4 minute read

Wolfgang Kreidl –Künstler der Keramik

Roesler-Börse in Bad Rodach

Advertisement

Am 26 August treffen sich zum 24 Mal die Freunde und Sammler der Feinsteingutfabrik Max Roesler in Bad Rodach zur Roeslerbörse Die Vielfalt der Produkte sorgt für ein fröhliches Stelldichein der verschiedensten Sammlerinteressen Neben den Liebhabern des legendären Röschenmusters, das die Ausstattung ganzer Küchen und Wohnungen mit diesem Dekor ermöglicht, trifft man auch auf Sammler von Eierbechern, Pudding- und Speiseformen oder Figuren Bei Roesler fündig werden aber auch alle, die sich dem S p r i t z d e k o r v e r s c h r i e b e n h a b e n D i e s e s i c h E n d e d e r 1920er-Jahre entwickelnde moderne Dekortechnik, die sehr schnell von vielen namhaften Fabrikanten vor allem des Steinguts übernommen wurde, spiegelt Aufbruch und Schwung der Weimarer Republik wieder und überträgt die Gestaltungsideen des Bauhauses und anderer Schulen auf die industrielle Produktion Geometrische, expressive und abstrakt-florale Formelemente werden in Schablonentechnik mit Hilfe eines Aerographen auf die Flächen von Vasen, Dosen, Platten und ganzen Servicen übertragen Sie zeichnen sich in der Regel durch eine lebendige kontrastierende Farbigkeit aus und spiegeln dadurch den Zeitgeist wieder Für die Entwicklung dieser modernen Dekorweise übernimmt in der Abteilung Darmstadt der Feinsteingutfabrik Max Roesler ab 1929 der 23-jährige Wolfgang Kreidl die Verantwortung Im August 1930 erscheint in der „Schaula- de“, der wichtigsten Fachzeitschrift der keramischen Industrie in Deutschland unter der Überschrift „Künstler der Keramik – Wolf Kreidl”, ein Artikel, der seine ersten Arbeiten vorstellt „Der junge künstlerische Nachwuchs der Keramik zeigt eine Bewährung, die außerordentlich hoffnungsvoll stimmt,“ ist hier zu lesen, „ein Frühstücksgeschirr stellt sich so als neuzeitliche, den Marktbedürfnissen in bester Weise entsprechende Schöpfung dar. Das Dekor überrascht durch seine Schlichtheit, der in Verbindung mit der freundlichen Frische des hier unter der Glasur zur Anwendung gebrachten Hellblau viel sympathische Wirkung entspringt “

Der 1906 in Dresden geborene Wolfgang Kreidl mit Wiener Wurzeln bereitet sich ab 1923 auf seinen Beruf als Keramiker vor Er arbeitet als Praktikant bei Gustav Partz in Bad Blankenburg, in der Ältesten Volkstedter Porzellanmanufaktur in Rudolstadt und der Modellabteilung in Meißen und absolviert ein einjähriges Praktikum bei Max Roesler in Rodach Im Frühjahr 1925 beginnt er seine Ausbildung an der Keramischen Fachschule in Bunzlau unter Direktor Berdel in der Fachklasse von Arthur Hennig Die Ausbildung in der Fachschule ist zu der Zeit hinsichtlich der Entwicklung neuer Gefäßformen und neuer Dekore, vor allem der Spritzd e k o r t e c h n i k , f ü h r e n d i n D e u t s c h l a n d A r t h u r H e n n i g gehört Ende der 1920er-Jahre zu den wichtigsten Designern in der Keramikbranche Seine Service „Reform“ und „Fortschritt“ für Friedrich Kaestner in Oberhohndorf bei Zwickau zählen zur Avantgarde des Porzellandesigns in dieser Zeit Wolfgang Kreidl beendet im Sommer 1927 erfolgreich als Keramikingenieur die Fachschule und erhält nahtlos eine Anstellung bei der Steingutfabrik Velten-Vordamm Hier begegnet er Ursula Fesca, die ab 1929 das moderne Design der Wächtersbacher Steingutfabrik bestimmt In Darmstadt, wo bis dahin nur produziert wurde, was das Stammwerk in Rodach vorgegeben hatte, baut Wolfgang Kreidl zusammen mit dem neuen technischen Leiter Walter Puritz eine eigene Modellabteilung auf Auf der Frühjahrsmesse 1929 in Leipzig werden erstmalig Figuren nach Entwürfen junger Künstler vorgestellt Außerdem entsteht eine Kollektion künstlerisch gestalteter Gebrauchsobjekte nach Entwürfen von Adolf Behrmann, Gustav Partz und Wolfgang Kreidl Besonders ein Kakaoservice mit seiner bauchigen Kanne und der aus der Wandung herausgearbeiteten Tülle weist Wolfgang Kreidl als Schüler von Arthur Hennig aus. Für diese Kollektion entstehen neue Untergla- sur-Spritzdekore wie das in der Schaulade erwähnte „Blaublatt“ sowie Pinseldekore, die „in technisch geschickt aufgetragenen breiten Strichen und zart abgestimmten Farbakkorden eine, die Form vorteilhaft belebende Flächenfüllung bewirken“, wie auch dort zu lesen ist. Die Entwicklung von Dekoren gewinnt in Darmstadt nahezu experimentellen Charakter

