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Es war einmal…
Einen bekannteren Einleitungssatz gibt es nicht. Übersetzt in eine Vielzahl von Sprachen und das unumstößliche Versprechen eines Abenteuers. Aber nicht nur das Märchenland ist mit der emotionalisierten Kunst des Storytellings vertraut: Die Versicherungsbranche kann die Wünsche und Hoffnungen ihrer Kunden genau damit mühelos in die Realität umsetzen.
„Verkauf ist ja ein logischer und psychologischer Prozess zugleich. Kunden kommen rational ins Nachdenken, aber emotional ins Handeln“, erklärt Roger Rankel, Experte für Kundengewinnung, TV-Personality und Bestseller-Autor. „Gute Makler wissen das und verpacken ihre Produkte und Dienstleistungen in Geschichten, die beim Kunden eine Emotion, ein Bedürfnis triggern. Wie sagen wir so schön: ‚Tell to sell!‘“
Diese Bedürfnisse sind vorrangig Sicherheit und Stabilität. Eine Kfz-Versicherung versichert das Auto, eine BU die potenzielle Berufsunfähigkeit oder die Unfallversicherung eine entsprechende Versorgung nach einem Unfall. Die Rentenversicherung die Sicherung des Lebensstandards nach dem Arbeitsleben. Schon das Wort „Versicherung“ enthält das Wort „Sicher“. Es geht allerdings nicht darum, sich eine beliebige Geschichte aus den Fingern zu ziehen, um den Kunden zu einem Vertragsabschluss zu animieren. Der Vertragsabschluss ist nicht das erste Ziel, das erreicht werden muss. Es geht auch auf gar keinen Fall darum, den Kunden mit Worst-Case-Szenarien Angst zu machen. Die beste Voraussetzung für einen Berater ist, so der Coach, sich durch Übung der Wirkung einer guten Geschichte bewusst zu werden. „Dann ist seine Kreativität gefragt: Gute Erzählstorys und packende Narrative fesseln die Kunden und bringen sie zum Handeln. Wir müssen weg von der sachlichen Erklärbar-Mentalität, direkt rein in die emotionale Ebene! Mit der Übung kommt die Erfahrung, denn jeder Kunde ist anders. Jeder Kunde hat andere ‚Knöpfe‘, die wir finden und mit unseren Storys drücken können!“
…der Ruf des Abenteuers
Die Versicherungsbranche scheint einen trockenen Ruf zu haben: Termine, Vertrieb Vertragsabschlüsse in Anzug und Krawatte. Wie wichtig ist da das emotionale Tool Storytelling für die Kundengewinnung? Immerhin bedeutet Storytelling auch, dass mit den generierten Emotionen auch
Vertrauen aufgebaut wird. Vertrauen ist schließlich die notwendige Basis für Neukundengewinnung. Dieses Vertrauen aufrechtzuerhalten ist wichtig, um Neukunden zufriedenzustellen und so langfristig zu halten.
„Gutes Storytelling bringt definitiv mehr Neukunden – das ist unbestritten“, weiß Rankel. „Fairerweise muss ich dazu sagen, dass dies in der Beratung schwer zu fassen ist, denn ich kann meinen Kunden ja nur einmal beraten und daher keine A/B-Tests machen. Es gibt aber ein sehr schönes Beispiel, das für den Erfolg von gutem Storytelling spricht. Die Deutsche Telekom startete vor ein paar Jahren die Werbekampagne ‚Ruf doch mal an‘ – ein klassischer Call to Action.“
Der Call to Action (CTA) ist die Aufforderung zum Handeln – das Ziel, beziehungsweise das Ergebnis und die Blüte aus dem Stängel des Storytellings. Rankel erläutert die Wirkung des CTA anhand einer amerikanischen Kampagne: „Es liefen Werbespots im Fernsehen. Darin zu sehen war ein älteres Ehepaar, das in ihrer recht farblosen, fast tristen Wohnung auf der Couch sitzt. Sie schauen traurig und es scheint fast, als wissen sie nichts mit sich und ihrem Leben anzufangen.“ Er beschreibt das Bild eines eintönigen, einsamen Lebens. Dieses ältere Ehepaar, das in Erwartung von etwas Anderem und Neuem auf ein und derselben Couch verharrt. Und dann: „Plötzlich klingelt das Telefon. Fast erschrocken nimmt die Frau den Hörer ab. Es ist der Sohn, der sich meldet! Auf einmal ist von der Traurigkeit keine Spur mehr zu sehen! Beide sind glückselig. Mit der Freude im Gesicht der Eltern endete der Spot mit dem Call to Action ‚Ruf doch mal an!‘”
Was passierte? Das Happy End
„Nachdem der Spot im TV lief, konnte in den Regionen, in denen diese ausgestrahlt wurden, ein starker Anstieg der Anrufe festgestellt werden“, erzählt der Experte und stellt amüsiert fest, dass einige Zuschauer wohl ein schlechtes Gewissen bekommen haben. Allerdings beweise die Kampagne auch, dass die Aussage „Ruf doch mal an!“ ohne den emotionalisierten Werbespot wohl nicht den gleichen Effekt gehabt hätte. Stellen Sie sich also vor, der Aufruf wäre stattdessen nur auf einem schwarzen Hintergrund eingeblendet worden. Sie hätten keinen notwendigen Kontext dazu erhalten, um diesen Aufruf zu verstehen. Abgesehen davon, dass er in dieser Form vielleicht etwas Dystopisches an sich gehabt und Sie als Zuschauer ein mulmiges Gefühl begleitet hätte. Aber der Kontext, in den „Ruf doch mal an!“ gesetzt wurde, spielt auf das Gefühl an, das alle nur zu gut kennen: Die Einsamkeit, die man spürt, wenn man seine Lieben vermisst. Und genau diese Saite hat der Werbespot erfolgreich gezupft.
Auch in der Versicherungsbranche schließen Kunden keine Verträge ab, weil sie gerade einen Moment Zeit haben. Der Tag ist lang, die Gedanken für einige noch länger, eben weil sie frei sind. Die so entstandenen Geschichten erwecken das Bedürfnis, an das Storytelling anknüpfen kann. (ml)