"250 jahre Pfarrei Triesenberg"

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250 JAHRE PFARREI TRIESENBERG


INHALT 6 / Grussworte Von Vorsteher Christoph Beck und von Pfarrer Georg Hirsch

10 / Unter Lebensgefahr Weshalb Triesenberg keine eigene Pfarrkirche hatte und wie es zum Bau der ersten Pfarrkirche kam

21 / Der Neubau der Pfarrkirche St. Josef Warum eine neue Kirche nötig wurde

25 / Vom Werden unserer Bergkapellen Ein Rückblick auf ihre Entstehungsgeschichte

30 / Die Seelsorger der Gemeinde Triesenberg Von 1768 bis heute

36 / Ein verbindendes und verpflichtendes Jubiläum 250 Jahre Pfarrei aus Gemeindesicht

43 / Die Menschen vor und hinter den Kulissen Einblick ins Pfarreileben

46 / Kreisen um Christus Das Kirchenjahr im Überblick

51 / Guter Wein in neuen Schläuchen Die moderne Pfarrei

56 / Dankeswort und Impressum 57 / Literatur und Quellen


GRUSSWORTE

PRÄGENDE RITUALE

SEELSORGE IM WANDEL

von Vorsteher Christoph Beck

von Pfarrer Georg Hirsch

Triesenberg ist ein Dorf mit einer traditionsreichen Geschichte. Zum wichtigen Kulturgut unserer Gemeinde zählen auch die drei Bergkapellen Masescha, Steg und Malbun sowie die Pfarrkirche mit ihrem markanten Zwiebelturm. Dank wegweisender Entscheidungen der damaligen Gemeindevertreter wurde die erste Kirche 1768 – also vor 250 Jahren – im heutigen Dorfzentrum auf Üenaboda gebaut. Es war eine Zeit, die von Not und kriegerischen Ereignissen geprägt war. Auch gehörten die Triesenberger vor dem Kirchenbau nicht derselben Pfarrei im Tal an. Die einen mussten für Kirchgänge nach Triesen, die anderen nach Schaan.

250 Jahre Pfarrei Triesenberg – der runde Geburtstag einer lebendigen Pfarrei, an dem nicht nur die Menschen in unserem Dorf heute, sondern viele Generationen einen Anteil haben. 1768 – was wird es für die Gläubigen damals bedeutet haben, als ihre Bitten endlich erhört und am Vorabend des Festes der Unbefleckten Empfängnis Mariens eine eigenständige Pfarrei am Triesenberg gegründet wurde? Nicht länger musste man für die Spendung heiliger Sakramente den langen Fussweg nach Schaan oder Triesen auf sich nehmen, bei Wind und Wetter, Hitze oder Schnee. Fortan war ein Priester für die Nöte der Seelen vor Ort.

Für gläubige Christen gibt es in jeder Lebensphase prägende Ereignisse, die in der Kirche stattfinden: beispielsweise Taufe, Kommunion, Firmung oder Hochzeit. Auch traurige Ereignisse wie der Tod und das Abschiednehmen gehören dazu. Allen Ritualen gemeinsam ist, dass die Kirche dafür einen Raum der Ruhe und des Nachdenkens bietet.

Gewiss, seit damals hat sich mancher Wandel hoch über dem Alpenrhein vollzogen. Wenn heute das Postauto über gut geräumte Kehren selbst im tiefsten Winter bis ins «Milbuu» hochfährt; wenn entlang seines Weges sich immer wieder neue Häuser an steile Hänge schmiegen; wenn inmitten all der Dächer, alt und neu, Senioren durch grosse Panoramafenster am Abend auf den beleuchteten Kirchplatz blicken; wenn es im Laden nebenan nicht nur Zutaten für Riebel gibt und an der Haltestelle davor die Jugend wie in Trance auf das neueste Smartphone starrt, dann ist dies nur ein kleiner Teil von dem, was über die Jahre anders im Dorf geworden ist.

Menschen suchen Halt und Orientierung oftmals auch im Glauben. Die Kirche bestimmte früher stärker, was Recht und Ordnung war. Heute ist die Welt komplexer und damit auch die Fragen der Menschen. Wie die Gemeinde ist auch die Kirche stetig gefordert, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen und die Menschen in ihren jeweiligen Lebenssituationen zu unterstützen. Füreinander da zu sein und das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken, sind Werte, die von jedem Einzelnen gelebt werden müssen. Die Kirche kann dazu wesentlich beitragen und für die Einwohner auch künftig ein wichtiger Hort zum Innehalten sein. Im Namen der Gemeinde gratuliere ich der Pfarrei zum 250. Geburtstag und wünsche ihr alles Gute für die Zukunft. Ein herzliches Dankeschön allen Mitwirkenden, die zum Gelingen des Jubiläumsprojekts und zur vorliegenden Broschüre beigetragen haben. Ich wünsche eine interessante Lektüre.

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Und doch, nicht alles ändert sich wie Mode, Technik und Geschmack. Das Herz des Menschen, seine Freuden und seine Nöte sind in all den Jahren gleich geblieben. So mag die Seelsorge am Triesenberg in den vergangenen 250 Jahren ihr Antlitz gewandelt haben. Ihr Kern – den Menschen Christus bringen – ist für die Seelsorger bleibender Auftrag. Diese Festschrift will zum Jubiläum dankbar den Blick auf den Wandel der Zeiten richten, aber auch auf das Unwandelbare, von dem her allein man verstehen kann, dass eine lebendige Pfarrei nie aus Steinen, sondern aus mit Christus verbundenen Menschen besteht. Damals wie heute. Heute wie morgen.

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Blick auf die Kirche St. Josef (Wenzelkirche) im Triesenberger Dorfzentrum.


UNTER LEBENSGEFAHR Das Leben unserer Vorfahren im Wallis dürfte nicht einfach gewesen sein. Sonst hätten sie ihre Heimat wahrscheinlich nicht verlassen. Ihre Auswanderung bis ins Rheintal ging bestimmt auch des Öfteren nur unter Lebensgefahr vonstatten. von Leander Schädler

Als die Walser hier ankamen, gab es das Fürstentum Liechtenstein noch gar nicht. Unter den Grafen von Werdenberg wurde den Einwanderern das Gebiet Triesenberg als Lehen zugeteilt. Später wird berichtet, dass die Triesenberger teilweise unter Lebensgefahr in Triesen und Schaan zum Gottesdienst mussten. Unsere Vorfahren hatten sicher grosses Glück, die sonnigen Höhen des Triesenbergs besiedeln zu dürfen. Andere Walliser Auswanderer verschlug es in einsame, schattige Seitentäler. In der Entstehungsgeschichte zum heutigen Fürstentum Liechtenstein mit dem angenehmen Wohlstand mussten jedoch auch harte Zeiten verkraftet werden. Die erste urkundliche Erwähnung eines Wallisers erfolgt 1278 für Triesen. Eine Urkunde aus dem Jahr 1355 berichtet das erste Mal von den Wallisern am Triesenberg. Dabei ging es um einen Streit zwischen Schaanern und Triesenbergern wegen der Grenze der Alpe Malbun. In der Urkunde wurde festgehalten, dass die Walliser am Triesenberg haben sollen, was sie vormals gehabt hätten. Darum wissen wir, dass unsere Vorfahren sicher schon vor 1355 da waren. Wahrscheinlich sind sie um 1280 angekommen. Bis zu dieser ersten Erwähnung hatten sie bereits eine grosse Veränderung erlebt. 1342 hatten die Grafen von Werdenberg eine Erbteilung vorgenommen und die Grafschaft Vaduz gegründet. Bekanntlich wurde daraus das heutige Liechtensteiner Oberland. Im Unterland bildete sich zu dieser Zeit die Herrschaft Schellenberg. Danach haben die Herren unserer Vorfahren wiederholt gewechselt. Nach dem Erlöschen des alten einheimischen Grafengeschlechts der Werdenberger kamen sie 1416 unter die Freiherren von Brandis, 1510 unter die Grafen von Sulz und 1613 unter die Grafen von Hohenems. Die Einwohner der Grafschaft Vaduz und der Herrschaft Schellenberg wurden durch kriegerische Ereignisse immer wieder hart getroffen. Sie mussten militärische Einquartierungen, Truppendurchzüge, Überfälle, Brandschatzungen und Kontributionen1 über sich ergehen lassen. Dazu kamen Missernten, Elementarereignisse, Hungersnot und Krankheiten wie zum Beispiel die vernichtende Pest. Schliesslich kam noch die Geissel der Hexenprozesse. «Zu allem Ungemach und grösstenteils als Folge desselben kam noch ein höchst unerquickliches Verhältnis zwischen den regierenden Grafen und ihren Unterta-

nen», schrieb dazu Landesverweser Carl von In der Maur in seiner Beschreibung zur Gründung des Fürstentums Liechtenstein. 1699 und 1712 waren die Herrschaft Schellenberg und die Grafschaft Vaduz an den Fürsten von Liechtenstein verkauft worden. Da der Fürst selbst nicht im Lande Wohnsitz hatte, wurde Liechtenstein von einem Landvogt regiert und verwaltet.

Ungebildete fremde Fötzel Ob man unsere Vorfahren als solche empfunden hat? Die Stellung der Walliser am Triesenberg dürfte schon Neid geweckt haben. Sie galten nicht nur als freie Walser, sondern sie waren in der Tat mit verschiedenen Freiheitsrechten ausgestattet. Diese Rechte gingen nach und nach verloren. Von den erwähnten kriegerischen Ereignissen war der Triesenberg weniger betroffen. Die Einwohner im Tal litten noch mehr unter der Armut. Die Triesenberger konnten ihnen immer wieder Alpen abkaufen. Unter den Grafen von Sulz beschwerten sich die Talbewohner deshalb, dass sie mit immer weniger die ganze Steuerlast tragen müssten, während die Triesenberger immer mehr hätten. Und das noch steuerfrei. In der Folge wurde die Steuerfreiheit aufgehoben. Unter den Grafen von Hohenems wurden 1618 auch die ehemals freien Walser zu Leibeigenen. Es ist bekannt, dass die Leute zu jener Zeit wenig gebildet und grösstenteils Analphabeten waren. Umso erstaunlicher ist es, wenn man sieht, mit welchem Geschick sowie Ideen und Bauernschläue die Menschen ihr eigenes Leben und ihre Gemeinschaften gestaltet haben. Nur schon die «Beigla» im Walsermuseum Triesenberg sind ein Beweis dafür. Auf diesen Kerbhölzern waren die Weiderechte markiert. Auch aus rechtshistorischer Sicht ist höchst interessant, wie sich die Walser selbst ohne Bildung organisiert haben. Vor allem findet man immer wieder Hinweise auf ihr offenbar sehr grosses Können in der Viehzucht.

«Höchstschädliche Unwissenheit» der Berger Wenn Menschen leiden, neigen sie eher dazu, Trost und Halt im Glauben zu suchen. Am wunderschönen Triesenberg waren unbestritten auch harte Zeiten zu durchleben. Als gläubige Katholiken haben die Einwanderer wahrscheinlich schon 1 Zwangsweise erhobene Steuer zur Finanzierung eines Besatzungsheeres.

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DAS LEBEN IN DER DAMALIGEN ZEIT

bald nach ihrer Ankunft begonnen, Gebetsstätten einzurichten. Der erste religiöse Mittelpunkt war auf Masescha. Gemeinden im heutigen Sinne gab es damals noch nicht. Erst mit der Aufhebung der Landammann-Verfassung 1809 wurden politische Aufgaben auf die Dorfgenossenschaften übertragen und es entstanden die Gemeinden Liechtensteins. In religiöser Hinsicht hatte man als Kirchspiel bezeichnete Pfarreibezirke. Ortschaften waren einer Pfarrkirche und deren Pfarrer zugeordnet. In der früheren Grafschaft Vaduz hatte man das Kirchspiel Schaan. Triesen war in einem Stiftbrief bereits 1384 als Pfarrei erwähnt. Auch in der Ausübung der Religion nahmen die Triesenberger offenbar eine Sonderstellung ein. Einerseits errichteten sie ihre Gebetsstätten und schliesslich Kapellen. Andererseits wurden sie in die Pfarrei Triesen und in das Kirchspiel Schaan aufgenommen. Offenbar gingen die Berger zu wenig fleissig in die Messen im Tal. Es wurde berichtet, sie seien beim Schloss Vaduz geblieben und nicht bis Schaan gegangen. Bezüglich der Christenlehre hiess es in Schaan: «Die Triesenberger kommen nicht. Wenn jene hieher gezwungen werden, warum denn nicht die Vaduzer!» Diese waren wie die Triesenberger dem Kirchspiel Schaan zugeteilt. Allerdings dürften auch die Vaduzer die Messen in Schaan zu wenig besucht haben. «Die Vaduzer kommen nicht im Winter wegen der Kälte, im Sommer wegen der Früchte, im Herbst wegen dem Vieh.» Über die Triesenberger schreibt Dekan und Pfarrer Nicolaus Peller von Schaan 1767 von einer «höchstschädlichen Unwissenheit in den nothwendigen Glaubenswahrheiten bei den Bergleuthen». In Triesen schrieb Pfarrer Wenaweser etwa zur gleichen Zeit: «Wegen der Schul sollte jedes Kind vom Berg bezahlen 36 Kreuzer und etliche Kreuz Schindeln. Zu meiner jetzigen Zeit ist vom Berg nur etwa das ein oder andere Kind teils wegen Weite des Weges und Rauheit des Wetters, teils aus Abgang der Lebensmittel, teils auch wegen Verfolgung und Verspottung von Seite der hiesigen Kinder in die Schule herab kommen.»

