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WIRKLICH WIRKLICH »Selbst junge Leute werden kraftlos, die Stärksten erlahmen. Aber alle, die auf den Herrn vertrauen, bekommen immer wieder neue Kraft, es wachsen ihnen Flügel wie dem Adler. Sie gehen und werden nicht müde, sie laufen und brechen nicht zusammen.« Jesaja 40, 30–31 Er sagte, sie seien »umsonst«. Hmh … umsonst … Das glaubte ich nicht. Der Drogendealer gab meiner Freundin Sandy zwei Stück. Dann legte er zwei kleine Pillen in meine Hand. Ich starrte sie an und mir ging ein Satz durch den Kopf: Diese Pillen kosten dich dein Leben. Ich sagte: »Nein, danke«, und reichte sie ihm zurück. Sandy meinte jedoch: »Ich nehme sie.« Sandy wurde süchtig. Und ich stand auf seiner Liste. Bei mir zu Hause herrschten ständige Spannungen, weil Mama und Papa mit ziemlichen Problemen zu kämpfen hatten. Ich wusste nicht, wie ich das Auf und Ab der Gefühle verarbeiten sollte. Zwischen Neugier und Abscheu zerrieben, fing ich an, zu trinken und zu rauchen. Den Drogendealer hatte es anscheinend beeindruckt, dass ich die Pillen nicht genommen hatte. Ach, und wahrscheinlich war ihm aufgefallen, dass ich die Phase als »hässliches Entchen« hinter mir hatte und allmählich zu einer Frau wurde. Das forderte ihn heraus. Ich wurde in seinem Auftrag von irgendwelchen Typen angerufen: »Er will sich mit dir treffen.« Ich hatte Angst vor ihm, doch gleichzeitig reizte, interessierte 21


und faszinierte er mich. Jemand schenkte mir seine Aufmerksamkeit. Das bedeutete mir viel. Also fing ich mit dem Dealer ein Spielchen an: Ich machte ihm Hoffnungen, dann schickte ich ihn wieder weg. Er war nicht gerade glücklich darüber. Ihm machten Spiele keinen Spaß, bei denen er nicht selbst die Regeln schrieb. Er wollte gewinnen. Dann kam Halloween und ich verkleidte mich als schwarze Katze und ging auf eine Party. Der Dealer streifte durch die Stadt, wartete auf einer Wiese vor unserem Haus und beobachtete mich, als ich nach Hause kam und schlafen ging. Dann stieg er in mein Zimmer ein und vergewaltigte mich. Er drohte, meinen kleinen Schwestern etwas anzutun, wenn ich ihn verriet oder um Hilfe schrie, und er würde es so aussehen lassen, als sei ich eine Hure. Ich schrie nicht. Meine Schwestern waren für mich die wichtigsten Menschen auf der ganzen Welt und ich wollte ihr Leben nicht aufs Spiel setzen. Außerdem war mein Ruf meiner Familie so wichtig, dass ich es ihnen ersparen wollte, von irgendjemandem zu hören, ich sei eine Hure. Der Dealer fing danach an, mir auf Schritt und Tritt zu folgen. In den nächsten Monaten vergewaltigte er mich immer wieder. Es gab keinen Ort, an dem ich vor ihm sicher war. Es war die Hölle. Er sagte, er wolle mir zu meinem 13. Geburtstag ein Baby schenken. Also vergewaltigte er mich vor meinem Geburtstag hinter der Kirche. Meine Periode setzte aus. Ich dachte, ich sei schwanger. Und ich konnte niemandem etwas davon erzählen. Innerlich fühlte ich mich wie tot. Ich kann nicht be22


