Trödler 12/2021

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Europas Sammlermagazin

12/2021 64419

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!

Märkte und Börsen

Max Schanz Glasperlen


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www.antik-ambiente-messe.de

www.delcampe.net


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weil sie das Preisgefüge des Sammlermarktes verwirren und letztlich den Markt komplett zerstören. Leider bleibt nur der sentimentale Wert. Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger, Jagdschloss Göhrde

! Auf einem der Antikmärkte, die ich als letztes besuchte, habe ich für meine Frau dieses Medaillon erstanden. Zuerst lediglich fasziniert von der Eleganz des Anhängers, sind wir jetzt doch neugierig geworden, was wir da eigentlich erworben ha-

! Als langjähriger, treuer Leser Ihrer Zeitschrift möchte ich Sie um Auskunft zu diesem Relief bitten.

Wolfgang Trautenwein, o. O.

Das Relief zeigt in groben Konturen einen Bier trinkenden bärtigen Bayern an einem Holztisch sitzend, rechts unten in einer für die 1970er-Jahre typischen Typographie den Spruch „Hopfen u. Malz Gott erhalts“. Grundlage war vermutlich ein von Hand in Holz geschnitztes Relief, welches

Also ein jüdisches und frühchristliches Amulett, das die Zeit überstanden hat? Wäre das logisch oder wahrscheinlich? Leider reiht sich dieses Amulett in eine umfangreiche Gruppe von Fälschungen ein. All diesen Falsifikaten gemeinsam ist die starke Patina, die vage Imitation des Aramäischen oder Hebräischen und immer in Kombination mit einem eindeutig christlichen Piktogramm, z. B. Jesus am Kreuz, Maria und Josef an der Krippe etc., also Bilder, die selbst U-Boot Christen sofort mit dem Christentum in Zusammehang stehend erkennen. In diesem Fall handelt es sich nicht um Knochen oder Elfenbein (keine Schreger-Linien sichtbar), sondern einfach um weißes Plastik, hergestellt nach 1960. Käufer dieser Falsifikate sind in der Regel Touristen, die von ihrer Reise in das Heilige Land unbedingt ein frühchristliches Artefakt mitbringen möchten. Fälschungen werden mit „Null” bewertet, ben. Das Medaillon ist 5 cm lang, die Tropfen circa 4 cm. Die Gesamtlänge der Kette beträgt circa 60 cm. Das Material dürfte Bein sein, einen Silberstempel konnte ich nicht entdecken. Die Schrift ist vermutlicht hebräisch, leider haben wir aber Niemanden in unserem Bekanntenkreis, der dies bestätigen könnte. Können Sie uns weiterhelfen? Handelt es sich vielleicht sogar um ein Amulett? Aus welcher Zeit stammt es wohl und welchem Kulturkreis ist es zuzuordnen? Horst und Hildegard Pauly, Bad Kreuznach Der ovale Anhänger zeigt eine hebräische Inschrift, darunter ist die Darstellung eine Fisches zu sehen. Der Text lässt sich als Kurzfassung der zehn Gebote identifizieren, wenn auch mit ein paar Rechtsschreibfehlern. Auffällig ist die starke Patina, so als wäre der Anhänger mit Säure malträtiert und dann durch die Wüste geschleift worden. Das Symbol des Fisches wird als Backcronym mit dem Urchristentum in Zusammenhang gebracht.

! In dieser Rubrik beantworten unsere Experten Ihre Fragen zu dem ein oder anderen guten Stück. Doch leider sehen wir uns außerstande, ganze Nachlässe oder sämtliche sich in Ihrem Haushalt befindlichen Trouvaillen bewerten und schätzen zu lassen. Auch bitten wir um Verständnis, wenn es mit der Bearbeitung länger dauert. Senden Sie uns also Ihre Anfrage nur zu einem zu bestimmenden Objekt – mit detaillierter Beschreibung und gutem Foto, auf dem das Objekt ganz abgebildet ist. Noch ein Hinweis zu den Preisen, die von Fall zu Fall von unseren Experten genannt werden: Hierbei handelt es sich um Richtwerte, die anhand von Fotos allein getroffen werden und je nach Zustand des Objekts nach oben oder unten korrigiert werden können. Ihre Anfrage schicken Sie bitte an:


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dann tausendfach abgeformt wurde (so wurde das gleiche Relief in den siebziger Jahren auch in einer Holzimitat Version angeboten). Manche Relief, wie das hier vorgestellte, tragen den Aufkleber „Kunstgussrelief handgegossen mit Zinnauflage Echte Handarbeit“ und bestehen im wesentlichen aus Gips, die Zinnauflage besteht nur aus einer hauchdünnen Zinnpulverschicht. Es sind auch Eisengussvarianten von der SHW Schwäbische Hütte Wasseralfingen bekannt. All diese Reliefs werden vielfach angeboten und selten verkauft. Ein Preis von unter 20 Euro scheint angemessen.