Die vielversprechende Entwicklung einer Kunstabteilung in Darmstadt findet aber schon im April 1931 ein jähes Ende Die Weltwirtschaftskrise hat auch vor dem Darmstädter Werk nicht Halt gemacht Den Mitarbeitern wird gekündigt und die Produktion nach Rodach verlegt. Wolfgang Kreidl baut im Stammwerk eine neue Spritzdekorabteilung auf, die aber den wirtschaftlichen Erfordernissen gemäß ihren experimentellen Charakter verliert Sie bringt aber trotzdem durchaus interessante und konkurrenzfähige Gestaltungen auf den Markt Der ganze Frühstückstisch kann mit Spritzdekor aus der Roesler Fabrik gedeckt werden Wolfgang Kreidl verlässt Rodach 1934, die Umstellung auf den jetzt herrschenden „deutschen“ Geschmack hatte auch dort begonnen Seine Frau Hilde Stade, Tochter des Darmstädter Textilfabrikanten Joseph Stade, der sich 1901 von Joseph Maria Olbrich ein Haus auf der Mathildenhöhe errichten ließ, wird im KZ Theresienstadt ermordet Wolfgang Kreidl überlebt Naziherrschaft und Krieg und arbeitet ab 1956 als Leiter der Dekorabteilung im Werk Wilhelmsburg der Österreichischen Keramik AG Er stirbt 1972 in Wilhelmsburg Während Arbeiten aus der Darmstädter Kunstabteilung, deren vierstellige Formnummern alle mit einer Null beginnen, eher selten zu finden sind, gibt es noch immer schöne Beispiele für Rodacher Spritzdekor auf dem Markt Und auch auf der Roeslerbörse kann man sicher fündig werden

Die 24 Roeslerbörse findet am Samstag, dem 26 August in Bad Rodach wieder in Verbindung mit dem beliebten Altstadtflohmarkt rund um das Jagdschloss statt Freunde des Roesler-Feinsteingutes sind eingeladen zum Kaufen, Verkaufen und Tauschen In interessanten Gesprächen können sie sich über ihr Sammelgebiet informieren

Das Heimatmuseum mit vielen Exponaten aus der Feinsteingutfabrik Max Roesler, unter anderem einer Puppenküche aus dem Jahre 1915, hat geöffnet Abends trifft sich die Roeslergemeinde zu einem Vortrag mit gemütlichem

Ausklang in der Gaststätte „Zum lustigen Kegler" in Bad Rodach Alle Interessierten sind auch dazu herzlich eingeladen

Wer an der Roesler-Börse oder am Altstadtflohmarkt aktiv mit einem Stand teilnehmen möchte, erhält Informationen bei der Stadt Bad Rodach unter untenstehender Telefonnummer.

TELEFON | 09564 922215

Preisverdächtig

Kunst/Mitte in Magdeburg

Rolf Hinderk Peters

Die „Kunst/Mitte – Mitteldeutsche Messe für zeitgenössische Kunst” hat an Anziehungskraft im nationalen und internationalen Konzert der Kunstmessen gewonnen Dies zeigt sich in diesem Jahr an einer gewachsenen Bewerberzahl, einer Medienkooperation mit der FAZ sowie an der Teilnahme weiterer namhafter Galerien, wie die Galerie Makowski aus New York

Zur diesjährigen Mitteldeutschen Messe für zeitgenössische Kunst vom 24 bis 27 August werden Werke von rund 200 nationalen und internationalen bildenden Künstlern zu sehen sein Die Besucher erwartet in der Magdeburger Messehalle 2 eine bisher noch nie gezeigte Vielfalt aus Gemälden, Skulpturen, Grafiken, Fotografien, Collagen, Installationen und Performances

Bei der Kunst/Mitte werden jährlich die besten Nachwuchskünstler oder -künstlerinnen mit dem YAS-Award prämiert Der 1 , mit 1 000 Euro dotierte Preis, wird von der Landeshauptstadt Magdeburg gestiftet, der 2 Preis, dotiert mit 500 Euro, vom Magdeburger Lions Club Otto I Erstmals in diesem Jahr vergibt zudem die Wohnungsbaugenossenschaft Otto von Guericke den YO-Award (kurz für „YoungOtto“) und lobt dafür 1.000 Euro aus.

TELEFON | 0170 4118297

WEBSEITE | www kunst-mitte com

This article is from: