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Titel
1. September 2011 Nr. 35
Wie sinnvoll ist die Mindestlohn-Initiative? Urs Masshardt im Interview
LEITARTIKEL
Rechtes Mass halten Wie sinnvoll sind Mindestlöhne? Ein Gespräch zur Mindestlohn-Initiative mit Urs Masshardt, Direktor der Hotel & Gastro Union.
schaftlichem Anteil, eine Berufsorganisation.
Matthias Nold
GJ: Wie muss ich das verstehen? Masshardt: Die Leute organisieren sich bei uns, weil sie stolz sein wollen auf ihren Beruf, weil sie sich identifizieren mit ihrem Beruf und ihrer Branche. Es sind nicht jene, welche die roten Socken anhaben und auf der Strasse demonstrieren wollen. Vielmehr wollen sie die Branche und ihre Berufe weiterbringen.
GastroJournal: Derzeit steht eine Mindestlohn-Initiative im Raum. Sind Sie dafür oder dagegen? Urs Masshardt: Hotel & Gastro Union ist voll und ganz für das Anliegen, dass man Löhne reguliert. Wir im Gastgewerbe haben einen Mindestlohn, den die Sozialpartner ausgehandelt haben und der für die Branche stimmt. Dem müssen wir Sorge tragen, denn er ist eine gute Lösung und soll nicht zerrissen werden mit dem politischen Vorstoss, der jetzt gemacht wird.
GJ: Ist es das, was Sie von Ihrer Konkurrenz unterscheidet? Masshardt: Ich weiss nicht, was unsere Konkurrenten als ihre strategische Erfolgsposition sehen. Unsere Organisation ist parteipolitisch unabhängig – und das bleiben wir auch.
GJ: Nur zur Sicherheit: Sie meinen die Mindestlohn-Initiative? Masshardt: Die SP-Initiative, ja.
GJ: Sie befürworten also Gesamtarbeitsverträge für jede einzelne Branche? Masshardt: Die Frage stellt sich anders: Was steht im Vordergund – das Gesetz oder die Sozialpartnerschaft? Für uns kommt die Sozialpartnerschaft vor dem Gesetz. Wer versteht
M. NOLD
«Volkswirtschaftlich ist die Initiative sehr, sehr fragwürdig» GJ: Sie will einen Mindestlohn von etwa 4000 Franken über die ganze Schweiz legen. Wie sinnvoll ist das? Masshardt: Volkswirtschaftlich, das kann man in jedem Lehrbuch nachlesen, ist das sehr, sehr fragwürdig. Ein solcher Mindestlohn ist je nach Branche entweder zu hoch oder zu tief. Er stimmt nie. Das einzig sinnvolle ist daher aus meiner Sicht, dass Mindestlöhne, wie im Gastgewerbe, in einem Gesamtarbeitsvertrag ausgehandelt werden.
Die wirklichen Werte sind gefährdet
Urs Masshardt: «Es nützt doch nichts, den Mindestlohn einfach hinaufzusetzen.»
denn schon, was eine Branche will oder braucht? Weder irgendwer in Bern noch die Maschinenindustrie, das können nur die, die in einer Branche arbeiten.
weil es dort andere Rahmenbedingungen gibt. Es nützt doch nichts, jetzt den Mindestlohn auf X Franken hinaufzusetzen – und dann wird Missbrauch betrieben, weil die
GJ: Die Frage bleibt, braucht es überhaupt Mindestlöhne? Man zwingt damit die Betriebe, einen bestimmten Lohn zu zahlen, statt ihn mit dem Arbeitnehmer auszuhandeln. Masshardt: Ich gehe davon aus, dass ein Mindestlohn im Sinne einer Absicherung nach unten sinnvoll ist. Wir reden von Mindest-Löhnen. Ich kann allerdings nicht für andere Branchen sprechen. Es ist möglich, dass in anderen Branchen als unserer die Mindestlöhne tiefer lägen,
«Wir sind parteipolitisch unabhängig und werden das auch bleiben» Leute sich nicht daran halten. Branchenverträglichkeit ist wichtig! GJ: Immer wieder höre ich, dass die Hotel & Gastro Union sich nicht als Gewerkschaft versteht. Was ist denn nun Sache? Masshardt: Wir sind eine Arbeitnehmerorganisation mit gewerk-
GJ: Ihre Organisation ist aber auch Arbeitgeber … Masshardt: Wir sind eine Arbeitnehmerorganisation, die in ihrem Etat ein Hotel, das Montana in Luzern, besitzt, das in Form einer Aktiengesellschaft betrieben wird. GJ: Der Hotelier ist ein Angestellter, insofern sind Sie Arbeitgeber. Ist das nicht den Bock zum Gärtner gemacht? Masshardt: Wir sind Eigentümer. Der Hotelier führt den Betrieb aus betriebswirtschaftlichen Grundsätzen, er hat sich an die Rahmenbedingungen zu halten und versucht durch eine grosse Marketing- und Innovationstätigkeit immer wieder neue Sachen aufzugleisen, neue Gäste anzusprechen. Das könnten andere sich ruhig zum Vorbild nehmen. GJ: Rentiert der Betrieb? Masshardt: Ja, wir dürfen nicht klagen. Selbst jetzt in der Währungskrise spüren wir keinen Rückgang.