Adler und Schuppenkette des Kinnriemens wunderbar mit dem mit schwarzer Tinte gefüllten Tintenfass. Hergestellt wurde das Tintenfass vermutlich in Böhmen in der Zeit rund um die Reichsgründung bzw. des Deutsch-Französischen Krieges von 1870-1871. Es sind unterschiedliche Varianten bekannt. Vergleichbares wird im Preisbereich von 30 bis 60 Euro verkauft. Das silberne Tintenfass wurde im Jahr 1909 von der Silbermanufaktur A&J Zimmerman (Punze: A&J Z) in Birmingham hergestellt. A&J Zimmerman hatte Werkstätten in London und Birmingham. Im wesentlichen wurden kleinere Gegenstände, z. B. Tintenfässer, kleine Kästchen und Fotorahmen hergestellt. Die Widmung entwertet den Gegenstand etwas, daher scheint ein Wert von 70 bis 90 Euro angemessen.

Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger, Jagdschloss Göhrde

! Ich habe früher Tintenfässer gesammelt, von denen nur ein Teil in ihrer Beschaffenheit und Herkunft geklärt ist. Die Händler / Verkäufer konnten meist keine Angaben dazu machen. Das quadratische Tintenfass habe ich während eines Frankreich-Urlaubs (1991) in Honfleur in der

Normandie entdeckt. Man sagte mir, es stamme aus der Zeit direkt nach Napoleon, also 1815 oder etwas später. Die umlaufenden Punkt- und Mäanderlinien sowie die aufgesetzten Ornamente und der Deckel müssten aus Messing sein. Das Standmaß beträgt 6,6 cm, die Schulterhöhe des Glases 5,0 cm, die Deckelöffnung hat einen Durchmesser von 3,6 cm, die Gesamthöhe beträgt 9,6 cm. Das zweite Tintenfass ist eine Glas-Pickelhaube, die ich bei einem norddeutschen Händler gefunden habe. Er bezeichnete es als Rarität. Das Messinggestell misst 10,3 cm, die Schale, auf der die Haube sitzt, 8,3 cm. Das Glas (mit gekröntem preußischem? Adler) ist 5 cm lang, der Zinn(?)-Verschluss 2,7 cm hoch. Das dritte, englische Silber-Tintenfass ist wohl das Geschenk einer dankbaren Patientin an ihren Arzt. Die in Versalien gesetzte Inschrift: „To Dr. Jewell from Mrs. Leete with grateful thanks 1910“. Der Stand besitzt 10,7 cm, der Deckel 5,2 cm Durchmesser. Die Gesamthöhe beträgt 3,8 cm. Die eingeschlagenen Stempel zeigen Anker, Löwe und ein „K“, die davorliegenden kleinen Stempel könnten ein „A“ und eine „7“ bzw. „17“ sein. Das lässt sich leider nicht exakt bestimmen. Löwe und „K“ sind auf der Deckelinnenseite wiederholt. N.N. Das französische Tintenfass wurde Ende des 19. Jahrhunderts hergestellt. Fassung und Deckel mit dem Dekor aus Musikinstrumenten und Lorbeer wurde per Guss sowie Galvanoplastik aus Kupfer hergestellt und hauchdünn galvanisch vergoldet, die Vergoldung ist fast vollständig abgerieben. Die Technik des Galvanisierens wurde zwar schon in den 1830erJahren erfunden, aber erst ab 1867 war es möglich, dickere Wandstärken zu erzeugen. Der Wert liegt bei etwa 180 Euro. Bei dem gläsernen Gegenstand handelt es sich um ein „patriotisches“ Tintenfass. Die Form ähnelt einem Offiziershelm eines Dragonerregiments der Zeit um 1870. Ursprünglich war der in Form geblasene Behälter partiell kalt mit Goldbronze bemalt, ein paar Farbreste sind noch vorhanden. Im Neuzustand kontrastierten Spitze,

Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger, Jagdschloss Göhrde


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stellbar. Könnte er sehen, was aus ihm geworden ist: Bischof Nikolaus von Myra wäre sicher überrascht! (Bis 13. Februar) Die Ausstellung ist dreisprachig (Deutsch, Englisch, Französisch) und barrierefrei. Sie wird am 6. November 2021, einen Monat vor dem Nikolaustag, eröffnet und bis 13. Februar 2022 zu sehen sein. Die zeitliche Nähe zum Valentinstag ist kein Zufall, gilt doch Nikolaus auch als Patron der Verliebten!

