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Europas Sammlermagazin
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Freddy Quinn Kunsthandwerk
Gietl Münzen 1 (1021).qxp_Lempertz 1.qxd 09.09.21 12:53 Seite 1
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LESERFORUM 4
EXPERTISEN n Keramikvase Ich besitze eine Keramikvase mit wunderschöner Glasur in Grün, Blau und Gülden. Die Höhe beträgt circa 15 cm. Sie ist am Boden bezeichnet, u.a. mit B B 66. Von wem stammt das schöne Stück und wieviel würde ein Sammler dafür anlegen?
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Nikolaus Graf, o. O.
Die Keramikvase mit Verlaufsglasur wurde in der Werkstatt von Wolfgang Benz und Christel Benz-Grove hergestellt. Laut freundlicher Auskunft des Keramikmuseum Berlin lernte Wolfgang Benz bei den Keramikkünstlern Gerd und Lu Grove in Lübeck. Im Jahr 1966 eröffnete er zusammen mit Christel Benz-Grove eine eigene Werkstatt in Meersburg. Insgesamt ist die Quellenlage dürftig, Ausstellungsnachweise sind nicht zu finden. Es wurde handwerklich gut ausgeführte Gefäßkera-
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mik im Stil der damals populären Studiokeramik hergestellt, aber auch Gebrauchskeramik wie Teekannen und dergleichen. Die Werkstatt bestand wohl noch bis vor wenigen Jahren. Als Wert kann man etwa 30-50 Euro ansetzen. Kunstsachverständiger Klaus-Dieter Müller, Lüneburg
n Emailschälchen Ich habe drei kleine Emailschälchen von der Fa. Steinböck Austria in der Größe 7 bis 12 cm. Stammen diese aus den 1950er-/60er-Jahren? Wie wären sie zu bewerten? B. Gluckman, o. O.
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Die emaillierten Schalen wurden per Umdruck und Handmalerei, wie bereits erwähnt von der Firma Steinböck hergestellt. Die kleine Manufaktur (1947-1993) wurde kurz nach dem Zweiten Weltkrieg von den Brüdern Heimo und Hannes Steinböck in Wien gegründet. Die Firma fokussierte sich früh auf „Kleinraumkunst“, also kleine, hochwertig dekorierte Gegenstände wie Schälchen, Aschenbecher, kleine Glöckchen, Serviettenringe, Armreifen usw. Anfangs wurde der Dekor tatsächlich gemalt, später wurde der Dekor in einem Umdruckverfahren aufgebracht, d.h. der Dekor wurde auf ein Trägerpapier gedruckt und dann auf den emaillierten Gegenstand aufgebracht und in einem zweiten Arbeitsschritt einge-
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n In dieser Rubrik beantworten unsere Experten Ihre Fragen zu dem ein oder anderen guten Stück. Doch leider sehen wir uns außerstande, ganze Nachlässe oder sämtliche sich in Ihrem Haushalt befindlichen Trouvaillen bewerten und schätzen zu lassen. Auch bitten wir um Verständnis, wenn es mit der Bearbeitung länger dauert. Senden Sie uns also Ihre Anfrage nur zu einem zu bestimmenden Objekt – mit detaillierter Beschreibung und gutem Foto, auf dem das Objekt ganz abgebildet ist. Noch ein Hinweis zu den Preisen, die von Fall zu Fall von unseren Experten genannt werden: Hierbei handelt es sich um Richtwerte, die anhand von Fotos allein getroffen werden und je nach Zustand des Objekts nach oben oder unten korrigiert werden können. Ihre Anfrage schicken Sie bitte an: Gemi Verlags GmbH Redaktion Leserforum Pfaffenhofener Str. 3 85293 Reichertshausen oder per E-Mail an info@gemiverlag.de
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LESERFORUM 5
brannt. In der Hochphase der Firma arbeiteten über hundert Kunsthandwerkerinnen für die Firma. Die Ausführung ist immer sehr gut und das Herstellerzeichen gut lesbar. Ähnliche Schälchen findet man noch häufig auf Flohmärkten und online. Obwohl der Sammlerkreis sich über die ganze Welt verstreut, sind die Preise in der Regel sehr niedrig, so dass man auch heute noch leicht eine Sammlung aufbauen kann. Das Preis-/Leistungsverhältnis ist zur Zeit noch sehr gut, ähnliche Schälchen sind zwischen 5 und 15 Euro zu haben.