schreiben, wie sich das »Nichts« anfühlt, aber ich fühlte mich wie ein Nichts, hoffnungslos und vergessen. Soll das immer so weitergehen, mein ganzes Leben lang? Wo ist dieser Gott, von dem ich jeden Sonntag in der Kirche höre? Entweder liebt er mich nicht oder er existiert einfach gar nicht. Wie sich herausstellte, war ich nicht schwanger. Von da an ging ich aber wie ein magersüchtiger Zombie durch die Gegend – ich trank, rauchte und machte mit allen möglichen Jungen herum. Ich dachte mir, dass ich sowieso »kaputt« war, was sollte es also noch schaden? Zur Jugendgruppe unserer Kirche ging ich immer noch. Da saßen wir im Kreis, und die Leute redeten davon, wie sehr Gott uns liebte. Mit verschränkten Armen, innerlich und äußerlich verschlossen, hörte ich ungläubig zu. Manchmal stellte ich auch Fragen: »Wenn Gott uns liebt, warum sterben dann Menschen? Warum verhungern dann Kinder? Warum gibt es dann Naturkatastrophen?« Eigentlich wollte ich etwas ganz anderes wissen: Warum sterbe ich innerlich? Warum verhungere ich innerlich? Warum fühlt sich mein Leben an wie eine Naturkatastrophe? Die Leiterin der Gruppe verabredete sich eines Tages mit mir. Wir gingen in ein Lokal, wo wir Kuchen aßen und Kaffee tranken. Nachdem sie vier Stunden mit mir verbracht und mir erzählt hatte, wie sehr Gott mich liebte und wie nahe er mir sein wolle, sagte ich schließlich: »Du verstehst das nicht. Er würde nichts mit mir zu tun haben wollen.« Ihre Augen verrieten, dass sie mich durchschaute. »Stacey«, flüsterte sie, »ganz egal, was du getan hast 23


oder was mit dir gemacht worden ist, Gott kann dich wieder heil machen.« Heil?, dachte ich. Ich habe mich schon lange nicht mehr heil gefühlt. Sie fuhr mich nach Hause und fragte, ob ich nicht Ja zu Gott sagen wolle, damit er mein Leben in seine Hand nehmen könne. Ich sagte: »Vielleicht … wenn ich dazu bereit bin.« Sie sah mir ins Gesicht. »Zwei Dinge sollst du wissen: In der Bibel steht, dass ›heute der Tag des Heils‹ ist. Jetzt, hier. Und zweitens wird der Teufel dir immer wieder einreden, dass du noch nicht bereit bist.« Ich sagte: »Okay …« Für meinen Geschmack war das ein bisschen zu heftig. Aber als ich ins Haus ging und auf der Toilette saß, dachte ich über die Dringlichkeit meiner Lage nach. Auf der Toilette hocke ich oft, um der Welt aus dem Weg zu gehen, wenn um mich herum alles außer Kontrolle gerät. Ich nahm mir ein paar Tabletten und eine Rasierklinge aus dem Medizinschränkchen und dachte: Gott, ich weiß nicht, ob es dich gibt, aber ich weiß, dass ich so nicht mehr weiterleben kann. Wenn die nächsten zwölf Jahre so werden wie die letzten, dann habe ich hier nichts mehr zu suchen. Wenn es dich also gibt, dann muss ich es jetzt wissen. Mir verschwamm alles vor den Augen, und ich hatte das Gefühl, mitten in einer Wolke zu stehen, als ob eine ungeheuer große Decke mich einhüllte. Innerlich fühlte ich mich immer stärker, das Schuldgefühl verschwand allmählich, mein gebeugter Körper fing an, sich aufzurichten, und meine Schultern hingen nicht mehr. Gott war da. Das ließ sich nicht abstreiten. »Es gibt dich, es gibt dich wirklich!«, sagte ich zu 24


