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Unerschütterliche Investments?

Offene Immobilienfonds waren lange ein zuverlässiges langfristiges Investment. Sogar die aktuelle Wende am Immobilienmarkt hat ihren Kursen bislang wenig anhaben können. Diese Zeiten sind nun jedoch vorbei. Anfang März veröffentlichte das Ratinghaus Scope eine Analyse zu Offenen Immobilienfonds, die „vielfältige Herausforderungen“ für die Branche beschreibt. Wie attraktiv bleiben OIF für Privatanleger also in Zukunft?

Das veränderte Zinsumfeld hat bereits verschiedene Effekte am Immobilienmarkt ausgelöst, die nun, mit etwas Verzögerung, auch für Offene Immobilienfonds spürbar werden. „Die Zeit der Aufwertungen dürfte in Breite vorerst vorbei sein“, schreiben die Scope-Analysten in ihrem Report, mit entsprechenden Auswirkungen für die Renditen. Zudem seien besonders im Gewerbemarkt die Transaktionen fast gänzlich zum Erliegen gekommen und mögliche weitere

Zinsanpassungen sorgten dafür, dass die Preisfindung auf Immobilienseite noch nicht abgeschlossen sei. Auswirkungen rückläufiger Immobilienbewertungen auf die Fondsperformances ließen sich jedoch noch nicht festschreiben. Auch Anleger hielten sich zurück, was sinkende Mittelzuflüsse für OIF bedeutet. Die Inflation und gestiegene Energiekosten sind die Ursache für weniger verfügbares Kapital auf Anlegerseite, zudem seien Anleihen und Festgeld durch die Zinsen wieder attraktiver geworden. Bereits 2022 lagen die Netto-Mittelzuflüsse bei Offenen Immobilienfonds mit 4,5 Mrd. Euro deutlich unter den Vorjahreswerten.

Zwei Seiten der Medaille

Mario Schüttauf, Fondsmanager des offenen Immobilienfonds „hausInvest“ bei Commerz Real, ist trotz dieser Entwicklungen zuversichtlich: „Die volkswirtschaftlichen

Schwierigkeiten werden nicht von heute auf morgen verschwinden. Gerade deswegen sind Offene Immobilienfonds aber auch so wichtig. Beispiel hausInvest: Sein Portfolio ist eher konservativ bewertet, weswegen wir aktuell nicht von signifikanten Wertberichtigungen ausgehen. Zugleich bieten Mechanismen wie Staffelmieten, Inflationsindexierung oder Punkteverfahren einen guten Inflationsschutz.“ Mietenerhöhungen bei Gewerbeimmobilien durch eine Inflationsindexierung ließen sich laut Scope-Analyse bisher gut durchsetzen, mit positiven Auswirkungen auf die Fonds.

Ein weiterer positiver Effekt ergibt sich zudem bei der Fondsliquidität. Durch Anlagen der liquiden Fondsmittel in Tages- oder Termingeld profitierten die Renditen vom hohen Zinsniveau. Zudem schätzt Scope die Liquiditätsquoten Offener Immobilienfonds konstant ein. Die Bandbreite reiche von 7 % bis 29 %, im Durchschnitt sei die Quote 2022 mit 15 % stabil im Vergleich zum Vorjahr. Das Vertrauen der Anleger ist ebenfalls hoch, Anteilsrückgaben bewegen sich im Normalbereich. Die Mindesthalte- und Kündigungsfristen, die 2013 eingeführt wurden, sorgen dabei für Stabilität. Szenarien wie die Schließung und der Rückzahlungsstopp des amerikanischen OIF „Blackstone Real Estate Income Trust“ Ende 2022, weil zu viele Anleger sich aus dem Fonds zurückziehen wollten, sind damit in Deutschland kaum denkbar. Das bestätigt auch Schüttauf. REITs (Real Estate Income Trusts) seien mit deutschen, streng regulierten OIF nicht vergleichbar. „Dies unterstreicht den Charakter der Anlageklasse als langfristig orientiertes Investment für Privatanleger, gerade auch im Vergleich zu Aktien“, so Schüttauf.

Für weitere Stabilität sorgen auch konstante Vermietungsquoten. 2022 belief sich diese im Durchschnitt auf rund 94 %. Esteban de Lope Fend, Geschäftsführer Deka Immobilien, führt aus: „Durch die hohe Vermietungsquote von rund 95 % in unserem Gesamtportfolio sowie langfristigen Mietverträgen sehen wir unsere Offene Immobilienfonds im aktuellen Umfeld von steigenden Zinsen gut aufgestellt. Immobilienfonds bleiben ein wichtiger Baustein in einem breit diversifizierten Anlageportfolio. So sind Offene Immobilien- fonds nach wie vor die einzige Möglichkeit für Privatanleger, sich an breit diversifizierten und professionell gemanagten Immobilienportfolios zu beteiligen. Gerade in Zeiten von erhöhter Kapitalmarktunsicherheit sind Immobilienfonds eine stabilisierende Beimischung im Anlageportfolio. Unsere Fonds verfügen über Liquidität und verzeichnen weiterhin stetige Zuflüsse.“

Chancen ergreifen

Die aktuellen Entwicklungen bringen damit also nicht nur Herausforderungen, sondern auch positive Effekte für Offene Immobilienfonds. Trotzdem findet Schüttauf: „Wer sein Portfolio nicht die letzten Jahre wetterfest gemacht hat, sollte das jetzt schleunigst tun. Mit wetterfest meine ich nicht allein die Konzentration auf Top-Lagen sowie Mischnutzungen und kleinteiligere Vermietungen. Mehr denn ja kommt es jetzt darauf an, den Immobilienbestand nachhaltig zu machen, denn ESG wird immer mehr zum wesentlichen Werttreiber.“ Er sehe zudem signifikante Wertsteigerungspotenziale aus der Kombination von Immobilien mit erneuerbaren Energien. Mit entsprechenden Maßnahmen seitens Fondsmanagement lassen sich also weiterhin gute Performances erzielen: diverse, attraktive Objekte mit hohen Vermietungsquoten durch bonitätsstarke Mieter sowie ausreichende Liquidität bei geringer Fremdfinanzierung. Scope rechnet für 2023 mit durchschnittlichen Renditen von 2 % bis 2,5 % für deutsche OIF. De Lope Fend rechnet für die Offenen Immobilienfonds der Deka 2023 sogar mit Renditen zwischen rund 2,5 % bis 3,5 %. Und auch beim hausInvest geht Schüttauf von einer Rendite von 3 % für 2023 aus (2022: 2,4 %).

Beide Immobilienexperten sind sich einig, dass die aktuelle Marktphase gute Optionen für antizyklische Investitionen bietet. „Wichtiger ist für Anleger aber die Sicherheit und Verlässlichkeit, denn Offene Immobilienfonds werden nie etwas für spekulierende Renditejäger sein“, so Schüttauf. Ist man sich den aktuellen Herausforderungen bewusst, bieten solide aufgestellte OIF weiterhin gute Investitionschancen. (lb)

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