Von «Saufbrüdern und Zechschwestern» Es schien nicht nur eine höchstschädliche Unwissenheit bei den Bergleuten zu geben. Offenbar war allgemein auch Zucht und Ordnung mangelhaft. Verschiedentlich haben die Pfarrer geklagt, dass der Zehent2 schlecht eingehe und die Leute das Mindere für das Mehr geben. «Von Füh12

len, Gizlen, Fährlein, Gäns und Immen»3 werde gar kein Zehent mehr gegeben, schreibt Pfarrer Wenaweser von Triesen. 1789 wurden die uralten Bittgänge nach Rankweil abgeschafft, weil mehr Unfug getrieben als gebetet worden war. Bereits 1768 hatte Landvogt Grillot nach Wien berichtet die «wallfahrenden Saufbrüder und Zechschwestern» hätten mehr die Wirtshäuser als die Gotteshäuser gefüllt. Die angeblich Betenden hätten das Kreuz nur bis ins «Heiligkreuz», ein Wirtshaus in Feldkirch, begleitet.

«Der Fürnembste nach dem Mindesten» Wie bereits erwähnt hatten die Triesenberger die Kapelle auf Masescha und waren gleichzeitig in die Pfarreien Triesen und Schaan aufgenommen. Dies forderte einen Tribut von der Bevölkerung und von den Seelsorgern. Die Walser mussten sich zwar nicht in ihre Pfarreien einkaufen, aber sie beteiligten sich an den laufenden Kosten. Trotzdem waren die Triesenberger in den Pfarreien nur geduldet. Besonders zeigte sich dies bei den Opfergängen in Triesen, wo selbst «der Fürnembste am Berg dem Mindesten von Trisen den Rang und Vorgang lassen musste». Die meisten Taufen und Eheschliessungen der Triesenberger wurden auf Masescha gehalten. Für Begräbnisse und die Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen mussten die Berger aber nach Schaan oder Triesen. Der Weg war sehr weit und beschwerlich. Man muss berücksichtigen, dass sich die Einwanderer in den höheren Regionen niederliessen und der heutige Ortskern erst viel später entstand. Wie mag das wohl gewesen sein, wenn eine Person verstorben ist und die Beerdigung lange Zeit nicht gehalten werden konnte? Schnee und schlechtes Wetter haben einen Gang ins Tal oftmals verhindert. Zu bedenken ist auch, dass es damals noch gar keine Strassen gab. Es waren nur einfache Wege und Gassen. Ebenfalls war es für die Seelsorger sehr schwierig, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Zum Beispiel sollte der Pfarrer von Triesen wöchentlich eine Messe auf Masescha halten. Es mussten 700 bis 800 Höhenmeter überwunden werden, bis sie bei der Kapelle oder bei den Menschen zu Hause waren. Manch ein Kind konnte das Sakrament der Taufe nicht empfangen und musste mit der Erbsünde sterben. Die Unwissenheit der Berger dürfte hierbei ein Vorteil gewesen sein. Erst mit der eigenen Pfarrei und dem stärkeren Aufgebot an Geistlichen konnte die angst-

machende «Aufklärung» vertieft werden. Von allen Seiten wurde der Wunsch nach einer eigenen Pfarrei immer grösser.

Lebensgefährlicher Weg zu den Pfarrkirchen Triesenberg war zeitweise nicht nur territorial, sondern auch bevölkerungsmässig die grösste Gemeinde. 1584 lebten in Triesenberg mit 137 Schnitzzahlenden die meisten Steuerzahler der Grafschaft Vaduz und der Herrschaft Schellenberg. Bei der Gründung der Pfarrei 1768 wohnten am Berg 96 Familien, was etwa 500 Einwohnern entspricht. Diese waren aufgeteilt auf das Kirchspiel Schaan und die Pfarrei Triesen. Wo genau die Grenze verlief, lässt sich nicht feststellen. Dabei muss man berücksichtigen, dass unser Dorf ganz anders aussah und sich im Laufe der Jahrhunderte bis 1768 verändert hat. Bekannt ist, dass Prufatscheng, Erbi, Fromahus und Rotaboda zum Kirchspiel Schaan gehörten. Bis 1615 auch Gaflei. Die südlicheren Weiler, allerdings auch Masescha, wurden von Triesen betreut. Im Jahr 1494 stiftete Freiherr Ludwig von Brandis die Kaplaneipfründe zu St. Mamerten. Der Kaplan sollte wöchentlich auch eine Messe auf Masescha lesen. Die Pfründe4 blieb schon bald nach ihrer Stiftung ohne Kaplan. Die Kaplanei wurde der Pfarrpfründe einverleibt. Später wurde eine Cooperatur gestiftet und der Cooperator hat Masescha betreut. Am 15. Februar 1735 reichte Cooperator Joh. Jakob

Abbildung: Auf der Karte sind die Grenzen des Schaaner Kirchspiels markiert: nördlich die uralte Grenze zum heutigen Unterland, südlich die Grenze zu Triesen und das kirchlich bis 1768 zur Pfarrei Schaan gehörige Triesenberger Gebiet mit Rotaboda, Fromahus, Prufatscheng. Gaflei gehörte bis 1615 ebenfalls zum Schaaner Kirchspiel. Der Rhein bildete bis zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts keine feste Grenze. Auf der Rheintalseite, am Westhang der Rätikonkette, sind die dörflichen Siedlungen entstanden. Im Alpengebiet umfasste das Kirchspielterritorium neben den Plankner Alpen drei Kuhalpen (Malbun, Gritsch und Guschg) und drei Galtviehalpen im Valorschtal.

Gaier (Gyr) beim bischöflichen Ordinariate seine Resignation ein, weil er 85 Jahre alt, die Pflichten eines Cooperators nicht mehr erfüllen, insbesondere den rauhen Triesenberg nicht mehr besteigen könne. Die Gründung einer eigenen Pfarrei wurde vorangetrieben. Dekan und Pfarrer Nicolaus Peller von Schaan schrieb 1767 an den bischöflichen Kanzler in Chur und gab als wichtigen Grund an: «Weiter (über 2 Stunden), beschwerlicher, im Winter oft lebensgefährlicher Weg zu den Pfarrkirchen Triesen und Schaan.» 2 Eine etwa zehnprozentige Steuer in Form von Geld oder Naturalien an eine geistliche Institution. 3 Von Fohlen, jungen Ziegen, Ferkeln, Gänsen und Bienen. 4 Vertrags- oder stiftungsmässige Einrichtung, die es kirchlichen Amtsinhabern bzw. Pfarrern ermöglichte, ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Meistens Grundvermögen bzw. landwirtschaftliche Nutzfläche.

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Förderer einer eigenen Pfarrei Die Gründe, weshalb nicht schon viel früher eine eigene Pfarrei eingerichtet wurde, sind unklar. Wahrscheinlich konnte man es sich schlicht nicht leisten, und für die Mutterpfarreien war der Triesenberg eine Einnahmequelle. Wenn es nun an die Abnabelung von Triesen und Schaan geht, fällt ein Name besonders auf: Ortsrichter (Vorsteher) Johannes Danner5 von Triesenberg. Unterstützt wurde er von Pfarrer Stephan Wohlwend von Triesen, Dekan Nicolaus Peller von Schaan und Landvogt Franz Karl von Grillot. Pfarrer Wohlwend, der erster Seelsorger in Triesenberg wurde, bezeichnete Johannes Danner als den grössten Förderer der neuen Pfarrkirche. Er war 40 Jahre lang Ortsrichter und galt als weitsichtige und auf das Allgemeinwohl bedachte Persönlichkeit. Es entbrannte eine Diskussion um den Standort der Pfarrkirche. Zur Debatte standen HaberacherSteinord und Üenaboda. Danner wohnte in der Lavadina und hätte ins Steinord den kürzeren Weg gehabt. Trotzdem entschied er sich für Üenaboda, was aus heutiger Sicht eine richtige Entscheidung war. Ein Ortsrichter war zur damaligen Zeit sozusagen ein Alleinherrscher. Danner hätte ohne Weiteres eine für ihn bequemere Entscheidung treffen können. Einen grossen Unterstützer hatte er offenbar in der Person von Dekan Peller. Dieser verfasste das erwähnte Schreiben an den bischöflichen Kanzler in Chur.

Von «würcklicher Lebens-Gefahr» und Pioniergeist Inwiefern die involvierten Personen Pläne schmiedeten und Strategien entwickelten, ist schwierig nachzuvollziehen. Dekan Peller wandte sich jedenfalls ausser an den Bischof von Chur mit Schreiben vom 16. Mai 1767 auch an Landvogt Franz Karl von Grillot. «Es möchte auf dem Berg eine neue Pfarr errichtet werden», legte er ihm dar. Der Landvogt liess sich «dises auf die Ehr Gottes und das Seelenheil abzilende Werk gefallen». Er

Abbildung links, gross: Abschiedsgottesdienst in der Wenzelkirche. Abbildung links, klein: Innenraum der Wenzelkirche.

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schrieb an S.D. Fürst Joseph Wenzel nach Wien. Von dort kam die Antwort, dass Seine Durchlaucht «nit nur die Errichtung einer neuen Pfarr guetheissen, sondern auch durch eine hinlängliche Stiftung die Unterhaltung ihres zukünftigen Seelsorgers anzuschaffen gnädigst hat gewähren wollen». Im Stiftsbrief vom 7. Dezember 1768 beschreibt der Fürst sehr treffend die Situation am Triesenberg. Unter anderem hält er fest, wie beschwerlich der Weg zu den Mutterkirchen war und wie die Leute «…bey rauher Winters-Zeit mit würcklicher Lebens-Gefahr herunter zu steigen hätten…». Dann führte der Fürst aus, er habe sich entschlossen «…und zum geistlichen Trost Unserer geliebten Unterthanen eine Neue Pfarr-Kirche, und Pfarr-Hof von Grund aus aufzubauen, und eine Pfarrliche Pfrund allda auf ewig zu fundiren, und zu stüften». Für die Pfarrpfründe stiftete der Fürst 7‘000 Gulden zum Unterhalt des jeweiligen Pfarrers. Fürst Joseph Wenzel erklärte aber sich und seine Nachkommen hinsichtlich der Gebäude und der Pfründe von allen weiteren Verpflichtungen für enthoben. Gleichzeitig wurde der Gemeinde am Triesenberg befohlen, dass sie für das Kapital haftet und den «etwaigen Abgang aus was immer für Ursachen sich derselbige über kurtz oder lang ergeben möchte, aus ihren eigenen Mitteln ersetzen, und wiederum ergäntzen soll». Unsere Vorfahren mussten Pioniergeist und Mut aufbringen, um sich auf dieses Unterfangen einzulassen. Nachdem der Fürst in seinem Antwortschreiben an den Landvogt die Errichtung einer Pfarrei gutgeheissen hatte, konnte man bereits zu Taten schreiten. Am 25. Juli 1767 war Grundsteinlegung der ersten Kirche am Triesenberg. Gegen Ende des Jahres 1768 erfolgte die Abkurung der Pfarrei Triesenberg von Triesen und Schaan. Zu dieser Zeit trat auch Stephan Wohlwend als erster Pfarrer von Triesenberg sein Amt an. Am 3. Januar 1769 wurde die erste Leiche, Anna Eberle, geb. Schneiderin, von Wangerberg, auf dem ersten Friedhof beigesetzt. Am 15. Oktober desselben Jahres wurden die Pfarrkirche, Altäre und Glocken von Fürstbischof Johann Anton von Federspiel konsekriert.6 5 Einzelheiten zur Person Johannes Danner finden sich in der Broschüre «Die Gründung der Pfarrei Triesenberg vor 200 Jahren» von Engelbert Bucher. 6 Weihen, heiligen. Übertragung einer Sache oder Person in den sakralen Bereich.

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Die Kirche wurde dem heiligen Josef geweiht. Diese erste Pfarrkirche hatte etwa 300 Sitzplätze. Baufällig und für die wachsende Gemeinde zu klein geworden, wurde sie 1938 abgerissen.

Die Abkurung und ihre Auswirkungen Mit der Gründung der eigenen Pfarrei musste eine Abkurung von den Pfarreien Triesen und Schaan vorgenommen werden. Es müssten also Pfarreibücher wie Tauf-, Ehe- und Totenbuch übergeben worden sein. Ebenfalls ist üblicherweise die Buchhaltung mit Konten und Kassen über alle kirchlichen Gelder auf Pfarreiebene zu übergeben. Die Abkurung hatte unwillkürlich auch Auswirkungen auf die Finanzen der Pfarreien Triesen und Schaan. Unter Pfarrer Wenaweser erfolgten die Gründung der neuen Pfarrei und die Abkurung von Triesen und Schaan. Er wurde von der Kurie beauftragt, eine Zusammenstellung der Auswirkungen auf die Einnahmen der Kirche und der Pfründe zu erstellen. Bezüglich Triesen wurde festgestellt, dass die Triesner nunmehr selber für den Unterhalt des ewigen Lichtes aufkommen müssten. Der Anteil der Berger an Kirchen und Pfrundbauten fehlte künftig. Dem Pfarrer entgingen zirka 60 Gulden Stolgebühren7, dem Cooperator fehlten rund 55 Gulden für seine Seelsorge auf Masescha und der Mesmer verlor 16 Gulden an Gehalt. Ähnlich war die Situation in Schaan. Da die Triesenberger nun eine eigene Kirche und den Pfarrhof zu unterhalten hatten, wurden sie von den Verpflichtungen gegenüber den Mutterkirchen befreit. Am 13. Juli 1774 wurden die neuen Bedingungen von Fürstbischof Johann Anton von Federspiel genehmigt.

