Sammler Journal 11/2021

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NOVEMBER 2021

November 2021 · B 1309 | € 8,00 Schweiz CHF 12,30 | Österreich € 8,90 | Be/Ne/Lux € 9,00

SAMMLER JOURNAL

KUNST • ANTIQUITÄTEN • AUKTIONEN

KUNSTMARKT AUKTIONEN PREISE

Schwerpunkt: Kunstmarkt Made in China: Porzellan

GEMI

Kunst und Wissenschaft:

Game of Drones


Felzmann 1 D.qxp_Lempertz 1.qxd 11.10.21 17:17 Seite 1

www.felzmann.de


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SAMMLER-SERVICE

Geschnitztes Bild Knochenbild

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Ich habe kürzlich auf dem Flohmarkt in Keferloh ein Bild mit den Maßen 50 mal 70 cm (Rahmen inklusive) gefunden. Das Feldblumenmotiv besteht aus Knochen. Wissen Sie, wer so etwas hergestellt hat? Können Sie die Marke entschlüsseln und hätten ggf. eine Wertvorstellung? Über Ihre Expertise würde ich mich sehr freuen. Peter Dessoy, Furth

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Das kunstvoll gefertigte Intarsien-Relief wurde in Japan in der Meiji-Periode um 1890 hergestellt. Die sogenannte Shibayama-Technik geht zurück auf den Kurzwarenhändler Ōnoki Senzō. Er erfand diese Technik Ende des 18. Jahrhunderts und benannte sie nach seiner Heimatstadt. Der wesentliche Unterschied zu anderen Intarsien ist, dass die in die Lack- oder Elfenbeinfläche eingelegten Intarsien gleichzeitig plastisch aufliegen. Die – durch die USA erzwungene – Öffnung Japans für den Handel im Jahr 1854 beendete die selbstgewählte jahrhundertelange Isolation und führte zu einem Machtwechsel und zahlreichen Reformen in Japan. Eines der Resultate war eine Begeisterung für japanische kunsthandwerkliche Arbeiten in Europa sowie der daraus sich entwickelnde Japonismus in der westlichen Welt (ohne diesen Einfluss wäre der Jugendstil nicht denkbar gewesen). Chinesische Malerei-Handbücher legten einen Abbildungskanon fest, welcher von den japanischen Kunsthandwerkern mit botanischer Präzision umgesetzt wurde. Der tiefe Glaube an eine beseelte Natur und eine genaue Naturbeobachtung mögen dabei eine Rolle gespielt haben. Japanische Lack-Intarsien sind in der Regel etwas kreativer und belebter als Vergleichbares aus China. Die große Nachfrage in Europa und in den USA nach Shibayama-Objekten führte zu einer seriellen, arbeitsteiligen Massenproduktion. Die Hafenstadt Yokohama entwickelte sich zum Zentrum der Produktion. Um ein solches ShibayamaObjekt im Yokohama-Stil handelt es sich hier. Anfang des

20. Jahrhunderts waren mehrere hundert Werkstätten mit der Produktion solcher meist paarweise angebotenen Wanddekorationen beschäftigt. Verwendet wurden leicht verfügbare Materialien, hier vermutlich Walross-Knochen und maritimes Elfenbein. Die Signatur liest sich vermutlich „Minko“. Ähnliche Arbeiten der gleichen Werkstatt tauchen regelmäßig im Handel auf und werden bei guter Erhaltung zu Preisen um 200 bis 400 Euro verkauft. Kleinste Materialverluste werden von Sammlern nicht toleriert, vermutlich weil heute nur noch wenige Restauratoren die Technik beherrschen. Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger Jagdschloss Göhrde

Dekoratives Multifunktionsmöbel Handarbeitstisch aus dem späten Biedermeier

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Ich habe in meinem Fundus diesen Nähtisch, über den ich gerne Näheres wissen möchte. Er steht auf einem Dreibein, ist aufklappbar und verbirgt viele kleine Fächer, auch einen Spiegel. Aus welcher Zeit könnte er stammen Michael Labs, Pfaffenhofen und wieviel wäre er in etwa wert?