! Alle Jahre wieder feiert das Spielzeug Welten Museum Basel die Adventszeit ausgiebig und zeigt sich mit weihnachtlich dekorierten Schaufenstern, umgestaltetem Shop und einer Weihnachtsausstellung in besonderem Glanz. 2021 widmet sich die Ausstellung dem Heiligen Nikolaus und seiner Entwicklung hin zu Santa Claus. Sie präsentiert Sankt Nikolaus in vielen Formen und Farben: Einmal erinnert seine Kleidung noch an seinen Ursprung als Bischof von Myra, ein andermal trägt er ein grünes, braunes oder blaues Gewand mit weissem Pelz, wie es sich etwa für Väterchen Frost gehört. Viktorianischer Weihnachtsschmuck mit Santas, die in Heißluftballonen oder Zeppelinen eintreffen, ist ebenso zu bewundern wie weihnachtliche Bonbonnièren, die süße Geheimnisse bergen. Kleine Besucherinnen und Besucher können ihr Santiglaus-Versli in der Ausstellung hinterlassen und erhalten einen Malund Rätselbogen. Und am 6. Dezember begrüßt natürlich Santiglaus persönlich die kleinen Gäste. 1500 Jahre fromme Verehrung, kitschige Verniedlichung, gnadenlose Vermarktung und pädagogische Vereinnahmung hat der große alte Mann mit dem roten Mantel und dem weißen Rauschebart bereits auf dem Buckel. Man kennt ihn unter unterschiedlichsten Namen beinahe auf der ganzen Welt: Santiglaus, Sinterklaas, Santa Claus, Nikolaus... Braven Kindern bringt er Geschenke, unartigen die Rute.

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Dem Nikolaus-Brauchtum liegt eine lange Tradition zugrunde. Sie formt sich aus verschiedenen Elementen, verändert sich mit der Zeit. Ausgang nimmt sie von der Figur des Heiligen Nikolaus, in der zwei historische Personen verschmelzen: die Bischöfe Nikolaus von Myra (4. Jahrhundert) und Nikolaus von Sion (6. Jahrhundert) in der heutigen Türkei. Laut Legende hat Sankt Nikolaus zahlreiche Wunder vollbracht: So besänftigt er einen Sturm, erweckt Tote zum Leben und bewahrt Frauen vor der Prostitution. Schon im Mittelalter wird er in Europa als Schutzpatron der Kinder verehrt. Bis zur Reformation im 16. Jahrhundert bringt Nikolaus die Geschenke. Doch der neue Protestantismus lehnt die Heiligenverehrung ab. 1535 beschenkt in der Familie von Martin Luther noch Nikolaus die Kinder. Zehn Jahre später sind in den Rechnungen Ausgaben für den „heiligen Christ” vermerkt. Aus ihm geht das Christkind hervor, das Nikolaus als Gabenbringer ablöst. Im 19. Jahrhundert kehrt er in dieser Funktion zurück – nun aber in weltlicher Gestalt. Schon 1820 schreibt das Grimm’sche Wörterbuch von „Weihnachtsmann” als „geschichtslosem Wort”, das mancherorts synonym für „Christkind” stehe. August Hoffmann von Fallerslebens Lied „Morgen kommt der Weihnachtsmann” belegt: 1835 bringt der Weihnachtsmann die Geschenke. Schon im Jahrhundert davor gelangt Sinterklaas mit holländischen Auswanderern nach Amerika. Fern der Heimat verliert er seine religiösen Wurzeln: Aus Sinterklaas wird Santa Claus, der kaum mehr mit dem Bischof aus Myra zu tun hat. Lange bevor Coca-Cola ihn ab 1931 alljährlich für Werbekampagnen zur Weihnachtszeit einsetzt, verbreitet sich im 19. Jahrhundert das Bild vom stets fröhlichen Mann im roten Mantel. Mit großem Bauch, Rentieren und neuem Namen kehrt er nach Europa zurück. Heute bestehen Traditionen und moderne Bilder nebeneinander. Die Gläubigen verehren den heiligen Nikolaus, die Werbung setzt auf den Weihnachtsmann, der klingelnde Kassen verspricht. Die Vorweihnachtszeit ist ohne ihn gar nicht mehr vor-

Loïe Fuller (1862-1928) war eine der faszinierenden und innovativen Künstlerinnen des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. 1892 gelang der gebürtigen Amerikanerin mit dem von ihr kreierten Serpentinentanz im berühmten Pariser Folies-Bergèrs der Durchbruch. „La Loïe“ wurde über Nacht zum gefeierten Superstar und avancierte alsbald zur Muse der Pariser Avantgarde und zum It-Girl der Belle Époque. Zum Kreis ihrer Freunde und Bewunderer zählten einige der bedeutenden Künstler, Schriftsteller und Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen ihrer Zeit, darunter Auguste Rodin, Thomas Edison, Pierre und Marie Curie sowie Stéphane Mallarmé. Die zukunftsweisenden Choreografien und technischen Innovationen der Ausnahmekünstlerin im Bereich von Tanz, Licht- und Bühnendesign – Fuller verwendete etwa als erste elektrisches Licht – sowie im Film nahmen grundlegende Elemente der Medien- und


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Performancekunst des 20. Jahrhunderts vorweg und beeinflussten nachhaltig viele Maler, Bildhauer, Schriftsteller, Theaterund Filmregisseure ihrer Zeit. Rund 120 sorgsam ausgewählte Exponate, darunter Skulpturen, Fotos, Grafiken, Filme und Werbeplakate, spiegeln die breite und folgenreiche Rezeption Loïe Fullers in der Kunst des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts wider. (Bis 30. Januar)