Pfarrpfründe und Baukosten Bei der Dotierung der Pfarrpfründe fällt auf, dass der Fürst auch Judenschulden seiner Untertanen ausgelöst hat. Zu günstigeren Bedingungen konnten sie diese Schulden an den Fürsten zurückzahlen. Viele Liechtensteiner waren damals an Juden verschuldet. Mit dem Kauf der Herrschaft Schellenberg und der Grafschaft Vaduz durch die Grafen von Hohenems war es zu einer ersten Ansiedlung von Juden gekommen. Sie lebten hier als Hintersassen8 und bildeten eine eigene Gemeinschaft. Sie betrieben Handel und Geldverleih. Unter Landvogt Franz Karl von Grillot wurde eine Entschuldungsaktion durchgeführt. In der Folge wurde den liechtenstei16

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nischen Untertanen jeglicher Handel mit Juden verboten. Bei den Baukosten ist zu erwähnen, dass ebenfalls der Bauplatz zu erwerben war. Ausser den darauf erstellten Bauten wurden aus der fürstlichen Kasse auch die innere Ausstattung der Kirche, Taufstein, Glocken, Beichtstühle usw. sowie auch Kultgegenstände wie Kelche und Monstranz bezahlt. Zudem wurden Verpflegungskosten bei der Kirchweihe übernommen. Gemäss Pfarrer Engelbert Bucher betrug die Summe der Gesamtkosten 9‘422 Gulden und 41 Kreuzer.

Ein «gutherziger Murrkopf» Die glänzendste Persönlichkeit in der mehrhundertjährigen Geschichte des Hauses Liechtenstein war Fürst Joseph Wenzel (1696–1772). Er war ein schöner und stattlicher Mann, der zu repräsentieren verstand. Als Soldat, Kunstkenner und Sammler, Diplomat und Chef des Hauses hat er Grosses geleistet. Der Fürst war Botschafter in Berlin und Paris, befehligte die kaiserliche Armee in Italien und war Generalkommandierender in Ungarn. Er war ein Diener des Kaiserhauses, drei Generationen der Habsburger treu ergeben. Seine Taten sind damit Teil der Geschichte Österreichs. Joseph Wenzel war stolz darauf, ein Liechtenstein zu sein. Seinen Rang als Reichsfürst hatte er dank

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des Besitzes eines reichsunmittelbaren Landes. Das Fürstentum hat er aber nie besucht. Mit Kaiserin Maria Theresia war er eng verbunden. In der Person Fürst Joseph Wenzel von Liechtenstein verband sich die Freude an prunkvoller Repräsentation im kaiserlichen Dienst mit der Neigung zu fürstlicher Selbstdarstellung in einem Ausmass, das selbst im feudalen 18. Jahrhundert Aufsehen und Erstaunen hervorrief. Seine Auffahrten mit dem Goldenen Wagen begleitet von unzähligen prächtigen Kutschen, Reitern und Läufern waren legendär. Insbesondere sein Einzug mit der Prinzessin von Parma als Braut des Erzherzogs Joseph in Wien 1760 ist in die Geschichte eingegangen. Joseph Wenzel hatte ein hitziges Temperament, das er aber dank seines diplomatischen Geschicks unter Kontrolle hatte. Der Fürst war ein guter Ökonom und offenbar nicht kleinlich. Das fürstliche Vermögen war immens. Er vergab Aufträge, um Kunsthandwerkern einen Verdienst zu geben. Er unterstützte Witwen und gründete ein Waisenhaus. Bei den Armen Wiens hatte sich seine Grosszügigkeit herumgesprochen. Für seine Bediensteten scheint er andererseits ein recht patriarchalischer, mitunter unbequemer Herr gewesen zu sein. Sie hatten es schwer, eine Heiratserlaubnis zu erhalten, da der Fürst fürchtete, dass die Bezüge durch die Ernährung allzu vieler Kinder belastet würden. Nach Pezzl9 verkörperte er den Typ

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des «gutherzigen Murrkopfs» … «er jagte bey übler Laune oft wegen Kleinigkeiten Leute aus dem Dienste, liess ihnen aber lebenslänglich ihren Gehalt; andere durften nicht mehr vor seinem Gesicht erscheinen, aber er bedachte sie in seinem Testament». Ohne Einschränkung stand Joseph Wenzel in der katholischen Tradition des Hauses und entsprach der Katholizität des Theresianischen Hofes. Gerade beim Tod zeigte sich das hohe Ansehen Joseph Wenzels. Maria Theresia liess eine Medaille auf ihn prägen. Gegenüber ihrem Sohn Erzherzog Ferdinand meinte sie: «Es ist einer von den Menschen, deren man nicht mehr findet.» Eigentlich schade, dass Fürst Joseph Wenzel nie unseren Triesenberg besucht hat. Nachdem man ihm berichtet hatte, dass der Weg zu uns herauf lebensgefährlich sei, verwundert es allerdings nicht, dass er lieber in Wien blieb. Abbildung 1: Taufstein in der Wenzelkirche. Abbildung 2: S.D. Fürst Joseph Wenzel stiftete die Pfarrpfründe. Abbildung 3: Stiftsbrief von S.D. Fürst Joseph Wenzel. 7 Stolgebühren erheben Pfarreien für kirchliche Handlungen wie beispielsweise Taufe, Hochzeit oder Beerdigungen. 8 Staatsbürger ohne Gemeindebürgerrecht. 9 Johann Pezzl, 1756–1823, gilt als radikaler antikleriklarer Aufklärer.

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Abbildung 1: Die alte Pfarrkirche wurde 1938 abgebrochen. Abbildung 2: Glockenweihe durch Seine Exzellenz Dr. Laurentius Mathias Vinzenz, Bischof von Chur am 27. August 1939.

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Abbildung 3: Während des Kirchenbaus wurden Gottesdienste im alten Schulhaus – gebaut 1846 – abgehalten. Abbildung 4: Arbeiten beim Dachkranz der Pfarrkirche.

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Abbildung 5: Die Schalung des Dachkranzes und des Kirchenturms geht voran.

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Abbildung 6: Auch bei der neuen Pfarrkirche wurde ein für Liechtenstein einzigartiger Zwiebelturm erstellt. Abbildung 7: Das Aufziehen der Glocken war ein besonderes Ereignis.


DER NEUBAU DER PFARRKIRCHE ST. JOSEF Dass die heutige Pfarrkirche St. Josef mit ihrem Mauerwerk aus heimischem Buntsandstein und dem Zwiebelturm so markant das Bild des Dorfzentrums prägen kann, ist keineswegs selbstverständlich. Der Weg von der ersten Erwägung eines Neubaus bis zu ihrer Einweihung im Weltkriegsjahr 1940 war mit holprigen Steinen gepflastert. von Josef Eberle

Das markante Bauwerk aus heimischem Sandstein mit dem unverwechselbaren Zwiebelturm wurde am 19. Mai 1940 geweiht. 20

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DIE ENTSTEHUNGSGESCHICHTE

Die erste Kirche tat 170 Jahre lang ihren Dienst. Die Einwohnerzahl der Gemeinde wuchs, und die Kirche wurde zu klein. Grössere Reparaturen mussten vorgenommen werden. 1908 wurde die Orgelempore erweitert. So konnte der Mangel an Plätzen für einige Zeit etwas gemildert werden. Der Bau einer neuen Kirche wurde schon unter Pfarrer Matthäus Müller (Pfarrer von 1890 bis 1909 und Kaplan von 1909 bis 1926) erwogen, fand aber in der Bevölkerung keinen Rückhalt.

Armenhaus statt Kirchenneubau Erst unter Pfarrer Franz von Reding (Pfarrer in Triesenberg von 1909 bis 1927, siehe auch S. 30) wurde der Kirchenbau wegen zunehmender Baufälligkeit und Platzmangels wieder zum grossen Thema. Der Pfarrer veranstaltete Sammlungen und brachte es auf einen Kirchenbaufonds von 13‘000 Kronen. Der fürstliche Architekt Gustav von Neumann in Wien wurde mit der Ausarbeitung eines Entwurfs beauftragt. Das Schicksal wollte es anders. Im Oktober 1913 fiel das Kirchenbauprojekt einer Volksabstimmung zum Opfer. Auch ein Armenhaus wäre dringend notwendig gewesen. Die Bürgerversammlung entschied mit überwältigender Mehrheit, das gesammelte Geld dem Armenhausfonds zuzuweisen. Dann folgte von 1914 bis 1918 der Erste Weltkrieg. Durch die Inflation ging das gesammelte Geld, eine für damalige Verhältnisse grosse Summe, verloren, und Pfarrer von Reding stand wieder mit leeren Händen da. Das Kirchenbauprojekt war in weite Ferne gerückt. Der tatkräftige Pfarrer starb im Jahr 1927, ohne sein in die Wege geleitetes Werk verwirklichen zu können.

Eiserner Durchhaltewille von Pfarrer Ludwig Jenal Unter dem neuen Pfarrer Ludwig Jenal (Pfarrer von 1927 bis 1942, siehe auch S. 30) wurde der Kirchenbau Wirklichkeit. Mit eisernem Durchhaltewillen meisterte er schliesslich die Probleme, die sich ihm entgegenstellten. Auf seine Initiative hin wurde wieder ein Kirchenbaufonds angelegt. Für den Neubau fehlte es aber noch lange am nötigen Geld. Zwei Umstände gaben dann dem Kirchenbau neuen Auftrieb. Einerseits gewährte das Land den Gemeinden wegen der herrschenden Arbeitslosigkeit für öffentliche Bauten hohe Subventionen. Auf der anderen Seite trug die unermüdliche Sammeltätigkeit der beiden Seelsorger 22

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mittels Bettelbriefen und Bettelpredigten Früchte. Das Kapital war auf 35‘000 Franken angewachsen. Eine wahrhaft grossartige Leistung, die heute noch unsere Hochachtung verdient. Damit war der Grundstein für eine neue Kirche gelegt. Auch im Volk war der Wunsch nach einer neuen Kirche gross. Im Dezember 1937 wurde ein verstärkter Gemeinderat gewählt, der dann mit grosser Mehrheit entschied, in Anbetracht der Finanzlage und der herrschenden Arbeitslosigkeit im Frühjahr mit dem Bau der Kirche zu beginnen.

Kirchenneubauplanung und Abschiedstränen Auf die Ausschreibung wurden mehrere Kirchenbaupläne eingereicht. Das Projekt von Kirchenarchitekt Otto Albert Linder (1891–1976) aus Stuttgart wurde ausgewählt. Die Wahl des bekannten Architekten erwies sich als Glücksfall. Er wurde mit der sofortigen Ausarbeitung der definitiven Pläne beauftragt. Damit sich die Bevölkerung ein besseres Bild von der neuen Kirche machen konnte, erstellte Kaplan Georges Klausener (siehe auch S. 30) ein Holzmodell, das lange Zeit im Schaufenster der Bäckerei Schädler ausgestellt wurde. Der Weisse Sonntag am 24. April 1938 war ein denkwürdiger Tag. Es hiess, von der alten und lieb gewonnenen Kirche Abschied zu nehmen. Pfarrer Ludwig Jenal hielt die Abschiedspredigt.

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Hans Gassner, der spätere Vorsteher, schrieb in der Gedenkschrift: «Es war ein tiefrührender Abschied vom alten, lieben Kirchlein und in manche Mannesaugen, von den Frauen ganz zu schweigen, drängten sich unwillkürlich Abschiedstränen.»

Zukunftsweisende Gedanken des Architekten In seinem ausführlichen Artikel in der Gedenkschrift über die bauliche Gestaltung der Pfarrkirche St. Josef zu Triesenberg sagt Architekt Linder: «Da die religiöse Einstellung unserer heutigen Zeit eine ganz andere ist als diejenige des 15. und 18. Jahrhunderts, kann man nicht mehr verlangen, dass gefühllos auf die alten Stilarten zurückgegriffen wird. Es wäre deshalb sicher falsch und ebenso unehrlich, wenn man heute noch gotische oder barocke Kirchen bauen würde. Wenn wir aufrichtige Menschen und Kinder unserer Zeit sein wollen, müssen wir die Zeit bejahen, die technischen Möglichkeiten erkennen, aus denen dem Architekten die Möglichkeit gegeben ist, neue Formen zu schaffen. Weil die Kirche Gemeinschaftsgut und Gemeinschaftsraum ist und dem Volksganzen zu dienen hat, muss der Architekt in seiner Kirchenarchitektur eine Sprache reden, die dem religiösen Empfinden der Gläubigen entgegenkommt.» Der neuen Kirche wurde die Grundform eines Oktagons, eines Achtecks, gegeben.

Die Innenausstattung der neuen Kirche Die Innenausstattung der Kirche ist stark geprägt von der wuchtigen Kreuzigungsgruppe über dem Hochaltar und den farbenprächtigen, für die damalige Zeit sehr modernen Fenstern des Künstlers Johannes Troyer. Der in Sarntheim, Südtirol, im Jahr 1902 geborene Künstler war in Liechtenstein besonders auch als Briefmarkengestalter bekannt. Seine wichtigsten und ausdrucksstärksten Werke in unserem Land sollten aber die Kreuzigungsgruppe und die insgesamt 14 Kirchenfenster der Pfarrkirche bleiben, dank deren Farbenharmonie der Raum mit stimmungsvollen Licht durchflutet wird. Grossen Eindruck macht auch die wuchtige Holzdecke. Die Kreuzwegstationen schuf der Bildhauer Josef Gasser aus Lungern, Kanton Obwalden. Von einer neuen Orgel konnte man damals nur träumen. Aus Geldmangel wurde die alte, im Schulhausestrich gelagerte Orgel im Jahr 1944 wieder eingebaut. Eine neue Orgel mit 26 Registern konnte erst 1961 eingeweiht werden. Abbildung 1: Das Modell der neuen Kirche von Kaplan Georges Klausener. Abbildung 2: Kirchenarchitekt Otto Albert Linder aus Stuttgart. Abbildung 3: 7. November 1938: Der Kirchturm bis zur Glockenstube hochgemauert, das Aufrichtbäumchen symbolisiert in 20 Metern Höhe den Fortschritt des Bauwerks.