ren hergestellt. Neben diesem Hersteller „Leader Creazioni d´Arte“ gab es noch eine ganze Reihe anderer Hersteller, die ähnliche Bildchen fabrizierten. Gemeinsam ist allen, dass sie mit 23 oder 24karätigem Gold warben sowie eine „Garantie“ auf die Rückseite druckten. Die Goldfolie ist wirklich hauchdünn, so etwa ein Achttausendstel Millimeter. In den seltensten Fällen wird von den Herstellern der Name des Entwerfers genannt. Auch in diesem Fall spielt der Name des Künstlers keine wirkliche Rolle, da es sich um ein Massenprodukt handelt. Der Künstler hat nur den Entwurf geliefert, ausgemalt wurde das Bildchen in Heimarbeit. Die schwarzen
Konturen sind gedruckt, nur die Farbe wurde mit dem Pinsel aufgetragen. Es gibt aus dieser Zeit auch Goldfolienbildchen, die komplett gedruckt sind. Der Wert ist leider wirklich nur marginal, verkauft werden diese besseren Italien-Souvenirs im Preisbereich von 2 bis 10 Euro. Es wird manchmal zwar mehr verlangt, dann werden die Bilder aber nie verkauft. Als Faustregel kann man sich merken, dass der Wert sinkt, sobald ein Sammlungsgegenstand speziell für Sammler geschaffen wurde und gleichzeitig mit einer Garantie geworben wird.
Kunstsachverständiger Klaus-Dieter Müller, Lüneburg
Kunstsachverständiger Klaus-Dieter Müller, Lüneburg
n Italienischer Druck Ein seit langem in Familienbesitz befindliches Blattgold-Bild (anbei einige Fotos) scheint aus einer kunstgewerblichen Manufaktur zu stammen. Die Signatur ist für mich unleserlich, die Meisterschaft deutlich. Stammt es wirklich aus Südtirol? Wie häufig sind Malereien auf Blattgold? Und wie wertvoll? Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir mitteilen könnten, welches Auktionshaus für einen Verkauf prädestiniert wäre. Olav Muradin, Gladbeck
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Der kleine von Hand kolorierte Druck wurde in Italien wohl in den 1980er-Jah-
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MAGAZIN 6
AUSSTELLUNGEN n „Wilde” Glasuren Flowerpower und Disco, Watergate und Deutscher Herbst – das siebte Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts war eine Zeit der Extreme und des Umbruchs. Die revoltierende 68er-Generation stellte das alte gesellschaftliche System infrage, was sich nicht nur in einer rebellischen Haltung den Eltern gegenüber, einem provozierenden Aussehen oder nonkonformistischen Verhalten äußerte, sondern auch in der radikalen Kritik an der bisherigen Kunst. All diese Phänomene wirkten sich auch auf die Keramik aus, die sich durch experimentelle Glasuren und die Abkehr von
Große Vasengruppe; Keramikmuseum Staufen
Scheurich Vase (Detail); Keramikmuseum Staufen
überlieferten Gefäßformen kennzeichnete. Eine Ausstellung im Keramikmuseum Staufen zeigt bis 30. November die Vielfalt der keramischen Arbeiten in „den wilden 70ern”. Insbesondere den überpointierten Glasurkreationen kam in den 1970er-Jahren eine große künstlerische Bedeutung zu. Für Studiokeramikerinnen und -keramiker eröffnete sich ein großes Spielfeld für Experimente aller Art: Man wandte sich von überlieferten Handwerksnormen ab und befreite sich vom Dogma der Brauchbar-
Dieter Crumbiegel, Kastenvase; Keramikmuseum Staufen 01 / 22
