterstützt werden müssen. Der HORGANIC‐Kurs wurde auf folgende Herausforderungen abgestimmt, die im Berufsleben auf einen zukommen: 1. Teamwork Die Studie hat ergeben, dass viele der Befragten im Bereich der Kommunikation, Sozialisation und Kooperation mit Arbeitskollegen auf Schwierigkeiten treffen. 16 % der Befragten brauchen bei der Zusammenarbeit mit andern Menschen Unterstützung. Es ist anzunehmen, dass diese Menschen generell Kommunikationsschwierigkeiten haben. Für diese Gruppe von Menschen mit Förderbedarfen ist der Erwerb sozialer Kompetenzen für die Ermöglichung beruflicher Perspektiven grundlegend. 23 % der Befragten sagten aus, keinerlei Unterstützung zu erhalten oder sich nicht sicher zu sein, welche zu erhalten. Der HORGANIC‐Kurs hat sich dieser Probleme angenommen und es hat sich herausgestellt, dass Spiele und Übungen in der Gruppe dazu beigetragen haben, Teilnehmer bereits in den ersten Workshops zu integrieren. Einer der Teilnehmer gab nach Beendigung des Kurses zu: „Alle in der Gruppe haben sich als Einheit gefühlt und es gab keinerlei Grüppchenbildung. Ich fand es auch toll, dass die Gruppe einen Ort symbolisiert hat, an dem man Gefühle in neuen Situationen ausdrücken konnte, die man vorher nicht ausdrücken konnte. Und es hat mir gefallen zu lernen, wie man neuen Menschen begegnet und Freunde findet.“ Wir haben unseren Fokus auf Zusammenarbeit gelegt – einer wichtigen Vorstufe der Gruppenarbeit. Ebenso bedeutsam sind die Fähigkeiten, sich anleiten zu lassen und Anweisungen Folge zu leisten. Die Gruppen haben gezeigt, dass nahezu alle Teilnehmer lieber Anweisungen ausführen, als welche zu erteilen; dennoch gab es vereinzelt Teilnehmer, die in unbestimmten Situationen unterbewusst die Führung übernommen haben. Die Trainer haben oft beobachtet, dass die Teilnehmer sich nach und nach gegenseitig unterstützt haben, „was zu Beginn des Projektes nicht der Fall war.“ Im weiteren Verlauf haben die Gruppenmitglieder verschiedene Fähigkeiten erworben, die in Zusammenhang mit Teamwork stehen: Konfliktbewältigung, Verantwortung, Freundschaft, soziale Kompetenzen im Zuge der Gruppenarbeiten im Gartenbau... Obwohl die Teilnehmer sich ziemlich unterscheiden (Kultur, Erkrankungen, Lebenserfahrungen...), konnten alle ohne größere Probleme an den Sitzungen teilnehmen. Alle Teilnehmer haben sich in ihrer Rolle eingefunden und die Wichtigkeit ihrer Person in der Gruppe erkannt als es darum ging, das Gruppenziel zu erreichen. Auf diesem Weg haben die Teilnehmer erkannt, wie wichtig ihre Arbeit im Alltag ist. Sie haben auch verstanden, dass man zusammenarbeiten muss, damit auch schwer erreichbare Ziele letztendlich erreicht werden können. 2. Ausdrucksfähigkeit Den Studienergebnissen zufolge besteht in der Zielgruppe ein hoher Bedarf an dem Erwerb von sprachlichen und kommunikativen Fähigkeiten. Die Anzahl an Befragten, die gar nicht darüber spricht


oder sich nicht sicher ist, ob sie über sich und ihre Kompetenzen sprechen könnten, ist mit 61 % besorgniserregend und zeugt von ernst zu nehmenden Schwierigkeiten. 25 % der Befragten bezeichnen sich als uninteressante Menschen; 30 % sind sich nicht sicher, ob ihr Leben für andere interessant ist, weshalb sie automatisch in ihrer eigenen kleinen Welt leben. Einer der Trainer beschreibt dieses Problem wie folgt: „… es ist uns zwar gelungen, die Teilnehmer dazu zu bewegen, ihre Gefühle und die Wichtigkeit ihrer Person auszudrücken, jedoch nur in Bezugnahme auf andere Teilnehmer und im Arbeitsumfeld.“ Ein anderer Trainer erklärte: „Allein die Tatsache, dass sie begonnen haben, über ihre eigenen Gefühle nachzudenken, ist ein großer Schritt für sie. Aber die Tatsache, dass sie diese auch mitgeteilt haben, und das auch noch sehr entspannt, kommt fast einem Wunder gleich.