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DIE ENTSTEHUNGSGESCHICHTE

Die Glocken Triesenberg darf sich rühmen, eines der schönsten Geläute im Rheintal sein Eigen nennen zu dürfen. Beim Bau der neuen Kirche ging der Wunschtraum in Erfüllung, ein schweres, schönes Geläut giessen zu lassen. Der Auftrag wurde an die Glockengiesserei Staad AG bei Rorschach vergeben, welche am 21. Juni 1939 fünf Glocken im Beisein der Gemeinde- und Kirchenbehörden goss. Am 26. August 1939 wurde das Geläute nach Triesenberg überführt und am 27. August durch Seine Exzellenz, Dr. Laurentius Mathias Vinzenz, Bischof von Chur, geweiht. Das Aufziehen der Glocken war ein grosses Fest und ein Freudentag, besonders für die Schuljugend, die beim Aufzug der Glocken mitwirkte. Der damaligen Weltlage entsprechend, es tobte der Zweite Weltkrieg, war dann auch der Wunsch an das Geläute: «So klingt denn, ihr herrlichen Glocken, zur Freude in guten, zum Trost in schlechten Tagen und läutet für einen baldigen Frieden.»

der Nordseite. Der Bildhauer Hugo Marxer hat einen neuen Altar geschaffen, der sich trotz seines modernen Ansatzes wunderbar in unsere Kirche einfügt. Der Gemeinderat konnte sich schon bei einem Besuch in Carrara von der Begeisterung, mit welcher Hugo Marxer dieses Kunstwerk geschaffen hat, überzeugen.» Der Vorsteher windet auch dem Architekten Oskar Pekarek, den Handwerkern und der Arbeitsgruppe Kirchenrenovation unter der Leitung von Pfarrer Max Butz ein Kränzchen für ihre hervorragende Arbeit.

DIE «PORTRÄTS» DER GLOCKEN

VOM WERDEN UNSERER BERGKAPELLEN

Die Bauphasen der Kirche sind in der Gedenkschrift von 1940 genau festgehalten. Manches Bauproblem musste gelöst werden und nicht alles verlief geradlinig. Der verstärkte Gemeinderat und die Baukommission mit Vorsteher Johann Beck (Vorsteher von 1933 bis 1951) an der Spitze waren oftmals gefordert. Die Bausumme betrug gemäss Endabrechnung 275‘840 Franken. Die bedeutendste Nutzungsveränderung der Pfarrkirche war die Umgestaltung der Taufkapelle zur Totenkapelle, die im Dezember 1972 erstmals ihren Dienst versah.

Neugestaltung des Kirchenraums im Jahr 2000 Nach verschiedenen kleinen Renovationen und Reparaturen wurde die Pfarrkirche im Jahr 2000 unter Pfarrer Max Butz umfassend renoviert. Schwerpunkte der Renovation waren die Schaffung eines behindertengerechten Eingangs, die Renovation des Bodens und der Bänke, die Verbesserung der Akustik, die Heizung und vor allem die Gestaltung des Altarraumes mit dem prächtigen Altar und dem Ambo aus Carrara-Marmor. Vorsteher Hubert Sele schreibt im Vorwort der Gedenkschrift: «Das Resultat kann sich sehen lassen. Meine besondere Freude gilt vor allem dem neuen Altar und dem ebenerdigen Eingang auf 24

1 Schutzengel-Glocke 2 Armenseelen-Glocke 3 Heiliger Joseph 4 Heilige Maria 5 Christus-Glocke

710 kg 860 kg 1‘240 kg 2‘100 kg 4‘300 kg

Ton g Ton e Ton d Ton H Ton G

Unsere drei Bergkapellen sind weitere prägende Zeichen des Glaubens. Sie sind nicht nur die Landschaft bereichernde Kulturdenkmäler im Berggebiet, sie stehen aktiv im Dienst der Kirche. Jede Woche wird dort noch Gottesdienst gehalten. Wie die Pfarrkirche stehen auch die drei Bergkapellen unter Landesdenkmalschutz. von Josef Eberle

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DIE ENTSTEHUNGSGESCHICHTE

Kapelle St. Theodul Masescha – Urkirche der Walser am Triesenberg Die Kapelle auf Masescha ist der erste religiöse Mittelpunkt der im 13. Jahrhundert eingewanderten Walser und auch das älteste Baudenkmal der Gemeinde Triesenberg. Es wird angenommen, dass die ersten Walser bald nach ihrer Ansiedlung eine kleine Kapelle gebaut haben, die in der Grösse dem heutigen Chorraum entsprochen haben dürfte. Auf die erste urkundliche Erwähnung der Kapelle stossen wir erst im Jahr 1465. Die entsprechende Pergamenturkunde Nummer 2 befindet sich im Gemeindearchiv. Darin beurkunden die Kirchenpfleger «Unser lieben Frauen-Kapelle auf Misöschen» der Witwe Margaretha Schlegel den richtigen Empfang eines Zehnten ab einem «Gut auf Misöschen». Wann die Kapelle in ihrer heutigen Form entstanden ist, ist nicht bekannt. Die Kapelle Masescha gilt als Chorturmanlage wie sie auch bei den Walsern in Davos bei kleineren Gotteshäusern die Regel ist. Das Schiff ist beinahe quadratisch. Daran schliesst sich der Chor, etwas eingezogen, im Erdgeschoss des Turms. Die Kapelle ist nach Süden ausgerichtet. Mit dem Bau der ersten Pfarrkirche im Jahr 1768 verlor die Kapelle auf Masescha an Bedeutung und sie zerfiel mehr und mehr. Pfarrer Simon Balzer rettete das Kirchlein im Jahr 1854. Es soll sich in einem erbärmlichen Zustand befunden haben. Richter Alois Beck und Säckelmeister Johann Schädler unterzeichneten damals für die Gemeinde Triesenberg eine Urkunde mit der Verpflichtung, das restaurierte Kirchlein in einem «der Sache Gottes würdigen Zustande» zu erhalten. So ist es zukünftig auch geschehen. Die umfassendste Renovation und Neugestaltung fand 1950/51 unter Pfarrer Engelbert Bucher statt. Auf der Nordseite wurden eine Sakristei und eine offene Vorhalle angebaut. Der Innenraum wurde stark verändert. Unter dem Putz im Chor wurden die kostbaren Fresken entdeckt. Der Hauptaltar im Chor wurde entfernt und dient seit 1951 als linker Seitenaltar. Das Rundbogenfenster erfuhr mit dem Glasfenster von August Wanner, St. Gallen, eine grosse Bereicherung. Dieses stellt den heiligen Theodul als geistlichen und weltlichen Herrscher mit Bischofsstab und Schwert und zu Füssen den Teufel mit Glocke dar. Das Theodul26

bild von Josef Reich aus dem Jahr 1904 ziert seither die linke Wandfläche an der Nordseite. Die Kapelle ist dem heiligen Theodul geweiht. Seit 2005, als die Gemeinde Triesenberg das 650-JahrJubiläum der ersten urkundlichen Erwähnung feiert, ist der heilige Theodul der Hauptpatron. Lange Zeit war die Kapelle eine Marienkapelle. Schon 1595 wurde der heilige Theodul als Nebenpatron verehrt. In der Pestzeit 1628/29 galten die Pestheiligen St. Sebastian und St. Rochus als Kapellenheilige. Sie sind auf dem linken Seitenaltar (früherer Hochaltar) dargestellt. Im Jahr 2017 hat die Kapelle eine gründliche Aussenrenovation erfahren. Die Innenrenovation ist für 2018 vorgesehen.

Kapelle Steg – ein Bauernkirchlein Das «Stägerchilchli» gilt als Wahrzeichen von Steg und ist in seiner Art einmalig. Eine Aussage von Kanonikus Anton Frommelt (1895–1975), dem bekannten Seelsorger, Politiker, Kunstmaler und Briefmarkengestalter, die wir im Buch «Die Briefmarken Liechtensteins» finden, charakterisiert das Kirchlein besonders treffend: «Das Kirchlein schaut her, als stünde es ein Jahrtausend dort und passt in die Landschaft, als wäre es von selbst aus dem Boden gewachsen.» Die Kapelle Steg ist den Bauernheiligen St. Wendelin und Martin geweiht. Schon auf der Karte des J.J. Heber von 1721 kann man die Bezeichnung «Beim Kirchlin» am heutigen Standort der Kapelle lesen. Es soll sich um ein altes Bildstöcklein gehandelt haben, das 1817 zur Grösse des damaligen Kapellenchores erweitert worden sei. Nach der Verwüstung durch einen Sturm wurde die Kapelle nach langer Zeit im Jahr 1834 restauriert. Das Langhaus ist erst bei dieser Renovation entstanden. Die heutige Form mit Rundturm und Vorhalle hat die Kapelle mit dem grossen Eingriff in den Jahren 1906/07 bekommen. Von H.H. Johann Baptist Büchel, damals Pfarrer von Triesen und bischöflicher Landesvikar, ist im Pfarrarchiv eine Beschreibung über den Bauverlauf mit den Erweiterungsbauten zu lesen. Es heisst dort, man habe den Chorraum erweitert und es wurde eine solide und geräumige Vorhalle und ein festes, den Stürmen trotzendes, rundförmiges Türmchen erbaut. Umbau und Bauleitung übernahm Archi-

tekt Egon Rheinberger unentgeltlich. Kunstmaler Hans Gantner spendete nach Verlosung von einigen seiner Bilder das Glöcklein. 1949 gestaltete Pfarrer Ludwig Schnüriger die farbigen Glasfenster. Weitere grosse Renovationen wurden 1957 und 2016 durchgeführt. Die Kapelle ist im Besitz der Alpgenossenschaft Grosssteg.

Friedenskapelle Malbun Das jüngste und auch das höchstgelegene Triesenberger Gotteshaus ist die Friedenskapelle Malbun, die im Jahr 1951 fertiggestellt wurde. Auch ihre Entstehungsgeschichte weist viele Besonderheiten auf. Auf der Gedenktafel über der Eingangstür ist zu lesen: «Da der zweite Weltkrieg 1945 auf dem Boden Europas zu Ende ging und in seinem beinahe sechsjährigen Verlauf namenloses Elend über die Völker brachte, wurde beschlossen diese Kapelle zu bauen.» Die Kapelle sollte ein gottgeweihtes Denkmal des Dankes und des Friedens sein und trägt den schönen Namen «Friedenskapelle». Der Bau ist vor allem dem Einsatz des langjährigen Triesenberger Pfarrers Engelbert Bucher zu verdanken. Ab 1947, nach dem Bau des Tunnels Gnalp-Steg, begann sich Malbun touristisch zu entwickeln. Pfarrer Bucher war es wichtig, dass auch Kurgäste und Touristen seelsorglich betreut werden.

Glöcklein stammt aus der alten Pfarrkirche. Im Innern zieht das prächtige Rundfenster, geschaffen vom Architekten, den Blick auf sich. Es stellt in leuchtenden Farben Maria, die thronende Himmelskönigin mit Kind, rechts den Heiligen Bruder Klaus und links einen Engel dar. Am 15. August 1962 wurde die Kapelle mit dem Grossmosaik «Sennen-Ave» an der Nordwand, geschaffen von Josef Seger, bereichert. Weihbischof Wilhelm Sedlmeier, der mehrmals seine Ferien in der Kapellenwohnung verbrachte und die Sonntagsgottesdienste feierte, weihte das Kunstwerk ein. 1967 schuf Bildhauer Gottfried Hilti den neuen, von der Wand etwas vorgerückten Altar, der den Konzilsvorschriften entsprechen konnte. Abbildung: Der heilige Theodul ist Hauptpatron der Kapelle Masescha. Dieses Bild zeigt die weniger bekannte Darstellung des Heiligen auf einem Fenster in der Kapelle Steg.

Erste Bemühungen zum Kapellenbau gab es schon 1945. Eine Baukommission wurde eingesetzt. Den ausgeschriebenen Wettbewerb gewann 1947 der Appenzeller Architekt und Künstler Johannes Hugentobler. Dieser gab die Bauausführung unter der Bedingung, das grosse Rundfenster ausführen zu dürfen, an die Architekten Hans Rheinberger und Karl Gassner weiter. Doch erst im Juni 1950 gab die Fürstliche Regierung den Weg für den Kapellenbau frei. Die Bauarbeiten gingen zügig voran und bereits am 15. August 1951 konnte die schmucke Kapelle durch Bischof Christianus Caminada im Beisein des Durchlauchten Fürstenpaares Franz Josef II. und Gina von Liechtenstein eingeweiht werden. Die Friedenskapelle Malbun darf sich rühmen, von namhaften Künstlern geschaffen und ausgestattet zu sein. Der Bau von Hugentobler fügt sich sehr passend in die Landschaft ein und verschmilzt, mit Steinen aus der Umgebung gemauert, geradezu mit dem Bergmassiv im Rücken. Das 27


Die Chorfenster der alten Pfarrkirche St. Josef (Wenzelkirche).


DIE SEELSORGER

DIE SEELSORGER DER GEMEINDE TRIESENBERG VON 1768 BIS HEUTE

PRIMIZEN IN DER BERGGEMEINDE In der Pfarrei Triesenberg fanden nur drei Primizen statt. Die Primizianten waren Emilian Sele, Marianus Eberle und Josef Lampert. von Corina Vogt-Beck

Emilian Sele, der Professor in Amerika Es dauerte 106 Jahre, bis in der Pfarrei Triesenberg die erste Primiz gefeiert wurde: jene von Emilian Sele im Jahre 1874. Emilian Sele war der Sohn von Joseph (1811–1884) und Josepha Beck, geborene Nägele. Er kam am 17. Januar 1847 auf Rizlina zur Welt, und schon drei Jahre später, am 1. März 1850, starb seine Mutter. Im Jahre 1864 kaufte sein Vater Joseph, genannt «Hag Wittlig» das Haus Nr. 19 im Hag. Das Walserhaus dient heute als Museum. Hier lebten Vater und Sohn allein. Erst am 21. April 1873 heiratete sein Vater wieder, und zwar Anna Maria Pfeiffer (1839–1904) aus dem Gschind. Emilian Sele absolvierte die Landesschule in Vaduz und das Gymnasium in Feldkirch. An der Universität Innsbruck studierte er Philosophie sowie Theologie und promovierte zum Doktor 30

der Theologie. Am 26. Juli 1874 wurde er zum Priester geweiht. Seine Primiz feierte er am 16. August 1874 unter Pfarrer Johann Baptist Büchel in Triesenberg. Danach studierte Emilian Sele in Rom weiter, wo er das Doktorat der kanonischen Rechte erwarb. Viele Mitglieder seiner Familie waren 1850 und 1852 nach Amerika ausgewandert. 1876 folgte auch Emilian Sele der Einladung eines amerikanischen Bischofs und wanderte aus. Er ging zuerst nach Louisville, Kentucky, und war von 1887 bis zu seinem Lebensende Professor der Theologie am Priesterseminar in Cincinnati, Ohio. Am 29. Januar 1918 starb er infolge einer Grippe. Den Kontakt zu seiner Heimatgemeinde hielt der Professor zeit seines Lebens aufrecht. 1890 machte er seinen einzigen Heimatbesuch. Zudem gilt Emilian Sele als Wohltäter und Stifter, unter anderem bei der Renovation der alten und beim Bau der neuen Pfarrkirche.