! Das Erfolgskonzept „Blickfang” feiert seine Premiere in Düsseldorf. Am 28. und 29. November lädt die internationale Designmesse ins Areal Böhler und feiert gemeinsam mit dem Food Event Eat&Style ein Wochenende lang guten Geschmack in allen Facetten. Jährlich besuchen rund 70.000 Interessierte einen der sechs Standorte in Europa. Über 120 unabhängigen Labels aus der Designszene gilt es dort zu entdecken. Unabhängig bedeutet: Die Labels designen und produzieren selbst und können daher genaue Auskunft über den Entwurfsprozess und die Produktion geben. Eine Fachjury wählt aus allen Einreichungen rund ein Drittel als Ausstellerinnen und Aussteller aus. In Düsseldorf präsentieren und verkaufen 120 ausgewählte Labels ihre Produkte aus den Bereichen Möbel, Mode und Schmuck. Was alle gemeinsam haben? Die Designerinnen und Designer sind persönlich vor Ort und lassen die Besucher an ihren Produktionsgeschichten teilhaben.

! Die Vorbereitungen für die Messe laufen auf Hochtouren. Ein glanzvolles, atemberaubendes Rendezvous der Epochen soll die Besucher erwarten, wenn die schillernde Antik & Ambiente im Januar ihr Comeback feiert. Die Tafel ist mal wieder reich gedeckt: Uhren aus der Belle Époque für

magische, einzigartige Momente im heutigen Hier und Jetzt, kostbare OriginalSchmuckstücke von Art-déco- und Jugendstildesignern, Möbel aus Zeiten von Friedrich dem Großen oder Kaiserin Sisi, Midcentury-Silber für ein stilvolles 60erJahre-Flashback, dazu ein aufregender Schuss modernes, exquisites Wohndesign. Vom 13. bis zum 16. Januar können Kunst- und Antiquitätenliebhaber wieder in der Messe Sindelfingen stilvoll durch die Jahrhunderte flanieren und in elegantästhetischer Atmosphäre ihre ganz persönlichen Lieblingsstücke auswählen. Als versierte Galeristin setzt Birgit Strehler nur auf hochwertige Exponate. Mit sicherem Kunstmarkt-Instinkt und einer kompromisslos auf Qualität setzenden Besetzungspolitik hat sie die Antik & Ambiente wie auch deren Vorgänger-Format Antik & Kunst zu einem der am hellsten leuchtenden Sterne im süddeutschen Kunst- und Antiquitätenmessen-Himmel gemacht. Auch auf der kommenden Antik & Ambiente können die Besucher sich auf eine berauschende Fülle an hochwertigen Kunstobjekten aus den verschiedensten Epochen freuen – von Gemälden über Grafik, Zeichnung und Skulptur bis hin zum Kupferstich. Highlights von weltberühmten Künstlern wie Maria Sibylla Merian, Emil Nolde oder Max Liebermann bekommen in der Messe Sindelfingen einen festlichblauen Teppich ausgerollt, ebenso wie der berühmte Maler Alex Katz, dem auf der Antik & Ambiente eine beeindruckende Sonderschau gewidmet wird.


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Einmal kann die gediegene, sorgfältig durchgeführte handwerkliche Arbeit, die bei der Erzeugung eingesetzt wurde, der Grund dafür sein. Das goldglänzende Messing des Chassis eines Telegraphen, lackiert mit Zapon-Lack, das Zahnradwerk, das an ein altes Uhrwerk erinnert und für den Transport des Papierstreifens sorgt, auf dem die ankommenden Morsezeichen geschrieben werden, alles das mag begeistern. Dazu kommt noch als wichtigstes Bauteil eines Morse-Telegraphen der Elektromagnet mit den beiden Wicklungen, der durch die ankommenden Stromimpulse erregt wird und den Schreibhebel betätigt. Ein anderes Motiv zum Erwerb eines Morse-Telegraphen-Apparates ergibt sich durch dessen historische Bedeutung. Mit der elektrischen Telegraphie wurde in der

Mitte des 19. Jahrhunderts eine epochale Erfindung gemacht. Der bisher bestehende Briefverkehr auf dem Postwege erhielt durch die elektrische Telegraphie eine wichtige Ergänzung. Die damit mögliche, schnelle elektrische Übertragung von schriftlichen Nachrichten bekam in Wirtschaft und Politik eine große Bedeutung. Von den verschiedenen, für die elektrische Telegraphie gemachten Erfindungen, stellte sich das System des amerikanischen Kunstmalers Samuel Morse als besonders erfolgreich heraus. Die erste „Morselinie“ wurde im Jahre 1844 von der amerikanischen Hauptstadt Washington zu der etwa 70 km entfernten Stadt Baltimore in Betrieb genommen. Innerhalb von zehn Jahren war in den USA die gesamte Ostküste mit Telegraphenlinien verbunden und auch in Europa, besonders in Deutschland, im damaligen Österreich und in der Schweiz entstand ein Netz von Telegraphen-Stationen. Mit dem im Jahre 1850 in Dresden gegründeten Deutsch-Österreichischen Telegraphenverein, dem in der Folge viele europäische Länder beitraten, entstand ein Gremium,