keit der Glasuren. Unter Keramikerinnen und Keramikern setzte ein regelrechter Wettlauf um neue Glasurschöpfungen ein. Dabei wurde das Schöne im Unvollkommenen gesehen: Unregelmäßig verlaufene Laufglasur, sogar kleine Glasurfehler und aufgekochte Blasen wurden nicht missachtet, sondern als die Verwirklichung einer spontanen künstlerischen Idee bejaht. Dazu gehörten Glasurarten wie „Fat Lava“ oder Kraterglasuren. Die keramische Industrie ließ sich von den komplexen Glasurverfahren der Studiokeramikerinnen und -keramiker inspirieren und versuchte sie seriell herzustellen, was sich als technische Herausforderung darstellte. Schließlich wurden spezielle Luxuslinien entwickelt, die sich trotz der aufwändigen Herstellung und der damit verbundenen hohen Preise ausgesprochen gut verkauften. In den 70ern standen in Deutschland italienische Designerinnen und Designer hoch im Kurs und galten weltweit als besonders innovativ. Beispielsweise arbeiteten Cari Zalloni oder Ettore Sottsass für deutsche Keramikfirmen. Auch schwedische Designer – wie Stig Lindberg oder Hertha Bengtson – waren in Deutschland gefragt. Für die Kundinnen und Kunden, die nicht mit dem avantgardistischen Design Schritt halten konnten, bot die industrielle Produktion rustikalere Varianten an. Wer erinnert sich nicht an die erdigen Farbtöne, sowohl der Keramiken als auch gesamter Inneneinrichtungen? Man ging bei der Wahl der Farben in zwei verschiedene Richtungen: Neben Keramiken in Beige und Brauntönen setzte man auf grelle, kräftige, gar „psychedelische“ Farben. Als typisches Phänomen der Zeit gilt beispielsweise die orange-rote Selenglasur. Telefon: 07633 6721 Webseite: www.landesmuseum.de
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MAGAZIN 7
n Teddys Welt Teddys chillen, demonstrieren, verreisen, grillen, kennen Homeoffice, treiben Sport und feiern Weihnachten. Die FamilienAusstellung, bis 19. April im Bomann-Museum Celle, zeigt verspielte, kuschelige und provokante Teddydioramen und lädt dazu ein, sich mit einer veränderten „Teddy-Welt“ zu beschäftigen und die Gegenwart durch Teddyaugen zu sehen. Klimawandel, Verkehrswende, Vermüllung oder Digitalisierung sind nur einige ungelöste gesellschaftliche Probleme dieser Zeit, die zum Nachdenken und Diskutieren anregen sollen, ohne dabei belehren zu wollen. Teddys können, immer auch etwas augenzwinkernd, den Anstoß geben, sich mit vielen aktuellen Fragen zu beschäftigen. Schon immer wurden Teddys auch dazu benutzt, die Welt und die Gesellschaft zu erklären. Indem ein aktuelles Thema mit Hilfe von Teddys präsentiert wird, werden die Plüschgesellen quasi gegen den Strich gebürstet. Aber nicht nur, denn die Ausstellung mit den ersten kuscheligen Gefährten der Kindheit soll immer auch Spaß machen. So ist die Ausstellung für Kinder und Erwachsene gleichermaßen geeignet. Einige Teddydioramen entführen in „heile“ Welten, in Märchen-, Spiel- oder Weihnachtswelten – hier wird am Ende alles gut. Bärige Persönlichkeiten aus Kunst und Politik geben sich die Ehre: Helmut Schmidt trifft zum Beispiel Angela Merkel…