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PFARRER 1768 –1785

Stefan Wohlwend, Bendern

1800 –1811

Johann Nepomuk Wagner, Schaan

Erster Pfarrer in Triesenberg, Autor des ersten Jahrzeitbuches aus dem Jahr 1771 (Stammforschung) und Gründer der Bruderschaft des heiligen St. Joseph

1811

1785 –1789

1811–1819

Joseph Abbarth, Glurns (Tirol)

1789 –1800

Johann Baptist Schreiber, Mauren

Johann Nepomuk Durig (Provisor), Tschagguns (Vorarlberg)

Joseph Aloys Zimmermann, Rankweil (Vorarlberg)

1819 –1821

Peter Wendelin Hofer, Nauders (Tirol)

1821 –1822

1843 –1862

1862 –1883

1822 –1838

Setzte sich für die Erhaltung der Kapelle Masescha ein; Imkerpionier (Balzerkasten) und Gründer des Bienenzuchtvereins in Liechtenstein

Landtagsabgeordneter und Sekretär des liechtensteinischen Priesterkapitels; setzte sich für den Strassenbau (Meierhof-Triesenberg-Steinord-Gnalp-Kulm-Steg) ein

Joseph Anton Frommelt (Provisor), Balzers

Johannes Baptist Kobler, Prad (Südtirol)

1838

Franz Joseph Matt (Provisor), Mauren

Simon Balzer, Alvaschein (Graubünden)

1842 –1843

Franz Xaver Fritschner (Provisor), Feldkirch (Vorarlberg)

Johann Baptist Büchel d. Ä., Balzers

1883

1883 –1889

Gustav Maria Alfons Burgmayer, Gamprin Initiant des Heiliggrabs

1889 –1890

1890 –1909

1909 –1927

1927 –1943

Errichter der Frühmesspfründe in Triesenberg, Fürstlicher Geistlicher Rat und Ehrenbürger von Triesenberg

Bemühte sich sehr um den Kirchenbau, der nicht zustande kam; Mitbegründer der liechtensteinischen Krankenkasse, Initiant der Jungmannschaftsbibliothek (spätere Pfarreibibliothek) und des liechtensteinischen Caritasvereins

Initiant einer grosszügigen Sammelaktion im In- und Ausland für den Kirchenbau in Triesenberg, Pfarrer und Bauherr der neuen Kirche in Triesenberg, Ehrenbürger von Triesenberg, Gründer der Marianischen Kongregation und der katholischen Jungmannschaft

Matthäus Müller, Näfels (Glarus)

Wilhelm Wösle (Provisor), Isny (Baden-Württemberg, Deutschland)

P. Gebhard OFMCap, Kloster Mels (St. Gallen)

Franz von Reding, Schwyz

Ludwig Jenal, Samnaun (Graubünden)

1927

P. Jakob Pülicher CPPS, Provisor (Deutschland)

1838 –1842

Anton Frick, Schaan

1943 –1979

Engelbert Bucher, Kerns (Obwalden) und Sargans (St. Gallen) Päpstlicher Ehrenprälat, Dekan des Landes, Ehrenbürger von Triesenberg, Initiant des Baus der Friedenskapelle Malbun, Chronist, Ahnen-, Geschichts- und Walserforscher, Sammler und Initiant des Walsermuseums, Gründungsmitglied der Internationalen Vereinigung für Walsertum, Ehrenmitglied des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein

1979 –1995

Seit 2006

1995 –1996

Krankenseelsorger und Religionslehrer, Mitgründer des Vereins Kathmedia zur Förderung katholischer Medienarbeit; Pilgerfahrten für Jugendliche und Erwachsene

Theophil Schnider, Vals (Graubünden)

Franz Näscher (Adm. von Vaduz aus), Gamprin

Georg Hirsch, Hainstadt / Baden (Deutschland)

Fürstlicher Geistlicher Rat

1996 –2005

Max Butz, (1996–2000: Pfarradministrator), St. Gallen

KAPLÄNE

PATRONAT 1768 –1999

Fürst von Liechtenstein

1909 –1926

Matthäus Müller, Näfels (Glarus) Erster Kaplan und vormals Pfarrer in Triesenberg, Regisseur bei Theateraufführungen der katholischen Jungmannschaft in Triesenberg

1926 –1935 Kein Kaplan

1935 –1940

Georges P. Klausener SMB, Basel und Zug Hat beim Kirchenbau wesentlich mitgewirkt; Ersteller eines Modells der Pfarrkirche und Autor der Kirchenbauchronik

1940 –1943

Engelbert Bucher, Kerns (Obwalden) und Sargans (St. Gallen)

1943 –1996

Anton Humm, Sevelen (St. Gallen) Träger des Silbernen Verdienstzeichens und des Ritterkreuzes des Fürstlich-Liechtensteinischen Verdienstordens, Ehrenbürger von Triesenberg, Präses der katholischen Jungmannschaft, aus der später die Nikolausgruppe Triesenberg hervorging

1997 –2000

Heinrich-Matthias Schild, Hennef-Geistingen (Deutschland)

2004 –2013

Johannes Maria Schwarz, Puchenau (Oberösterreich) Initiant des Vereins Kathmedia zur Förderung katholischer Medienarbeit, Jugendseelsorger

2000 –2003

Franz Brei, Bludenz (Vorarlberg)

Seit Dezember 2017

Michael Mathis, Hohenems (Vorarlberg)

2013 –2017

Marc Johannes Kalisch, Villingen (Deutschland)


DIE SEELSORGER

Marianus Eberle, der Kapuziner

Josef Lampert, der Priester und Seelsorger in Zürich und Graubünden

Die Freude in der Pfarrei war gross, als 56 Jahre nach Emilian Sele, am 13. Juli 1930, die Primiz von Pater Marianus stattfand.

Am 6. Mai 1962 konnte mit der Primiz von Josef Lampert die dritte und bisher letzte Primiz in Triesenberg gefeiert werden.

Pater Marianus Eberle war der Sohn des Josef und der Kreszenz Eberle, geborene Nägele. Er kam am 24. April 1904 bim Bach Nr. 43 auf die Welt und wurde auf den Namen Markus getauft. Nach der Volksschule in Triesenberg besuchte er das humanistische Gymnasium der Benediktiner in Disentis. Die Matura legte er am Kollegium St. Fidelis in Stans (Nidwalden) ab. 1923 trat er in das Kapuzinerkloster Wesemlin (Luzern) ein, wo er am 8. September eingekleidet wurde und den Klosternamen Marianus erhielt. Am 9. September 1924 legte er das zeitliche Ordensgelübde und am 9. September 1927 die feierliche Profess ab. Im Juli 1930 empfing er in Solothurn die heilige Priesterweihe. Seine Primiz feierte er am 13. Juli 1930 in Triesenberg; H.H. Pfarrer Ludwig Jenal waltete als geistlicher Vater. Pater Marianus begann seine Wanderjahre im Kloster Wesemlin, es folgten die Klöster Rapperswil, Stans, Arth und Näfels, Mels, Altdorf und ab 1960 in Schwyz. In Arth und Näfels amtete er als Guardian (Klostervorgesetzter). Pater Marianus war bescheiden und arbeitsam, aber auch mutig. In seinen gelegentlichen Predigten in Triesenberg in den Dreissigerjahren wies er auf die Gefahr des Nationalsozialismus hin. Er galt somit als Feind des nationalsozialistischen Deutschlands. Die Gefahr ahnend, beantragte er die Einbürgerung in der Gemeinde Stans. 1940 wurde er im Kanton Nidwalden eingebürgert. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Pater Marianus im Kloster Schwyz. Im Sommer war er gelegentlich in Steg bei seiner Schwester Theres zu Besuch. Nach einem Ferienaufenthalt verstarb er im Spital Schwyz am 13. Juli 1968, genau 38 Jahre nach seiner Primiz. 32

Josef Lampert ist Sohn des Josef und der Hedwig, geborene Beck. Er kam am Neujahrstag 1935 als erster von drei Buben auf dem Haberacher zur Welt. Schon als Schüler und Ministrant interessierte er sich für Lebens- und Glaubensfragen, auch in den Evangelien. Er spürte den Wunsch und die Berufung, Priester zu werden. Der Triesenberger besuchte daraufhin das Gymnasium Untere Waid in Mörschwil (St. Gallen) und das Lyzeum Gutenberg, Balzers. Beide Schulen wurden von Patres von La Salette geführt. Nach der Matura trat er im Herbst 1957 in das Priesterseminar St. Luzi in Chur ein, wo er am 23. Dezember 1961 zum Diakon und am 23. April 1962 zum Priester geweiht wurde. Die Primiz wurde am 6. Mai 1962 in Triesenberg gefeiert. Wie viele war auch Josef Lampert geprägt vom Aufbruch und der Aufbruchsstimmung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965). 20 Jahre lebte und wirkte er in Diasporapfarreien im Zürcher Oberland. Als Vikar je fünf Jahre in Rüti (Zürich) und Dübendorf, dann zehn Jahre als Pfarrer in Hombrechtikon (1972–1982). Danach folgten 22 Jahre im Kanton Graubünden, davon 17 Jahre in Tourismuspfarreien: acht Jahre in St. Moritz Bad und fünf Jahre in St. Moritz Dorf, vier Jahre in Arosa. Im Jahr 2000 wechselte der Pfarrer nach Chur, wo er fünf Jahre lang als Spital- und Altersheimseelsorger tätig war. Seit 2005 ist er offiziell im Ruhestand. Josef Lampert übernahm Aushilfen im Kanton Graubünden und in der Ostschweiz. Mittlerweile ist er für Gottesdienste nur noch im Kloster St. Elisabeth in Schaan tätig. Am 6. Mai 2012 feierte er in der Heimatpfarrei Triesenberg sein goldenes Priesterjubiläum.

Kurzinterview mit Josef Lampert Herr Pfarrer, wie sieht Ihr Leben heute aus? Ich wohne in Balzers, Mäls, in einer Wohnung eines Mehrfamilienhauses. Wenn es nebelfrei ist, sehe ich zum schönen Triesenberg hinauf. Alle 14 Tage kommt jemand von der Familienhilfe. Ich lebe allein, pflege aber viele Kontakte, treffe mich mit Freunden und Kollegen in Chur, Zürich oder in der Zentralschweiz. Eine gute Beziehung besteht auch zu den Verwandten und Jahrgängern in Triesenberg und zu den Patres im Haus Gutenberg sowie zur Schwesterngemeinschaft St. Elisabeth.

aus der Schweiz. Für mich hat sich eine Rückkehr in eine Pfarrei im Land nicht ergeben. Dankbar denke ich zurück an die schönen, aber intensiven Jahre – vor allem erinnere ich mich gerne an die 17 Jahre im Engadin und in Arosa auf über 1’700 Metern Höhe. «Dr Bäärg» ist ja auch die höchstgelegene Gemeinde im Land. Da ist man in der Höhe und kann und soll immer wieder auch in jeder Beziehung «auf der Höhe» sein! Abbildung: Die Primiz von Josef Lampert wurde am 6. Mai 1962 in Triesenberg gefeiert.

Wie kam es zu Ihrem Wunsch, Priester zu werden? Damals war es eine andere, einfache Zeit. In einer Predigt hat Pfarrer Bucher einmal von geistlichen Berufen aus der Pfarrei gesprochen. Das hat mich beeindruckt und in mir ist langsam der Wunsch gewachsen, den geistlichen Beruf zu wählen. Ich habe den Wunsch meiner Mama anvertraut; sie hat es mit Täta besprochen und ging dann zum Pfarrer. Er hat mit den Patres von La Salette Kontakt aufgenommen. So kam ich ins Gymnasium Untere Waid, damals hiess es noch Missionsschule – dann folgten die Jahre des Theologiestudiums in Chur. Es waren gute Jahre mit guten Professoren, geprägt von der Zeit des Aufbruchs auf das Konzil hin.

Hatten Sie in den Jahren in der Schweiz Heimweh nach Triesenberg und Liechtenstein? In den ersten Jahren im Gymnasium habe ich manchmal schon die Tage bis zu den Weihnachtsoder Sommerferien gezählt. Später hatte ich aber kein Heimweh. Man vergisst jedoch seine Wurzeln nicht. Damals waren fast alle Seelsorger im Land 33


Die Chorfenster der heutigen Pfarrkirche St. Josef.


EIN VERBINDENDES UND VERPFLICHTENDES JUBILÄUM Über tägliche Schülermessen, Posaunenspiel und Ausflüge nach Lugano – Vorsteher Christoph Beck und Alt-Vorsteher Alfons Schädler berichten über die Zusammenarbeit mit der Pfarrei und über ihr Verhältnis zur Kirche. von Corina Vogt-Beck

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250 JAHRE PFARREI AUS GEMEINDESICHT

Wir feiern 250 Jahre Pfarrei Triesenberg, Christoph Beck, was bedeutet es dir, als Vorsteher dieses Jubiläum zu begleiten? Christoph Beck: Es ist schön, so grosse Jubiläen zu begleiten. 250 Jahre sind eine unglaublich lange Zeit. In den letzten 70 oder 80 Jahren hat sich so viel verändert. Früher sind die Triesenberger nach Triesen oder Schaan zur Messe gegangen. Durch die Gründung der Pfarrei entstand erst ein kirchliches Leben, und die Kirche wurde zum Treffpunkt aller Triesenberger. Somit ist es auch ein verbindendes Jubiläum für Triesenberg als Gemeinde.