das die notwendigen internationalen Vereinbarungen beschloss. Die Herstellung der telegraphischen Verbindung von New York nach San Francisco im Jahre 1861, die erfolgreiche Überbrückung des Atlantischen Ozeans im Jahre 1866 und der telegraphische Anschluss des australischen Kontinents im Jahre 1872 mögen, um Stefan Zweig diesbezüglich zu ergänzen, als Sternstunden der Menschheit gewertet werden. Heute ist die telegraphische Übertragung von schriftlichen Nachrichten natürlich nach wie vor wichtig, allerdings haben sich, wie wir wissen, die dafür eingesetzten technischen Geräte stark verändert. Statt der mühsamen Eingabe von Morsezeichen, kann der Text mit gewöhnlichen Buchstaben mittels einer Tastatur an einem Telefon-Apparat oder an


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einem PC, also an einem Personal Computer, eingegeben und die empfangene Nachricht kann an einem Bildschirm abgelesen und zugleich auch gespeichert werden. Statt der (singenden) Leitungen über das Land und der Kabel, treten heute Funknetze und auch das Internet. SMS und E-Mail stellen in der heutigen Zeit die Telegraphie dar.

Vielfach stellt ein Zufallsfund den ersten Schritt zum Sammeln eines TelegraphenApparates dar. Dies war auch bei mir der Fall. Es muss wohl mehr als vierzig Jahre her sein, seit ich bei einem Altwarenhändler in Linz einen solchen entdeckte. Als gelernter Fernmeldemonteur kannte ich natürlich dessen technische Funktion, obwohl in der Ausbildung die Morse-Telegraphie keine Bedeutung mehr hatte und der Telegraphen-Apparat durch den Fernschreib-Apparat längst ersetzt war. Als Kind hatte ich wohl die Telegraphen-Apparate im Bahnhof meiner Heimatgemeinde in Salzburg gesehen und in Erinnerung behalten. Nun wurde ein solcher zum Kauf angeboten. Mit dem Vorsatz, dass dies eine einmalige Aktion sein sollte, unterstützt durch die mir selbst ausgedachte Begründung, dass ich in meinem Dienst bei der Österreichischen Post- und Telegraphenverwaltung als Beamter mit dem Titel „Provisorischer Telegraphen-Assistent“ angefangen habe, kam der Kauf zustande. Dieser Telegraph, hergestellt um das Jahr 1900 von der Firma Kapsch und Söhne Wien, steht bis heute in meiner „Gruselkammer“, wie mein Arbeitszimmer genannt wird. Viele weitere Morse-Telegraphen sollten in den Jahren danach folgen.

Soweit ich mich erinnere, dauerte es noch einige Jahre, bis ich „richtig“ mit dem Sammeln von Telegraphen-Apparaten begann. Ich war in diesen Jahren zunächst noch mit zwei anderen Sammelgebieten voll beschäftigt: mit dem Sammeln von Büchern, mit dem Sammeln von Radio-Apparaten und auch von Fossilien aus meiner salzburgischen Heimat. Bei den Telegraphen beschränkte ich mich nicht nur auf Morse-Geräte, sondern auch Nadeltelegraphen und Zeigertelegraphen waren für mich von Interesse. Da diese aber relativ selten zu finden sind und auch preislich meistens „weh“ tun, galt mein Hauptinteresse den Morse-Telegraphen. Neben dem Telegraphen-Apparat galt es aber auch, das notwendige Zubehör, im Besonderen hier Morsetasten, die zum Senden der

Morsezeichen als elektrische Impulse notwendig sind, für die Sammlung zu erwerben. Neben Morsetasten waren auch Telegraphenrelais der verschiedensten Art sowie Linien-Instrumente, das sind Galvanometer, die den Sendestrom kontrollieren, als wichtiges Zubehör für die Sammlung zu finden. Bei anderen Teilen einer vollständigen Telegraphenstation, wie den Einrichtungen für den Blitzschutz und Batterien, hielt ich mich zurück. Elektrische Isolatoren, die heute für sich selbst ein großes Sammelgebiet darstellen, wurden von mir nur als Einzelstücke gesammelt. Technische Museen, die die Aufgabe haben, die ganze historische Technologie zu sammeln, müssten auch noch die verschiedenen Leitungsmaste mit dem „Gestänge“, den Mitteln zur Anbringung der Isolatoren und auch Muster der in das Erdreich eingegrabenen Kabel in ihrem Bestand haben, alles Objekte, die für einen privaten Sammler kaum in Frage kommen. Innerhalb von wenigen Jahren konnte ich eine stattliche Anzahl von Gerätschaften der Morse-Telegraphie anschaffen. Neben österreichischen Geräten bildeten deutsche Geräte und später auch amerikanische Geräte den Hauptteil meiner Sammlung. Dazu kamen noch Geräte aus Frankreich, Italien, Schweden und England. Der Erwerb dieser Apparate und des notwendigen Zubehörs war jedoch nicht immer einfach und ich musste, wie jeder Sammler am eigenen Leib erfährt, mein Lehrgeld dafür zahlen.