“ Teilweise sind die Defizite der Teilnehmer auf ihre Förderbedarfe zurückzuführen. Die Schwierigkeiten in ihrem Alltag haben diese jedoch noch verstärkt. Mit Hilfe von stetigen, bedachten Anstrengungen und Unterstützung konnten die Teilnehmer – wenngleich oftmals in sehr kleinen Schritten – ihre Ausdrucksfähigkeit verbessern. Die Ausdrucksfähigkeit in der Gruppe hat sich langsam aber stetig verbessert und es fiel den Teilnehmern immer leichter, zu sprechen. Die Teilnehmer sammeln in der Gruppe in jedem Fall Erfahrungen im Ausdruck von sich als Person und ihren Gedanken. Einigen der introvertierten Teilnehmer fällt es schwer, sich zu entspannen, aber mit Hilfe der Gruppe lernen sie nach und nach, sich zu entspannen. Die Fähigkeit, seine eigene Meinung präsentieren zu können ist im Alltag immer wichtig und nützlich, und die Erfahrung mit und bei HORGANIC hilft den Teilnehmern, diese Fähigkeit zu erwerben. 3. Eigenmotivation Die Studie hat im Bereich der Erwerbsfähigkeit gezeigt, dass die Anzahl an Befragten, die nicht sicher sind, ob sie eine Arbeit gut bewältigen können und die derer, die sich nicht als guten Arbeitnehmer sehen, besorgniserregend hoch ist: 26 %. Die Eigenmotivation in der Zielgruppe muss gestärkt werden. Insgesamt 20 % der Befragten sind nicht wirklich motiviert, ihre Ziele zu erreichen. Die Teilnehmer wurden zum Lernen und zur Bearbeitung von Aufgaben, die sie für sich als gut eingestuft haben, motiviert und verpflichtet. Der Erwerb von neuen Handlungsmöglichkeiten und die Erkenntnis, dass Menschen im Gegenzug respektvoller mit ihnen umgehen, hat für die Teilnehmer ein Highlight dargestellt. Den Teilnehmern war es wichtig, während der Sitzungen zu lernen, dass sie in etwas gut sind und dass sie individuelle positive Charaktereigenschaften haben. Sie haben es genossen, dies zu hören, besonders da sie in ihrem Leben schon oft Kritik, Mobbing und Verachtung erfahren mussten. 4. Selbstwertgefühl und der Glaube an sich selbst Im Bereich Selbstwertgefühl und Durchsetzungsvermögen zeigt sich bei den Befragten der fehlende Glaube an sich selbst und an die eigenen Urteile. 57 % der Befragten können sich nicht behaupten und folgen Anweisungen passiv. Daher ist es interessant, dass 56 % der Befragten angegeben haben, auf der Arbeit ihre eigene Meinung kundzutun. Der Großteil der Teilnehmer war sehr kooperativ. Einige der stilleren Teilnehmer benötigten Unterstützung. Die Teilnehmer konnten ihre Gefühle leichter preisgeben, nachdem sie Anerkennung und positive Reaktionen bekommen haben. Dies hilft den Teilnehmern, ihre Fähigkeit, ihre eigene Meinung auszudrücken, zu verbessern und sie zu ermutigen, sich selbst auszudrücken. Die Teilnehmer haben gelernt, „Nein“ zu sagen. Auch die zurückhaltenden Teilnehmer in der Gruppe haben ihr Auftreten verbessert. Wir konnten beobachten, wie die Teilnehmer durch die Präsentation und das Sprechen vor der Gruppe an Selbstwertgefühl gewonnen haben. Auch die Teilnehmer selbst sagen, dass sie bei der Gruppenarbeit einen Unterschied feststellen: sie können sich mehr entspannen als vorher. Haben sie einmal Anerkennung und positive Reaktionen erhalten, fällt es ihnen nicht mehr so schwer, ihre eigene Meinung kundzutun. Bei allen Teilnehmern ist ein Wandel feststellbar – bei einigen mehr als bei anderen. Doch eines steht fest: sie haben alle im Bereich Kommunikation und Argumentation Fortschritte gemacht. Wir beobachten auch, dass sie nicht nur selbstbewusster sind, wenn sie etwas sagen möchten, sondern auch wenn es darum geht, ihr eigenes Leben in die Hand zu nehmen.