Alfons Schädler, welche Bedeutung hat das Jubiläum «250 Jahre Pfarrei Triesenberg» für dich? Alfons Schädler: Das Jubiläum ist ein grosses Ereignis für die Pfarrei, aber auch für die Gemeinde. Es ist eine Verpflichtung, uns zu erinnern an unsere Vorfahren, die Walliser, die den Triesenberg besiedelt haben und in den darauffolgenden Jahrhunderten die christlichen Werte gelebt und in harter Arbeit alles aufgebaut haben, auch die kirchlichen Bauten. Dieses Vermächtnis soll weiterhin gepflegt und den nächsten Generationen als Tradition und Pflicht übergeben werden.

Alfons Schädler, als junger Vorsteher konntest du das Jubiläum «200 Jahre Pfarrei Triesenberg» begleiten. Wie hast du dieses Ehrenfest damals erlebt? Alfons Schädler: Das Jubiläum ist mit einem eindrücklichen Festgottesdienst in der Pfarrkirche begangen worden. Am gleichen Tag fand die Eröffnung und Einweihung des neuen Rat38

hauses statt. Das alte Pfarrhaus, das unter Denkmalschutz gestellt wurde, war zu diesem Zweck umgebaut worden. Ergänzend dazu gab es eine Ausstellung zu der Entwicklung der Pfarrei und der Gemeinde im Obergeschoss des neuen Rathauses. Der Abschluss der Feierlichkeiten fand im ehemaligen Gemeindesaal statt.

«Die Kirche und die Pfarrei sind ein Teil unserer Kultur, unserer Geschichte, unserer Werte.» Christoph Beck

Sprechen wir darüber, welche Bedeutung Kirche und Pfarrei heute haben. Christoph Beck, wie erlebst du die Pfarrei als Vorsteher? Christoph Beck: Als Vorsteher ist es so, dass ich die offizielle Gemeinde auch gegenüber der Kirche repräsentiere. Die Menschen teilen mir mit, was sie von der Kirche erwarten, und das deckt sich nicht immer mit der Sichtweise der Kirchenvertreter. Aktuell ist die Trennung von Kirche und Staat noch nicht vollzogen, und so befindet man sich in einem Spannungsfeld zwischen weltlichen und kirchlichen Ansprüchen.

Alfons Schädler, vieles hat sich verändert – auch die Kirche hatte früher einen anderen Stellenwert. Wie siehst du diese Veränderung? Alfons Schädler: Die Dominanz der katholischen Kirche im privaten wie im öffentlichen Be-

reich ist stark zurückgegangen. Damals war das, was als christlich korrekt galt, viel enger eingegrenzt. In den letzten Jahrzehnten kam es zu einer Öffnung und Lockerung, was begrüssenswert ist, wenngleich sie auch nur langsam vorangeht. Dennoch sollten bewährte christliche Grundwerte erhalten und gepflegt werden.

Christoph Beck, welche Werte willst du deinen Kindern vermitteln? Christoph Beck: Nächstenliebe in dem Sinne, dass man füreinander sorgt, und zwar alle Menschen füreinander. Mir ist wichtig, dass die Kinder lernen, in sich und andere zu vertrauen und den Mut haben, Grenzen aufzuzeigen. Sie sollen keine Angst haben; das ist für mich auch einer der Werte, welche die Kirche mitgeben sollte.

Darauf vertrauen zu können, dass man angenommen wird, wie man ist? Genau. Und auch darauf zu vertrauen, dass einem geholfen wird, wenn man ein Problem hat. Dieses Vertrauen bedeutet natürlich auch, dass man ansprechen darf, was einem stört, dass man angehört wird und das Gesagte nicht in Abrede gestellt wird.

Christoph Beck, welche Rituale feierst du mit deinen Kindern? Christoph Beck: Ein Ritual ist das gemeinsame Abendgebet. Und mein älterer Sohn ist Ministrant, das bedeutet: Wir begehen die kirchlichen Feste gemeinsam. Zwar sind wir nicht jeden Sonntag in der Kirche, aber das heisst nicht, dass man deswegen weniger katholisch ist. Ich glaube, das hat sich im Laufe der Zeit verändert.

CHRISTOPH BECK Christoph Beck, Jahrgang 1978, ist seit 2015 Vorsteher in Triesenberg. Er wohnt im Steinord mit seiner Frau und den drei Kindern. Der Triesenberger absolvierte ursprünglich eine Ausbildung zum Elektrotechniker und zum Wirtschaftsingenieur. Nach seiner Wahl zum Gemeindevorsteher trat er nicht mehr zu einer weiteren Landtagswahl an.

Christoph Beck, welche Erinnerungen hast du an den Religionsunterricht, den Kirchenbesuch und das Ministrieren, als du Kind warst? Christoph Beck: Als mein Onkel Kurt seine Primiz feierte, durfte ich als Junge Bischof Haas – damals Bischof von Chur – auf der Posaune vorspielen. Ich merkte, dass der Bischof eine wichtige Person war – und war stolz. In guter Erinnerung ist mir Kaplan Humm geblieben. Er wollte in einer geselligen Runde einen Freund und mich zum «Fürstlichen Hofministranten» vorschlagen. Die Erstkommunion und die Firmung vergisst man nie, aber auch Beerdigungen, bei denen die Kirche ein Ort war, an dem man zur Ruhe kam und sich besinnen konnte. Natürlich war ich bei einigen Hochzeiten dabei, als Kind als glückbringender

Kaminfeger. Rund um die Kirche gibt es zahlreiche Erinnerungen, schöne wie traurige und solche zum Nachdenken. Darum sind Ehrfurcht und Respekt in der Kirche wichtig.

«Die Dominanz der katholischen Kirche im privaten wie im öffentlichen Bereich ist stark zurückgegangen.» Alfons Schädler

Alfons Schädler, an welche kirchlichen Pflichten als Kind und junger Erwachsener erinnerst du dich?

Alfons Schädler: Damals war es Pflicht, jeden Morgen vor der Schule die Schülermesse zu besuchen, dazu die Sonntagsgottesdienste beziehungsweise die Spätmesse. Beichte und Kommunion waren wichtig. Vor der Kommunion musste man eine Nacht lang fasten. Nach der Schule trat ich in die katholische Jungmannschaft ein. Es gab Vorträge und Informationen zu aktuellen Themen. Wir haben Theater gespielt, und wir machten Ausflüge – es war ein grossartiges Ereignis, als ich das erste Mal in Lugano war, weil man sonst nirgendwo hingegangen ist. Man konnte die Kameradschaft pflegen und einen Freundeskreis aufbauen. Es war eine Zeit, die uns viel gebracht hat, auch für die Gemeinschaft. Man stand füreinander ein.

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250 JAHRE PFARREI AUS GEMEINDESICHT

Mehr als heute? Viel mehr! Heutzutage ist meiner Meinung nach der Egoismus zu weit vorangeschritten. Als man 1950 die Kirche auf Masescha restaurierte, war es selbstverständlich, dass jedes Mitglied der katholischen Jungmannschaft einen Tag Frondienst leistete. Es scheint, dass die Eigeninitiative erlischt und nur noch Begehren gestellt werden. Der Egoismus kann für eine Gesellschaft harte Konsequenzen haben.

Alfons Schädler, welches waren deine wichtigsten Aufgaben als Vorsteher, die Pfarrei betreffend? Alfons Schädler: Früher gab es in

jeder Gemeinde einen Kirchenrat. Der Vorsteher war von Amtes wegen im Rat, der Pfarrer war Vorsitzender. Die Zusammenarbeit war so auf einem einfachen Wege geregelt. Auch Umfragen hat man gemacht. Ich erinnere mich, dass man darüber abgestimmt hat, um welche Uhrzeit Beerdigungen stattfinden sollen, oder ob man eine Totenkapelle errichten soll, damit die Toten nicht mehr zu Hause aufgebahrt werden müssen. So entschied man sich, die frühere Taufkapelle umzubauen. Es war ein Miteinander, man konnte gut miteinander umgehen. Wenn es Differenzen gab, hat man diese nicht an die

grosse Glocke gehängt, sondern einmal darüber geschlafen. Man war kompromissbereit.

halten. Bei der Pfarrkirche haben wir die Erdbebensicherheit und Statik überprüft.

Christoph Beck, wie hast du die Aufgaben und die Menschen der Pfarrei in deiner ersten Zeit als Vorsteher erlebt?

Die Trennung von Kirche und Staat schwingt immer mit. Wir sind bereit. Wenn die Zeit reif ist, werden wir diese in Triesenberg begleiten und umsetzen. Es werden sich dann bestimmte Dinge verändern, aber Bezugspunkte zur Pfarrei werden natürlich bestehen bleiben. Es gilt dabei, die Interessen der politischen Gemeinde in einem Kompromiss einzubringen.

Es gibt verschiedene Aufgaben der Gemeinde, zum Beispiel bauliche. Die Kapelle Masescha wird derzeit restauriert. Den Innenraum werden wir sanft renovieren, das heisst, Masescha als Kulturgut erhalten, was es neben dem kirchlichen Gut auch ist. Dann gilt es, die Pfarrkirche, die Bergkapellen und die anderen kirchlichen Zeichen in Triesenberg in Stand zu

ALFONS SCHÄDLER Alfons Schädler, Jahrgang 1929, leitete von 1966 bis 1987 die Geschicke der Gemeinde. Er wohnt auf Üenaboda, ist verheiratet und Vater von vier Kindern, von denen eines im Kindesalter verstorben ist. Der Triesenberger ist gelernter Huf- und Wagenschmied, war Regierungsrat-Stellvertreter, Landtagsabgeordneter, Gemeinderat und Präsident des Liechtensteinischen ArbeitnehmerInnenverbandes (LANV). Alfons Schädler erledigte die Vorsteheraufgaben neben seiner beruflichen Tätigkeit bei der Hoval und beim LANV, das heisst, vor allem abends und an Sonntagen. Während den ersten drei Jahren wurden die Beratungen und Besprechungen am Stubentisch geführt, denn bis 1968 gab es kein Vorsteherbüro in Triesenberg. Nach dem Neubau des Pfarrhauses in den Jahren 1964 und 1965 konnte dieses am 15. Juni 1965 bezogen werden. Danach wurde das alte Pfarrhaus zum Rathaus umgebaut.

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Im Weiteren gibt es angenehme Aufgaben – etwa Firmungen und Empfänge mit Würdenträgern und der Geistlichkeit –, die man zum Anlass nehmen kann, den Menschen Danke zu sagen, gerade jenen, die hinter den Kulissen arbeiten. Natürlich gibt es auch Besprechungen, bei denen man, wie Alfons bereits erwähnt hat, nicht immer einer Meinung ist, aber man versucht, eine Lösung zu finden.

Alfons Schädler, welche Person in der Pfarrei hat dich besonders geprägt oder dir Eindruck gemacht? Alfons Schädler: Das war natürlich Pfarrer Engelbert Bucher, obwohl wir nicht immer einer Meinung waren, aber wir haben das unter vier Augen geregelt. Nach aussen haben wir die Einigkeit bewahrt, wie es die Gemeinde von uns erwartet hat. Während der Zeit bei der katholischen Jungmannschaft war es Kaplan Anton Humm, der Vorsitzende. Er hat sich sehr bemüht. Schon damals war die Jugendarbeit nicht einfach. Es begann die Zeit, in der die Jugendlichen mehr Freiheiten

hatten – mit Motorrädern und Autos, mit Kinos und anderen Vergnügungen. Es zeichnete sich ab, dass sich im Dorfleben riesige Veränderungen anbahnen. Daneben erinnere ich mich an einzelne Gespräche und Besuche, zum Beispiel als Bischof Dr. Johannes Vonderach, Chur, oder Kardinal Dr. Franz König aus Wien hier waren. Man bekam einen Eindruck davon, wie sie die Situation und Umwälzungen damals eingeschätzt haben.

«In guter Erinnerung ist mir Kaplan Humm geblieben. Er wollte in einer geselligen Runde einen Freund und mich zum ‹Fürstlichen Hofministranten›  vorschlagen.» Christoph Beck

Alfons Schädler, die Kirche hat heute einen anderen Stellenwert als früher. Was wünschst du dir für die Kirche in der Zukunft? Alfons Schädler: Ich hoffe, dass die Kirche ihren umfassenden Aufgaben in dieser schnelllebigen Zeit gerecht wird, dass ihre Gläubigen in der Anzahl zunehmen und dass sich die Kirche gegen extreme Glaubensausrichtungen bewähren kann, so zum Beispiel gegen den islamistischen Extremismus. Denn wir müssen die christlichen Werte

im Sinne der international anerkannten Menschenrechte und der Gleichheit aller Personen bewahren. Die Menschenrechte stehen über der Religionsfreiheit.

Christoph Beck, was kann und soll die Kirche und die Pfarrei in der Zukunft leisten? Die Kirche und die Pfarrei sind ein Teil unserer Kultur, unserer Geschichte, unserer Werte. Sie sollen auch in Zukunft dazu beitragen, dass wir uns unserer Kultur und unserer Werte bewusst sind. Entscheidend wird dabei sein, dass die Kirche die Menschen in den Mittelpunkt stellt, dann wird die Kirche für die Menschen auch wieder wichtiger, davon bin ich überzeugt. Denn die Menschen machen die Kirche, nicht die Kirche die Menschen.