dem Gott, der zuhörte, wie ich genau wusste. Der Gott, der mich heilen wollte. Der Gott, der mich liebte. Der Gott, der mich veränderte. Der Gott, der wirklich da war! Ich ging an diesem Abend mit einem solchen Frieden ins Bett. Noch nie hatte ich so einen Frieden verspürt. Vorher gab es nur Gefühllosigkeit. Ich wachte morgens auf und der Frieden war immer noch in mir. Ich würde gern behaupten, dass sich seitdem alles verändert hätte – dass meine Familie perfekt geworden sei und der Typ, der mich verfolgte, damit aufhörte … aber so war es nicht. Meine Situation veränderte sich nicht. Aber ich hatte mich verändert! Meine Freunde aus der Jugendgruppe schenkten mir eine Bibel. Ich las Tag und Nacht darin. Die Worte darin gaben mir so viel Trost und Kraft. Ich schlief sogar nachts mit meiner Bibel im Arm, und ganz ehrlich: Ich habe sie sogar geküsst. Immer noch sieht man den Abdruck vom Lippenstift. Ich liebte Gottes Wort, das mir zeigte, wie man anderen und sich selbst vergibt und wie man andere und sich selbst liebt. »Vergebung« war für mich ein großes Thema. Der Dealer hatte mir viel Schlimmes angetan. Weißt du, was ich eines Tages zu Gott gesagt habe? »Du hast mir alles vergeben, was ich gemacht habe, also vergib ihm bitte auch, was er mir angetan hat.« Unglaublich. Ich habe ihm nicht nur vergeben, sondern auch angefangen, für ihn zu beten, damit er Gott und seine Liebe kennenlernt. Ich betete auch darum, dass Gott mir die Kraft gibt, ihm zu widerstehen. Eines Tages lief ich durch den Park in der Nähe unseres Hauses. Der Dealer saß auf einem großen Felsbrocken, lachte mich aus und sagte, ich solle zu ihm kommen, sonst würde er mich holen. Da verspürte ich diese 25


Kraft in mir und ich schrie ihn an: »Ich komme nicht zu dir. Jetzt nicht und nie wieder. Du wirst mich in Ruhe lassen. Gott wacht über mich und du kannst mir nichts tun.« Und er ließ mich in Ruhe. Ich erzähle kein Märchen. Von da an war die Sache erledigt. Kurz danach zogen wir um und ich habe ihn nie wieder gesehen. Auch sonst veränderte sich vieles. Irgendwann fiel mir auf, dass es in meinem Wortschatz keine Flüche mehr gab. Ich war so erfüllt von Gottes Wort und hungrig nach ihm, dass ich meine Zeit nicht mehr mit Trinken verschwendete und nicht mehr vor dem eigentlichen Leben davonlief. Das wahre Leben war für mich so spannend geworden, dass ich es ganz bewusst wahrnehmen wollte. Für das, was sich nicht änderte, zum Beispiel die Lage zu Hause, bekam ich neue Kraft. Ich merkte, dass ich für meine Eltern und Schwestern, für meine Freunde und Verwandten beten konnte. Und im Lauf der Zeit haben sie alle Ja zu Gott gesagt. Ich habe die Kraft des Gebets erfahren. Ich stellte auch fest, dass Gott die ganze Zeit da gewesen war, auch damals, als ich meine schlimmsten Erlebnisse hatte. Gott war da, selbst wenn ich mir dessen nicht bewusst war. Gott hatte diese Erfahrungen dazu verwendet, dass ich mein Bedürfnis nach ihm erkannte. Wir leben in einer Welt, die nicht in der Liebe lebt. Aber daran ist nicht Gott schuld. Ich weiß, dass Gott meine Gebete erhört und sich um meine Bedürfnisse kümmert. Ich habe erfahren, dass Gott wirklich wirklich ist. Stacey A. Robbins