ne Geschichte erklären. Diese Münze gehört zu den Höhepunkten der numismatischen Sammlung Belgiens. Sie wurde während der ersten belgischen Revolution im Jahr 1790 geprägt, einem zehnmonatigen Aufstand, bei dem sich einige Tausend Belgier gegen die seit Jahrzehnten bestehende österreichische Herrschaft auflehnten. Dieses wunderschöne Exemplar des „Lion d’Or“ wurde in Brüssel in einer Auflage von nur 3.805 Stück geprägt. Die meisten dieser Münzen wurden von den Österreichern vernichtet, sobald sie den Aufstand niedergeschlagen hatten. Die vollständige Sammlung, zu der diese Münze gehört, umfasst nur sieben verschiedene Münztypen, die vom einfachen Liard bis zum „Lion d’Or“ reichen. Generell sind diese Münzen schwer zu finden. Da es sich um eine Goldmünze von guter Qualität handelt, ist dieses Exemplar besonders außergewöhnlich. Teddys-For-Future-Inszenierung im Bomann-Museum Celle Fast alle Teddys, selbst gemachte Künstlerteddys, aber auch Markenteddys von Steiff, Hermann oder Martin, um nur einige zu nennen, stammen aus Privatsammlungen, wenige ausgewählte aus der Sammlung des Bomann-Museums. Zahlreiche Petze stellte Hans-Dieter Gau leihweise zur Verfügung. Er sammelt seit 2011 Teddys und lebt mit aktuell fast 2.000 Gefährten in seiner „Hamburger Bärenhöhle“. Telefon: 05141 124504 Webseite: www.bomann-museum.de
MESSEN / MÄRKTE n Goldener Löwe
Fohrkeramik; Keramikmuseum Staufen
Klassische Sammlungen sind wieder im Kommen. Heutzutage werden solche Sammlungen wie Briefmarken oder Münzen oft als etwas altmodisch angesehen, und mancher denkt, dass sie niemanden mehr interessieren. Aber das stimmt nicht mehr. Auf www.delcampe.net, dem Marktplatz für Sammler, wechseln jeden Tag mehr als 10.000 Sammlerstücke den Besitzer und 80 Prozent davon gehören zu den klassischen Sammlungen. Auch wenn der Trend hierbei nach wie vor zur Philatelie geht, ist ein klarer Anstieg der Numismatik zu verzeichnen, sowohl beim Umsatz als auch bei der Menge der verkauften Münzen. Allein in einem Jahr stieg der Umsatz in diesem Sammelgebiet um 25 Prozent. Vor Kurzem erzielte ein besonders außergewöhnliches Stück den Rekordpreis von 8.000 Euro. Es handelt sich um einen belgischen „Lion d’Or“ („Goldenen Löwen"). Der relativ hohe Preis lässt sich durch sei-
Webseite: www.delcampe.net
n Verschiebung Der bislang für die Antik & Ambiente anberaumte Termin vom 13. bis 16. Januar 2022 bietet aufgrund der derzeitigen Coronazahlen keine guten Voraussetzungen für eine sichere und nachhaltige Planung und Umsetzung der Messe. Hinzu kommt, dass die Messehalle bald wieder als Impfzentrum genutzt werden wird. Für die Veranstalter ist es im Moment allerdings noch nicht absehbar, wann die Messe 2022 stattfinden kann. Da die Halle der Messe Sindelfingen Ende März ihre Pforten schließt, wird neben dem Termin auch der Veranstaltungsort ein anderer sein. Nähere Informationen folgen in einer der nächsten Ausgaben. Telefon: 07031 7910 Webseite: www.antik-ambiente-messe.de
Lion d’Or (Goldener Löwe), erzielte bei delcampe.net 8.000 Euro 01 / 22
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TECHNIK 8
ROBOT KAMERAS ALEXANDER GLÜCK
Unter den Meilensteinen der Kamerageschichte nehmen die Modelle der Marke Robot einen Sonderplatz ein: Sie haben schon in den dreißiger Jahren mit ihrem automatischen Filmtransport der technischen Entwicklung weit vorausgegriffen, und sie erschlossen dadurch die Gebiete der „angewandten Photographie”: Raum- und Verkehrsüberwachung, Medizin und Naturkunde, Spionage und Militärwesen konnten auf die zuverlässigen Geräte ebensowenig verzichten wie Amateure, die schnelle Vorgänge gekonnt ins Bild setzen wollten. Und das funktioniert auch heute noch!