Christoph Beck, falls wir uns anlässlich des Jubiläums «300 Jahre Pfarrei Triesenberg» wieder treffen: Was würdest du dir für Kirche und Pfarrei zu diesem Ehrenfest wünschen? Die Kirche soll auch dann noch ein wichtiger Hort für die Bewohner sein, wo sich die Menschen treffen – zum Rückzug, zum Gedenken und zum Miteinander in den verschiedenen Lebensphasen oder um zur Ruhe zu kommen. Man erlebt mit der Kirche unglaublich viele Meilensteine im persönlichen Leben – Taufe, Kommunion, Firmung, Hochzeit, und so soll es auch in 50 Jahren noch sein. Diese Rituale stärken das Zusammenleben und wirken dem Egoismus entgegen. Vielleicht ist dieser Zusammenhalt ja in 50 Jahren stärker, als er heute ist. 41


DIE MENSCHEN VOR UND HINTER DEN KULISSEN von Corina Vogt-Beck

Rorate-Gottesdienst im Dezember. 43


EINBLICK INS PFARREILEBEN

Pfarrer Georg Hirsch

Kaplan Michael Mathis

Mesmer Marco Schädler

Pfarreirätin Barbara Neusüss

Die Ministranten

Organist Pirmin Schädler

Was ist deine Motivation für die Lebensaufgabe Pfarrer?

Was ist deine Motivation für die Berufung als Kaplan?

Das ist vielfältig. Ich vermittle Kindern wie Erwachsenen die Liebe zum Herrgott, ich stehe Kranken bei und begleite Sterbende. Es sind schöne und traurige Stunden. Man könnte also sagen, meine Motivation ist es, den Menschen beizustehen.

Ich bin erst seit Kurzem als Kaplan tätig. Zuvor hatte ich Psychologie studiert und war in einem Orden. Ich sehe den Glauben als grösstes Geschenk und unerschöpfliche Ressource, und ich möchte unmittelbar mit Gott leben und wirken.

Was gefällt dir in der Pfarrei Triesenberg besonders?

Was gefällt dir in der Pfarrei Triesenberg besonders?

Die Kinder sind motiviert in der Schule und beim Ministrieren, die Menschen sind offen und hilfsbereit. Sie freuen sich, wenn man sie besucht. Sie sind herzlich und aufgeschlossen.

Es ist schön, dass es eine Pfarrei mit nur einem Pfarrer und einem Kaplan ist. So können wir alle Bereiche der Seelsorge abdecken, und man betreut die Menschen an einem Ort in den verschiedenen Lebenssituationen. Diese Einfachheit ist heutzutage selten.

Marco Schädler mag die Ruhe und Besinnlichkeit in der Kirche. «Aus gesundheitlichen Gründen musste ich vor elf Jahren mein Leben umstellen. Ich habe mich als Mesmer beworben und wurde zum Glück ausgewählt», erzählt der Mesmer. Sein Beruf gefällt ihm sehr, besonders die Stimmung an Weihnachten, und wenn er in Ruhe die Messe vorbereiten kann, sodass alle zufrieden sind. Aber so ruhig ist es nicht immer. Als Mesmer müsse man oft sehr flexibel sein, und der freundliche Umgang mit den Mitmenschen sei täglich gefragt, erklärt Marco Schädler. «Ich mag den Kontakt mit den Menschen, und wenn ich jemandem helfen kann, gibt mir das ein gutes Gefühl.»

Schon als Kind ging Barbara Neusüss mit ihrer Familie regelmässig in die Kirche. Als sie selbst Mutter von zwei Buben wurde, war es ihr und ihrem Mann wichtig, ihren Glauben an die Kinder weiterzugeben. So kam es, dass beide Kinder als Ministranten in der Kirche mithalfen. Barbara Neusüss wollte sich noch stärker in der Pfarrei engagieren und bei den kirchlichen Traditionen mithelfen, weshalb sie Pfarreirätin wurde. «Alle Tätigkeiten im Pfarreirat sind schön», erklärt sie. «Einer der schönsten Anlässe für mich ist die Rorate. Es ist schön, zu sehen, wie viele Kinder mit ihren Eltern und Grosseltern daran teilnehmen.» Auch in Zukunft sollen solche Traditionen erhalten und noch mehr Menschen motiviert werden, in die Kirche zu gehen. Vor allem den Kindern soll gezeigt werden, dass die kirchliche Gemeinschaft und der Glaube wichtig für das ganze Leben sind.

Lamara, Ivana, Sofia und Viktoria sind vier der zahlreichen Ministranten der Pfarrei. Lamara erzählt, dass sie mit einer Kollegin schnuppern ging und es ihr dann so gut gefallen habe, dass sie dabei geblieben sei. «Bei den Ministranten macht man etwas Sinnvolles und sitzt nicht nur zu Hause herum», sagt Lamara. Sofia erklärt, dass man vor Erstkommunionen und Firmungen gemeinsam in der Kirche übt. Bei herkömmlichen Gottesdiensten helfen einem der Pfarrer oder der Mesmer. «Wir unterstützen den Herrn Pfarrer in der Kirche», das gefällt Ivana und Viktoria. Natürlich gefallen allen auch die Treffen, die Spiele und die Ausflüge.

Pirmin Schädler bringt seit 2004 frischen Wind in die Pfarrei. Der Musiker wurde vom damaligen Pfarrer Max Butz angefragt, ob er interessiert sei, Organist zu werden. «Ich war dann selbst überrascht, dass ich nach nur kurzer Bedenkzeit den Vertrag unterschrieben habe», berichtet er. «Bis heute habe ich es nicht bereut.» Der Arbeitsweg sei kurz und die Akustik in der Kirche sehr gut. «Unsere Orgel ist eines der angenehmsten Instrumente, die ich kenne. Ich musiziere auf verschiedenen Bühnen, jedoch ist es in der Kirche mit einem so mächtigen Instrument immer wieder eine Freude.» Dem Organisten gefallen viele Lieder und Stücke in der geistlichen Literatur. Eine besondere musikalische Freude ist ihm jeweils der Einzug, die Kommunion und der Auszug. «Dabei kann ich meine Ideen einbringen und auch spontan verschiedene Stile sowie Stücke variieren und an unterschiedliche Situationen anpassen.»

Was wünschst du dir für die Zukunft? Ich wünsche mir, dass noch mehr Menschen in die Kirche kommen und dass die, die kommen, weiterhin so gut mitmachen und mitarbeiten.

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Was wünschst du dir in Zukunft? Dass ich Gottes Geschenk transparent weitergeben kann. Dass ich aufzeigen, vorleben und in Worte fassen kann, dass Gott den Menschen das Leben leichter macht und es bereichert.

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DAS KIRCHENJAHR IM ÜBERBLICK

KREISEN UM CHRISTUS Der Rhythmus von Jahreszeiten und Festen bestimmt das Leben der Menschen seit jeher. In einer christlichen Gemeinschaft ist dieser Rhythmus ein «Kreisen um Christus». Sich Christus «ins Herz» zu prägen, das ist es, wonach der Christ in der Nachfolge als Jünger strebt. Und der kirchliche Fest- und Jahreskreis ist ihm dabei eine wertvolle Hilfe. von Pfarrer Georg Hirsch

Anders als beim weltlichen Jahr beginnt das Kirchenjahr mit dem Advent. Diese Zeit ist – kirchlich verstanden und erlebt – gekennzeichnet von Stille, Besinnung, Umkehr und einer sehnsuchtsvollen, freudigen Erwartung der Geburt des Erlösers. Und lässt der Lärm und Trubel der vorweihnachtlichen Zeit diesen Charakter heute auch oft verschwinden, so mögen die Schüler, die in dieser Zeit alle mit viel Eifer mit den Geistlichen ihre Kerzen für die Roratemessen verzieren vielleicht doch etwas von dieser andächtigen, freudigen Sehnsucht erahnen, wenn sie im Schein ihrer Lichter früh am Morgen die nur durch Kerzen erhellte, gut besuchte Pfarrkirche betreten. An drei Mittwochen im Advent glänzt deshalb um sechs Uhr morgens das Triesenberger Gotteshaus in warmen Farben, und auch von der Empore kommen Klänge aus Kinderhand. Seit vielen Jahren sind es die Kinder, die mithelfen und unter Anleitung für die musikalische Umrahmung sorgen. Im Anschluss an die Messe werden ihre Klänge deutlich lauter. Während der Pfarreirat ein gutes Frühstück für bis zu 200 Personen bereitet, nutzen die jungen Messbesucher bald schon die noch verbleibende Zeit bis Schulbeginn für ausgelassene Spiele mit Pfarrer und Kaplan. Weitere Gottesdienste und Anlässe bieten Besinnlichkeit in dieser Zeit. So etwa die Andachten des Frauenvereins in Steg und auf Masescha, welche die Bergkapellen restlos überfüllen. Gleiches gilt für die vielen Gottesdienste am Heiligen Abend. Die Weihnachtsmessen in der heimeligen Kapelle

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von Masescha sind jedes Jahr so gut besucht, dass nicht wenige Gläubige mangels Platz – selbst vor der Kirche – wieder abwärts in die grössere Pfarrkirche fahren, wo eine Stunde später die Jugendmusik die heilige Messe gestaltet. Und selbst die vierte Christmette an diesem Abend – vom MGVKirchenchor oder der Harmoniemusik Triesenberg umrahmt – füllt viele Sitzbänke, bevor die Pfadfinder mit Glühwein und Punsch nach dem Herz nun auch den Körper wärmen. Gemütlich stehen dann die Kirchenbesucher am Feuer und lassen die Heilige Nacht mit Glück- und Segenswünschen ausklingen. Grosser Beliebtheit erfreut sich die Kindersegnung einige Tage später, in der die Jüngsten am Tag der Unschuldigen Kinder den Einzelsegen empfangen können.

Kinder als Sternsinger aktiv Keine Weihnachtszeit wäre komplett ohne die engagierten Sternsinger, die seit vielen Jahren an drei Tagen um den 6. Januar den weihnachtlichen Segen zu den Häusern bringen. Mit ihren jugendlichen und erwachsenen Begleitern stapfen jedes Jahr rund 30 Kinder bei jedem Wetter durch den Schnee hoch bis nach Masescha, Silum, Gaflei und Malbun. Dank ihrem grossen Einsatz können jedes Jahr Hilfsprojekte unterstützt werden, von denen fast alle einen Bezug zu Triesenberg und Triesenbergern haben. Wenn am alten Ende der 40-tägigen Weihnachtszeit die letzten Strohsterne und Bäume die Kirche verlassen und an «Lichtmess» die von den Gläu-

bigen gebrachten Kerzen gesegnet sind, füllt sich tags darauf am Fest des heiligen Blasius die Kirche wieder mit Gottesdienstbesuchern, Eltern und Kindern, die beim traditionellen Halssegen um Schutz und Hilfe vor Krankheit bitten. Die Bitte um Gottes Segen steht auch zwei Tage später, am 5. Februar, im Mittelpunkt, wenn das Agathabrot gesegnet wird, das die Triesenberger gerne den Angehörigen gegen das Heimweh mitgeben, wenn sie länger im Ausland weilen. Mit dem Aschermittwoch und der Fastenzeit beginnt die Vorbereitung auf das wichtigste Fest im Kirchenjahr, das heilige Osterfest. Kreuzwegandachten für Erwachsene und einmal wöchentlich auch speziell für Kinder sowie vermehrter Beichtdienst sollen den Gläubigen für eine christliche Vorbereitung auf Ostern dienen. An einem der Fastensonntage gilt die besondere Aufmerksamkeit den Notleidenden. Der Erlös des «Suppentages» – organisiert von den Pfadfindern und dem Pfarreirat – kommt mit seiner Tombola wohltätigen Zwecken zugute. Mit dem Palmsonntag tritt man näher in das Leidensgeheimnis Jesu ein. Palmbesen, gebastelt von Erstkommunikanten und Firmlingen, schmücken die Prozession vom Dorfplatz zur Kirche, bevor in der Karwoche die heiligsten drei Tage des Kirchenjahres beginnen: die Feierlichkeit des Gründonnerstags, die schmucklose Strenge des Karfreitags und die leere Stille am Samstag vor 47


DAS KIRCHENJAHR IM ÜBERBLICK

der heiligen Osternacht, in der Licht, Glocken und das Brausen der Orgel zurück in die Kirche kehren und den österlichen Jubel der Christen greifbar machen. «Christus ist auferstanden!», ertönt nun der fromme Gruss. Acht Tage lang wird Ostern gefeiert und am letzten dieser Tage, am «Weissen Sonntag», das Fest der Erstkommunion. In den Monaten davor haben die Kinder den Ablauf der heiligen Messe kennengelernt, Ausflüge zur Hostienbäckerei in Schellenberg unternommen und mit viel Liebe und voller Freude ein farbiges Mosaik für den Altar in der Kirche gestaltet. Am Festtag selbst, nach feierlichem Einzug in die Kirche unter Klängen der Harmoniemusik, erneuern die Erstkommunikanten das Taufversprechen und treten zum erstmaligen Empfang des Leibes Christi heran. Auch bei den Fronleichnamsfeierlichkeiten ist den Erstkommunikanten des jeweiligen Jahrgangs noch einmal ein besonderer Platz zugewiesen, wenn sie in ihrer Festtagskleidung mit der Harmoniemusik, der Feuerwehr, dem Trachtenverein und dem MGV-Kirchenchor Triesenberg an der feierlichen Prozession teilnehmen. Wenige Wochen später feiern die Firmlinge ihr grosses Fest und erhalten durch den Bischof eine sakramentale Stärkung auf ihrem christlichen Weg durch die Welt.