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Dieser Handarbeitstisch – oder auch Nähtisch benannt – ist in der Zeit des späten Biedermeier um 1840 bis 1850 im Berliner Schaffensraum entstanden. Unterschiedliche Gebrauchsmöglichkeiten verbinden sich hier zu einem klei-


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nen dekorativ-praktischen Multifunktionsmöbel. Im oberen Schubkasten sind mehrere Tablare zum Verschließen der wohl mit Knöpfen oder Nähsachen gefüllten Fächer eingerichtet. Im vorderen mittleren Bereich ist eine konkav-konvex ausgebildete Klappe montiert, welche im geschlossenen Zustand als Ablage von Kleinteilen dient, aber beim Ausklappen nach vorne ein sogenanntes Nähkissen für das Befestigen von Nähnadeln beherbergt. Dahinter ist ein gekehlter Deckel für die Aufnahme von Näh- oder Stricknadeln aufgelegt, welcher, wenn man auf eine Schmalseite drückt, das untere Fach frei gibt. Der größte Deckel verbirgt aufgeklappt einen mit einer Flammleiste umrahmten Spiegel für die kleine Morgentoilette. In weiteren offenen Fächern ist Raum für ein kleines Necessaire und verschiedene Garnspindeln. Der untere große Schubkasten ist ohne Eingerichte gestaltet. Auf einem geschweiften Dreibein, an einer godronierten, gewendelten Mittelstütze befestigt, steht der mit einer Klappe geschlossene Korpus. Zierprofile in Form von Flammleisten sind in drei Etagen förmigen Ebenen um den Korpus gelegt und heben das verwendete Pyramidenmahagoni-Furnier besonders hervor. Der aktuelle Verkehrswert dieses Nähtisches im authentischen Zustand ohne grobe Abnutzungs- oder Gebrauchsspuren liegt bei 600 Euro. Peter Atzig, Kunstsachverständigenbüro Pforzheim

www.auktionshaus-wendl.de


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MAGAZIN

Gaetan de Seguin, Folly & Muse, La jeune fille et la morte 2019 auf der Affordable Art Fair in Hamburg

Konzept mit Ausnahmekünstler

breite junger wie etablierter zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler mit spannenden Positionen aus Malerei, Fotografie und Plastik. Dieses Jahr präsentieren sich 70 internationale Galerien aus 14 Ländern wie Rademakers/ Amsterdam, Galería Rodrigo Juarranz/Spanien und Visus Gallery/Belgien. Sie zeigen unter anderem Arbeiten von Joana Schneider, Jessi Strixner und Beatriz Díaz Ceballos. Aus Hamburg sind unter anderem Galerie Holzhauer, Galerie Ruth Sachse, Galerie Thomas Holthoff, Stern-Wywiol Galerie und Galerie Magnus P. Gerdsen vertreten. Erstmals wird die Ausstellungsfläche der Affordable Art Fair um einen Ort der Begegnung erweitert. Im Kunstpark entsteht auf knapp 1.800 Quadratmetern ein Skulpturenpark mit einer kuratierten Auswahl großformatiger Plastiken und konzeptioneller Installationen. Zu den dort gezeigten Arbeiten gehören unter anderem Werke von Anja Michaela Kretz, Mathias Kadolph, Markus Delago. Der Kunstpark ist ein Ort des Dialogs und der künstlerischen Begegnung, er bietet außerdem Verweilmöglichkeiten und eine integrierte Cafébar. Das Konzept der Emerging Artists wurde in diesem Jahr aufgebrochen, um dem venezulanischen Ausnahmekünstler Arnaldo González Raum zu geben. González ist bekannt für seine großflächigen Arbeiten zwischen Zeichnung, Malerei und Videoinstallation, die er als Reflexionen auf Migration, Identität und psychogeografischem Raum versteht. Die innere und äußere Diaspora steht im Zentrum seiner Werke. Er lebt seit 2014 in Hamburg. „Ich freue mich sehr über diese Soloshow“, so González. „Sie bietet mir die Möglichkeit, meine Kunst einem großen Publikum zugänglich zu machen und neue Interessierte an die Werke heranzuführen.“ TELEFON | 040 533070510 WEBSEITE | www.affordableartfair.de

Affordable Art Fair in Hamburg Vom 11. bis 14. November präsentiert die Affordable Art Fair Hamburg 70 renommierte Galerien aus 14 Ländern mit über 3.000 Werken zwischen 100 und 7.500 Euro. In diesem Jahr wird erstmals die gesamte Halle A3 auf 9.000 Quadratmetern mit Kunst bespielt. Höhepunkte sind der Kunstpark, ein Skulpturenpark mitten auf der Messe sowie die Soloshow des venezulanischen Künstlers Arnaldo González im Rahmen der Emerging Artists. Die Kunstmesse präsentiert auch Newcomer-Talente an der Seite etablierter Künstlerinnen und Künstler. Unter anderem Joana Schneider, Jessi Strixner, Beatriz Díaz Ceballos, Maria Bang Espersen, Anja Michaela Kretz, Volker März, Christoph Rode, Monika Radhoff und Adel Dauood an der Seite von Rosemarie Trockel, Günther Uecker, Heinz Mack, Klaus Fußmann, Stephan Balkenhol, Karin Kneffel, Jonathan Meese, Markus Lüpertz und Elliott Erwitt. Seit dem Beginn in Hamburg im Jahr 2012 zieht die Affordable Art Fair jedes Jahr über 18.000 Kunstfreundinnen und -freunde in die Hamburg Messe. Sie zeigt eine große Band-