Es mag interessant sein zu erfahren, welches Lehrgeld in einzelnen Fällen zu bezahlen war und mit welchen Schwierigkeiten ein Sammler unter Umständen konfrontiert ist. Aller Anfang ist bekanntlich schwer. So war es auch bei der Erwerbung meines zweiten Morse-Telegraphen. Von einem Linzer Altwarenhändler, dem „Josef“ an der Donaulände erfuhr ich von einem gewissen „Otto“, der alles Technische kauft, sammelt, tauscht und verkauft. Der müsste, so sagte „Josef“, auch einen Telegraphen haben. Es war richtig, bei „Otto“ war alles zu finden. Schon der Eingang zu seinem kleinen Einfamilienhaus war gesäumt von alten Maschinen, Flugzeugpropellern, Elektroschrott und anderem „Graffel“. Auch im Haus war alles voll, diesmal mit historischen Telefon-Apparaten der seltensten Art, verschiedenen elektrischen Geräten und Radios, alles aufgetürmt auf der damit nicht mehr begehbaren Stiege zum Obergeschoß. Aber „Otto“ hatte tatsächlich einen schönen österreichischen Telegraphen, den sogenannten „gedeckten“ Telegraphen, der ab dem Jahre 1870 gebaut wurde und unter Sammlern heute despektierlich „Katzenbuckel“ genannt wird. Er wollte jedoch diesen Telegraphen nur im Tausch gegen ein anderes Gerät hergeben. So kam es zum Tausch gegen eine mechanische Rechen-


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maschine vom Typ einer Thomasmaschine, die in Glashütte, Sachsen, erzeugt worden ist. Wie ich später in Erfahrung bringen konnte, hatte die Rechenmaschine einen wesentlich höheren Wert als der Telegraph. Über dieses von mir erhaltene Lehrgeld hat sich „Otto“, ein gelernter Rauchfangkehrer, sicher gefreut. Jeder Sammler macht die Erfahrung, dass es auch andere Sammler gibt, die auch an den für die Sammlung ins Auge gefassten Stücken Interesse zeigen. Auf Flohmärkten besteht dazu das ungeschriebene Gebot, sich nicht vorzudrängen und in Ruhe zu warten bis man an der Reihe ist. Auf den amerikanischen Flohmärkten wird dies besonders streng genommen. Ich habe aber auf diesen Märkten die leidvolle Erfahrung gemacht, dass es Sammler gibt, die bei den Händlern von vorne herein alles reservieren lassen und ein gewöhnlicher Interessent nur die später übrig gebliebenen Stücke erhalten kann. Dies geschah mit mir über mehrere Jahre auf dem jährlich stattfindenden großen Flohmarkt der Antique Wireless Association in Rochester, New York. Es gelang mir einfach nicht, einen amerikanischen Morse-Apparat, dort „register“ genannt, der Zeit vor 1865 zu bekommen. Auch „Tom“ der hier ein Experte war, konnte oder wollte mir dabei nicht helfen.„Vince“, ein Sammler aus Arizona, hatte stets bei den dafür zuständigen Händlern, z.B. bei „Roger“, alles reserviert und zahlte jeden Preis. Leider ließ „Vince“ stets nichts für mich übrig. Erst als „Vince“ aus gesundheitlichen Gründen mit dem Sammeln aufhören musste, gab es für mich gewöhnlichen Flohmarktbesucher die Chance, bei „Roger“ frühe amerikanische Telegraphen-Geräte zu bekommen. So konnte ich dann, allerdings zu einem astronomischen Preis, mit dem „harp register“ ein besonderes Stück erwerben. Wie ich herausgefunden habe, wurde die-


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ses Modell auf der Linie von Baltimore nach Philadelphia, die im Jahre 1846 als Verlängerung der ersten Linie von Washington nach Baltimore in Betrieb genommen wurde, eingesetzt. Das „harp register“ gehört heute noch zu den besonderen Stücken meiner noch bestehenden Sammlung. Im Laufe der Jahre gelang es mir, trotz der anfänglichen Schwierigkeiten, eine gute Sammlung von amerikanischen Morsetelegraphen aufzubauen und ich habe bis heute Freude damit.