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Volksfrömmigkeit in Triesenberg Nach Abschluss des Osterfestkreises zu Pfingsten dominiert vor allem die örtliche Frömmigkeit das Kirchenjahr. Der Monat Mai etwa ist ganz der Muttergottes und Andachten zu ihrer Ehre gewidmet. Seit etwas mehr als zehn Jahren werden dazu auch die vielen Bildstöcke und Kapelli im Gemeindegebiet besucht. Ebenfalls ins Freie führen die Prozessionen «ums Feld» zu Christi Himmelfahrt. Die Bitte um Schutz, Segen und gedeihliches Wetter stehen dabei im Zentrum. In den Sommermonaten wird das kirchliche Leben ruhiger. Es ist die Zeit der Bergmessen und Alpsegnungen, die am 16. August mit dem Patrozinium Sankt Theodul auf Masescha endet. Wie beim Fest des Pfarrpatrons, Sankt Josef, dürfen die Triesenberger zu diesem Anlass immer wieder den Bischof in ihrer Mitte willkommen heissen. Im Herbst neigt sich das Kirchenjahr dem Ende zu. Oft werden die letzten warmen Tage für einen Pfarrausflug oder eine längere Pilgerfahrt genutzt (Weitere Informationen finden sich im Beitrag «Die moderne Pfarrei – Guter Wein in neuen Schläuchen», S. 51).

2. November, nicht arbeitsfrei ist, wird bereits am Nachmittag des 1. November zur Andacht in der Kirche gerufen. Auf sie folgt der Zug aus der überfüllten Kirche auf den Friedhof zu Segnung und Gebet. Und während mit dem Christkönigsfest der krönende Abschluss des Jahreskreises am Ende des Monats naht, hat im Pfarrhaus und der Kaplanei längst schon wieder die Vorbereitung für das nächste Kirchenjahr begonnen. Der Reigen beginnt von Neuem, und den Geistlichen bleibt die Hoffnung, dass in der einen oder anderen Seele die Begegnung mit Christus bei all diesen Festen eine Prägung hinterlassen hat, durch die Gott immer mehr Raum im Herzen bekommt. Abbildung: Mosaikmotive zum Jahreskreis, gestaltet von Firmlingen und Erstkommunikanten.

Der Oktober ist dem Rosenkranzgebet und der Fürbitte Mariens gewidmet. Auch eigene Andachten für Kinder werden dazu gestaltet. Am Allerheiligentag steht in Triesenberg das Totengedenken im Mittelpunkt. Eigentlich ehrt die Kirche an diesem Tag die himmlische Schar der Heiligen. Da der eigentliche Toten-Gedenktag, der 49


GUTER WEIN IN NEUEN SCHLÄUCHEN Wer schon einmal mittags den Pfarrer auf dem Rennrad oder ihn im Winter mit Langlaufskiern auf der Loipe in der Valüna gesehen hat, wird wohl gedacht haben: «Ja, die Priester. Die haben‘s schön!» Das stimmt auch. Aber es hat weniger mit Freizeitmöglichkeiten zu tun als mit dem Dienst an den Menschen. von Pfarrer Georg Hirsch

Und dieser Dienst ist in der Moderne nur facettenreicher geworden. Es gilt, Altes und Neues (Mt 13,52) zu verbinden. Gerade in der Glaubensverkündigung bemühen sich die Geistlichen hier seit Jahren um Wege der Kommunikation für Menschen von heute. Die Feier der heiligen Messe – fünf am Sonntag, gerade auch für jene, welche die Bergkapellen schätzen – Anbetung, Rosenkranz, Religionsunterricht für alle Stufen der Primarschule, Vorbereitung der jeweiligen Jahrgänge auf die Erstkommunion und Firmung, die Ausarbeitung von Predigten, die sakramentale Begleitung von Sterbenden und trauernder Angehöriger, Taufen, Hochzeiten, die entsprechenden Vorbereitungsgespräche: ein Auszug aus dem priesterlichen Alltag nicht nur in unserer Pfarrei. Und doch gibt es in jeder christlichen Gemeinde auch Schwerpunkte, gewachsen aus den Bedürfnissen und Neigungen vor Ort. Müsste man daher in unseren Tagen drei solcher Schwerpunkte für das Pfarrleben in Triesenberg nennen, wären dies wohl: Krankendienst, Jugendarbeit und Wallfahrtswesen.

Pfarreialltag: Begegnung mit den Gläubigen Die seelsorgliche Begleitung von Kranken ist in der dörflichen Struktur von Triesenberg seit jeher eine wichtige Aufgabe der Geistlichkeit und hat mit dem Bau des Pflegewohnheims St. Theodul eine neue Fokussierung erhalten. Im letzten Jahrzehnt ist jedoch auch die Zahl der Hausbesuche stetig gestiegen. Mehr als 45 Gläubige im Gemeindegebiet freuen sich über die monatliche Visite ei-

nes Priesters: gemeinsames Beten, sakramentale Stärkung und ein Plausch über das Pfarrei- und Gemeindeleben. Darüber hinaus übernehmen Pfarrer und Kaplan im Wechsel die Besuche der Triesenberger Gläubigen, die auswärts gepflegt oder kuriert werden. Ihre Wege führen sie wöchentlich zu Menschen in den Pflegewohnheimen des Landes und den Spitälern von Vaduz, Grabs, Chur und St. Gallen. Durch Schikanen unter Berufung auf Datenschutz sind Pfarrer und Kaplan in letzter Zeit vermehrt auf eine Meldung durch die Angehörigen oder den Patienten selbst angewiesen.

Begeisterte Jugend Ein weiterer Schwerpunkt der Seelsorge am Triesenberg ist die Jugend- und Ministrantenarbeit. Jeden Monat organisiert die Pfarrei einen Nachmittag für die Ministranten. Das Angebot reicht dabei von Spielenachmittagen über Schlitteln, Airboarden, Kegeln, Kinobesuche, Klettern und Grillabende bis zum Vorbereiten der jährlichen «Ministrantenabende». Für diese Veranstaltung werden im Vorfeld kleine Theaterstücke eingeübt und der aktuelle «Ministrantenfilm» gedreht sowie geschnitten. All dies wird dann im Rahmen eines bunten und gemütlichen Abends den Familien, Verwandten und anderen Gläubigen der Pfarrei im Dorfsaal präsentiert. Für Jugendliche und junge Erwachsene bietet die Pfarrei einmal im Monat einen Gesprächsabend unter dem Motto «Theologie vom Fass» an. Man trifft sich dazu im «Kulmstübli», wo einer 51


DIE MODERNE PFARREI

der Priester zu einem von den Teilnehmern gewünschten Thema einen kurzen Überblick bietet, der anschliessend gemeinsam in einer Diskussion vertieft wird.

Unterwegs mit Gott Den dritten für den Triesenberg spezifischen Schwerpunkt stellen die bei den Gläubigen sehr beliebten Wallfahrten dar: Tagesausflüge, Ministrantenreisen, Fahrten zu den Weltjugendtagen und die grossen Pilgerreisen – mit einer gesunden

Mischung religiöser, kulinarischer und kultureller Programmpunkte. Die Übersicht auf Seite 53 zeigt, wohin die Triesenberger gepilgert sind. Die bislang genannten Punkte bieten einen Überblick über das vielfältige seelsorgliche Bemühen in der Pfarrei St. Josef. Und dieses Bemühen wäre nur unzureichend beschrieben, wenn die Schaffung neuer Kommunikationswege unerwähnt bliebe, die gerade auch der Arbeit in Triesenberg ein zeitgemässes Antlitz zu geben versuchen. Moderne, mediale Gestaltungsmöglichkeiten haben seit Jahren ihren festen Platz in der Arbeit der Pfarrei. Dabei dokumentiert das Medium Film nicht nur die Arbeit mit Erstkommunikanten (Unterricht, Bastelarbeiten), Firmlingen (Porträts der Firmlinge für den Firmlingsabend) und – wie bereits erwähnt – mit Ministranten, sondern man sucht auch Wege einer humor- aber gehaltvollen Glaubensverkündigung.

chetische Filme und Videos. Unter diesen hat das Projekt 3MC (3 Minute Catechism) bislang die weiteste Verbreitung gefunden. In 72 etwa dreiminütigen Cartoons wird der Inhalt des katholischen Glaubensbekenntnisses einfach dargestellt und erklärt. 40’000 DVD-Boxen des 3MC wurden allein im deutschen Sprachraum zum Selbstkostenpreis abgegeben. In Polen erreichte eine von Kathmedia finanziell unterstützte Sonderauflage 250’000 Exemplare. Zugänglich sind die Videos auch kostenlos im Internet, ebenfalls gratis über eine Smartphone-App mit erweiterten Funktionen. Die kurzen Filmsequenzen werden von unzähligen katholischen Fernsehsendern rund um den Globus ausgestrahlt. Übersetzungen des 3MC existieren bislang auf Englisch, Spanisch, Portugiesisch, Französisch, Italienisch, Polnisch, Russisch, Chinesisch, Slowakisch, Kroatisch, Armenisch, Ungarisch, Persisch und Albanisch.

Der Glaube – einfach und humorvoll erklärt

Nicht zuletzt auf diese Weise verbindet die seelsorgliche Arbeit, die in der Pfarrei Triesenberg geleistet wurde und wird, die Menschen nicht nur im Dorf über dem Alpenrhein selbst, sondern weit darüber hinaus. Im Versuch, neue Wege in einer modernen und vernetzten Welt zu gehen, rückt damit auch eine Wesenheit der Kirche in den Blickpunkt – das «Katholische» (katholisch = allumfassend). So lokal und örtlich geprägt jede Pfarrei für sich ist und sein darf, so ist sie doch auch nach 250 Jahren Eigenleben immer Teil einer Kirche, die Menschen auf der ganzen Welt in allen Kulturen und Völkern in einem gemeinsamen Glauben an Jesus verbindet.

Aus den ersten kleinen Filmprojekten in der Pfarrei entstand deshalb vor einem Jahrzehnt der nicht auf Gewinn ausgerichtete Verein Kathmedia zur Förderung katholischer Medienarbeit. Ausgehend von den guten Erfahrungen in der Pfarrei Triesenberg wollten die hiesigen Geistlichen durch Kathmedia ihre Projekte und Projektideen auch anderen Seelsorgern und Pfarreien zur Verfügung stellen. Das Medienangebot umfasst mittlerweile eine Reihe unterschiedlicher Hilfsmittel. Dazu zählen neben dem SonntagsSticker-Album – ein Sammelheft, das die Kinder durch das Kirchenjahr begleitet – vor allem kate52

WALLFAHRTEN DER PFARREI TRIESENBERG Ministranten 2008 Rom (62) 2009 Malta (26) 2010 Frankreich (48) 2012 Kroatien und Slowenien (30) 2014 Griechenland (20) 2017 Rom (34) Jugendliche 2011 Weltjugendtag Madrid (17) 2012 Paray le Monial, Frankreich (10) 2013 Weltjugendtag Rio de Janeiro (16) 2016 Weltjugendtag Krakau (15) Erwachsene 2010 Rom (55) 2011 Assisi (39) 2012 Trier und Luxemburg (30) 2013 Bayern (37) 2014 Israel (83) 2015 Italien (50) 2016 Österreich (27) Kurzwallfahrten der Pfarrei 2006 Madonna del Sasso (120) 2007 Pfahlbauten, Birnau (46) 2008 Stams (76) 2009 Ottobeuren (61) 2010 Turin (49) 2011 Allgäu (31) 2013 Disentis (20) 2014 Buxheim (25) 2016 Flüeli / Ranft (46) In Klammern die Teilnehmerzahl

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DANKESWORT

LITERATUR UND QUELLEN

Diese Publikation wird von der Gemeinde Triesenberg und der Pfarrei Triesenberg herausgegeben. Wir bedanken uns herzlich bei allen Kolleginnen und Kollegen, die zum Gelingen des Jubiläumsprojekts «250 Jahre Pfarrei Triesenberg» beigetragen und insbesondere bei der Entwicklung dieser Broschüre mitgewirkt haben:

Baumstark, Reinhold Ausstellungskatalog; Joseph Wenzel von Liechtenstein. Fürst und Diplomat im Europa des 18. Jahrhunderts

Herausgeber

Beck, David Geschichtliches über die Gemeinde Triesenberg; Schrift zur Weihe der Kirche 1940, S. 29

Gemeinde Triesenberg, Pfarrei Triesenberg

Bucher, Engelbert - Die Gründung der Pfarrei Triesenberg vor 200 Jahren, 1968 - Pfarrei und Pfarreileben, 1962 - Kapelle Steg 1817–1957, 1957 - Orgelweihe, 1961 - Walsersiedlungen in Liechtenstein; Werden und Entwicklung, 1992

Redaktionsteam

Eberle, Josef - Walser Heimatmuseum, 1992 - Kapelle Masescha – Theodul zu Ehren, Dorfspiegel (DOSP) Nr. 101 - Bergkapelle Steg – Andachtsstätte und Landschaftsidyll, DOSP Nr. 107 - Kapelle Masescha – Kostbarkeiten, Geschichte und Denkmalpflege, DOSP Nr. 112 - Rathaus – Geschichte des historischen Gebäudes, DOSP Nr. 119 - Pfarrkirche St. Josef, 75-Jahr-Jubiläum, ein Rückblick, DOSP Nr. 139 - Kapelle Steg in neuem Glanz, Broschüre 2016, div. Beiträge

Pfarrer Georg Hirsch, Christoph Beck, Leander Schädler, Josef Eberle, Franz Gassner, Corina Vogt-Beck, Sabrina Vogt, Silke Knöbl

Konzeption und Redaktion TEXTiMUM, Silke Knöbl, Triesenberg

Gestaltung und Umsetzung vogtonikum design solutions, Sabrina Vogt und Gernot Beck, Triesenberg

Druck BVD Druck + Verlag AG, Schaan

Bildbearbeitung Prepair Druckvorstufen AG

Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein - Notizen zur Geschichte der Familie Rheinberger in Vaduz. Jahrbuch, Band 116 - Jahrbuch (1901), erster Band Verschiedene Autoren - Kirche in Triesenberg, Weihe am 19. Mai 1940 - Friedenskapelle Malbun, Broschüre 2001, div. Beiträge

Bilder Gemeinde- und Pfarrarchiv Cornelia Eberle Josef Eberle Franz Gassner Pfarrer Georg Hirsch

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