E&G – Quaternary Science Journal - Stratigraphische Begriffe für das Quartär des norddeutschen ...

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Eiszeitalter und Gegenwart Quaternary Science Journal

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7-65 6 Abb.

Hannover 2007

Stratigraphische Begriffe für das Quartär des norddeutschen Vereisungsgebietes )

THOMAS LITT, KARL-ERNST BEHRE, KLAUS-DIETER MEYER, HANS-JÜRGEN STEPHAN & STEFAN WANSA*

Einleitung: Norddeutschland und angrenzende Gebiete, beeinflusst durch die skandinavischen Inlandvereisungen, sind klassische Regionen der Quartärgeologie und -stratigraphie. Der Schweizer Geologe VON MORLOT (1844) vermutete bereits, dass die nordischen Vergletscherungen das Erzgebirge in Sachsen erreicht haben könnten. Die Entdeckung der Gletscherschrammen auf triassischem Muschelkalk in Rüdersdorf bei Berlin durch TORRELL (1875) führte zur generellen Akzeptanz der Glazialtheorie in Deutschland. PENCK (1879) vermutete, dass Norddeutschland durch drei voneinander getrennte Vergletscherungen beeinflusst wurde. Die Kartierung der pleistozänen Ablagerungen durch den Preußischen Geologischen Dienst seit 1910 war ein Meilenstein für die Quartärstratigraphie, und die Begriffe „Elster“, „Saale“ und „Weichsel“ wurden in die wissenschaftliche Literatur eingeführt. Quartärgeologen wie L. SIEGERT, W. WEISSERMEL, K. KEILHACK, R. GRAHMANN und P. WOLDSTEDT beschrieben bereits Anfang des 20. Jahrhunderts fundamentale Zusammenhänge der Glazialgeschichte des nordmitteleuropäischen Tieflandes und ihre Korrelation mit fluvialen Prozessen. Die Quartärstratigraphie in Norddeutschland besitzt nicht zuletzt durch das dichte Netz an Bohrungen und durch die gut untersuchten Profilaufschlüsse in den Braunkohlentagebauen eine solide Basis. Von besonderer Bedeutung für die Stratigraphie ist in diesem Gebiet die Verzahnung von glaziärer und periglaziärer Fazies, d.h. die Beziehung zwischen Schotterterrassen, Moränenablagerungen und überdies zwischengeschalteten Interglazialsedimenten. In ihrer vertikalen Abfolge folgen sie in klassischer Weise dem stratigraphischen Grundgesetz. Die Gliederung für den nicht glazial beeinflussten Zeitraum des Unterpleistozän und des unteren Mittelpleistozän (bis zur Elster-Kaltzeit) basiert in Norddeutschland auf langen kontinentalen Folgen wie Lieth in Schleswig-Holstein (MENKE 1975) und Gorleben in Niedersachsen (MÜLLER 1992). Die Kriterien für die paläoklimatologische Klassifikation in Kalt- und Warmzeiten (Abb. 1) werden vor allem durch die Palynologie bestimmt. Das aussagefähigste Profil für das nahezu gesamte Unterpleistozän ist die Abfolge von Lieth (MENKE 1975), das in stratigraphischer Superposition den Zeitraum vom Beginn des Praetiglium (KaltenhörnKaltzeit) bis zum Bavel-Komplex (Pinneberg-Warmzeit) hervorragend dokumentiert. Insofern sind in Lieth die Befunde vollständiger als die der einzelnen nicht zusammenhängenden Typusprofile in den Niederlanden. Die Korrelation zwischen Norddeutschland und dem Niederrheingebiet wird von MENKE (1975) sowie von STEPHAN & MENKE (1993) diskutiert (Abb. 2). Als palynologische Charakteristika für das Unterpleistozän in Norddeutschland beschreibt MENKE (1975), dass die typische Pliozän-Flora bereits erloschen ist, jedoch einige Pliozänelemente wie Tsuga, Carya, Eucommia wichtige Differenzialformen gegenüber dem Mittel- und Oberpleistozän darstellen. Klimageschichtlich wird * Anschrift der Verfasser: Prof. Dr. THOMAS LITT, Institut für Paläontologie, Universität Bonn, Nussallee 8, 53115 Bonn, Email: t.litt@uni-bonn.de; Prof. Dr. KARL-ERNST BEHRE, Niedersächsisches Institut für historische Küstenforschung, Viktoriastr. 26/28, Postfach 2062, 26360 Wilhelmshaven, Email: behre@nihk.de; Prof. Dr. KLAUS-DIETER MEYER, Engenser Weg 5, 30938 Burgwedel; Dr. HANS-JÜRGEN STEPHAN, Köhlstraße 3, 24159 Kiel, Email: h-j.stephan@freenet.de; Dr. STEFAN WANSA, Landesamt für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt, Köthener Str. 34, Postanschrift: Postfach 156, 06118 Halle, Email: wansa@lagb.mw.lsa-net.de


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