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D I E PE R F E K T E WE L L E »Er ist’s, der Wunder tut, unzählbar viel, so groß, dass wir sie nicht verstehen können.« Hiob 5,9 Mein ganz großer Lebenstraum war es, Profi-Surfer zu werden. Ich spielte gern Baseball und mochte auch andere Sportarten, gab aber ab der 7. Klasse alles andere auf, um mich aufs Surfen zu konzentrieren. Im Lauf meiner gesamten Schulzeit tat ich alles, um immer besser zu werden: Ich nahm jede Chance wahr, surfen zu gehen, und machte jeden Amateurwettkampf mit, an dem ich teilnehmen konnte. Ich brauchte einen richtigen Durchbruch, aber bei all meinen Bemühungen lag dieses Ereignis anscheinend noch weit in der Zukunft. Im ersten Jahr auf der Highschool passierte mir etwas Merkwürdiges: Eine Nacht nach der anderen kam ich von Partys mit meinen Freunden nach Hause und dachte: Das macht überhaupt keinen Spaß. Ich fühlte mich leer. Letzten Endes weinte ich mich in den Schlaf. Ich dachte: Warum weine ich denn? Es läuft doch gar nichts schief bei mir. Was für ein Problem habe ich denn? Alles, was man angeblich so haben sollte, hatte ich doch. Aber ich wurde immer deprimierter. Allmählich glaubte ich, dass mir irgendetwas fehlte. Ich kam auf den Gedanken, dass diese Leere vielleicht etwas mit Gott zu tun hatte. Eigentlich glaubte ich gar nicht richtig an Gott. Meine geistlichen Erfahrungen beschränkten sich auf die gelegentlichen Besuche einer Jugendgruppe, die sich am Donnerstagabend in einer Gemeinde um die Ecke traf. Ich ging ab und zu hin, weil ein Profi-Surfer die 130


Abende leitete. Außerdem fand ich ein paar von den Mädchen ganz nett und schließlich gab es da auch Pizza und so weiter umsonst. Eines Abends war ich am absoluten Tiefpunkt angelangt. Dieses Gefühl der Leere machte mich ganz fertig. Unendlich deprimiert lag ich auf meinem Bett, als ich mich umdrehte und mein Blick auf die Bibel fiel, die ich mal bei einem der Treffen am Donnerstagabend bekommen hatte. Ich forderte Gott heraus: »Wenn es dich gibt, dann sprich doch zu mir. Es heißt, dass dies dein Wort sein soll und dass es niemals leer zurückkommt. Wenn du also da drin steckst, dann zeig dich mir!« Ich schlug die Bibel aufs Geratewohl bei Jesaja 1,18 auf, wo Folgendes stand: »Der Herr sagt: ›Kommt her, lasst uns prüfen, wer Recht hat, ihr oder ich! Eure Verbrechen sind rot wie Blut und doch können sie weiß werden wie Schnee. Sie sind rot wie Purpur und doch könnten sie weiß werden wie reine Wolle – wenn ihr mir nur gehorchen wolltet! Dann könntet ihr all die guten Dinge genießen, die das Land hervorbringt. Aber wenn ihr euch weigert und widerspenstig bleibt, wird euch das Schwert vernichten.‹« Der letzte Teil blieb mir richtig haften, weil ich einsah, dass ich immer widerspenstig und rebellisch gewesen bin, ständig nur feierte und an mich dachte und für Gott nie etwas übrighatte. Irgendetwas in mir machte Klick. Plötzlich überkam mich ein Gefühl, das mächtig und gleichzeitig beruhigend und friedlich war. Obwohl eine Menge Leute mir schon von Gott erzählt hatten, war ich erst jetzt endlich an dem Punkt angelangt, wo es nur noch um Gott und mich ging. Irgendwie war mir, als ob Gott in meinem Zimmer wäre. In diesem Augenblick vertraute ich ihm einfach mein Leben an. Gleich am nächsten Wochenende fand ein Surfwett131


kampf statt, in dem Profis und Amateure gegeneinander antraten. Einer meiner Helden sollte auch kommen, Scott Blake. Ich wollte ihn unbedingt schlagen, auch wenn ich wusste, dass die Chancen dafür ziemlich mager waren. Als ich hinauspaddelte, um die erste Welle zu erreichen, war es gleich ein Wahnsinnsding, einfach perfekt. Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass Gottes Hand auf mir lag. Nach dieser ersten vollkommenen Welle war ich wie aufgedreht. Ich dachte darüber nach, dass Gott den Ozean geschaffen hatte und dass er deshalb natürlich auch die guten Wellen auf mich zukommen lassen konnte, wann er wollte. Und dann kamen sie, diese perfekten Wellen. In einer Veranstaltung, bei der die Surfer ungefähr auf dem gleichen Niveau sind, entscheidet die Welle darüber, wer wahrscheinlich gewinnt. In jeder einzelnen Runde des Wettkampfs kamen die perfekten Wellen auf mich zu – auf keinen anderen außer mir. Ich bekam immer wieder die perfekte Welle ... und gewann die Vorausscheidung. Es hörte gar nicht mehr auf. Die perfekte Welle blieb mir treu, bis ich ins Finale kam. Ich dachte: Herr, das ist ja Wahnsinn! Jeder sagte mir: »Brian, ich kann gar nicht glauben, wie gut du bist.« Meine Reaktion: »Ja, Mann, ich bin letzte Woche Christ geworden, und ich weiß auch nicht, was los ist, aber Gott segnet mich anscheinend einfach und schickt mir eine perfekte Welle nach der anderen.« Ich landete also im Finale, und wie ich mir gedacht hatte, war auch mein Held drin, denn er war der beste Surfer der Gegend. Und wieder bekam ich die besten Wellen. Ich gab natürlich auch beim Surfen mein Bestes. Und so kam es, dass ich den Wettkampf gewann! Mit 17 hatte ich meinen Helden geschlagen. Alle 132


