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Aufstieg der Maschinen
Die Finanzbranche holt im Bereich Digitalisierung langsam, aber sicher auf. Auch wenn noch Luft nach oben ist, gibt es immer mehr digitale Lösungen, die Papierstapel und Aktenberge zum Schrumpfen bringen. KI, Künstliche Intelligenz, ist dabei auf dem Vormarsch und eröffnet neue Wege für Beraterinnen und Berater.
Grundsätzlich beschreibt KI Technologien, die kognitive Fähigkeiten imitieren, wie z. B. strategisches Denken, das Erkennen von Mustern oder sprachliche Fähigkeiten. Maschinelles Lernen stellt einen Teilbereich von KI dar, in dem die Programme Zusammenhänge und Informationen aus Daten selbstständig erlernen (Definition von Mittelstand-Digital Zentrum Augsburg). KIProgramme sind also insofern für die Finanzbranche interessant, da sie gro- ße Datenmengen schnell verarbeiten können. Zudem eröffnet KI zahlreiche Möglichkeiten für die Kundenberatung und -neugewinnung.
KI hält Einzug bei Finanzdienstleistern
Viele Dienstleister aus der Branche greifen bereits auf KI zurück. Laut Roman Schwarze, IT-Vorstand der BCA
AG, komme klassische KI datenschutzkonform bei Prozessverarbeitung und -automatisierung sowie Datenanalyse bei der BCA zum Einsatz. Beispielsweise beim Erkennen, Auslesen und Zuordnen von Policen und Dokumenten seien vertriebsunterstützende und digitale Tools wie KI wichtig. „In einem agilen Prozess entwickeln wir unsere bereits sehr gute technische Aufstellung kontinuierlich weiter“, so Schwarze. Bei der
Jung, DMS & Cie. AG nutze man laut Dr. Sebastian Grabmaier, Vorstandsvorsitzender JDC, KI in abgespeckter Form bei smarten Algorithmen für die WebAPP „allesmeins“ und das MVP „iCRM“, wenn es um die Bedarfsanalyse im Versicherungsbereich gehe. „Dabei werden personenbezogene Daten des Kunden mit seinen bestehenden und eventuell benötigten Versicherungen verknüpft und abgeglichen“, erläutert
Dr. Grabmaier. Mit algorithmischen Optimierungen mache JDC damit aus „Big Data“ „Smart Data“, um die eigenen Vertriebspartner bei der bedarfsgerechten Beratung zu Anlage- und Versicherungslösungen zu unterstützen. Für den Maklerverbund CHARTA selbst spielte KI laut Patrick Husner, Leiter IT CHARTA Börse für Versicherung AG, aktuell nur eine untergeordnete Rolle, da keine eigenen Bestände verwaltet werden müssen. „Spannend wäre dies im Marketingbereich unserer Kundenansprache. Hier testen wir derzeit eine entsprechende Anwendung“, so Husner. Für die angebundenen Makler sei es jedoch bei der Auswahl der angebotenen Dienstleistungen, wie Maklerverwaltungsprogramm, Postbox, Beratungsstrecken oder Risikobewertungen wichtig.
Optimierung der Verwaltung
Die Vorteile bei der Datenverarbeitung durch KI sind damit schnell ersichtlich. Das bestätigt auch Schwarze: „Erprobte KI kann gut für administrative Datenprozesse eingesetzt werden. KI-Einsätze lassen technische Systeme effizienter arbeiten, d. h. sie reduzieren den administrativen Aufwand, bieten Mehrwerte, steigern die Beratungsqualität und den Erfolg des Maklerunternehmens.“ Ähnliche Vorteile nennt auch Husner: „Stichwort ‚Postboxen im MVP‘. Eine richtige und schnelle Zuordnung von sämtlichen Dokumenten verschiedenster Versicherungsgesellschaften mittels KI erleichtern hier dem Makler seine Verwaltung von Geschäftsvorfällen erheblich und schaffen Zeit für seine eigentliche Tätigkeit, nämlich die Beratung/Betreuung seiner vorhandenen und die Akquisition neuer Kundenverbindungen.“
Kunden besser erreichen
Dr. Grabmaier sieht zudem einen Verbrauchertrend hin zu immer verfügbaren, unkomplizierten Online-Informationen und -Angeboten im Finanz- und Versicherungsbereich. Diese könnten mit Algorithmen wunschgerecht bereit- gestellt werden. „Allerdings dürfte das auch künftig nur bei ‚einfachen‘, also beratungsarmen Absicherungslösungen wirklich im Sinne des Kunden befriedigend sein. Bei komplizierten Absicherungs- oder Vorsorgewünschen wird Künstliche Intelligenz zwar hilfreich sein, letztlich werden die Kunden vor dem Abschluss dennoch den persönlichen und kompetenten Berater kontaktieren, um letzte Fragen oder Unsicherheiten zu klären“, führt Dr. Grabmaier aus. Angst, durch technische Anwendungen gänzlich ersetzt zu werden, müssen Berater also definitiv nicht haben. Der BCA-IT-Experte sieht darüber hinaus neue Wertschöpfungspotenziale. „Ein Beispiel ist der kundenzentrierte Vertriebsansatz Next Best Offer: Auf Basis vielfältiger Kundendaten ermittelt die KI für den einzelnen Kunden das Versicherungs- und/oder Anlageprodukt mit der höchsten Nachfragewahrscheinlichkeit“, erläutert Schwarze. „Kurzum: KI wird unter bestimmten Voraussetzungen in Zukunft verstärkt vertriebsunterstützend eingesetzt. Darüber hinaus wird sie in einem weiteren Schritt in der Lage sein, aus den Daten Veränderungen im Leben, Verhalten und Bedarf des Kunden zu erkennen und entsprechend passende Produktangebote inklusive Vergleich zu erstellen.“
Auf dem Weg in die Zukunft
Insgesamt lohnt es sich für Makler, dem Thema KI offen gegenüberzustehen. Allerdings darf der Datenschutz dabei nicht vernachlässigt werden. Besonders mit sensiblen Daten wie Finanz- oder Versicherungsdaten darf nicht leichtsinnig umgegangen werden. Wird das berücksichtigt, bietet KI klare Vorteile. So findet Husner: „KI kann gerade bei Prozessen, die aus welchen Gründen auch immer noch nicht richtig funktionieren, das Zünglein an der Waage sein und in mancherlei Hinsicht evtl. sogar die Lösung des Problems. Das digitale Hinterherhinken und die Möglichkeiten, die gerade diese neuen Techniken bieten, sollten Anreiz genug sein, sich mit KI zu beschäftigen.“ (lb)