Jeder Sammler versucht, besonders seltene und kostbare Stücke für seine Sammlung zu erwerben. Dies war auch bei mir

der Fall. In den ersten Jahren war ich auf das Finden seltener österreichischer Geräte konzentriert und hatte das Glück, solche zu finden. Der offene, von Johann Ekling in Wien ab dem Jahre 1851 erzeugte Morsetelegraph mit Federantrieb war noch relativ leicht zu finden. Der Grund dafür war, dass viele dieser Geräte durch nachfolgende, verbesserte Modelle ersetzt wurden, dann in die Physikalischen Kabinette der Schulen wanderten und sich dadurch erhalten haben. Später, als sie für den Unterricht unbrauchbar wurden, kamen sie zu Altwarenhändlern. Historisch interessante, deutsche Morseapparate zu finden, war bedeutend schwieriger. Dazu mag auch der Zweite Weltkrieg beigetragen haben. Messing war ein kriegswichtiges Metall in dieser Zeit. Ich hatte aber das Glück, dass ich von Sammlerkollegen hier Hilfe erhielt. Im Laufe der Jahre bekam ich so von „Fons“ den ersten mit Gewicht betriebenen Morse-Telegraphen von Siemens & Halske aus dem Jahre 1850, allerdings bereits umgebaut als Farbschreiber, des Weiteren von „Andre“ den von

Siemens & Halske für den Export in das russische Zarenreich speziell konstruierten Morsetelegraphen „mit schwingendem Anker“, der auf der Strecke von Warschau nach St. Petersburg eingesetzt war und von „Anton“ als besondere Attraktivität den staubsicher ausgeführten MorseTelegraphen für die Strecke von St. Petersburg nach Sewastopol auf der Halbinsel Krim. Diese Strecke wurde mit der von Werner von Siemens entwickelten Induktionstelegraphie betrieben. Das dafür eingesetzte polarisierte Relais und die Morsetaste hatte ich bereits in meinem Besitz. Die Induktionsspule, die dazu noch notwendig ist, konnte ich jedoch bis heute nicht finden. Die in der ersten deutschen Morselinie vom Jahre 1848 von Hamburg nach Cuxhaven eingesetzten Telegraphen-Instrumente, die von der amerikanischen Werkstätte von Chubbuck bzw. später in Deutschland von Robinson erzeugt wurden, sind heute höchstens nur noch in Museen zu finden. Ich konnte aber dazu ähnliche Telegraphen für meine Sammlung erwerben.


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Schon bald nach der Einführung der Morsetelegraphie in Europa entstand der Wunsch, auch England und die Inseln im Mittelmeer und an der Ost- und Nordsee telegraphisch anzuschließen. Auch die Legung eines Kabels über den Atlantischen Ozean nach Amerika wurde ins Auge gefasst. Bereits 1851 konnte das erste Kabel über den Ärmelkanal von Dover nach Calais erfolgreich in Betrieb genommen werden, wodurch England mit dem europäischen Kontinent verbunden war. Innerhalb weniger Jahre entstand ein Netz von Seekabeln, mit dem neben England viele weitere Inseln telegraphisch erschlossen wurden. Im Jahre 1870 wurde ein Kabel durch das Rote Meer und weiter nach Indien gelegt, 1872 konnte auch der australische Kontinent, nachdem der „Overland Telegraph“, eine Freileitung quer durch den Outback von Adelaide nach Darwin, fertig wurde, an Europa angeschlossen werden. Nach dieser Einleitung stellt sich die Frage, welche Perspektiven sich mit den Seekabeln in Bezug auf das Sammeln von Telegraphen-Apparaten ergeben. Dazu sei zuerst angeführt, dass die Seekabel-Telegraphie spezielle Instrumente erfordert. Die über ein langes Kabel übertragenen Morsezeichen kommen beim Empfänger sehr schwach und in stark verzerrter Form in „Kabelschrift“ an und es gilt daraus die Zeichen des Morsecodes zu eruieren. In der ersten Zeit wurde als Empfänger ein empfindliches Spiegelgalvanometer, später etwas komfortabler als „Sprechgalvanometer“ ausgeführt, verwendet. Später folgte der Siphonrecorder, der die empfangenen Signale in Kabelschrift auf einem Papierstreifen aufzeichnete. Für nicht zu lange Seekabel-Strecken wurde auch

der preislich günstigere Undulator eingesetzt. Kurze Kabelstrecken konnten jedoch durchaus mit den üblichen Morsegeräten betrieben werden. Während es möglich war, für meine Sammlung ein Sprechgalvanometer und einen Undulator zu finden, so war ein Siphon-Recorder stets außer Reichweite. Wohl hatte mir vor vielen Jahren mein schottischer Sammlerkollege „Michael“ gut meinend, mir einen solchen einmal angeboten, aber mein Finanzrahmen war dafür zu schmal. Auch die Größe eines solchen Gerätes wäre eine große Herausforderung für unser Wohnzimmer oder für die „Gruselkammer“ gewesen. Zum Trost kann ich aber stets Siphonrecorder in Museen bewundern, so auch im Technischen Museum Wien, wo ein schöner Siphonrecorder, der seinerzeit auf der Strecke von Triest nach Korfu in Betrieb war, besichtigt werden kann.