Adel Dauood, Galleri V58, Ohne Titel; auf der Affordable Art Fair in Hamburg


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MAGAZIN

Zimmermann, Kuckucksuhr; Grassimesse Leipzig

Virtuos und filigran Grassimesse Leipzig Für die Teilnahme an der vom 29. bis 31. Oktober 2021 stattfindenden Grassimesse im Leipziger Grassi Museum für Angewandte Kunst sind 100 Ausstellerinnen und Aussteller aus acht europäischen Ländern sowie aus Taiwan, Japan, Südkorea und China ausgewählt worden. Das diesjährige Gastland Italien stellt virtuoses und überraschendes Design und Kunsthandwerk vor. Die Grassimesse gilt als eine der führenden internationalen Verkaufsmessen für angewandte Kunst und Design, als Treffpunkt für Kreative, Galerien, Fachleute und an Design und Gestaltung Interessierte. Die Grassimesse lädt zum Schauen, Kaufen und Informieren ein und zeigt Tendenzen und Innovationen in den Bereichen Mode und Textil, Schmuck und Accessoires, Keramik, Porzellan, Möbel, Holz, Metall, Glas, Papier und Spielzeug. Die Schwerpunkte der diesjährigen Messe liegen in den Bereichen Schmuck, Keramik, gefolgt von Holz, Textil und Papier/Buchkunst. Von handwerklich exzellent gearbeiteten Möbelstücken und humorvollen Wandinstallationen bis hin zu filigranem Papierschmuck und hervorragend gearbeiteter Keramik reicht die Spannbreite der zu verkaufenden Arbeiten. Knapp ein Drittel der Ausstellerinnen und Aussteller ist erstmals auf der Grassimesse 2021 vertreten, alle Weiteren waren zumindest auf einer der vergangenen Grassimessen zu Gast. Neben arrivierten und der Grassimesse seit langem verbundenen Ausstellern gibt es eine Reihe von Premieren. So ist beispielsweise erstmals die aus Lettland stammende und in Frankfurt am Main. ansässige Sarmite Polakova dabei. Sie forscht intensiv zu Naturmaterialien und arbeitet aktuell mit Kiefernrinde, die sie in unterschiedliche Zustände versetzt. In Streifen geschnitten und geflochten, kann die naturbelassene Rinde zu großen Objekten und sogar Sitzmöbeln verarbeitet werden. Mit Kunstsoff versetzt, werden Rindenpartikel zu wasserdichten Gefäßen. Auch Beate Eismann aus Halle an der Saale arbeitet seit jeher experimentell, moderne Technologien fordern sie

geradezu heraus. Die Schmuckkünstlerin hat sich mit ihrer Objektgruppe „Units“ ganz gezielt mit dem Gegenüber von Tradition und zeitgenössischer Gestaltung auseinandergesetzt. So verwendet sie als Ausgangsmaterial die Rohformen der Matroschka-Puppen und stellt sie mittels Reihung und Rhythmisierung sowie durch individuelle Dekore in einen neuen Kontext. Humorvolles und Bissiges stellt die Leipziger Firma „Doppeldenk“ vor. Das Designerduo hat sich ein eigenes Sprachrepertoire entwickelt, das sich auf freie Skulpturen, Wandinstallationen und Drucksachen anwenden lässt. Es bewegt sich zwischen Comic, Emojis und kreativer Typografie. Besonderer Fokus liegt jedoch auf der Verarbeitung von Holz und verweist auf erzgebirgische Wurzeln. Erstmals zu Gast ist auch die Münchner Galerie Biró. Angefangen hat Olga Zabel-Biró als Spezialistin für Schmuck aus Kunststoff. In diesem Jahr ist das Gastland Italien, das mit zwei Präsentationen auf der Grassimesse vertreten ist. Die von Waldemar Kerschbaumer, Kreativdirektor seiner Agentur adpassion, zusammengestellte Schau „Italia Plurale“ stellt 15 italienische Kunsthandwerkerinnen und Designer vor. Dabei gibt es Skurriles wie auch handwerklich Virtuoses zu bewundern. Vom riesigen Walfisch aus Metall bis zur Tabakspfeife in Schneckenform. Konzeptionell dagegen sind die Arbeiten der Studierenden der Freien Universität Bozen. Das Projekt „Bastoni“ vereint Spazierstöcke für beinahe alle Lebenslagen. TELEFON | 0341 2229104 WEBSEITE | www.grassimesse.de

Cecilia Coppola, „Italia Plurale“, Teapot „Fly away with me“, Rimini 2019, Porzellan, bemalt; Grassimesse Leipzig


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