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Verschenktes Potenzial
Sinkende Garantien, Beitrags- statt Leistungszusagen und im Vergleich zu früher magere Renditen – Makler und Arbeitgeber haben es wahrlich schwer, Appetit auf die betriebliche Altersversorgung zu machen. Besonders widerspenstig zeigen sich KMU und jüngere Arbeitnehmer. Dabei müssten die Anlagemanager nur einmal über den Tellerrand schauen und sich von althergebrachten Riten lösen. Zumindest im Hinblick auf die Rendite wäre nämlich mehr drin.
Rendite? Da war doch mal etwas. Mit Sparanlagen, klassischen Versicherungsprodukten lässt sich kaum noch eine müde Mark verdienen. Auch die betriebliche Altersver- sorgung ächzt unter dem Los niedriger Zinsen. Wer einen solchen Vertrag besitzt, mag sich grämen. Das liegt aber teilweise auch an den professionellen Anlagemanagern, meint das Beratungsunternehmen WTW (Willis Towers Watson). Pensionsanleger zeigen sich zwar weiterhin optimistisch: 87 % von ihnen haben im zurückliegenden Jahr ihre Renditeziele erreicht. Erstmalig liegen dabei die erwarteten zukünftigen Renditen von regulierten Pensionsanlegern (wie beispielsweise Pensionskassen oder Versorgungswerken) gleichauf mit den Renditen der unregulierten Investoren, beispielsweise von Contractual Trust Arrangements (CTA). Sie betragen durchschnittlich 2 % bei Zielrenditen von 2 bis 4 %. Die Anleger inves- tierten insbesondere stärker in alternative und illiquiden Anlagen, wobei die vorhandenen regulatorischen Möglichkeiten weiterhin nicht völlig ausgeschöpft werden. Dies zeigt die Studie „Pension Risk und Anlage von Pensionsvermögen 2021“ von WTW. „Regulierte Pensionsanleger haben die Nutzung alternativer und illiquider Anlagen zwar ausgebaut, Nachholbedarf besteht in dieser Anlageklasse aber weiterhin. Dies gilt sowohl für regulierte als auch für unregulierte Investoren“, berichtet Tobias Bockholt, Leiter Investment Consulting bei Willis Towers Watson Deutschland und Autor der Studie. Bockholt betont: „Hier verschenken Anleger wertvolles Renditepotenzial.“ Seiner Einschätzung nach könnten regulierte Anleger mit einem optimierten Portfolio eine um etwa 40 Basispunkte höhere Rendite erzielen, unregulierte Anleger sogar eine um 90 Basispunkte höhere Rendite. Für die Studie „Pension Risk Management und Anlage von Pensionsvermögen 2021“ befragte Willis Towers Watson 36 institutionelle Anleger (Stiftungen, CTA, Pensionskassen, Pensionsfonds, Versorgungswerke) mit einem Anlagevermögen von insgesamt 130 Mrd. Euro. Zur Optimierung der Asset-Allokation hat Willis Towers Watson ein „Best Ideas Portfolio“ skizziert, das 2,4 % Rendite für regulierte und 2,9 % für unregulierte Investoren erwarten lässt.
Markttrends führen schnell in die Irre
Insgesamt sind die Portfolien deutscher Pensionsanleger im Vergleich zu den Vorjahren breiter diversifiziert und auch globaler ausgerichtet. Nicht rentierliche Anleihen wurden kontinuierlich reduziert. Unter den Alternatives sticht – wie auch in den vergangenen Jahren – insbesondere Private Equity als „Investorenliebling“ heraus. „Es scheint so, als ob Investoren einfach ohne kritisches Hinterfragen gewissen Marktrends folgen. Gerade hier wäre jedoch zu prüfen, ob die besonders stark wachsenden Kapitalzusagen im Bereich Private Equity auch genügend Investitionsmöglichkeiten im Markt finden“, merkt Bockholt an. Um dem allgemeinen Trend niedrigerer Renditen entgegenzuwirken, bietet es sich seiner Einschätzung nach an, nicht mit den Markttrends zu investieren, sondern neue Nischenstrategien (z. B. „China A-Shares“ oder auch „Bank Capital Relief Trades“) frühzeitig ins Portfolio aufzunehmen. „So können Anleger den ‚FirstMover-Advantage‘ für die Profitabilität ihres Portfolios nutzen“, sagt Bockholt. In der Praxis sehen sich viele Anleger allerdings einigen Investitionshürden gegenüber. Insbesondere Fragen hinsichtlich der Implementierbarkeit (19 %) und der Governance-Anforderungen oder das erforderliche Know-how (15 %) sind die größten Hürden für die Ausweitung illiquider Anlagen. „Der Grundsatz ‚kaufe nur, was du verstehst‘ behält gerade für
Nischenstrategien unverändert seine Gültigkeit“, betont Bockholt. Seiner Ansicht nach ist es dabei unerheblich, ob Investoren das dafür notwendige Know-how zukaufen oder intern vorhalten. Allerdings haben seiner Erfahrung nach gute Anleger auch dann, wenn sie das Know-how einkaufen, in der Regel sehr kompetente interne Ansprechpartner. „Insbesondere kleinere Pensionsanleger mit einem Anlagevolumen von bis zu 3 Mrd. Euro kaufen meist externe Beratung zu. Große Pensionsanleger mit einem Anlagevolumen ab 5 Mrd. Euro bauen meist eigene Investmentteams auf, setzen aber für Spezialthemen oftmals weiterhin auf externe Expertise. Dann heißt es nicht ‚make or buy?‘, sondern ‚make and buy‘, sagt Bockholt.
Nachhaltigkeitsrisiken in ihrer Gesamtheit betrachten
Der Megatrend Nachhaltigkeit wird aktuell breit diskutiert, und die im Zusammenhang mit der Klimawende erforderlichen Investitionen bieten großes Anlegerpotenzial. Wie die Studie zeigt, delegieren bislang fast alle Investoren (94 %) die Umsetzung der entsprechenden Ziele (ESG-Ziele: Environmental, Social, Governance) auf die Asset-Manager. Somit wird die Nachhaltigkeit der Kapitalanlage häufiger nur auf Mandatseben statt portfolioübergreifend betrachtet. Eine aktive Gremienentscheidung im Gesamtkontext erfolgt nur bei der Definition von Negativlisten (bei 71 % der Anleger). „Pensionsanlagen werden für einen Zeithorizont von vielen Jahrzehnten aufgestellt. Mit diesem langfristigen Anlagehorizont kommen Pensionsanleger an einer klimaneutralen und nachhaltigen Kapitalanlage keinesfalls vorbei – oder ihr heutiges Zögern verursacht spätestens in 20 bis 30 Jahren erhebliche Schwierigkeiten“, sagt Bockholt. „Sinnvoller wäre es jedoch, mit einer übergreifenden Gesamtstrategie an das Thema heranzugehen und die wesentlichen Nachhaltigkeitsrisiken gesamthaft zu betrachten.“ Hierzu bietet sich beispielsweise ein Carbon Journey-Plan als Planungs- und Monitoring-Werkzeug an. In diesem Rahmen werden spezifische Schritte definiert, um den CO2Fußabdruck im Portfolio zu reduzieren und die langfristigen Nachhaltigkeitsziele der Kapitalanlage zu erreichen. Die Ausgangsbasis für einen solchen Plan ist die Bestimmung der Emissionen im aktuellen Portfolio sowie etwa des langfristigen Ziels einer klimaneutralen Kapitalanlage bis 2050. „Für die Bestimmung der Emissionen der einzelnen Anlagen liegen heute deutlich umfassendere Daten vor als noch vor einigen Jahren, so dass Anleger gut informiert agieren können“, betont Bockholt. „Für den langfristigen Anlageerfolg sollten Pensionsanleger verstärkt auf illiquide Anlagen im Portfolio setzen und insbesondere auch Marktopportunitäten mit kleinen Zeitfenstern nutzen. (hdm)