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BLICKPUNKTE
Zusatzausbildung für ausgezeichnete Koch-Lernende
Währungsgewinnler
Kochtalente zusätzlich fördern Obwohl man die Ausbildung zum Koch überarbeitet hat und die ersten Lernenden mitten in ihrer Ausbildung sind, steht die Qualität der Kochausbildung, insbesondere die fachlichen und handwerklichen Kompetenzen, immer wieder in der Kritik. Nun hat GastroSuisse die Idee, eine zusätzlichen Kochausbildung zu lancieren, die ein Jahr dauern soll. Diese Ausbildung ANZEIGE
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können Interessierte anschliessend an die Berufslehre mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis absolvieren. Dabei sollen insbesondere Handwerk, Produktekenntnisse sowie Innovation für die gehobenere Gastronomie vertieft werden. Auch die Schweiz steht im internationalen Wettbewerb und da sind das Handwerk und fundierte Kenntnisse der Produkte gefragt. «Diese
Ausbildung ist für besonders talentierte Lehrabgänger gedacht, die auch am künstlerischen Aspekt des Kochberufs Freude haben», erklärt Daniel Jung, Leiter Berufsbildung und Dienstleistungen bei GastroSuisse. Viele Lernende wechseln gleich nach der Lehre die Branche. Mit dieser Zusatzausbildung will GastroSuisse den Kochnachwuchs sicherstellen. Interesssierte und talentierte Lernende sollen nach ihrer Ausbildung einen vertieften Einblick in das Handwerk und in die Produkte erhalten. «Weiterführende Ausbildungen wie die Berufsprüfung oder die höhere Fachprüfung haben sich unserer Meinung nach zu fachbezogenen Führungsausbildungen entwickelt», sagt Daniel Jung weiter. Es sei bestimmt interessant zu wissen, wie man ein Marketingkonzept erstellt. Aber ob man dies in einer Küche jemals einsetzen könne, sei fraglich. Die Zahl der Köche, die ihr
Es ist eine ungute Entwicklung. «Genf ist eine rechtsfreier Raum», brachte es die Weltwoche auf den Punkt. Der Schatten des libyschen Befreiungskrieges verdeckt weitgehend die eigentlich dramatischen Ereignisse in der Rhonestadt. Liberaler Drogenhandel, Messerstechereien, öffentliche Personen werden auf offener Strasse angegriffen und jeden Monat werden Hunderte von Einbrüchen verzeichnet, ohne dass die Polizei eingreift. Genährt von der Untätigkeit der Regierung und Politik, in der sich alle gegenseitig die Schuld zuschieben, gärt es schon lange. Dass Genf die höchsten Arbeitslosenquoten der Schweiz verzeichnet, ist kaum verwunderlich. Ein Einzelfall ist das nicht, auch in Biel brodelt es. In der Stadt brennen die Autos, der Drogenhandel überquillt und die Alkis mit dem Billigwein aus dem Discounthandel in der Hand durchsetzen das Stadtbild. Auch in Biel glänzen Regierung und Politik durch Konsternation. Es ist exemplarisch für unfähige und überforderte Regierungen – anstatt zu handeln, werden die Prioritäten verschoben. Im Fall von Genf und Biel wird penibel darauf geachtet, dass das Rauchverbot laufend verschärft und von der Polizei konsequent durchgesetzt wird. Die Tragweite ist aber eine andere: Die wirklichen Werte der Schweiz sind innere Sicherheit und politische Stabilität. Das bringt Finanzen, Tourismus und Unternehmen. Diese Werte sind ernsthaft gefährdet. Es ist Zeit, hinzusehen. Romeo Brodmann
Abzocker im Speisewagen
Handwerk wirklich verstehen, sei rückläufig. Ausserdem wolle man mit diesem zusätzlichen Jahr den wirklich talentierten Kochlernenden das Weitermachen in der Branche schmackhaft machen. Wenn Talente speziell gefördert werden, entwickle sich die Freude am Beruf stärker. Ausserdem sei es für die guten Lehrabgänger nach einer solchen Weiterbildung einfacher, eine interessante Stelle zu finden. «Vor allem in der höheren Gastronomie sind handwerkliches und praktisches Können auf hohem Niveau gefragt», ergänzt Daniel Jung. Für Betriebe, die eine hohe Qualität voraussetzen, sei es schwierig, geeigneten Nachwuchs zu finden. Im Moment befindet sich diese Zusatzausbildung in der Initialisierungsphase. Und es werden Gespräche mit den verschiedenen Organisationen der Branche geführt. doe www.gastrosuisse.ch
Seit Jahren führt die Deutsche Bahn (DB) Kompositionen tief in die Schweiz – zur Freude von Touristikern etwa im Berner Oberland, wohin ein ICE pendelt. Weniger Freude macht die Preispolitik in den entsprechenden Speisewagen. Obwohl alle zwei Monate neue Karten gedruckt werden, verharren die Preise in alten Zeiten: Umgerechnet gut 1,45 Franken kostet ein Euro in den aktuellen Speisekarten für August und September.
Sunstar-Gruppe
Eindruck: Vermischt Die Sunstar Hotels machen derzeit von sich Reden: Gerade eben haben sie zwei neue Betriebe gekauft, nun vermelden sie sinkende, wenn auch schwarze Zahlen. Einnahmen wie Übernachtungen sind letztes Jahr gesunken. Nach wie vor schreibt die Gruppe jedoch Gewinn.