Einleitend sind bereits die zusätzlichen Teile, die zum Aufbau einer Morse-Telegraphenstation notwendig sind, angeführt worden. An erster Stelle sind hier die Morsetasten zu nennen. Es gibt hier die verschiedensten Ausführungsformen, und das Sammeln von Morsetasten hat sich inzwischen zu einem eigenen Sammelgebiet entwickelt. Dies vor allem, weil Morsetasten auch für den Amateurfunker bis in

die jüngste Zeit ein wichtiges Requisit waren. Als weiteres wichtiges TelegraphenInstrument muss das Telegraphen-Relais genannt werden. Ein solches setzt den ankommenden schwachen Linienstrom in den für den Telegraphen-Apparat notwendigen starken Arbeitsstrom um. Bekannt ist hier das „Schwanenhals-Relais“, das besonders in Österreich zum Einsatz kam. Um das erfolgreiche Absenden eines Morsezeichens anzuzeigen, dienen Linien-Instrumente. Die älteren davon sind als Magnet-Bussolen ausgeführt, neuere benutzen Drehspulinstrumente. Blitzschutz-Einrichtungen und Batterien sind eher Ausnahmen in einer Sammlung. Betrachtet man auch die Leitung und das Kabel als einen Teil des Zubehörs, so gilt es auch, Isolatoren sowie Leitungs- und Kabelstücke in die Sammlung aufzunehmen. Wie Morsetasten so sind auch Isolatoren heute ein eigenes Sammelgebiet, das in den USA besonders gepflegt wird. In meiner Sammlung gibt es nur einige wenige Isolatoren. Als besonderes Stück erwähne ich davon einen Isolator des australischen „Overland Telegraph“, den ich vor Jahren in einem Museum in Sydney als Geschenk erhielt. Den „Halbmond-Isolator“ der ersten österreichischen Telegraphenlinien habe ich nie in der Realität gesehen, geschweige gefunden. Auch das Technische Museum Wien hat in seiner reichen Isolatoren-Sammlung kein Exemplar davon. Neben Isolatoren besteht mit dem Sammeln von Kabelstücken eine weitere Möglichkeit, seine Sammlung zu ergänzen. Solche Stücke wurden oft als Geschenke an Kunden oder Mitarbeiter der Kabelfirmen vergeben. Besondere Sammlungsstücke, die man heute noch bekommen kann, sind die Kabelstücke des ersten Transatlantik-Kabels vom Jahre 1858, das leider nach einigen Tagen nicht mehr funktionierte und „abgesoffen“ ist. Das in


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vierzig Exemplare. Meine damalige Wohnung war daher gesteckt voll mit diesen Apparaten, so dass auch die Stiege zur Schaustellung benutzt wurde. Heute besteht meine Sammlung nur mehr aus etwa zwanzig Apparaten, wobei fünf davon bereits zum Verkauf ausgelagert sind. Ich erfreue mich täglich an meiner Sammlung, wobei die Liebe nicht so weit geht, wie dies bei einem meiner Sammlerkollegen der Fall war: „Peter“ hatte sich zum Einschlafen statt einer Lektüre einen schweren Morse-Telegraphen zum liebvollen Betrachten auf die Brust gesetzt und wurde so glücklich schlafend von seiner Frau aufgefunden und von der schweren Last, die „Peter“ vielleicht zu schönen Träumen geführt hat, befreit. Das Sammeln hat bei mir

Amerika übriggebliebene letzte Stück des Kabels wurde portioniert und die einzelnen Kabelstücke wurden von dem bekannten New Yorker Juwelier Tiffani als Souvenier verkauft. Von Besonderheit sind Kabelstücke, die eingebettet in Samt in Glasvitrinen in den Chefetagen der Kabelfirmen für Kunden als Musterstücke für gelegte Kabel gezeigt wurden. Ich hatte das Glück, von meinem Sammlerkollegen „Anton“ solche Schaukästen für Kabel, die im Jahre 1880 von England nach Norwegen und weiter nach Schweden sowie für Kabel die im Jahre 1906 von den Shetland Inseln nach den Faröer Inseln und weiter nach Island gelegt wurden, für meine Sammlung zu bekommen. Wenn man die Glasdeckel öffnet, entströmt ein Duft von Teer aus diesen Stücken von Guttapercha-Kabeln und mit einiger Phantasie wird die alte Zeit der damals über die Meere fahrenden Kabeldampfer, die solche Kabel in den Meeresboden legten, wach.

Der Aufsatz stellt eine Skizze zum Aufbau meiner Sammlung an Morse-TelegraphenApparaten dar. Beginnend mit dem ersten Apparat um das Jahr 1880 stieg in den nachfolgenden Jahren die Anzahl auf über

in der Zeit meiner Pensionierung auch zum genaueren Studium der Geschichte der Telegraphie geführt und ich konnte deshalb einige Aufsätze und Schriften dazu verfassen und am Aufbau von Ausstellungen mitwirken. Sammeln hat bekannterweise oft positive Nebenwirkungen. Es heißt auch „Sammler sind glückliche Menschen“. Ich wünsche den Lesern, dass sie bald Gefallen an einem schönen MorseTelegraphen finden und dieser, wie bei mir dies vor nunmehr vierzig Jahren der Fall war, als erstes Stück der damit beginnenden Sammlung eingegliedert wird. Ich stehe mit Rat und Tat gerne dafür zur Verfügung. Fotos: Prof. Franz Pichler


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