meine Freunde gratulierten: »Wow! Du hast ja gewonnen – du hast Scott Blake geschlagen – ich kann gar nicht glauben, dass du das geschafft hast!« Dann machten sie mich auf einen Profiwettkampf in Huntington Beach aufmerksam, der gleich am nächsten Tag stattfinden sollte. Sie drängten mich hinzugehen. Aber ich sagte: »Das ist doch verrückt! Auf gar keinen Fall mache ich das.« Aber als ich am nächsten Morgen aufwachte, sagte mir eine innere Stimme, ich solle es mal probieren. Also fuhr ich pünktlich nach Huntington Beach, um am Wettkampf teilzunehmen, und es geschah das Gleiche wie am Tag vorher! Eine perfekte Welle nach der andern kam angerollt. Ich landete im Halbfinale. Es war völlig unwirklich. Während der Wartezeiten in den Vorrunden lernte ich einen Mannschaftsvertreter von Rip Curl kennen, einer Firma, die Bademode herstellt. Halb im Spaß und halb im Ernst fragte ich ihn: »Wenn ich diesen Wettkampf heute gewinne, würden Sie mich dann sponsern?« Er antwortete: »Klar, auf jeden Fall. Wenn du gewinnst, dann sponsere ich dich.« Für die nächste Runde hatte ich also noch etwas mehr Anreiz. Und ich gewann immer wieder. Die Wellen kamen genau wie am Tag zuvor auf mich zu. Gottes Hand war einfach mit mir. Ich konnte kaum glauben, was ich da erlebte. Ich kam an einen Punkt, wo ich das Gefühl hatte, dass ich all das nicht verdient hatte; es war zu viel des Guten, ich wollte schon gar nicht mehr. Also paddelte ich den Strand entlang zu einem Bereich, wo das Wasser tiefer war und sich den ganzen Tag noch keine vernünftige Welle gebrochen hatte. Die anderen in meiner Vorrundengruppe waren eine ganze Strecke weiter weg, schauten zu mir rüber und dachten 133


wahrscheinlich: Was macht Bryan denn da hinten? Der spinnt wohl. Ich saß da auf meinem Surfbrett und dachte an alle meine Sünden und alles, was ich falsch gemacht hatte. Es bestätigte mich nur in meiner Auffassung, dass ich es nicht verdient hatte, diese Meisterschaft von Gott geschenkt zu bekommen. Ich saß nur da und sagte zu Gott: »Herr, ich will nicht, dass du mich weiter so segnest. Ich bleibe einfach hier hocken, wo ich sicher sein kann, dass keine Wellen kommen.« Noch während ich da saß, bildete sich aus dem Nichts heraus eine weitere perfekte Welle. Jetzt schaute ich in den Himmel und rief nach oben: »Gott, du bist ja echt der Wahnsinn! Ich glaub es einfach nicht!« Also nahm ich die Welle und landete tatsächlich im Finale. In der Endrunde surfte ich wirklich gut, weil Gott natürlich alle vollkommenen Wellen zu mir schickte. Kurz vor Schluss fing ich wieder an, mich dem Segen Gottes zu widersetzen. Dann hörte ich Gott in meinem Inneren sagen: »Geh da raus und gib 110 Prozent. Mach nicht Schluss. Bloß, weil ich dir helfe, hast du noch lange nicht das Recht, aufzugeben und nicht dein Bestes zu geben.« Ich dachte: Ich bin müde. Ich bin seit gestern nonstop auf dem Brett. So was bin ich nicht gewohnt. Trotzdem hörte ich auf das, was Gott mir sagte, und paddelte in den verbleibenden zwei Minuten wieder nach draußen. Im gleichen Augenblick kam eine Superwelle, und ich nahm sie genau in dem Moment, als das Signal zum Ende des Wettkampfs ertönte. Während ich abwartete, dass die Kampfrichter die Punkte zusammenzählten, wurde mir klar, dass ich entweder den ersten oder den zweiten Platz machen wür134