Antwort auf Leica Im Jahre 1925 wurde mit der legendären Leica die Kleinbildphotographie möglich gemacht. Damit war erstmals ein Reportagestil möglich, der nah am Motiv bleibt und aus einer Bewegung den charakteristischen Augenblick festhält. Das faszinierte auch den Konstrukteur Heinz Kilfitt, der ein Jahr später mit der Entwicklungsarbeit für seine Antwort auf die Leica begann. Ihm ging es um eine Kamera, bei der viele umständliche Handgriffe überflüssig wären. Denn auch wenn die neuen Kleinbildkameras viel praktischer waren als das Mittelformat, mussten sie doch gespannt und eingestellt werden, teilweise sogar mit Herausziehen des Objektivs. Kilfitt wollte das vereinfachen. 1931 war der Prototyp dieser Kamera fertig.
Vorteile Die entscheidenden Vorteile lagen im quadratischen Bildformat, das den Bildkreis des Objektivs besser nutzte und die Frage „hoch oder quer?” überflüssig machte; in einem schnellen Rotationsverschluss und (etwas später) in einem Federwerk, das für den Filmtransport, das Zählwerk und die Verschluss-Spannung zuständig war. So einfach die Bedienung dieses Apparats auch war, so wurde er doch nicht von den Oben: Hier ein Robot Royal für Leicaformat mit einem ebenfalls sehr lichtstarken Sonnar-Objektiv Links: Das Royal-Modell in der Version für quadratische Bilder, wie am Sucherfenster erkennbar. Das Xenon-Objektiv hat eine hohe Lichtstärke von 1:1,9 und steuert einen gekoppelten Entfernungsmesser an 01 / 22
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TECHNIK 9 hersteller Baeuerle & Söhne, St. Georgen; Scheiben-Rotationsverschluss: A. Gauthier GmbH, Calmbach/Enz. Erste Patente wurden im Jahre 1936 in Deutschland und in den USA erteilt.
Technische Finessen
großen Firmen unter ihre Fittiche genommen. In Hans-Heinrich Berning fand Kilfitt 1932 einen Partner, der das Potenzial dieses modernen Geräts erkannte. Das war ein junger Spund, der außer seiner persönlichen Begeisterung für diese Kamera auch etwas Startkapital seines betuchten Vaters einbrachte. Ein Onkel half beim Aufbau eines Konstruktionsbüros. Auf hohem technischem Niveau entwickelten die beiden Partner die Kamera zur Serienreife: Mit einem Gehäuse aus rostfreiem Stahl und mit einem Federwerk, das von einem Uhrenhersteller gebaut wurde, erwarb sich die Kamera bald den Ruf eines Draufgängers. Die Idee mit dem Federwerk stammte von Berning. Wegen der automatischen Arbeitsweise kam man bald auf den Namen „Robot”, und in Düsseldorf lief die Produktion an: von 1933 bis 1938 in der Firma von Bernings Vater, danach eigenständig. Um das unternehmerische Risiko gering zu halten, ließ man die verschiedenen Komponenten von Zulieferern fertigen: Rostfreies Stahlgehäuse: WMF, Geislingen a. d. Steige; Federwerk: Uhrwerk-