5. Umgang mit unangenehmen (negativen) Gefühlen Besorgniserregend ist, dass rund 13 % der Befragten Probleme im Umgang mit und der Kontrolle von Gefühlen haben, und 23 % der Befragten nicht sicher sind, sich beim Ausdruck ihrer Gefühle kontrollieren zu können. In der Zielgruppe besteht demnach das Bedürfnis des Erwerbs von Balance (Ausdruck und Kontrolle). Die Teilnehmer fanden großen Gefallen an den Sitzungen zu dem Bereich Gefühle. Viel der Trainer berichteten: „Ich kann bestätigen, dass sie sich entspannt haben und wenn sie sich heute unterhalten, dann nutzen sie auch ihre Gefühle, um zu gestikulieren und sich auszudrücken. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass die Teilnehmer sich selbst auf emotionaler Ebene gefestigt haben und besonders, dass sie jetzt viel offener über ihre Gefühle sprechen als vorher. Sie haben mehr darüber gelernt, wie man seine eigenen Gefühle ausdrückt und ich bin sicher, dass sie dieses Wissen ab jetzt in jeder Lebenslage einsetzen können. Sie haben auch gelernt, wie man alltäglichen Problemen richtig begegnet und aus ihnen lernt.“ Anhand dieser Aufgaben werden die Teilnehmer ermutigt, so dass sie sich mit ihren eigenen Gefühlen auseinandersetzen und mit ihnen arbeiten wollen, damit sie richtig mit den alltäglichen Problemen umgehen können und sich selbst mehr zutrauen. Teilnehmer aus allen Ländern haben eine positive Rückmeldung gegeben und sind zufrieden mit dem, was sie gelernt haben: „Das war einen ganz neue und sehr interessante Erfahrung für mich! Ich würde jederzeit wieder als Trainee bei so einem HORGANIC‐Projekt mitmachen.“, „Meiner Meinung nach hat es geholfen, in Gruppen zu arbeiten, weil man die anderen durch die Arbeit besser kennenlernt und außerdem konnten wir unser Wissen über Gartenbau ausbauen “. Ein anderer Teilnehmer sagte: „Mir hat am besten gefallen, dass wir alle Techniken gelernt haben, wie man einen Garten anlegt und erhält, zum Beispiel auch, wie man richtig umpflanzt. Mir hat auch gefallen, dass ich durch dieses Wissen eigenständiger sein kann.“ Und das sind nur einige der positiven Rückmeldungen der Teilnehmer. Auch die Trainer haben eine positive Rückmeldung gegeben: „Ich bin der Meinung, auch Erzieher und Lehrer, Sozialpädagogen sowie Experten in anderen Berufsfeldern, vor allem die, die eng mit Menschen zusammenarbeiten, sollten Psychodrama‐Workshops in ihren Einrichtungen einführen. Ich denke, dass diese Art von Training die Lebensqualität vieler Menschen verbessern kann. Auch wenn alle ständig von Soft Skills und Expertise sprechen, so wissen doch die wenigsten, wie man diese richtig ein‐ und umsetzt.“ Ein anderer Trainer erklärte: „Es gibt viele Bücher über Gartenbau, aber keines, das sich direkt an unsere Zielgruppe richtet. In dem Projekt sind klare Ziele gesetzt, inklusive theoretischem und praktischem Wissen sowie Wissen über die Förderung der Gruppendynamik. Weiterhin hebt der Kurs die Beziehung zwischen Mensch und Natur hervor und nutzt diese für die Gruppenbildung. Die Teilnehmer stehen vor individuellen Herausforderungen und der Kurs sorgt für Erfolgsmomente.“ Es ist ebenfalls wichtig, dass die Teilnehmer gerne und engagiert an den Sitzungen teilgenommen haben. Die meisten Teilnehmer haben die Sitzungen mit einem Lächeln auf den Lippen verlassen und waren sehr dankbar für die Zeit, in der sie gelernt haben, dass auch sie gute Menschen sind und es Menschen gibt, die für sie da sind. Auch wenn manchmal schmerzvolle und sensible Themen angesprochen wurden, so wurden die Sitzungen erfolgreich abgeschlossen, weil wir eine Umgebung geschaffen haben, in der man respektvoll miteinander umgeht und sich gegenseitig zuhört. Wenn man den Miterfinder von Psychodrama, Zerka Moreno, fragen würde „Wie setzt man Aktionsmethoden ein, um soziale Kompetenzen zu verbessern?“, wäre die Antwort: „Mit Respekt zum Menschen!“ Das wichtigste ist, dass die Teilnehmer sich selbst als Personen mit Rechten und vor allem dem Recht auf Respekt wahrgenommen haben. Wir sind der Meinung, dass die Teilnehmer eine neue Perspektive bezüglich der Beziehungen in der realen Welt, ihrer eigenen Rolle in eben jener und dem Umgang mit dieser wahrgenommen haben. Das HORGANIC Unterrichtshandbuch und Trainer‐Handbuch erscheint im September 2015 in den Sprachen Englisch, Spanisch, Slowenisch, Deutsch und Bulgarisch. Für weitere Informationen besuchen sie unsere Website http://HORGANIC.intras.es.


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