de. Schließlich kündigte der Vorsitzende an: »Während der letzten Sekunden des Wettkampfs stand es unentschieden, aber weil Bryan Jennings die letzte Welle noch in der Zeit genommen hat, geht der erste Platz an ihn.« In diesem Augenblick hatten sich alle meine Träume erfüllt. Ich war offiziell Profi-Surfer geworden. Ich hatte Preise gewonnen und mir einen Sponsorenvertrag geangelt, alles an einem Tag. Ich stand richtig unter Strom. All das kam mir völlig unwirklich vor. Es war eine dramatische Wende in meinem Leben. Mit vollgestopftem Auto fuhr ich nach Hause. Ich hatte so einen riesigen Scheck aus Pappe bekommen, ein Symbol für das Geld, das ich als Gewinn bekommen würde. Zum ersten Mal brauchte ich mir nicht mehr irgendeinen langweiligen Ferienjob zu suchen und konnte mich stattdessen ganz aufs Surfen konzentrieren. Ich war völlig fertig mit den Nerven, mal weinte ich, mal schrie ich vor Freude. Dabei war mir immer bewusst, dass ich all das auf keinen Fall allein geschafft hätte. Ganz ohne Zweifel hatte Gott dahintergestanden. Ich wurde tatsächlich irgendwie wütend. Es kam mir nicht richtig vor. Irgendwie hatte ich das Gefühl, betrogen zu haben. Also fragte ich Gott: »Warum hast du das für mich getan?« In diesem Augenblick hörte ich ganz klar diese Worte in meinem Kopf: »Weil meine Freundlichkeit dich zur Umkehr führt.« Damals wusste ich es noch nicht, aber was ich gehört hatte, war tatsächlich ein Vers aus der Bibel. Wohl hatte ich gemerkt, dass sich das Gehörte von meinem normalen Wortschatz unterschied – trotzdem stockte mir der Atem, als ich genau diese Stelle in der Bibel fand. Die Worte, die Gott mir an diesem Tag zur Antwort gab, 135


stellten sich als Römer 2, Vers 4 heraus, wo steht: »Missachtet ihr die große Güte, Nachsicht und Geduld, die Gott euch bis jetzt erwiesen hat? Seht ihr nicht, dass er euch durch seine Güte zur Umkehr bewegen will?« In diesem Augenblick wusste ich, dass Gott mich kannte und ganz persönlich auf meine Bedürfnisse einging. Mich durchzuckte der Gedanke an den Augenblick, als ich die Bibel zum ersten Mal vom Schreibtisch nahm und von ihm verlangte, mir zu beweisen, dass sein Wort die Wahrheit ist. Er zwang mich nicht mit einem Knüppel, ein anderes Leben zu führen oder mit allem aufzuhören, was ihm nicht gefiel. Er bedrängte mich nicht, ihm nachzufolgen. Er gebrauchte meine Liebe zum Surfen, um mir durch das Wunder einer perfekten Welle nach der andern zu zeigen, dass er mir seinen Segen und seine Liebe schenken wollte. Er gab mir »das Beste vom ganzen Land«, auch dann noch, als ich mich dagegen wehrte. Ist das nicht cool? Bryan Jennings

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