Robot-Kameras sind nicht einfach nur irgendwelche historische Photoapparate, sondern technische Spitzenerzeugnisse mit interessanten Eigenheiten. Die wichtigsten sind – neben dem Federwerk und der Möglichkeit, schnelle Serien zu schießen – das quadratische Bildformat und der Rotationsverschluss. Schauen wir uns zunächst das Bildformat 24 x 24 mm an. Die Festlegung auf quadratische Negative hat gleich mehrere Vorteile. Einmal wird der Schärfekreis der Objektive besser ausgenutzt als beim rechteckigen Format, zudem haben quadratische Bilder fast immer eine sehr ästhetische Wirkung, abgesehen davon können natürlich auch rechteckige Ausschnitte herausvergrößert werden. Die Kamera kann immer gleich gehalten werden, ohne dass man zunächst zwischen Hochund Querformat zu wählen hat. Mit kurzen Brennweiten lassen sich die Bilder gewissermaßen aus der Hand heraus machen. Mit derselben Filmlänge lassen sich außerdem 50 Prozent mehr Bilder aufnehmen, weshalb man ruhig ein paar Mal mehr abdrücken konnte. Auch beim Vergrößern und bei der Diaprojektion erwies sich das quadratische Format als vorteilhaft, weil es den technischen Beschränkungen des Vergrößerungsapparats entgegen-
kam und die quadratische Projektionsleinwand besser ausnutzte. Trotzdem wurde später auch das Modell Robot Royal mit dem Leica-Format 24 x 36 mm angeboten. Der Verschluss wurde den Filmkameras abgeschaut: Anstelle eines Schlitz- oder Zentralverschlusses rotiert in diesen Kameras eine Scheibe mit einem genau definierten Ausschnitt vor dem Film. Die Be-
Oben: Gebrauchsanleitung „Umgang mit einer temperamentvollen Kamera” Rechts von oben nach unten: An der Oberseite ist leicht erkennbar, dass die Royal-Reihe an den älteren Leica-Kameras orientiert ist. Die Funktionsweise unterscheidet sich jedoch deutlich Das hier eingesetzte Xenar-Objektiv ist etwas weniger lichtstark. Gut zu erkennen: Das zweite Sucherfenster dient der Entfernungsmessung Aufbau einer Royal-Kamera für automatischen Betrieb mit elektromechanischem Auslöser 01 / 22
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TECHNIK 10 lichtungszeit wird über die Rotationsgeschwindigkeit gesteuert. Da die beweglichen Teile konzentrisch angeordnet sind, arbeitet der Verschluss erschütterungs-
frei, weshalb auch relativ lange Belichtungen freihändig durchgeführt werden können. Außerdem ist diese Technik äußerst zuverlässig und langlebig.
Trefferkontrolle im Luftkrieg Damit war der Robot I auf dem Markt, der dem Amateur ganz neue Möglichkeiten bot. Vieles war wesentlich einfacher geworden: Die Belichtungs- und Entfernungseinstellung wurde auf wenige einfache Handgriffe reduziert. Mit einem Vollaufzug hatte man alles erledigt für 25 Aufnahmen, und der eingebaute zuschaltbare Grünfilter verstellte automatisch die Verschlusszeit um den richtigen Wert. Das Negativformat erwies sich als wirtschaftlich, denn statt 36 Aufnahmen passten auf Von oben nach unten: Robot-Kamera der ältesten Baureihe. Man beachte den Auslöser, den Sucher und den fehlenden Blitzschuh. Das Objektiv ist noch sehr schwach Bei diesem etwas späteren Modell des Robot Star kann man bereits ein Blitzlichtgerät anschließen und auf zweierlei Arten synchronisieren Sozusagen der Klassiker: Robot Star** mit Hochleistungsobjektiv und Federwerk, wie immer bei diesem Modell ohne Entfernungsmesser Die kastigere Form eines Robot Star II mit doppeltem Federhaus und größerem Sucher. Dort sind mehrere Leuchtrahmen für verschiedene Brennweiten enthalten. Eine Merkscheibe dient der Einstellung des verwendeten Films 01 / 22